Einführung in die Bankenregulierung - Patrik Buchmüller - E-Book

Einführung in die Bankenregulierung E-Book

Patrik Buchmüller

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Beschreibung

Kurzeinführung in den Komplex Bankenaufsicht. Die Themenbehandlung umfasst die drei Säulen von Basel II/III, die drei Säulen der Bankenunion und wichtige weitere Themen wie Corporate Governance, IT-Aufsicht und Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken. Die Autoren (aus den Bereichen Regulierung, Bankpraxis und Wissenschaft) vermitteln Einsteigern und Bankpraktikern sowohl die wesentlichen Grundlagen des Themas als auch die Trends der Steuerungs- und Regulierungspraxis. Die Inhalte werden dabei in kompakter Form, aber angemessen detailliert behandelt. Daraus können für den Praktiker Handlungsempfehlungen und Prioritäten für die bankinterne Umsetzung der neuen regulatorischen Vorgaben abgeleitet werden.

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[7]Inhaltsverzeichnis

Hinweis zum UrheberrechtImpressumVorwortAbkürzungsverzeichnis1 Einführung2 Grundlagen der Bankenregulierung2.1 Entwicklung der Bankenregulierung2.2 Ziele und Aufgaben der Bankenaufsicht2.3 Institutionen der Bankenregulierung2.3.1 Supranationale Ebene2.3.1.1 Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS)2.3.1.2 Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS)2.3.1.3 Finanzstabilitätsrat (FSB)2.3.2 Europäische Ebene2.3.2.1 Gesetzgebung2.3.2.2 Europäisches System der Finanzmarktaufsicht: Überblick2.3.2.3 Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA)2.3.2.4 Europäische Zentralbank (EZB)2.3.2.5 Europäischer Ausschuss für Systemrisiken (ESRB)2.3.2.6 Europäische Bankenunion2.3.2.6.1 Einheitlicher Aufsichtsmechanismus (SSM)2.3.2.6.2 Einheitlicher Abwicklungsmechanismus (SRM)2.3.2.6.3 Einheitliche Einlagensicherung (EDIS)2.3.3 Nationale Ebene2.3.3.1 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)2.3.3.2 Deutsche Bundesbank2.3.3.3 Ausschuss für Finanzstabilität (AFS)2.4 Überblick über wesentliche Regulierungsbereiche2.4.1 Bilanzstruktur im weiteren Sinn2.4.1.1 Eigenkapital2.4.1.1.1 Risikoabdeckung und Risikobegrenzung2.4.1.1.2 Risikomessung, Regulierungsarbitrage und Zyklizität2.4.1.1.3 Gibt es ein regulatorisches Paradoxon?2.4.1.1.4 Eigenkapitalnormen und Systemrelevanz2.4.1.1.5 Höhe und Kosten der regulativen Eigenkapitalausstattung2.4.1.2 Verschuldung2.4.1.3 Liquidität2.4.1.4 Großkredite2.4.2 Bewältigung von Bankenkrisen2.4.2.1 Sanierung und Abwicklung2.4.2.1.1 Grundsätzliche Überlegungen2.4.2.1.2 Sanierung2.4.2.1.3 Abwicklung2.4.2.2 Einlagensicherung2.4.3 Eingriffe in die Geschäftsführung von Banken2.4.3.1 Zulassung2.4.3.2 Risikomanagement 2.4.3.3 Digitalisierung und FinTech 2.4.3.3.1 Bankaufsichtliche Anforderungen an die IT (BAIT)2.4.3.3.2 Zahlungsdienstleistungen2.4.3.3.3 Blockchains und Krypto-Assets2.4.3.3.4 Crowdfunding 2.4.3.3.5 Systemische Aspekte der Digitalisierung2.4.3.4 Vergütung3 Vorgaben zur Risikosteuerung3.1 Einführung3.2 Anforderungen nach Säule 1 und Pufferanforderungen3.2.1 Interaktion von Säule 1 und anderen Risikobegrenzungsnormen 3.2.2 Säule-1-Anforderungen an das Kreditrisiko3.2.3 Säule-1-Anforderungen an das Marktrisiko3.2.4 Säule-1-Anforderungen an das operationelle Risiko3.2.5 Makroprudenzielle Steuerung und Pufferanforderungen3.3 Säule 2 in der EU und in Deutschland3.3.1 Vorgaben in Deutschland3.3.2 SREP-Vorgaben auf EU-Ebene3.3.3 ICAAP/ILAAP und Maßnahmen im SREP 3.3.4 ICAAP und Stresstesting in der Institutspraxis3.3.5 Aufsichtliches Stresstesting vs. bankinterne Stresstests 3.4 Offenlegung und Meldewesen3.4.1 Unterschiede zwischen Offenlegung und Meldewesen3.4.2 Offenlegung in der Praxis3.4.3 Meldewesen in der Praxis3.5 Leverage Ratio, Großkreditgrenzen und Liquiditätsrisiko3.5.1 Die Leverage Ratio3.5.2 Großkredite und Risikokonzentrationssteuerung 3.5.3 Liquiditätsrisikomaße und Liquiditätsrisikosteuerung3.6 Governance, IT- und ESG-Risken3.6.1 Überblick über Governance-Anforderungen an Banken3.6.2 Vorgaben zur IT-Risikosteuerung3.6.3 Vorgaben zur Steuerung von Nachhaltigkeitsrisiken 3.7 Ausblick4 Sanierung und Abwicklung4.1 Einführung, Motivation, Definition und Abgrenzung4.1.1 Definition und Abgrenzung von Sanierung und Abwicklung4.1.2 Einordnung in die Europäische Bankenunion4.2 Rechtliche Rahmenbedingungen4.2.1 FSB Key Attributes 4.2.2 SRM-Verordnung4.2.3 BRRD 4.2.4 BRRD-Umsetzungsgesetz und SAG4.2.5 MaSan und MaSanV 4.3 Zuständige Behörden und Aufgabenverteilung4.3.1 Europäische Aufsichtsbehörden: EBA und EZB 4.3.2 Nationale Aufsichtsbehörden: BaFin und Deutsche Bundesbank4.3.3 Europäischer Abwicklungsausschuss: SRB 4.3.4 Nationale Abwicklungsbehörde und Vorgänger: BaFin-A, FMSA und SoFFin 4.3.5 Weitere Akteure: Einheitlicher Abwicklungsfonds, SRF 4.3.6 Zusammenarbeit von Aufsichts- und Abwicklungsbehörden sowie sonstigen Stellen4.4 Sanierung von Kreditinstituten4.4.1 Aufbau von Sanierungsplänen – Überblick4.4.2 Umsetzung der Proportionalität in der Sanierungsplanung4.4.3 Strategische Analyse4.4.4 Kernelement I – Krisengovernance4.4.5 Kernelement II – Indikatorensystem4.4.6 Kernelement III – Handlungsoptionen4.4.7 Belastungsanalysen4.4.8 Prüfung und Bewertung von Sanierungsplänen4.4.9 Verstärkte Integration in das Risikomanagement 4.5 Abwicklung von Kreditinstituten4.5.1 Abwicklungsvoraussetzungen4.5.2 Abwicklungsziele 4.5.3 Abwicklungsplanung4.5.4 Abwicklungsstrategie und Abwicklungsanordnung4.5.5 Abwicklungsinstrumente4.5.6 MREL und TLAC 4.5.7 Ausblick auf aktuelle Erwartungen im SRM LiteraturRechtsquellenverzeichnisDie AutorenStichwortverzeichnis
[1]

Hinweis zum Urheberrecht

Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft - Steuern - Recht GmbH

[4]Autoren:

Dr. Patrik Buchmüller, Unternehmensberater und Dozent, Bonn;

Prof. Dr. Andreas Igl, Hochschule der Deutschen Bundesbank, Hachenburg;

Prof. Dr. Werner Neus, Lehrstuhl für Bankwirtschaft, Eberhard Karls Universität, Tübingen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de/ abrufbar.

