Erhoffte Versprechen - Amy Lane - E-Book

Erhoffte Versprechen E-Book

Amy Lane

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Beschreibung

Buch 2 in der Serie - Keeping Promise Rock Shane Perkins wollte immer ein Held sein. Doch dann wird seine Karriere zerstört, weil er nicht aufgeben wollte und gekämpft hat. Als er aus dem Krankenhaus entlassen wird, bleiben ihm nur eine leere Wohnung, eine Unmenge Geld und die Sehnsucht nach einem Menschen, der ihn vermissen wird, falls er noch einmal im Dienst verwundet werden sollte. Er endet als Polizist in einer Kleinstadt namens Levee Oaks. Seine Sehnsucht nach einer eigenen Familie bringt ihn dazu, sich mit seiner flatterhaften, unbeständigen Schwester Kimmy zu versöhnen. Kimmy ist Tänzerin, und als Shane sie das erste Mal mit ihrem Tanzpartner auf der Bühne sieht, bleibt ihm die Luft weg.  Mikhail Wassiljewitsch Bayul tanzt wie ein Engel, hat aber keine sehr himmlische Vergangenheit. Nach seiner Ausreise aus Russland hat er sich zwei Dinge versprochen: Nicht mehr auf der Straße zu landen und mit seiner Mutter vor ihrem Tod noch eine wunderbare Reise zu machen. Es kommt für ihn nicht infrage, Verpflichtungen einzugehen und anderen Menschen Versprechen zu machen. Aber das war, bevor er Shane kennenlernte. Der ernsthafte, mutige und so bescheidene Shane spricht Mikhails Sprache und – was Mikhail am meisten überrascht – Shane hat die unerwartete Eigenschaft, seine Versprechen zu halten.

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Veröffentlichungsjahr: 2015

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Inhalt

Zusammenfassung

Widmung

Danksagung

Prolog

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Erhoffte Versprechen

 

 

Von Amy Lane

Buch 2 in der Serie - Keeping Promise Rock

 

Shane Perkins wollte immer ein Held sein. Doch dann wird seine Karriere zerstört, weil er nicht aufgeben wollte und gekämpft hat. Als er aus dem Krankenhaus entlassen wird, bleiben ihm nur eine leere Wohnung, eine Unmenge Geld und die Sehnsucht nach einem Menschen, der ihn vermissen wird, falls er noch einmal im Dienst verwundet werden sollte. Er endet als Polizist in einer Kleinstadt namens Levee Oaks. Seine Sehnsucht nach einer eigenen Familie bringt ihn dazu, sich mit seiner flatterhaften, unbeständigen Schwester Kimmy zu versöhnen. Kimmy ist Tänzerin, und als Shane sie das erste Mal mit ihrem Tanzpartner auf der Bühne sieht, bleibt ihm die Luft weg. Mikhail Wassiljewitsch Bayul tanzt wie ein Engel, hat aber keine sehr himmlische Vergangenheit. Nach seiner Ausreise aus Russland hat er sich zwei Dinge versprochen: Nicht mehr auf der Straße zu landen und mit seiner Mutter vor ihrem Tod noch eine wunderbare Reise zu machen. Es kommt für ihn nicht infrage, Verpflichtungen einzugehen und anderen Menschen Versprechen zu machen. Aber das war, bevor er Shane kennenlernte. Der ernsthafte, mutige und so bescheidene Shane spricht Mikhails Sprache und – was Mikhail am meisten überrascht – Shane hat die unerwartete Eigenschaft, seine Versprechen zu halten.

Allen Müttern und ihren Jungs gewidmet.

Meine heißen Trystan und Kewyn.

Ich bin ihre Mom, und – Jungs! –

Das wird sich niemals ändern.

Danksagung

 

 

VOR UNGEFÄHR tausend Jahren, als ich gerade meine Abschlussprüfung zur Lehrerin bestanden hatte, ging meine Stiefmutter mit mir einkaufen, weil ich ein passendes Outfit für Bewerbungsgespräche brauchte. Ich kam kaum aus der Umkleidekabine zurück, da war Janis – das ist meine Stiefmutter – auch schon da, zog mir die Socken hoch und den BH gerade. Kurz und gut – sie zupfte überall an mir herum. Ich ließ es verlegen über mich ergehen, bis ihr nach einiger Zeit aufging, dass ich dreiundzwanzig, nicht acht Jahre alt war. „Tut mir leid“, sagte sie. „Dir ist hoffentlich klar, dass ich das auch noch machen werde, wenn ich achtzig bin und du sechzig.“

Meine Stiefmutter ist Krankenpflegerin von Beruf. Sie kümmert sich bei uns zuhause um die älteren Familienmitglieder. Bis zum Schluss war sie für die Mutter meines Vaters, die Mutter ihres früheren Ehemanns und ihre eigene Mutter da.

Sie ist ein Wunder.

Sie hat mir alles beigebracht, was ich über das Leben und den Tod, über Menschlichkeit und Würde weiß. Wenn es an der Beziehung zwischen Mikhail und seiner Mutter Ylena etwas gibt, das Bewunderung und Rührung auslöst, dann ist es Janis zu verdanken.

Es wird Zeit, dass ich mich bei ihr bedanke.

Danke, Janis. Ich habe unglaubliches Glück gehabt.

Prolog

 

 

„Just when you think you got it down …“

Pat Benatar, Promises in the Dark

 

SHANE PERKINS hatte noch nie einen männlichen Geliebten gehabt. Er kannte die Regeln nicht, war sich aber ziemlich sicher, dass zwei Streifenpolizisten, die sich im Umkleideraum einer Polizeiwache in L.A. fickten, gegen mehr als nur eine Vorschrift verstießen.

„Nein“, sagte er deshalb, als sein Partner – immer noch bekleidet – die Arme um Shanes nackte, kräftige Brust schlang.

„Nein?“ Brandon Ashford ähnelte mehr einem Pin-up, als einem typischen Polizisten. Er war groß und schlank mit ausgeprägten Brustmuskeln. Außerdem hatte er dunkelblonde Haare, blaue Augen, Lachfalten am Mund und Grübchen, mit denen er wahrscheinlich seit seiner Geburt Männer wie Frauen gleichermaßen bezauberte.

‚Nein‘ war nicht gerade ein Wort, dass er oft zu hören bekam.

