Ein Traum, der keiner mehr ist - Patricia Vandenberg - E-Book

Ein Traum, der keiner mehr ist E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Nun gibt es eine Sonderausgabe – Dr. Norden Extra Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen. Acht Jahre lang war es her, daß sich Jessica de Wieth, zwanzig Jahre jung, von Dr. Norden verabschiedet hatte, um als Victor Santorros Frau nach Beverly Hills zu gehen. Sie war ein bezauberndes, bildschönes Mädchen gewesen, in das sich der schon sehr bekannte Filmschauspieler während der Dreharbeiten in den Bayerischen Bergen verliebt hatte. Daß er in Jessica auch die reiche junge Erbin sah, die erst vor einem Jahr ihre Eltern durch einen tragischen Unfall verloren hatte, daran dachte niemand, auch Jessicas Vermögensverwalter nicht. Victor Santorro bekam horrende Honorare, besaß eine feudale Villa und man konnte ihm auch keine Affären nachsagen. Sie hatten sich auf einer Party kennengelernt, die Jessicas Vermögensverwalter, Dr. Kollberg, der selbst an der Filmproduktion beteiligt war, gegeben hatte. Das wunderschöne Landhaus in der Nähe von Garmisch, das auch zu Jessicas ererbtem Besitz gehörte, war auch Schauplatz in dem Film. Jessica, die große Neigung gezeigt hatte, selbst einmal Drehbücher zu schreiben, und der auch großes Talent nachgesagt wurde, hatte bei den Dreharbeiten dabeisein wollen. Sie war ein modernes, intelligentes junges Mädchen gewesen, aber Erfahrungen mit Männern hatte sie noch nicht gemacht. So hatte Victors Charme sie buchstäblich überrollt. Er sah blendend aus, der richtige Herzensbrechertyp, was er aber nicht hören wollte. Er war der geborene Schauspieler, allerdings auch im wirklichen Leben, was alle, die mit ihm zu tun hatten, jedoch erst merkten, wenn es für sie zu spät war. In den Illustrierten hatte man von der Hochzeit des Traumpaares lesen können. Konnte sie bewundern in ihrem Traumhaus, auf Partys und auf Reisen. Ausführlich war über die Geburt der Tochter Laura berichtet worden, aber dann war es um die bezaubernde Jessica stiller geworden. Man sah Victor mit anderen Frauen, man erfuhr, daß Jessica sich ganz ihrer Tochter widme. Vor zwei Jahren hatten auch die Nordens aus der Zeitung erfahren, daß Jessica mit einem Nervenzusammenbruch in ein Sanatorium eingeliefert worden sei. Dann war die Meldung von der Scheidung und dem Kampf um das Sorgerecht für das Kind gekommen. Fee und Daniel Norden waren bestürzt, was da so alles von der Sensationspresse aufgebauscht wurde, aber wenn man auch nur einen Teil glauben wollte, war es schon genug.

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Dr. Norden Extra – 1 –

Ein Traum, der keiner mehr ist

Jessica musste böse Erfahrungen machen

Patricia Vandenberg

Acht Jahre lang war es her, daß sich Jessica de Wieth, zwanzig Jahre jung, von Dr. Norden verabschiedet hatte, um als Victor Santorros Frau nach Beverly Hills zu gehen. Sie war ein bezauberndes, bildschönes Mädchen gewesen, in das sich der schon sehr bekannte Filmschauspieler während der Dreharbeiten in den Bayerischen Bergen verliebt hatte.

Daß er in Jessica auch die reiche junge Erbin sah, die erst vor einem Jahr ihre Eltern durch einen tragischen Unfall verloren hatte, daran dachte niemand, auch Jessicas Vermögensverwalter nicht.

Victor Santorro bekam horrende Honorare, besaß eine feudale Villa und man konnte ihm auch keine Affären nachsagen.

Sie hatten sich auf einer Party kennengelernt, die Jessicas Vermögensverwalter, Dr. Kollberg, der selbst an der Filmproduktion beteiligt war, gegeben hatte.

