Ein Rettungsschwimmer zum Verlieben - Nancy Salchow - E-Book

Ein Rettungsschwimmer zum Verlieben E-Book

Nancy Salchow

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Beschreibung

Als Marina dem attraktiven Rettungsschwimmer Simon zum ersten Mal gegenübersteht, liest sie ihm gehörig die Leviten: Immerhin ist dieser selbstgefällige Frauenheld verantwortlich für die Notlage ihres Bruders – und so etwas kann Marina auf keinen Fall verzeihen. Verrückterweise ist es ausgerechnet Simon, der Marina kurz darauf vor dem Ertrinken rettet. Aber deswegen die Wut auf ihn vergessen? Kommt gar nicht in Frage. Ein Feind ihres Bruders ist auch ihr Feind. Dass Simon ihr von jetzt an ständig über den Weg läuft? Zufall! Dass ihr in seiner Anwesenheit immerzu so heiß wird? Liegt sicherlich an der Sommerhitze! Doch Simon ist völlig fasziniert von der temperamentvollen Marina und fest entschlossen, ihr Herz zu erobern. Dabei machen es sein Ruf als Womanizer und sein dunkles Geheimnis eigentlich unmöglich, sich ernsthaft auf eine Frau einzulassen. Aber warum ist er eigentlich ein Frauenheld? Und hat Marina überhaupt Interesse daran, es herauszufinden? Wie gesagt: Ein Feind ihres Bruders ist auch ihr Feind. Und mit einem Feind steigt man niemals ins Bett. Dieser Roman ist in sich abgeschlossen, enthält heiße Szenen und natürlich ein wohlverdientes Happy End.

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Inhaltsverzeichnis

Über das Buch

Vorwort

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Epilog

Danksagung und Nachwort

Impressum

Nancy Salchow

Liebesroman

Über das Buch

Als Marina dem attraktiven Rettungsschwimmer Simon zum ersten Mal gegenübersteht, liest sie ihm gehörig die Leviten: Immerhin ist dieser selbstgefällige Frauenheld verantwortlich für die Notlage ihres Bruders – und so etwas kann Marina auf keinen Fall verzeihen.

Verrückterweise ist es ausgerechnet Simon, der Marina kurz darauf vor dem Ertrinken rettet.

Aber deswegen die Wut auf ihn vergessen? Kommt gar nicht in Frage. Ein Feind ihres Bruders ist auch ihr Feind.

Dass Simon ihr von jetzt an ständig über den Weg läuft? Zufall! Dass ihr in seiner Anwesenheit immerzu so heiß wird? Liegt sicherlich an der Sommerhitze!

Doch Simon ist völlig fasziniert von der temperamentvollen Marina und fest entschlossen, ihr Herz zu erobern. Dabei machen es sein Ruf als Womanizer und sein dunkles Geheimnis eigentlich unmöglich, sich ernsthaft auf eine Frau einzulassen.

Aber warum ist er eigentlich ein Frauenheld? Und hat Marina überhaupt Interesse daran, es herauszufinden?

Wie gesagt: Ein Feind ihres Bruders ist auch ihr Feind. Und mit einem Feind steigt man niemals ins Bett.

Dieser Roman ist in sich abgeschlossen, enthält heiße Szenen und natürlich ein wohlverdientes Happy End.

Anmerkung:Fleesenow ist eine von der Autorin erfundene Kleinstadt an der Ostsee, die immer mal wieder in ihren Büchern vorkommt. Angesiedelt wäre Fleesenow, gäbe es den Ort wirklich, vermutlich irgendwo in der Nähe der Insel Poel oder Wismar, der Heimat der Autorin.

Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser,

in diesem Buch werden auch psychische Erkrankungen thematisiert. Dies geschieht auf behutsame Weise und ohne Wertung.

Ich möchte darauf hinweisen, dass die Erfahrung mit der Krankheit Depression, die eine Figur in diesem Buch gemacht hat, frei erfunden und nur ein Beispiel für eines von vielen Schicksalen ist. Jeder Betroffene erlebt die Krankheit anders, deshalb ist es mir wichtig, dass jeder Leserin und jedem Leser klar ist, dass dies hier eine rein fiktive Geschichte ist. Ein komplett erfundener Handlungsstrang, so wie jeder andere Handlungsstrang in meinen Romanen auch.

