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Einfach Meer! - eine Geschichte, die wichtige Grundsätze für die Führung von Organisationen in Erinnerung ruft. Kurzweilig und dennoch voll Tiefgang schildert der Seemann Pit seine Erfahrungen auf dem Meer. Die wohltuende Klarheit seiner Sicht der Dinge hilft, dem Blick auf das Wesentliche zu richten. Die stimmungsvollen Bilder werden Sie in Ihrem Alltag begleiten und Ihnen erleichtern, mit neuen Perspektiven an Herausforderungen heranzugehen. Dieses Buch ist Einfach Meer!
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Seitenzahl: 78
Veröffentlichungsjahr: 2023
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„Der wahre Zweck eines Buches ist es, den Geist hinterrücks zum eigenen Denken zu verlieren.“
Christopher D. Morley Amerikanischer Schriftsteller und Redakteur (1890 – 1957)
DIE ANKUNFT
DEIN UNTERNEHMEN ALS SCHIFF
AUF ZU NEUEN UFERN
DAS ABSETZEN VON KURSEN
DEINE MANNSCHAFT
NEU AUF DEM SCHIFF
EIN NEUES SCHIFF
AUF GROSSER FAHRT
ÜBERLAUFE NIEMALS ANDERE SCHIFFE
DAS WASSER SPRICHT ZU DIR
DER ZAHN DER ZEIT
ÜBERPRÜFE DEINE MOTIVATION
DIE UMWELT SAUBER HALTEN
WENN DER KAPITÄN AUSFÄLLT
NOTFÄLLE AN BORD
AM GROSSEN ZIEL
EINFACH MEER! IN KÜRZE
EIN PAAR WORTE ZUM SCHLUSS
Es war ein wunderschöner Morgen in der kleinen Hafenstadt draußen an der Atlantikküste. Das Hafenbecken lag in einer kleinen Bucht. Zum Meer hin trennte eine hohe Mole den Hafen von der offenen See. Gegenüber der Mole reihten sich kleine Häuser aneinander. Wie pastellfarbene Kleckse schmiegten sie sich an den sanften Hügel, der hinter der Bucht emporstieg. Die Häuser waren durch eine breite Promenade vom Wasser getrennt. Unzählige Boote teilten sich den Platz in dem Oval, in das mehrere Stege hineinragten. Die Stadt begann langsam zu erwachen.
Dan schlenderte wie benommen zwischen den Pieren umher. Er betrachtete die vielen Schiffe, die - festgemacht - mit fast unmerklichen Bewegungen auf dem Wasser des Hafenbeckens tanzten. Nie zuvor war ihm aufgefallen, wie viele verschiedene Boote sich in einem Hafen versammelten. Da waren die bunten kleinen Segelboote, die versuchten, mit ihren dünnen Masten die größeren Schiffe zu überragen. Da lagen elegante Yachten, die Dan mit ihren schnittigen Formen besonders gefielen. Dan war bisher noch kaum mit der Seefahrt in Berührung gekommen. Doch! Vor ein paar Jahren hatte ihn ein Freund überredet, an einem Segeltörn teilzunehmen. Es war eine heitere Woche in der Adria, die auch Dan genießen konnte, nachdem sich sein anfängliches Unbehagen auf dem Boot gelegt hatte.
Während er weiterschlenderte, entdeckte Dan die Fischkutter, die sich zwar in Farbe und Größe deutlich voneinander unterschieden, die jedoch alle eine ähnliche Form hatten Zwischen all diesen Booten waren auch immer wieder Schiffe festgemacht, deren Zweck Dan nicht zuordnen konnte. Für Freizeitboote kamen sie ihm zu schäbig vor. Für Arbeitsboote hielt er sie zu klein.
