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Linda Filzmeier ist glücklicher Single und arbeitet im Hotel ihrer Eltern. Regelmäßig trifft sie sich mit ihren Freundinnen Lisa und Sarah und genießt das Leben.
Ein Gast lässt ihr Herz höherschlagen. Doch er verbirgt ein großes Geheimnis.
Ihre Mutter möchte sie jedoch mit dem Sohn ihrer Freundin verkuppeln. Linda ist entsetzt! Den Kerl verabscheut sie zutiefst!
Zudem tauchen auf einmal wieder Gerüchte auf, dass skrupellose Immobilienhaie im Ort unterwegs sind, die Liegenschaften günstig und mit allen Mitteln erwerben wollen.
Der Rosenhof ihrer Freundin Lisa und das Familienhotel sind betroffen.
Simon Berger möchte nichts weiter, als Urlaub in Schladming machen und an der Mountainbike Trophy teilnehmen. Gemeinsam mit seinem besten Freund Frederik führt er eine Immobilienagentur, die recht gut läuft.
Im Hotel Filzmeier checkt er ein und hofft, dort seinen Urlaub genießen zu können. Weit gefehlt! Sein Freund nervt, weil er in Schladming ein Hotel an einen Kunden vermitteln möchte, sein unliebsamer Halbbruder taucht zudem aus der Versenkung wieder auf und bedroht ihn, und dann ist da noch die Hotelierstochter Linda, die sein Herz in Wallung bringt.
Als sich die Ereignisse überschlagen, fasst Simon den Entschluss, dass es keine gemeinsame Zukunft mit Linda geben darf. Oder irrt er sich?
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Danielle A. Patricks
Über das Buch:
Linda Filzmeier ist glücklicher Single und arbeitet im Hotel ihrer Eltern. Regelmäßig trifft sie sich mit ihren Freundinnen Lisa und Sarah und genießt das Leben.
Ein Gast lässt ihr Herz höherschlagen. Doch er verbirgt ein großes Geheimnis.
Ihre Mutter möchte sie jedoch mit dem Sohn ihrer Freundin verkuppeln. Linda ist entsetzt! Den Kerl verabscheut sie zutiefst!
Zudem tauchen auf einmal wieder Gerüchte auf, dass skrupellose Immobilienhaie im Ort unterwegs sind, die Liegenschaften günstig und mit allen Mitteln erwerben wollen. Der Rosenhof ihrer Freundin Lisa und das Familienhotel sind betroffen.
Simon Berger möchte nichts weiter, als Urlaub in Schladming machen und an der Mountainbike Trophy teilnehmen. Gemeinsam mit seinem besten Freund Frederik führt er eine Immobilienagentur, die recht gut läuft.
Im Hotel Filzmeier checkt er ein und hofft, dort seinen Urlaub genießen zu können. Weit gefehlt! Sein Freund nervt, weil er in Schladming ein Hotel an einen Kunden vermitteln möchte, sein unliebsamer Halbbruder taucht zudem aus der Versenkung wieder auf und bedroht ihn, und dann ist da noch die Hotelierstochter Linda, die sein Herz in Wallung bringt.
Als sich die Ereignisse überschlagen, fasst Simon den Entschluss, dass es keine gemeinsame Zukunft mit Linda geben darf. Oder irrt er sich?
Die Autorin:
Danielle A. Patricks ist das Pseudonym einer aus Österreich stammenden Autorin. Ihre Liebesgeschichten sind Geschichten fürs Herz – eben Herzgeschichten. Beim Schreiben taucht sie in eine Parallelwelt ein. Die Finger wandern über die Tastatur, Worte fliegen wie von Zauberhand auf den Bildschirm, Charaktere, Menschen mit Fehlern und Vorzügen betreten die fiktive Leinwand …
Sie selbst bezeichnet sich als absoluten Familienmenschen und liebt die Ruhe. Mit ihrem Mann und diversen Haustieren lebt sie in der Weststeiermark.
Danielle A. Patricks
Liebesroman
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die
Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten
sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Februar © 2024 Empire-Verlag OG
Lofer 416, 5090 Lofer
Lektorat: Carolin Wenner
https://www.die-zeilenschleiferei.de/
Korrektorat: Jasmin Schulte
https://zeilenstark.de/korrektorat/
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur
mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.
Cover: Chris Gilcher
http://buchcoverdesign.de/
Illustrationen: Adobe Stock ID 202148465, Adobe Stock ID 133974478, Adobe Stock ID 189957528, Adobe Stock ID 313560871, Adobe Stock ID 528767824, Adobe Stock ID 411837143
Kapitel 1
»Hotel Filzmeier, Rezeption, Linda Filzmeier, grüß Gott, was kann ich für Sie tun?«
»Hallo Linda, Franz Hengsberger hier, ist dein Vater zu sprechen? Ich habe versucht, ihn auf dem Handy zu erreichen, aber er geht nicht ran.«
»Hallo Franz, mein Vater ist in einem Meeting. Wenn er sieht, dass du angerufen hast, meldet er sich sicher bei dir. Oder kann ich dir helfen?«
»Nein, leider nicht. Passt auf, es sind wieder windige Geschäftsleute unterwegs, die Grundstücke aufkaufen wollen. Nicht, dass die euch das Hotel abluxen.«
»Was? Na, die sollen es wagen! Da muss ich sofort Lisa Weigant informieren, damit sie vorsichtig ist. Du hast sicher mitbekommen, dass sie sogar versucht haben, ihre Tiere zu vergiften und den Stall anzuzünden, um sie schneller zum Verkauf zu zwingen.«
»Ja, allerdings, schlimme Sache. Nur gut, dass alles glimpflich ausgegangen ist. Ich muss wieder, tschau Linda.«
Noch bevor sie sich verabschieden konnte, war die Leitung unterbrochen.