Letztendlich überwiegt in diesem Liebesroman aber die Leichtigkeit und natürlich eine Extraportion Leidenschaft – und auch das Happy End am Schluss darf und wird natürlich nicht fehlen.

Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen und wie immer einen angenehmen Aufenthalt in der wunderschönen (aber ebenfalls fiktiven) Küstenkleinstadt Fleesenow. Genießt die Zeit dort!

Eure Nancy Salchow

Prolog

Simon

____________

Es wäre so leicht, dir mein wahres Gesicht zu zeigen, dir all meine Geheimnisse zu offenbaren.

Wie lange würde ich brauchen? Zehn Minuten? Oder sogar nur fünf?

Und doch ist es sehr viel schwerer.

Nein, es ist nicht nur schwer, es ist unmöglich. Denn mein wahres Gesicht würde auch meinen wahren Schmerz wieder zum Leben erwecken. Einen Schmerz, den ich kein zweites Mal überleben würde.

Also muss ich ihn vergessen. So, wie ich auch mich selbst vergessen muss.

Kapitel 1

Marina

____________

Ständig hört man Leute von Sylt schwärmen, von den Traumständen auf Mallorca oder Griechenland – aber als ich an diesem sonnigen Julimorgen mit dem Fahrrad die Fleesenower Strandpromenade entlangfahre, bin ich mir wieder einmal sicher, dass es nirgends auf der Welt schöner ist als hier.

Okay, ich bin voreingenommen, schließlich lebe ich bereits 26 Jahre, genau genommen seit meiner Geburt, hier. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass unsere Kleinstadt an der Ostsee das schönste Fleckchen Erde ist.

„Morgen Marina!“ Tanja, die Blumenverkäuferin, öffnet gerade ihren Laden und schiebt einen Ständer mit Sträußen auf den Bürgersteig.

„Morgen!“ Ich hebe die Hand, während ich an ihr vorbeifahre. „Oh, die Dahlien sind ja hübsch.“

„Schau mal wieder vorbei“, ruft sie mir hinterher. „Wenn schon nicht als Kundin, dann auf einen Schluck Kaffee.“

„Mach ich!“, antworte ich, als ich schon ein paar Meter entfernt bin.

Tanja hat recht, ich war schon viel zu lange nicht im Blumenladen. Früher habe ich jede Woche einen frischen Strauß gekauft und bin immer auf einen Kaffee dageblieben, immerhin kennen Tanja und ich uns bereits aus der Schulzeit. Doch auch wenn ich seit mittlerweile drei Jahren von zu Hause aus arbeite, komme ich zur Zeit kaum zu solchen Dingen.

Ja, ich liebe meinen Job als selbstständige Lektorin, vor allem die Abwechslung zwischen Verlagsjobs und der Arbeit mit freien Autoren. Trotzdem kommt das Privatleben manchmal etwas zu kurz, das wird mir an diesem Morgen wieder einmal mehr bewusst.

„Hey Marina!“, ruft mir Ella zu, die gerade den Bürgersteig vor der Bäckerei fegt.

„Guten Morgen, Ella, der neue Haarschnitt steht dir echt gut.“

„Danke, war dringend mal wieder nötig.“

Hinter der Eisdiele biege ich rechts in einen schmalen Asphaltweg ein, um am ersten kleinen Bungalow Halt zu machen. Ich lehne mein Rad gegen die blaue Bank, die im selben Farbton wie die Haustür und das Dach gehalten ist und drücke wie gewohnt den Klingelknopf.

Normalerweise dauert es nicht lange, bis mein Bruder öffnet, doch heute warte ich einige Sekunden, ohne dass sich irgendetwas tut.

Ich drehe mich um und sehe seinen silbernen Hyundai unter dem Carport stehen. Er ist also zu Hause.

Ich klingele also noch einmal. Als sich immer noch nichts tut, spiele ich mit dem Gedanken, einfach ins Haus zu gehen, doch da öffnet Martin endlich die Tür.

„Wie siehst du denn aus?“, frage ich ihn erstaunt.

Mit tiefen Augenrändern und zerzaustem Haar steht er vor mir. Er trägt ein fleckiges T-Shirt und eine zerschlissene Jogginghose.