„Sie werden uns erwischen. Ich mag keine Fertignudeln. Hamburger sind mir lieber.“

Shane hörte das verwirrte Schnauben hinter sich und seufzte leise. Er hatte schon wieder Gedankensprünge gemacht, die niemand nachvollziehen konnte. In seinem Kopf war alles klar – sie wurden erwischt, gefeuert und hatten kein Einkommen mehr. Ohne Geld mussten sie Fertignudeln essen und konnten sich die köstlichen Hamburger nicht mehr leisten, die es an ihrem Lieblingsimbiss im Barrio gab.

Er fühlte hinter sich Brandons frustriertes Kopfschütteln. „Ja, ja, Shane. Schon gut.“ Brandon legte ihm die Hände auf die Schultern und drückte sich an Shanes Rücken. „Ich rede nicht von unserer Mittagspause, Mann. Ich rede über … du weißt schon.“ Brandons Mund näherte sich Shanes Ohr. Shane liebte es, wenn ihm jemand ins Ohr flüsterte. Genau damit hatte Brandon ihn das erste Mal in sein Bett gelockt. Es hatte ganz harmlos angefangen, aber dann hatte ihm Brandon ins Ohr geflüstert und alles war vorbei gewesen.

„Mittagspause …“, flüsterte Brandon und Shane wurde so hart, dass er mit seinem Schwanz ein Loch in den Garderobenschrank vor sich hätte bohren können.

„Jemand wird uns …“, flüsterte er hilflos zurück. Aber eigentlich wollte er sich nur vorbeugen. Shane machte keinen großen Unterschied zwischen Top und Bottom, aber da Brandon nun schon einmal hinter ihm stand, war es so einfacher.

„Niemand wird kommen“, erwiderte Brandon grinsend. Er wusste bereits, dass er gewonnen hatte. Dann fummelte er an dem Handtuch, das Shane sich um die Hüften gewickelt hatte. Es fiel zu Boden und legte seinen kräftigen Körper frei. Shane hatte sich noch nie als elegant und zierlich empfunden, von einer Ausnahme abgesehen – wenn er in Brandons Bett lag und dessen magische Hände auf seinem Körper spürte. Die gleichen Hände strichen ihm jetzt über die Oberschenkel und in die dichten, braunen Haare zwischen seinen Beinen.

„Hast du jemals darüber nachgedacht, sie entfernen zu lassen?“, schnurrte Brandon und Shane legte ihm den Kopf auf die Schulter.

„Nein“, murmelte er, wusste aber selbst nicht, ob er damit die Frage nach den Haaren meinte oder die Unvernunft, während der Arbeit auf der Wache zu ficken.

„Dann wären sie nicht mehr im Weg.“ Brandon küsste ihn zärtlich in den Nacken und auf die Schulter, wo die Haare tatsächlich abrasiert waren. Dann fing er an, mit seinen scharfen Zähnen an Shanes Hals zu knabbern. Shane war machtlos dagegen und ließ den Kopf wieder nach vorne fallen. Es war so unfair. Brandon konnte das alles mit ihm machen, und wenn Shane selbst etwas von ihm wollte, war jedes Wort vergeudet, weil Brandon nicht darauf hörte.

„Es geht auch so“, knurrte Shane. Brandon legte den Arm um ihn und fasste nach seinem Schwanz, der auch ohne Shanes ausdrückliche Zustimmung härter und härter wurde. Na vielen Dank aber auch. „Es ist …“ Shane verstummte wieder, weil Brandon jetzt leicht zudrückte und rieb und es einfach zu viel war. „… nicht … nicht richtig … Verdammt!“ Shane klammerte sich mit beiden Händen an seinen Verstand und seine Selbstachtung, dann riss er sich los und drehte sich um. Er musste Brandon von seinem Porno-Trip runterholen.

So kam es, dass Shane splitterfasernackt war und einen Ständer hatte, als der Captain den Umkleideraum betrat. Brandon hingegen war komplett bekleidet und wirkte wie das hilflose Opfer einer sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz.

Brandon lächelte einnehmend und hielt beschwichtigend die Hände hoch. „Hallo, Partner! Es ist ja nett, dass du an mich denkst, aber du weißt doch, dass ich nicht auf Männer stehe.“

Als Shane später daran zurückdachte, erkannte er, dass eine humorvolle Bemerkung wahrscheinlich ausgereicht hätte, um die Situation zu entschärfen und bei dem Captain den Eindruck zu erwecken, dass sie nur gescherzt hatten. Wie zwei ganz normale Kumpels eben.

Aber so schlagfertig war Shane nicht. Er war auch nicht sehr wortgewandt, so wie Brandon. Shane hatte nur seinen etwas unpraktischen Verstand, der entweder wild durch die Gegend sprang und die wichtigsten Details überging, oder aber sich mit Einfällen aufhielt, die man nur im Rahmen einer Doktorarbeit erklären konnte. Shane wurde feuerrot. Am ganzen Körper. Sein dämlicher Schwanz schrumpfte und hing schlaff nach unten, während er den Captain hilflos und unglücklich anstarrte.

„Titanic“, platzte es aus ihm heraus. Ein wahreres Wort hatte er nie ausgesprochen.

Der Captain sah sie nur wortlos an, dann drehte er sich um und verließ den Raum. Brandon drehte sich verärgert um und stieß die Luft aus, die er gespannt angehalten hatte.

„Mein Gott, Shane. Könntest du nicht ein einziges Mal nicht so verdammt psychopathisch sein?“

„Titanic“, murmelte Shane wieder, weil sie gerade beide versenkt worden waren.

Aber er hatte sich getäuscht. Sie waren nicht beide versenkt worden. Shane war versenkt worden wie ein Betonklotz. An Brandon blieb nichts, aber auch gar nichts hängen.

Shane hätte es sich denken können, als Brandon versetzt wurde. Er wusste nicht, ob es Brandons Idee gewesen war oder die des Captains, aber da Brand nicht mehr mit ihm sprach – auch nicht am Telefon –, nahm er an, dass Brandon die Versetzung beantragt hatte. Shane wartete eine Woche lang mit bangem Herzen auf einen Anruf der Abteilung für Innere Angelegenheiten. Dann wurde er nachts allein in die Gegend um die Universität geschickt. In diesem Moment wurde ihm klar, dass der Anruf nicht mehr kommen würde.

Deshalb rief er die Innere Angelegenheit selbst an und nahm sich auch die Zeit, Verstärkung anzufordern, bevor er aus dem Wagen stieg, um herauszufinden, wer sich in einer der gefährlichsten Gegenden der Stadt ein Feuergefecht lieferte.

Er nahm sich auch die Zeit, sicherheitshalber noch eine Nachricht auf seinem eigenen Anrufbeantworter zu hinterlassen.

