Eine Fürstenkrone für Alex - Caroline Winter - E-Book

Eine Fürstenkrone für Alex E-Book

Caroline Winter

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Beschreibung

Nun gibt es eine exklusive Sonderausgabe – Fürstenkrone Classic In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkrone" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt. Romane aus dem Hochadel, die die Herzen der Leserinnen höherschlagen lassen. Wer möchte nicht wissen, welche geheimen Wünsche die Adelswelt bewegen? Die Leserschaft ist fasziniert und genießt "diese" Wirklichkeit. »Die arme Kathi!«, seufzte Brigitta von Starnberg tief. Dann drehte sie das stark parfümierte rosafarbene Briefpapier um und las weiter: »Die Spencer-Wellingtons sind furchtbar langweilige Leute. Theater, Museen, Oper. Dabei gibt es in London die verrücktesten Boutiquen. Ich hatte noch kein einziges Mal die Gelegenheit zu schoppen!« »Ja, die arme Kathi!«, ahmte der zwölfjährige Leonard seine Groß­mutter nach, lehnte sich dabei aber lässig in seinen Stuhl zurück. »Sie wird wohl ohne drei zusätzliche Koffer nach Hause kommen!« Für die Kaufwut seiner ältesten Schwester Katharina hatte Leonard überhaupt kein Verständnis, denn er selbst trug am liebsten Jeans, Sweatshirts und Turnschuhe. »Du könntest dir von Katharina eine gehörige Portion abschneiden, Leonard! Sie kleidet sich einer Prinzessin gemäß! Aber dieses unförmige Schuhwerk, das du trägst, und diese blauen Hosen, die dir bis in die Kniekehlen herabhängen. Einfach skandalös! Dass dein Vater so etwas toleriert!« Sie schaute missbilligend zu ihrem Sohn hinüber, der am anderen Ende der langen Frühstückstafel saß und sich ein Brötchen butterte. »Du übertreibst mal wieder, Mutter!«, sagte Fürst Lars von Starnberg lachend. Dann blinzelte er Leonard verschwörerisch zu: »Ich habe Kathi extra für ein halbes Jahr zu unseren Verwandten geschickt, damit sie eben keine Gelegenheit zum Shoppen hat. Du hast sie in der letzten Zeit maßlos verwöhnt, Mutter.

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Leseprobe: Ball der glücklichen Herzen

Natürlich war Gräfin Alexandra froh, dass der hässliche Streit mit ihrer allerbesten Freundin Liliane endlich beigelegt war. Aber so ganz richtig konnte sie sich nicht freuen, denn Lil befand sich in einem geradezu erbarmungswürdigen Zustand. Sie hätte diese Reise nach Amerika niemals machen sollen, nur hinterher war man immer schlauer. Auch Lil, die alle guten Ratschläge in den Wind geschlagen hatte. Alexandra öffnete leise die Tür des Gästezimmers, in dem sie Lil untergebracht hatte, schlich ans Bett, in dem ihre Freundin, zusammengerollt wie eine kleine Katze, tief und fest schlief. Alexandra blickte auf ihre Armbanduhr. Es war kurz vor Elf, für Liliane, die normalerweise zu den Frühaufstehern gehörte, mehr als ungewöhnlich. Doch daran erkannte man auch, wie erschöpft sie war. Nicht körperlich, sondern eher seelisch. Alexandra war geneigt, sich zu Lil herunterzubeugen, ihr übers Haar zu streichen. Doch mitten in der Bewegung hielt sie inne. Sie wollte Lil nicht aufwecken. Schlaf war ein gutes Heilmittel. Ebenso leise, wie sie gekommen war, verließ sie das Zimmer wieder. Wie würde es mit Liliane weitergehen? Konnte jemand mit gebrochenen Flügeln sich schnell wieder aufrichten? Wohl eher nicht. Alexandra seufzte. Lil tat ihr so unendlich leid, und sie würde alles tun, um wieder ein Lachen auf deren Gesicht zu zaubern. Lil und deren Wohlbefinden standen nun für Alexandra im Vordergrund, aber sie durfte die Tatsache nicht beiseiteschieben, dass Lil selbst schuld an ihrem Elend war.

Fürstenkrone Classic – 23 –

Eine Fürstenkrone für Alex

Feste Vorsätze halten nicht immer ...