Es war das erste Mal seit Wochen, dass Dan richtig frei durchatmen konnte. Er spürte, wie seine Lunge gierig die frische klare Meeresluft aufsog. „Wie konnte es so weit kommen?“, dachte er über die Ereignisse der vergangenen Wochen nach. Wieso läuft es in letzter Zeit einfach nicht mehr? Alles hatte so gut begonnen. Als Dan das Unternehmen übernommen hatte, schien alles wie geschmiert zu funktionieren. Er dachte, er könnte den erfolgreichen Weg, den seine Vorgänger in den letzten Jahren gegangen waren, fortsetzen. Nicht nur das. Er ging davon aus, alles Bisherige zu übertreffen. Seine Energie schien grenzenlos. Nicht einmal 15 Monate waren seither vergangen. Und nun war er so antriebslos und gereizt, dass ihm klar wurde: Jetzt muss sich etwas ändern! Dies war auch der Grund, warum er gestern alle Termine für die kommende Woche absagte und in dieses kleine Reisebüro stürmte, das - zwei Straßen von seinem Büro entfernt - vor kurzem eröffnet hatte.
Und nun stand er hier, 2.000 Meilen von zu Hause entfernt unter diesem unbeschreiblich azurblauen Himmel, der sich schon am frühen Morgen mit ein paar strahlend weißen Schäfchenwolken schmückte.
Dans Probleme der vergangenen Wochen schienen angesichts dieser friedvollen Umgebung fast unwirklich. Erschöpft ließ er sich auf die Kaimauer sinken, die Beine baumelten über dem Wasser und sein Blick verlor sich in den frühen Sonnenstrahlen, die auf der Wasseroberfläche in tausende kleine Glitzersternchen zerfielen.
„Na junger Mann, wartest du auf ein Boot oder überlegst du, dich ins Wasser zu stürzen?“ Dan schreckte aus seinen Gedanken hoch und blickte in ein wettergegerbtes Gesicht, das von einem kurz geschnittenen weißen Bart umrahmt war. Dieses Gesicht hatte die gleiche Farbe wie diese hellbraune Ledertasche, die Dan vor zwei Wochen in einer Auslage in der Stadt gesehen hatte. Unter einer kleinen dunklen Wollmütze ragten einzelne Büschel weißer Haare hervor. Inzwischen hatte sich der Unbekannte neben Dan auf die Kaimauer gesetzt. „Eher zweites.“, erwiderte Dan als er aus seinen Gedanken wieder an die Oberfläche kam. „Hallo, ich bin Pit. Wo drückt denn der Schuh?“, streckte der Mann Dan seine Hand entgegen, während er ihn aus seinen kleinen dunkel funkelnden Augen unter den struppigen weißen Augenbrauen hervor einladend ansah. „Hi, ich bin Daniel. Aber meine Freunde nennen mich Dan.“, erwiderte Dan leise die Begrüßung.
Nach kurzem Innehalten begann Dan mit seiner Geschichte. Pit hörte ihm ruhig, ja fast regungslos zu. Immer wieder ließ er seinen Blick zur Hafenausfahrt schweifen, der einzigen Stelle, an der er in diesem Meer aus bunten Booten einen Blick auf den endlosen Horizont erhaschen konnte. Eine ganze Weile saßen sie dort auf der Hafenmauer und Dan bemühte sich, die Ereignisse des vergangenen Jahres möglichst kurz und verständlich zusammenzufassen. Immer wieder stockte er in seiner Erzählung, weil seine Enttäuschung ihn zu übermannen drohte. Ruhig saß Pit neben ihm. Hin und wieder nickte er verständnisvoll.
Dan war mit seiner Erzählung zu Ende, biss die Zähne aufeinander und zwang sich ein verbittertes Lächeln auf seinen Mund. Er stieß dabei einen tiefen Seufzer aus. Pit senkte seinen Blick und schwieg. Nach einer kurzen Stille hob er seinen Kopf wieder und blickte Dan eindringlich an: „Dan, ich bin nur ein alter Seemann und ich weiß nicht, ob du meinen Rat hören willst. Aber ich denke, dass ich dir schon ein paar Tipps geben kann, um deinen Kahn wieder flott zu bekommen.“ Diese Worte elektrisierten Dan. Dieser kleine alte Mann neben ihm, von dem er annahm, dass er seine Geschichte nicht einmal verstehen würde, bot ihm sogar noch seine Hilfe an. Seit Monaten diskutierte Dan seine Situation mit den Menschen, auf deren Rat er so viel gehalten hatte; ohne auf einen grünen Zweig zu kommen. Nichts hatte seine Situation nachhaltig ändern können. Verwundert blickte Dan in Pits Gesicht. Fasziniert bemerkte er jetzt die Spuren, die das Leben in dessen Haut graviert hatte. Unzählige Falten verliehen diesem Gesicht eine eigenartige Ausstrahlung. Eine Narbe unter dem rechten Auge zeugte von einem tiefen Schnitt. Dieser Mann fesselte Dans Aufmerksamkeit auf eine besondere Weise.