Erst dann stieg er aus dem Wagen, kündigte sich formgemäß an und duckte sich Schutz suchend hinter der Wagentür. Dann betete er.

Einen Monat später hatte er sich wieder halbwegs von den inneren Verletzungen erholt, die man davontrug, wenn man von zu viel Kugeln aus nächster Nähe auf die Schutzweste getroffen wurde. Als sein Anwalt ihm vor dem Eingang des Krankenhauses aus dem Rollstuhl half, wartete schon ein Vertreter der Inneren Angelegenheiten auf sie und hielt einen Scheck in der Hand, mit der sie sein Schweigen erkaufen wollten.

Shane sah auf den Scheck und fragte sich, ob das Blut auf den vielen Nullen nur seiner Einbildung entsprang.

„Was hast du jetzt vor?“, fragte Brandon ihn an diesem Abend am Telefon. Brand hatte ihn im Krankenhaus nicht ein einziges Mal besucht und Shane hasste sich dafür, dass er bis zuletzt darauf gehofft hatte. Aber nein, dieser eine, dieser peinliche Anruf, war alles. Shane wünschte sich, dass die Geschichte endlich vorbei wäre. Er wünschte es sich noch mehr, als die nächste Tablette gegen die Schmerzen, die ihm die zahlreichen Operationsnarben verursachten.

„Weggehen“, sagte er leise. „Und einen Ort finden, an dem sie mich noch als Polizist nehmen.“

Brandon war Polizist in der vierten Generation, hatte den Beruf aber immer als unter seiner Würde empfunden. Er wusste, wie gut er aussah. Er lebte in L.A. Er hatte Besseres zu tun. Deshalb schnaubte er nur verächtlich, als er Shanes Antwort hörte. „Wie typisch für dich, Shane. Du hast Geld genug, um überall leben zu können. Um alles unternehmen zu können, worauf du Lust hast. Hast du denn gar keine Fantasie?“

Shane hatte eine sehr lebhafte Erinnerung. Diese Erinnerung hatte dazu geführt, dass er sich in der Polizeiakademie eingeschrieben hatte. Sie hatte ihm geholfen, zusätzlich zu dem anstrengenden Studium noch zu arbeiten, um eine kleine Wohnung bezahlen zu können und von Fertignudeln zu leben. Sie hatte ihn bis zu seinem Abschluss durchhalten lassen und sie war die Mühe wert gewesen.

Er war acht Jahre alt gewesen und saß mit seinem Vater hinten im Auto. Sein Vater hatte Akten bearbeitet und sie fuhren durch die gleiche Nachbarschaft, in der Shane vor einem Monat niedergeschossen worden war. Shanes Vater war damals Rektor der Universität gewesen und genauso beschäftigt und abwesend wie immer. Dass er Shane mitnahm, um ihn an der Schule abzusetzen, war für den Jungen eine besondere Erfahrung.

Als sie an einer Ampel halten mussten, sah Shane zwei Polizisten, die hinter einem Mann mit einer Pistole herliefen. Der Mann war hektisch und nervös und trug eine Lage Kleidung über der anderen. (Shane lernte später, als er in der gleichen Gegend auf Streife ging, dass dieses Verhalten typisch ist für Drogenabhängige, die Crystal Meth nehmen. Der Mann damals war wahrscheinlich süchtig nach Crack gewesen.)

Die Polizisten waren … etwas ganz Außergewöhnliches.

Shane hatte mit großen Augen beobachtet, wie sie die Straße entlang liefen, ohne Waffen in der Hand, aber mit vollem Einsatz. Der erste Polizist sprang den Bösewicht (wie Shane den Mann damals in Gedanken nannte) an und riss ihn zu Boden. Dann legten die beiden Polizisten ihm Handschellen an, ohne die geringste Gewalt anzuwenden. Sie standen wieder auf, nahmen den Festgenommenen zwischen sich und führten ihn ab. Shane war sprachlos vor Bewunderung.

Es war so wirklich gewesen.

Shane war ein sehr ruhiger und etwas pummeliger Junge gewesen. Er lebte in seiner eigenen Welt, die von Rittern und Drachen bevölkert war und in der es nur Gut und Böse gab. Seine Mutter lebte auf der anderen Seite der Erde, sein Vater war meistens abwesend, und seine Zwillingsschwester hatte nur ihren Tanzunterricht im Kopf. Es war fast, als würden sie gar nicht im gleichen Haus leben. Shanes Gesellschaft waren die Bücher. Sie hatten ihn erzogen und ihm die Werte vermittelt, die sein Leben auch heute noch bestimmten.

Und da draußen auf der Straße waren sie. Echte Ritter in ihren glänzenden Rüstungen, die echte Heldentaten vollbrachten und den drogenabhängigen Drachen zu Fall brachten, um die verführte Prinzessin zu retten, die für den Unhold auf den Strich ging.

Das – und nichts anderes – wollte Shane auch werden, wenn er groß war.

Und daran hatte sich nichts geändert, auch jetzt nicht, zehn Jahre nach seinem Abschluss an der Polizeiakademie und – theoretisch – wenige Monate vor seiner Beförderung zum Detective. Er war immer noch ein Spinner und Tagträumer. Er lebte immer noch mehr in seiner eigenen Welt, als in der Wirklichkeit. Shane hatte gelernt, dass die Grenze zwischen Gut und Böse nicht immer so eindeutig war, dass viele der Bösewichte nur verloren, drogenabhängig oder einfach hungrig waren. Er hatte gelernt, dass es auch unter den sogenannten Guten viele gab, die andere Menschen schikanierten und ausnutzten, die ihre Macht einfach nur deshalb ausnutzten, weil sie ihnen gegeben war.

Aber das Grundprinzip wurde dadurch nicht beeinträchtigt, es blieb unbefleckt und wunderbar. Shane war einer der Guten. Er konnte etwas ändern und die Welt ein bisschen besser machen. Wenn man ihn nur auf der Straße arbeiten und den Menschen helfen ließ, konnten seine Träume ein Stück Wirklichkeit werden.

„Ich habe nie etwas anderes gewollt, Brandon“, antwortete er und sah sich in der erdrückenden Enge seiner dunklen, unpersönlichen Wohnung um. Das sollte ich ändern, dachte er. Wenn er schon von hier wegging, konnte er sich vielleicht auch ein Haus kaufen und einen Hund … Er war seit einem Monat nicht mehr in dieser Wohnung gewesen und es gab nicht einmal einen Goldfisch, der mit dem Bauch nach oben verhungert in seinem Aquarium trieb.

