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Stille bedeutet: Das geistige Dasein nicht abzuweisen, sondern zu pflegen, es bergen und behüten. Stille bedeutet: Das Leben unmittelbar zu erfahren, es vervollkommnen, seine geistige Wirklichkeit bezeugen. Stille bedeutet: Die Existenz als Prozess des Werdens zu verstehen. Das abstrakt - denkende Sein, in das konkrete Menschsein zu wandeln.
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Seitenzahl: 87
Veröffentlichungsjahr: 2022
Heinz Rataj
Entlang des Herzens leben
Für eine Poetik der Stille
Copyright: © 2022: Heinz Rataj
Umschlag & Satz: Erik Kinting, buchlektorat.net
Fotos: Heinz Rataj,
Coverfoto: Dorothée Rataj
Verlag und Druck:
tredition GmbH
Halenreie 40-44
22359 Hamburg
Softcover
978-3-347-70523-4
Hardcover
978-3-347-70524-1
E-Book
978-3-347-70525-8
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
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«Suche nichts anderes, als den Zustand innerster, wunschlos vertrauender seelischer Stille.»
(Bô Yin Râ)
„Was immer du erwirbst, erwirbst du nur in der Stille, und Göttlich ist nur, was im Schweigen geworden ist.“
(S. Kierkegaard)
Inhaltsverzeichnis
ENTLANG WELCHEN WEGES SCHREITEST DU?
Einleitung
«ICH WERDE GEWESEN SEIN»
EINGANG – «PFORTE ZUR STILLE»
BEWAHRUNG DER STILLE
EINFLUSS DER STILLE – AUS DER GEISTIGEN REGION
WIEDERGEWINNUNG DES VERLORENEN
VON DER VERLORENEN FESTESFREUDE
VERLORENES STAUNEN
RÜCKEROBERUNG DES UNHINTERGEHBAREN
UR-GEDANKEN
UR-SEINSKRÄFTE
BELEHRUNG ÜBER DAS UNHINTERGEHBARE
LEBEN UND ERLEBEN – ALS UNHINTERGEHBARES GESCHEHEN
RÜCKEROBERUNG DES VERBORGENEN
ANTLITZ
«ENTLANG DES HERZENS LAUSCHEN»
«DURCHQUERUNG DES HEILS»
«DAS URSPRÜNGLICHE GESICHT»
DAS OFFENBARE GEHEIMNIS
Das «Heilige» in der Begegnung
«So nah bei dir»
Das Geheimnis als Umkehr und Wandlung
«DER LETZTE WEG DES HERZENS»
DAS KREUZ DER WIRKLICHKEIT
LETZTE EINSAMKEIT
QUELLGRUND DES LEBENS
ABSCHLUSS UND AUSKLANG
FUSSNOTEN – QUELLEN UND ANMERKUNGEN:
1
ENTLANG WELCHEN WEGES SCHREITEST DU?
Einleitung
I.
Erst – wenn das Wünschen sich ganz in einen ernsten Willen verwandelt hat, der mit seiner ganzen Kraft und Intensität nach dem geistigen Licht verlangt, ist der Herzraum bereitet, in sich die subtilste «Pforte» zu öffnen, um die Liebesquelle zum Fließen zu bringen.
Durch diese «innerste Pforte» muss sich der Einzelne zwängen, so er in das Reich der Ewigkeit eintreten möchte.
Diese Öffnung des Menschen zum wesentlichen Grund seiner Wirklichkeit muss wieder- und rückerobert werden, um der Verführung durch säkularistische Therapie, transhumanistische Bestrebungen, gnostische Selbstvergottung und der Korruption des so notwendenden, genuinen Strebens nach Transzendenz, Einhalt zu gebieten.
Um diese Öffnung zu gewährleisten, bedarf es der stillen Einkehr im Herzen, um der lärmenden und selbstgenügsamen Unruhe, der betäubenden Unordnung, der stumpfsinnig-verwirrten Weltlage, ein unzeitgemäßes Zeichen jenseits der Polarisierung von unterschiedlichsten Denkpositionen und Lagerfixierungen zu setzen.