Linda hatte keine Zeit, sich darüber Sorgen zu machen. Samstag, ein bevorzugter An- und Abreisetag, nahm sie den gesamten Vormittag mit dem Ein- und Auschecken der Gäste in Beschlag. In der kurzen Mittagspause las sie ihre WhatsApp-Nachrichten, schlang das Essen hinunter und eilte wieder an die Rezeption, um ihre Kollegin Ilona abzulösen. Soeben betrat eine neue Reisegruppe, allesamt Rentner, das lichtdurchflutete Hotelfoyer. Der Reiseleiter, Arnold Fink, lief mit ausschweifenden Schritten auf sie zu. Linda hatte schon Vorarbeit geleistet.
»Hallo Arnold, ihr seid spät dran. Aber schön, dass ihr da seid. Nachdem du mir die Gästeliste zuvor schon geschickt hast, konnte ich die Zimmeraufteilung vorab erledigen. Hier sind die Schlüsselkarten mit den Zimmernummern.« Sie überreichte ihm eine Box. »Jetzt brauche ich nur noch die Reisepässe der Gäste. Die könntest du in einer Viertelstunde wieder abholen.«
»Linda, hallo. Hübsch wie eh und je«, begrüßte er sie mit der üblichen Neckerei. »Und bestens vorbereitet wie immer. Danke dir. Abendessen würden die Leute gerne um achtzehn Uhr. Ist das okay? Wir sind ein wenig geschlaucht. Die Anreise hat ja leider länger als geplant gedauert, wegen eines Unfalles. Der Stau reichte kilometerweit zurück.« Er wischte sich den imaginären Schweiß von der Stirn und zwinkerte ihr keck zu.
»Ich leite es an die Küche weiter.«
Während der Reiseleiter die Schlüssel an seine Reisegäste verteilte, half der Hotelpage Kevin den Leuten mit dem Gepäck. Sie klingelte nach Ilona, mit einer Portion schlechtem Gewissen, weil sie sie aus der Mittagspause holte. Wahrscheinlich schäkerte sie wieder mit Ben. Ilona machte kein Geheimnis daraus, dass er ihr gefiel. Ob es ihrem Bruder ähnlich erging, wusste Linda nicht. Er ließ sich nicht in die sprichwörtlichen Karten sehen.
In den nächsten zwanzig Minuten nahmen die beiden die Personalien auf.
»Ich geh schnell in die Küche und sag meinem Bruderherz, dass die Gruppe schon um achtzehn Uhr speisen möchte«, verabschiedete sich Linda von ihrer Kollegin.
»Hallo alle zusammen.« Sie blieb in der geöffneten Tür stehen und brüllte ihre Begrüßung in den Grundlärm, der in der Küche allgegenwärtig war. Ben stand zusammen mit dem Lehrling in der hinteren rechten Ecke des Raumes. Geschickt manövrierte sie sich zwischen den Köchen hindurch. Ein Zusammenstoß konnte fatal enden. Ben halbierte die Zwiebel und zeigte dem neuen Kochlehrling Sebastian, wie er die Zwiebel schneiden sollte.
»Ben, hallo«, sie klopfte ihm auf die Schulter.
»Oh, hi, was gibt’s? Muss dringend sein, wenn du mich persönlich in meinem Reich besuchst.« Sein Grinsen offenbarte blendend weiße Zähne.
»Arnolds Reisegruppe hat gerade eingecheckt. Die Gäste möchten gerne um sechs Uhr ihr Abendessen.«
»Ah, alles klar. Geht in Ordnung. Tschüss, ich muss weitermachen«, sagte er und wandte sich wieder dem Lehrling zu.
Aus den Töpfen auf dem Herd dampfte es und die Gerüche der Rinderkraftbrühe, des kochenden Wurzelgemüses, des Rotkohls und des Rinderbratens vermischten sich. An jedem Arbeitsplatz wurde geschnippelt, gerührt, abgeschmeckt. Linda gesellte sich zu Birgit, in der Hoffnung, eine Kostprobe ihrer leckeren Süßspeisen zu ergattern.
»Hier, du Naschkatze.« Die Patissière wischte mit dem Jackenärmel Schweißperlen von der Stirn und reichte ihr ein Randstück des Himbeerkuchens.
»Danke, du bist die Beste. Hm, lecker. Davon heb mir bitte unbedingt ein Stück auf«, bat Linda, bevor sie zurück zur Rezeption ging.
»Haben für heute alle eingecheckt?«, wollte sie von ihrer Kollegin wissen.
Ilona saß am Computer und drehte sich zu ihr um. »Nein, ein Herr Berger und der Herr Morbach mit seiner Enkelin fehlen noch. Werden vermutlich im Stau stecken. Ankommende Gäste haben davon ganz aufgeregt berichtet und im Verkehrsfunk wird es angeblich auch laufend durchgegeben, hat mir Jörg vorhin erzählt. Er hat Gäste vom Bahnhof abgeholt.«
»Oje, da hat es anscheinend ordentlich gekracht, hoffentlich gibt es keine Toten.« Linda schauderte bei diesem Gedanken und verschwand im Büro, das an den Empfang anschloss. Sie überprüfte und bestätigte die neuen Buchungen. In einer halben Stunde hatte sie Dienstschluss. Sie musste jedoch noch Ergänzungen im Gästebuch nachtragen, einige Abrechnungen waren noch zu erledigen und die Informationsbroschüren musste sie auch noch auslegen. Das Telefon klingelte. Der Gast von Zimmer zweihundertneun! Linda hob ab und verdrehte die Augen, weil er sich sicherlich wieder über etwas beschweren wollte.
