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Erbschaft- und Schenkungsteuer kompakt und praxisnah!
Das Lehrbuch beleuchtet die Grundlagen der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Als Teil der Buchreihe „Steuern kurz und bündig“ richtet sich der vorliegende Band 1 zur Erbschaft- und Schenkungsteuer an Bachelor- und Masterstudierende ebenso wie an Praktiker, die einen schnellen und fundierten (Wieder-) Einstieg in die Erbschaft- und Schenkungsteuer suchen. Das Lehrbuch thematisiert die erbschaft- und schenkungsteuerlichen Regelungen und Besonderheiten sowohl für den unentgeltlichen Übergang von Privatvermögen, als auch für die unentgeltliche Übertragung von Betriebsvermögen. Neben der Darstellung der gesetzlichen Normen stehen deren praxisnahe Aufbereitung und Vermittlung anhand zahlreicher Beispiele, Tipps, Hinweise und Prüfungsschemata im Mittelpunkt des Lehrbuchs. Den Abschluss des Lehrbuchs bilden ein umfangreicher zusammenfassender Beispielsfall sowie ausgewählte Kontrollfragen.
Prof. Dr. Martina Corsten ist Leiterin des Studiengangs RSW – Steuern und Prüfungswesen an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Mannheim.
Prof. Dr. Sabrina Kummer ist Leiterin des Studienganges RSW – Steuern und Prüfungswesen an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Villingen-Schwenningen.
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Das Lehrbuch beleuchtet die Grundlagen der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Als Teil der Buchreihe „Steuern kurz und bündig“ richtet sich der vorliegende Band 1 zur Erbschaft- und Schenkungsteuer an Bachelor- und Masterstudierende ebenso wie an Praktiker, die einen schnellen und fundierten (Wieder-) Einstieg in die Erbschaft- und Schenkungsteuer suchen. Das Lehrbuch thematisiert die erbschaft- und schenkungsteuerlichen Regelungen und Besonderheiten sowohl für den unentgeltlichen Übergang von Privatvermögen, als auch für die unentgeltliche Übertragung von Betriebsvermögen. Neben der Darstellung der gesetzlichen Normen stehen deren praxisnahe Aufbereitung und Vermittlung anhand zahlreicher Beispiele, Tipps, Hinweise und Prüfungsschemata im Mittelpunkt des Lehrbuchs. Den Abschluss des Lehrbuchs bilden ein umfangreicher zusammenfassender Beispielsfall sowie ausgewählte Kontrollfragen.
Prof. Dr. Martina Corsten ist Leiterin des Studiengangs RSW – Steuern und Prüfungswesen an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Mannheim.
Prof. Dr. Sabrina Kummer ist Leiterin des Studienganges RSW – Steuern und Prüfungswesen an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Villingen-Schwenningen.
von
Prof. Dr. Martina Corsten, StB
Prof. Dr. Sabrina Kummer, StB
Verlag Franz Vahlen München
Vorwort
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Allgemeines zur Erbschaft- und Schenkungsteuer
1.1 Historie
1.2 Bedeutung der Erbschaft- und Schenkungsteuer
1.3 Einordnung der Erbschaft- und Schenkungsteuer
1.4 Verhältnis der Erbschaft- und Schenkungsteuer zum Zivilrecht
2 Steuerpflicht
2.1 Sachliche Steuerpflicht
2.2 Persönliche Steuerpflicht
2.3 Zeitpunkt der Steuerentstehung
2.4 Bewertungsstichtag
2.5 Steuerschuldner
3 Wertermittlung
3.1 Steuerpflichtiger Erwerb
3.1.1 Definition des steuerpflichtigen Erwerbs
3.1.2 Vermögensanfall nach Steuerwerten
3.1.3 Nachlassverbindlichkeiten nach Steuerwerten
3.1.4 Anwendungsbeispiele zur Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs
3.1.5 Bewertung
3.2 Sachliche Steuerbefreiungen
3.2.1 Katalog sachlicher Steuerbefreiungen
3.2.2 Steuerbefreiungen für Grundvermögen
3.2.2.1 Steuerbefreiungen für das Familienheim
3.2.2.2 Steuerbefreiung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke
VIII3.2.3 Steuerbefreiung für Betriebsvermögen, Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und Anteile an Kapitalgesellschaften
3.2.3.1 Übersicht
3.2.3.2 Begünstigungsfähiges Vermögen
3.2.3.2.1 Kategorien begünstigungsfähigen Vermögens
3.2.3.2.2 Bewertung des begünstigungsfähigen Vermögens
3.2.3.3 Begünstigtes Vermögen
3.2.3.3.1 Schema zur Ermittlung des begünstigten Vermögens
3.2.3.3.2 Einstiegstest (90 %-Test)
3.2.3.4 Altersversorgungsvermögen
3.2.3.5 Verwaltungsvermögenskatalog
3.2.3.5.1 Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke
3.2.3.5.2 Anteile an Kapitalgesellschaften von 25 % oder weniger
