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Durch menschliche Aktivitäten kommt es weltweit zur Zerstörung natürlicher Lebensräume und zu Umweltverschmutzung, was einen drastischen Verlust an biologischer Vielfalt zur Folge hat. Durch das Konzept der Ökosystemdienstleistungen sollen die zunehmenden und unterschiedlichen Bedürfnisse des Menschen nach den Leistungen und Gütern der Natur bei politischen Entscheidungsprozessen berücksichtigt werden. Hohen Bekanntheitsgrad erlangt hat dabei vor allem das Millennium Ecosystem Assessment aus dem Jahre 2005, eine weltweite Studie über den Zustand unserer Ökosysteme. Darin werden mit den Basis-, Versorgungs- und Regulationsdienstleistungen sowie den kulturellen Ökosystemdienstleistungen vier verschiedene Kategorien aufgeführt, die allesamt zum menschlichen Wohlergehen und Fortbestehen beitragen. Doch um alle diese Naturleistungen in die Entscheidungsprozesse einzubeziehen, müssen sie erfasst und messbar gemacht werden. Anja-Karolina Rovers setzt sich mit der Erfassung kultureller Ökosystemdienstleistungen unter Verwendung sozialwissenschaftlicher Methoden auseinander, indem sie verschiedene naturethische Argumentationslinien beleuchtet, um den Eigenwert von Natur zu erfassen. Am Beispiel mitteldeutscher Buchenwälder wurden dazu sowohl Interviews mit Forstexperten geführt als auch die Einstellungen der Bevölkerung ermittelt. Ferner geht sie auf Indikatoren ein, die speziell zur Erfassung von Ästhetik dienen können, und untersucht, ob und inwieweit die Rolle der Natur durch artifizielle Objekte ersetzbar ist. Damit regt ihr Buch auch zur kritischen Selbstreflexion im Umgang mit Natur an und schafft Bewusstsein über den Stellenwert von Natur und ihren Leistungen auf subjektiver und gemeinschaftlicher Ebene.
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Seitenzahl: 452
Veröffentlichungsjahr: 2015
ibidem-Verlag, Stuttgart
Abkürzung Bedeutung
Abb. Abbildung
Abschn. Abschnitt
BMELVBundesministerium für Ernährung,Landwirtschaft
undVerbraucherschutz
BMU Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit
BNatSchG Bundesnaturschutzgesetz
bspw. beispielsweise
BWaldG Bundeswaldgesetz
CBD Convention on Biological Diversity
ebenda lat.„genau dort“, (dieselbe Literaturangabe)
et al. lat.„et alii“, und andere
etc. lat. „et cetera“, und die übrigen
EU Com European Commission
ggf. gegebenenfalls
IPBES Intergovernmental Science-Policy Platform
on Biodiversity and Ecosystem Services
HONullhypothese
Kap. Kapitel
MEA Millennium Ecosystem Assessment
NLP Nationalpark
NP Naturpark
ÖDL Ökosystemdienstleistungen
P Wahrscheinlichkeit
s. siehe
SW Stadtwald
Tab. Tabelle
u.a. unter anderem
usw.
Diese Dissertationbeschäftigt sich mit verschiedenen naturethischen Argumentationslinien zur Erfassung kultureller Ökosystemdienstleistungen. Durch das Konzept der Ökosystemdienstleistungen (ÖDL) sollen die zunehmenden und unterschiedlichen Bedürfnisse nach Natur und ihren Werten bei Entscheidungsprozessen berücksichtigt werden, denn im Zuge anthropogener Aktivitäten nimmt die Zerstörung natürlicher Lebensräume und Umweltverschmutzung rapide zu, was einen drastischen Verlust an biologischer Vielfalt weltweit zur Folge hat. Das in den 1990er Jahren aufgekommene ÖDL-Konzept erfährt daher eine fortwährende, verstärkte Beachtung in der nationalen wie auch internationalen Forschung.Hohen Bekanntheitsgrad erlangt hat vor allem das Millennium Ecosystem Assessment aus dem Jahre 2005, eine weltweite Studie über den Zustand der Ökosysteme. Darin werden mit den Basis-, Versorgungs- und Regulationsdienstleistungen sowie den kulturellen ÖDL vier verschiedene Kategorien von ÖDL aufgeführt, die allesamt zum menschlichen Wohlergehen und Fortbestehen beitragen. Doch um alle diese Leistungen in Entscheidungsprozessen einzubeziehen, müssen sie erfasst und messbar gemacht werden. Insbesondere für die Gruppe der kulturellen Dienstleistungengestaltet sich der Inwertsetzungsprozess jedoch schwierig. Diese Gruppe setzt sich vordergründig aus Erholung und Ökotourismus, ästhetischen Werten, Information, Bildung, kultureller Diversität sowie spirituellen und religiösen Werten und demnach aus nicht-handelbaren Naturleistungen zusammen. Eine strikt monetäre Bewertung von Ökosystemdienstleistungen wird darüber hinaus zwar häufig angewendet, allerdings sogar von Ökonomen als problematisch erachtet, weil bei rein anthropozentrischen Sichtweisen der intrinsische Wert von Natur nicht einbezogen wird. Um dem gerecht zu werden, können bei der zukünftigen Quantifizierung von Naturwerten inter- und transdisziplinärer Ansätze angewendet werden.
Diese Dissertation prüft daher die naturethische Debatte auf ihre Eignung, kulturelle ÖDL unter Berücksichtigung intrinsischer Werte zu erfassen. Dabei gilt es zunächst zu klären, inwieweit die einzelnen, in der naturethischen Literatur aufgeführten Argumente in der Praxis inhaltlich zutreffend sind. Dafür wurden in einem ersten Schritt die wesentlichen Aspekte der naturethischen Argumente in offene Fragen operationalisiert und – am Beispiel von Buchenwäldern – insgesamt 22 fokussierte, leitfadengestützte Interviews mit Forstexperten in den Bundesländern Hessen, Niedersachsen und Thüringen geführt. Sie wurden anschließend transkribiert und inhaltsanalytisch in ein Kategoriensystem überführt. So konnten jedem naturethischen Argument verschiedene Kategorien zugeordnet werden, die neben qualitativen Erkenntnissen auch Aussagen zum Stellenwert der einzelnen Argumentationslinien sowie zum Verhältnis anthropozentrischer und physiozentrischer Ansätze zulassen. Im Zuge dessen konnten anhand der Interviews alle im naturethischen Diskurs stehenden Argumente nachgewiesen werden. Vor allem die Sinneswahrnehmung, die dem Aisthesis-Argument als körperliche Empfindung inbegriffen ist, stellt ein zentrales Element beim Waldbesuch dar. Damit einher geht eine erholende Wirkung für den Menschen. Für die Definition von kulturellen ÖDL bedeutet dies, Erholung stellt im Rahmen dieser Erhebung ein Resultat der umfangreichen Empfindungen und Gefühle, die Wald auslöst, dar und ist damit keine direkte ÖDL im Gegensatz zur Ästhetik, was in der Literatur kontrovers diskutiert wird.