»Schicken Sie mir jemanden hoch«, bellte er in den Hörer, »die Bar ist leer, das Internet ist bei Ihnen eine lahme Ente! Ich benötige einen besseren Empfang.«
»Natürlich«, meinte Linda und versuchte, ihre Stimme neutral zu halten. »Ich schicke Ihnen sofort jemanden«, und legte auf. Ihre Mutter Mathilde trat zu ihr ins Büro. Auch wenn die Zusammenarbeit mit ihrer Mutter nicht immer leicht war, weil sie ihre Prinzipien hatte, verstanden sie sich im Großen und Ganzen gut. Während Vater Herbert für sämtliche Bestellungen, anfallende Reparaturen und allgemeine Angelegenheiten im Hotel verantwortlich zeichnete, oblag die Oberaufsicht für alle Tätigkeiten rund um die Gäste Mathilde. In Lindas Augen gab es keine bessere Aufteilung der Zuständigkeiten.
»Ach, hier bist du«, sagte ihre Mutter. »Herbert hat angerufen, er wurde aufgehalten und kommt erst später zurück. Wie läuft es bei dir? Sind schon alle Gäste angereist?«
»Nein, ein paar sind ausständig. Ilona hat die Liste von den Leuten, die noch fehlen. Soweit ich weiß, sind es vier Personen.«
»Gehst du heute noch aus?« Mathilde stellte sich ans Fenster und sah hinaus.
»Mädelsabend, ich muss Lisa und Sarah allerdings erst anrufen. Warum?«
Ihre Mutter drehte sich um und blickte sie streng an.
»Können wir uns darauf einigen, dass du nicht mit unseren männlichen Gästen flirtest? Es kommt nicht gut an und die Leute reden schon.«
»Hey! Was soll das?« Unbändige Wut stieg in Linda auf. »Nur weil ich mich einmal von dem Typ aus Holland habe überreden lassen, ihn durch unsere Nachtlokale zu führen? Und bitte sag mir, wen das gestört haben soll. Wer redet?« Linda musste sich beherrschen, um nicht laut zu werden. Es ärgerte sie nicht einmal so sehr die Tatsache, dass die Leute oder ihre Mama darüber tratschten, sondern dass der Typ sie nur ausgenutzt hatte. Natürlich hing sie das nicht an die große Glocke. Nur ihren beiden Freundinnen hatte sie es erzählt. Im Vertrauen versteht sich.
»Die Leute eben«, antwortete Mathilde und richtete ihre Aufmerksamkeit auf den Computerbildschirm. »Lass gut sein. Bei uns im Dorf gibt es genügend Männer, die dich gerne umwerben. Der Josef vom Alpenblickhotel sieht super aus und ist eine ausgezeichnete Partie. Er hat schon lange ein Auge auf dich geworfen.« Sie sah ihr nun in die Augen und ihr Gesichtsausdruck unterstrich, dass sie auch meinte, was sie soeben gesagt hatte.
»Mama! Das ist jetzt nicht dein Ernst!« Pures Entsetzen schwang in Lindas Stimme mit. »Josef? Der Dengel-Sepp, der läuft ja jedem Rockzipfel hinterher. Außerdem ist er mindestens zehn Jahre älter als ich!« Was wollte ihre Mutter mit diesem Versager? Nur weil seine Eltern ein Hotel besaßen? Ihr Sohn war definitiv eine Niete! Ihr ekelte.
»Kind, was tut denn das zur Sache? Jedenfalls wärst du im heiratsfähigen Alter. Und ein paar Jahre auf oder ab schaden einer Beziehung nicht.«
»Erklär mir bitte, warum du mich auf einmal verheiraten möchtest und noch dazu mit diesem Kerl.«
»Mit seiner Mutter, der Edeltraud, bin ich doch schon so lange befreundet und wir dachten, dass ...«
»Hör auf«, unterbrach Linda, »daher weht der Wind also. Hast du mit Paps schon über deine Idee gesprochen?«
»Nein.«
»Lass es lieber, denn er mag den Dengel-Sepp auch nicht. Wechseln wir lieber das Thema. Der Bürgermeister hat vorhin angerufen, er wollte mit Papa sprechen. Anscheinend sind wieder Immobilienmakler im Ort, die sich für Grundstücke interessieren.«
»Oh, ich hoffe, bei uns kreuzt niemand auf«, meinte Mathilde.
»So, ich habe Feierabend. Brauchst du sonst etwas?« Linda musste so schnell wie möglich weg von hier und hinaus, bevor sie ihrer Mutter einen Gegenstand oder zumindest unbedachte Worte an den Kopf warf. Verletzt hätte beides.
»Nein. Ich wünsche dir einen schönen Abend. Vergiss nicht, du hast morgen Frühdienst und musst der Melissa beim Frühstücksbuffet helfen.« Mathilde verließ das Büro.
Boah! Linda starrte ihr entgeistert hinterher. Schon seit Längerem machte ihre Mutter immer wieder Andeutungen, dass sie sich endlich binden sollte. Schließlich wäre sie im heiratsfähigen Alter. Erst vor ein paar Tagen hatte sie dasselbe Thema angesprochen. Wieso? Es war Linda ein Rätsel. Schließlich liebte sie ihr Singledasein und das dürfte sogar ihrer Mutter nicht entgangen sein. Sie schaltete den Computer aus, verabschiedete sich von Ilona und beeilte sich, in ihre Wohnung zu kommen. Sie hatte ein Apartment im Erdgeschoss des vor drei Jahren neu gebauten Westflügels ergattert. Ihr Reich, das knapp vierzig Quadratmeter umfasste, teilte sich in zwei getrennte Räume auf: eine Kochnische mit Essbereich und eine Wohnecke mit TV waren das Herzstück und das Schlafzimmer mit angrenzendem Bad. In ihren vier Wänden konnte sie sich zurückziehen. Abschalten und etwas Privatsphäre genießen war ihr nur hier möglich. Erschöpft ließ sie sich auf das Bett fallen, nahm ihr Handy und rief zuerst Lisa und danach Sarah an. Sie verabredeten sich in der Luna Bar. Durch ihr Vorhaben aufgeputscht, huschte Linda unter die Dusche. Sie genoss das heiße prickelnde Nass und hoffte, all ihren Ärger von vorhin mit in den Abfluss spülen zu können. In ein Badetuch gehüllt ging sie ins Schlafzimmer. Aus dem Schrank fischte sie ihre Lieblingshose, eine schwarze, enganliegende Jeans sowie ein pastellgelbes Spitzenshirt, das ihrem Teint schmeichelte, und schlüpfte in die Klamotten. Eine schwarze Lederjacke und gelbe Pumps ergänzten ihr Outfit. Sie eilte zur Tür hinaus. Trotzdem würde sie sich wieder einmal um ein paar Minuten verspäten. Was soll’s? Linda hastete zum Hinterausgang. Währenddessen checkte sie noch ihre Nachrichten auf ihrem Handy, ohne das Tempo zu reduzieren, und hetzte weiter auf den Parkplatz, wo ihr rotes Cabrio stand. Prompt prallte sie gegen ein Hindernis.