3.2.3.5.3 Kunstgegenstände und sonstige der privaten Lebensführung dienende Gegenstände
3.2.3.5.4 Wertpapiere und vergleichbare Forderungen
3.2.3.5.5 Finanzmittel, Finanzmitteltest und junge Finanzmittel
3.2.3.6 Junges Verwaltungsvermögen
3.2.3.7 Schuldenverrechnung und Nettowert des Verwaltungsvermögens
3.2.3.8 Unschädliches Verwaltungsvermögen
3.2.3.9 Investitionsklausel
3.2.3.10 Verbundvermögensaufstellung
3.2.3.11 Aufteilung des begünstigungsfähigen Vermögens und des Verwaltungsvermögens bei Personengesellschaften
3.2.3.12 Verschonungsabschläge für begünstigtes Vermögen von bis zu 26 Mio. Euro
3.2.3.12.1 Schwellenwertprüfung
3.2.3.12.2 Regelverschonungsabschlag
3.2.3.12.3 Optionsverschonungsabschlag
3.2.3.12.4 Lohnsummenregelung
3.2.3.12.5 Behaltensregelung
3.2.3.12.6 Zusammenfassendes Beispiel
3.2.3.13 Verschonungsmodelle für begünstigtes Vermögen von mehr als 26 Mio. Euro (Großerwerbe)
3.2.3.13.1 Abschmelzende Verschonung
3.2.3.13.2 Verschonungsbedarfsprüfung
3.2.3.14 Vorwegabschlag für Familienunternehmen
3.2.3.15 Zusammenfassendes Beispiel: Großerwerb und Vorwegabschlag
IX4 Berechnung der Steuer
4.1 Steuerklasse
4.2 Persönliche Freibeträge
4.3 Versorgungsfreibetrag
4.4 Steuersatz
4.4.1 Progressiver Stufentarif
4.4.2 Härteausgleich
4.4.3 Progressionsvorbehalt
4.4.4 Tarifbegünstigung des § 19a ErbStG
4.5 Berücksichtigung früherer Erwerbe
5 Steuerfestsetzung und Erhebung
5.1 Steuerermäßigung bei Belastung mit Erbschaftsteuer
5.2 Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuer
5.3 Mehrfacherwerb desselben Vermögens
5.4 Stundungsmöglichkeiten
5.5 Anzeige des Erwerbs
5.6 Steuererklärung
6 Prüfungsschema
7 Integrative Fallstudie zum Erbschaft- und Bewertungsrecht
7.1 Sachverhalt
7.2 Lösungshinweise
8 Kontrollfragen
Literaturverzeichnis
Rechtsprechungsverzeichnis
Verzeichnis der Verwaltungsanweisungen
Verzeichnis der Rechtsquellen und sonstiger Gesetzesmaterialien
Stichwortverzeichnis
Abbildung 1: Persönliche Steuerpflicht
21
Abbildung 2: Der Weg vom begünstigungsfähigen zum begünstigten Vermögen
60
Abbildung 3: Übersicht Verwaltungsvermögen i. S. d. § 13b Abs. 4 ErbStG132
70
Abbildung 4: Verschonungsregime in Abhängigkeit von der Höhe des begünstigten Vermögens
95
Tabelle 1: Unbeschränkte und beschränkte Steuerpflicht
27
Tabelle 2: Sondertatbestände des § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG
29
Tabelle 3: Überblick Lohnsummenregelung
101
Tabelle 4: Steuerklassen
134
Tabelle 5: Persönliche Freibeträge
135
Tabelle 6: Versorgungsfreibeträge
137
Tabelle 7: Steuersätze
138
Abs.
Absatz
a. F.
alte Fassung
AntBVBewV
Anteils- und Betriebsvermögensbewertungsverordnung
AO
Abgabenordnung
Art.
Artikel
AStG
Außensteuergesetz
Az.
Aktenzeichen
BB
Betriebs-Berater
Bd.
Band
begr. v.
begründet von
BeUrkG
Beurkundungsgesetz
BewG
Bewertungsgesetz
BFH
Bundesfinanzhof
BFH/NV
Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BGBl.
Bundesgesetzblatt
BGH
Bundesgerichtshof
BMF
Bundesministerium der Finanzen
BR
Bundesrat
bspw.
beispielsweise
BStBl.
Bundessteuerblatt
BT
Bundestag
Buchst.
Buchstabe
BVerfG
Bundesverfassungsgericht
BVerfGE
Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
bzgl.
bezüglich
bzw.
beziehungsweise
DB
Der Betrieb
DBA
Doppelbesteuerungsabkommen
DCF
Discounted Cashflow
d. h.
das heißt
DIW
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e. V.
DStR
Deutsches Steuerrecht
DStRE
Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst
XIVEFG
Entscheidungen der Finanzgerichte
ErbSt
Erbschaftsteuer
ErbStB
Der Erbschaft-Steuer-Berater
ErbStG
Erbschaftsteuergesetz
ErbStR
Erbschaftsteuer-Richtlinien
ErbStRG
Erbschaftsteuerreformgesetz
EStG
Einkommensteuergesetz
EU
Europäische Union
EuGH
Europäischer Gerichtshof
e. V.
eingetragener Verein
EWR
Europäischer Wirtschaftsraum
ff.
fortfolgende
FfM
Frankfurt am Main
FG
Finanzgericht
FinVerw
Finanzverwaltung
GBO
Grundbuchordnung
GbR
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
gem.
gemäß
GG
Grundgesetz
ggf.
gegebenenfalls
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GmbHG
Gesetz betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GmbHR
GmbH-Rundschau
grds.
grundsätzlich
GuV
Gewinn- und Verlustrechnung
GWR
Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht
H
Hinweis
HFR
Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung
HGB
Handelsgesetzbuch
h. M.
herrschende Meinung
Hs.