Print:

ISBN 978-3-7910-4968-7

Bestell-Nr. 12013-0001

ePub:

ISBN 978-3-7910-4972-4

Bestell-Nr. 12013-0100

ePDF:

ISBN 978-3-7910-4973-1

Bestell-Nr. 12013-0150

Patrik Buchmüller/Andreas Igl/Werner Neus

Einführung in die Bankenregulierung

1. Auflage, November 2020

© 2020 Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht GmbH

www.schaeffer-poeschel.de

[email protected]

Lektorat: Isolde Bacher

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, des auszugsweisen Nachdrucks, der Übersetzung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, vorbehalten. Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.

Schäffer-Poeschel Verlag Stuttgart

Ein Unternehmen der Haufe Group

[5]Vorwort

Das Thema Bankenregulierung bzw. Bankenaufsicht treibt naturgemäß primär die Banken und ihre Mitarbeiter um. Spätestens seit der Bankenkrise 2007/2008 gilt dies aber auch für Bankkunden und den Staatsbürger im Allgemeinen. Zugleich breitet sich das Fachgebiet in Breite und Tiefe mittlerweile derartig aus, dass es für eine nicht regelmäßig damit befasste Person schwierig ist, den Überblick zu gewinnen oder zu behalten. Ein einigermaßen umfassender Kommentar zu bankaufsichtlichen Rechtsquellen wird heute kaum weniger als 5.000 Seiten haben können, und darin sind die Rechtstexte selbst noch nicht einmal enthalten.

Angesichts dessen ist es nicht überraschend, dass auf dem Buchmarkt zahlreiche Werke vertreten sind, die in unterschiedlichem Grad an Detaillierung einen Zugang zum Thema der Bankenregulierung versprechen. So gibt es grundlegende Einführungen für eine Leserschaft ohne nennenswerte Vorkenntnisse (bspw. Osman 2018) und relativ umfangreiche ganzheitliche Einführungstexte (bspw. Andrae et al. 2018 und Brixner/Schaber 2016). Verfügbar sind ebenfalls auch für den wissenschaftlichen Bereich geeignete Lehrbücher zur Bankwirtschaft (bspw. Hartmann-Wendels et al. 2019), die häufig weitaus mehr zum Thema Bankbetriebslehre bieten als »nur« die Regulierung. Im Anspruch noch weiterreichend sind umfassende Kommentarwerke wie Boos et al. (2016) oder Luz et al. (2020a), die allerdings für einen ersten Zugang wohl ungeeignet sind.

Der Adressatenkreis dieses Buches sind Interessenten im Bereich Bankenaufsicht, die bereits grundlegende Vorkenntnisse mitbringen sollten. Dazu gehören Studierende mit Schwerpunkt Bankrisikosteuerung und Praktiker in Banken, Aufsicht und Prüfungsgesellschaften mit Bezug zum Thema. Unser kompakt gehaltener Text enthält sowohl die Grundlagen der Regulierung als auch aktuelle Entwicklungen bis einschließlich der im zweiten Quartal 2020 verabschiedeten Regelungen. Somit haben wir den Anspruch, einen aktuellen und praxisnahen Einstieg ins Thema zu vermitteln.

Das Nebeneinander von eher breit angelegten, ins Grundsätzliche gehenden Ausführungen und einer eingehenden Befassung mit den Vorschriften zur Risikosteuerung sowie Sanierung und Abwicklung ermöglicht es dem Adressatenkreis, den Sinn und Zweck der Bankenregulierung einzuschätzen und sich mit für die praktische Detailarbeit geeigneten Darstellungen und Erklärungen vertraut zu machen. Die Hauptkapitel sind jeweils in sich abgeschlossen. Daher kann der Leser sich auch selektiv nur mit den Grundlagen oder einem der Anwendungsfelder beschäftigen.

[6]Die Autoren danken insbesondere Claudia Knapp vom Schäffer-Poeschel Verlag, Julia Rode (Deutsche Bundesbank) sowie Amelie Wulff vom Lehrstuhl für Bankwirtschaft der Universität Tübingen für die hilfreichen Kommentare und ihre Unterstützung im Rahmen der Erstellung und redaktionellen Bearbeitung des Manuskripts. Ebenfalls danken wir Nicole Kobek aus der Bankpraxis für ihre Hinweise zum Thema Liquiditätsrisiko, Eva Schäberle vom Sparkassen-Verband Baden-Württemberg für die Hinweise zu Säule 2 und Claudia Gregor-Lawrenz aus der Aufsichtspraxis für Hinweise zu den Ausführungen zum Kreditrisiko in Kapitel 3. Gerne nehmen wir seitens der Leserschaft Anregungen entgegen, die in eine mögliche Neuauflage einfließen könnten.

Im Juli 2020Dr. Patrik Buchmüller, Bonn: [email protected]. Dr. Andreas Igl, Beratzhausen: [email protected]. Dr. Werner Neus, Tübingen: [email protected]