»Hoppla, nicht so schnell, junge Dame.« Die tiefe Stimmlage seines Basses vibrierte in ihr nach.
Linda blickte verstört hoch und in unglaubliche, sanfte dunkelbraune Augen, die durch die Dämmerung, die bereits eingesetzt hatte, noch dunkler wirkten. Trotz des kurzen Haarschnittes ringelten sich schwarze Locken auf seinem Kopf und betonten sein schmales Gesicht. Eine gerade Nase und leicht geschwungene Lippen ließen es perfekt erscheinen. Zumindest sie war fasziniert davon. Langsam nahm sie auch seine Arme wahr, die sie festhielten und ihren Körper auf sehr angenehme Weise erwärmten.
»Entschuldigung, hoffentlich habe ich Sie nicht verletzt?«
»Ein Federgewicht wie Sie? Nein, mir geht es ausgezeichnet.« Endlich ließ er sie los und trat einen Schritt zurück. Wurde auch Zeit, sie drohte in seiner Nähe zu verglühen. Himmel! So heiß war ihr schon lange nicht mehr geworden. Wie peinlich war das gerade eben? Wo war der Typ überhaupt hergekommen? Sie hatte ihn nicht gesehen. Diese Unart, ständig aufs Handy zu gucken, musste sie sich wirklich abgewöhnen.
»Ah, können Sie mir sagen, wie ich zum Haupteingang gelange? Meinen Wagen habe ich dort drüben abgestellt«, er zeigte auf einen dunklen Kombi. »Ich hoffe, er stört nicht.«
»Der Eingang ist in diese Richtung geradeaus und dann rechts um die Ecke.« Linda zeigte mit dem Arm, wohin er gehen sollte. »Der Parkplatz ist für unsere Gäste.«
»Danke, vielleicht sieht man sich wieder«, und weg war er.
Sie starrte ihm hinterher. Wer war er? Sicher ein Hotelgast. Egal. Sie lief zu ihrem Cabrio.
* * *
Völlig erschöpft von der langen Autofahrt war Simon froh, endlich ins Hotelzimmer zu kommen. Er stellte den Koffer in eine Ecke, streifte die Schuhe ab und ließ sich auf das Bett fallen. Der Klingelton seines Handys verkündete ihm den Anruf seines Freundes und Geschäftspartners Frederik Johansson. Er nahm das Gespräch umgehend an.
»Hallo, was gibt’s?«
»Ich wollte nur hören, ob es schon ein Ergebnis gibt, nach dem heutigen Treffen. Wann bist du angekommen?«
»Leider alles noch offen. War heute ein sehr bescheidener Tag. Die Besprechung fand wegen eines Unfalles auf der Autobahn nicht statt, weil ich nicht rechtzeitig dort sein konnte. Ich hab zwar kurz mit denen telefoniert, allerdings hatten die meisten aus terminlichen Gründen keine Zeit, auf mich zu warten. Zumindest der Bürgermeister aus der Region Schladming hat mich empfangen. Mit ihm bin ich die wichtigsten Punkte durchgegangen. Er will ein neues Treffen organisieren. Sofern es klappt, mit allen Ortsvorstehern der umliegenden Gemeinden. Wenn ich Glück habe, wird es in den kommenden Tagen stattfinden. Allerdings soll ich mich auf anstrengende Verhandlungen vorbereiten. Den Grund hat er mir nicht genannt.« Simon stockte kurz. »Im Hotelzimmer bin ich vor fünf Minuten angekommen, knapp vor deinem Anruf. Jetzt muss ich mir etwas zu essen besorgen. Und ab morgen starte ich für vierzehn Tage meinen Urlaub, du erinnerst dich? War so abgemacht! Anrufen kannst du mich gerne privat, ansonsten erst nach dem Mountainbike-Wochenende in zwei Wochen. Bis dahin muss ich fleißig trainieren, damit ich nicht komplett versage«, erläuterte er mit einem warnenden Unterton. Er kannte seinen Freund nur zu gut. Sein Job bedeutete ihm viel, genauso wie die Freundschaft zu Frederik. Doch er brauchte eine Auszeit. Beim Radfahren konnte er sich auspowern, die Gedanken, die ihn in den Abgrund zu ziehen drohten, verdrängen. Er schluckte seinen Groll hinunter. Dass er seinem Freund versprochen hatte, ihm einen kleinen Gefallen zu tun, weil er in der Gegend war, bereute er bereits, seitdem er zugesagt hatte. Er kannte Frederik!
»Junge, reg dich nicht auf. Dein Urlaub sei dir gewiss, aber du weißt, dass in unserem Geschäft manches Mal jede Sekunde entscheidet, ob man ein Projekt erlangt oder nicht.« Frederik verabschiedete sich. Wieder hatte er es geschafft, ein schlechtes Gewissen zu hinterlassen.
