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Eine verrückte Vereinbarung E-Book

Danielle A. Patricks

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Beschreibung

***Ein Monat als Fake-Paar – ohne Sex? Unmöglich! Eine verrückte Vereinbarung – humorvoll und verrückt romantisch***

Marika liebt ihre Freiheit. Seit einem tragischen Ereignis in der Vergangenheit, ihr großes Geheimnis, hat sie kein Interesse an einer festen Bindung. Sie genießt ihre Zeit mit flüchtigen Bekanntschaften und unverbindlichen One-Night-Stands. Wäre da nicht Tim. Er ist ein Frauenheld und schafft es immer wieder, sie aus der Fassung zu bringen. Wann immer die beiden aufeinandertreffen, sprühen die Funken.
Tim, ein Frauenheld durch und durch, fühlt die körperliche Anziehung zwischen ihnen. Verärgert über ihre ständigen Abweisungen, schlägt er ihr einen verrückten Deal vor. Einen Monat lang spielen sie der Öffentlichkeit ein verliebtes Pärchen vor, jedoch mit einer Bedingung: Sie werden nicht miteinander schlafen.
Ihre besten Freunde, Anne und Chris, brechen sofort in Gelächter aus, nachdem Marika und Tim ihnen von ihrer verrückten Vereinbarung erzählen. Ausgerechnet die beiden wollen auf Sex verzichten? Unmöglich!

Eine verrückte Vereinbarung – der zweite Band der Liebesglück-Reihe. Humorvoll und verrückt romantisch.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Nachwort
Liebe Leserin, lieber Leser!
Weitere Veröffentlichungen

Danielle A. Patricks

 

Eine verrückte Vereinbarung

 

Über das Buch:

 

Marika liebt ihre Freiheit. Seit einem tragischen Ereignis in der Vergangenheit, ihr großes Geheimnis, hat sie kein Interesse an einer festen Bindung. Sie genießt ihre Zeit mit flüchtigen Bekanntschaften und unverbindlichen One-Night-Stands. Wäre da nicht Tim. Er ist ein Frauenheld und schafft es immer wieder, sie aus der Fassung zu bringen. Wann immer die beiden aufeinandertreffen, sprühen die Funken.

 

Tim, ein Frauenheld durch und durch, fühlt die körperliche Anziehung zwischen ihnen. Verärgert über ihre ständigen Abweisungen, schlägt er ihr einen verrückten Deal vor. Einen Monat lang spielen sie der Öffentlichkeit ein verliebtes Pärchen vor, jedoch mit einer Bedingung: Sie werden nicht miteinander schlafen.

 

Ihre besten Freunde, Anne und Chris, brechen sofort in Gelächter aus, nachdem Marika und Tim ihnen von ihrer verrückten Vereinbarung erzählen. Ausgerechnet die beiden wollen auf Sex verzichten? Unmöglich!

 

Eine verrückte Vereinbarung – der zweite Band der Liebesglück-Reihe. Humorvoll und verrückt romantisch.

 

Die Autorin:

 

 

 

 

Danielle A. Patricks ist das Pseudonym einer aus Österreich stammenden Autorin. Ihre Liebesgeschichten sind Geschichten fürs Herz – eben Herzgeschichten. Beim Schreiben taucht sie in eine Parallelwelt ein. Die Finger wandern über die Tastatur, Worte fliegen wie von Zauberhand auf den Bildschirm, Charaktere, Menschen mit Fehlern und Vorzügen betreten die fiktive Leinwand …

 

Sie selbst bezeichnet sich als absoluten Familienmenschen und liebt die Ruhe. Mit Ihrem Mann und diversen Haustieren, lebt sie in der Weststeiermark.

Danielle A. Patricks

 

Eine verrückte Vereinbarung

 

Liebesglück Band 2

 

Liebesroman

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die

Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten

sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

 

Februar © 2023 Empire-Verlag OG

Lofer 416, 5090 Lofer

 

Lektorat: Rebekka Maria Peckary

https://www.federnote.at/lektorat-korrektorat/

Korrektorat: Heidemarie Rabe

 

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur

mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

 

Cover: Chris Gilcher

http://buchcoverdesign.de/

Illustrationen: Adobe Stock ID 261510008, Adobe Stock ID 74019638, Adobe Stock ID 238310266, Adobe Stock ID 115265729, Adobe Stock ID 238310199, Adobe Stock ID 432218188 und freepik.com.

 

 

Mein Dank gebührt meinem Mann und meinen Kindern, für ihre Geduld, ihre Liebe, ihr Verständnis und ihre tatkräftige Unterstützung.

 

 

Alles Glück der Welt liegt in der Liebe

 

– Danielle A. Patricks

 

1

 

Fröhliches Kinderlachen klang aus dem Spielzimmer im ersten Stock. Kurz darauf polterten die knapp dreijährigen Zwillinge aufgeregt die Treppe herunter.

»Mami, Mami, Malika will uns naschen.« Keuchend stürmten sie Schutz suchend in die Küche, so schnell sie ihre kurzen Beinchen tragen konnten.

Marika Schröder, das Kindermädchen, kam lachend hinterhergelaufen. Ihre blonden Haare standen wirr vom Kopf. Aus den blauen Augen blitzte der Schalk. Aufgekratzt ließ sie ihren zierlichen Körper auf den Küchenstuhl plumpsen. Die Zwillinge, Lea und Tom, spähten hinter dem Rücken ihrer Mutter, Anne Lenders, hervor. Ihre Wangen leuchteten dunkelrot. Sie grinsten Marika siegessicher an. Anne konnte sich ein Lachen nicht verkneifen.