Caroline Winter

»Die arme Kathi!«, seufzte Brigitta von Starnberg tief. Dann drehte sie das stark parfümierte rosafarbene Briefpapier um und las weiter: »Die Spencer-Wellingtons sind furchtbar langweilige Leute. Theater, Museen, Oper. Dabei gibt es in London die verrücktesten Boutiquen. Ich hatte noch kein einziges Mal die Gelegenheit zu schoppen!«

»Ja, die arme Kathi!«, ahmte der zwölfjährige Leonard seine Groß­mutter nach, lehnte sich dabei aber lässig in seinen Stuhl zurück. »Sie wird wohl ohne drei zusätzliche Koffer nach Hause kommen!« Für die Kaufwut seiner ältesten Schwester Katharina hatte Leonard überhaupt kein Verständnis, denn er selbst trug am liebsten Jeans, Sweatshirts und Turnschuhe. Fürs­tin Brigitta warf ihm einen tadelnden Blick zu:

»Du könntest dir von Katharina eine gehörige Portion abschneiden, Leonard! Sie kleidet sich einer Prinzessin gemäß! Aber dieses unförmige Schuhwerk, das du trägst, und diese blauen Hosen, die dir bis in die Kniekehlen herabhängen. Einfach skandalös! Dass dein Vater so etwas toleriert!« Sie schaute missbilligend zu ihrem Sohn hinüber, der am anderen Ende der langen Frühstückstafel saß und sich ein Brötchen butterte.

»Du übertreibst mal wieder, Mutter!«, sagte Fürst Lars von Starnberg lachend. Dann blinzelte er Leonard verschwörerisch zu: »Ich habe Kathi extra für ein halbes Jahr zu unseren Verwandten geschickt, damit sie eben keine Gelegenheit zum Shoppen hat. Du hast sie in der letzten Zeit maßlos verwöhnt, Mutter. Das bekommt keiner eitlen Siebzehnjährigen!«

Fürstin Brigitta strich die Kritik ihres Sohnes mit einer abwehrenden Geste fort und beharrte: »Wir müssen Kathi zurückholen, Lars! Das Kind leidet. Hör doch nur: ›Morgen fahren wir aufs Land. Onkel Quentin will mir das Angeln beibringen. Ich werde sterben, wenn ich nur einen dieser Würmer anfassen muss!‹«

»Klingt nach Abenteuerurlaub«, grinste Len und biss mit Genuss in sein frisches Brötchen.

»Leonard von Starnberg, hör auf, dich über deine Schwester lus­tig zu machen!« schalt ihn Fürstin Brigitta ungehalten. »Und setz’ dich gefälligst vernünftig hin! Du könntest den Empirestühlen, die dein Urgroßvater von der Comtesse de Savigny ersteigert hat, ruhig mehr Respekt zollen.«

Wütend tippte sie mit der rechten Hand auf den Tisch.

»Schon gut, Großmutter!«, sagte Leonard beschwichtigend. Wenn es um das gute Mobiliar des Schlosses ging, verstand Fürstin Brigitta keinen Spaß.

Es war höchste Zeit zum Einlenken. Leonard hörte auf, mit dem Stuhl zu wippen und widmete sich wieder seinem Brötchen.

»Soll ich dich mitnehmen, Len?«, fragte sein Vater, um einem Vortrag seiner Mutter über fürstliche Etikette zuvorzukommen. »Ich fahre gleich in die Stadt. Ein Bildhauer hat das Atelier des alten Wiemer übernommen. Ich hoffe, er kann die beiden Statuen im Park noch bis zum Sommerfest restaurieren.«

Lars von Starnberg hatte vor drei Jahren das Projekt begonnen, den weitläufigen Park von Schloss Seefelden neu zu gestalten. Als Landschaftsarchitekt hatte er zusammen mit seinen Gärtnern die Pläne entworfen und dann die meiste Zeit im Freien verbracht. Der Fürst hatte ein Meisterwerk geschaffen, und der Park sollte nun im August in einem großen Sommerfest eingeweiht werden.

»Diese vermoderten Statuen sind es nicht wert, dass man sie res­tauriert!« Fürstin Brigitta rümpfte die Nase. Die beiden großen nackten Figuren waren ihr schon immer ein Dorn im Auge gewesen. Einfach anzüglich!