Simon raffte sich noch einmal auf und fuhr mit dem Lift hinunter an die Rezeption. Ein junger Mann machte Dienst. Fabian, las er auf dem Namensschild.
»Ist es möglich, noch etwas zu essen zu bekommen? Leider habe ich es nicht geschafft, rechtzeitig vor dem Abendessen einzuchecken.«
»Ihre Zimmernummer bitte?«
»Dreihundertvier.«
»Einen Moment bitte. Ich kläre es mit dem Chef ab.« Dann wandte sich der Rezeptionist von Simon ab und griff zum Telefonhörer. Nach einem kurzen Gespräch drehte er sich wieder zu ihm.
»Möchten Sie im Speisesaal oder lieber im Zimmer speisen?«
»Wenn es keine Umstände macht, gerne im Zimmer.«
»Das Abendmenü wird Ihnen in ein paar Minuten serviert. Sie haben Glück. Normalerweise schließt die Küche um einundzwanzig Uhr.«
Simon schaute auf seine Armbanduhr. Drei Minuten nach einundzwanzig Uhr. »Das ist nett, danke.« Er verabschiedete sich. Ausspannen und relaxen. Mehr wollte er im Moment nicht. Sein Magen knurrte wie auf Bestellung.
Kapitel 2
»Hallo, Mädels, entschuldigt, dass ich mich verspätet habe«, sprudelte es aus Linda heraus, als sie sich endlich zu ihren Freundinnen in der Luna Bar setzte. Zu ihrer Überraschung stand ein zusätzliches Glas Aperol Spritz am Tisch. »Für wen ist der? Etwa schon für mich?«
»Ja sicher, wir sind am Verdursten«, beklagte sich Sarah. Der Schalk in ihren Augen verriet sie.
»Geht es Felix und Zoe gut? Habe schon befürchtet, dass in letzter Sekunde noch etwas dazwischenkommt und du nicht kommen kannst!« Lindas Bemerkung brachte Lisa dazu, die Augenbrauen nach oben zu ziehen, sodass sich die Stirn in Falten legte.
»Logisch, was denkst du denn? Und was hätte denn passieren sollen?« Lisa schüttelte vehement den Kopf. Sie hob demonstrativ ihr Glas in die Höhe. Die anderen machten es ihr nach.
»Auf einen schönen Abend und uns drei«, sagte Lisa.
»Stellt euch vor, heute hat mir der Bürgermeister verraten, dass schon wieder irgendwelche Leute vor Ort sind und Immobilien erwerben möchten. Lisa, hat bei euch schon jemand nachgefragt?«
»Nein, bis jetzt nicht. Wir verkaufen auf keinen Fall. Diesbezüglich hat sich unsere Meinung nicht geändert.«
»Hast du von der Polizei mittlerweile etwas gehört? Ich meine von Michi …«, bohrte Linda nach.
»Michi? Welcher Michi?«, fragte Sarah.
»Ja, der Michael Malterer, der Einsatzleiter, war vorgestern privat bei uns auf dem Hof und hat meine Oma besucht. Ich hab ihn gefragt, aber er sagte nur, dass Kramer über Interpol gesucht wird. Seinen richtigen Namen kennen wir nicht. Boah, mir fließt noch immer der Angstschweiß den Rücken hinab, wenn ich an diesen Menschen denke.« Lisa trank einen Schluck vom Aperol. »Und jetzt sind wieder Leute da, die Grundstücke aufkaufen wollen?«
»Zumindest hat es der Bürgermeister erwähnt.«
»Hey, können wir das Thema wechseln?«, wandte Sarah ein. »Wir sind doch hier, um uns zu amüsieren, oder habe ich da was verpasst?«
Linda legte den Arm auf die Schulter ihrer Freundin. »Nein, wir sind bei dir. Ab jetzt ist Partytime.« Demonstrativ hob sie das Glas.
Der DJ legte Hits aus den Achtzigern auf, ›Döf‹ von Codo, ›Neunundneunzig Luftballons‹ von Nena, Spider Murphy Gang mit ›Skandal im Sperrbezirk‹. Die drei rockten die Tanzfläche. Sie bildeten ein Dreieck und schwangen, jede für sich in ihrem eigenen Rhythmus, die Hüften im Takt zur Musik.
Alsbald drängten sich ein paar bewegungsfreudige Burschen aus dem Ort zwischen sie.
Linda liebte es. Beim Tanzen vergaß sie den Trubel und den Stress des Jobs sowie die hochgesteckten Erwartungen, speziell die ihrer Mutter. Sie ließ ihren Blick zu ihren Freundinnen schweifen. Sarah war eine begnadete Tänzerin. Sie schaffte Schrittfolgen und Drehungen, um die sie sie beneidete. Lisa war in ihre eigene Welt abgetaucht. Die Burschen interessierten sie nicht.
Die Musik wechselte. Die ersten Töne einer langsamen, schnulzigen Melodie erklangen. Das war nichts für sie. Sie verließ die Tanzfläche und begab sich zurück zum Tisch. Lisa folgte ihr laut kichernd. Sarah bog zur Theke ab und kümmerte sich um Getränkenachschub.
»Was war denn so lustig?«, wollte Linda wissen.
»Die Jungs dachten wohl, sie könnten mit uns auf Tuchfühlung gehen, aber wir sind beide abgerauscht«, erklärte Lisa noch immer glucksend. Sarah reichte ihnen die Getränke.
»Und was machen wir? Bleiben wir hier oder wechseln wir zum nächsten Lokal?« Sarah schaute erwartungsvoll in die Runde.
»Nach Hüftenschwingen ist mir heute nicht mehr zumute«, nuschelte Lisa zwischen zwei Schluck ihres Getränkes. »Mir reichts. Tanzen ist halt schöner, wenn Felix mich in seinen Armen hält.«
»Halleluja, dich hat es ja erwischt. Ich kann eh nicht lange bleiben. Mutter hat mich für morgen in die Frühstücksschicht eingeteilt.« Linda verzog missmutig den Mund.