»Was habt ihr jetzt schon wieder angestellt. Seht nur, wie Marika aussieht, total abgekämpft.«

»Is’ nicht wahr, Mami«, kam sofort der Protest der Kleinen, »Malika is ein Pferd. Aber sie is’ böses, böses Pferd. Sie uns abgewolfen«, beschwerten sie sich lauthals in ihrer kindlichen Sprache.

Anne schüttelte lachend den Kopf.

»Du darfst nicht immer alles machen, was die beiden Tyrannen fordern. Wann wirst du eigentlich abgeholt? Es ist schon achtzehn Uhr. Und deine Haare benötigen nicht nur den Kamm, wie mir scheint.«

»Ach, ist nicht so eilig«, wehrte Marika mit einer flachen Handbewegung ab. »Außerdem müssen die beiden herumtollen können, damit sie in der Nacht durchschlafen und du dich ausruhen kannst. Das unwirtliche Wetter verhindert ja das Spielen im Garten.«

Seit Tagen beherrschte Nieselregen das Wetter. Die feuchte Kälte kroch in die wärmste Kleidung, obwohl es bereits Ende April war. Sie betrachtete ihre Freundin Anne, deren kastanienbraunes Haar sich in großen Locken ringelte, obwohl sie es gut durchgestuft und schulterlang trug. Es umrahmte ihr hübsches Gesicht. Ihre Wangen waren leicht rosa gefärbt von der Wärme, die der Elektroherd ausstrahlte. Sie kochte gerade für die Familie das Abendessen. Normalerweise aß auch Marika mit, aber heute war sie eingeladen und irgendwie froh, dem Trubel zu entkommen.

Gegen Abend waren die Kinder bereits müde, gereizt und mürrisch gewesen. Sie hatte versucht, sie so gut sie konnte, zu beschäftigen und bei Laune zu halten. Sophie, Annes ältere Tochter, hatte es sich vor dem Fernseher gemütlich gemacht und durfte sich ihre Lieblingssendungen ansehen.

»Wie heißt dein Date eigentlich? Kenn ich ihn?«

Anne fragte nicht nur aus reiner Neugierde. Sie wünschte sich für ihre Freundin, dass auch sie endlich die große Liebe finden würde. Hin und wieder brach bei ihr eben die romantische Ader durch.

»Alex, und nein, du kennst ihn nicht. Du wirst ihn auch nicht kennenlernen. Ist reine Zeitverschwendung. Ich weiß sowieso nicht, welcher Affe mich gelaust hat, als ich mich bereit erklärt habe, mit ihm auszugehen. Er ist nicht meine Kragenweite. Mir war einfach langweilig und mein letztes Date liegt schon zwei Wochen zurück.« Marika griff in die Dose mit den selbst gebackenen Keksen, die Anne auf dem Küchentresen stehen hatte. Gemütliche Hocker luden hier zum Platznehmen ein. Nach alter Tradition diente die Küche nicht nur als Stätte der Essenszubereitung, hier befand sich auch das Kommunikationszentrum der Familie Lenders.

Marika wechselte ihre Männer wie andere ihre Unterwäsche. Feste Beziehungen waren für sie tabu. Immer hatte sie an ihren Bekanntschaften etwas auszusetzen, zu jung, zu klein, zu groß, zu unreif …

Der Mann, der bei ihr Chancen hatte, musste wohl erst geboren werden. Obwohl Marika ihre Freundin um ihr Glück beneidete, hielt sie an ihrer Meinung fest, dass ihr so etwas nicht zustand. Seit die Zwillinge auf der Welt waren, arbeitete sie bei den Lenders als Kindermädchen. Chris Lenders hatte sie damals kurzerhand engagiert und sie hatte freudig angenommen. Den Job als Verkäuferin hatte sie sofort aufgegeben. Sie vermisste ihn nicht. Die Lenders waren in den letzten drei Jahren ihre Familie geworden. Anne war das bereits vor ihrer Heirat gewesen – Familie für Marika. Die einzige, die sie noch hatte. Dieses Geheimnis behielt sie allerdings für sich. Sie liebte Anne, wie man eine Schwester liebte oder eben eine allerbeste Freundin. Jetzt grinste sie sie breit an.

»Was kochst du denn heute Gutes, vielleicht bleibe ich doch lieber hier.« Sie lief um die Küchenzeile herum, um in den großen Topf zu spähen, der auf der Herdplatte stand und leise vor sich hin brodelte.

»Spaghetti«, murmelte Anne, »heute ist Freitag, da ist bei uns meistens Spaghetti-Tag, das weißt du aber.«

Sie rührte die Tomatensoße um, die köstlich nach italienischen Kräutern, frischen Tomaten und allerlei Gewürzen roch. Der Duft breitete sich verführerisch in der gemütlichen Küche aus. Marika lief das Wasser im Mund zusammen. Irgendwie hätte sie ihre Verabredung gerne abgesagt. Ihr war die Lust vergangen. Ihre Freundin war eine ausgezeichnete Köchin, die großen Spaß daran fand, ihre Liebsten mit allerlei selbst zubereiteten Spezialitäten zu verwöhnen. Marika hingegen mied das Kochen, wo es nur möglich war. Sie genoss es, sich an den gedeckten Tisch setzen zu können.

»Also dann verzieh ich mich. Solltest du mich morgen doch brauchen, ruf mich an, ja? Ich werde sowieso zu Hause sein, um mich von deinen Biestern zu erholen«, spöttelte sie.

Bevor sie jedoch aufstehen konnte, sprangen die beiden Kleinen auf ihren Schoß. Sie schloss sie liebevoll in ihre Arme. Beiden drückte sie einen festen Schmatz auf ihre erhitzten Wangen.