Als Jenseits der polarisierten Denk- und Lebenspositionen – möchte ich die Position des staunenden Blickes, der Frömmigkeit des Denkens – und der Reinheit des Herzens, verstehen. Eine Position des gläubigen «Mahnschreis» eines spirituell-geistigen Bewusstseins, welches vor Despotismus, Selbstzerstörung und Selbstverleugnung schützt, um dadurch den abstrakten Freiheitsbemühungen des Menschen eine konkrete Freiheit des liebenden Herzens als unüberwindliche Forderung entgegen-zustellen.
Entlang des Herzens zu leben bedeutet, nicht mehr an Fortschritt1, sondern an Wandlung zu glauben.
Nicht mehr an den Menschen, sondern an Gott zu glauben.
Sich nicht mehr an einem Zweck zu orientieren, sondern an einer Werteordnung, der man Geltung verschafft.
Nicht mehr dem Kult der Technik nachzustreben mit seinem Bedürfnis nach transhumanistischer Selbsterlösung.
Sondern seinem inwendigen, lebendigen Gott zweifelsfrei zu folgen und seinem Ruf in aller Ehrfurcht, Hingabe und tiefstem Vertrauen zu dienen.
Lässt sich der Einzelne durch diese solitäre Herzoffenheit auf den Pfad seiner wahrhaftigen Lebensbahn bringen, so ist für die Freiheit seines Geistes Unschätzbares getan.
II.
«Das Leben ist schneller und intensiver geworden. Unsere Welt ist erschüttert und durchdrungen von Wellen der Ruhelosigkeit und Furcht.»
(A. Rosenberg)
Stille ist Mysterium.
Stille ist das reinste Element der Seele.
Stille ist Rückkehr zum Ursprung.
Anders gesagt, ist die Rückkehr in den geistigen Ursprung nur durch Stille erfahrbar, erlangbar und erreichbar.
Stille ist eine Präsenzerfahrung.
Diese ist immer gegenwärtig, immer anwesend. Da die meisten Menschen aber nicht «anwesend» im Sinne von Präsenz sind, wird der wesenhafte Impuls der Stille nicht vergegenwärtigt:
Ist nicht!
Da es weltliche Kraftwirkungen gibt, die Verwirrung und Verstrickung schaffen, ist der gewöhnliche Mensch nicht in der Lage, die Präsenz des einfachen Da-Seins in eine lebendige, d.h. anwesende Gegebenheit, zu verwandeln.
Aus diesen einsehbaren Gründen ist Präsenzkraft als Stille, oder stillende Präsenz als Gegenwärtigkeit, sehr selten.
Es bedarf der Schulung des Herzraumes, da sich hier der Ausgangsort der Präsenzkraft befindet – und weiters auch der Ausgangspunkt aller Verstrickungen und Verwirrungen vorzufinden ist. Um also in die wesentliche Stille zu gelangen, bedarf es der Entwirrung und Entstrickung aller weltlichen Vorprägungen und Bedingungen. Dies ist die vornehmlichste Aufgabe eines Menschen, der aus dem geeinten Herzen heraus leben möchte.
Wir können also nicht einfach den stillen Raum unserer «Herzspitze»2 betreten, ohne darauf vorbereitet zu sein.
Unvorbereitete Seelen die diese «Schwelle» überwinden wollen, spüren die Folgewirkungen meist als inflationäre Bilderflut, oder als ungeformten Gefühlsandrang.
DAS HERZ LEBT IM DIENEN
DAS HERZ LEBT IM HEILWERDEN
DAS HERZ LEBT IM ANBETEN
Das Ego, d.h. die illusionäre Ichvorstellung, ist beständig auf der Flucht vor der stillenden Präsenzkraft.
Daher wird die Vergessenheit von Stille jegliche intime Selbstbeziehung verunmöglichen, und dadurch werden die inneren Stimmen als «Lärmrauschen», welcher Angstlärm ist, auftauchen und aus dem Inneren oft bedrohlich anbranden.
So wird die profunde Stille als ruhende Zeit, als Ewigkeitsdauer, meist verunmöglicht.
Jeder Mensch hat so gesehen die weitreichendste Verantwortung dafür zu tragen, seine Wahrnehmungsfähigkeit so zu schulen, dass er den Fallstricken und Ängsten eine gewisse «vertikale Tiefung» zur Verfügung stellen kann.