»Das soll der Bildhauer entscheiden. Ich würde sie jedenfalls gerne retten!« Fürst Lars erhob sich von seinem Stuhl und wandte sich erneut an seinen Sohn:

»Also, was ist, Len? Kommst du mit?«

»Klar. Mir ist die Zeichentusche ausgegangen. Setz mich einfach bei Brandners ab.« Len malte mit großer Leidenschaft und – wie sein Vater fand – mit nicht wenig Talent. Die Aussicht, im Laden von Herrn Brandner in den Zeichen­utensilien zu stöbern und gleichzeitig den Nörgeleien seiner Groß­mutter entgehen zu können, war verlockend. Voller Energie sprang er auf und schob mit einem ohrenbetäubenden Quietschen den edlen Empirestuhl zur Seite. Fürstin Brigitta verzog das Gesicht, doch bevor sie zu einer neuen Schimpftirade ansetzen konnte, war Len schon durch die schwere Eichentür verschwunden, die Butler Johannes ihm geöffnet hatte.

»Also, dieser Junge!«, rief Fürs­tin Brigitta empört. Dann wandte sie sich ihrem Sohn zu, der im Stehen einen letzten Schluck seines Kaffees trank. »Du wirst doch wohl nicht mit dem Auto in die Stadt fahren!«, rief sie ihm entrüstet zu. Lars stellte seine Tasse auf den Tisch und stieß einen stillen Seufzer aus. Seine Mutter hatte sich heute Morgen wohl vorgenommen, seine Geduld besonders stark zu strapazieren.

»Ich werde selbst fahren müssen! Der neue Chauffeur stellt sich erst am Nachmittag vor.«

Fürstin Brigitte schaute ihren Sohn entgeistert an. »Du bist seit dem Tod deines Vaters der Repräsentant der Familie. Du kannst unmöglich ohne Chauffeur in die Stadt!« Ihre Stimme bebte vor Miss­billigung.

Lars atmete tief durch. Dann ging er um den großen Tisch herum, beugte sich zu seiner Mutter hinunter und sagte mit ruhiger Stimme: »Manchmal, Fürstin, glaube ich, Sie stammen aus dem siebzehnten Jahrhundert!« Er drückte ihr einen leichten Kuss auf die geröteten Wangen und verließ mit raschen Schritten den Raum.

*

Lars von Starnberg fand direkt vor dem Atelier einen Parkplatz und schloss seinen Jeep ab. Den Wagen benutzte er sonst nur für die Fahrten über die ausgedehnten Ländereien. Er war voller Staub und Grünzeug, sicherlich nicht vorzeigefähig für die Stadt, aber Fürst Lars kümmerte das wenig. Was sich ziemte und repräsentativ war, interessierte ihn nicht. Das waren die Sorgen seiner Mutter. Einzig wichtig für ihn war im Moment nur die Restaurierung der beiden Figuren im Park. Er hoffte, der Bildhauer würde seiner Meinung sein.

Der Fürst schritt auf das Atelier zu und betrachtete neugierig die helle Glasfassade. Der alte Wiemer hatte lediglich einen Tisch mit völlig verstaubtem Werkzeug und alten Säulenresten im Schaufenster aufgebaut gehabt, doch die beiden neuen Künstler, die das Atelier und die Werkstatt übernommen hatten, nutzten die Fläche als Ausstellungsplattform. Links von der Eingangs­tür hingen drei großformatige Ölbilder mit nackten Frauen. Sie sollten provozieren, und das taten sie auch. In dem Schaufenster rechts neben der Eingangstür hatte der Bildhauer eine einzige Skulptur ausgestellt: Ein riesiges Phantasiewesen aus Stein, eine Mischung aus Mensch und Drache, das fast die ganze Fensterfront einnahm. Das Wesen bäumte sich auf, als wolle es sich aus unsichtbaren Fesseln befreien. Lars betrachtete die Skulptur fasziniert.

Als der Fürst die Tür des Ateliers öffnete, schlug ihm eine Woge lauter Rockmusik entgegen. Der Bass dröhnte in seinen Ohren, der Boden vibrierte, und Fürst Lars war schon dabei, die Tür zu schließen und den Rückzug anzutreten, als ihm eine große, schlanke junge Frau in enger schwarzer Lederhose, hochhackigen Pumps und schrillem gelbem T-Shirt zuwinkte. Sie rief ihm etwas völlig Unverständliches zu und verschwand in einem Nebenraum. Lars rührte sich nicht von der Stelle, obwohl er am liebsten die Flucht ergriffen hätte. Ihm kamen erhebliche Zweifel an seinem Vorhaben.

Doch immerhin verstummte nun die Musik, und Fürst Lars atmete auf. Die junge Frau erschien wieder im Atelier und musterte ihn kritisch von oben bis unten.

»Gefällt Ihnen wohl nicht die Musik!«, meinte sie.