»Macht’s gut, ihr Quälgeister, hab euch lieb«, damit stellte sie beide wieder auf dem Boden ab und verließ das Haus.

Zu ihrer Wohnung fuhr Marika mit dem Auto nur wenige Minuten. Es tat zwischendurch gut, sich in die eigenen vier Wände zurückziehen zu können. Aber immer öfter fühlte sie sich dort alleine und einsam. Überhaupt seit Anne nicht mehr in der Wohnung unter ihr lebte, sondern mit Chris und ihren Kindern auf den Rosenhügel gezogen war.

Sie huschte unter die Dusche. Das heiße Wasser erweckte wieder ihre Lebensgeister. Ohne lange zu überlegen, schlüpfte sie in ihre bequeme Stretch-Jeans und in einen weichfließenden Pullover. Ihr fehlte die Lust, sich herauszuputzen und in ihre Aufmachung viel Zeit zu investieren. Sie fand, es lohnte sich nicht.

Lustlos setzte sie sich in ihren bequemen Ohrensessel, zog die Beine an und wartete, bis es an der Zeit war, in das »Spleens« zu gehen, um ihre Verabredung zu treffen. In ihre Wohnung ließ sie aus Prinzip keine Männer, die sie irgendwo kennenlernte und mit denen sie ein Date vereinbarte.

Das »Spleens« war der Nachtklub, in dem Anne früher gejobbt hatte. Marika hing gerne dort ab, weil jede Nacht etwas geboten wurde und man auch leicht einen unverbindlichen Aufriss machen konnte. Und hin und wieder tat es ihr gut, sich einen Mann anzulachen, nur für eine Nacht. Das reichte durchaus. Eine feste Beziehung zu haben, konnte sie sich nicht vorstellen.

Es hatte einmal eine Zeit gegeben, in der sie anders gedacht hatte, aber das lag in einer anderen Welt, lange, lange Jahre zurück. Marika unterdrückte ihre Erinnerungen. Sie sah auf die Uhr. Es war Zeit, aufzubrechen.

Ein kurzer Blick in den Spiegel, dann ergriff sie rasch den Mantel und verließ grimmig die Wohnung. Mist! Ihr fehlte gänzlich die Laune, um Small Talk zu betreiben. Vor ein paar Tagen, als der Typ sie im Café angesprochen hatte, konnte sie der Idee einer Verabredung durchaus etwas abgewinnen. Seine schmalzigen Sprüche, die er vom Stapel ließ, und sein Kleidungsstil hatten sie zwar nicht gerade angeturnt, aber seine Aufmerksamkeit und sein augenscheinliches Interesse an ihr taten ihrem angeschlagenen Selbstwertgefühl gut.

Sie schlenderte zu Fuß zum »Spleens«. Es hatte aufgehört, zu nieseln, und mittlerweile war es windstill. Sie genoss die frische Frühlingsluft, sog sie tief ein. Auch um diese späte Stunde herrschte auf Wiens Straßen noch reger Verkehr. Menschen hasteten von der Arbeit nach Hause oder schlenderten wie sie in gemächlichem Tempo die Gassen entlang. Hin und wieder wurde sie angerempelt, wenn jemand sie überholte. Sie blieb auch ab und zu stehen, um einen Blick in die Schaufenster zu werfen. Die angepriesene Designerware überstieg ihre finanziellen Möglichkeiten und sie wunderte sich, wie schon so oft, wer sich solche Kleidung leisten konnte. Sie schüttelte fast unmerklich den Kopf und spazierte weiter.

Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, sollte ihr Verehrer pünktlich am Treffpunkt angelangt sein, würde er jetzt bereits fünfzehn Minuten warten. Gut so. Ohne ihren Schritt zu beschleunigen, ging sie weiter. Immer wieder kam ihr der Gedanke, umzudrehen und wieder nach Hause zu laufen. Das Date einfach sausen zu lassen, aber sie sehnte sich nach Sex. Sie sehnte sich danach, ihren Körper zu spüren. Mit ihrer Seele hatte das nichts zu tun. Nur die reine Lust sollte befriedigt werden, damit sie besser schlafen konnte und innerlich wieder ruhiger wurde. Sex war für sie ein profanes Mittel, um Frust abzubauen, Dampf abzulassen. Sich abreagieren zu können. Die Vorfreude darauf löste ein angenehmes Prickeln im Körper aus. Wenn ein Mann dann auch noch ein intensives Aftershave benutzte, der Duft in ihre Nase kroch, erregte das sämtliche Sinne in ihr. Sie spürte ein Kribbeln.

Als sie das »Spleens« betrat, sah sie ihn bereits an der Bar stehen. Sie bahnte sich einen Weg durch die Besucher, nun doch voller gespannter Erwartung, was der Abend so bringen würde …

 

Das Date vom Vorabend war ein einziger Reinfall gewesen, der Sex unter jeder Würde. Marika lag im Bett. Das fahle Licht der Straßenlaternen und des bereits angehenden Morgens drang durch die leicht geöffneten Jalousien. Warf Schattenstreifen an die Wand. Sie starrte an die Zimmerdecke. Bizarre Schattenbilder formten sich auch dort. Was stimmte nicht mit ihr? Warum fühlte sie sich in Männergesellschaft unwohl und ohne mochte sie auch nicht sein?