Brandon lachte. „Wie typisch für dich, Shane. Lass mich wissen, wo du gelandet bist.“

„Ich glaube nicht“, erwiderte Shane. „Ich denke, du bist das beste Beispiel für all das, worauf ich in Zukunft in meinem Leben verzichten kann.“

Er legte den Hörer auf. Es war die beste Antwort, die er jemals gegeben hatte.

1

 

 

„And if I build this fortress around your heart …“

Sting, Fortress Around Your Heart

 

BENNY FRANCIS hatte zwar selbst schon ein Kind, aber in diesem Augenblick sah sie mit ihren vor Aufregung glänzenden Augen auch nicht viel erwachsener aus.

„Ihr wollt zur Renaissance Faire fahren? Wirklich? Zum Herbstfestival? Ooooohh … Ich liebe Mittelalterfeste … das in Fair Oaks in Sommer!“ Sie drehte sich zu Andrew, dem jungen Gefreiten, um, den ihr Bruder Crick im Irak kennengelernt hatte. Andrew arbeitete für Deacon, den Partner ihres Bruders, auf deren Pferderanch The Pulpit in Levee Oaks. Er gehörte genauso zur Familie, wie Benny und ihre Tochter oder die anderen Menschen, deren Lebensmittelpunkt The Pulpit war. Sie umkreisten die Ranch wie Planeten die Sonne. „Drew, erinnerst du dich? Du bist mit mir im Juni hingefahren!“

Andrew nickte bedächtig und musste sich sehr zusammenreißen, um nicht breit zu Grinsen. Er hatte höchst amüsante Erinnerungen an diesen Ausflug, die Benny allerdings wesentlich weniger lustig finden würde.

Shane nickte Benny zu, widmete sich wieder seiner Schokoladentorte und versuchte, sich eine seiner spinnerten Bemerkungen zu verkneifen. Oh dost thou, Lady Faire, tell tales of knights in days of yore! Es lag ihm auf der Zunge, komplett mit näselndem britischen Akzent und allem, was dazugehörte. Aber er genoss seine sonntäglichen Besuche auf der Ranch, wenn sie sich alle hier zum Abendessen trafen. Er wollte nicht, dass Deacon oder Crick oder Benny – wer auch immer – ihn so ansah, wie Brandon an diesem verhängnisvollen Tag im Umkleideraum. Shane gab sich alle Mühe, nicht wieder wie ein Psychopath zu wirken.

„Oh sagt mir, holde Dame, schwinden Euch auch die Sinne beim Anblick eines edlen Ritters auf seinem tänzelnden Ross?“

Die Worte – seinen eigenen so ähnlich – wurden in einem grauenhaften britischen Akzent vorgetragen. Sie kamen von Jeff, Cricks bestem Freund, und Shane schloss die Augen, um ihn nicht empört anzustarren.

Jeff war so schwul, dass er einen Faschingsumzug wie einen Trauermarsch für Heteros aussehen ließ. Aber Jeff war auch schlagfertig und lustig und kam mit seinem Lady-Faire-Stück durch, das aus Shanes Mund nur dumm oder verrückt oder ungelenk gewirkt hätte. So sehr Shane sich auch danach sehnte, an diesem großen alten Holztisch mit den netten Menschen dazuzugehören, es war einfach nicht fair.

Benny verdrehte die Augen. „Wenn ich einen Ritter in glänzender Rüstung brauche, oh du mein Hofnarr, dann habe ich jederzeit die freie Wahl zwischen Deacon, Jon oder Shane“, sagte sie zu Jeff.

Jeff war schlank und geziert bis an die Grenze der Lächerlichkeit. Er war der Typ, der beim Laufen tänzeln konnte und beim Reden trällern, aber wenn er dann unverhofft ernst wurde, wurde er auch ernst genommen. Er hatte glänzende, dunkelbraune Haare, so ähnlich wie Shane. Shane vermutete, dass sie auch ähnlich gelockt wären, hätte Jeff nicht eine perfekt geschnittene Frisur und würde eine Art Gel benutzen, das sie bändigte und in Form hielt.

Jeff konnte sich seine Freunde aussuchen. Es war Ironie des Schicksals, dass er sich für die gleichen entschieden hatte wie Shane, der in dieser Beziehung nicht so viel Glück hatte. Weder mit seinen Freunden noch mit seiner Familie. Es war einfach unfair.

Aber … Halt! „Ich soll ein Ritter in glänzender Rüstung sein?“, fragte er Benny, die ihn über den Kopf des Babys, das auf ihrem Schoß saß, frech angrinste. Die Kleine war voller Genuss damit beschäftigt, den Kuchen ihrer Mutter zu verspeisen. Shane bewunderte das Geschick, mit dem sie die Schlagsahne aus ihren verstrubbelten Haaren saugte.

„Aber natürlich, Shane! Denk doch nach! Dein Muscle-Car ist dein edles Ross und du vollbringst ständig gute Taten. Kein Mensch käme auf den Gedanken, an deinen guten Absichten zu zweifeln. Jawoll“, erklärte Benny fröhlich und schnappte ihrer Tochter das letzte Stück Kuchen vor der Nase weg. „Wenn das kein Ritter in glänzender Rüstung ist!“

„Und was bin ich?“, fragte Andrew mit gespielter Entrüstung. Insgeheim war er jedoch tatsächlich etwas verletzt, dass Benny ihn nicht in ihre Liste der Ritter aufgenommen hatte. Selbst Shane war nicht entgangen, dass Andrew, trotz des Altersunterschieds zwischen ihnen, Bennys edler Ritter sein wollte.

Benny grinste Andrew voller Wärme an und sofort änderte sich die Atmosphäre. „Du bist ein Knappe – ein Ritter in Ausbildung. Du wirst auch noch zum Ritter geschlagen.“

„Und seid Ihr dann meine holde Dame?“, wollte Andrew wissen. Innerhalb eines Sekundenbruchteils verwandelte Benny sich von einem charmanten Teenager in eine Verführerin.

„Wer weiß“, scherzte sie und drehte sich zu Shane um, während Andrew sich theatralisch einen imaginären Pfeil aus der Brust zog. „Willst du dir ein Kostüm kaufen?“

„Ein Kostüm?“, fragte Shane ungläubig. Benny nickte und Andrew verdrehte die Augen.