[11]Abkürzungsverzeichnis

AEUVVertrag über die Arbeitsweise der Europäischen UnionAFSAusschuss für FinanzstabilitätAMAAdvanced Measurement Approach; fortgeschrittener MessansatzAMMAdditional Monitoring Metrics; zusätzliche Parameter für die LiquiditätsrisikoüberwachungA-SRIsAnderweitig systemrelevante InstituteAT1Additional Tier 1; zusätzliches KernkapitalBaFinBundesanstalt für FinanzdienstleistungsaufsichtBAITBankaufsichtliche Anforderungen an die ITBAKredBundesaufsichtsamt für das KreditwesenBAVBundesaufsichtsamt für das VersicherungswesenBAWeBundesaufsichtsamt für den WertpapierhandelBBankGBundesbankgesetzBCBSBasel Committee for Banking Supervision; Basler Ausschuss für BankenaufsichtBISBank for International Settlement; Bank für Internationalen ZahlungsausgleichBMFBundesministerium der FinanzenBRRDBank Recovery and Resolution Directive; Bankensanierungs- und AbwicklungsrichtlinieBSIBundesamt für Sicherheit in der InformationstechnikBSIGGesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der InformationstechnikCCFCredit Conversion Factor; KreditkonversionsfaktorCDSCredit Default Swap; KreditausfallversicherungCET1Common Equity Tier 1; hartes KernkapitalCoCosContingent Convertible Bonds; ZwangswandelanleihenCOREPCommon Reporting Framework; einheitliches bankaufsichtliches MeldewesenCRDCapital Requirements Directive; EigenkapitalrichtlinieCRRCapital Requirements Regulation; EigenkapitalverordnungCVACredit Valuation Adjustment; Anpassung der KreditbewertungDGSDDeposit Guarantee Schemes Directive; EinlagensicherungsrichtlinieDLTDistributed Ledger Technology; Distributed-Ledger-TechnologieD-SIBsDomestic Systemically Important Banks; national systemrelevante InstituteEADExposure at Default; bei Ausfall ausstehender BetragEBAEuropean Banking Authority; Europäische BankenaufsichtsbehördeECBEuropean Central Bank; Europäische Zentralbank[12]EDISEuropean Deposit Insurance Scheme; einheitliche EinlagenversicherungEFSFEuropean Financial Stability Facility; Europäische FinanzstabilisierungsfazilitätEGEuropäische GemeinschaftEinSiGEinlagensicherungsgesetzEIOPAEuropean Insurance and Occupational Pensions Authority; Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche AltersversorgungEMIREuropean Market Infrastructure Regulation; Verordnung über europäische MarktinfrastrukturenESAEuropean Supervisory Authorities; Europäische AufsichtsbehördenESFSEuropean System of Financial Supervision; Europäisches System der FinanzaufsichtESG-RisksEnvironmental, Social and Governance Risks; Risiken für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (Nachhaltigkeitsrisiken)ESMEuropean Stability Mechanism; Europäischer StabilitätsmechanismusESMAEuropean Securities and Markets Authority; Europäische Wertpapier- und MarktaufsichtsbehördeESRBEuropean Systemic Risk Board; Europäischer Ausschuss für SystemrisikenEUEuropäische UnionEZBEuropäische ZentralbankFinDAGFinanzdienstleistungsaufsichtsgesetzFINREPConsolidated Financial Reporting; FinanzberichterstattungFinStabGFinanzstabilitätsgesetzFMIFinancial Market Infrastructure; FinanzmarktinfrastrukturFMSsiehe SoFFinFMSABundesanstalt für FinanzmarktstabilisierungFMS-WMFMS-WertmanagementFOLTFFailing or likely to fail; ausfallend oder wahrscheinlich ausfallendFRTBFundamental Review of the Trading Book; grundlegende Überprüfung des HandelsbuchsFSBFinancial Stability Board; FinanzstabilitätsratFSFFinancial Stability Forum; FinanzstabilitätsforumGHOSGroup of Governors and Heads of Supervision; Gruppe der Notenbankenpräsidenten und Leiter der AufsichtsbehördenG-SIBsGlobal Systemically Important Banks; global systemrelevante Institute; synonym zu Global Systemically Important Institutions (G-SII)[13]ICAAPInternal Capital Adequacy Assessment Process; internes Verfahren zur Überprüfung der Angemessenheit der KapitalausstattungICTInformation and Communication Technology; Informations- und KommunikationstechnologieIKTsiehe ICTILAAPInternal Liquidity Adequacy Assessment Process; interner Prozess zur Sicherstellung einer angemessenen LiquiditätsausstattungInsOInsolvenzordnungInstitutsVergVInstitutsvergütungsverordnungIRBAInternal Ratings-Based Approach; auf internen Beurteilungen basierender AnsatzIRRBBInterest Rate Risk in the Banking Book; Zinsänderungsrisiko im AnlagebuchIRTInternal Resolution Team; internes AbwicklungsteamITSImplementing Technical Standards; technische DurchführungsstandardsJSTJoint Supervisory Team; gemeinsames AufsichtsteamKritiskritische InfrastrukturenKSAKreditrisikostandardansatzKWGKreditwesengesetzLCRLiquidity Coverage Ratio; MindestliquiditätsquoteLGDLoss Given Default; Verlustquote bei AusfallLRLeverage Ratio; VerschuldungsquoteLSILess Significant Institutions; weniger bedeutende InstituteMaHMindestanforderungen an das Betreiben von HandelsgeschäftenMaIRMindestanforderungen an die Interne RevisionMaKMindestanforderungen an das KreditgeschäftMARMarket Abuse Regulation; MarktmissbrauchsverordnungMaRiskMindestanforderung an das RisikomanagementMaSanMindestanforderungen an die Ausgestaltung von SanierungsplänenMaSanVSanierungsplanmindestanforderungsverordnungMiFiRMarkets in Financial Instruments Regulation; FinanzmarktverordnungM-MDAMREL Maximum Distributable Amount; Ausschüttungsbeschränkungen bei Nichteinhaltung der MRELMPE-AnsatzMultiple-Point-of-Entry-AnsatzMRELMinimum Requirements for Own Funds and Eligible Liabilities; Mindestanforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige VerbindlichkeitenNCANational Competent Authority; nationale AufsichtsbehördeNCWONo Creditor Worse Off[14]NGFSNetwork for Greening the Financial SystemNPLNon-Performing Loans; notleidende RisikopositionenNRANational Resolution Authority; nationale AbwicklungsbehördeNSFRNet Stable Funding Ratio; strukturelle LiquiditätsquoteOECDOrganisation for Economic Co-operation and Development; Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und EntwicklungOpRiskoperationelles RisikoOTCOver the Counter; nicht börsennotiert (wörtlich: über den Tresen)P2GPillar 2-Guidance; Säule-2-EmpfehlungP2RPillar 2-Requirement; Säule-2-AnforderungPDProbability of Default; AusfallwahrscheinlichkeitPIAPublic Interest Assessment; Bewertung des öffentlichen InteressesPrüfbVVerordnung über die Prüfung der Jahresabschlüsse der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute sowie über die darüber zu erstellenden BerichtePSD IIPayment Service Directive II; Zweite ZahlungsdiensterichtliniePSIPotenziell systemgefährdendes InstitutQ&AQuestions and Answers; Fragen und AntwortenRoRaCReturn on Risk-adjusted CapitalRStruktFGRestrukturierungsfondsgesetzRTFRisikotragfähigkeitRTSRegulatory Technical Standards; technische RegulierungsstandardsRWARisk Weighted Assets; risikogewichtete AktivaSAGSanierungs- und AbwicklungsgesetzSISignificant Institutions; bedeutende BankenSMAStandardised Measurement ApproachSoFFinSondervermögen FinanzmarktstabilisierungsfondsSolvVSolvabilitätsverordnungSPE-AnsatzSingle-Point-of-Entry-AnsatzSRBSingle Resolution Board; einheitlicher AbwicklungsausschussSREPSupervisory Review and Evaluation Process; aufsichtlicher Überprüfungs- und BewertungsprozessSRFSingle Resolution Fund; einheitlicher BankenabwicklungsfondsSRMSingle Resolution Mechanism, einheitlicher AbwicklungsmechanismusSSMSingle Supervisory Mechanism; einheitlicher AufsichtsmechanismusSTAStandardansatzSVRSachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen EntwicklungT2Tier 2 Capital; ErgänzungskapitalTBTFtoo big to fail[15]TEGTechnical Expert Group on Sustainable FinanceTLACTotal Loss Absorbing Capacity; GesamtverlustabsorptionsfähigkeitTRIMTargeted Review of Internal Models; gezielte Überprüfung interner Modelle durch die EZBVaRValue-at-RiskVOVerordnungZAGZahlungsdiensteaufsichtsgesetz

[17]1Einführung

Die Auseinandersetzung mit dem Thema Bankenregulierung erfordert Kenntnisse zu den rechtlichen Vorschriften und ein Verständnis der hinter den zu regulierenden Aktivitäten stehenden ökonomischen Prozesse. Regulierende Instanzen (also internationale Gremien, europäische und nationale Gesetzgeber) müssen berücksichtigen, dass mit der Formulierung von Vorschriften, Verboten und Empfehlungen kein Problem abschließend gelöst ist, sondern dass die zu regulierenden Einheiten (also Finanzunternehmen) ihrerseits in einer individuell optimalen Weise darauf reagieren. Aufgrund dieses elementaren Zusammenhangs handelt es sich bei der Bankenregulierung und -aufsicht um eine komplexe strategische Interaktion zwischen den genannten Parteien. Zur Ausfüllung dieses Spannungsbogens befassen wir uns in Kapitel 1 zunächst mit eher konzeptionellen Fragen, um das Phänomen der Bankenregulierung in einen größeren Zusammenhang einzubetten. Anschließend erörtern wir in zwei weiteren Kapiteln detailliert die wichtigsten Teilgebiete der Bankenregulierung.

In Kapitel 2 stellen wir Grundlagen der Bankenregulierung vor. Das Kapitel enthält einen Einblick in die Entwicklung der Bankenregulierung, befasst sich mit Zielen und Aufgaben der Bankenaufsicht und präsentiert die Institutionen der Bankenregulierung auf internationaler und nationaler Ebene. In Bezug auf die wichtigsten Regelungsbereiche – dazu gehören die Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften, das Gebiet der Bewältigung von Bankenkrisen sowie die direkten Eingriffe in die Geschäftsführung von Banken – erklären wir die Notwendigkeit der Regulierung und deren innere Logik. Die Ausführungen zielen nicht primär auf die Vorstellung der Regelungen im Detail, sondern fokussieren mehr die dahinterstehende ökonomische Logik. Die nachfolgenden Kapitel haben demgegenüber einen völlig anderen Charakter. Die beiden wohl wichtigsten Bereiche der Bankenaufsicht, nämlich die Vorschriften zur Risikosteuerung im weiteren Sinn sowie die Regelungen zu Sanierung und Abwicklung stellen wir im Einzelnen vor.