Vor ihrem geistigen Auge blitzte die weiße Urgewalt auf. Ein Donnern und Grollen erschütterte das kleine Bergdorf, in dem sie aufgewachsen war. Kalter Schweiß rann ihren Rücken hinab. Sie schüttelte vehement den Kopf, um diese Bilder zu vertreiben. Gesichter von bekannten Menschen lächelten sie an. Gesichter von bereits Verstorbenen. Eines, kurz erhellt, lächelte besonders freundlich, bevor es wieder im Schatten verschwand. Sie hatte nicht erkannt, wessen Gesicht es war. Zu kurz war der Augenblick.

Lachen! Schrilles Lachen! Dann war es wieder völlig still.

Schweiß klebte ihr auf der Stirn, im Nacken und zwischen den Brüsten. Sie drängte die Erinnerung tief in ihr Innerstes zurück. Versuchte sie wegzusperren. Aus den Gedanken für immer zu verbannen. Nie mehr war sie seitdem nach Hause zurückgekehrt. Nie mehr wollte sie daran erinnert werden. Und doch, hin und wieder krochen Szenen der Vergangenheit heimtückisch in ihr Bewusstsein.

Mühsam raffte sich Marika auf, quälte sich aus dem Bett und unter die Dusche. Mit heißem Wasser versuchte sie, sich allen Kummer wegzuspülen. Danach ging es ihr wieder besser. Die tiefen Augenringe deckte sie mit etwas Creme ab. Ein heißer Früchtetee – Pfirsich-Mango – wärmte sie von innen auf. Trotz der sehr frühen Morgenstunde würde sie nicht mehr schlafen können. An den Wochenenden hatte sie immer frei. Erst Samstagmorgen und schon vermisste sie die Kinder und Anne. Ein profanes Mittel, um Kummer zu vertreiben, war körperliche Betätigung, wie Marika fand. Daher begann sie mit dem Saubermachen ihrer kleinen Wohnung.

Sie staubte ab, verrückte Möbel, um auch in den hintersten Ecken den Schmutz zu beseitigen. Sie saugte und schrubbte die Böden. Sie verstaute die herumliegende Wäsche im Badezimmer und stopfte einen Großteil davon in die Waschmaschine. Ein Rundumblick in ihren kleinen vier Wänden ließ sie erleichtert aufatmen. Es blitzte und glänzte, wohin man schaute. Kein Staubkörnchen hatte sie übersehen.

Zufrieden mit sich und ihrer Leistung gönnte sie sich eine Verschnaufpause und brühte sich Tee auf.

Das restliche Wochenende verbrachte sie zusammengekauert mit einem Buch auf der Couch. Lesen lenkte ab. Unter Leute zu gehen, etwas zu unternehmen, oder aber nur einen Spaziergang zu machen, wäre schon zu viel der Anstrengung gewesen. Ihr Körper war nach dem schlimmen Albtraum ausgelaugt und schwach. Schwäche hasste sie. Von ihren Gefühlen gesteuert zu werden und sie nicht im Griff zu haben, hasste sie ebenfalls. Während die Bilder des Albtraumes abliefen, versagten ihre bewussten Gedanken, der Körper begann zu zittern und die Muskeln und Gelenke zu schmerzen. Es kostete sie alle Anstrengung, die sie aufbringen konnte, wieder aus dieser Hölle aufzutauchen. In diesen Zeiten bevorzugte sie die Ruhe und das Alleinsein. So kannte sie niemand. Unter Menschen gab sie sich als quirlig, stets lustig und ständig für Späße bereit. Männer und Sex dienten als Ventil, um die aufkeimende Depression zu verdrängen. Oberflächliche Bekanntschaften. Mehr ließ sie nicht zu. Die wahre Marika, ihre düstere Vergangenheit, den Schmerz, ihre Trauer verbarg sie. Niemandem gewährte sie Einblick. Auch Anne nicht. Seit sie ihren Heimatort vor zehn Jahren verlassen hatte, war sie vor sich und ihrer Vergangenheit ständig auf der Flucht. An keinem Ort war sie lange geblieben. Hier in Wien lebte sie jedoch bereits mehr als sieben Jahre. In der Anonymität der Stadt fühlte sie sich geborgen.

2

 

Am Montagmorgen trat Marika pünktlich ihren Dienst bei den Lenders an. Sie hatte sich das ganze Wochenende auf die kleinen Racker gefreut. Schnell setzte sie ihr strahlendstes Lächeln auf, als ihr Sophie in die Arme flog. Sie war bereits fertig angezogen für die Schule. Mit ihren sieben Jahren wirkte sie neben dem Zwillingspärchen wie die buchstäbliche große Schwester.

»Marika, ich mag heute nicht in die Schule gehen. Lieber möchte ich dir helfen, auf Lea und Tom aufzupassen. Die beiden stellen wieder jede Menge Unfug an«, schilderte sie mit leicht genervtem Tonfall und blickte dabei hoffnungsvoll zu Marika hoch. Um ihrem Gesagten mehr Gewicht zu verleihen, rollte sie mit den Augen, wie es nur Mädchen zustande brachten, und zuckte mit den Schultern.

»Was steht denn heute in der Schule an?«

Marika zog die Augenbrauen hoch, wie sie es immer tat, wenn sie einem Geheimnis auf der Spur war.

»Rechnen«, nuschelte Sophie. Ihr treuherziger Blick ließ Eis schmelzen.

»So, so! Rechnen also. Aber du hast sicher mit deinem Papa übers Wochenende geübt«, stellte Marika nun wissend fest.

Obwohl Chris nicht der leibliche Vater von Sophie war, hatte er sie kurzerhand adoptiert und behandelte sie wie sein eigen Fleisch und Blut. Er liebte seine Kinder ohne jeglichen Unterschied. Und Lernen mit Sophie sah er als seine väterliche Pflicht an.

Sophie rümpfte ihr Stupsnäschen.