Das wunderschöne Landhaus in der Nähe von Garmisch, das auch zu Jessicas ererbtem Besitz gehörte, war auch Schauplatz in dem Film. Jessica, die große Neigung gezeigt hatte, selbst einmal Drehbücher zu schreiben, und der auch großes Talent nachgesagt wurde, hatte bei den Dreharbeiten dabeisein wollen.

Sie war ein modernes, intelligentes junges Mädchen gewesen, aber Erfahrungen mit Männern hatte sie noch nicht gemacht. So hatte Victors Charme sie buchstäblich überrollt.

Er sah blendend aus, der richtige Herzensbrechertyp, was er aber nicht hören wollte. Er war der geborene Schauspieler, allerdings auch im wirklichen Leben, was alle, die mit ihm zu tun hatten, jedoch erst merkten, wenn es für sie zu spät war.

In den Illustrierten hatte man von der Hochzeit des Traumpaares lesen können. Konnte sie bewundern in ihrem Traumhaus, auf Partys und auf Reisen. Ausführlich war über die Geburt der Tochter Laura berichtet worden, aber dann war es um die bezaubernde Jessica stiller geworden. Man sah Victor mit anderen Frauen, man erfuhr, daß Jessica sich ganz ihrer Tochter widme. Vor zwei Jahren hatten auch die Nordens aus der Zeitung erfahren, daß Jessica mit einem Nervenzusammenbruch in ein Sanatorium eingeliefert worden sei. Dann war die Meldung von der Scheidung und dem Kampf um das Sorgerecht für das Kind gekommen.

Fee und Daniel Norden waren bestürzt, was da so alles von der Sensationspresse aufgebauscht wurde, aber wenn man auch nur einen Teil glauben wollte, war es schon genug. Der Traum vom märchenhaften Glück schien schnell geplatzt zu sein. Fee tat es sehr leid, daß ihre Ahnung, ob das gutgehen könne, sich erfüllen sollte.

Es gab niemanden, der ihnen sagen konnte, was nun wahr an all diesen Geschichten war und was nicht. Jessica, die anfangs noch ab und zu einen Gruß geschickt hatte, ließ nichts mehr von sich hören.

Fee fand auch keine Berichte mehr in den Zeitungen. Von Victor Santorro konnte sie nur lesen, daß sein letzter Film total verrissen worden war.

»Wenn wir doch nur wüßten, was mit Jessica ist«, sagte sie wieder einmal mit einem schweren Seufzer.

»Eigentlich müßten ihr die Ohren klingen, so oft sprechen wir von ihr«, sagte Daniel nachdenklich. »Wenn sie ihr das Kind wegnehmen, sehe ich schwarz.«

Zwei Tage später betrat eine blasse mit unauffälliger Eleganz gekleidete junge Frau die Praxis von Dr. Norden.

Wendy blickte in ein schmales, ernstes Gesicht von reifer, fast ergreifender Schönheit.

Der melancholische Ausdruck der großen dunklen Augen verursachte ihr beinahe Beklemmung.

»Mein Name ist de Wieth, ich hätte gern einen Termin bei Dr. Norden.« Wendy hörte eine etwas heisere Stimme.

»Waren Sie schon bei ihm?« fragte Wendy.

»Ja, aber es mag etwa acht Jahre her sein. Sie waren damals noch nicht in der Praxis.«

»Ich bin erst seit ein paar Monaten hier. Man nennt mich Wendy.«

Wendy wußte einfach nicht, was sie sagen sollte, sie war wie benommen unter diesem Blick, der ihre Seele zu erforschen schien.

»Ich werde Ihre Karteikarte heraussuchen«, erklärte sie stockend. »Würden Sie bitte Platz nehmen?«

»Hätte Dr. Norden Zeit für mich?« fragte Jessica leise.

»Aber sicher.«

Da kam er schon aus dem Sprechzimmer. »Wendy…« Mehr brachte er nicht über die Lippen, wie erstarrt blieb er stehen und sah Jessica ungläubig an.

»Jessica?«

»Ja, ich bin es«, sagte sie mit bebender Stimme.