Zunächst geht es in Kapitel 3 um Vorgaben zur Risikosteuerung. Dies beinhaltet sowohl die Vorgaben zur Eigenkapitalausstattung und Liquidität als auch die besonderen bankaufsichtlichen Vorgaben zur Offenlegung und zum Meldewesen. Auch auf die makroprudenzielle Aufsicht mit Möglichkeiten von Kapitalzuschlägen und weiteren Maßnahmen zur Bekämpfung von Überhitzungstendenzen auf den Finanzmärkten wird eingegangen, ebenso auf die Großkreditvorgaben als Sondervorschrift zur Begrenzung von Konzentrationsrisiken. Zudem werden in diesem Kapitel neuere Regelungsinstrumente wie die Verschuldungsquote (Leverage Ratio) und die Anforderungen an die Steuerung von Risiken aus der Informationstechnologie sowie die sogenannten Nachhaltigkeitsrisiken erläutert. Generell sind die Vorgaben zur Risikosteuerung aktuell ein »Moving Target« [18]vor dem Hintergrund der noch ausstehenden Umsetzung internationaler bankaufsichtsrechtlicher Rahmenwerke (Stichwort »Basel III«) und anderer aktuell intensiv diskutierter Neuerungen auf EU-Ebene. Aus diesem Grund besitzt dieses Kapitel zum Teil auch einen Handbuchcharakter zum Einstieg in die voraussichtlich Ende 2020 und im Jahr 2021 erscheinenden Regelungsentwürfe.

In Kapitel 4 folgt die eingehende Darstellung zum Gebiet von Sanierung und Abwicklung. Zunächst werden die Institutszustände »Sanierung« und »Abwicklung« vom normalen Geschäftszustand einer Bank abgegrenzt. Darauf aufbauend erfolgt eine Darstellung der wesentlichen rechtlichen Rahmenbedingungen zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten. In Abschnitt 4.3 schließt sich eine Beschreibung der zuständigen Aufsichts- und Abwicklungsbehörden samt ihren Aufgaben und Zuständigkeiten an. Auf dieser Grundlage befasst sich Abschnitt 4.4 mit der Sanierung von Kreditinstituten sowie dem damit einhergehenden Sanierungsplan. Neben der Vorstellung einzelner Komponenten wird auch die aufsichtliche Prüfung der Dokumente sowie deren Integration in das Risikomanagement beschrieben. Abschnitt 4.5 behandelt die Abwicklung von Kreditinstituten. Nach einer Darstellung der Abwicklungsziele und -voraussetzungen stellt dieses Buch die Tätigkeiten im Rahmen der Abwicklungsplanung sowie die daraus resultierende Abwicklungsstrategie vor. Die Anwendung verschiedener Instrumente der Abwicklungsbehörde wird grundlegend eingeführt.

[19]2Grundlagen der Bankenregulierung

2.1Entwicklung der Bankenregulierung

Unzweifelhaft gehören Bankgeschäfte heute zu den am stärksten regulierten Geschäftsbereichen. Das war nicht immer so. Laut Stützel (1964, Tz. 3) war in der Mitte des 19. Jahrhunderts zwar (unter anderem) der Betrieb eines Theaters Gegenstand einer besonderen gewerbepolizeilichen Kontrolle, keineswegs aber das Betreiben von Bankgeschäften, für das eine uneingeschränkte Gewerbefreiheit galt. Stabile wirtschaftliche Verhältnisse waren in vordemokratischen Zeiten offenbar weniger wichtig als die Möglichkeit zur Zensur missliebiger Meinungsäußerungen, wie man sie offenbar in einem Theater befürchten musste.

Der Weg von der vollständigen Gewerbefreiheit bis zur heutigen Dichte an regulativen Vorschriften vollzog sich im Zeitablauf keineswegs gleichmäßig. Vielmehr waren es häufig konkrete Krisen, die jeweils einen deutlichen Schub in Richtung mehr Bankenregulierung nach sich zogen. Zuletzt waren die umfassende Globalisierung sowie die europäische Integration Auslöser eines weiteren Bedarfs an bankaufsichtlichen Regelungen.

Das erste für Deutschland einigermaßen umfassende Aufsichtsrecht entstand nach der Bankenkrise 1931. Die wirtschaftliche Stabilität war angesichts der deutschen Hyperinflation 1923 und des New Yorker Börsencrashs 1929 ohnehin angeschlagen, nun führte die unangemessene Relation von verfügbarem Eigenkapital und eingegangenen (Groß-) Kreditpositionen im Juli 1931 zur Pleite der Danat-Bank und in der Folge zu einem Run auf andere Banken (Schütte 2019). Zunächst in Form einer Notverordnung, dann 1934 durch das Kreditwesengesetz (KWG) wurden alle Unternehmen, die das Bank- oder Sparkassengeschäft betrieben, einer Aufsicht unterworfen. Im Gegensatz zur heutigen Dichte an bindenden, quantitativen Vorschriften ermächtigte seinerzeit das KWG die aufsichtführenden Instanzen zur Ausfüllung erheblicher Spielräume, welche die Aufsicht allerdings keineswegs durchgängig ausschöpfte. Insbesondere wurde von der Ermächtigung zur Beschränkung des Verschuldungsgrades nach § 11 Abs. 1 KWG-1934 nie Gebrauch gemacht (Deutsche Bundesbank 1962, S. 3).

In der Nachkriegszeit gab es zahlreiche Reforminitiativen, die aber erst mit der umfassenden Neuformulierung des KWG im Jahr 1961 zu einem vorläufigen Abschluss kamen. Mit der Einführung des KWG ging das Inkrafttreten von Grundsätzen des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen (BAKred) über das Eigenkapital und die Liquidität (Deutsche Bundesbank 1962) einher. Die quantitative Risikobegrenzung bestand in der Beschränkung des Kreditvolumens auf das 18-Fache des haftenden Eigenkapitals. Die [20]in den damaligen Grundsätzen fixierten Anforderungen muten nach heutigen Maßstäben insbesondere deshalb etwas holzschnittartig an, weil die Risiko- und Eigenkapitalmessung unmittelbar am handelsrechtlichen Jahresabschluss ansetzte. Gleichwohl ist es eine Anmerkung wert, dass in Deutschland bereits 50 Jahre vor einer europaweiten Regelung verbindliche Liquiditätsregeln in Kraft gesetzt wurden (vgl. Abschnitt 2.4.1.3).

Einen deutlichen Schub erhielt die Bankenregulierung durch die Herstatt-Pleite im Jahr 1974. Das private Kölner Bankhaus hatte sich in dramatischem Umfang mit Devisentermingeschäften verspekuliert. Die Abwicklung der Krise legte mindestens drei Schwächen des Bankensystems offen:

Ungeachtet der geltenden Grundsätze des BAKred reichte das haftende Eigenkapital der Herstatt-Bank offenbar nicht aus, um die Verluste aus den Devisengeschäften aufzufangen. Ursächlich dafür war, dass Risiken aus Handelsgeschäften nicht der Eigenmittelregulierung unterworfen waren, sodass Preisrisiken im Allgemeinen und vorliegend Wechselkursrisiken im Besonderen nicht begrenzt waren und folglich nicht aufgefangen werden konnten.Zwar gab es bereits seit 1966 den Gemeinschaftsfonds des privaten Bankgewerbes (den sogenannten Feuerwehrfonds, Kaserer 2000, S. 172), der Verluste auf Einlagen von Privatpersonen ausgleichen sollte; die Dotierung dieses Fonds war aber allzu spärlich bemessen. Daher war es nur zu verständlich, dass die Herstatt-Pleite einen veritablen Bank-Run auslöste.Die Abwicklung der Herstatt-Bank hatte auch erhebliche grenzüberschreitende Implikationen. Zum einen waren US-amerikanische Banken, die ihre Leistungen aus den Termingeschäften bereits erbracht hatten, von den allfälligen Gegenleistungen abgeschnitten (Der Spiegel 1975c, S. 67), sodass es bei diesen Banken zu Ausfällen kam. Zum anderen entstanden in den USA Rechtsstreitigkeiten um den Zugriff auf einschlägige Aktiva der Chase-Manhattan Bank, der amerikanischen Korrespondenzbank von Herstatt. Strittig war u. a., ob insolvenzrechtliche Privilegien für »Banking Corporations« angesichts der Herstatt-Rechtsform einer Kommanditgesellschaft auf Aktien anzuwenden waren (Becker 1976, S. 1293).