In einem zweiten, sich anschließenden Schritt wurde für die wichtigsten aus den qualitativen Interviews gewonnen Ergebnisse empirisch überprüft, inwieweit sie auch von der Bevölkerung geteilt werden. Analog zum Fallbeispiel mitteldeutscher Buchenwälder wurden insgesamt 300 Besucher von unterschiedlich genutzten, ausgewählten Waldgebieten schriftlich befragt, wobei jeweils zwei Stadtwälder, Naturparks und Nationalparks einbezogen waren. Die zentralen Aspekte eines jeden naturethischen Arguments wurden in Aussagen formuliert und von den Befragten auf einer Viererskala bewertet. Die Ergebnisse stimmen weitgehend mit denen der Interviews überein, womit die naturethischen Thesen auch als von der Bevölkerung getragen angesehen werden können. Diese Erhebung versteht sich dabei jedoch als ein erster Schritt und vermag es, tendenzielle Hinweise zu liefern, da sie aufgrund ihrer willkürlichen Stichprobenauswahl keinen repräsentativen Charakter besitzt. Signifikante Unterschiede zwischen den Waldtypen bedeuten daher potentielle Anzeichen auf mögliche Faktoren, die die Ausprägung von in den verschiedenen Waldtypen unterschiedlich stark auftretenden Eigenarten eines Waldes beeinflussen und sich somit auf den Grad der Zustimmung oder Ablehnung einer Aussage auswirken. Im Rahmen dieser Dissertation werden diese Faktoren allerdings nicht identifiziert, sondern vielmehr aufgezeigt, inwiefern etwaiger weiterer Forschungsbedarf – vor allem zu Gefühlen und Emotionen beim Waldbesuch – besteht. Aussagen, die ohne signifikante Unterschiede zwischen den Waldtypen bewertet wurden, könnenfolglich als tendenziell allgemein gültig und die entsprechenden Argumente als am bedeutungsvollsten im Rahmen der naturethischen Debatte angesehen werden. Erkennbar ist im Zuge dessen der Stellenwert physiozentrischer Argumente, womit für die Berücksichtigung physiozentrischer Sichtweisen plädiert werden kann, wenn es um die Erfassung kultureller ÖDL geht.
DieStudiegeht darüber hinaus auf Indikatoren ein, die zur Erfassung ökosystemarer Dienstleistungen herangezogen werden. Für die kulturelle Komponente wird dazu seitens der Forschung noch auf Herausforderungen verwiesen, da bisher nicht für alle Leistungen Indikatoren aufgestellt werden konnten oder nur welche monetärer Gestalt. Beim gewählten Fallbeispiel kann das Vorkommen potentieller Habitatbäume anhand der Interviews und der Waldbesucherbefragung als ein zur Erfassung ästhetischer Leistungen von Buchenwäldern geeigneter Indikator identifiziert werden, der sowohl anthropozentrische als auch physiozentrische Eigenwerte innehat. Doch der naturethische Diskurs ist nicht für alle Arten kultureller ÖDL ein geeignetes Erfassungsinstrument, denn Information, Bildung sowie spirituelle und religiöse Werte finden keine Berücksichtigung.
Ein weiterer, letzter Schwerpunkt dieser Arbeit liegt auf dem Vergleich zwischen dem so genanntenKunstschönen und Naturschönen. In der naturethischen Literatur finden sich beim Argument der ästhetischen Kontemplation verschiedene Thesen, die deutlich machen, inwieweit die Rolle der Natur nicht durch menschgemachte Objekte ersetzbar ist, womit wiederum für Naturschutz argumentiert werden kann – auch dies konnte durch die qualitativen Interviews und die Waldbesucherbefragung nachgewiesen werden.
Die Zerstörung von natürlichen Lebensräumen und Umweltverschmutzungen durch anthropogene Aktivitäten sowie der Klimawandel führen zum Verlust von biologischer Vielfalt weltweit. Durch das Konzept der Ökosystemdienstleistungen[1]soll den steigenden und verschiedenartigen Bedürfnissen nach Natur und ihren Werten nachhaltig Rechnung getragen werden, was durch einschlägige Publikationen seit den 1990er Jahren konstatiert wird(bspw.Costanza et al. 1997, Daily 1997). Wegweisend war im Zuge dessen das Millennium Ecosystem Assessment[2]aus dem Jahre 2005, eine weltweite Studie über den Zustand unserer Ökosysteme. Mit deren Erscheinen hat die Anzahl an Publikationen zum Themenfeld der ÖDL stark zugenommen(Fisher et al.2009). Darüber hinaus ist die Definition von ÖDL nach dem MEA eine der am häufigsten zitierten (Loft/Lux2010).
Folgende vier Kategorien von ÖDL werden im MEA aufgeführt:
·Basisdienstleistungen (u.a.Primärproduktion, Nährstoff-Kreisläufe und Bodenbildung),
·Versorgungsdienstleistungen (u.a.Bereitstellung von Nahrungsmitteln, Trinkwasser, Holz und Fasern sowie Treibstoffen),
·Regulationsdienstleistungen (u.a.Klima- und Hochwasserregulation, biologische Schädlingsbekämpfung sowie Grundwasseranreicherung) und
·kulturelle Dienstleistungen (u.a.kulturelle Diversität, spirituelle und religiöse Werte, Erholung und Ökotourismus, ästhetische Werte, Information, Bildung).
Sie alle haben gemein, einen erheblichen Beitrag zum menschlichen Wohlbefinden zu leisten, indem sie zur Grundversorgung, Sicherheit und Gesundheit sowie zur Bildung sozialer Netzwerke beitragen(Costanza et al. 1997).
Die Betrachtung und ökonomische Bewertung der Verknüpfung dieser verschiedenen ÖDL mit dem menschlichen Wohlergehen stellt ein hochaktuelles Themenfeld dar, was politisch gefordert und in der Forschung behandelt wird(siehebspw. Pereira et al. 2005, Costanza et al. 2007, Gómez-Baggethun et al. 2010).U.a. verweist dieTEEB-Studie[3], ein weiterer zentraler Report im Zusammenhang mit ÖDL aus dem Jahre 2008, explizit darauf, dass eine ökonomische Betrachtung von Naturwerten häufig für Politik und Wirtschaft sinnvoll und erstrebenswert ist, denn so kann eine geeignete Zuordnung von Rechten unterschiedlicher gesellschaftlicher Akteure bei der Nutzung der begrenzten natürlichen Ressourcen erfolgen. Ebenfalls gilt es nach der internationalen Konvention über die biologische Vielfalt (CBD[4]), die verbleibenden, immer knapper werdenden Naturgüter so gut wie möglich zu erhalten und ökonomisch effizient und schonend zu nutzen (CBD2010[5]). Des Weiteren stehen ÖDL seit der Gründung von IPBES[6]2010, einem zwischenstaatlichen Gremium zur wissenschaftlichen Politikberatung zu ÖDL und der biologischen Vielfalt, im politischen Diskurs auf internationaler Ebene.Die Forschung setzt sich dadurch mit einer Vielzahl an Quantifizierungsansätzen für ÖDL auseinander(bspw. Fisher et al. 2009; Costanza et al. 2011; Maes et al. 2012; Braat/de Groot 2012; Crossman et al. 2013; Schägner et al. 2013),die teilweise anhand von Fallbeispielen erfolgen(u.a.Spash 2000; Pereira et al. 2005; Zhang et al. 2010; Martín-López et al. 2011).