„Bin ich zu früh dran?“, frage ich. „Wir wollten doch gegen neun losfahren.“

Er dreht sich um und geht wieder zurück ins Haus. Die Tür lässt er dabei offen, damit ich ihm folgen kann.

„Was ist denn los?“ Ich schließe die Tür hinter mir. „So viel Zeit haben wir nicht mehr, um den passenden Smoking zu finden. Das ist nicht weniger wichtig als das Brautkleid. Ich habe da auch schon einen ganz tollen Laden aufgetan. Der ist zwar in Schwerin, aber die Fahrt wird sich ganz sicher lohnen. Mit etwas Glück werden wir schon im ersten Geschäft fündig und …“

„Vergiss es“, unterbricht er mich, während er sich verschlafen in der Küche Kaffee nachgießt. „Willst du auch welchen? Ist nur noch lauwarm, aber erfüllt trotzdem seinen Zweck.“

„Was heißt denn Vergiss es?“ Ich stehe entsetzt in der Mitte der Küche. „Hast du schon einen Anzug? Dann hättest du mir ruhig Bescheid sagen können. Ist nicht so, als wüsste ich nichts mit meiner Zeit anzufangen, weißt du? Ich habe gerade einen echt großen Auftrag an Land gezogen und habe ziemlich viel zu tun. Wenn du also schon allein shoppen warst, dann …“

„Die Hochzeit findet nicht statt“, unterbricht er mich schon wieder.

Ich schaue ihn mit großen Augen an. „Was meinst du damit?“

„Ich weiß nicht, wie ich es noch eindeutiger formulieren soll. “ Er setzt sich mit seinem Kaffeebecher an den Tisch. „Sicher, dass du keinen Kaffee willst?“

Verwirrt ziehe ich den Stuhl neben ihm zurück und nehme Platz.

„Was ist denn passiert?“, frage ich fassungslos. „Hast du dich mit Jana gestritten?“

„Gestritten“, wiederholt er mit bitterem Lächeln, „ja, so kann man es auch nennen.“

Er umklammert seine Tasse mit beiden Händen und starrt ins Leere. Erst jetzt sehe ich, wie tief seine Augenringe wirklich sind. Er sieht aus, als hätte er seit Tagen nicht geschlafen. Und geweint. Vermutlich ein bisschen von beidem.

Wann haben wir uns eigentlich das letzte Mal gesehen? Vor zwei Tagen? Vor drei?

Ich versuche, mich zu erinnern, doch die bohrenden Fragen in meinem Kopf machen mir das Denken schwer.

„Habt ihr euch …“, beginne ich zögernd und verstumme sofort wieder, als ich sehe, wie schlecht es ihm wirklich geht.

Martin so leiden zu sehen, ist wie ein Stich ins Herz. Schon immer gingen mir seine Probleme besonders nahe. Manchmal sogar näher als ihm selbst.

Mit gerade mal zwei Minuten, die uns voneinander trennen, ist es lächerlich, mich als „ältere Schwester“ zu bezeichnen. Und doch fühle ich mich schon unser Leben lang so, als müsste ich auf meinen Zwillingsbruder aufpassen.

„Habt ihr euch getrennt?“, frage ich schließlich nach einer Weile, doch ich habe sofort das Gefühl, dünnes Eis betreten zu haben.

Martins Blick geht noch immer ins Leere. Dass es ihm schlecht geht, ist offensichtlich.

„Ich habe sie rausgeworfen“, sagt er mit trockener Stimme. „Direkt nach ihrem Geständnis. Also ja, man kann wohl sagen, wir haben uns getrennt, auch wenn sie tatsächlich ein wenig überrascht von meiner Reaktion war. Sie hat vermutlich geglaubt, ich würde ihr den Fehltritt einfach so verzeihen.“ Er lächelt bitter. „Vielleicht hat sie sogar geglaubt, dass die Hochzeit trotzdem stattfindet. Fast schon niedlich, ihre Naivität.“

„Was meinst du damit?“, hake ich nach. „Hat sie dich betrogen?“

Er nickt stumm, während er erneut an seinem Kaffee nippt.

Ich schlucke schwer, doch der Kloß in meinem Hals lässt sich nicht so leicht unterdrücken.