Auch wenn einige Autoren die Systemrelevanz des Herstatt-Falls bezweifeln (vgl. Kaserer 2000, S. 181 ff.), so war er doch Auslöser für weitreichende Regulierungsinitiativen. Dies betraf zunächst die Begrenzung von Marktrisiken. Die Einbeziehung von Wechselkursrisiken erfolgte fast unmittelbar; bereits am 30.08.1974 trat die Neufassung von Grundsatz Ia des BAKred in Kraft, demzufolge nun offene Devisenpositionen 30 % des haftenden Eigenkapitals nicht überschreiten durften. Mit Blick auf die Einlagensicherung hatte die Bundesregierung schon 1968 die Einführung eines für alle Banken verbindlichen Einlagensicherungsfonds gefordert (Bundesregierung 1968, S. 143), allerdings nur mit einer Absicherung in Höhe von bis zu 10.000 DM (Bundesregierung 1968, S. 144) – was [21]in der Hauptsache den Leistungen des bereits existierenden Feuerwehrfonds entsprach. Im Nachgang der Herstatt-Krise folgten die privaten Banken dem politischen Druck und errichteten den Einlagensicherungsfonds des privaten Bankgewerbes mit dem unglaublich klingenden Versprechen, jedem Gläubiger Einlagen in Höhe von bis zu 30 % des haftenden Eigenkapitals des jeweiligen Instituts zu ersetzen, freilich ohne einklagbaren Rechtsanspruch (Luz et al. 2020a,§ 23a KWG, Tz. 25). Eine flächendeckende gesetzliche Einlagensicherung wurde hingegen erst 1998 durch die Umsetzung der Einlagensicherungsrichtlinie 19941 auf europäischer Ebene geschaffen. Von weniger einschneidender Bedeutung war die Gründung der Liquiditätskonsortialbank, welche solchen Instituten, die trotz guter Bonität in Liquiditätsengpässe gerieten, Überbrückungskredite zur Verfügung stellen sollte.2 Schließlich lieferte die Herstatt-Krise den Anstoß zur Gründung des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht (Basel Committee for Banking Supervision, BCBS) mit dem Ziel der Stärkung der internationalen Finanzstabilität. Im Mittelpunkt des Basler Konkordats von 1975 (BCBS 1975) stand insbesondere die Kooperation der nationalen Aufsichtsbehörden.

Der BCBS zeichnet sich seither durch einen stetigen Ausstoß an Regulierungsinitiativen aus,3 wobei die Anzahl der veröffentlichten Papiere pro Jahr ziemlich kontinuierlich zunimmt (Luz et al. 2020a, Einführung, Tz. 167). In der Phase nach der Herstatt-Pleite verlief die Fortentwicklung der Bankenregulierung viele Jahre lang in einigermaßen geordneten Bahnen. Die Globalisierung und noch konkreter die Europäisierung ließen die Bedeutung eines einheitlichen Spielfelds (eines »Level Playing Field«) für Bankgeschäfte zunehmen. Meilensteine aus dieser Phase sind die Basler Empfehlungen zur Eigenkapitalausstattung aus den Jahren 1988 (»Basel I«) bzw. 2004 (»Basel II«) sowie deren Umsetzung durch Europäische Richtlinien und die nationale Gesetzgebung.

Der externe Schock der Bankenkrise 2007/08 und die nachfolgende Rezession veranlassten einen weiteren Schub für die Bankenregulierung. Auslöser für die Bankenkrise war bekanntlich der US-amerikanische Immobilienmarkt. In diesem durch anhaltend niedrige Zinssätze sowie anhaltend starke Preissteigerungen gekennzeichneten Markt hatten Banken die Vergabestandards für Hypothekenkredite immer weiter abgesenkt. Über komplexe Verbriefungstransaktionen, in die überwiegend andere Finanzunternehmen investierten, verbreiteten sich nach dem Platzen der Immobilienblase und dem gleichzeitigen Anstieg der Zinssätze die Ausfälle über die internationalen Bankenmärkte. Angesichts der Intransparenz der mit den gehandelten Instrumenten verbun[22]denen Risiken schwand das Vertrauen der Marktteilnehmer und damit die Liquidität auf dem Interbankenmarkt. Mangelnde Liquidität und unzureichende Eigenkapitalpuffer führten schließlich zu zahlreichen Bankenschieflagen. Die Sorge um eine noch weiter gehende Ausbreitung der Krise nötigte in vielen Staaten die Regierung dazu, Maßnahmen zur Rettung systemrelevanter Banken zu ergreifen.

Die Vielfalt der aufgedeckten Defizite im Regulierungssystem sowie das Ausmaß der dadurch ausgelösten Krise veranlassten die mit der Regulierung befassten Instanzen zu einer umfassenden Überarbeitung und Ergänzung bankaufsichtlicher Normen. Die Umsetzung der dabei aufgegriffenen Aspekte ist bis heute noch nicht abgeschlossen. Zudem wurden angesichts der Corona-Krise einige Anforderungen aufgeweicht und für andere die Fristen für die Umsetzung und Anwendung zeitlich verschoben (Handelsblatt 2020a).4 So ist nicht auszuschließen, dass erhoffte Beiträge zu Lösung der einen Krise die Wahrscheinlichkeit für das Entstehen einer anderen Krise befördern.

2.2Ziele und Aufgaben der Bankenaufsicht

Bekanntlich erleichtert der Blick in das Gesetz die Rechtsfindung. Tatsächlich enthalten die verschiedenen gesetzlichen Vorschriften direkte Hinweise auf die von den Aufsichtsinstanzen zu verfolgenden Ziele. Bereits durch das KWG-1934 wurde dem Aufsichtsamt für das Kreditwesen die Aufgabe zugewiesen, »für die Beachtung allgemeinwirtschaftlicher Gesichtspunkte in der allgemeinen Kredit- und Bankpolitik und für die Beseitigung im Kreditwesen auftretender Missstände zu sorgen« (§ 32 Abs. 1 Satz 1 KWG-1934). Nach einer Neuordnung der bankaufsichtlichen Kompetenzen im Deutschen Reich kam dem nunmehr zuständigen Reichswirtschaftsminister die Aufgabe zu, »für die Beachtung allgemeinwirtschaftlicher Gesichtspunkte in der allgemeinen Kredit- und Bankpolitik und die Anpassung der Geschäfte der Kreditinstitute an die Bedürfnisse der Gesamtwirtschaft zu sorgen« (§ 30 Abs. 1 KWG-1939). Die Beseitigung von Missständen im Kreditwesen war demgegenüber offenbar nur noch nachrangiger Natur. Es ist ersichtlich, dass sich einzelwirtschaftliche Interessen der Kriegswirtschaft unterzuordnen hatten. Die im ersten Nachkriegs-KWG enthaltene Formulierung von Zielen der Aufsicht gilt in der Hauptsache bis heute und wurde seither lediglich redaktionell angepasst: »Das Bundesaufsichtsamt hat Missständen im Kreditwesen entgegenzuwirken, die die Sicherheit der den Kreditinstituten anvertrauten Vermögenswerte gefährden, die ordnungsmäßige Durchführung der Bankgeschäfte beeinträchtigen oder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft herbeiführen können« (§ 6 Abs. 2 KWG-1961). Im Jahr 2010 wurde [23]diese Aufgabe nach Umsetzung der geänderten Banken- und Kapitaladäquanzrichtlinie5 ergänzt um die Einbeziehung der »möglichen Auswirkungen ihrer Entscheidungen auf die Stabilität des Finanzsystems in den jeweils betroffenen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums« (§ 6 Abs. 4 KWG).

