Er kämpfte für Gerechtigkeit - John Gray - E-Book

Er kämpfte für Gerechtigkeit E-Book

John Gray

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Beschreibung

Der Autor steht für einen unverwechselbaren Schreibstil. Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten. Er scheut sich nicht detailliert zu berichten, wenn das Blut fließt und die Fehde um Recht und Gesetz eskaliert. Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Die Männer ritten vom Pecos herauf. Sie waren grau vom Staub, unrasiert, und wirkten von der Hitze ausgedörrt. Doch sie saßen geschmeidig und wie Cowboys in den Sätteln. Schwere Flap-Chaps wippten im Rhythmus der Hufschläge an ihren Beinen, tief waren die breitrandigen Hüte in die Gesichter gezogen. Das Land lag endlos weit und eben vor ihnen, flach wie eine Pfanne, und auch so heiß. Wolkenlos spannte sich der blaue Himmel über dem ausgedörrten Land. Die Luft war mit winzigen Staubteilchen durchsetzt und flimmerte vor Hitze. Die Männer näherten sich der Overlandstraße, die sich in unzähligen Windungen wie eine graue Schlange durch die Ebene zog. Das Gras am Rand des ausgefahrenen Wagenweges war hart und von der Sonne verbrannt. Ab und zu strich ein leichter Windhauch über das Land. Doch er brachte keine Kühlung. Er war schwül und trocken. Die Männer hatten die Overlandstraße nun erreicht. Ihre Pferde verfielen in langsamen Schritt. Müde ließen sie die Köpfe sinken. An einer dichten Strauchinsel hielten sie an. Die Männer glitten aus den Sätteln. Es waren vier. Wer sie sah, wußte, daß sie hart waren, hart und zäh wie das Leder ihrer Sättel. Ihre kantigen Gesichter schienen aus Fels gehauen. Ihre Colts hingen tief an den Oberschenkeln, und die Kolben waren abgegriffen und glatt. Sie sagten kein Wort. Sie führten ihre Tiere hinter die Strauchgruppe und warteten ab. Der Anführer, ein hagerer, grobknochiger Mann, blickte zum Stand der Sonne auf und schloß die Augen zu schmalen Schlitzen. Seine blutleeren Lippen bewegten sich kaum, als er sagte: »Es ist gleich soweit.

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Die grossen Western –185–

Er kämpfte für Gerechtigkeit

Roman von John Grey

Die Männer ritten vom Pecos herauf. Sie waren grau vom Staub, unrasiert, und wirkten von der Hitze ausgedörrt. Doch sie saßen geschmeidig und wie Cowboys in den Sätteln. Schwere Flap-Chaps wippten im Rhythmus der Hufschläge an ihren Beinen, tief waren die breitrandigen Hüte in die Gesichter gezogen.

Das Land lag endlos weit und eben vor ihnen, flach wie eine Pfanne, und auch so heiß. Wolkenlos spannte sich der blaue Himmel über dem ausgedörrten Land. Die Luft war mit winzigen Staubteilchen durchsetzt und flimmerte vor Hitze.

Die Männer näherten sich der Overlandstraße, die sich in unzähligen Windungen wie eine graue Schlange durch die Ebene zog. Das Gras am Rand des ausgefahrenen Wagenweges war hart und von der Sonne verbrannt. Ab und zu strich ein leichter Windhauch über das Land. Doch er brachte keine Kühlung. Er war schwül und trocken.

Die Männer hatten die Overlandstraße nun erreicht. Ihre Pferde verfielen in langsamen Schritt. Müde ließen sie die Köpfe sinken. An einer dichten Strauchinsel hielten sie an. Die Männer glitten aus den Sätteln.

Es waren vier. Wer sie sah, wußte, daß sie hart waren, hart und zäh wie das Leder ihrer Sättel. Ihre kantigen Gesichter schienen aus Fels gehauen. Ihre Colts hingen tief an den Oberschenkeln, und die Kolben waren abgegriffen und glatt.

Sie sagten kein Wort. Sie führten ihre Tiere hinter die Strauchgruppe und warteten ab.