»Oh, oh, morgen ist doch Sonntag! Hat deine Mutter da kein Erbarmen? Schließlich bist du doch die Tochter des Hauses«, meinte Sarah. Das kostete Linda nur ein Kopfschütteln und einen kurzen Lacher.
»Ich möchte auch nicht lange bleiben«, gestand Lisa. »Zoe, Felix und meine Tiere können enorm anstrengend sein.« Ein verschmitztes Lächeln glitt über ihre Lippen. Linda beneidete sie für das Glück, einen liebenswerten Partner an der Seite zu haben. Und Zoe, Felix’ Tochter, war sowieso das bezauberndste Mädchen, das Linda je kennengelernt hatte.
Sarah verzog den Mund zu einer beleidigten Schnute.
»Hey, was geht ab?« Ein massiger, blonder Kerl stellte sich breitbeinig vor sie hin. Linda blickte zu ihm hoch. Der Kerl maß sicherlich ein Meter neunzig.
»Auf blöde Anmache stehen wir nicht«, maßregelte Sarah, noch bevor die anderen reagierten.
»War ja nur eine höfliche Frage«, konterte der Fremde.
Zu Lindas Erschrecken gesellte sich auch der »Dengel-Sepp« zu ihnen.
»Wolf, lass gut sein. Hab dir doch vorhin schon erklärt, dass diese Damen tabu sind. Obwohl, Linda, du tätest mir schon gefallen. Wie wär’s, darf ich dich auf ein Tänzchen einladen? Eng umschlungen, Körper an Körper …«
Mit Mühe unterdrückte Linda einen Würgereiz. »Derartige Tänze liegen mir leider nicht. Ich trete jedem auf die Zehen«, wimmelte sie ihn ab.
»Na, nicht so zickig, Kleines«, schnauzte er und fasste sie grob am Arm. Linda zog diesen ruckartig zurück.
»Lass mich los!« Ihr Blick bohrte sich in seinen. Die Stimme, zu einem bedrohlichen Flüstern gesenkt, ließ keine Zweifel aufkommen. »Ich rufe den Sicherheitsdienst, wenn du mich nicht sofort loslässt!«
»Pardon, Madame«, zischte Sepp und hob die Hände. »Nachdem uns unsere Mütter ja schon vor dem Traualtar sehen, dachte ich mir, wäre es angebracht mit meiner Zukünftigen auf Tuchfühlung zu gehen.« Das süffisante Grinsen auf seinem Gesicht hätte sie ihm am liebsten herausgeschlagen.
»Wovon, bitte, redest du? Ich verstehe nur Bahnhof!« Wut kroch in Linda hoch. Das Geschwätz ihrer Mutter war also nicht nur leeres Gerede gewesen. Das schockierte sie gleich umso mehr.
»Sag bloß, deine Mutter hat dir nichts gesagt? Nichts von den Plänen, die meine Mutter mit ihr geschmiedet hat?« Sepp lachte schallend. Er drehte sich abrupt um. »Komm Wolf, suchen wir uns empfänglichere Weiber.«
»Mach das, du findest sicherlich deinesgleichen.« Kalter Schweiß rann Lindas Rücken hinab.
»Was war das gerade?« Sarah stupste sie sachte an.
»Meine Mutter hat mir, bevor ich losgefahren bin, eindringlich erklärt, dass ich im heiratsfähigen Alter sei und mir einen Burschen von hier suchen soll. Und dabei schlug sie mir den Josef Pichler vor. Sie und seine Mutter sind beste Freundinnen seit der Schulzeit. Könnt ihr euch das vorstellen? Die will mich mit diesem Ekel verbandeln!« Linda schüttelte sich merklich.
»Du Arme, das ist ja fürchterlich«, tröstete Lisa. »Wie kommt deine Mutter denn auf so eine bescheuerte Idee?«
»Sie möchte verhindern, dass ich mich in jemanden verliebe, der nicht von hier ist. Mein Zukünftiger soll ein Einheimischer sein, und natürlich am besten mit Hotel, hat sie mir allen Ernstes erklärt.« In einem Zug leerte Linda ihr Glas. »Ich brauche noch einen.«
»Wird serviert«, bot Sarah an und steuerte auf die Theke zu. Es dauerte nicht lange, und sie kehrte mit drei vollen Gläsern zurück.
»Was ist da drinnen?« Lisa beäugte den Inhalt skeptisch.
»Mojito. Der baut uns wieder auf.«
»Ich bin mit dem Auto unterwegs.« Trotzdem griff Linda nach dem Glas. Etwas Starkes für die Nerven, das passte. Sarah kannte sie genau.
»Ich auch, aber ich werde einfach Felix anrufen. Das ist ein sogenannter Notfall.« Lisa gluckste und griff ebenso nach dem Getränk.
»Und ich bestell mir ein Taxi«, nuschelte Linda, während sie den Strohhalm zu ihren Lippen führte. Noch immer raste ihr Herz, auf den Schreck, den ihr Sepp bereitet hatte. Was stimmte denn nicht mit ihr? In letzter Zeit drängte sich diese Frage immer häufiger in ihr Gedächtnis. Verdammt! Sie wollte doch nur glücklich sein, einen Partner an ihrer Seite haben, der sie in die Arme nahm, der sie tröstete, wenn sie Sorgen plagten. Lisa war mit Felix fein raus. Ihre Freundin strahlte über das ganze Gesicht und ihre Stimme bekam diesen einen Ton, der nur für ihn bestimmt war, wenn sie seinen Namen erwähnte. Schön!
»Lässt du deinen Drink warm werden?«, riss sie Sarah aus ihren Gedanken.