Durch das ÖDL-Konzept können demnach naturschutzfachliche, politische Entscheidungen erleichtert werden, was zum Schutz der biologischen Vielfalt beiträgt (Grunewald/Bastian2013). Das Konzept erlaubt ferner eine Erfassung der Bedeutung von biologischer Vielfalt (Eser et al.2011) und so kann auch aus wirtschaftlicher Sicht für Naturschutz argumentiert werden (Jessel et al.2009).Doch für eine Umwelt- und Ressourcenpolitik mit dem Ziel, die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt zu steigern, bedeutet dies eine Herausforderung in zweierlei Hinsicht, was im folgenden Abschnitt dargelegt wird.
1.2 Herausforderungen für die Umwelt- und Ressourcenökonomie
Im Zuge einer ökonomischen Bewertung von ÖDL ergeben sich für die Umwelt- und Ressourcenökonomik zwei zentrale Problemstellungen. Zum einen gilt es nach dem MEA 2005 sicherzustellen, dass alle ÖDL[7]in Entscheidungsprozessen berücksichtigt werden – nicht nur jene, die in Märkten gehandelt werden. Dafür müssen all die verschiedenen Leistungen der Natur messbar gemacht werden(Staub/Ott2010). Für die Gruppe der kulturellen ÖDL, die Erholung bzw. Ökotourismus, Ästhetik, Bildung, Spiritualität bzw. religiöse Werte, Inspiration, kulturelle Identität und Heimat beinhaltet (MEA 2005), gibt es keinen Markt, da sie als öffentliche Güter gelten (Grunewald/Bastian2010). Als eine zentrale Forschungsfrage ergibt sich daraus die Integration von nicht handelbaren Gütern und Naturleistungen in die Wohlfahrtsmessung (Staub/Ott2010).
Zum anderen wird eine rein monetäre Bewertung der Umwelt und ihrer Leistungen von ökologischen Ökonomen kritisch hinterfragt(Kallis et al.2013), was eine weitere Herausforderung für die Umweltökonomie darstellt. Im Zusammenhang mit dem ÖDL-Konzept wird angemerkt, dass dies nur eine anthropozentrische Sichtweise verfolgt(de Groot et al.2002;Fisher et al. 2008).Somit droht im Zuge einer Ökonomisierung der Natur unter Anwendung des ÖDL-Ansatzes der intrinsische Wert[8]von Natur und Naturprozessen verloren zu gehen (Müller/Burkhard2012). Der intrinsische Wert wird jedoch als einer der vier zentralen Werte von Biodiversität angeführt und setzt sich aus kulturellen, sozialen, ästhetischen und ethischen Leistungen der Natur zusammen(Swift et al. 2004). Auch wenn das ÖDL-Konzept nicht den intrinsischen Wert von Natur und ihren Leistungen umfasst, gilt dieser jedoch nicht als grundsätzlich inkompatibel mit einer ökonomischen Bewertung(Davidson2013). In einigen Studien wird daher für die Aufnahme des intrinsischen Wertes von Natur bzw. Biodiversität als kulturelle ÖDL plädiert(Chan et al. 2012; Raymond et al. 2009). Wird er außen vor gelassen, so kann dies einen beachtlichen Nachteil vieler ÖDL-Typologien bedeuten (Burkhard et al.2009).
Auch im politischen Diskurs und in der Gesetzgebung – auf nationaler, europäischer und globaler Ebene – werden Natur und Landschaft sowie der biologischen Vielfalt intrinsische Werte bzw. Eigenwerte zugesprochen (CBD Präambel 1992, BMU[9]2007, BNatSchG §1, Eu.COM.[10]2011). Wie sich ÖDL einerseits quantifizieren und monetarisieren lassen und wie dagegen andererseits der Eigenwert von Natur zu bestimmen ist, wird folglich von als eine zentrale Forschungsfrage angesehen (Grunewald/Bastian2010).
Dinge, die nur wegen ihrer Nützlichkeit für etwas anderes geschätzt werden, besitzen instrumentellen Wert, wohingegen alles, was auch um seiner selbst willen geschätzt wird, Eigenwert besitzt(Marggraf/Streb1997). Natur hat Eigenwert bzw. ist inhärent[11]wertvoll, weil Menschen eine nicht an ihre Nutzung gekoppelte Beziehung zu ihr haben, d.h. Natur ist Selbstzweck.Eser/Potthast (1999)heben dabei die ästhetische Beziehung des Menschen zur Natur hervor und betonen, dass die Begegnung mit Natur auch um ihrer selbst willen gesucht werden kann. Dies wird anhand folgenden Beispiels deutlich: Ein Waldspaziergang hat instrumentellen Wert, wenn er der schnellste Weg ist, um zum Bäcker zu gelangen. Wird der Waldspaziergang aber bewusst unternommen, weil man Lust daran hat, so kommt ihm Eigenwert zu. Auch eine Kombination ist möglich – man möchte zum Bäcker und weiß um den Mehrwert des Waldspaziergangs, so hat dieser sowohl instrumentellen Wert als auch Eigenwert (Marggraf/Streb1997).
Ein Fokus nur auf instrumentelle Werte der Natur kann daher eine Ausklammerung von intrinsischen Werten zur Folge haben (Kosoy/Corbera2010). Ein erfülltes menschliches Leben zeichnet sich jedoch neben der Befriedigung physiologischer Parameter auch durch den Genuss persönlicher und gemeinschaftlicher Bedürfnisse aus, woraus letztendlich nicht nur ein individueller, sondern ein gesellschaftlicher Nutzen resultiert(Chiesura/de Groot2003). Mit diesem Aspekt, was die Natur zu einem guten und glücklichen Leben des Menschen beisteuert, befasst sich seit den 1960er Jahren die Naturethik (Krebs1997). Daher wird auch seitens der Naturethik vor einer Reduktion der menschlichen Naturangewiesenheit auf die Befriedigung von Grundbedürfnissen gewarnt (Krebs1996). „Damit die Menschheit gedeihen und nicht nur gerade so überleben kann, ist ein alle Wertedimensionen der Natur umfassender Naturschutz geboten“ (Krebs 1996: 46).
1.3 Erfassung von Ökosystemdienstleistungen
Zur Erfassung der verschiedenen Naturleistungen können Indikatoren dienen, die die Bedeutung der Natur aus gesellschaftlicher Sicht veranschaulichen(Staub et al.2011). Neben materiellen Mengen beschreiben Indikatoren auch Qualitäten finaler Naturleistungen(Staub/Ott2010)und geben Auskunft über die Charakteristika und Entwicklungen einer ÖDL, um letztendlich politischen Entscheidungsträgern fundierte Erkenntnisse liefern zu können(Layke2009). Indikatoren bilden ferner die Basis für ökonomische Bewertungen der Natur, wie sie u.a. in der TEEB-Studiegefordert werden.Staub/Ott(2010) benennen finale Ökosystemleistungen als Wohlfahrtsindikatoren, wobei sich der Terminus „final“ auf einen direkten Konsum der Leistungen bezieht, mit dem Ziel, die einzelnen finalen Leistungen zunächst zu spezifizieren, um sie dann für eine Quantifizierung zu operationalisieren.