Ausgerechnet Jana soll meinen Bruder betrogen haben? Sie war doch immer so verliebt in ihn. Fast drei Jahre waren sie zusammen, als er ihr den Antrag gemacht hat. Und in einem Monat soll es nun endlich so weit sein: Die Hochzeit am Meer.

Genauer gesagt: Es sollte so weit sein.

„Aber wie …“, stammele ich. „Mit wem? Das … das sieht ihr doch gar nicht ähnlich.“

„Na ja, der Typ hat offenbar ganz genau gewusst, wie er mit ihr flirten muss, um zu bekommen, was er will. Manche Kerle haben es eben einfach drauf.“ Er grinst zynisch, doch ich kann den Schmerz in seiner Stimme hören. Er versucht, den Starken zu spielen, doch so schlecht wie jetzt ging es ihm noch nie, das kann ich deutlich spüren. Fast so, als wäre es mein eigener Schmerz.

„Welcher Kerl denn? Und wo hat sie ihn kennengelernt?“

Stille breitet sich aus und ich wage nicht, sie zu unterbrechen. Stattdessen lege ich die Hand auf seine und teile das Schweigen mit ihm, auch wenn es mir noch immer schwerfällt zu begreifen, was hier eigentlich geschehen ist.

Wir waren verabredet, um endlich seinen Anzug für die Hochzeit zu kaufen. Ich habe mir extra den Tag freigenommen, um Martin dabei zu helfen – und jetzt sitzen wir in seiner Küche und reden über Janas Seitensprung.

Allein der Gedanke daran ist verrückt.

„Es war der neue Rettungsschwimmer“, sagt er schließlich nach einer Weile. „Ich weiß nicht, ob du den schon am Strand gesehen hast. Er ist erst seit kurzem hier.“

„Der Rettungsschwimmer?“ Ich denke nach – und tatsächlich habe ich sofort ein Bild vor Augen. Erst vor ein paar Tagen habe ich ihn an der Brüstung des Rettungsturms stehen sehen. Groß, durchtrainiert, sonnenblondes Haar, vielleicht Ende zwanzig – und offenbar mit einem extrem großen Selbstbewusstsein gesegnet. Dass er weiß, wie er Frauen rumbekommt, kann ich mir gut vorstellen. Aber ausgerechnet eine eher zurückhaltende Buchhalterin wie Jana?

„Jana war mit ein paar Freundinnen in der Strandbar“, fährt Martin in unverwandten Tonfall weiter. „Es war ein typischer Frauengeburtstag. Sie haben gelacht, gefeiert und natürlich gab es reichlich Drinks.“ Er atmet geräuschvoll aus, bevor er weiterspricht. „Irgendwie ist sie mit diesem Typen nach seinem Feierabend ins Gespräch gekommen. Er war auch in der Bar und offenbar auf der Suche nach einem leichten Opfer, das er dann in Jana gefunden hat.“

„Oh Martin.“ Ich seufze. „Es tut mir so leid.“

„Muss es nicht“, antwortet er in vorgetäuschter Tapferkeit. „Besser ich weiß jetzt, woran ich bin. Ich will gar nicht daran denken, was wäre, wenn sie mir erst nach der Hochzeit davon erzählt hätte. Sie sagt, es war eine einmalige Sache und dass der Alkohol schuld gewesen ist.“ Da ist es wieder, sein bitteres Lachen. „Und jetzt hat sie vermutlich gedacht, sie könnte ihr Gewissen vor der Hochzeit reinwaschen. Tja, den Gefallen konnte ich ihr leider nicht tun. Obwohl … ihr Gewissen hat sie ja bereinigt, nur das gewünschte Ergebnis konnte ich ihr leider nicht bieten.“ Wütend steht er auf. „Ach, Scheiß auf Kaffee. Ich brauche jetzt was Stärkeres.“

Er steht auf und öffnet den Kühlschrank, um eine halbleere Flasche Wodka herauszuholen.