Fehlt die Tiefe, so fehlt auch die nötige Klarheit, um mögliche Projektionen in einen kohärent – geformten «Liebesstrahl» zu verwandeln.
Es muss bedacht werden, dass profunde Stille alles nicht Wahrhaftige in der Seele aufdeckt.
Darum ist Vorsicht angeraten und folgende Präsenzpraxis empfohlen.
«FORMGEBUNG DER STILLE»:
RUHE DES KÖRPERS
RUHE DES LEIBES
RUHE DER SEELE
BERÜHRT DURCH STILLE:
NICHTS ALS SEIN!
NICHTS ALS DASEIN!
NICHTS ALS DA!
NICHTS ALS JA!
BERÜHRT DURCH STILLE:
JA – ZU ALLEM SEIENDEN
JA – ZUM LEBEN AN SICH
JA – ZUR EMPFANGENDEN ANWESENHEIT
ANWESENHEIT
↓
STILLE
↓
PRÄSENZKRAFT
Präsenzkraft, als anwesende Stille, transzendiert die Schmerzen und Verletzungen der Vergangenheit.
Weiters fördert die heilige Präsenzstille die Tragfähigkeit jeglicher Beziehung.
Ohne die «Helligkeit der Präsenz» in der Beziehung – keine wahre Intimität!
Intimität führt uns gesichert in eine neue Lebensführung und Lebensform. Indem wir durch unsere Präsenz die Stille in all unser Tätigsein einfließen lassen. In all unsere Schmerzen, Gebrechen, Konflikte, falsche Beschaulichkeiten und Widersprüchlichkeiten.
STILLE HÖHLT DIE GEGENSÄTZE AUS.
STILLE ÜBERWINDET:
ZWEIFEL, TRÄGHEIT, AMBIVALENZ UND BERECHNENDEN VERSTAND.
Präsenz ist Gnade der Einfachheit und Maßgabe der Gegenwärtigkeit.
Stillende Präsenz kann nicht gelehrt werden, da sie jenseits von Information ist. Sie kann aber sehr wohl praktiziert werden, da sie als Seinszustand dem Herzen inhärent ist.
Die wirkliche Stille wird uns durch die Herzpraxis geschenkt, wenn wir lernen, durch alles mit unserem Herzen hin-durch-zufühlen und dadurch, durch alle inneren Widerstände «hindurchzugehen», indem wir unsere Herzstimme zu folgenden Beweggründen umformen:
FÜHRE MICH VOM UNWIRKLICHEN ZUM WIRKLICHEN.
FÜHRE MICH AUS DER FINSTERNIS ZUM LICHT.
FÜHRE MICH VOM TOD IN DAS EWIGE LEBEN.
Die Stille umkreisen.
Die Stille umschleichen.
Der Stille lauschen.
Der Stille in die Tiefe folgen.
Die Stille stillt heimkehrendes Begehren.
Die Stille hinterlässt Spuren des Staunens.
Die Stille beantwortet.
Sie führt über den Tod hinaus.
Sie stillt durch Zeitlosigkeit, Andächtigkeit, Gesammeltheit.
Stille – wirkt durch das Größere, das Übersteigende.
Stille – durchdringt und durchflutet die Welt.
Stille – bemächtigt sich des Herzens.
Stille – liebt das ruhige, geglückte Leben.
Stille – ist unbewegte Bewegung.
Stille – ist Stille in mir.
Stille – im Himmel, ist Sternenhimmelstille.
Stille – im Denken, ist Denken ohne Worte.
Stille – in der Zeit, ist aufgehobene Sukzession (Kierkegaard).
Zeit steht still!
Stille – sperrt die Welt nicht aus, sondern überwindet sie.
Stille – ist vollkommene Selbstbeherrschung, um «der Stille Willen».
Stille – fliegt nicht direkt ins Ziel, denn: auch das Ziel ist still.
Stille – verliert sich nicht in den Wörtern, aber sie werden wahr durch sie.
Stille – entscheidet über die Besinnung auf mein Da-Sein.
Stille – in der Begegnung, führt in das Unerwartete, in das IST und DA.
Stille – führt in die erfüllte Gegenwart – IST DA!