Im Zuge der Schaffung einer Europäischen Bankenunion gewinnt naturgemäß auch die europäische Dimension an Bedeutung. An vorderster Stelle der Aufgaben steht dabei die »Verbesserung des Funktionierens des Binnenmarkts, insbesondere mittels einer soliden, wirksamen und kohärenten Regulierung und Überwachung« (Art. 1 Abs. 5 Buchst. a) EBA-VO6).

Eine gewisse Aufmerksamkeit hat immer wieder die Frage auf sich gezogen, welche und wessen Interessen durch die Aufsicht geschützt werden. Nach einigem Hin und Her in Gesetzgebung und Rechtsprechung findet sich seit der Gründung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin, siehe dazu Abschnitt 2.3.3.1) im Jahr 2002 ein entsprechender Passus im FinDAG: »Die Bundesanstalt nimmt ihre Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahr« (§ 4 Abs. 4 FinDAG – Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz). Damit ist abschließend klargestellt, dass die Aufgabe der Aufsicht nicht in einem unmittelbaren Einlegerschutz besteht, wie er beispielsweise durch das Einlagensicherungsgesetz bewirkt wird, sondern in einem Schutz der Funktionen des Bankensystems.

Durch das Kleinanlegerschutzgesetz vom 03.07.2015 wird die BaFin ausdrücklich auch auf den Schutz der kollektiven Verbraucherinteressen verpflichtet (§ 4 Abs. 1a Satz 1 KWG). Demnach ist ein erheblicher, dauerhafter oder wiederholter Verstoß gegen die Interessen von Verbrauchern schlechthin (nicht aber nur eines einzelnen Verbrauchers) ein Missstand, dem die BaFin abzuhelfen hat.

Zusammenfassend hat die Aufsicht eine mehrfache Schutzaufgabe: Es geht um den Anlegerschutz (was einen allgemeineren Verbraucherschutz einschließt), um den Schutz der Aufgaben von Finanzmärkten und um den Schutz des Finanzsystems (Neus/Riepe 2020, Tz. 22 ff.)

[24]2.3Institutionen der Bankenregulierung

Nachstehend geben wir einen Überblick über die wichtigsten an der Bankenregulierung und -aufsicht beteiligten Institutionen. Dabei kommen wir vom Allgemeinen zum Besonderen und betrachten zunächst die supranationale, dann die europäische und schließlich die nationale Ebene.

2.3.1Supranationale Ebene

2.3.1.1Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS)

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (Bank for International Settlement, BIS) wurde 1930 gegründet und wird bisweilen auch als Zentralbank der Zentralbanken bezeichnet. Die BIS hat ihren Sitz in Basel und steht im Eigentum von 62 Zentralbanken, deren Länder einen Anteil von 95 % des Welt-Bruttoinlandsprodukts auf sich vereinen.

Die BIS unterstützt die Zentralbanken und finanzwirtschaftlichen Regulierungsinstitutionen und fördert deren internationale Zusammenarbeit und deren Bemühen um Finanzstabilität. Für die operative Bearbeitung ihrer Aufgaben verfügt die BIS über sechs operative Komitees, darunter den BCBS (Abschnitt 2.3.1.2). Zugleich beherbergt die BIS die Verwaltungen dreier weiterer Vereinigungen, darunter den Finanzstabilitätsrat (Financial Stability Board, FSB; vgl. Abschnitt 2.3.1.3).

Im Zuge des sogenannten Basel-Prozesses finden regelmäßige Treffen der beteiligten Zentralbanken sowie der betreffenden Aufsichtsinstanzen statt. Somit schafft die BIS ein Diskussionsforum und eine Plattform zur Unterstützung der internationalen Vereinigungen zur Förderung der Finanzstabilität. Speziell mit Fragen der Bankenaufsicht befasst sich die Gruppe der Notenbankpräsidenten und Leiter der Aufsichtsbehörden (Group of Governors and Heads of Supervision, GHOS). Diese Gruppe trifft die Entscheidungen über die Konzeption der globalen Bankenregulierung und überwacht die Tätigkeit des BCBS. Auch wenn diese Gruppe formal nicht über eine unmittelbare Gesetzgebungskompetenz verfügt, bewirkt die hochkarätige Zusammensetzung der Beratungsinstanzen, dass die Basler Empfehlungen weitgehend in geltendes Recht überführt werden.

2.3.1.2Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS)

Der BCBS wurde 1974 von den Zentralbankpräsidenten der zehn wichtigsten Industriestaaten gegründet. Einer der Anlässe war die in Abschnitt 2.1 beschriebene Herstatt- [25]Pleite. Gegenstand der Beaufsichtigung sollten laut dem sogenannten Basler Konkordat (BCBS 1975) primär grenzüberschreitende Bankaktivitäten und hier vor allem Liquidität, Solvenz und Fremdwährungspositionen sein. Die somit gelegte Basis wurde nach und nach weiterentwickelt und mündete in die Formulierung von Grundsätzen für eine wirksame Bankenaufsicht (BCBS 2012).

Laut eigener Charta ist der BCBS ungeachtet seiner mangelnden Gesetzgebungskompetenz »die weltweit wichtigste normgebende Instanz für die Bankenregulierung und dient als Forum für die Zusammenarbeit in Fragen der Bankenaufsicht« (BCBS 2013, Tz. 1). Auf der Basis von einstimmigen Beschlüssen formuliert der BCBS Standards, Richtlinien (Guidelines) und Praxisempfehlungen (Sound Practices). Der BCBS erwartet von seinen Mitgliedern die vollständige, fristgerechte Umsetzung der Standards im Sinne von Mindestanforderungen. Die Richtlinien dienen der näheren Ausführung, insbesondere für internationale Banken. Die Praxisempfehlungen sollen ein Einvernehmen über die Best Practice herstellen.

Im Mittelpunkt der Basler Empfehlungen steht die Sicherstellung einer hinreichenden Eigenkapitalbasis, weil Haftung (also die Übernahme wirtschaftlicher Handlungsfolgen) die beste Gewähr für eine verantwortliche Geschäftsführung darstellt. Die Meilensteine für die Eigenkapitalregulierung setzte der Basler Akkord (BCBS 1988), später als »Basel I« bezeichnet, dem »Basel II« (BCBS 2004, 2006) und »Basel III« (BCBS 2010, 2011, 2017) folgten. In der Zwischenzeit entstanden immer wieder feiner ausgestaltete und den Gesamtrahmen vervollständigende Papiere. Jüngst hat der Basler Ausschuss seine Empfehlungen zu einem umfassenden Rahmenwerk zusammengefasst, das inklusive der Anhänge einen Umfang von 1.626 Seiten aufweist (BCBS 2020). Der folgende Überblick über Basel I‒III skizziert die Entwicklung wichtiger Regulierungsbereiche. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Entwicklung der zentralen Basel-Papiere.