„Was soll das denn jetzt?“ Erschrocken nehme ich ihm die Flasche ab. „Es ist neun Uhr morgens. Meinst du, es ist eine Lösung, deinen Kummer in Alkohol zu ertränken?“

„Ob es eine Lösung ist, weiß ich nicht. Alles, was ich will, ist ein klarer Kopf.“

„Den wirst du wohl kaum von Wodka bekommen.“

Wir stehen beide in der Küche, etwas überfordert von den eigenen Gefühlen. Er von seinem Frust, ich von dem Versuch, das alles irgendwie zu verstehen. Doch so sehr ich mich auch bemühe, es will mir einfach nicht in den Kopf, dass Jana tatsächlich so etwas getan haben soll. Gerade sie, die immer so verknallt in Martin war. Das ergibt doch nicht den geringsten Sinn.

Hat dieser Rettungsschwimmer denn wirklich so eine Macht auf Frauen, dass bei ihm jede schwach wird? Und ist ihm dabei völlig egal, dass er damit gleich mehrere Leben gleichzeitig zerstört?

„Komm“, ich nehme Martins Hand, „wir setzen uns erst mal ins Wohnzimmer und reden in Ruhe über alles. Sich zu betrinken, ist jetzt definitiv keine Lösung.“

„Welchen Sinn soll das machen?“, seufzt er, folgt mir aber trotzdem. „Es gibt nichts mehr zu bereden. Ich dachte, ich hätte die Frau fürs Leben gefunden, aber das war ein Irrtum. Jetzt muss ich damit klarkommen. Und das werde ich.“ Er setzt sich aufs Sofa. „Irgendwann.“

Er faltet die Hände ineinander und starrt wieder vor sich hin.

„Ich glaube, es wird das Beste sein, wenn ich den Alkohol aus dem Haus schaffe.“ Ich setze mich neben ihn und stelle die Flasche auf den Wohnzimmertisch. „Hast du noch irgendwo was stehen?“

„Ach, mach dir doch darüber keine Gedanken.“ Er winkt ab. „Du glaubst doch wohl nicht ernsthaft, dass ich jetzt dauerhaft trinke, oder? Ich habe es doch gerade erst gestern erfahren. Es ist eben alles noch sehr frisch. Aber irgendwann …“, er schluckt, „… komme ich schon klar.“

Doch noch während er das sagt, beginnt sein Unterkiefer so sehr zu zittern, dass der bevorstehende Gefühlsausbruch förmlich greifbar ist. Lange wird er seine Fassade nicht mehr aufrechterhalten können, das ist mehr als deutlich.

Und dann geschieht es auch schon: Die Tränen übermannen ihn regelrecht. Sein Schluchzen ist laut und dramatisch und trifft mich mitten ins Herz.

Wann habe ich ihn jemals weinen gesehen? Das letzte Mal ist so lange her. Waren wir da nicht sogar noch Kinder?

Instinktiv lege ich den Arm um ihn und ziehe ihn fest an mich.

„Oh Gott, es tut mir so leid“, seufze ich. „Ich wünschte, ich könnte irgendetwas tun.“

„Ich kapiere es einfach nicht“, wimmert er. „Du hast uns doch zusammen erlebt, Marina. Hast du irgendwas gemerkt? Habe ich sie nicht glücklich gemacht? Ich war doch immer gut zu ihr, oder? Ich war doch auch keiner von denen, die ihren Freundinnen nichts erlauben. Ich war aufmerksam, aber trotzdem nicht einengend. Oder doch? Wieso habe ich nicht gemerkt, dass sie unglücklich war?“

„Du wirst dir auf keinen Fall selbst die Schuld geben, hörst du?“ Mein Griff um seine Schulter wird intuitiv fester. „Sie hat hier den Mist gebaut, nicht du. Wenn sie wirklich unglücklich gewesen wäre, hätte sie doch wohl mit dir reden können. Und das hat sie doch nicht. Oder etwa doch?“

„Nein, nie.“ Er schluchzt schwer. „Vielleicht war sie ein wenig nervös wegen der Hochzeit, das hat sie jedenfalls immer mal wieder gesagt. Aber sie hat auch gesagt, wie sehr sie sich darauf freut. Und … und es klang echt. Sie war so wie immer. Aber jetzt frage ich mich, ob ich sie eigentlich jemals wirklich gekannt habe, wenn ich das nicht habe kommen sehen.“

„Ich möchte zwar keine Partei für Jana ergreifen, aber vielleicht lag es gar nicht an dir, sondern einfach an diesem Typen. Ganz sicher weiß er, wie man Frauen zu Dingen überreden kann, die sie eigentlich gar nicht wollen. Er sieht halt ziemlich gut aus, während du eher …“

„Nicht gut aussehe?“ Er sieht mich mit verheulten Augen an.