Da sich verschiedene Studien zunächst mit den Anforderungen an Indikatoren befassen(bspw.Müller/Burkhard2012), konnten vielen ÖDL bis dato erst wenige geeignete Indikatoren zugewiesen werden (Staub et al. 2011; Layke 2009). Dies ist, im Verhältnis zu Indikatoren für die drei weiteren ÖDL-Kategorien, insbesondere für die kulturellen ÖDL der Fall (vgl. bspw.Tyrrell 2008; Layke 2009; Hernández-Morcillo et al. 2013).
Zum Feld der kulturellen ÖDL herrscht unter den Autoren Uneinigkeit, ob Erholung, wie nach dem MEA, selbst eine kulturelle Ökosystemdienstleistung ist oder aber ein Nutzen, der durch vorgeschaltete Leistungen entsteht(Boyd/Banzhaf2007). Alsproblematisch wird dabei eine möglicheDoppelzählung dieser Leistungen bei der ökonomischen Bewertung angesehen (vgl.ebenda; Wallace2007). Bspw. wird ästhetischer Genuss als ein Nutzen aufgeführt, der zur Erholung als finale ÖDL beiträgt (de Groot et al.2000) und daher kann sich eine Doppelzählungvor allem bei der Erfassung von Ästhetik und Erholung fehlerhaft auswirken (Kandziora et al. 2013).Eine Überlappung innerhalb der kulturellen ÖDL muss jedoch nicht negativ sein, sondern kann vielmehr die Prägnanz dieser gesamten Kategorie verdeutlichen(Daniel et al.2012).Weiterer Forschungsbedarf bezüglich möglicher Synergieeffekte oder Zielkonflikte zwischen einzelnen ÖDL wird daher eingeräumt(Bennett et al.2009)– vor allem die kulturelle Komponente der ÖDL, insbesondere Erholung und Ästhetik, und Indikatoren zu deren Erfassung müssen noch eingehender betrachtet werden.
Erholung und Tourismus stehen im Fokus vieler Studien zur Erfassung und Bewertung von kulturellen ÖDL(vgl. u.a.Hernández-Morcillo et al.2013;Schägner et al.2013;Ninan/Inoue2013)und werden teilweise stellvertretend für den gesamten kulturellen Part untersucht(Hein et al.2006). Ästhetische Leistungen sind dagegen z.T. gar nicht in den Pool der untersuchten Teilaspekte kultureller ÖDL involviert(bspw.Martín-López et al.2011). Ferner nimmt die Erholung auch mehr als die Hälfte der bisher verwendeten Indikatoren für kulturelle ÖDL ein(Hernández-Morcillo et al.2013). Darüber hinaus finden vorhandene Indikatoren, wie die Besucherzahl an Erholungssuchenden, ebenfalls Anwendung als Indikator für Ästhetik(Layke2009)und sind folglich nicht eindeutig zur Ermittlung von speziell eines Parts im Gesamtkomplex der kulturellen ÖDL dienlich. Bei der Erhebung ästhetischer Leistungen sollte jedoch auch die Art der Interaktion zwischen Menschen und dem Ökosystem berücksichtigt werden(vgl.Hein et al.2006).
Bis dato liegen nur wenige Studien zur Verknüpfung der kulturellen ÖDL, besonders von Ästhetik und Inspiration, mit menschlichem Wohlbefinden vor(Hernández-Morcillo et al.2013). Zwar werden die Auswirkungen positiver oder negativer Gefühle auf die Gesundheit als möglicher Indikator im Bereich der kulturellen ÖDL genannt(Tyrrell 2008), jedoch ist eine mögliche Verbindung zwischen Gefühlen durch ästhetisches Naturerleben und menschlichem Wohlbefinden vor dem Hintergrund der ÖDL noch nicht ausreichend erforscht. Es bedarf daher alternativen Evaluierungsmethoden, die nicht nur biophysikalische oder monetäre, sondern auch soziokulturelle Faktoren vor dem Hintergrund der kulturellen ÖDL behandeln(Plieninger et al. 2013). Betont wird dabei die Einbeziehung lokaler Akteure(bspw.Hein et al. 2006; Nelson et al. 2009; Fagerholm et al. 2012; Jax et al. 2013).Ausgeklammert bleibt bei vielen Ansätzen wiederum der intrinsische Wert von Natur(van Berkel/Verburg2012). Überdies wird die Erfassung der Erholung oder ästhetischer Leistungen häufig auf marktbasierte Instrumente reduziert(de Groot et al. 2002; Liu et al. 2010; Hernández-Morcillo et al. 2013; Plieninger et al. 2013), was es wiederum vor dem Hintergrund der mangelhaften Inklusion nicht-anthropozentrischer Sichtweisen zu ändern gilt.
Anhand dieser Erläuterungen wird deutlich, dass die Valuation kultureller ÖDL momentan als eine der schwierigsten Aufgaben im Bereich der ökosystemaren Forschung erachtet wird, die bisher am wenigsten entwickelt ist(Plieninger et al. 2013; Barrena et al. 2014).
Die zukünftige ökosystemare Forschung sollte inter- und transdisziplinäre Ansprüche berücksichtigen (bspw.Loft/Lux2010), die zur Schließung der erläuterten Forschungslücken beitragen können. Bei der Erfassung von kulturellen ÖDL wird eine Einbindung von Philosophie und Ethik als geeignetes Instrument benannt(Wallace 2007; Jax et al. 2013). Die Relevanz von philosophischen Überlegungen für die Umwelt- und Ressourcenökonomie liegt in einer kritischen Auseinandersetzung mit Werthaltungen und Präferenzen, die die Natur betreffen und die bei rein ökonomisch gehaltenen Untersuchungen (z.B. Zahlungsbereitschaftsanalysen) als fix verstanden und damit ohne nähere Hinterfragung der einzelnen Wertepositionen angenommen werden(Krebs1996).
Die Naturethik[12]als philosophische Disziplin beschäftigt sich seit Ende der 1960er Jahre mit Fragestellungen zum menschlichen Verhalten gegenüber der Natur, genauer gesagt mit„dem ethisch richtigen Umgang der Menschen mit der Natur“(Krebs1997:337). Durch ökologische Probleme entstanden, hat sich diese Disziplin mittlerweile zu einem zentralen Zweig der angewandten Ethik entwickelt.