„Weißt du Dan, dein Unternehmen und ein Schiff haben sehr viel gemeinsam.“, begann Pit.
„Wenn du bereit bist, dich auf das Abenteuer der Seefahrt einzulassen, wird dir das helfen, dein Unternehmen wieder flott zu bekommen. Und außerdem wird dich dieses Wissen um die Seefahrt künftig vor Schlagseite oder Schiffbruch bewahren.“
Dein Unternehmen und ein Schiff haben viel mehr gemeinsam als du derzeit meinst!
„Begleite mich auf eine Entdeckungsreise, die dich faszinieren und dir neue Horizonte öffnen wird! Stell dir vor, dein Unternehmen ist ein Schiff; ein richtig schönes Schiff. Stell dir dieses tolle Schiff einmal ganz intensiv vor! Ein Schiff ist wunderbar. Du warst doch schon mal auf einem Schiff?“
Fragend blickte Pit zu Dan hinüber und zog dabei die Augenbrauen leicht nach oben. Dan sah ihn erstaunt an und nickte vorsichtig.
„Erinnere dich an den Duft der See, an die Möwen, die keck an die Reling heranstoßen; die sich vom Wind wieder forttragen lassen, um sich unermüdlich wieder zu nähern. Erinnere dich, wie das Schiff sanft zwischen den Wellen von einer Seite auf die andere rollt. Oder denke an das Stampfen, das bei einem Kurs quer zur Welle rhythmisch eine Gischtfontäne nach der anderen vom Bug fortschleudert. Der weiße Teppich aus Schaum, der sich neben dem Schiff ausbreitet, wenn es die Meere durchpflügt. Und am Heck der lange Schleier aus Luftblasen, die erst langsam wieder an die Oberfläche finden und versuchen, den Weg des Schiffes nachzuzeichnen.
Es gibt unzählige Arten von Schiffen. Vom kleinen Boot für Küstenfahrten - über die Boote, mit denen die Fischer ihren Lebensunterhalt verdienen – bis hin zu den großen Tankern und Frachtschiffen, die unentwegt die Weltmeere überqueren. Sie alle werden von demselben Wasser getragen. Hast du dir schon einmal überlegt, welchen Gesetzen diese Schiffe folgen?“
Ohne auf eine Antwort zu warten, fuhr Pit fort.
„Natürlich gibt es Unterschiede und Besonderheiten; aber alle unterliegen den Gesetzen der See.
Mit einem Schiff kannst Du fast alle Ziele erreichen. Aber du musst die Grundsätze der See und der Navigation kennen und beachten. Diese Grundsätze sind der Schlüssel, der über Erfolg oder Misserfolg entscheidet.“
Pit blickte hinüber und prüfte, ob Dan bereit war, ihm in seinen Gedanken auf das Meer zu folgen. Seine Worte sollten in Dans Gedanken zu Bildern kristallisieren. Nur dann würde er Pit auf seiner Reise begleiten und begreifen, wie die Seefahrt sein Leben bereichern konnte.
„Lass uns einmal die Schiffe hier betrachten!“
Pit hob seine Hand und ließ sie über das vor ihnen liegende Hafenbecken wandern.
„Grundsätzlich kannst Du annehmen, dass die größeren Schiffe für weitere Reisen ausgelegt sind. Du wirst aber auf deinen Fahrten sehen, dass kleine Boote den großen in vielen Punkten überlegen sind. Sie sind wendig, bieten weniger Angriffsfläche. Sie tanzen meist wie ein Korken auch in schweren Stürmen noch auf den Wellen. Es ist deshalb vorerst nicht so wichtig, wie das Schiff aussieht, das du derzeit steuerst. Du wirst später erkennen, welche Aufgaben sich dir und deinem Schiff stellen. Die Regeln der Seefahrt gelten für alle, die sich auf dem Meer bewegen.“
Dans Blick wanderte im Hafenbecken umher. Er musterte die vor ihnen liegenden Schiffe und er versuchte, das Bild, das Pit in seiner Phantasie zeichnete, zu verstehen.