„Das wollte ich damit nicht sagen. Aber du stellst deinen muskelbepackten Körper nicht öffentlich zur Schau wie dieser Baywatch-Verschnitt.“

„Ich stelle meinen muskelbepackten Körper vor allem deshalb nicht öffentlich zur Schau, weil ich keine Muskeln habe.“ Er lächelt bitter. „Trotzdem wäre sie nicht darauf eingegangen, wenn sie glücklich mit mir gewesen wäre.“

„Ja, kann schon sein. Trotzdem darfst du dir auf keinen Fall die Schuld daran geben, hörst du?“

Er reibt sich mit dem Handrücken über die Augen. „Ich will es ja einfach nur verstehen, das ist alles.“

„Was hat sie denn zu dir gesagt, als sie dir davon erzählt hat?“

„Na ja, sie hat viel geweint und tausendmal gesagt, wie leid es ihr tut. Ich habe auch gemerkt, dass ihre Reue nicht gespielt war.“ Er hält einen Moment inne. „Aber das spielt keine Rolle, weil ich ihr diesen Seitensprung niemals verzeihen könnte. Selbst wenn ich es wollte, ich würde ständig Bilder in meinem Kopf haben, die sie nackt mit diesem Kerl zeigen.“

„Das kann ich verstehen.“ Ich greife nach seiner Hand. „Ich könnte das genauso wenig wie du. Es ist einfach ein Riss in der Beziehung, der sich vermutlich nie wieder kitten lässt. Trotzdem solltest du dich nicht mit all diesen Fragen quälen. Es sollte einfach nicht sein mit euch beiden. So schwer es auch ist, das jetzt zu begreifen oder auszuhalten, es ist eben die Wahrheit. Und wenn der Schmerz langsam nachlässt, wirst du froh sein, nicht die falsche Frau geheiratet zu haben.“

„Kann sein“, seufzt er leise.

So sehr ich mich auch anstrenge, möglichst positive und aufmunternde Dinge zu ihm zu sagen, in meinem Inneren sieht es ganz anders aus: Alles, woran ich denken kann, ist Rache. Sowohl Jana als auch diesem Mistkerl von Rettungsschwimmer würde ich nur zu gern die Meinung geigen.

„Wo ist Jana denn jetzt?“, frage ich nicht ohne Hintergedanken.

„Keine Ahnung.“ Er schaut zu Boden. „Sicher bei ihrer Schwester. Eine eigene Wohnung hat sie ja nicht mehr. Wir dachten ja, wir wohnen für immer zusammen in diesem Haus.“ Er schluckt. „Tja, jetzt ist es wohl wieder einzig und allein mein Haus.“

Wieder breitet sich ein bitteres Grinsen in seinem Gesicht aus, während die Tränen noch immer nicht getrocknet sind.

Sein Schmerz wird mit jeder verstrichenen Sekunde mehr und mehr zu meinem. Ein Schmerz, der mich immer wütender werden lässt.

Ja, Martin ist ein erwachsener Mann, der sein eigenes Leben führt. Ich kann Mitgefühl mit ihm haben, ihm zur Seite stehen, ja. Aber darüber hinaus geht mich das alles eigentlich nicht das Geringste an.

Und doch ist er in diesem Moment einfach nur mein kleiner Bruder. Mein zwei Minuten jüngerer Bruder, für den ich mich nach all den Jahren immer noch so verantwortlich fühle, als wäre er mein Kind.

„Macht es dir was aus, wenn ich nach oben gehe?“ Er betrachtet mich mit leerem Blick. „Die Müdigkeit kommt erst jetzt so langsam bei mir an. Ich brauche dringend ein bisschen Schlaf.“

„Der Meinung bin ich auch.“ Ich kneife ihm sanft und schwesterlich in die Wange. „Schlaf ist immer noch die beste Medizin.“

„Auch gegen die Demütigung, seine große Liebe an einen Rettungsschwimmer verloren zu haben?“ Er steht auf.