„Ja. Du weißt doch, alle werden ein Kostüm tragen. Die Ritterrüstungen sind normalerweise für die Männer mit Pferden reserviert, aber es gibt auch wunderbare Kostüme für Bauern und Händler und …“ Sie sah ihr Baby glücklich an. „Wir haben schon eine Grundausstattung. Aber es gibt noch Hüte und Schleier und so.“

Benny sagte nichts mehr, warf aber ihrem Bruder Crick, der mit seinem Partner das Geschirr spülte, einen kurzen Blick zu. Deacon – der Partner – war der Besitzer der Ranch. Shane wusste, dass sie in finanziellen Schwierigkeiten steckten. Deacon war auf sehr spektakuläre Weise geoutet worden. Er war von einem örtlichen Polizisten verprügelt worden und der Skandal hatte dann mit einem dramatischen Gerichtsverfahren geendet. Danach hatte die Ranch viele ihrer örtlichen Kunden und Auftraggeber verloren. Als Crick im Mai – verletzt und arbeitsunfähig – aus dem Irak zurückgekehrt war, hing die Zukunft der Ranch schon am seidenen Faden.

Dann war etwas passiert, das ihnen noch einmal einen letzten Aufschub gewährt hatte. Shane wusste, dass es irgendwie mit Cricks Entscheidung zusammenhing, seine Studienpläne aufzugeben. Deacon schien darüber nicht sehr glücklich zu sein, aber Crick machte es offensichtlich nicht das Geringste aus, seine Zukunftspläne komplett über den Haufen geworfen zu haben. Trotzdem hatte es ihnen nur etwas zusätzliche Zeit beschafft, denn die Lage der Ranch hatte sich nicht grundsätzlich gebessert. Einmal im Monat traf sich die Familie – Shane fühlte sich geehrt, jetzt auch dazu zu gehören – und Deacon unterrichtete sie über die aktuelle finanzielle Situation. Er rechnete ihnen die Verluste vor, wie viel Kapital sie noch hatten und ob es noch ausreichte, um woanders neu zu beginnen. Alle wussten, dass der Verlust der Ranch ihn schwer treffen würde. Deacons Vater hatte The Pulpit aus dem Nichts aufgebaut und Deacon liebte die Ranch fast so sehr wie er Crick liebte. Aber er blieb hart. Die Familie war wichtiger als die Ranch. Benny und die kleine Parry Angel sollten eine gute Ausbildung bekommen, die beste, die für Geld zu kaufen war. Wenn sie dafür die Ranch verkaufen und an einem anderen Ort neu anfangen mussten, dann würden sie es tun.

Trotzdem waren alle bis zum Äußersten gespannt, wenn Deacon ihnen die monatlichen Geschäftsberichte gab. Sie hofften immer wieder, noch einige Monate Zeit zu haben, um die Ranch doch noch zu retten und wieder auf eigene Füße zu stellen. Deacon war die Belastung deutlich anzusehen und er hatte einige Kilo abgenommen. Sein bester Freund, Jon, bestand jeden Monat darauf, dass er sich vor allen Familienmitgliedern auf die Waage stellte und sein Gewicht kontrollierte. Shane sah Deacon unglücklich an. Neben Cricks einsneunzig wirkte er mit seinen zehn Zentimetern weniger fast klein. Bei ihrer letzten Gewichtskontrolle hatte Deacon etwa achtzig Kilo gewogen, mehr als damals, als Shane das erste Mal auf die Ranch gekommen war und die Familie kennengelernt hatte. Damals war er gerufen worden, weil Crick und Bennys verrückte Eltern beschlossen hatten, der jungen Mutter ihr Baby abzunehmen. Aber trotz der zusätzlichen Kilos wirkte Deacon noch lange nicht so gesund und kräftig, wie Shane ihn sehen wollte.

Shane arbeitete mittlerweile für die Polizei von Levee Oaks. Nach allem, was geschehen war, sollte er eigentlich der Feind sein. Dennoch hatte Deacon ihn als Freund in die Familie aufgenommen. Shane hatte noch nie eine so warmherzige Familie erlebt. Er brauchte sie hier in Levee Oaks. Und dazu musste es ihnen gut gehen und sie mussten die Ranch retten.

Crick stand hinter Deacon, hatte sich mit dem Kinn auf dessen Schulter gestützt und versuchte, ihn mit einem Stück Kuchen zu füttern. Shane sah gedankenverloren zu, wie Deacon seinen Partner wegscheuchen wollte. Der junge Rancher war ein entschlossener und standhafter Mann, verbarg das aber hinter einem schüchternen Lächeln und einem verlegenen Erröten. Er würde Benny und Parry Angel nie einen Wunsch abschlagen. Wenn Benny also auf der Renaissance Faire nicht alles gekauft hatte, was sie sich wünschte, dann hatte sie das freiwillig getan, um ihre knappen Mittel zu schonen und die Ranch nicht noch mehr zu gefährden.

Shane drehte sich wieder zu Benny um. Ihre Haare waren in diesem Monat leuchtend orange und ihre blauen Augen – sie hatten eine andere Farbe, aber die gleiche Form wie Cricks Augen – blickten nachdenklich und verträumt. Wenn Shane jemals eine Jungfer in Nöten retten würde, wäre sie wohl die beste Kandidatin.

„Was würdest du denn gerne kaufen?“, fragte Shane und schaltete in seinen professionellen Aufzeichnungsmodus, um sich alles zu merken. Es stellte sich als ausgesprochen nützlich heraus, denn eine Sechzehnjährige mit einem Baby konnte nach einem Besuch auf der Faire offensichtlich grenzenlos Prinzessinnenträume entwickeln.

Einige Minuten später machte Benny sich auf, um das Baby zu baden. Es wurde zum Familienereignis, da Deacons Freunde Jon und Amy auch gekommen waren und beschlossen, dass die vier Monate alte Lila Lisa ebenfalls ein Bad vertragen könnte. Nachdem sich die Küche durch das bevorstehende Gemeinschaftsbaden halb geleert hatte, fragte Deacon, wer Lust hätte, die Essensreste zu den Schweinen zu bringen. Shane sprang so schnell auf, dass er fast seinen Stuhl umstieß.

Der Schweinestall war zwar in einer dunklen Ecke hinter dem großen Stallgebäude, aber Shane hatte gegen einen kleinen Spaziergang unter den Sternen nichts einzuwenden. Es war erst Oktober und die Abende noch warm genug, um Shorts und ein T-Shirt zu tragen. Nur eine kühle Brise vom Fluss kündigte bereits den November an. Es war ein angenehmer Abend, um draußen zu sein. Das war auch gut so, denn Shane hatte etwas zu erledigen.