Halbsatz
hrgs. v.
herausgegeben von
i. d. R.
in der Regel
IFRS
International Financial Reporting Standards
i. H.
in Höhe
i. H. v.
in Höhe von
insb.
insbesondere
i. S.
im Sinne
i. S. d.
im Sinne des
XVi. V. m.
in Verbindung mit
i. w. S.
im weiteren Sinne
KG
Kommanditgesellschaft
KGaA
Kommanditgesellschaft auf Aktien
KÖSDI
Kölner Steuerdialog
KStG
Körperschaftsteuergesetz
m. w. N.
mit weiteren Nachweisen
NJW
Neue Juristische Wochenzeitschrift
NJW-RR
Neue Juristische Wochenzeitschrift Rechtsprechungs-Report Zivilrecht
Nr.
Nummer
NWB
Neue Wirtschafts-Briefe
OFD
Oberfinanzdirektion
OHG
Offene Handelsgesellschaft
qm
Quadratmeter
R
Richtlinie
RFH
Reichsfinanzhof
RFHE Sammlung Entscheidungen und Gutachten des
Reichsfinanzhofes
RG
Reichsgericht
RGBl.
Reichsgesetzblatt
RGZ
Sammlung der Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen
rkr.
rechtskräftig
Rn.
Randnummer
RStBl.
Reichssteuerblatt
S.
Seite
sog.
sogenannt
Stbg.
Die Steuerberatung
StEd
Steuer-Eildienst
StKl.
Steuerklasse
StUmgBG
Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz
StuW
Steuer und Wirtschaft
u. a.
unter anderem
Ubg
Die Unternehmensbesteuerung
u. U.
unter Umständen
UVR
Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht
XVIv.
vom
v. a.
vor allem
vgl.
vergleiche
vs.
versus
WpHG
Wertpapierhandelsgesetz
z. B.
zum Beispiel
ZErb
Zeitschrift für die Steuer- und Erbrechtspraxis
ZEV
Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge
Die Erbschaftsteuer gehört zu den ältesten nachweisbaren Steuerarten. So sind bereits erste Ansätze im Rom der Kaiserzeit zur Finanzierung des Heers unter Augustus zu finden. Sie ist fiskalisch (vermeintlich) relativ leicht zu erheben,1 da mit dem Übergang einer eindeutig abgrenzbaren Vermögensmasse von Todes wegen ein klarer Ansatzpunkt für die Besteuerung besteht. In Deutschland wurde 1906 das Reichserbschaftsteuergesetz2 eingeführt, auf welchem das heutige Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz beruht. Rechtsgrundlage für die heutige Erhebung der Erbschaftsteuer3 ist das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1997 (BGBl. I 1997, S. 378) unter Beachtung zahlreicher späterer Änderungen. So machten Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts zur Unvereinbarkeit des geltenden Rechts mit dem Grundgesetz (Art. 3 GG) in den vergangenen drei Jahrzehnten mehrere große Reformen notwendig:
BVerfG vom 22.6.1995 (Az. 2 BvR 552/91, BStBl. II 1995, S. 6712): Im Nachgang wurde die Grundbesitzbewertung neu geregelt.BVerfG vom 07.11.2006 (Az. 1 BvL 10/02, BStBl. II 2007, S. 192): Die daran anschließende Reform führte zur Einführung eines einheitlichen Bewertungsgrundsatzes, dem gemeinen Wert.BVerfG vom 17.12.2014 (Az. 1 BvL 21/12, BStBl. II 2015, S. 50): In der Folge kam es zur jüngsten Reform durch das Erbschaftsteueranpassungsgesetz vom 04.11.2016 (BGBl. I 2016, S. 2464), das weitreichende Änderungen der Begünstigungsvorschriften für Unternehmensvermögen enthielt.Zudem ist derzeit eine Verfassungsbeschwerde beim BVerfG (Az. 1 BvR 804/22) zu der Frage anhängig, ob die erbschaft- und schenkungsteuerlichen Begünstigungen beim Übergang betrieblichen Vermögens gemäß §§ 13a, 13b, 13c, 19, 19a, 28a ErbStG 2016 und § 203 BewG mit dem Grundgesetz vereinbar sind oder ob sie Erwerberinnen und Erwerber, 2für die die genannten Normen keine Anwendung finden, in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise benachteiligen.
Anknüpfungspunkt der Erbschaft- und Schenkungsteuer ist der unentgeltliche Übergang von Vermögen von Todes wegen sowie die Vermögensübertragung unter Lebenden. Besteuerungsgegenstand ist der Reinvermögenszugang beim Erwerber4. Es wird nicht der Nachlass besteuert, sondern der Erbanfall (Erbanfallsteuer).