»Hey Marika«, hallte Chris’ tiefe Stimme vom Korridor und gleich darauf polterten die Zwillinge hinterher, gefolgt von Anne.

»Hallo Marika, heute geben die beiden schon in der Früh Gas. Ich weiß nicht, wie ich sie bändigen soll«, beschwerte sich Anne in ihrem liebevollen mütterlichen Ton, den sie immer anschlug, wenn es um ihre Kinder ging.

Chris hingegen grinste breit über das ganze Gesicht. Stolz blitzte darin auf.

»Haben eben doch einige Gene vom Papa mitbekommen«, gluckste er.

Anne ließ sich erschöpft in seine Arme fallen.

»Das ist mir allerdings nicht entgangen«, schnaufte sie.

Lea und Tom sausen unterdessen von Zimmer zu Zimmer. Fangen spielen gehörte zu ihren absoluten Lieblingsbeschäftigungen.

»Sophie, Schatz, bist du so weit?«, fragte Chris und wirbelte seiner Tochter mit der Hand durch das frisch gekämmte Haar.

»Papa«, schimpfte die Kleine mit genervter Stimme und entrüsteter Miene.

»Du brauchst dich vor den Zahlen nicht zu fürchten, denk nur daran, zu Hause hast du alles richtig gerechnet. Es kann also gar nichts schiefgehen«, versuchte Chris, das Mädchen aufzumuntern. An Marika gerichtet meinte er:

»Anne und ich bringen Sophie in die Schule und anschließend haben wir noch den Ultraschalltermin bei Dr. Weigart. Vielleicht erfahren wir ja heute, ob es ein Bub oder ein Mädchen wird.«

Liebevoll streichelte er Annes Bäuchlein.

»Ich bin jedenfalls schon sehr gespannt darauf. Es kann also später werden. Ach ja, und Tim wird heute vorbeikommen. Sollten wir noch nicht zurück sein, soll er einfach warten«, bat Chris noch.

Die drei schlüpften in die Schuhe und zur Tür raus.

Marika schnaufte auf. Was wollte denn Tim hier? Sie wollte nicht mit ihm alleine sein. Er war zwar ein männliches Prachtstück. Groß, brünettes Haar, breite Schultern, durchtrainierter Körper und tiefblaue Augen, aber er nervte auch. Vor allem wollte sie nicht zu seiner Trophäensammlung gehören. Dies schien jedoch sein angestrebtes Ziel zu sein. Seine Machosprüche hingen ihr zum Hals raus. Nochmals schnaufte sie genervt, aber gerade jetzt blieb ihr keine Zeit, weiter darüber Gedanken zu verlieren. Es war im Haus auf einmal verdächtig ruhig geworden und das hieß selten etwas Gutes. Schnell lief sie von Zimmer zu Zimmer, um die beiden Quälgeister zu suchen. Fündig wurde sie im Badezimmer.

Beide probierten in voller Eintracht die Schminkutensilien von Anne aus. Lea hatte den Lippenstift von einem Ohr quer über ihr Gesicht gezogen. Seltsamerweise hatte sie die Lippen dabei unberührt gelassen. Tommy versenkte seine kleinen Finger tief im Cremetiegel.

»Na, ganz toll«, rief Marika und betrachtete, die Hände in die Hüften gestemmt, das Desaster.

Erschrocken fuhren die beiden herum. Das schlechte Gewissen stand ihnen in die niedlichen Gesichter geschrieben, so weit man davon noch etwas erkennen konnte. Marika wunderte sich einmal mehr, wie schnell und mit welcher Eintracht die Zwillinge einen Unfug nach dem anderen anstellen und vor allem, wie sie an die Schminksachen gelangen konnten. Sophie war da als Dreijährige bei Weitem nicht so anstrengend gewesen.

Marika seufzte kurz auf und begann, die Kinder sauber zu schrubben und anschließend das versaute Badezimmer zu reinigen, wobei sie die Kinder anhielt, auch mitzuhelfen. So weit Dreijährige überhaupt dazu in der Lage waren, mitzuhelfen, ohne gleich wieder den nächsten Unsinn auszuhecken.

Gerade als sie mit den beiden in die Küche gehen wollte, um ihnen einen Snack zu richten, läutete die Türglocke Sturm. Über die Gegensprechanlage erfuhr sie von Tims Ankunft. Genervt drückte sie auf den Türöffner. Keine fünf Sekunden später marschierte er auch schon in den Flur.

»Hallo, meine Schöne. Und auch Hallo, ihr kleinen Racker«, begrüßte er alle drei euphorisch.

Sein breites Grinsen zog sich von einem Ohr zum anderen.

»Chris und Anne sind noch nicht zurück. Wenn du noch etwas zu tun hast, erledige es vorher. Es dauert sicher noch eine Zeit, bis sie wieder da sind«, fauchte sie und hoffte, ihn vielleicht so vertreiben zu können.

Tim hatte seine Hände lässig in die Hosentaschen gesteckt und grinste unbeirrt weiter.

»Wer sagt denn, dass ich zu Chris und Anne will. Deine Anwesenheit ist der reine Balsam für mich, meine Schöne.«

Marika schnaufte und fuchtelte mit den Händen.

»Ach, hau einfach ab und komm wieder, wenn die beiden zurück sind.«

Damit drehte sie sich im Stand um. Die beiden Kinder, jedes an einer Hand haltend, zog sie in die Küche. Tim ließ sie unbeachtet stehen. Im Rücken hörte sie sein lautes, tiefes Lachen. Besonders eingeschüchtert hatte sie ihn nicht. Warum machte sie dieser Mann nur so nervös? In seiner Gegenwart verlor sie regelmäßig ihre Selbstbeherrschung. Am ganzen Körper begann es zu kribbeln, wenn er sie nur ansah.