»Nee.« Schnell saugte sie am Trinkhalm.
Der nervige Klingelton ihres Weckers riss sie aus ihren Träumen. Orientierungslos tastete sie im Dunkeln nach dem Verursacher des unerträglichen Lärms. Endlich! Aus! Linda atmete tief durch. In ihrem Kopf war ein Presslufthammer zugange. Sie tastete nach dem Lichtschalter der Lampe. Welcher Tag war heute? Mühsam versuchte sie, die Augen offen zu halten. Sonntag, schoss es wie der Blitz durch ihren schmerzenden Kopf. Nur nicht verschlafen! Einen Stunk mit ihrer Mutter wollte sie auf keinen Fall heraufbeschwören, weil sie nicht pünktlich zum Dienst antanzte. Deshalb setzte sie sich auf und stellte zuerst das linke Bein auf den Boden und danach das andere. Alles drehte sich. Ein Karussell in ihren Gehirnwindungen konnte sie gar nicht gebrauchen. Nicht jetzt! Bilder, wie sie das Geschirr, oder noch schlimmer, die Wurst- und Käseplatten fallen ließ, wirbelten durch ihre Gedanken. Boah! Behäbig stand sie auf und steuerte ins Bad. Da half nur mehr eine kalte Dusche. Mit dem Schminken hielt sie es an diesem Morgen nicht so genau, die Haare föhnte sie schnell trocken. Zum Glück waren diese wegen des kurzen pfiffigen Schnittes nicht anspruchsvoll in der Pflege. Sie schaffte es rechtzeitig zu Dienstbeginn im Restaurant des Hotels zu sein, wenn auch nur knapp.
Jetzt half ihr die Routine, alles vorzubereiten. Aus der Küche holte sie die bereitgestellten Speisen fürs Frühstücksbuffet. Sie kontrollierte, ob die Tische am Vorabend von den Kollegen ordnungsgemäß gedeckt worden waren. Die Espressomaschinen schaltete sie ein, füllte die Kaffeebohnen und das Wasser auf. Melissa, das Lehrmädchen vom Service, trottete verschlafen zur Tür herein.
»Guten Morgen«, nuschelte sie. Dem Anschein nach war sie nicht munterer als Linda.
»Na, lange Nacht gehabt?« Diese Stichelei musste sein. Linda bedachte das Mädchen mit einem strengen Blick, dabei verstand sie sie nur zu gut. War sie doch selbst auch nicht klüger, obwohl schon einige Jährchen älter.
»Hol bitte die Platte mit den Kuchenstücken, die war vorhin noch nicht fertig.«
»Okay.« Melissa bewegte sich in Zeitlupentempo Richtung Küche.
Na bravo, das konnte was werden, wenn das Mädel schlechter drauf war als sie selbst.
Zudem kam gerade eben der Gast herein, mit dem sie am Vorabend zusammengestoßen war.
»Guten Morgen. Darf man schon frühstücken?« Seine Stimme brachte die Schmetterlinge in ihrem Bauch zum Fliegen. Sie himmelte ihn an, als hätte er ihr gerade eben eine Weltreise angeboten.
»Guten Morgen. Bitte, das Frühstücksbuffet ist eröffnet. Sollten Sie noch etwas anderes essen wollen, wie zum Beispiel ein Omelett, wenden Sie sich gerne an mich.« Na bravo! Diese Antwort konnte wegen ihres Tonfalles durchaus zweideutig rübergekommen sein. Sie hatte ihn geradezu angeschmachtet. Sie wollte gar nicht wissen, was er jetzt von ihr dachte.
»Das ist nett, danke.« Seine Augen ruhten länger auf ihr und ein sanftes Lächeln umschmeichelte seine Lippen. Oder bildete sie sich das nur ein? Sie hätte gerne gewusst, was der Mann beruflich machte. Er sah nicht nur sportlich aus, sondern auch gestylt. Seine Kleidung war nicht von der Stange, soweit kannte sie sich aus.
Jetzt galt es jedoch, sich auf Melissa zu konzentrieren, die mit der gefüllten Kuchenplatte vorbeiirrte, noch schnell eine Entschuldigung nuschelte, weshalb sie so lange gebraucht hatte. Das half Linda, ihre Gedanken von dem Gast loszueisen.
Kapitel 3
Simon bedankte sich und wählte einen Tisch. Ihm war in der Nähe der Frau ziemlich heiß geworden. Hoffentlich hatte er sie nicht zu lange angestarrt. Das war ihm noch nie zuvor passiert. Um sich von der Schönheit abzulenken, schlenderte er zum Buffet, inspizierte, was es alles zu essen gab, und bediente sich. Anschließend holte er Kaffee und während er sein Frühstück genoss, beobachtete er die Bedienung genauer. Flink und mit freundlichem Gesicht servierte sie, füllte das Buffet auf und huschte zwischen den Tischen hin und her. Der Gedanke an die gestrige Begegnung ließ ihn schmunzeln. Ihr Duft nach Jasmin und Rose war ihm in die Nase gestiegen, als er sie aufgefangen hatte, und der irritierte Blick aus ihren unbeschreiblichen Augen hatte ihm einen Schauer über den Rücken gejagt. Nur kurz, aber doch! So hatte er schon seit Ewigkeiten nicht mehr auf eine Frau reagiert.