»Nicht wirklich«, gab der Fürst zu. »Vor allem nicht in dieser Lautstärke!«

Die junge Frau überging seine Bemerkung und sagte in gelangweiltem Ton: »Ich bin Ricarda! Die Bilder sind alle von mir. Die Skulptur hat Alex gemacht.«

Diese Unfreundlichkeit soll wohl cool sein, dachte Lars. Er war Ähnliches von seiner Tochter Kathi gewohnt, die ihn mit ihrer pubertären Herablassung bisweilen in den Wahnsinn trieb, aber Fürst Lars wollte sich nicht ärgern. Er hatte den ersten Schritt ins Atelier getan, jetzt wollte er seinen Auftrag loswerden, und vielleicht war der Bildhauer ein etwas umgänglicherer Typ als diese Ricarda.

»Ich möchte gern Alex Werneke sprechen«, sagte er, woraufhin die coole Ricarda zu seiner Überraschung ihren Mund zu einem eigenwilligen Schmollen verzog:

»Und ich dachte, Sie haben Interesse an meinen Bildern!«

»Tut mir leid, aber ich benötige die Dienste eines Bildhauers. Ist Herr Werneke da?«

»Herr Werneke?«, fragte Ricarda verwirrt. Dann zeigte sich auf ihrem Gesicht ein breites Grinsen.

»Ja, Herr Werneke, der Bildhauer«, sagte Fürst Lars nun etwas genervt. Was war denn auf einmal so witzig? Ricarda lachte ihm offen ins Gesicht, und er bekam langsam den Eindruck, dass nicht nur ihre äußere Aufmachung verrückt war.

»Da haben Sie Glück!«, kicherte die junge Frau. »Herr Werneke ist in der Werkstatt nebenan!« Dann ging sie zu einer knallgrün bemalten Tür im hinteren Teil des Ateliers, öffnete sie und rief laut in den Raum:

»Hey, Alex, da ist jemand für dich!« Und zu Lars sagte sie mit gespielter Höflichkeit:

»Gehen Sie ruhig hinein! Der Meister wird Sie empfangen!« Dann verzog sie sich ins Nebenzimmer.

Mit einem etwas mulmigen Gefühl betrat Lars von Starnberg die Werkstatt des Bildhauers. Was für ein Mensch würde ihn hier erwarten? Immerhin schallte ihm diesmal keine röhrende Musik entgegen, sondern er kam in einen Raum konzentrierter Stille.

Die Morgensonne tauchte die Werkstatt in ein diffuses Licht, in der Luft schwirrten kleine Staubpartikel, und Fürst Lars musste blinzeln. Dann sah er in der Mitte des Raumes drei riesige Statuen, Fabelwesen aus einer anderen Welt, ähnlich der Figur im Atelierfenster. Sie überragten ihn um mindestens zwei Köpfe, wirkten unheimlich, ja, bedrohlich, und gleichzeitig strahlten sie eine Melancholie aus, die den Betrachter in ihren Bann schlug.

»Gefallen Ihnen die Figuren?«, hörte er eine Stimme aus den Tiefen der Werkstatt. Der Fürst schaute sich verwirrt um. Er konnte niemanden entdecken.

»Sehr sogar!«, erwiderte er und schritt um die Fabelwesen herum.

»Das freut mich! Nicht jeder mag diese Art Skulptur! Zwei Wesen in einem. Das irritiert!« Die Stimme gehörte einer Frau. Sie war sanft und warm und nahm Fürst Lars sofort gefangen. Er stellte sie sich sehr schön und sehr weiblich vor.

»Mich irritiert, dass ich sie nicht orten kann. Wo stecken Sie denn?«, fragte er ungeduldig.

Die Frau lachte: »Sie müssen die Perspektive wechseln!« Dann hörte er ein Rascheln und schaute auf. Im hinteren Teil des Raumes, direkt vor dem Fenster, stand eine weitere riesige, aber noch nicht sehr ausgestaltete Skulptur, und daneben, auf einem schmalen Gerüst, hockte eine junge Frau. Sie wirkte zierlich klein neben dem großen Steinblock. Ihr kastanienbraunes langes Haar hatte sie zu einem Zopf zusammengebunden. Es schimmerte im Sonnenlicht. Sie trug Jeans, ein weites hellblaues Herrenhemd und Turnschuhe. Mit dem linken Ärmel des Hemdes strich sie sich den Steinstaub aus dem Gesicht und lachte ihn offen und fröhlich an. Lars spürte, wie ihn ein warmer Strom durchfloss, und er ging ein paar Schritte auf sie zu.