Der Anführer, ein hagerer, grobknochiger Mann, blickte zum Stand der Sonne auf und schloß die Augen zu schmalen Schlitzen. Seine blutleeren Lippen bewegten sich kaum, als er sagte: »Es ist gleich soweit. In ein paar Minuten muß sie kommen!«

Die anderen nickten wortlos. Einer spuckte in den Staub und schob die Hände hinter den Waffengurt.

»Wenn es auffällt…«

»Es fällt aber nicht auf, verdammt noch mal!« Der Hagere starrte den anderen wütend an. »Nur so weiter! Je mehr wir uns selbst verrückt machen, desto eher haben sie uns!«

»Schon gut, Jock!« Der andere wehrte ab.

»Ist doch wahr!« Der Hagere fröstelte plötzlich. »Teufel auch! Es wird überhaupt nichts schiefgehen, wenn wir uns an das halten, was wir ausgemacht haben. Bevor die Kutsche in Roswell ist, sind wir längst wieder zurück, und niemand wird etwas vermuten.«

»Ich sagte ja, es ist gut, Jock!« murmelte der andere einlenkend. Eine Stimme unterbrach sie: »Dort vorn ist eine Staubwolke!«

Ein dritter Mann war dicht an die Straße getreten und hatte die Rechte flach über die Augen gelegt, um sie gegen die intensiven Sonnenstrahlen zu schützen.

Die Männer verstummten und blickten nach vorn. Wie ein feiner gelber Nebel wogte in der Ferne eine Staubwolke in der flimmernden Luft.

Der Anführer nickte schweigend. Er zog die Pferde weiter zurück und rief die Männer zu sich. Sie kamen und sprangen in die Sättel.

Sie sagten jetzt nichts mehr. Es bedurfte keiner weiteren Worte, alles war klar.

Sie zogen sich die Halstücher vor die Gesichter und griffen nach ihren Revolvern. Klickend rotierten die Trommeln. Matt blinkten vorn in den Kammern die abgeflachten 45er Weichbleigeschosse.

Ein Pferd schnaubte. Der Reiter beugte sich erschrocken nach vorn und legte ihm die Linke auf die Nüstern. Dann wurde es wieder ruhig. Nur ab und zu knarrte das spröde Leder der Hamley-Sättel.

Die Staubwolke am Horizont war näher gerückt. Die Männer hörten das Rasseln von Rädern und das dumpfe Donnern von Pferdehufen. Die Kutsche tauchte auf.

Die schwere Stage der Butterfield-Overland-Line schwankte leicht hin und her. Der Kutscher auf dem Bock knallte mit der Peitsche und feuerte mit heiserer Stimme die staubbedeckten Pferde an.

Die Männer hinter den Sträuchern warteten. Nur einige Sekunden noch. Dann hoben sie die schweren Colts. Bläulich schimmerten die dunkel brünierten Metallteile der langläufigen Waffen. Die Männer trieben die Pferde an.

Der Zeigefinger eines Mannes krümmte sich um den Abzug seiner Waffe. Eine Flammenzunge fuhr aus der Mündung. Die Kugel schlug klatschend in den Bock der Kutsche und fetzte einen handbreiten Holzsplitter dicht neben dem Kutscher aus der Rückwand.

Der Mann auf dem Bock zuckte zusammen. Er saß wie gelähmt. Die Pferde scheuten. Sie rasten weiter. Geschirrketten schepperten.

Zwei Reiter standen plötzlich auf dem schmalen Weg und hielten Revolver in den Fäusten. Zwei maskierte Reiter mit kalt blickenden Augen. Der Kutscher sah zwei Coltmündungen in rasender Fahrt immer näher kommen.

Seine Augen weiteten sich. Er wollte schreien. Kein Laut kam aus seiner Kehle. Ein Knoten schien sich in ihr zu bilden. Er schnappte nach Luft, riß an den Zügeln, die ihm plötzlich zentnerschwer zu werden schienen.

Ein zweiter Schuß krachte. Der Flammenblitz aus der Mündung zuckte ihm entgegen. Die vorderen beiden Gespannpferde bäumten sich auf. Die Kugel traf auf die Eiseneinfassung des Wagendaches. Es klirrte schrill. Ein Ruck ging durch die Kutsche.