Die finanzpolitische Bedeutung der Erbschaftsteuer ist als eher gering zu bezeichnen, da sich ihr Beitrag am Gesamtsteueraufkommen im Jahr 2022 gerade einmal auf rund 1 % (9,32 Mrd. Euro des Gesamtsteueraufkommens von rund 895,7 Mrd. Euro) belief.5 Insbesondere in den Neuen Bundesländern ist das Aufkommen vernachlässigbar gering und steht in keinem vernünftigen Verhältnis zu den Erhebungskosten.6 Die Erbschaftsteuer wird zwar bundeseinheitlich erhoben, das Aufkommen steht allerdings den Bundesländern zu (Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG).
Politisch wird die Erhebung einer Erbschaft- und Schenkungsteuer regelmäßig mit der Herstellung bzw. Aufrechterhaltung der sozialen Gerechtigkeit7 sowie der Zielsetzung einer Vermögensumverteilung begründet. In Anbetracht des verhältnismäßig niedrigen Erbschaft- und Schenkungsteueraufkommens in Deutschland ist allerdings der tatsächliche Vermögensumverteilungseffekt bei der aktuellen Ausgestaltung der Erbschaft- und Schenkungsteuer als gering einzuschätzen.8 Sie dient dem Zweck staatlichen Finanzbedarf zu decken (Fiskalzwecksteuer).9
Steuern lassen sich nach verschiedenen Kriterien systematisieren. Bezüglich des Steuergegenstandes (Steuerobjekt) werden Steuern in Besitz- und Verkehrsteuern sowie in Zölle und Verbrauchsteuern eingeteilt.10 Besitzsteuern sind Steuern vom Einkommen, Ertrag und Vermögen. Als allgemeine Verkehrsteuer gilt die Umsatzsteuer. Die Kraftfahrzeugsteuer, Grunderwerbsteuer und Versicherungsteuer zählen zu den speziellen oder besonderen Verkehrsteuern. Vor diesem Hintergrund ordnet das BMF die Erbschaftsteuer als Besitzsteuer ein. Dagegen definiert der BFH11 die Erbschaftsteuer als Verkehrsteuer, was aber nur für die formale Ausgestaltung zutrifft, nicht dagegen ihren materiellen Gehalt erfasst.12
Besitzsteuern werden weiter in Personensteuern (Subjektsteuern) und Realsteuern (Objektsteuern) unterteilt. Die Erbschaftsteuer knüpft an persönliche Verhältnisse an, sodass sie eine Personensteuer ist. Da die Erbschaftsteuer wie die Einkommensteuer an einen Vermögenszuwachs anknüpft, wird sie auch als Einkommensteuer i. w. S. bezeichnet.13 Um Überschneidungen zu vermeiden, stellt § 35b EStG eine Steuerermäßigung bei Belastung mit Erbschaftsteuer sicher.
Bezüglich der Bemessungsgrundlage werden Ertragsteuern, Substanzsteuern und Verkehrsteuern unterschieden. Da die Erbschaftsteuer an die Bereicherung (Wert des unentgeltlich übertragenen Vermögens zu einem bestimmten Zeitpunkt) und nicht an den Ertrag aus dem Vermögen anknüpft, wird sie als aperiodische Substanzsteuer eingestuft.
Die Erbschaftsteuer ist eine Verkehrsteuer, Substanzsteuer und Personensteuer.
Das Erbrecht ist im 5. Buch des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 1922–2385 BGB) geregelt. Die Vorschriften regeln die rechtlichen Folgen des Todes eines Menschen. Dazu gehört die Regelung der (gesetzlichen) Erbfolge und daneben, wie der Erblasser den Vermögensübergang auf einen oder mehrere Erben selbst individuell festlegen kann.
Grundsätzlich sind Zivil- und Steuerrecht als Bundesrecht gleichrangig. Sie verfolgen aber unterschiedliche Zwecke.
Die im Erbrecht kodifizierten Vorschriften umfassen die Gesamtheit aller rechtlichen Folgen des Todes eines Menschen und damit, wer das hinterlassene Vermögen erhält.
Das Erbschaftsteuerrecht regelt, wie hoch die zu entrichtende Steuer auf das hinterlassene Vermögen ist.
Dabei knüpfen die von der Erbschaftsteuer erfassten Vorgänge an die bürgerlich-rechtlichen Begriffe an (z. B. § 1922 BGB: Erbanfall, §§ 2147–2191 BGB: Vermächtnis, §§ 230–2338 BGB: Pflichtteil). So nennt beispielsweise § 3 ErbStG konkret Begriffe aus dem BGB mit entsprechendem Paragraphenverweis, ohne diese selbst zu definieren. Daher gilt eine Vorherigkeit, aber kein Vorrang des Erbrechts.
Es gilt der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Zivilrechts für das Erbschaftsteuerrecht.
Dieser Grundsatz gilt allerdings für die Schenkung unter Lebenden nur bedingt, da die freigebige Zuwendung unter Lebenden (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) nicht deckungsgleich ist mit dem in § 516 BGB definierten Begriff der Schenkung.