„Du hast sie nicht AN diesen Typen verloren, sondern WEGEN ihm. Wahrscheinlich war Jana nur eine von vielen für ihn, die er längst vergessen hat.“

Er atmet langsam ein und wieder aus, sagt aber nichts dabei. Doch so, wie er dasteht, sieht er einfach unheimlich kraftlos aus.

„Danke, dass du da warst“, sagt er schließlich. „Auch wenn nun doch nichts aus unserem geplanten Shopping-Tag wird.“

„Ach, Bruderherz.“ Ich nehme ihn erneut in den Arm. „Alles wird gut. Glaub mir, irgendwann wird alles gut.“

Ohne ein weiteres Wort löst er sich wieder aus der Umarmung und geht kraftlos die Treppe hinauf.

Einen Moment bleibe ich noch stehen und schaue ihm hinterher. Aber eigentlich will ich nur weg von hier – denn ich habe noch einiges vor.

Kapitel 2

Zur selben Zeit

Simon

____________

Es ist ein Morgen wie jeder andere. Einer dieser Tage, an denen ich mir wieder einmal bewusst werde, wie es sich anfühlt, nutzlos zu sein.

Über die Brüstung des Rettungsturms gebeugt habe ich den Strand und das Wasser bestens im Blick. Doch wie so oft gibt es kaum etwas zu tun. Es ist zwar erst kurz nach halb zehn, aber aus Erfahrung weiß ich, dass sich auch im Laufe des Tages nicht viel daran ändern wird.

Ja, dass sich die Leute zu benehmen wissen und nur selten übermütig werden oder in Gefahr geraten, sollte mich eigentlich freuen. Trotzdem ist es einer dieser Tage, an denen ich mich frage, ob ich nicht vielleicht doch in meinem alten Job als Masseur besser aufgehoben wäre.

Spinnst du? Und diese wundervolle Gegend wieder aufgeben? Es ist der schönste Strand, an dem du je gearbeitet hast.

„Hey!“, rufe ich zu einem jungen Pärchen rüber, das nur kurz vom Turm entfernt auf einem riesigen Handtuch liegt. „Finden Sie nicht, dass Ihr Kind etwas zu nah am Wasser spielt? Entweder Sie setzen sich dazu oder Sie holen die Kleine zu sich ans Handtuch. Das kann sonst böse enden.“

Erst schaut die Frau zu mir, dann auch der Vater. Sie murmeln sich etwas zu und rollen dabei mit den Augen.

Nur eines der vielen Male, in denen ich Eltern daran erinnern muss, dass sie eine gewisse Aufsichtspflicht haben. Und jedes Mal frage ich mich, wie ich wohl als Vater wäre. Eins steht fest: Mein Kind dürfte nicht allein direkt am Wasser spielen, während ich mit geschlossenen Augen in der Sonne döse.

Die Mutter winkt mir zu, sieht dabei aber leicht genervt aus. Trotzdem macht sie sich auf den Weg zu ihrer Tochter und geht neben der Kleinen in die Hocke. Doch auch wenn sie mir nicht antwortet, kenne ich ihre Gedanken zu genüge aus anderen Situationen wie diesen.

Meinen Sie, nur weil wir hier entspannt liegen, haben wir unser Kind nicht im Blick?

Oder auch:

Wir kennen unser Kind gut genug, um zu wissen, was es kann und was nicht.

Doch das ändert nichts an meiner Einstellung zu dem Thema. Bei Kindern, gerade bei so kleinen, kann man niemals vorsichtig genug sein.

Mein Blick wandert aufs Meer hinaus, während sich meine Gedanken für einen Moment in der salzigen Ostseeluft verlieren.

Da ist es wieder, dieses bleierne Gefühl der Einsamkeit. Das altvertraute Gefühl, das mich mehrmals am Tag überkommt und Reflexe in Gang setzt, die ich nicht so recht steuern kann. Oder ist es vielmehr so, dass ich sie nicht steuern will? Dass ich gar nicht verhindern möchte, was immer wieder aufs Neue geschieht?

Unweigerlich halte ich Ausschau nach nett aussehenden Frauen, die alleine hier sind. Eine Angewohnheit, die mich besser als alles andere von dem inneren Schmerz ablenkt. Der Schmerz, vor dem ich immer wieder aufs Neue zu fliehen versuche.

Du machst dir nur selbst etwas vor, ist dir das nicht klar?

---ENDE DER LESEPROBE---