»Mensch, halt an!« schrie der eine Bandit und riß die Zügel seines Pferdes zur Seite. »Halt an, oder wir schießen dich vom Bock.«

Er schrie es so laut, daß es den Lärm der hämmernden Hufe und rasenden Räder übertönte.

Der Kutscher zerrte wie wild an den Zügeln. Die scheuenden Pferde verlangsamten ihr Tempo. Die beiden Reiter auf dem Weg rückten immer näher. Der eine hob seinen Revolver. Dick Weaver – der Kutscher – hatte plötzlich das Gefühl, die Mündung sei genau auf seinen Kopf gerichtet.

Gleich würde es krachen! Ein Blitz würde auf ihn zurasen, ein harter Einschlag, aus, vorbei.

Doch es krachte nicht. Die Kutsche schleuderte. Dick Weaver drehte mit hochrotem, verzerrtem Gesicht und weit hervorquellenden Augen an der Bremse. Es quietschte lang und anhaltend. Die hinteren Räder rutschten weg. Staub wirbelte auf. Dann stand der schwere Wagen, und zitternd verhielten die Gespannpferde im Geschirr. Rasselnd ging ihr Atem. Schweißflocken standen vor ihren Nüstern.

Die Maskierten setzten ihre Pferde in Bewegung. Dick Weaver starrte in das Gesicht des Banditen, der ihm nun die Winchester vom Bock riß und ihn hart mit dem Revolver anstieß.

»Runter vom Bock, Alter! Schnell, schnell! Los, Alter!«

Aus einem Gesträuch am Straßenrand tauchten zwei weitere Männer auf. Sie waren zu Fuß und hielten Winchestergewehre im Hüftanschlag. Sie eilten auf die Türen der Kutsche zu und rissen sie auf.

»Raus mit euch, los!«

Die harten Befehle der rauhen Stimmen durchschnitten die heiße Luft wie Peitschenhiebe. Eine Frau kreischte schrill. Ein Mann fluchte. Dann schwankte der Wagen leicht. Ein dumpfer Schlag ertönte. Wieder schrie die Frau. Ein untersetzter Mann fiel aus dem Wagen und rollte durch den Sand. Einer der Banditen entriß ihm eine doppelläufige Derringer.

»Wenn ihr in zehn Sekunden nicht raus seid, schießen wir so lange, bis sich in der Stage nichts mehr rührt! Also los, raus!«

Der hagere Bandit spannte den Hahn seines Colts.

Eine Frau erschien schluchzend. Sie kletterte aus der Kutsche und lehnte sich bleich an eines der Räder. Dann folgten die anderen.

Es waren – außer dem Mann, der sich gewehrt hatte – noch zwei. Sie waren blaß und standen stocksteif und mit erhobenen Händen neben dem geöffneten Kutschenschlag.

Die Banditen sprachen nicht mehr. Sie hasteten auf die Fahrgäste zu, während die beiden auf den Pferden die Reisenden in Schach hielten.

»Wenn ihr glaubt, ihr kommt damit durch, ihr Schweine, dann habt ihr euch getäuscht, verdammt noch mal!« sagte der Kutscher heiser. Sein Gesicht war rot vor Zorn. Er starrte in die Gesichter der Banditen und zuckte plötzlich leicht zusammen. Er wurde bleich. Er senkte den Kopf und schaute zu Boden. Seine Blicke flackerten nervös.

Die Banditen bemerkten es nicht. Sie hatten in fliegender Hast begonnen, die Reisenden nach Wertsachen und Geld zu durchsuchen.

Ihre Hände glitten geschickt durch die Taschen der Männer. Die Frau ließen sie unbehelligt.

Plötzlich lachte einer der Maskierten triumphierend. Der Hagere auf dem Pferd warf den Kopf herum.

»Er trägt einen Geldgürtel!« Der Bandit kicherte. Er stand bei einem in hellgraues Leinen gekleideten Mann.