Unter Natur wird die „gesamte nichtmenschliche Welt“(Marggraf/Streb1997:229)verstanden. Präziser ist die Definition von Natur als „dasjenige in unserer außermenschlichen Mitwelt, was nicht vom Menschen gemacht wurde“ (Krebs1997:341). Als Gegensatz nenntKrebs 1997die Artefakte, z.B. Möbel, Autos, Statuen, was auf Aristoteles zurückgeht.Mutschler2006 greift in seinem Begründungsansatz für eine intrinsische Werthaftigkeit von Natur diesen Ansatz, wonach es eine Differenz zwischen Lebewesen und technischen Artefakten gibt, wieder auf und betont, jede nicht-anthropozentrische Position muss die Frage bejahen, ob es intrinsische Werte in der Natur gibt. Natur und Artefakt sind dabei als graduelle Begriffe zu sehen, denn alles, was Menschen herstellen, entsteht aus natürlichen Stoffen(Krebs 1997).Zur Definition von Natur bleibt anzufügen, dass Natur heutzutage menschlich überformt, aber dennoch nicht vom Menschen geschaffen ist(ebenda).
Eine der Grundfragen der Naturethik ist es, inwieweit Naturschutz nur den von Natur abhängigen oder Natur bedürftigen Menschen geschuldet ist oder ob Naturschutz etwas ist, was die Menschen der Natur selbst schulden. Ferner wird in der Naturethik debattiert, ob moralisches Handeln nur auf menschliche Belange begrenzt ist oder aber Natur mit einbezieht(Krebs 1997).Inwiefern moralische Verpflichtungen zum Naturschutz gerechtfertigt sind, wird insbesondere zwischen utilitaristischen und biozentrischen Polen konferiert (Gethmann1996).Hinzu kommt die Frage, ob eine rein anthropozentrische Sichtweise noch zeitgemäß ist oder einer Ergänzung durch physiozentrische Ansätze bedarf (Krebs1996).
Daher wird als Lösungsansatz zur Berücksichtigung vonsowohl anthropozentrischen[13]als auch physiozentrischen[14]Standpunkten die Frage nach dem Wert der Natur vonKrebs(1996) in eudaimonistische, moralische und absolute Wertdimensionen aufgeteilt (s. Abb. 1).
Abbildung1: Wert der Natur nachKrebs1996
Inwieweit der erläuterte Eigenwert von Natur allerdings empirisch erhoben werden kann, spielt – wie dargestellt – sowohl aus umweltökonomischer wie auch aus naturethischer Sicht eine Rolle (Krause et al. 2008), wobei die Integration intrinsischer Werte in das ÖDL-Konzept als zentrale Problemstellung angesehen werden kann.
Vor dem Hintergrund des ÖDL-Konzepts leistet die vorliegende Arbeit einen Beitrag zu den aufgezeigten Forschungslücken, indem naturethische Argumentations-strategien als möglicher Ansatz für die Erfassung kultureller ÖDL unter Berücksichtigung des Eigenwerts von Natur beleuchtet werden. Der Fokus liegt hierbei auf der Ästhetik und möglichen Indikatoren zu deren Erfassung, in die sowohl anthropozentrische als auch physiozentrische Werte einfließen (vgl. Abb.1). Durch die naturethische Debatte wird darüber hinaus erörtert, ob Erholung als finale ÖDL oder aber als ein aus der ästhetischen Leistung resultierender Nutzen für den Menschen angesehen werden kann.
Die Ziele dieser Dissertation sind demnach:
Ødie in der Naturethik aufgeführten Aspekte aus Expertensicht qualitativ und quantitativ zu diskutieren,
Ødarüber hinaus zu überprüfen, ob die naturethischen Diskussionslinien auch von der Bevölkerung geteilt werden,
Øanhand der naturethischen Debatte für eine Etablierung des Eigenwerts von Natur als kulturelle ÖDL zu argumentieren und entsprechende Indikatoren zur Erfassung von Ästhetik als kulturelle ÖDL zu deduzieren,
Øklärend zur bisher kontrovers diskutierten Einordnung von Erholung als kulturelle ÖDL oder als ein Nutzen aus anderen ÖDL beizutragen und
Øaußerdem aufzuzeigen, inwieweit die Rolle der Natur durch Kunst unersetzbar ist, um so ebenfalls für den Eigenwert von Natur argumentieren zu können.
Beispielhaft untersucht werden diese aufgezählten Aspekte an Buchenwaldgebieten mit unterschiedlichem Nutzungsgrad[15]. Seit 2011 sind vor allem die „Alten Buchenwälder Deutschlands“ in aller Munde, denn das UNESCO-Welterbekomitee hat fünf Buchenwaldgebiete[16]in die Liste des Welterbes aufgenommen (BMU 2011). Damit leistet Deutschland nun neben den in der Slowakischen Republik und der Ukraine gelegenen „Buchenurwälder der Karpaten“ einen maßgeblichen Schutzbeitrag für Buchenwälder in Europa. Darüber hinaus geben die geschützten Gebiete die unterschiedlichen Ausprägungsformen, Standorte sowie die nacheiszeitliche Ausbreitungsgeschichte von Buchenwäldern wieder. Die Rotbuche(Fagus sylvatica)kommt nur in Europa vor und bildet dabei von der Meeresküste im Nordwesten bis in die Gebirge hinein viele unterschiedliche Waldgesellschaften aus (ebenda).
Diese Dissertation ist semi-kumulativen Charakters, weshalb die einzelnen Kapitel als eigenständige, in sich geschlossene Artikel zu verstehen sind. Daraus ergibt sich teilweise eine Überschneidung in den einleitenden Abschnitten, dem methodischen Vorgehen und der Ergebnisse der verschiedenen Kapitel. Das aktuelleKapitel Iist als gemeinsame Einleitung für die gesamte Arbeit zu verstehen. Ebenso istKapitel VIals übergeordnetes Fazit zu betrachten. In Hinblick auf die festgelegten Ziele der Arbeit gestaltet sich der Aufbau folgendermaßen:
Begonnen wird inKapitel IImit einer eingehenden Betrachtung der Naturethik, in der die darin diskutierten Argumente vorgestellt und fallbeispielhaft durch Experteninterviews qualitativ illustriert werden. InKapitel IIIwird untersucht, ob diese verschiedenen Argumentationslinien auch von der Bevölkerung geteilt werden, indem dieErgebnisse aus den qualitativen Interviews Anwendung in einer quantitativen Befragung von Besuchern unterschiedlich genutzter Buchenwaldgebiete finden.Kapitel IVverfolgt das Ziel, aus den bisher gewonnen Erkenntnissen Indikatoren zur Erfassung kultureller ÖDL von Buchenwäldern zu formulieren und dabei Eigenwerte der Natur zu integrieren. Berücksichtigt werden sollen hierbei neben den anthropozentrischen auch physiozentrische Argumentationsstrategien.Kapitel Vbeleuchtet in einer weiteren fallbeispielhaften Untersuchung eine der zentralen Thesen aus der naturethischen Literatur – den Vergleich zwischen Natur und Kunst. Dazu werden die verschiedenen Argumentationslinien wiederum aus Expertensicht inhaltlich untersucht. Die Arbeit endet schließlich mit dem gemeinsamen Fazit inKapitel VI.
Barrena, José; Nahuelhual, Laura; Báez, Andrea; Schiappacasse, Ignacio; Cerda, Claudia(2014): Valuing cultural ecosystem services: Agricultural heritage in Chiloé island, southern Chile.In:Ecosystem Services. DOI:10.1016/j.ecoser.2013.12.005.