Er war Chris’ Teamkollege in der Mannschaft der VIKs. Und ein guter Freund der Familie. Dadurch ließ es sich nicht vermeiden, dass sie sich öfter, als es Marika lieb war, über den Weg liefen. Tim war ein sehr flinker Runningback, etwas kleiner und nicht so bullig gebaut wie Chris, aber mit einem muskulösen, durchtrainierten Körper.

Timothy Smith, wie er mit vollem Namen hieß, zählte jedoch zu den unverbesserlichen Frauenhelden. Über seine Errungenschaften und Bekanntschaften konnte man ausführlich in der Klatschpresse nachlesen. Nicht nur das störte Marika. Auch sie hatte ihre Bekanntschaften, aber sie trat sie nicht in der Öffentlichkeit breit. Tims süffisantes Grinsen aus den Illustrierten, immer mit irgendeinem halb nackten Pin-up-Girl an seiner Seite, verdross sie. Den Grund dafür vermochte sie nicht zu erklären. Seine azurblauen Augen hielten ein ausgewähltes Opfer ohne Anstrengung gefangen. Sie hatte nicht nur einmal beobachtet, dass sie wie Magnete wirkten, sobald sie ein unschuldiges Wesen ins Visier genommen hatten. Tim zog die Frauen an wie Licht die Motten. Hin und wieder musste sie Acht geben, um nicht selbst in diese Falle zu tappen. Mehr als einmal hatte sie davon geträumt, ihre Hände in sein dichtes, unbändiges Haar zu vergraben. Marika schüttelte den Gedanken sofort ab.

Tims Stimme holte sie zurück in die Gegenwart.

»Was stierst du denn in den Kühlschrank? Gibt es da drinnen Eismännchen?«

»Nein, außerdem ginge es dich nichts an«, fuhr Marika brüsk zurück.

Sie besann sich jedoch auf die Anwesenheit der Kinder und warf ihm daher über die Schulter ein undefinierbares Lächeln zu.

»Hunger, Hunger«, protestierten die Kleinen nun lautstark.

Marika konzentrierte sich intensiv darauf, eine bekömmliche Brotzeit zu richten. Um nicht gänzlich unhöflich zu sein, bot sie auch Tim ein Sandwich an. Tim half den Kindern beim Essen. Er schnitt das Brot in mundgerechte Stücke. Hielt die Becher, wenn sie trinken wollten. Und hörte ihnen aufmerksam zu, als sie ihm von der Schminkaktion in ihrer kindlichen Sprache berichteten. Fremde verstanden die Kleinen oft schlecht, aber Tim nicht. So wie er mit Frauen umzugehen wusste, verstand er es auch, sich mit Kindern zu beschäftigen. Marika beobachtete ihn heimlich von der Seite. Er würde sicher einen tollen Vater abgeben. Woher war dieser Gedanke jetzt gekommen? Verstohlen senkte sie ihr Gesicht, um die peinliche Röte zu verbergen. Sie verschluckte sich am Essen. Damit erregte sie allerdings seine volle Aufmerksamkeit. Tim war aufgesprungen und zu ihr geeilt, um ihr leicht auf den Rücken zu klopfen. Ein elektrischer Stromschlag durchfuhr ihren Körper. Dieser Mann machte sie verrückt. Sie verstand nicht, woran es lag. Zärtlich verweilte seine warme Hand auf ihrem Rücken.

»Geht’s dir wieder besser?« Besorgnis war aus seiner Stimme herauszuhören.

»Ja, danke.«Marika stand rasch auf, um seine Hand abschütteln zu können.

Sie brauchte Abstand. Viel Abstand. Verdammt.

Tim setzte sich wieder auf seinen Platz.

Nach dem Essen zog er sich mit Lea und Tom ins Wohnzimmer zurück, während Marika die Küche säuberte. Sie brühte Tee auf und bot auch Tim eine Tasse an. Er hockte mit den beiden Kleinen auf dem Boden und baute mit den Holzklötzen Türme, die sie voller Eifer umwarfen. Marika schluckte ihre Bedenken hinunter und setzte sich zu ihnen. Die nächste Stunde verflog wie eine Minute. Mit den Kindern zu lachen und herumzualbern, hatte die Spannung, die sonst zwischen Tim und ihr herrschte, in Luft aufgelöst.

»Wann gehst du endlich mit mir essen?«

Tims Stimme drang von Weitem zu ihr. Sie starrte ihn ungläubig an. Wie oft hatte er sie das schon gefragt? Und doch lautete ihre Antwort immer Nein.

»Du kennst meine Antwort bereits, wann gibst du endlich auf?«

»Nie, mein Engel. Du bist eine Frau nach meinem Geschmack«, versuchte er, mit verführerischer Stimme zu locken.

»Ha, dass ich nicht lache. Zeig mir eine Frau, die nicht nach deinem Geschmack ist, du Casanova.« Marika hatte unbewusst die Stimme erhoben. Sogar Lea und Tom starrten sie baff an.

Tim grinste wieder verdächtig.

»Was kann ich denn dafür, dass die Frauen auf mich fliegen? Ich kann mich ihrer ja kaum erwehren. Daher ist es auch so wichtig, dass du mit mir essen gehst. Nur so kannst du mich beschützen.«

Er ergriff Marikas Hand und zog sie an seine Lippen, bevor sie sie zurückziehen konnte. Wieder durchfuhr ein elektrischer Schlag ihren Körper. Tim ließ nicht locker. Sein Griff war fest und doch zärtlich.