«Die Welt verschwindet, wenn man darin aufgeht.»
(M. Heidegger)
↓
Einheit
↓
Lebensfluss
↓
Notwendigkeit
↓
Forderung
↓
Einheit
∞
Stille
III.
DER STILLE RAUM GEBEN
ALS AUSDRUCK VON
SEGEN UND SEHNSUCHT
NACH DEM KERN DES WESENS
NACH DEM UNZERSTÖRBAREN;
STILLE ALS INNERE FÜLLE
STILLE ALS QUELLENDE MITTE
STILLE ALS WAHRHEIT
WAHRHEIT ALS STILLE
WAHRHEIT IST STILLE
DIE WAHRHEIT DER STILLE;
STILLE ALS:
ORDNUNG UND HARMONIE
MASSSTAB DER SEINSFORM
ZEICHEN DER VOLLENDUNG
EINHEIT DES MENSCHSEINS;
STILLE ALS:
SCHUTZWALL NACH AUSSEN
STILLE ALS:
TIEFE DES GEMÜTS
STILLE ALS:
ATEMRAUM DES WESENS
STILLE ALS:
AUSDRUCK DES GEREIFTEN MENSCHEN;
DAS WESEN WIRD IN DER STILLE
DURCH DAS GESETZ DES WANDELS
BEJAHT UND VEREINT
UND AM WEG
MIT DEM SCHICKSAL
EINS;
SO WIRD DER MENSCH
DURCH DIE STILLE ALS EINHEIT IN DIE TIEFE GEÖFFNET WELCHE EINE TIEFE UND EINHEIT AUS DEM GEIST DES ICH IST;
DIE WESENSBLÜTE ÖFFNET SICH
IN DEN SINNGRUND DES DASEINS
WELCHER IN DER STILLE
AUFGEHT
AUFERSTEHT
DIENSTBAR WIRD;
GEHEN WIR IN DER STILLE
VOM SINNGRUND AUS
SIND WIR IMMER AUCH HEIMGEKEHRTE
ANKOMMENDE IM HAUSE DES LEBENS
OHNE JE UNS ZU VERFEHLEN;
NUR DER MENSCH
DER SICH IN DER HERANREIFUNG MÜHTE
DER SICH DER SPANNUNG AUSSETZTE
DER SPANNUNG ZWISCHEN ICH UND WELT
GEIST UND GEGENSTAND
WIRD DURCH DEN EINKLANG
DER STILLE
AUS DEM BANNKREIS DER FORM
ENTRIEGELT – ENTWIRRT UND ENTLASSEN;
NUR SO:
WIRD DER VERSTAND GANZ RUHIG
NUR SO:
WIRD DER WILLE GANZ GESCHMEIDIG
NUR SO:
WIRD DAS HERZ GANZ STILL NUR SO:
HORCHT DAS GEISTIGE OHR IN DIE STILLE
NUR SO:
OFFENBART SICH DAS GANZE WESEN
AUS DEM GRUNDE EWIGEN SEINS.
JETZT
IST ALLES STILL
DAS LEBEN
EIN GEBET
BETEN HEISST NICHT NUR SCHWEIGEN
SONDERN AUCH HÖREN, STILLE SEIN;
DAS GEISTIGE OHR
UND DAS WILLIGE HERZ
GEDULDIG UND AUSDAUERND
IN DER STILLE
AN DEN MUND DES SCHÖPFERS HALTEN
UM DEN BETENDEN GOTT (Kierkegaard)
ZU VERNEHMEN.
2
«ICH WERDE GEWESEN SEIN»
I.
Das Leben ist zu kurz, um immer von vorne zu beginnen.
Das Leben ist auch zu kurz, um mit allem beliebig lange zu warten.
Das Leben will erfahren und erwachend erworben werden.
Das Leben will gelebt, geliebt, erlitten und gestorben werden.
Dann wird man nicht einer Verfehlung erliegen.
Dann wird man sterben – bevor man stirbt, um so das ganze Leben das man hatte, gelebt und geliebt haben.
«ERWACHEND – WIRD MAN GEWESEN SEIN»
«In der Stille – wird man zur Wachheit aufgerufen worden sein!»
II.
Welches ICH wird gewesen sein?