Ein wilder Winter für Räuber Grapsch (Band 2) - Gudrun Pausewang - E-Book

Ein wilder Winter für Räuber Grapsch (Band 2) E-Book

Gudrun Pausewang

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Beschreibung

Der Räuber Grapsch mit seinen zwei Metern Länge und dem struppigen Bart sieht wirklich zum Fürchten aus. Besonders klug ist er nicht, aber dafür sehr stark. Er raubt alles was er möchte: Stiefel, Senf, Gläser, Stricknadeln und vieles mehr. Nie lässt er sich erwischen, bis er eines Tages DOKTOR SCHNUFFFS Blasentee für seine Räuberfrau Olli rauben soll... Während dessen muss sich Olli alleine durch den harten Winter in der Räuberhöhle im Wald kämpfen. Die witzig-skurrilen Geschichten über den furchtlosen Räuber, von Rolf Rettich mit viel Detailfreude illustriert, sind längst ein Klassiker geworden.Weitere Räuber Grapsch Geschichten: - Ein Eigenheim für Räuber Grapsch - Räuber Grapsch rund um die Welt - Räuber Grapsch fühlt sich nicht wohl

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Seitenzahl: 58

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Als Ravensburger E-Book erschienen 2014 Die Print-Ausgabe erscheint in der Ravensburger Verlag GmbH © 1992 und 2003 Ravensburger Verlag GmbH Alle Rechte dieses E-Books vorbehalten durch Ravensburger Verlag GmbH Postfach 2460, D-88194 Ravensburg. Autor: Gudrun Pausewang Illustrator: Rolf Rettich Koloriert von Mia Steingräber

ISBN 978-3-473-47575-9

www.ravensburger.de

Raubzug in der Nacht

„Was soll ich heute rauben?“, fragte Räuber Grapsch seine Frau, als er spät am Abend mit seinem Sack aus der Höhle stapfte.

„Ein Paket Waschpulver, eine Tube Zahnpasta, ein Glas Senf, fünf Stricknadeln Nummer dreieinhalb und drei Knäuel Wolle“, sagte Olli.

„Mehr nicht?“, knurrte er. „Das lohnt sich ja kaum.“

„Und beklau mir ja keine armen Teufel!“, rief sie ihm nach.

Er durchquerte den Sumpf auf dem Geheimpfad und trabte durch den Rabenhorster Wald. Nach zwei Stunden, um Mitternacht, erreichte er den Waldrand. Er wartete, bis in Juckenau die Laternen ausgingen, dann schlich er in die Stadt hinein. Einem Polizisten, der durch die Hauptstraße patrouillierte, wich er in großem Bogen aus. Vor der Bäckerei Häberle zögerte er. Hier hatte er erst in der letzten Woche die halbe Backstube leer gefuttert. Also war heute die Konditorei Schleck dran. Denn bei aller Räuberei sollte es doch gerecht zugehen.

Er fand eine offene Kellerluke und zwängte sich hinein. Nach einer Viertelstunde kroch er mit Sahne im Bart und Tortenglasur in den Nasenlöchern wieder aus der Luke heraus und versteckte sich hinter dem Supermarkt Toll & Top. Sobald der Polizist auf seiner Runde vorbeimarschiert war, stieg Grapsch durch eine Lüftungsklappe im Dach ein.

Er scharrte Waschpulver, Senf, Zahnpasta und Wolle in seinen Sack, suchte nach Stricknadeln Nummer dreieinhalb, fand aber keine, wechselte seine alten Taschenlampenbatterien gegen neue aus, rollerte auf einem Einkaufswagen zurück zur Lüftungsklappe und machte, dass er davonkam, denn schon hörte er draußen die Schritte des Polizisten.

Jetzt blieb ihm nichts anderes übrig, als sich die Stricknadeln bei Fräulein Agathe Kleinöhr zu besorgen, die das einzige Handarbeitsgeschäft in Juckenau besaß. Aber kaum hatte er ihre Ladentür aufgebrochen, fing die Türglocke an zu bimmeln. Und schon erschien die alte Dame in ihrem Flanellnachthemd im Laden, bewaffnet mit Regenschirm und Zuschneideschere. Die Schere konnte er ihr noch aus der Hand winden, aber mit dem Schirm bekam er so einen Schlag auf die Nase, dass ihm die Tränen in die Augen schossen. „Hier werden Sie sich kein zweites Mal hereinwagen, Sie Flegel!“, zeterte sie.

Es war ihr Glück, dass er gerade gegessen hatte und rundherum satt war. Das machte ihn gutmütig. Er entwand ihr den Schirm, drückte sie auf einen Stuhl und wollte sie mit echten Brüsseler Spitzen fesseln.

„Nicht die Spitzen!“, kreischte sie. „Wo die doch so teuer sind! Zackenlitze tut’s auch!“

Da stopfte er ihr ein Knäuel Wolle in den Mund und band sie mit Zackenlitze an den Stuhl. Dann suchte und fand er die Stricknadeln Nummer dreieinhalb und verstaute sie in seinem Sack.