ZeitpunktMaßnahmenJuli 1988Basel I 8 % Mindesteigenkapitalquote für Adressenausfallrisiken 1996 ergänzt um Eigenkapitalanforderungen für MarktrisikenJuni 2004 (umfassend 2006)Basel II Einführung eines Drei-Säulen-Ansatzes Säule 1: Kapitalunterlegung von Kredit-, Markt- und operationellen Risiken; Einführung von auf internen Modellen basierenden Ansätzen Säule 2: Grundprinzipien für die qualitative Bankenaufsicht (aufsichtlicher Überprüfungsprozess) und das Risikomanagement Säule 3: Offenlegungspflichten zur Stärkung der Marktdisziplin[26]Juli 2009 (aktualisiert 2010 und 2011)Basel 2.5Erste kurzfristige Maßnahmen als Reaktion auf die Finanzkrise; Weiterentwicklung von Basel II Höhere Eigenkapitalanforderungen für Verbriefungen und Marktrisiken Höhere Anforderungen an das Risikomanagement und die OffenlegungDezember 2010 (überarbeitet Juni 2011)Basel IIIWeitergehende Maßnahmen als Reaktion auf die Finanzkrise Strengere Kapitalanforderungen plus Kapitalpuffer Überarbeitung der Eigenkapitaldefinition Verschuldungsquote LiquiditätsanforderungenDezember 2017Finalisierung von Basel IIIÜberarbeitung der Regelungen zur Bestimmung der Eigenkapitalunterlegung von Kreditrisiken,operationellen Risiken undMarktrisikenAnpassung der Eigenmitteluntergrenze (Output-Floor) Zuschlag bei der Verschuldungsquote für global systemrelevante Banken

Tab. 1: Chronologie der BCBS-Empfehlungen (nach Deutsche Bundesbank 2018a, S. 79)

2.3.1.3Finanzstabilitätsrat (FSB)

Die Gründung des FSB geht zurück auf einen Beschluss des G-20-Gipfels 2009 in Pittsburg. Der FSB führt damit in intensiverer und institutionalisierter Form die Vorarbeiten des Finanzstabilitätsforums (Financial Stability Forum, FSF) fort. Zwar ist der FSB nicht wie der BCBS ein Komitee der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (Bank for International Settlements, BIS), gleichwohl ist das Sekretariat des FSB bei der BIS in Basel angesiedelt.

Die zentralen Aufgaben des FSB bestehen in der Bewertung von Schwachstellen im globalen Finanzsystem sowie in der Koordination nationaler und internationaler Behörden bei der Implementierung regulatorischer und aufsichtlicher Maßnahmen im Sinne der Finanzstabilität. Der Verweis auf die globale Finanzstabilität macht deutlich, dass sich die Empfehlungen des FSB vor allem auf die global systemrelevanten Institute und deren Beaufsichtigung beziehen. Von der Formulierung solcher Empfehlungen sind letztlich aber auch die kleineren Banken mehr oder minder stark betroffen.

[27]Die Arbeit des FSB zielt auf verschiedene Politikbereiche, nämlich auf die makroökonomische Politik und Datentransparenz, die Finanzregulierung und -überwachung sowie die institutionelle und Marktinfrastruktur. Die für diese Politikfelder entwickelten Standards und Prinzipien hat der FSB in den »Key Standards for Sound Financial Systems« zusammengefasst.7

Eine besondere Aufmerksamkeit hat der FSB von Beginn an der Frage gewidmet, wie das Too-big-to-Fail-(TBTF-)Problem gemildert werden kann (vgl. FSB 2010, 2013a, 2014). Eine Bank ist too big to fail, wenn ihre Abwicklung einen so großen volkswirtschaftlichen Schaden auslöst, dass der Staat es sich nicht leisten kann, auf eine Unterstützung auch unter Einbeziehung öffentlicher Mittel zu verzichten. Eine zentrale Voraussetzung für die Auflösung des TBTF ist, dass die Abwicklung einer maroden Bank eine tatsächliche Option darstellt. Dafür wiederum ist es erforderlich, dass Banken über ein hinreichendes Potenzial zur Verlustabsorption verfügen. Aus diesem Grund haben die beiden Papiere zur Total Loss-Absorbing Capacity (TLAC) eine besondere Prominenz erhalten (FSB 2015, 2019b).

Tatsächlich äußert sich der FSB aber zu allen aktuellen Themenbereichen, die einen Bezug zur Finanzstabilität aufweisen können, beispielsweise zu Vergütungspraktiken (FSB 2009, 2018a), zur Offenlegung hinsichtlich der finanziellen Nachhaltigkeit (FSB 2016) oder zu verschiedenen FinTech-Aspekten (FSB 2017, 2018b, 2019a).

2.3.2Europäische Ebene

2.3.2.1Gesetzgebung

Die Europäische Union ist maßgeblich am Zustandekommen der bankaufsichtlichen Regelungen beteiligt. Im Zusammenspiel zwischen Europäischer Kommission, Europäischem Parlament und Rat der Europäischen Union werden Richtlinien und Verordnungen als Basis für nationale Regelungen erlassen. Standards und Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (siehe Abschnitt 2.3.2.3) dienen der Ergänzung, Auslegung und Präzisierung.

In weiten Teilen folgt die Europäische Gesetzgebung den Basler Empfehlungen, was eine im Zeitablauf zunehmende Regelungsdichte impliziert (für einen Überblick über wesentliche Entwicklungen siehe Abschnitt 2.3.1.2). Für wichtige Regelungsbereiche werden [28]im Folgenden die Rechtsquellen genannt, eine Darstellung wichtiger Einzelregelungen erfolgt in den nachfolgenden Abschnitten dieses Buches.

Regelungen über die Aufnahme und Ausübung des Bankgeschäfts fanden sich lange Zeit in den verschiedenen Fassungen der Bankenrichtlinie8. Beginnend mit der Umsetzung der Basel-III-Empfehlungen wurde dieser Regelungsbereich aber in die neueren Fassungen der Kapitaladäquanzrichtlinie (Capital Requirements Directive, CRD)9 einbezogen.

Auch auf europäischer Ebene nimmt die Eigenkapitalausstattung eine zentrale Stellung ein. Den verschiedenen Fassungen der Kapitaladäquanzrichtlinie wurde jüngst eine parallele Verordnung zur Seite gestellt, die Capital Requirements Regulation (CRR)10.

Spätestens seit der Bankenkrise gehört es zu den ausdrücklichen Zielen der Bankenregulierung zu gewährleisten, dass die Abwicklung von Banken eine reale Option bleibt. Aufgrund der Komplexität und der Eilbedürftigkeit dieser Aufgabe reichen normale insolvenzrechtliche Regelungen dafür nicht aus. Folglich macht auch der Komplex von Sanierung und Abwicklung ein besonders wichtiges Gebiet der Bankenregulierung aus. Die Bankensanierungs- und -abwicklungsrichtlinie (Bank Recovery and Resolution Directive, BRRD)11 setzt hierfür den Rahmen.

Neben der durch die Eigenkapitalvorschriften induzierten Haftung schafft auch die Einlagensicherung ein das Bankgeschäft stabilisierendes Vertrauenspotenzial. Die Einlagensicherungsrichtlinie (Deposit Guarantee Schemes Directive, DGSD)12 gibt die Regelungen dafür vor.

Mit Blick auf das Zusammenwachsen eines einheitlichen Bankenmarktes hat schließlich auch die Europäische Bankenunion eine sehr große Bedeutung (siehe ausführlicher Abschnitt 2.3.2.6). Die zentralen Regelungen finden sich in den Verordnungen über einen einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism, SSM)13 und über einen einheitlichen Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism, SRM)14.

Bereits dieser sehr knappe Anriss wichtiger Regelungsbereiche, in denen die Europäische Union tätig geworden ist, zeigt eine deutliche Entwicklungstendenz. Die Vorschriften umfassen offenbar nebeneinander Richtlinien und Verordnungen. Während die [29]Richtlinien aber noch durch die jeweiligen Gesetzgeber in nationales Recht überführt werden müssen, wie es in Deutschland beispielsweise durch das CRD-IV-Umsetzungsgesetz vom 28.08.2013 oder das BRRD-Umsetzungsgesetz vom 10.12.2014 geschehen ist, handelt es sich bei den Europäischen Verordnungen um unmittelbar geltendes Recht.