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BNatSchG, Bundesnaturschutzgesetz vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542), das zuletzt durch Artikel 4 Absatz 100 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) geändert worden ist. http://www.gesetze-im-internet.de/bnatschg_2009/BJNR254210009.html#BJNR254210009BJNG000100000.
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Die Zerstörung von natürlichen Lebensräumen und Umweltverschmutzungen durch anthropogene Aktivitäten sowie der Klimawandel führen zum Verlust von biologischer Vielfalt weltweit. Durch das Konzept der Ökosystemdienstleistungen[17]soll den steigenden und verschiedenartigen anthropogenen Bedürfnissen nach Natur und ihren Werten nachhaltig Rechnung getragen werden, was durch einschlägige Publikationen seit den 1990er Jahren konstatiert wird(bspw.Costanza et al. 1997, Daily 1997). Durch das ÖDL-Konzept können naturschutzfachliche, politische Entscheidungen erleichtert werden, was zum Biodiversitätsschutz beiträgt (Grunewald/Bastian2013). Ferner erlaubt das Konzept eine Erfassung der Bedeutung von biologischer Vielfalt (Eser et al.2011) und so kann auch aus wirtschaftlicher Sicht für Naturschutz argumentiert werden (Jessel et al.2009).
Wegweisend war im Zuge dessen das Millennium Ecosystem Assessment[18]aus dem Jahre 2005, eine weltweite Studie über den Zustand unserer Ökosysteme. Mit deren Erscheinen hat die Anzahl an Publikationen zum Themenfeld der ÖDL stark zugenommen(Fisher et al.2009). Die vier im MEA aufgeführten ÖDL-Kategorien[19]haben gemein, einen erheblichen Beitrag zum menschlichen Wohlbefinden zu leisten, indem sie zur Grundversorgung, Sicherheit und Gesundheit sowie zur Bildung sozialer Netzwerke beitragen(Costanza et al. 1997).Die Betrachtung und ökonomische Bewertung der Verknüpfung dieser verschiedenen ÖDL mit dem menschlichen Wohlergehen stellt ein hochaktuelles Themenfeld dar, was politisch gefordert[20]und in der Forschung behandelt wird(siehebspw. Pereira et al. 2005, Costanza et al. 2007, Gómez-Baggethun et al. 2010).Doch für eine Umwelt- und Ressourcenpolitik mit dem Ziel, die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt zu steigern, bedeutet dies eine Herausforderung in zweierlei Hinsicht, was im folgenden Abschnitt dargelegt wird.
Im Zuge einer ökonomischen Bewertung von ÖDL ergeben sich für die Umwelt- und Ressourcenökonomik zwei zentrale Problemstellungen. Zum einen gilt es nach dem MEA 2005 sicherzustellen, dass alle ÖDL[21]in Entscheidungsprozessen berücksichtigt werden – nicht nur jene, die in Märkten gehandelt werden. Dafür müssen all die verschiedenen Leistungen der Natur messbar gemacht werden(Staub/Ott2010). Für die Gruppe der kulturellen ÖDL, die Erholung bzw. Ökotourismus, Ästhetik, Bildung, Spiritualität bzw. religiöse Werte, Inspiration, kulturelle Identität und Heimat beinhaltet (MEA 2005), gibt es keinen Markt, da sie als öffentliche Güter gelten (Grunewald/Bastian2010). Als eine zentrale Forschungsfrage ergibt sich daraus die Integration von nicht handelbaren Gütern und Naturleistungen in die Wohlfahrtsmessung (Staub/Ott2010).
Zum anderen wird eine rein monetäre Bewertung der Umwelt und ihrer Leistungen von ökologischen Ökonomen kritisch hinterfragt(Kallis et al.2013), was eine weitere Herausforderung für die Umweltökonomie darstellt. Im Zusammenhang mit dem ÖDL-Konzept wird angemerkt, dass dies nur eine anthropozentrische Sichtweise verfolgt(deGroot et al.2002;Fisher et al.2008). Somit droht im Zuge einer Ökonomisierung der Natur unter Anwendung des ÖDL-Ansatzes der intrinsische Wert[22]von Natur und Naturprozessen verloren zu gehen (Müller/Burkhard2012). Der intrinsische Wert wird jedoch als einer der vier zentralen Werte der Biodiversität angeführt und setzt sich aus kulturellen, sozialen, ästhetischen und ethischen Leistungen der Natur zusammen(Swift et al. 2004). Auch wenn das ÖDL-Konzept nicht den intrinsischen Wert von Natur und ihren Leistungen umfasst, gilt dieser jedoch nicht als grundsätzlich inkompatibel mit einer ökonomischer Bewertung(Davidson2013). In einigen Studien wird daher für die Aufnahme des intrinsischen Wertes von Natur bzw. Biodiversität als kulturelle ÖDL plädiert(Chan et al. 2012; Raymond et al. 2009). Wird er außen vor gelassen, so kann dies einen beachtlichen Nachteil vieler ÖDL-Typologien bedeuten (Burkhard et al.2009).
Auch im politischen Diskurs und in der Gesetzgebung – auf nationaler, europäischer und globaler Ebene – werden Natur und Landschaft sowie der biologischen Vielfalt intrinsische Werte bzw. Eigenwerte zugesprochen (CBD Präambel 1992, BMU[23]2007, BNatSchG §1, Eu.COM. 2011). Wie sich ÖDL einerseits quantifizieren und monetarisieren lassen und wie dagegen andererseits der Eigenwert von Natur zu bestimmen ist, wird folglich von als eine zentrale Forschungsfrage angesehen (Grunewald/Bastian2010).
Dinge, die nur wegen ihrer Nützlichkeit für etwas anderes geschätzt werden, besitzen instrumentellen Wert, wohingegen alles, was auch um seiner selbst willen geschätzt wird, Eigenwert besitzt(Marggraf/Streb1997). Natur hat Eigenwert bzw. ist inhärent[24]wertvoll, weil Menschen eine nicht an ihre Nutzung gekoppelte Beziehung zu ihr haben, d.h. Natur ist Selbstzweck.Eser/Potthast (1999)heben dabei die ästhetische Beziehung des Menschen zur Natur hervor und betonen, dass die Begegnung mit Natur auch um ihrer selbst willen gesucht werden kann. Dies wird anhand folgenden Beispiels deutlich: Ein Waldspaziergang hat instrumentellen Wert, wenn er der schnellste Weg ist, um zum Bäcker zu gelangen. Wird aber der Waldspaziergang bewusst unternommen, weil man Lust daran hat, so kommt ihm Eigenwert zu. Auch eine Kombination ist möglich – man möchte zum Bäcker und weiß um den Mehrwert des Waldspaziergangs, so hat dieser sowohl instrumentellen Wert als auch Eigenwert (Marggraf/Streb1997).