Er streckte ihr beide Hände entgegen. »Können Sie sich noch ein paar Minuten gedulden, ich bin gleich fertig.«

»Ich habe viel Zeit«, erwiderte sie tonlos.

Er führte sie in den Therapieraum. »Entspannen Sie sich, Jessica«, sagte er fürsorglich. »Ich bin bald bei Ihnen.«

Wendy sah ihn fragend an. »Würden Sie mir sagen, wo die alten Karteikarten aufbewahrt werden? Die Patientin sagte, daß sie vor acht Jahren hier gewesen sei.«

»Ich brauche keine Karteikarte, ich brauche nur Zeit für sie. Rufen Sie bitte meine Frau an, und sagen Sie ihr, daß ich noch in der Praxis bleibe, aber sagen Sie ihr nicht, wer gekommen ist. Das möchte ich ihr selbst sagen.«

Nun war Wendy erst recht verwirrt. Sie hätte liebend gern mehr von dieser geheimnisvollen Patientin erfahren, deretwegen Dr. Norden sogar seine Mittagspause einschränken wollte, und er nannte sie beim Vornamen.

Jessica de Wieth, in irgendeinem Zusammenhang hatte sie diesen Namen schon mal gehört, aber da Wendy keine Ahnung hatte von dem, was vor acht Jahren hier begonnen hatte, war es für sie auch nicht interessant gewesen, wenn sie wirklich mal etwas über das Ehepaar Santorro gelesen hatte.

Jessica hatte sich in dem bequemen Ledersessel zurückgelehnt und die Augen geschlossen. Ihre Gedanken wanderten zurück zu jener Zeit, in der sie noch ein unbeschwertes Mädchen gewesen war, das mit allen Wehwehchen zu dem lieben Dr. Norden gekommen war. Fünfzehn war sie gewesen, als sie beim Sport gestürzt war und sich beide Knie aufgeschlagen hatte. Sie konnte gerade noch humpeln, aber abends wollte sie unbedingt zur Tanzstunde gehen. So war Jessica immer gewesen. Nach einem Sturz mit dem Fahrrad, als sie sich verbrüht und so in die Hand geschnitten hatte, daß sie genäht hatte werden müssen. Erkältungskrankheiten hatte sie selten gehabt, aber wenn es sie mal erwischt hatte, dann gleich ordentlich. Jessicas Eltern hatte Daniel Norden auch sehr gut gekannt. Sie hatten mit all ihrem Reichtum nicht viel Glück gehabt im Leben. Sie hätten gern mehrere Kinder gehabt, aber Hannelore de Wieth hatte zwei Fehlgeburten gehabt und einen kleinen Sohn hatten sie im Alter von drei Jahren an einer Hirnhautentzündung verloren. Es war nicht verwunderlich, daß sich ihre ganze Liebe auf Jessica konzentriert hatte und daß sie in ständiger Angst um sie gelebt hatten.

Sie hatten sich auch nie von Jessica getrennt. Als sie bei dem schrecklichen Unfall ums Leben gekommen waren, war es auch ein Zufall gewesen, daß Jessica nicht bei ihnen war. Sie war mit ihrer Abiturklasse nach Paris gefahren. Ihre Eltern wollten sie bei der Rückkehr vom Flughafen abholen. Auf der Fahrt dorthin wurden sie von einem Lastwagen gerammt, dessen Fahrer übermüdet am Steuer eingeschlafen war. Es waren noch drei weitere Autos in diesen Unfall verwickelt gewesen, und noch zwei Personen waren dabei umgekommen.

In ihrem großen Schmerz hatte sich Jessica zu Fee und Daniel Norden geflüchtet. Ihnen war es mit viel Verständnis und Geduld gelungen, sie wieder aufzurichten. Und dann hatten sie auch gedacht, daß es ganz gut war, daß sich Jessica in Victor Santorro verliebte.

Daran dachte jetzt Daniel Norden, als er zu Jessica ging, die mit geschlossenen Augen ihren Erinnerungen nachhing.

Daniel Norden ergriff ihre Hände, und sie schlug die Augen auf. Verwirrt blickte sie ihn an.