»Wovor hast du Angst, Marika? Ich habe nicht vor, dich zu fressen, höchstens ein wenig anzuknabbern. Und so viel ich mitbekommen habe, bist du auch nicht gerade ein Kind von Traurigkeit. Also verurteile mich nicht. Dazu hast gerade du kein Recht.«

Seine Stimme klang merklich strenger. Seine Augen blickten in ihre tiefste Seele, so schien es jedenfalls.

Verärgert und ein Stück verunsichert, versuchte Marika, ihre Hand wegzuziehen.

Er hielt sie fest.

»Heute Abend hole ich dich bei deiner Wohnung um Punkt zwanzig Uhr ab. Und komme nicht auf den Gedanken, nicht da zu sein. Ich finde dich.«

Seine Stimme duldete keine Widerrede. »Ich verspreche dir, dass es ein schöner Abend mit gutem Essen in einer angenehmen Atmosphäre wird«, ergänzte er mit sanfter Stimme. Sein freundliches Lächeln bescherte ihr Gänsehaut.

Gerade in dem Augenblick als Marika antworten wollte, flog die Tür auf, und Chris und Anne stürmten herein.

»Hey, alle zusammen, wir sind wieder zurück«, hallte die tiefe Stimme des Hausherrn durch den Korridor zu ihnen ins Wohnzimmer.

Kurz darauf tauchten Anne und Chris mit breit grinsenden, strahlenden Gesichtern auf.

»Es ist alles bestens«, kam es von beiden wie aus einem Mund.

»Wir bekommen einen strammen Jungen!«

Der stolze Papa baute sich vor ihnen auf und strahlte wie ein Honigkuchenpferd. Auch Anne war die Freude ins Gesicht geschrieben. Sie kramte in ihrer Handtasche, um ein Ultraschallfoto herauszufischen und es Marika und Tim unter ihre Nasen halten zu können. Die beiden starrten auf das grauschattierte Bild und konnten kaum etwas erkennen.

»Komm, Marika, ich brauche jetzt einen Kaffee und die Männer haben sicher auch Wichtiges zu besprechen.« Damit packte Anne ihre Freundin am Arm und zog sie in die angrenzende Küche. Die Männer starrten ihnen nach und verschwanden selbst in Chris’ Arbeitszimmer.

»So, und nun erzähl mir, was zwischen dir und Tim vorgefallen ist. Und wage ja nicht, mich anzulügen. Als wir nämlich vorhin ins Wohnzimmer gekommen sind, sind die Funken nur so geflogen.«

Anne kannte ihre Freundin nur allzu gut. Sie konnte in ihrer Mimik lesen wie in einem Buch. Sie ahnte, dass Marika Geheimnisse mit sich herumschleppte, über die sie nicht sprach. Sie mimte immer die Lustige, die Freundliche. Mit allen versuchte sie, gut auszukommen. Ihre vielen Männerbekanntschaften und Sexaffären störten Anne, aber sie hätte ihrer Freundin diesbezüglich nie einen Vorwurf gemacht. Irgendwie fühlte sie, dass Marika Probleme mit intensiven Bindungen haben musste. Obwohl beide so gut befreundet waren und sie sich alles anvertrauten, wusste Anne bislang nichts aus Marikas Vergangenheit. Sie schwieg darüber wie ein Grab. Dieses Thema war tabu. Vorhin war ihr aufgefallen, wie sich die beiden angestarrt hatten. Tim, der Casanova alle Ehre gereichte, ein Frauenheld ohnegleichen, verblendete alle Frauen mit seiner maskulinen Ausstrahlung und seinem siegessicheren Machoverhalten. Dass Tim schon lange ein Auge auf Marika geworfen hatte, wusste sie aus verlässlicher Quelle – von Chris. Sie ließ ihren Blick daher nicht von Marika und wartete mehr oder weniger geduldig, bis ihr die Freundin antwortete. Sie hatte Zeit und konnte ebenso hartnäckig sein wie Marika.

»Nun, erzähl schon, ich warte …«, Anne verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich lässig an die Küchentheke.

»Ach, nichts!«

»Was ist nichts?«, ließ Anne nicht locker.

»Himmel, bist du neugierig«, protestierte Marika, »Tim hat mich wieder einmal eingeladen. Er will mich um zwanzig Uhr abholen und hat mir zu verstehen gegeben, dass er mich sucht, wenn ich nicht zu Hause bin.« Marika zuckte mit den Schultern und hob beschwichtigend die Hände. »Er ist ein Arsch und er wird immer einer bleiben! Was bildet er sich eigentlich ein, wer er ist?« Sie starrte auf den Fußboden, als wäre die Antwort dort unten zu finden.

»Warum weigerst du dich eigentlich so hartnäckig, mit ihm auszugehen. Er ist ein gutaussehender Kerl, der sogar ganz nett sein kann«, wollte Anne wissen.

»Ich habe auch meine Prinzipien! Eine davon ist, dass ich nicht mit Footballspielern und schon gar nicht mit Teamkollegen deines Mannes ausgehe. Ebenso wenig verabrede ich mich mit Familienangehörigen meiner Freunde.«

»So, so, du hast also Prinzipien«, spöttelte Anne ihrer Freundin nach. »Aber auch Prinzipien vertragen Ausnahmen …«

»Nicht meine!«

»Marika, ich merke doch, dass dir dieser Mann schon seit Langem unter die Haut geht. Du wirst in seiner Nähe ganz fahrig und hibbelig. So kenne ich dich sonst nicht.«

»Ich werde nicht fahrig und hibbelig. Er nervt mich einfach. Und das ist ein weiterer guter Grund, nicht mit ihm auszugehen! Außerdem möchte ich seine Eroberungsliste nicht auch noch erweitern.« Marikas Gesicht war rot angelaufen, ob aus Ärger oder Verlegenheit, war nicht genau festzustellen.