1 Vgl. Halaczinsky/Wochner (2022), Kapitel C. I.1, Rn. 216.
2 Reichserbschaftsteuergesetz vom 03.06.1906, RGBl. 1906, S. 654.
3 Der Begriff Erbschaftsteuer wird regelmäßig synonym für die Erbschaft- und Schenkungsteuer verwendet.
4 Das in dieser Arbeit gewählte generische Maskulinum bezieht sich zugleich auf die männliche, die weibliche und andere Geschlechteridentitäten. Auf die geschlechtsspezifische Schreibweise wird ausschließlich zum Zweck der besseren Lesbarkeit verzichtet. Alle Geschlechteridentitäten werden ausdrücklich mitgemeint, soweit die Aussagen dies erfordern.
5 Vgl. Statistisches Bundesamt, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/235806/umfrage/einnahmen-aus-der-erbschaftsteuer/ sowie https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Steuern/Steuereinnahmen/steuereinnahmen.html, Abrufdatum: 21.05.2023.
6 Vgl. Stiftung Familienunternehmen (2008), S. 16.
7 Vgl. Halaczinsky/Wochner (2022), Kapitel C. I.1, Rn. 216.
8 Vgl. Bach (2021), S. 809.
9 Vgl. Stiftung Familienunternehmen (2008), S. 50–51.
10 Vgl. BMF, https://www.bundesfinanzministerium.de/Web/DE/Service/FAQ_Glossar/Glossar/Functions/glossar.html?lv2=ca00e253-61cf-4b1a-9968-646384af1432&lv3=bb530eb8-4150-44b8-ad50-d613bf3cb941#glossarbb530eb8-4150-44b8-ad50-d613bf3cb941, Abrufdatum: 08.08.2022.
11 Vgl. BFH vom 22.09.1982, II R 61/80, BStBl. II 1983, S. 180
12 Vgl. Hey (2021), S. 303; Seer (2021), S. 949.
13 Vgl. Hey (2021), S. 303; Seer (2021), S. 949.
Gem. § 1 Abs. 1 ErbStG unterliegen der Erbschaftsteuer die folgenden vier Tatbestände:
der Erwerb von Todes wegen (Nr. 1),die Schenkung unter Lebenden (Nr. 2),die Zweckzuwendungen (Nr. 3) unddas Vermögen einer Stiftung, sofern sie wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien errichtet ist, und eines Vereins, dessen Zweck wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, im Zeitabstand von je 30 Jahren (Nr. 4).Dabei werden die Tatbestände Nr. 1–3 in den §§ 3–8 ErbStG weiter konkretisiert.
Erwerb von Todes wegen
Der Erwerb von Todes wegen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 3 ErbStG) knüpft an die zivilrechtlichen Vorgaben des BGB an. Als Erwerb von Todes wegen gelten nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder aufgrund eines geltend gemachten Pflichtteilanspruchs.
Zivilrechtlich ist der Erbanfall in § 1922 BGB geregelt. Dieser besagt, dass mit dem Tode einer Person deren Vermögen als Ganzes auf eine oder mehrere Personen (Erben) übergeht (Gesamtrechtsnachfolge; Universalsukzession). Das Vermögen geht dabei ohne Zutun des oder der Erben kraft Gesetzes über (Vonselbsterwerb).
Der Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge besagt, dass das Vermögen des Erblassers als Ganzes, also mit allen Rechten und Pflichten in einem Akt auf den/die Erben übergeht.
Nach dem Grundsatz des Vonselbsterwerbs ist für diesen Vermögensübergang keinerlei rechtsgeschäftlicher Übertragungsakt erforderlich.
Es gehen nicht nur positive Vermögenswerte, sondern auch negative Vermögensbestandteile (Schulden) über.
6Das Vermächtnis ist zivilrechtlich in den §§ 2147 bis 2191 BGB geregelt, wonach der Vermächtnisnehmer14 einen schuldrechtlichen Anspruch (Forderungsrecht) auf den Vermächtnisgegenstand gegen den Beschwerten erlangt, d. h., der Erbe bleibt so lange Eigentümer, bis er den Anteil auf den Vermächtnisnehmer übertragen hat.15 Ein Vermächtnis wird also dann eingesetzt, wenn der Erblasser einer bestimmten Person Vermögen zukommen lassen möchte, diese aber nicht als Erben einsetzen möchte.16
Beispiel:
Die verwitwete Erblasserin Klara Schwarz hinterlässt ihre drei Kinder Kurt, Karl und Kalena. In ihrem Testament hat sie ihre drei Kinder zu Erben eingesetzt. Dabei hat sie aber ihrer Nichte Emma explizit ein wertvolles Gemälde zugesprochen.
Lösung:
Klara hat ihrer Nichte im Wege des Vorausvermächtnisses das Gemälde zugewendet, ohne sie als Erbin einzusetzen.