»Es sind so viele Erinnerungen geweckt worden«, sagte sie leise. »Ich bin früher oft zu Ihnen gekommen.«

»Soll ich aufzählen, woran ich mich erinnere?«

Sie nickte, und er tat es.

Da erschien erstmals ein flüchtiges Lächeln auf ihrem Gesicht.

»An all das habe ich mich auch erinnert«, sagte sie.

»Und dann war da noch Ihr Abschiedsbesuch. Sie waren so glücklich, Jessica.«

»Es erschien mir alles wie ein Traum«, flüsterte sie, »aber es wurde ein Alptraum. Nun bin ich wieder hier und flüchte mich wieder zu Ihnen, weil ich sonst niemanden mehr habe.«

Er sah sie mitfühlend an. »Dann ist es wahr, was die Zeitungen geschrieben haben?«

»Ich denke, es ist alles noch viel schlimmer. Aber ich sollte dankbar sein, daß sie mich nicht noch mehr in den Dreck gezogen haben. Ich erwarte nichts mehr vom Leben, aber ich will mein Kind wiederhaben. Sagen Sie, daß man es mir nicht wegnehmen darf für alle Zeit.«

»Sie müssen mir alles erzählen, Jessica. Ich hätte nur gern, daß Fee dabei ist. Sie hat Ihren Weg verfolgt, bis das große Schweigen kam. Sie weiß immer am besten, was zu tun ist.«

»Mein Gott, was soll ich sagen, ich weiß ja selbst nicht, wie das alles gekommen ist! Wie es soweit kommen konnte! War ich denn so naiv, daß ich nichts bemerkt habe, was um mich vor sich ging? Daß ich es nicht ernst genug nahm, wie Victor mich behandelte? Ich werde nie wieder einem Mann trauen können, Sie ausgenommen. Kollberg hat mich beinahe um mein ganzes Vermögen gebracht.«

»Guter Gott, davon hatten wir keine Ahnung! Wie ist das geschehen?«

»Er hat spekuliert und gespielt und sich fleißig von meinem Vermögen bedient. Ich bekam ja nur Teilbeträge. Papa wollte mich gegen einen Mitgiftjäger absichern, und dabei hat er den Bock zum Gärtner gemacht. Aber Victor hatte sich anscheinend auch größere Beträge erhofft. Es ist mir noch immer nicht klar, was sie mit mir gemacht haben, was hinter meinem Rücken ablief. Ich hatte ja keine Ahnung von Geschäften, mich konnte man leicht täuschen. Jetzt allerdings nicht mehr. Ich habe meine Lektion gelernt, und mich legt jetzt niemand mehr herein.«

Ihr Gesicht hatte sich wieder belebt, und sie wurde der Jessica von damals ähnlicher.

»Wie ist es, werden Sie mich wieder unter Ihre Fittiche nehmen, Dr. Norden? Ich werde viel Kraft brauchen in der nächsten Zeit.«

»Es stimmt, daß Sie geschieden sind?«

»Ja, das stimmt, aber das Sorgerecht wurde mir nicht entzogen. Victor ist mit meiner Tochter untergetaucht. Ich weiß nicht, wo sie sich jetzt aufhalten. Er ist angeblich mit einem neuen Film beschäftigt, was aber nicht stimmt.

Er hat behauptet, ich hätte Laura außer Landes geschafft und ich weiß nicht, wo ich mit der Suche anfangen soll. Momentan fühle ich mich gar nicht gut. Mir fehlt der Antrieb.«

»Wir werden über alles in Ruhe sprechen, Jessica. Kommen Sie am Abend zu uns.«

»Früher haben Sie hier gewohnt«, sagte sie leise.

»Und jetzt wohnen wir nur ein Stück weiter. Wo wohnen Sie?«

»Im Hotel Novara. Ich bin gestern erst angekommen. Unser Haus ist ja vermietet. Wenigstens das ist mir geblieben.«

Ihre Mundwinkel bogen sich leicht abwärts.