Auch vorhin war ihm ihr spezieller Duft wieder in die Nase gestiegen. Schnell lenkte er sich ab. Für Frauengeschichten hatte er keinen Kopf. Die unschöne Trennung von Angela drückte nach wie vor auf sein Gemüt. Es reichte! Ihm reichte es! Wegen ihr hatte er seine vorige Freundin verlassen, im Glauben, endlich die große Liebe gefunden zu haben. Bis sich alles als Schein und Trug herausstellte. Er schüttelte die Erinnerung an diese Frau ab. An Frauen insgesamt. Rad fahren und Urlaub machen, deswegen war er hier. Sein Körper verlangte, endlich auf dem Rad zu sitzen, und außerdem war da noch sein Job. Von wegen Urlaub! Ha! Wann hatte er den letzten Urlaub gehabt, in dem er wirklich ausspannen und abschalten hatte können? Der lag Jahre zurück. Das würden sicherlich anstrengende Tage werden, bis er alles unter Dach und Fach hatte. Schließlich kannte er seinen Freund, der ihn bestimmt wegen des Angebotes keine Ruhe lassen würde. Schnell würgte er die letzten Bissen des Butterbrotes hinunter und trank den Kaffee aus.
Er lief ins Zimmer, zog sich den Rad-Dress an. Am Abend zuvor hatte er die Route geplant. Für heute wählte er die Planai-Tour. Den Streckenplan studierte er vor der Abfahrt genau. Er prägte sich die Abzweigungen ein, damit er während der Tour nicht ständig stehen bleiben und sich neu orientieren musste. Endlich! Bereits die ersten Tritte in die Pedale setzten in ihm Glückshormone frei. Tief sog er die frische Morgenluft ein. Diese Tour führte über das Untertal, den Fastenbergweg und die Planaistraße zur Bergstation der Planai. Es begann gemütlich und flach, später stieg das Gelände im Verlauf der Strecke zunehmend an. Abseits des Verkehrs und des Rummels genoss er die Ruhe. Saftiges Grün breitete sich über die Wiesenflächen aus. Waldstücke schützten ihn vor der aufsteigenden Sonne. Vogelgezwitscher erfüllte die Natur. Wanderer querten bereits zu so früher Stunde seinen Weg. Fest trat er in die Pedale, kam jedoch nur langsam voran. Hin und wieder begegneten ihm andere Radfahrer. Und dann befand er sich auf weiten Teilen der Strecke völlig allein. Sein Gehirn fokussierte sich aufs Radfahren. All die lästigen Gedanken über seine Sorgen und Probleme fanden im Moment keinen Platz.
Bei der Planai-Mittelstation legte er eine Pause ein. Natürlich hätte er bis hierher mit der Gondel herauffahren können, doch das war für ihn nie eine Option gewesen. Hier startete mit dem Uphill Flow Trail das Highlight der Tour. Darauf freute er sich schon seit Tagen. Seine Bike-Freunde hatten ihm von dieser Strecke vorgeschwärmt. Er beendete seine Rast und stieg zurück aufs Rad.
Die Strecke war als Anfängerroute angegeben und damit ideal, um seine Technik aufzufrischen. Mit mäßiger Steigung ging es durch Bergwälder hoch zu einem Hochmoor, und führte über die blauen Trails durch den Bikepark zurück nach Schladming. Hoch konzentriert bewältigte er die Strecke und schoss mit hoher Geschwindigkeit bergab. Unten angekommen fuhr er Richtung Hotel weiter. Müde sah er auf die Uhr. Mit seiner Leistung und der absolvierten Zeit von zweieinhalb Stunden war er sehr zufrieden. Das Rad stellte er in das verschließbare Kellerabteil.
Zurück im Hotelzimmer gönnte er sich eine ausgiebige, heiße Dusche. Schweiß, Schmutz und seine belastenden Gedanken, die ihn seit Tagen in Beschlag nahmen, sollten im Abfluss verschwinden, hinuntergespült vom Wasser. Warum fiel ihm das Loslassen so schwer? Sein Vater fehlte mehr denn je. Kräftig rieb er sich mit den Handflächen übers Gesicht, während er es in den Wasserstrahl hielt. Schließlich drehte er den Wasserhahn zu und stieg aus der Duschkabine. Sein Handy läutete. Ohne sich abzutrocknen, schlang er sich ein Badetuch um die Hüften und eilte zum Bett, wo er es hingelegt hatte.
»Berger, hallo?«, meldete er sich.
»Herr Berger, gut, dass ich Sie erreiche. Bürgermeister Hengsberger hier. Im Hotel Filzmeier habe ich soeben einen Tisch reserviert. Wir treffen uns alle um neunzehn Uhr, um alles Weitere zu besprechen. Ich hoffe, Sie haben nicht schon etwas anderes vor und können teilnehmen.«
»Natürlich, ich freue mich, dass Sie so rasch einen neuen Termin fixieren konnten.«
»Das war nicht das Problem, allerdings möchte ich Sie vorwarnen. Die Leute stehen Bauvorhaben sehr skeptisch gegenüber. Vor ein paar Monaten haben Investoren versucht, an Grundstücke zu kommen, um Chalets und Zweitwohnsitze zu errichten. Ihr Vorgehen dabei war nicht zimperlich, zum Teil sogar kriminell.«
Simon wurde hellhörig. »Sie müssen mir unbedingt mehr darüber erzählen. Vielleicht finden wir nachher Zeit dafür. Ich weiß, dass es in unserer Branche auch schwarze Schafe gibt.«
Nach dem Telefonat starrte Simon lange auf sein Handy. Sollte er Frederik vorwarnen? Sein Kumpel war immer bestens informiert, was in der Immobilienbranche lief. Was hatte er wegen dieses Auftrages gesagt? »Ein Oligarch möchte Immobilien und Grundstücke in Schladming und Umgebung erwerben. Geld spielt keine Rolle. Mein Kumpel, der in Moskau geschäftlich zu tun hat, hat mir den Auftrag vermittelt, den er wiederum von einem betuchten Geschäftsmann erhalten hatte.« Er war total aus dem Häuschen gewesen.
Geschäfte über Dritt- oder sogar Viertpersonen waren Simon immer schon suspekt gewesen. Ein ungutes Bauchgefühl meldete sich. Simon warf das Handy aufs Bett und entnahm der Zimmerbar ein Bier.