»Beeil dich!«

Der Hagere wollte sich wieder abwenden, als er sah, daß der Reisende sich blitzschnell bewegte. Sein rechtes Bein schoß urplötzlich hoch und traf den Banditen mit voller Wucht im Unterleib.

Der Mann röchelte schrill. Er wurde zurückgeworfen, stöhnte, krümmte sich schreiend zusammen und preßte die Hände auf den Leib. Sein Halstuch vor dem Gesicht verrutschte leicht. Schweiß perlte auf seiner Stirn.

Der Reisende warf sich hastig herum und hetzte mit langen Sätzen davon. Seine Rechte fuhr in den Hosenbund. Als er sich wieder umdrehte und während des Laufens die Hand hob, blitzte ein kurzläufiger Revolver darin.

Der hagere Bandit zögerte nicht eine Sekunde. Er wischte mit dem Daumen über den plattgehämmerten Hahn seines Colts.

Die schwere Waffe nickte in seiner Faust. Ein grellroter Blitz jagte mit dröhnendem Knall aus dem Lauf und verschmolz mit dem gleißenden Sonnenlicht.

Der Reisende schrie auf. Er schaffte es nicht mehr, den Abzug seiner Waffe durchzuziehen. Der Tod war schneller.

Der Revolver entfiel seiner kraftlosen Hand, rutschte durch den Staub des Weges.

Der Mann krampfte röchelnd beide Hände über der Wunde zusammen. Dunkelrot lief das Blut durch seine Finger und tropfte zu Boden, sickerte in den Stoff der Kleidung und in den Staub des Weges.

Mit weit geöffnetem Mund und naßglänzenden Augen, in denen nichts als grenzenlose Verwunderung stand, torkelte der Mann auf seinen Mörder zu.

Mit dem Gesicht nach vorn schlug er zu Boden. Unter ihm breitete sich eine dunkle Lache aus, die vom ausgetrockneten Boden gierig aufgesogen wurde.

Das Pferd des Hageren scheute vor dem scharfen Pulvergestank. Es stampfte unruhig. Der Reiter winkte unwillig mit dem Revolver. »Beeilt euch! Macht weiter! Schneller!«

Die Banditen nickten.

Der Kutscher hatte die Hände geballt. »Ihr Hunde…«, sagte er.

»Halt dein Maul!« Der zweite berittene Bandit richtete seine Waffe auf den Kutscher. »Halt ja dein Maul, Alter. Sonst knallt’s!«

Dick Weaver schwieg. Er biß sich auf die Unterlippe. Mit glühenden Augen starrte er schweigend auf den Hageren.

Ich kenne dich, hämmerte es in ihm. Na warte, Bursche. Die Maske wird dich nicht schützen! Ich habe dich erkannt!

Die Banditen hatten dem Toten inzwischen den Geldgürtel vom Leib gezogen. Sie hasteten in die Büsche zurück zu den Pferden.

Sekunden später ritten sie aus der Strauchgruppe heraus. Einer warf dem Hageren einen Lederbeutel zu. Er fing ihn geschickt auf und hängte ihn ans Sattelhorn.

»Zurück jetzt!« rief er.

Einer nach dem anderen trieben sie die Pferde vorn Weg. Der Hagere folgte als letzter.

Er riß seinen Revolver hoch und feuerte in rascher Folge zwei Schüsse ab. Die Kugeln jagten dicht über die Köpfe der Reisenden und der Gespannpferde hinweg.

Die Pferde bäumten sich erschrocken auf und zerrten den Wagen ein Stück vor. Die Männer warfen sich in den Sand, als die Kugeln in die Kutsche einschlugen.

Dann galoppierten die Banditen davon. Sie lagen weit nach vorn gebeugt auf den Pferdehälsen und trieben die Tiere mit heiseren Schreien an. Der Kutscher fluchte. Er sprang zu seiner Winchester, die neben den Rädern der Kutsche im Sand lag. Er hob sie auf, zog den Unterhebel knackend durch und riß das Gewehr an die Schulter.

In der Ferne sprengten die Banditen dahin. Der Kutscher zielte kurz und schoß.