»Ich muß mich erst an Ort und Stelle informieren, welchen Schaden Kollberg angerichtet hat. Er soll ja auf Kaution frei sein, und sein Vermögen ist beschlagnahmt. Vielleicht bekomme ich dann doch noch etwas zurück.«

»Hatte er denn Generalvollmachten?« fragte Daniel.

»Eigentlich hätte er nur mit meiner Zustimmung Entscheidungen treffen können, aber vielleicht hat er meine Unterschrift gefälscht. Weiß der Himmel, was er alles gemacht hat. Aber ich habe inzwischen gelernt, mit Gemeinheiten und Intrigen umzugehen und bin auch in der Lage, meinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Ich bin nicht mehr das unbedarfte Mädchen von damals, das kein Mißtrauen kannte.«

»Hätten Sie nicht vorher etwas gegen Kollberg unternehmen können, Jessica?« fragte Daniel.

»Ich hatte doch keine Ahnung. Ich war in einem Sanatorium, und angeblich sollten alle Aufregungen von mir ferngehalten werden. Wundern würde es mich nicht, wenn Victor mit Kollberg unter einer Decke steckte.«

»Dann sollten Sie auch die Polizei einschalten.«

»Das werde ich auch, wenn ich weiß, was da gelaufen ist. Ich muß erst auf Nummer sicher gehen. Ich will meine Tochter wiederhaben.

Wenn ich für verrückt erklärt werde, bekomme ich sie nicht.«

»Aber Sie sind nicht verrückt, Jessica.«

»Das sagen Sie, und deshalb konnte ich es gar nicht erwarten, mit Ihnen zu sprechen.«

»Sie können Vertrauen zu uns haben, Jessica.«

»Das habe ich, unbegrenztes Vertrauen. Ich vertraue sonst niemandem.«

»Wir freuen uns, daß Sie hier sind. Fee wird sich freuen, Sie wiederzusehen. Sie hat sich viele Gedanken um Sie gemacht.«

»Wirklich? Sie hat mich nicht vergessen? Wenn ich das gewußt hätte, hätte ich vielleicht doch den Mut gehabt, mich früher bei Ihnen zu melden.«

Er sah sie mitfühlend an. »Sie haben sehr viel Schlimmes erlebt«, stellte er nachdenklich fest.

»Sie werden es nicht glauben, wenn ich Ihnen alles erzähle. Manchmal dachte ich, ich wäre Darstellerin in einem Horrorfilm.«

Er ergriff wieder ihre Hand. »Wie konnte Ihr Mann das zulassen?«

»Es war doch seine Inszenierung. Ich habe es nicht für möglich gehalten, daß ein Mensch so heucheln, so sadistisch sein kann. Aber diese Menschen sind so dekadent, unmoralisch und dabei bigott, habgierig und neidisch. Die wenigen, die Charakter und Anstand besitzen, ziehen sich ganz zurück. Ich hatte niemanden, der mir half, mit dem ich hätte sprechen können.«

»Jetzt können Sie mit uns sprechen, Jessica. Ist es Ihnen recht, wenn ich Sie um neunzehn Uhr vom Hotel abhole?«

»Falle ich Ihnen auch wirklich nicht zur Last?«

»Das dürfen Sie nicht einen Augenblick denken.«

»Ich kann nicht sagen, wie dankbar ich Ihnen bin.«

Es tat ihm richtig weh, wie sie ihn aus tränenvollen Augen anblickte. Und mit welcher Zuversicht hatte sie sich damals von ihm verabschiedet!

*

Fee Norden empfing ihren Mann gleich an der Gartentür. Sie hatte schon nach ihm Ausschau gehalten. Die Kinder hatten bereits gegessen. Erwartungsvoll sah sie ihn an.

Er spannte sie nicht auf die Folter. »Du wirst es nicht glauben, Feelein, aber Jessica hat mich aufgesucht.«

»Sie ist wieder hier? Wie geht es ihr?« fragte Fee.

»Psychisch nicht gut. Du wirst es heute abend alles erfahren. Ich habe sie zu uns eingeladen. Sie wohnt im Novara.«