Der Pflichtteil ist zivilrechtlich in den §§ 2303 bis 2338 BGB geregelt. Aufgrund der in § 2302 BGB verankerten Testierfreiheit kann ein Steuerpflichtiger von der gesetzlichen Erbfolge abweichen, jedoch müssen die Pflichtteilsrechte und -quoten17 eingehalten werden. Ansonsten hat der Pflichtteilsberechtigte gegen die Erben nach § 2303 ff. BGB einen Anspruch auf Zahlung eines Geldbetrages.18 Zu beachten ist, dass Pflichtteilsansprüche nur entstehen können, wenn die betreffenden Personen gesetzliche Erben gewesen wären und ihnen diese Stellung 7durch eine testamentarische Anordnung (Enterbung) genommen wurde. Pflichtteilsberechtigte sind nach § 2303 BGB nur die Abkömmlinge des Erblassers, der Ehegatte und die Eltern des Erblassers.19 Der Pflichtteil beträgt nach § 2303 Abs. 1 Satz 2 BGB die Hälfte des Werts des gesetzlichen Erbteils, wobei der Zeitpunkt des Todes maßgeblich ist.20
Der Pflichtteilsanspruch entsteht zwar mit dem Eintritt des Erbfalls (§ 2317 Abs. 1 BGB), der Pflichtteil muss jedoch gegenüber den Erben geltend gemacht werden. Nur bei tatsächlicher Geltendmachung handelt es sich um einen steuerbaren Vorgang.
Beispiel:
Die verwitwete Erblasserin Klara Schwarz hinterlässt ihre drei Kinder Kurt, Karl und Kalena. Leider hat sie nach einem Streit zu Kalena keinen Kontakt mehr, sodass sie in ihrem Testament nur Kurt und Karl bedacht hat.
Lösung:
Hierdurch hat Klara ihre Tochter Kalena konkludent enterbt. Kalena hat aber einen Anspruch auf ihren Pflichtteil in Höhe von 1/6 (Hälfte des gesetzlichen Erbteils, d. h. die Hälfte von 1/3) des hinterlassenen Vermögens, da sie die Tochter von Klara ist (Abkömmling) und kein Hinweis auf einen Grund für eine Pflichtteilsentziehung vorliegt. Um den Pflichtteil zu erhalten, muss sie diesen aktiv bei ihren beiden Brüdern als Erben geltend machen. Wird dieser auf Geldzahlung gerichtete Anspruch ausgezahlt, handelt es sich um einen Erwerb von Todes wegen i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 3. Alt. ErbStG.
Als Erwerb von Todes wegen gilt auch die Schenkung auf den Todesfall (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG), jedoch basiert sie auf einem noch zu Lebzeiten des Schenkers abgeschlossenen Rechtsgeschäft.21 Zivilrechtlich wird nach § 516 Abs. 1 BGB unter einer Schenkung22 eine Zuwendung verstanden, durch die der Schenker aus seinem Vermögen den Beschenkten bereichert und beide darüber einig sind, dass dies unentgeltlich erfolgt.23 Für eine Schenkung im zivilrechtlichen Sinne sind die folgenden drei Voraussetzungen relevant: (1) Zuwendung eines Vermögensgegenstandes aus dem Vermögen der einen Person zu Gunsten einer anderen Person, (2) Bereicherung der anderen Person als Folge der Zuwendung, (3) beide Personen wollen die Unentgeltlichkeit, d. h., 8es erfolgt keine Gegenleistung. Dabei ist immer von der objektiven Sachlage auszugehen, allerdings müssen sich die Parteien auch subjektiv über die Unentgeltlichkeit einig sein.24 Dies erfolgt durch eine Schenkungsabrede, die erforderlich, aber auch stillschweigend möglich ist.25 Hiervon ist die Schenkung von Todes wegen (§ 2301 BGB) zu unterscheiden, der ein Schenkungsversprechen zugrunde liegt, das nach § 518 BGB einer notariellen Beurkundung bedarf, d. h., der Beschenkte erhält den Schenkungsgegenstand erst mit Tod des Schenkers. Dabei wird folglich unterstellt, dass der Beschenkte den Schenker überlebt. Erst dann erwirbt der Beschenkte einen Anspruch auf Herausgabe des Vermögensgegenstandes. Grundsätzlich müssen für das Vorliegen einer Schenkung auf den Todesfall die gleichen Voraussetzungen erfüllt sein wie bei der Schenkung unter Lebenden (R E 3.3 Satz 1 ErbStR). Nach § 516 Abs. 2 BGB ist eine Schenkung auch ohne Zustimmung des Beschenkten möglich, wobei dieser innerhalb einer bestimmten Frist die Schenkung ablehnen kann. Ansonsten gilt die Schenkung als angenommen. Nach § 362 Abs. 1 BGB wird die Schenkung durch das Erbringen der Leistung vollzogen. Wird die Form nicht eingehalten, ist die Schenkung nach § 125 Satz 1 BGB nichtig, jedoch wird nach § 518 Abs. 2 BGB der Mangel der Form durch Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt.26 In Abhängigkeit vom Güterstand sind für die unentgeltliche Übertragung ggf. Zustimmungserfordernisse des Ehegatten notwendig.