Peitschend raste die Kugel aus dem Lauf. Dick Weaver glaubte zu erkennen, wie einer der Reiter im Sattel zusammenzuckte, sich aufrichtete und danach über dem Pferdehals zusammensank.

Doch die Reiter waren bereits hinter einem flachen Hügelkamm verschwunden. Dick Weaver ließ das Gewehr sinken.

Seine Hände zitterten plötzlich, er war schweißnaß. Da schrie einer der Reisenden auf.

Weaver warf sich herum. Auf dem Hügelkamm stand plötzlich der hagere Bandit. Er hatte die Maske abgenommen. Sein Gesicht war nicht zu erkennen. Er hielt sein Gewehr in den Fäusten und schoß.

Dick Weaver wurde herumgewirbelt. Keuchend taumelte er gegen die Speichen der Kutschenräder. Von seinem linken Arm rann es feucht und tropfte zu Boden.

Die Männer stützten ihn, bevor er fallen konnte, und trugen ihn in die Kutsche.

»Es war…«

Dick Weaver stöhnte schmerzerfüllt, als er mit seinem verletzten Arm gegen die Sitzbank stieß. »Herrgott, es war Jock Hunter, der Vormann von Sullivan. Ich habe ihn erkannt, er...«

Der Kutscher stöhnte wieder. Er schloß die Augen. Einer der Reisenden hatte ihm das Hemd aufgerissen und schlang nun die Fetzen um die tiefe Streifwunde.

»Ich werde fahren«, sagte der Mann leise. Die anderen stiegen ein. Sie trugen den Toten mit sich. Dann fiel der Schlag zu. Langsam rollte die Kutsche wieder an.

*

Wie eine wabernde, breiige Masse lag die staubgesättigte, flimmernde Hitze über Roswell. Die Schwüle des Nachmittags hatte sich unter den Dächern der Vorbauten gefangen und die Luft hier in ein scheußliches Gemisch aus Schweißdünsten und Zigarettenrauch verwandelt. Dichte Fliegenschwärme sammelten sich im Schatten. Nur wenige Menschen waren auf den Straßen, als die Overland-Stage in die Mainstreet fuhr.

Der Wagen kam vor dem Office der Overland zum Stehen. Schwankend erhob sich der Mann auf dem Bock und schlang die Zügel um die Eisenverstrebungen des Daches. Dann kletterte er hinunter.

Mit müden Augen starrte er dem Clerk entgegen, der aus dem Innern des Offices trat und sekundenlang auf ihn schaute. »Wer sind Sie, Mister?« Der Clerk blieb stehen. »Wo ist Dick Weaver? Was ist los?«

»Überfall…«, sagte der andere heiser vom Staub. Er wischte sich schwer atmend über die Stirn. »Im Wagen!« Langsam ging er zum Wagenschlag und riß ihn auf.

»Bringt ihn raus!«

»Überfall?« Der Clerk wurde bleich. »Überfall, sagen Sie, Mann? Reden Sie doch, verdammt…« Dann sah er den Kutscher. »Dick, verdammt, was ist los mit dir?«

»Er braucht einen Doc, schätze ich.« Einer der Reisenden half der Lady beim Aussteigen. Sie war grün im Gesicht und würgte. Ihre Hände zitterten.

»Es ist ein Kratzer. Aber er hat viel Blut verloren. Der andere braucht keinen Doc mehr. Der klopft gerade ans Tor der Hölle.«

»Der andere?« Der Clerk trat näher. Er warf einen Blick ins Innere des Wagens und zuckte zusammen.

»Aber – Teufel, das ist ja Link Jerome«, rief er fassungslos.

»Link Jerome?« Die Reisenden starrten den Mann verständnislos an. »Wer ist das?«

»Mein Gott, woher kommen Sie bloß?« Der Clerk stemmte die Fäuste in die Hüften. »Jason Jerome ist der größte Rancher des Countys, und das ist sein Bruder! Jason wird den Teufel von der Kette lassen!«

Inzwischen hatte sich eine Gruppe von Menschen um die Kutsche versammelt, und sie wuchs beständig. Das Stimmengemurmel wurde immer lauter. Es dauerte nur wenige Minuten, bis der Marshal auftauchte.