Ein Fokus auf rein instrumentelle Werte der Natur kann daher eine Ausklammerung von intrinsischen Werten zur Folge haben (Kosoy/Corbera2010). Ein erfülltes menschliches Leben zeichnet sich jedoch neben der Befriedigung physiologischer Parameter auch durch den Genuss persönlicher und gemeinschaftlicher Bedürfnisse aus, woraus letztendlich nicht nur ein individueller, sondern ein gesellschaftlicher Nutzen resultiert(Chiesura/de Groot2003). Mit diesem Aspekt, was die Natur zu einem guten und glücklichen Leben des Menschen beisteuert, befasst sich seit den 1960er Jahren die Naturethik (Krebs1997). Daher wird auch seitens der Naturethik vor einer Reduktion der menschlichen Naturangewiesenheit auf die Befriedigung von Grundbedürfnissen gewarnt (Krebs1996).„Damit die Menschheit gedeihen und nicht nur gerade so überleben kann, ist ein alle Wertedimensionen der Natur umfassender Naturschutz geboten“ (Krebs 1996: 46).
Die Einbindung von Philosophie und Ethik wird bei der Erfassung von kulturellen ÖDL als ein geeignetes Instrument benannt(Wallace 2007; Jax et al. 2013). Die Relevanz von philosophischen Überlegungen für die Umwelt- und Ressourcenökonomie liegt in einer kritischen Auseinandersetzung mit Werthaltungen und Präferenzen, die die Natur betreffen und die bei rein ökonomisch gehaltenen Untersuchungen (z.B. Zahlungsbereitschaftsanalysen) als fix verstanden und damit ohne nähere Hinterfragung der einzelnen Wertepositionen angenommen werden(Krebs1996).
Die Naturethik[25]als philosophische Disziplin beschäftigt sich seit Ende der 1960er Jahre mit Fragestellungen zum menschlichen Verhalten gegenüber der Natur, genauer gesagt mit„dem ethisch richtigen Umgang der Menschen mit der Natur“(Krebs1997:337). Durch ökologische Probleme[26]entstanden, hat sich diese Disziplin mittlerweile zu einem zentralen Zweig der angewandten Ethik entwickelt.
Unter Natur wird die „gesamte nichtmenschliche Welt“(Marggraf/Streb1997:229)verstanden. Präziser ist die Definition von Natur als „dasjenige in unserer außermenschlichen Mitwelt, was nicht vom Menschen gemacht wurde“ (Krebs1997:341). Als Gegensatz nenntKrebs 1997die Artefakte, z.B. Möbel, Autos, Statuen, was auf Aristoteles zurückgeht.Mutschler2006 greift in seinem Begründungsansatz für eine intrinsische Werthaftigkeit von Natur diese Thematik, wonach es eine Differenz zwischen Lebewesen und technischen Artefakten gibt, wieder auf und betont, jede nicht-anthropozentrische Position muss die Frage bejahen, ob es intrinsische Werte in der Natur gibt. Natur und Artefakt sind dabei als graduelle Begriffe zu sehen, denn alles, was Menschen herstellen, entsteht aus natürlichen Stoffen(Krebs 1997).Zur Definition von Natur bleibt anzufügen, dass Natur heutzutage menschlich überformt, aber dennoch nicht vom Menschen geschaffen ist(ebenda).
Eine der Grundfragen der Naturethik ist, inwieweit Naturschutz nur den von Natur abhängigen oder Natur bedürftigen Menschen geschuldet ist oder ob Naturschutz etwas ist, was die Menschen der Natur selbst schulden. Ferner wird in der Naturethik debattiert, ob moralisches Handeln nur auf menschliche Belange begrenzt ist oder aber Natur mit einbezieht(Krebs 1997).Inwiefern moralische Verpflichtungen zum Naturschutz gerechtfertigt sind, wird insbesondere zwischen utilitaristischen und biozentrischen Polen konferiert (Gethmann1996).Hinzu kommt die Frage, ob eine rein anthropozentrische Sichtweise heutzutage noch gerechtfertigt ist oder einer Ergänzung durch physiozentrische Ansätze bedarf (Krebs2008).Krebs1997 plädiert daher für eine Berücksichtigungvonsowohl anthropozentrischen[27]als auch physiozentrischen[28]Standpunkten.
Anhand dieser Erläuterungen wird deutlich, dass die Valuation kultureller ÖDL momentan als eine der schwierigsten Aufgaben im Bereich der ökosystemaren Forschung gilt, die bisher am wenigsten entwickelt ist(Plieninger et al. 2013; Barrena et al. 2014).
Dieser Artikel versucht zur Schließung der aufgezeigten Forschungslücken beizutragen, indem philosophische Ansätzeeinbezogen werden (bspw.Wallace2007;Jax et al.2013)und auf ihre Eignung als möglicher Ansatz zur Erfassung kultureller ÖDL überprüft werden. Dazu werden geläufige naturethische Argumentationslinien, die neben anthropozentrischen auch physiozentrische Sichtweisen beinhalten, im folgenden Abschnitt vorgestellt und schließlich durch qualitative Interviews anhand eines Fallbeispiels inhaltlich diskutiert.
Verschiedene anthropozentrische und physiozentrische Argumentationsstrategien werden von Krebs 1996, 1997, 2008 dargestellt und kritisch diskutiert. Die von Krebs 1997 bezeichnete„Landkarte für die naturethische Argumentationslandschaft“[29](Krebs1997:346) wird in diesem Abschnitt wiedergegeben, da sie als Basis für die Erhebung in diesem Artikel zu verstehen ist.
Neben dem Basic-Needs-Argument (Grundbedürfnis-Argument) beinhalten die anthropozentrischen Argumentationsstrategien drei ästhetische Argumente, das Emotionale Argument sowie das Heimat-Argument. Ergänzt werden sie von zwei durchKrebs1997 als „schwächere“ bezeichnete Argumente (pädagogisches Argument und Argument vom Sinn des Lebens)[30]. In Abb. 2 sind diese anthropozentrischen Argumente dargestellt und werden anschließend kurz erläutert, wobei alle Ausführungen aufKrebs1997 basieren.
Abbildung 2: Anthropozentrische Argumente für Naturschutz zusammengestellt vonKrebs1997
Basic-Needs-Argument
Das Basic-Needs- oder auch Grundbedürfnis-Argument nach John Passmore, Hans Jonas und Robert Spaemann weist der Natur lediglich instrumentellen Wert[31]zu und sagt aus, dass die Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse wie Nahrung, Obdach und Gesundheit von natürlichen Bedingungen abhängen. Da diese natürlichen Bedingungen aber zunehmend bedroht sind (z.B. durch Umweltverschmutzung), ist Naturschutz zur weiteren Gewährleistung geboten.
Ästhetische Argumente[32]
Aisthesis-Argument
Als erstes von insgesamt drei ästhetischen Argumenten sieht das Aisthesis-Argument die Natur als Quelle für angenehme körperliche und seelische Empfindungen an und plädiert für eine passive, sinnliche Seite ästhetischer Naturerfahrung als ein wesentliches Element des guten menschlichen Lebens. Als Beispiele für das durch Gernot Böhme vertretene Argument werden u.a. Vogelgezwitscher, der Wohlgeruch eines Pinienwaldes oder der Geschmack wilder Erdbeeren genannt.