Auf dem Rückweg vom Schweinestall ging er zu den großen Heuballen, die von einer kleinen Lampe am Stalltor beleuchtet wurden. Er zog seinen kleinen Notizblock und einen Stift aus der Tasche und fing an zu schreiben. Er notierte sich jeden Wunsch, den Benny geäußert hatte. Shane musste sich konzentrieren, um nichts zu vergessen, deshalb war überrascht, als er aufsah und Jeff erkannte, der auf der Terrasse des Hauses stand und eine Zigarette rauchte.

Shane steckte den Notizblock und den Stift weg, nahm den leeren Abfalleimer vom Boden und ging aufs Haus zu, als wäre nichts geschehen.

Jeff ließ sich nichts vormachen.

„Kannst du dich an den Duft der Handcreme erinnern, die sie sich gewünscht hat?“, fragte er, als Shane die Stufen zur Terrasse hochkam.

Shane wurde rot. „Kamille mit Lavendel und einem kleinen Hauch Vanille“, sagte er leise. Jeff zog an seiner Zigarette und sah ihn beeindruckt an. „Das ist nicht gut für deine Gesundheit“, versuchte Shane, ihn von dem Thema abzulenken.

„Deshalb rauche ich nur eine pro Tag“, meine Jeff ungerührt und blies den Rauch in den Abendhimmel. „Es heißt, das Verteidigungsministerium habe jetzt doch die Kosten für Andrews nagelneue Beinprothese übernommen.“

Shane gab sich ahnungslos. „Wieso hätten sie das nicht tun sollen?“ Nicht rot werden, nicht rot werden …

„Zum einen, weil Benny nur einen Tag am Telefon verbracht hat, um die Versicherungsfragen zu klären. Hört sich das vielleicht nicht nach einem Märchen an?“

„Und wieso sollte es nicht so sein?“, fragte Shane so gelassen wie möglich.

Jeff betrachtete nachdenklich seinen Zigarettenstummel und drückte ihn an der Schuhsohle aus. „Hmm … Keine Ahnung. Vielleicht hat es mit dem Gerücht zu tun, dass ein ‚Bulle von Polizist‘ ins Büro gekommen wäre und Andrews neue, dunkel bezogene Prothese bezahlt hätte mit der Anweisung, keinen Ton darüber zu verlieren? Das ist immer ein sicherer Hinweis darauf, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen ist, meinst du nicht auch? Ich arbeite im Veteranenhospital, Shane. Hast du wirklich geglaubt, ich erfahre nichts davon?“

Shane fühlte sich zunehmend unwohl und … Ja, er konnte fühlen, wie er rot wurde. „Bitte verrate ihnen nichts“, meinte er schließlich. „Sie haben auch ihren Stolz, weißt du?“

„Ich will dich nicht danach fragen, warum du es getan hast“, sagte Jeff nach einigem Zögern. „Wir wissen beide, dass Andrew sonst noch Monate auf die Prothese gewartet hätte. Ich hätte vielleicht genauso gehandelt. Wenn ich das Geld dazu gehabt hätte.“

Shane blickte verlegen zu Boden und schwieg. Schließlich kam Jeff die Treppe herab und warf seinen Zigarettenstummel in die Mülltonne hinter dem Haus. Während er zu Shane zurückkam, goss er sich aus einer kleinen Flasche Alkohol über die Hände.

„Schreist du mich jetzt an?“, wollte er wissen und rieb sich die Hände. Shane zuckte nur mit den Schultern. „Pass auf, Großer. Ich verrate dein Geheimnis nicht. Aber ich will wissen, woher du das Geld hast. Sag mir, dass du nicht Illegales gemacht hast oder auf den Strich gegangen bist, ja?“

Damit brachte er Shane zum Lachen. „Wie komisch.“

Jeff zuckte mit den Schultern. „Ich bin immer sehr direkt.“

„Das meine ich nicht. Aber glaubst du wirklich, jemand würde für mich bezahlen? Sie hätten wahrscheinlich Angst, sich an meinen Spinnereien anzustecken.“

Jeff holte tief Luft und sah ihn eindringlich an. „Die Familie liebt dich, Shane. Ich glaube sogar, sie sorgen sich um dich. Wenn du manchmal merkwürdig bist, dann nur deshalb, weil du zu oft allein bist. Du musst dir nur Deacon ansehen, dann weißt du, wie ungesund das sein kann. Und jetzt verrate mir, woher das Geld kommt, sonst werde ich deine heimliche Weihnachtsmannroutine nicht für mich behalten.“

Aua. Shane sah ihn wütend an. „Dir liegt doch gar nichts an mir.“ Es stimmte. Seit Shanes Aufnahme in die Familie hatte Jeff mit einer fantasievollen Bezeichnung nach der anderen aufgewartet. ‚Großer‘ war harmlos und definitiv eine Verbesserung, verglichen mit ‚Yeti‘ oder – nach Shanes Outing am Küchentisch – ‚Shane, der haarige Hoover‘.

„Das stimmt nicht“, erwiderte Jeff ohne mit der Wimper zu zucken. „Ich mag dich durchaus. Ich war nur eifersüchtig auf dich, aber du bist ganz in Ordnung.“

„Eifersüchtig?“ Shane blinzelte. „Auf mich?“

Jeff zuckte mit den Schultern. „Du kommst dienstlich hierher und wirst direkt zum Essen eingeladen? Mann, ich musste Cricks Arm behandeln wie ein Wunderheiler, bevor sie mich das erste Mal eingeladen haben.“

„Jon hat mich eingeladen“, murmelte Shane. „Er war ein ziemliches Arschloch, als ich hier aufgetaucht bin. Es war ihm anschließend peinlich und hat ihm leidgetan.“

„Wirklich?“, fragte Jeff strahlend. „Es war nur Mitleid? Hervorragend. Nicht böse sein, ja, Großer? Vergeben und Vergessen?“

Warum sollte Shane böse sein? Schließlich hatte Jeff selbst ihm den Olivenzweig überreicht. „Schon gut.“

„Danke. Und jetzt verrate mir, woher das Geld kommt. Dann kann ich Deacon beruhigen und wir behalten es für uns.“

Shane runzelte die Stirn. „Deacon hat dich zu mir geschickt?“, fragte er und fühlte sich plötzlich flau im Magen.