Die Tendenz zu diesem stärkeren regulativen Durchgriff lässt sich neben den bereits genannten Verordnungen CRR, SSM-VO und SRM-VO (sowie den jeweils nachgelagerten Durchführungsverordnungen) durch eine Reihe weiterer Verordnungen belegen, die von erheblicher Bedeutung für das Bankgeschäft sind. Dazu gehört beispielsweise die Verbriefungsverordnung15, die u. a. das Ziel hatte, den nach der Bankenkrise stark eingebrochenen Markt für Verbriefungen wiederzubeleben, zugleich aber den Missständen vorzubeugen, die zur Bankenkrise geführt hatten. Von Bedeutung für das Bankgeschäft sind aber auch Regelungen des Kapitalmarktrechts wie die Marktmissbrauchsverordnung (Market Abuse Regulation, MAR)16 mit ihren Vorschriften zum Insiderhandel und Marktmissbrauch sowie die Verordnung über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (European Market Infrastructure Regulation, EMIR)17. Letztere soll die Stabilität des Finanzsystems dadurch verbessern, dass der zuvor notorisch intransparente Over-the-Counter-Markt für Derivate durch stabilere Handelsstrukturen (zentrale Gegenparteien, die ihrerseits einer Aufsicht unterliegen) und durch Meldepflichten auf eine solidere Basis gestellt wird (vgl. Temporale/Müller 2015).

2.3.2.2Europäisches System der Finanzmarktaufsicht: Überblick18

Bei dem Europäischen System der Finanzaufsicht (European System of Financial Supervision, ESFS) handelt es sich um ein integriertes Netz von Aufsichtsbehörden der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten, in dem die laufende Beaufsichtigung grundsätzlich auf nationaler Ebene verbleibt.19 Sein Ziel besteht nach Art. 2 Abs. 1 EBA-VO20 darin, die angemessene Anwendung der für den Finanzsektor geltenden Vorschriften zu gewährleisten. Dies wiederum soll die Finanzstabilität erhalten und für Vertrauen in das Finanzsystem sowie einen ausreichenden Schutz der Kunden sorgen, die Finanzdienstleistungen in Anspruch nehmen.

[30]Das Erreichen dieses Ziels erfordert gleichermaßen eine mikroprudenzielle wie eine makroprudenzielle Aufsicht. Der makroprudenzielle Part fällt dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (European Systemic Risk Board, ESRB) zu, den mikroprudenziellen Part übernehmen die Europäischen Aufsichtsbehörden (European Supervisory Authorities, ESA). Hinzu tritt die Europäische Zentralbank (European Central Bank, EZB21), der im Rahmen der Europäischen Bankenunion insbesondere durch die SSM-VO eine maßgebliche Rolle zugewachsen ist. Das ESFS bildet »als Dachkonstrukt ohne eigene Rechtspersönlichkeit die organisatorische Klammer über die ihm zugehörigen Einrichtungen« (Lehmann/Manger-Nestler 2010, S. 88). In Abbildung 1 sind die Bausteine des ESFS einander schematisch zugeordnet. Die für die Bankenregulierung besonders relevanten Teile des ESFS werden anschließend etwas näher vorgestellt.

Abb. 1: Das Europäische System der Finanzmarktaufsicht (Luz et al. 2020a, Einführung, Tz. 188)

Die ESA umfassen im Einzelnen

die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (European Banking Authority, EBA) mit Sitz in Paris (bis zum Brexit 2019 in London),die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (European Insurance and Occupational Pensions Authority, EIOPA) mit Sitz in Frankfurt sowiedie Europäische Wertpapier- und Marktaufsicht (European Securities and Markets Authority, ESMA) mit Sitz in Paris.

[31]Der Gemeinsame Ausschuss der ESA (Joint Committee) soll die Erfüllung sektorübergreifender Aufgaben sicherstellen und dabei eventuell auftretende Meinungsverschiedenheiten beilegen.

2.3.2.3Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA)

Die EBA soll zu einem besseren Funktionieren des Binnenmarktes beitragen, sodass unter Berücksichtigung der verschiedenen Interessen der Mitgliedstaaten ein hohes, wirksames und kohärentes Maß an Regulierung und Beaufsichtigung gewährleistet ist (Erwägungsgrund 11 der EBA-VO). Die Ausführungen in Abschnitt 2.2 zu den Zielen der Aufsicht befassten sich vor allem mit den nationalen Vorschriften. In Art. 1 Abs. 5 EBA-VO findet sich eine längere Liste mit ausdrücklich formulierten Aufsichtszielen, zu denen die EBA einen Beitrag leisten soll:

»Das Ziel der Behörde besteht darin, das öffentliche Interesse zu schützen, indem sie für die Wirtschaft der Union, ihre Bürger und Unternehmen zur kurz-, mittel- und langfristigen Stabilität und Effektivität des Finanzsystems beiträgt. Die Behörde trägt zu Folgendem bei:

Verbesserung des Funktionierens des Binnenmarkts, insbesondere mittels einer soliden, wirksamen und kohärenten Regulierung und Überwachung;Gewährleistung der Integrität, Transparenz, Effizienz und des ordnungsgemäßen Funktionierens der Finanzmärkte;Ausbau der internationalen Koordinierung der Aufsicht;Verhinderung von Aufsichtsarbitrage und Förderung gleicher Wettbewerbsbedingungen;Gewährleistung, dass die Übernahme von Kredit- und anderen Risiken angemessen reguliert und beaufsichtigt wird, undVerbesserung des Verbraucherschutzes.«

Über die bereits in Abschnitt 2.2 genannten Aufsichtsziele hinaus zeigen die Formulierungen der EBA-VO sehr deutlich, dass der Schaffung eines einheitlichen Regelwerks (Single Rulebook) eine hohe Priorität eingeräumt wird. Dem dient ebenso die der EBA eingeräumte Ermächtigung zur Formulierung verschiedener Typen von Papieren, die in der Summe einen nochmals deutlich höheren Umfang haben als die zugrunde liegenden Richtlinien und Verordnungen.22

[32]Nach Art. 10 EBA-VO kann die EBA Entwürfe für technische Regulierungsstandards (Regulatory Technical Standards, RTS) erstellen, die eine kohärente Harmonisierung europäischer bankaufsichtlicher Regelungen gewährleisten sollen. Voraussetzung ist, dass die einschlägigen Gesetzgebungsakte Ermächtigungen dafür vorsehen. Nach einem Abstimmungsprozess zwischen Kommission, Parlament und Rat werden die RTS als delegierte Verordnungen im Amtsblatt der EU veröffentlicht und treten entsprechend in Kraft.

Die laut Art. 15 EBA-VO vorgesehenen technischen Durchführungsstandards (Implementing Technical Standards, ITS) dienen dazu, die Bedingungen für die Anwendung von Richtlinien oder Verordnungen festzulegen. Dies geschieht in Form von Durchführungsverordnungen.

Schließlich gibt die EBA nach Art. 16 EBA-VO an die Banken und die Aufsicht adressierte Leitlinien (Guidelines) und Empfehlungen (Recommendations) heraus. Deren Ziel ist es, innerhalb des ESFS kohärente, effiziente und wirksame Aufsichtspraktiken zu implementieren und eine gemeinsame, einheitliche und kohärente Anwendung des Unionsrechts sicherzustellen. Aufsicht und Institute unternehmen alle erforderlichen Anstrengungen, um den Leitlinien und Empfehlungen nachzukommen.

Während die RTS und ITS ebenso wie die zugrunde liegenden Verordnungen selbst (beispielsweise die CRR) in den Mitgliedstaaten der EU unmittelbar geltendes Recht darstellen, sollen die Leitlinien die Konvergenz der nationalen aufsichtlichen Praxis beschleunigen. Dichte und Reichweite der mit den EBA-Auslegungen verbundenen Neuregelungen führen zumindest in der Umstellungsphase zu einer erhöhten Unsicherheit aufseiten der Banken. Ein bankaufsichtlicher Q&A-Prozess