Zudem gilt als Erwerb von Todes wegen jeder sonstige Erwerb, auf den die für Vermächtnisse geltenden Vorschriften des bürgerlichen Rechts Anwendungen finden (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) sowie jeder Vermögensvorteil, der aufgrund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrags bei dessen Tode von einem Dritten unmittelbar erworben wird (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG). Zu Letzterem gehören beispielsweise Auszahlungen von Versicherungssummen aus Lebens-/Unfallversicherungen an einen Dritten, also nicht an den Versicherungsnehmer. § 3 Abs. 2 ErbStG fingiert darüber hinaus bestimmte Vermögensübergänge als Erwerbe von Todes wegen, wie z. B. Erwerbe in Folge einer Auflage oder Erfüllung einer Bedingung (Nr. 2), Abfindungen für die Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses oder für den Verzicht auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch (Nr. 4).
Schenkungen unter Lebenden
Zivilrechtlich wird unter dem Begriff „vorweggenommene Erbfolge“ die schon vor dem Erbfall erfolgende Übertragung von Vermögensgegenständen durch ein Rechtsgeschäft unter Lebenden an die späteren 9Erben verstanden.27 Dieser Auffassung ist der BFH28 gefolgt. Der zivilrechtliche Schenkungsbegriff (§ 516 BGB) unterscheidet sich vom steuerlichen insoweit, als steuerlich keine Einigung zwischen den beiden Parteien über die Unentgeltlichkeit vorliegen muss (R E 7.1 Abs. 1 Satz 1 ErbStR).29 Eine Schenkung i. S. einer freigebigen Zuwendung (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) als wichtigster Tatbestand der Schenkungen unter Lebenden liegt folglich dann vor, wenn der Beschenkte objektiv aus dem Vermögen des Schenkers bereichert wird, die Zuwendung unentgeltlich erfolgt und der Beschenkte diese Unentgeltlichkeit subjektiv auch wollte (R E 7.1 Abs. 1 Sätze 2 und 3 ErbStR). Bereicherung kann dabei jede Vermögensmehrung, aber auch jede Minderung von Schulden oder sonstigen Belastungen beim Beschenkten sein (R E 7.1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 ErbStR). Unentgeltlichkeit ist dann gegeben, wenn keine Gegenleistung erbracht wird (R E 7.1 Abs. 2 Satz 3 ErbStR). Gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG unterliegen Schenkungen unter Lebenden der Schenkungsteuer. Eine abschließende Auflistung der Tatbestände, die als Schenkung unter Lebenden gelten, wird in § 7 ErbStG gegeben.
Eine Schenkung liegt vor, wenn eine Zuwendung unter Lebenden aus dem Vermögen des einen ohne Gegenleistung des anderen erfolgt. Zwingende Voraussetzungen sind dabei:
VermögenszuwendungUnentgeltlichkeitSchenkungsabsichtBeispiel:
Die verwitwete Schenkerin Klara Schwarz schenkt ihrer Tochter Kalena ein Einfamilienhaus in der Pariser Str. 10 in Mannheim mit einem gemeinen Wert nach BewG von 500.000 € und einem Verkehrswert von 600.000 €.
Lösung:
Es handelt sich um eine unmittelbare Grundstücksschenkung, die mit dem gemeinen Wert von 500.000 € als Schenkung unter Lebenden steuerbar ist.
10Hiervon ist die mittelbare Grundstücksschenkung abzugrenzen, bei der nicht das Grundstück, sondern der Geldbetrag zugewendet wird, allerdings unter der konkreten Auflage das entsprechende Grundstück zu kaufen. Voraussetzung ist, dass der Beschenkte nicht frei über den Geldbetrag verfügen kann, die Schenkung zeitlich vor dem Grundstückserwerb erfolgt und damit der Geldbetrag vor dem Kauf an den Beschenkten fließt. Folglich gilt das Grundstück und nicht der Geldbetrag als Schenkung unter Lebenden.30 In Abhängigkeit davon, wie das Grundstück zu bewerten ist, kann dies ggf. steuerlich vorteilhaft sein.
Beispiel:
Die verwitwete Schenkerin Klara Schwarz schenkt ihrer Tochter Kalena 600.000 € unter der Auflage, dafür das Einfamilienhaus in der Pariser Str. 10 in Mannheim zum Kaufpreis von 600.000 € zu kaufen. Das Grundstück (Grund und Boden inkl. Gebäude) hat nach BewG einen gemeinen Wert von 500.000 €. Der Wert nach BewG wurde unter Anwendung des Vergleichswertverfahrens ermittelt und basiert auf von den Gutachterausschüssen ermittelten Vergleichspreisen.
Lösung:
Es liegt eine Schenkung unter Lebenden (mittelbare Grundstücksschenkung) i. H. v. 500.000 € vor.
Wenn der Gutachterausschuss keine Vergleichspreise oder Vergleichsfaktoren mitteilt, ist laut BFH der Rückgriff auf andere Berechnungsgrundlagen und -methoden möglich. In einem solchen Fall kann sich der Vergleichspreis (i. S. d. § 183 Abs. 1 Satz 1 BewG) auch aus einem zeitnah zum Bewertungsstichtag vereinbarten Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück selbst ergeben.31 Das wäre im o. g. Beispielsfall der Kaufpreis von 600.000 €, sodass in dieser Konstellation (ohne Vorliegen von Vergleichspreisen/Vergleichsfaktoren der Gutachterausschüsse) der steuerliche (Bewertungs-)Vorteil der mittelbaren Grundstücksschenkung entfiele, da die mittelbare Grundstücksschenkung mit dem tatsächlichen Kaufpreis von 600.000 € zu bewerten wäre.