Jeff winkte ab. „Nein. Er wollte dich selbst fragen. Aber bei der Vorstellung, dass ihr beiden hier auf der Terrasse steht und nicht redet, ist sogar dem Baby schwummrig geworden. Also … raus damit, oder die gesamte Familie erfährt es. Sie sind doch deine Familie, oder?“

Mist. Ja. „Meine Kollegen vom LAPD haben mich in einen Hinterhalt laufen lassen. Als mein schwuler Arsch nicht in der Hölle gelandet ist, haben sie mir Geld gegeben, um mir das Schweigen zu versüßen.“

Jeff riss die Augen auf und hielt sich theatralisch die Kinnlade fest, die herunterzuklappen drohte. „Willst du mich verarschen? Ist das ein Witz?“

Shane rieb sich über die Brust, wo er unter dem T-Shirt immer noch die Operationsnarben fühlen konnte. „Nee. Wenn die Sicherheitsweste eine gebrochene Rippe durch deine Lunge drückt, wenn dir die Milz und was weiß ich was alles entfernt werden muss … das würde für einen Witz wirklich zu weit gehen.“

Er hatte nicht mit Jeffs Reaktion gerechnet. Weder mit dem Boxhieb unters Kinn, noch damit, dass er so schmerzte. Shane landete auf dem Hintern und sah Jeff mit großen Augen an.

„Was zum Teufel …?“ Er war vollkommen perplex. Sprachlos.

„Und du arbeitest immer noch für sie!“, rief Jeff aufgeregt und schüttelte mit schmerzverzerrtem Gesicht seine Hand aus. Verdammt, das hatte wehgetan.

„Also …“ Shane blinzelte. „Darf ich mich wiederholen? Was zum Teufel soll das?“

„Du Arschloch!“, knurrte Jeff. In diesem Moment kam Deacon aus dem Haus, um nach ihnen zu sehen.

„Was zu Teufel soll das?“, fragte er und hielt Shane die Hand hin, um ihn vom Boden hoch zu ziehen. Shane nahm die Hilfe an, war aber offensichtlich immer noch total verwirrt.

„Deacon, er hat mir einen Kinnhaken verpasst.“

Und Jeff war wütend auf Shane. „Deacon, weißt du, woher er sein Geld hat?“

„Du hast versprochen, es nicht zu verraten!“ Irgendwie war diese Unterhaltung absonderlich und doch auch … vertraut. Shane konnte es sich nicht erklären, und das machte die Situation noch surrealer.

„Da wusste ich aber noch nicht, dass du versucht hast, Selbstmord-durch-Dienst zu begehen!“, fauchte Jeff ihn an. Shane ließ Deacons Hand los und sich wieder mit dem Hintern auf den Boden fallen.

„Wie bitte?“

„Sie haben in L.A. auf dich geschossen, weil du ein großer, dämlicher, schwuler, arschfickender Bastard bist. Und dann kommst du hierher, wo deswegen sogar Zivilisten verprügelt werden! Und du sagst keinem von uns ein Wort … Du kommst einfach sonntags zum Abendessen, als wäre es das Normalste von der Welt. Dabei bist du eine wandelnde Zielscheibe!“

„Ich bin keine wandelnde Zielscheibe!“, widersprach Shane, schaffte sich auf die Knie und fasste wieder nach Deacons Hand. „Und ich wünschte mir, du hättest recht mit dem Ficken.“

Deacon Winters hatte ein ausnehmend hübsches Gesicht. Es war leicht oval mit einem kantigen Kinn, einem vollen Mund, grünen Augen und dichten, dunklen Wimpern. Im Moment sahen diese Augen die beiden Männer vor ihm an, wie sie gewöhnlich Crick und Benny ansahen, wenn die beiden sich stritten. In diesem Augenblick fiel bei Shane der Groschen.

Er und Jeff stritten sich wie Brüder. Er sah Jeff an. Der Mann studierte aufmerksam seine kostbaren Fingernägel an der Hand, mit der er Shane den Kinnhaken versetzt hatte. Na gut. Sie hatten gestritten wie Bruder und Schwester. Geschwister. Wie auch immer.

Shane wurde rot und entschied sich, die Wahrheit zu sagen. Das war er Jeff schuldig. „Danke, dass du dir solche Sorgen um mich machst“, sagte er leise. Deacon sah ihn fragend an, als ob er mehr erwarten würde. „Wirklich?“, beantwortete Shane die unausgesprochene Frage mit einer Gegenfrage. Deacon nickte.

„Ja, wirklich.“

Shane atmete tief durch. „Na gut. Fein. Es tut mir leid. Ich hätte euch von meinem Problem erzählen sollen. Ich dachte nur, ihr hättet Besseres zu tun, ja? Reicht das?“

„Nein“, erwiderte Deacon streng. „Jeff, wie wäre es, wenn du ins Haus gehst? Benny oder Crick sollen sich um deine Hand kümmern. Shane und ich haben noch etwas unter vier Augen zu besprechen.“

„Ja“, murmelte Jeff.

„Jeff?“ Mann, das war Deacons Kommandostimme. Shane hätte sein linkes Ei dafür gegeben, eine solche Stimme zu haben.

Shane war einunddreißig, Jeff höchstens ein Jahr älter. Deacon war jünger als sie beide. Jeff drehte sich wie auf Befehl zu Deacon um. „Ja, Deacon?“, fragte er liebenswert und klimperte den Mann mit seinen dunklen Wimpern an.

Deacon sah ihn mit unbeweglicher Miene an. „Ich glaube, Shane hat sich bei dir entschuldigt.“

„Ja-a.“ Jeff rollte stilecht mit den Augen. „Ja. Tut mir leid, dass ich dir eine reingehauen habe, du großer, dämlicher Bulle. Bitte versuche, dir nicht vor nächstem Sonntag den Arsch abschießen zu lassen, okay?“

„Versprochen“, erwiderte Shane ernsthaft und sah ihn überrascht an. Dann ging er unbeholfen auf Jeff zu, aber der fauchte ihn nur an. Jetzt war es an Shane, die Augen zu verdrehen. „Danke, lieber Jeff, dass ich dir nicht scheißegal bin.“

„Ja, ja. Wie auch immer und von mir aus.“ Jeff schnaubte demonstrativ und ging ins Haus zurück. Shane blieb mit Deacon auf der Terrasse zurück.

Er war unerklärlich nervös.

Deacon sah ihn kurz an und strich ihm mit der Fingerspitze übers Kinn. Dann ging er zur Tür und rief: „Crick, ich brauche einen Eisbeutel, verdammt!“

„Fluche nicht vor dem Baby, du Arschloch!“, kam die Antwort aus der Küche. Shane hatte trotzdem nicht die geringsten Zweifel, dass Crick gleich mit dem Eis auftauchen würde.