Bevor er verschwand, ließ er die Türglocke laut bimmeln, um die Nachbarn zu alarmieren. Die alte Dame konnte ja nicht im Nachthemd bis zum Morgen im Laden sitzen bleiben. Es war schließlich schon Herbst.

Er hatte es eilig heimzukommen. Er freute sich auf seine Olli. Im Sommer, zur Blaubeerenzeit, hatte er die kleine rundliche Frau mit dem roten Kraushaar in den Rabenhorster Wald entführt. Sie hatte sich gern entführen lassen, denn sie hatte ihn gemocht, obwohl er ein großer Muskelkerl war und einen langen schwarzen Rauschebart hatte. Und jetzt war Herbst, und sie mochte ihn immer noch – ihn, den Räuber, vor dem sich alle Juckener fürchteten!

Natürlich zankten sie sich oft. Aber ebenso oft vertrugen sie sich wieder, und jeden Abend, wenn es nicht regnete, saßen sie eine Weile am Rand des Sumpfes zusammen: Tassilo Grapsch thronte auf der großen Ofentür, die sie einmal gemeinsam geraubt hatten, und Olli saß auf Grapschs Schoß und kuschelte ihren Kopf in seinen Bart. Dann sprachen sie von ihren zehn Kindern, die sie haben wollten, und hörten dem Froschgequake zu.

Seit Olli bei Grapsch war, bemühte er sich, beim Essen nicht mehr so laut zu schmatzen und zu schlürfen. Er sprach auch nicht mehr mit seinen Frostbeulen oder den Fledermäusen an der Höhlendecke, ja nicht einmal mehr mit sich selber. Er hatte ja jetzt eine Frau, mit der er sprechen konnte, wenn er Lust dazu hatte. Aber sehr gesprächig war er noch nie gewesen.

Und Olli? Sie hatte sich an die Fledermäuse gewöhnt, die nachts lautlos um das Heubett segelten. Sie erschrak nicht mehr zu Tode, wenn Grapsch nieste. Und mit den Spinnweben an den Höhlenwänden nahm sie’s auch nicht mehr so genau wie in den ersten Tagen. Freilich, manchmal ärgerte sich Grapsch über sie, weil sie so viel klüger war als er und so oft Recht hatte. Aber er hielt es nicht aus, lange wütend zu sein. Und er mochte sie eben.

In der Morgendämmerung kam der Räuber Grapsch schwer beladen heim. Aus seinem Sack kramte er ganze Berge von Waschpulverpaketen, Zahnpastatuben, Senfgläsern, Stricknadeln und bunten Wollknäueln.

„Was soll denn das?“, schimpfte Olli. „Der Schrank ist voll mit Vorräten! “

„Mit so was wie einer Tube Zahnpasta oder fünf Stricknadeln mach ich mich ja lächerlich“, murrte Grapsch. „Das ist doch kein Raub! Das merken die Juckener vielleicht nicht einmal. Von mir erwarten sie mehr, und ich will sie nicht enttäuschen. Schließlich haben sie sich schon vor meinem Großvater gefürchtet.“

„Und was sollen wir, bitte schön, mit fünfundsiebzig Zahnpastatuben machen?“, fragte Olli.

„In Notzeiten können wir die Zahnpasta ja auch essen“, meinte Grapsch.

„Und der halbe Senf wird steinhart werden, bis wir dazu kommen, ihn zu verbrauchen“, jammerte Olli.

„Dagegen lässt sich was tun“, sagte Grapsch, schraubte ein Senfglas auf und fuhr mit seinem dicken Zeigefinger hinein. Drei Gläser schleckte er nacheinander leer und zum Schluss noch ein viertes, das zerbrochen war. Dabei schluckte er auch ein paar kleine Scherben mit – und etwas Waschpulver, das aus einem zerquetschten Paket gerieselt war. Olli starrte ihn entgeistert an. Aber es passierte nichts. Außer dass seine Augen ein bisschen wässerig wurden und ein paar Seifenblasen aus seinen Ohren und Nasenlöchern quollen. „Schade, dass ich satt bin“, rülpste er, „sonst hätt ich noch mehr geschafft.“

„Hast du wieder beim Konditor reingeschaut?“, fragte Olli erbost. „Du bist einfach unverbesserlich! Und fünfzig Stricknadeln, alle dreieinhalb, hast du mitgebracht. Das ist der Gipfel. Wo ich doch nur mit fünf Nadeln stricken kann!“

„Du kannst nichts als nörgeln“, knurrte Grapsch. „Wenn ich dir nicht gut genug raube, musst du eben mitkommen. Wollen wir nicht zehn Kinder kriegen? Wenn die alle Socken stricken wollen und du dazu, dann sind’s sogar noch fünf Nadeln zu wenig.“ Darüber musste Olli lachen. Sie zog sich an seinem Bart hoch und gab ihm einen Kuss, und er schnurrte vor Vergnügen.

Drei Tage später spürte Grapsch wieder Lust auf einen Raubzug. Also erkundigte er sich bei Olli nach den nötigen Besorgungen. „Zwei Würfel Margarine“, sagte sie, „und einen Spaten. Ich will nämlich ein Blumenbeet vor unserer Höhle anlegen. So eins, wie Tante Hedwig hat.“