Als Schenkung unter Lebenden gilt auch die Schenkung durch Vollziehung einer Auflage (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 1. Alt. ErbStG). Dabei belastet der Schenker den Beschenkten mit einer Auflage zu Gunsten eines Dritten. Mit Erfüllung der Auflage vollzieht sich eine Schenkung des Schenkers an den Dritten und nicht vom Beschenkten an den Dritten.
Von einer solchen Schenkung unter Auflage ist die Kettenschenkung abzugrenzen. Dabei werden vor dem Hintergrund der Ausnutzung persönlicher Freibeträge Vermögenswerte von einem Schenker über einen Zwischenerwerber dem Beschenkten zugewendet.
11Vorteile können dabei sein:
Höhere persönliche Freibeträge: Da die persönlichen Freibeträge vom Verwandtschaftsverhältnis zwischen Schenker und Beschenktem abhängig sind, kann die Zwischenschaltung eines Zwischenerwerbers vorteilhaft sein, z. B. indem die Mutter an den Sohn schenkt und der Sohn an seine Ehefrau. In diesem Fall greift für die erste Schenkung ein persönlicher Freibetrag von 400.000 € und für die zweite Schenkung ein Freibetrag von 500.000 €. Würde die Mutter direkt an die Schwiegertochter schenken, dann würde nur ein Freibetrag von 20.000 € greifen.Günstigere Steuerklasse: Auch die Steuerklasse ist vom Verwandtschaftsverhältnis zwischen Schenker und Beschenktem abhängig. So kommt im gerade skizzierten Fall für beide Schenkungen Steuerklasse I zur Anwendung. Im Fall der Direktschenkung seitens der Mutter an die Schwiegertochter würde Steuerklasse II greifen, mit der Folge, dass ein höherer Steuersatz zur Anwendung käme.Optimale Nutzung persönlicher Freibeträge in der Familie: Durch die Zwischenschaltung eines Zwischenerwerbers kann ggf. eine Zusammenrechnung mit Vorerwerben i. S. d. § 14 ErbStG vermieden werden. Wurde beispielsweise der persönliche Freibetrag des Sohnes gegenüber seiner Mutter bereits ausgeschöpft, und soll weiteres Vermögen von der Mutter auf den Sohn übergehen, so könnte die Mutter zunächst den Vermögensgegenstand an ihren Ehemann verschenken, der dann diesen weiter an den gemeinsamen Sohn schenkt.Ein solches Konstrukt wird nur dann nicht als Gestaltungsmissbrauch i. S. d. § 42 AO angesehen, wenn der Schenker dem Zwischenerwerber keine Weiterschenkklausel auferlegt, d. h. der Zwischenerwerber über den Vermögenswert frei verfügen kann.32 Die Feststellungslast, dass eine solche Kettenschenkung nur aufgrund von steuerlichen Gesichtspunkten gewählt wurde und damit nicht anzuerkennen ist, trägt die Finanzverwaltung.33
Der BFH hat in seinem Beschluss vom 28.07.202234 die Möglichkeit eröffnet, beide Verträge in einer Urkunde zusammenzufassen oder in zwei unmittelbar aufeinanderfolgenden Urkunden abzuschließen, mit der Auflage, dass aus diesem Vertrag oder den Umständen die freie Dispositionsbefugnis des Zwischenerwerbers eindeutig hervorgehen muss. Für die Praxis empfiehlt sich zur Anerkennung der Kettenschenkung jedoch die Einhaltung einer 12Schamfrist. Die beiden Schenkungen sollten in getrennten Urkunden und nicht am selben oder darauffolgenden Tag erfolgen.
Unschädlich ist dagegen der Fall, in dem der Erstschenker weiß oder damit einverstanden ist, dass der Beschenkte den erhaltenen Vermögensgegenstand unmittelbar nach Erhalt an einen Dritten weiterschenkt.35
Beispiel:
Die verheiratete Schenkerin Klara Schwarz schenkt ihrer Tochter Kalena das Einfamilienhaus in der Pariser Str. 10 in Mannheim mit einem gemeinen Wert nach BewG von 500.000 €.
Lösung:
Es handelt sich um eine Schenkung unter Lebenden. Der steuerpflichtige Erwerb beläuft sich auf 100.000 €, da die Tochter vom Wert der Bereicherung einen persönlichen Freibetrag i. H. v. 400.000 € zum Abzug bringen kann.
Beispiel:
Die verheiratete Schenkerin Klara Schwarz schenkt ihrem Ehemann Klaus und ihrer Tochter Kalena das (nicht selbst bewohnte) Einfamilienhaus in der Pariser Str. 10 in Mannheim mit einem gemeinen Wert nach BewG von 500.000 € je zur Hälfte.
Lösung:
Es handelt sich jeweils um eine Schenkung unter Lebenden im Wert von jeweils 250.000 € pro Person, die beide keine Schenkungsteuer auslösen, da dem Ehemann ein persönlicher Freibetrag i. H. v. 500.000 € und der Tochter von 400.000 € zusteht.