»Warten Sie, ich komme hinunter!«, rief sie, legte ihr Werkzeug ab und kletterte die schmale Leiter an der Seite des Gerüsts hinab. Der Fürst konnte den Blick nicht von ihrer Gestalt wenden. Er beobachtete jede ihrer geschmeidigen Bewegungen, und sein Herz schlug schneller. Schließlich blieb die junge Frau vor ihm stehen und schaute ihm lächelnd in die Augen.

»Was kann ich für Sie tun?«, fragte sie. Er war für einen Moment völlig irritiert. Das konnte unmöglich der Bildhauer sein! Eine so zarte Person war doch nicht im Stande, diese riesigen Skulpturen herzustellen.

»Ähm, sind Sie …?«, stammelte er und stockte. Die junge Frau lachte ihn an, wischte sich die rechte Hand an ihrem Hemd ab und streckte sie ihm entgegen:

»Alex Werneke, ja, die bin ich!« Fürst Lars nahm ihre schmale Hand in seine und schüttelte sie unbeholfen:

»Ich dachte …«, fing er an.

»… Bildhauer sind groß, stark und männlich«, vollendete Alex den Satz lachend. »Ich weiß, aber es ist nicht die Kraft, die den Stein zum Nachgeben bringt, sondern die Stetigkeit.«

»Das mag wohl wahr sein«, antwortete Fürst Lars und schämte sich sofort für diesen lapidaren Satz. Wie kam es nur, dass sein Gehirn völlig ausgeschaltet zu sein schien? Diese junge Bildhauerin, er schätzte Alex auf Mitte zwanzig, hatte ihn schon nach ein paar Sekunden so verzaubert, dass er sich mit seinen zweiundvierzig Jahren wie ein pubertärer Junge verhielt.

»Möchten Sie etwa eine meiner Skulpturen kaufen?«, fragte sie mit einem Lächeln. »Dann sollten Sie sich beeilen. Es könnte nämlich bereits in den nächsten Minuten geschehen, dass ich berühmt werde und Sie sich meine Werke nicht mehr leisten können.«

Der Fürst lachte und entspannte sich ein wenig. Dann sagte er:

»Ihre Skulpturen sind wirklich beeindruckend, aber ich muss Sie leider enttäuschen. Ich dachte eher an eine Auftragsarbeit.« Er griff in die Innentasche seiner Lederjacke und holte ein paar Fotos hervor, die er Alex reichte.

»Diese beiden Statuen, Hero und Leander, müssten restauriert werden. Wie Sie sehen, hat der Zahn der Zeit an den beiden genagt, aber ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, sie zu retten.«

Die junge Bildhauerin schaute sich die Skulpturen auf den Fotos intensiv an. »Sie sind wunderschön. Wie sie sich einander zuneigen und vorsichtig an den Händen berühren. Der Bildhauer hat einen sehr zärtlichen Moment für seine Darstellung gewählt.«

»Die Skulptur hat den Titel Le premier rendezvous – die erste Verabredung«, erklärte Fürst Lars und ließ dabei keinen Blick von Alex’ nachdenklichem, schönem Gesicht.

»Der Titel passt wunderbar. Wenn ich mich recht an die Geschichte erinnere, dann schwamm Leander nachts vom gegenüberliegenden Ufer des Flusses zu Hero herüber«, sagte Alex und strich verträumt mit ihrer Hand über das Foto.

»Hero leuchtete ihm mit einer Laterne den Weg. Eines Nachts blies jedoch ein Sturm die Lampe aus, Leander fand das Ufer nicht mehr und ertrank«, führte der Fürst die Erzählung fort.

»Ach, dass Menschen immer gezwungen werden, für ihre Liebe große Risiken auf sich zu nehmen«, seufzte Alex und schaute von den Fotos auf, direkt in Fürst Lars’ dunkelblaue leuchtende Augen. Ihr Herzschlag setzte für einen Moment aus, und ihr wurde schwindelig. Was war auf einmal mit ihr los? Gewiss, dieser Mann war attraktiv: groß, schlank und sportlich in Jeans und mit lässiger Lederjacke. Aber das war es nicht, das sie verzauberte. Es war die Offenheit, mit der er sie anblickte, die Lebhaftigkeit in seinen Augen und zugleich eine tiefe Ernsthaftigkeit, die er ausstrahlte. Und dann diese leichte Röte, die ihm ins Gesicht stieg, wenn er sie anschaute. Alex spürte, dass sie sich auf den ersten Blick in ihn verliebt hatte. Aber … wie stand es mit ihm?

»Frau Werneke, ich …«, begann Fürst Lars und errötete aufs Neue.