»Ich sehe nach den Zwillingen, die sind mir schon wieder zu ruhig. Ach ja, und deine Schminkutensilien solltest du auch erneuern, seit deine Racker sie in den Händen hatten.« Marika flüchtete aus der Küche.

Anne grinste breit. Sie hatte ihre Freundin ziemlich aus der Reserve gelockt, wie sie fand. Das war gut, sehr gut sogar. Denn wenn Marika die Fassung verlor, das gekünstelte Dauerlächeln sich verabschiedete, was nur sehr selten passierte, bekam man Einblick in eine sehr verletzliche Seele. Sie wollte ihrer Freundin so gerne helfen, aber dazu musste sie es erst schaffen, zur wahren Marika vorzudringen …

 

Marika eilte zu den Kindern, um der nervigen Diskussion aus dem Weg zu gehen. Es ärgerte sie, dass sie ihrer Freundin nichts vormachen konnte. Verlegen schloss sie für einen kurzen Moment die Augen.

Dieser verdammte Tim ging ihr tatsächlich unter die Haut. Und das bereits seit dem ersten Zusammentreffen. Am liebsten hätte sie sich ihn damals, vor fast drei Jahren, auf einer Party gekrallt und wäre mit ihm auf und davon gelaufen. Er interessierte sich jedoch ausschließlich für ein dürres Model, das ohne Unterlass an seinem Arm hing. Zu fortgeschrittener Stunde verabschiedete sich das Pärchen. Kaum eine Stunde später tauchte er wieder bei der Gesellschaft auf, um sogleich mit ihr anzubändeln. Gleichzeitig flirtete er heftig mit Doris, einer Bekannten. Am liebsten hätte sie ihm eine gescheuert. Seit damals versuchte er es immer auf irgendeine profane Art und Weise, mit ihr ein Date zu vereinbaren. Daher mied sie ihn. Und das heute war sowieso die Frechheit schlechthin gewesen. Er hatte ihr doch tatsächlich gedroht. So eine Pfeife! Was bildete er sich denn ein, wer er war? Wären nicht die Zwillinge in ihrer Nähe gewesen, sie hätte lautstark einen Stapel Schimpfwörter von sich gegeben.

»Bis bald, Chris, und vergiss die Bücher nicht!« Tim schlenderte aus Chris’ Arbeitszimmer und schnurstracks auf Marika zu, die auf dem Boden herumkrabbelte und mit den Kindern »Zusammenräumen« spielte. »Und du vergiss nicht, dass ich dich heute abhole, zwanzig Uhr. Sei bitte pünktlich, ich habe eine besondere Überraschung für dich, Liebes.« Tims Stimme hatte einen eigenartigen schnurrenden Unterton.

»Verzieh dich, ich gehe nicht mit dir aus und deine Überraschung kannst du dir sonst wohin stecken«, knurrte Marika. Sie warf ihm von unten einen mürrischen Blick zu. »Und dein LIEBES bin ich noch lange nicht!«

»Das werden wir sehen!«

Bevor Marika wusste, wie ihr geschah, hatte er sie mit einem Ruck hochgezogen und an sich gedrückt. Sie lag in seinen Armen, ohne sich rühren zu können. Von oben herab musterte er sie. Nur kurz. Und doch bohrte sich der Blick in sie hinein. Seine Lippen waren ganz nah. Sie spürte seinen warmen Atem. Ein heißer Schauer durchzuckte ihren Körper. Sein Kuss war fest, fordernd und besitzergreifend. Als er sich von ihr löste, fühlten sich ihre Knie wie Wackelpudding an.

»Punkt zwanzig Uhr«, dann war er schon bei der Tür draußen.

Marika ließ sich verwirrt auf den Boden plumpsen. Sie hörte die Zwillinge kichern.

»Mami, Mami, Onkel Tim hat Malika Bussi gegeben … Mami, Mami …«

 

Na, ganz toll. Jetzt weiß es bald die ganze Gemeinde! So ein Mist. Marika versteckte ihr rotes Gesicht in den Händen. Sie spürte, wie Anne sich neben sie auf den Boden setzte und den Arm um ihre Schulter legte. Sie fühlte sich geborgen. Die Berührung tröstete.

 

»So viel ich gesehen habe, versteht der Mann etwas vom Küssen.« Anne konnte sich ein Glucksen nicht verkneifen.

Marika blinzelte verstohlen zwischen ihren Fingern durch und nickte verlegen.

»Ich kann nicht mit ihm ausgehen, verdammt, der bringt mich völlig um den Verstand!«

Sie blickte nun geradewegs in Annes warme Augen.

»Das musst du doch verstehen? Du musst mir helfen. Ruf ihn an und erzähl ihm irgendwas, warum ich nicht ausgehen kann. Sag ihm am besten, ich habe Syphilis. Das ist doch irre ansteckend, oder?«

Hoffnung blitzte bei Marika auf. Das war doch die Idee.

»Vergiss es, meine Liebe. Und ob du heute mit Tim ausgehst. Sollte er dich unglücklich machen, drehe ich ihm selbstverständlich mit eigenen Händen den Hals um, aber nur dann. Zuerst musst du das Wagnis allerdings erst einmal eingehen, sonst weißt du ja nicht, ob er überhaupt die Fähigkeit besitzt, dir so nahe zu kommen, um dich verletzen zu können.

---ENDE DER LESEPROBE---