Argument der ästhetischen Kontemplation
Naturschutz wird hierbei begründet mit der Bedeutung, die die Betrachtung schöner und erhabener Natur für das gelungene menschliche Leben hat. Man versteht darunter die nicht-funktional geleitete, aktive Wahrnehmung eines Gegenstands oder einer Situation und die ästhetische Kontemplation wird um ihrer selbst willen getätigt, sie besitzt also Eigenwert. Grundsätzlich können alle Gegenstände zur ästhetischen Betrachtung einladen – es gibt allerdings welche, bei denen dies stärker der Fall ist und diese haben ästhetischen Eigenwert: in der Natur gibt es vieles, was zur ästhetischen Betrachtung einlädt. Die schöne und erhabene Natur hat ästhetischen Eigenwert, bspw. in Form von bizarren Felsen, majestätischen Bäumen oder zarten Blumen. Allerdings wird durch zunehmende Zerstörung der Natur auch schöne und erhabene Natur zerstört, so dass durch Eigeninteresse und moralischen Respekt für den Erhalt der ästhetisch attraktiven Natur argumentiert werden kann. Vertreten wird dieses Argument durch Martin Seel. Wesentlich ist hierbei, was bereits hinsichtlich der Definition von Natur[33]aufgegriffen wurde – der Verlust ästhetisch schöner Natur kann durch Artefakte nicht kompensiert werden[34]. Die folgenden drei Aspekte geben die Grundzüge des Arguments der ästhetischen Kontemplation wieder:
(1) Natur spricht in der Regel alle menschlichen Sinne an und es kommt zum Zusammenspiel verschiedener Sinne sowie zur Aktivierung von Sinnen wie dem Tastsinn, was die Naturerfahrung zu etwas Besonderem macht.
(2) Natur als etwas, was nicht von Menschenhand geschaffen wurde, weist keine Spuren menschlicher Zwecksetzung auf und stellt insofern eine ästhetische Attraktion dar. Was keine Funktionalität besitzt, lädt auch besonders zur nicht-funktionalen Wahrnehmung ein.
(3) Beim Status des Erhabenen wird nach Kant unterschieden in mathematisch erhaben (aufgrund von Größe) und dynamisch erhaben (aufgrund von Kraft). Der Mensch hat dabei keine Kontrolle über die Konstruktion.
Design-Argument
Das dritte ästhetische Argument, das so genannte Design-Argument, wird von Friedrich Kambartel vertreten und hebt hervor, dass Menschen in der wilden Natur keine ästhetische Verantwortung für das Design natürlicher Objekte haben, was Lebensqualität bedeutet, indem wilde Natur eine besondere Faszination auf uns ausübt.
Emotionales Argument
Das emotionale Argument sieht den Mensch nicht nur als individuelles und ästhetisches Lebewesen an, sondern auch als emotionales – in der Natur begegnen ihm viele verschiedene Stimmungen, die sich auf Leib und Seele auswirken und damit Emotionen hervorrufen. Diese Stimmungen können z.B. Frieden, Harmonie oder Geborgenheit sein. Der Mensch wird von diesen Stimmungen eingehüllt und damit Teil eines größerenGanzen. Ferner gehören Stimmungen zur tiefsten Schicht des menschlichen In-der-Welt-Seins. Betont wird dazu, dass mit dem Verlust stimmungsvoller Landschaften das Gefühl der Geborgenheit des Menschen in der Welt bedroht ist.
Heimat-Argument
Natur kann als Teil menschlicher Identität verstanden werden und wo sie Heimat ist, bedeutet sie Vertrautheit und Geborgenheit. Individuelle Identität gehört ebenfalls zum guten menschlichen Leben dazu und der Eigenwert dieser Individualität geht dann auf die Natur über. Bekräftigt wird dieses Argument von Hermann Lübbe und Klaus Michael Meyer-Abich.
Pädagogisches Argument
Dieses auf Kant zurückgehende und von Michael Schlitt und Ernst Tugendhat vertretene Argument spricht von einem Nutzen zur Erziehung, Festigung und Verfeinerung des moralischen Charakters beim Menschen, den das Mitleid mit Tieren, die ästhetische Kontemplation und ein grundsätzlich behutsamer Umgang mit der Natur zur Folge hat.
Argument vom Sinn des Lebens
Basierend auf Weisheitslehren wie der von Meister Eckehart oder Dschuang Dsis, ist es aufgrund des Widerfahrnischarakters unseres Lebens nicht weise, den Sinn des Lebens nur in der Erfüllung bestimmter Lebensprojekte, wie z.B. Karriere oder Liebe, zu sehen. All dies kann fehlschlagen und das Leben würde daher seinen Sinn verlieren, wenn es nur darauf fußt. Daher ist es weise, das Leben selbst als Sinn des Lebens zu verstehen. Dabei hat das Leben mit allem, was dazu gehört, wie andere Menschen oder die Natur, Eigenwert, sprich Heiligkeit und der, der das Leben um seiner selbst willen lebt, erfährt die wahre Lebensfreude. Der Eigenwert, den dieses Argument nach Friedrich Kambartel der Natur zuschreibt, ist – ähnlich dem ästhetischen Eigenwert oder dem Heimateigenwert – eine Form des eudaimonistischen Eigenwerts.
In diesem Abschnitt stehen die physiozentrischen Argumente im Fokus, die sich in drei Gruppen unterteilen lassen:
- (1)epistemisch-anthropozentrische Ausdehnungsargumente: basierend auf zwischenmenschlicher, moralischer Kultur und der traditionellen anthropozentrischen Moraltheorie sollte die Natur bzw. Teile von ihr in das moralische Universum hineingenommen werden.
- (2)absolute Argumente: Argumente, die für den absoluten Wert von Natur plädieren, schlagen vor, Natur als verbindliche Instanz für den menschlichen Umgang mit dieser und auch für zwischenmenschliche Belange anzuerkennen.
- (3)holistische Argumente: sie verfolgen zwar keine Unterscheidung bezüglich Anthropozentrismus oder Physiozentrismus, treten aber dennoch für den moralischen Status der Natur ein und werden daher zu den physiozentrischen Argumenten gezählt.
Insgesamt sechs Argumentationslinien werden vonKrebs1997 dieser physiozentrischen Klassifikation zugeordnet. Dabei sind das pathozentrische und das telelogische Argument sowie das Argument von der Ehrfurcht vor dem Leben als die drei epistemisch-anthropozentrischen Argumente anzusehen. Das Naturam-sequi-Argument und das Theologische Argument sind zwei Vertreter der absoluten Argumente. Ergänzend kommt das Holismus-Argument hinzu. Abb. 3 stellt diese Thematik zusammenfassend dar und im Folgenden findet – wiederum basierend aufKrebs1996, 1997, 2008 – eine kurze Erläuterung zu den Argumenten statt.
Abbildung 3: Physiozentrische Argumente für Naturschutz zusammengestellt vonKrebs1997
Pathozentrisches Argument
Das pathozentrische Argument, auch Leidens-Argument genannt, wird u.a. von Peter Singer, Tom Regan, Dieter Birnbacher und Ursula Wolf vertreten. Dabei soll der mo