Marshal Jesse Owens war so hager wie ein verhungerter Wolf. Sein Gesicht war ausdruckslos und knochig. Seine Blicke waren so kalt wie zwei Eisblöcke und so hart, daß sie jeden Zweizentnermann aus den Stiefeln heben konnten. Er hatte Hände, die schlank und sehnig waren.

Als er kam, entstand eine Gasse in der Menschenmenge. Unter seinen Stiefeln knirschte der Sand der Straße, als er auf die Kutsche zuging.

Er trat neben den kleinen, glatzköpfigen Arzt, der inzwischen eingetroffen war, und warf nur einen flüchtigen Blick auf den Toten.

»Jason ist in der Stadt«, sagte er nur. Und jedem, der es hörte, sagte das genug, mehr als eine lange Rede. Dann schaute er in das eingefallene Gesicht des Kutschers.

Dick Weaver stöhnte leise. Er war aus der Bewußtlosigkeit erwacht und hatte die Zähne tief in die Unterlippe gegraben, um nicht zu schreien vor Schmerzen.

Als er die Augen aufschlug und den silbernen Fünfzack an Owens Hemd sah, lief ein Zucken über seine Züge.

»Gut – gut, daß Sie da sind, Marshal…« Schweiß perlte dick auf seiner Stirn. Er verzog das Gesicht. »Ich – ich habe ihn erkannt, Marshal.…«

Er stockte wieder. Dann fuhr er fort: »Es war Jock Hunter von Sullivans Ranch, bestimmt. Und – und der Teufel soll mich holen – aah–« Er unterbrach sich wieder und wartete, bis die Schmerzen etwas abgeklungen waren. Der Arzt hatte die Behandlung jetzt beendet und erhob sich, während Dick Weaver zurücksank und aufatmete. Die Schmerzen ließen nach. Langsam sprach er weiter: »Tom Sullivan war auch dabei, Marshal. Man kann mich aufhängen, aber ich glaube, er war auch dabei.«

Er verstummte. Sein Gesicht glänzte vor Schweiß. »Ich habe – habe einen angeschossen, hörst du, Marshal! Dann schossen sie zurück…«

Jesse Owens nickte schweigend.

Als er sich umwandte, arbeitete sich ein hünenhafter Mann durch die Menge. Wie Schaufeln drückten seine riesigen Hände die Menschen zur Seite. Er war bleich, doch in seinen Augen flammte Zorn.

»Was ist los, Owens, sag es! Der verdammte Clerk sagte etwas von Link, was ist.«

»Sieh selbst!« Jesse Owens ließ müde die Schultern hängen. Er stieß sich den Stetson weiter ins Genick. »Sieh selbst, Jason. Es ist dein Bruder, Jason. Er ist tot. Und es geht uns allen verdammt an die Nieren, das kannst du uns, glauben. Teufel noch mal!« Er trat einen Schritt zur Seite.

Jason Jerome nickte. Aber er sagte nichts mehr. Seine Gesichtszüge waren plötzlich wie versteinert. Er hatte die riesigen Hände gefaltet, schluckte schwer und blickte schweigend auf die Leiche seines Bruders, den man inzwischen flach auf den ausgetretenen, morschen Stepwalk gelegt hatte.

Jason Jerome begann das alles langsam zu begreifen. Mit dem Einsehen des Unabwendbaren kroch nackter Zorn durch seinen Körper und ließ ihn leicht erzittern.

»Wer hat es getan?« Er fragte es ruhig und beherrscht, obwohl seine Stimme unterdrückt bebte. »Ich will es wissen, Marshal! Sag es mir, hörst du? Ich will wissen, welches Schwein ihn ermordet hat!«

Jetzt schrie er. Seine Stimme hallte über die Dächer der still gewordenen Stadt. In ihr schwangen alle Verzweiflung und Wut mit, die ihn in diesem Augenblick erfaßt hatten. Sein Gesicht war verzerrt, sein mächtiger Brustkorb hob und senkte sich hastig. Jason Jerome schien vor Wut verrückt zu werden.