Deacon ging über die Terrasse und lehnte sich an das Geländer, so wie Jeff es vorhin getan hatte. „Auf dich ist also geschossen worden?“, fragte er leise. Shane zuckte mit den Schultern.

„Ich … ich wurde ohne Rückendeckung in eine gefährliche Situation geschickt“, sagte er zurückhaltend. „Die Schutzweste … Sie schützt nicht vor dem Aufprall.“

„Nein. Nein, das tut sie nicht. Hatte Jeff recht? Wusste deine Abteilung über dich Bescheid?“

Shane wurde feuerrot. „Es war keine Absicht“, murmelte er. Deacon drehte sich zu ihm um und zog fragend die Augenbrauen hoch. Sie verschwanden fast unter seinem Haaransatz.

„Will ich noch mehr wissen?“

Oh Gott. Nur Deacon nicht diese Geschichte erzählen. Shane hätte sie lieber seinem Vater erzählt, wäre das alte Arschloch noch am Leben. Nur nicht Deacon, der ihn mochte und respektierte.

„Muss ich es dir sagen?“

Deacon sah ihn mitfühlend an. „Shane, ich kann dich zu nichts zwingen. Aber …“ Deacon wirkte verlegen, aber da dieser Gesichtsausdruck bei ihm normal war, passte es irgendwie. „Also gut. Wenn du es nicht sagen willst, dann behalte es für dich. Mir ist alles recht. Aber du weißt auch, ich bin das Vorzeigebeispiel für unterdrückte Gefühle. Und ich sage dir, dass es irgendwann raus muss. Wir machen uns die gleichen Sorgen wie Jeff. Weiß deine Dienststelle über dich Bescheid und bist du deshalb in Gefahr? Oder hast du hier Unterstützung, von der wir nichts wissen? Und wenn wir selbst deine Unterstützung sind, dann … dann sollten wir über alles Bescheid wissen, nicht wahr?“

Shane schluckte. „Ich bin am nächsten Wochenende nicht da. Könnt ihr meine Tiere füttern?“

Deacon ließ sich keine Überraschung über den unvermittelten Themenwechsel anmerken. „Dann müssen wir uns um sie kümmern, falls dir etwas passiert, ja?“

„Ja. Angel Marie frisst ziemlich viel.“

Deacon sah ihn fragend an. „Angel Marie?“

Schulterzucken. „Wenn ich Parry Angel schon gekannt hätte, hätte ich einen anderen Namen für ihn ausgesucht. Ich habe Angst, dass er eine der Katzen frisst, falls ich nicht in ein bis zwei Tagen zurückkomme.“ Guter Gott. Das hörte sich ja fürchterlich an. Aber Shane konnte es nicht ändern. Angel Marie würde Orlando Bloom oder einen der anderen nicht absichtlich auffressen, aber der Riesentrottel wog über hundertfünfzig Pfund und war nicht sehr wählerisch. Shane war froh, dass er selbst von der Dogge noch nicht zum Frühstück verspeist worden war.

Deacon verzog keine Miene und Shane wurde von einer plötzlichen Welle der Zuneigung für seinen Freund erfasst. Es hatte nichts mit Deacons gutem Aussehen zu tun und auch nicht damit, dass er einmal in der Woche zum Essen eingeladen wurde und die Familie ihn mit offenen Armen aufgenommen hatte. Es hatte mehr damit zu tun, dass er sich in Deacons Gegenwart niemals merkwürdig und absonderlich vorkam, weil Deacon ihn niemals wie einen Spinner behandeln würde.

„In Ordnung. Du zeigst uns, wo du wohnst und worauf wir achten müssen, wenn wir die Tiere füttern. Aber dafür musst du uns versprechen, dass du sofort anrufst, falls du in eine brenzlige Situation gerätst. Wenn du jemals auch nur den geringsten Verdacht hast, dass sie hier etwas Ähnliches mit dir vorhaben, holen wir Jon und kommen zu dir. So einfach ist das.“

„Deacon, ihr seid keine Polizisten!“

„Nein, das sind wir nicht. Aber Levee Oaks ist eine Kleinstadt. Wir kennen die örtlichen Unruhestifter und Problemfälle genauso gut wie du. Shane … für Parry Angel bist du ihr ‚Onkel Shaney‘. Du wirst nie wieder ohne Unterstützung in eine solche Lage geraten!“

Shane setzte seine offiziellste Miene auf. „Normale Mitbürger begeben sich nicht in eine gefährliche Situation und …“

„Vergiss es, Perkins“, unterbrach ihn Deacon. „Wir haben alle die Erlaubnis, Waffen zu tragen …“

„Vigilantentum steht unter Strafe. Es ist verboten.“

„Und Diskriminierung ist auch verboten. Du wirst mir jetzt dein Wort geben, Shane.“

Wie war dieses Gespräch nur so außer Kontrolle geraten? Shane hatte sich immer um sich selbst gekümmert, seit … seit … seit er als Kind gesehen hatte, wie der Bösewicht eingefangen wurde.

„Deacon! Das ist nicht sicher für euch. Es gibt so viele Gründe, warum es falsch ist …“

„Einen Kollegen ins Feuer zu schicken?“ Deacon sah ihn bedächtig an und Shane gab auf. Deacon Winters hatte eine ganz persönliche Art der Gutherzigkeit und Selbstbeherrschung, die es unmöglich machte, ihm in einem solchen Moment zu widersprechen.

Shane knurrte zustimmend. Fantastisch. Da hatte er endlich eine Familie gefunden, und schon glaubte sein großer Bruder, dass er allein nicht zurechtkäme. „Hat Crick schon jemals einen Streit mit dir gewonnen?“, fragte er geschlagen und hörte Deacons Gelächter schon im Kopf, bevor es tatsächlich erschallte.

„Ständig, verdammt. Das nervende Arschloch.“

„Das dir gerade den gewünschten Eisbeutel bringt!“, protestierte Crick, der in diesem Augenblick seinen mächtigen Körper durch die Terrassentür schob. Shane fragte sich, wie lange Crick wohl ihr Gespräch belauscht hatte, bevor er auf Deacons Stichwort reagierte. Dann fiel Crick der kalte Eisbeutel aus der Hand und er vergaß seine Frage wieder.

„Hast du für dich auch Eis mitgebracht?“, wollte Deacon wissen, hob den Eisbeutel auf und gab ihn Crick zurück. Crick war von seinem zweijährigen Ausflug in den Irak mit einigen Andenken zurückgekommen, die Shanes Operationsnarben wie harmlose Kratzer aussehen ließen. Der Junge – er war vielleicht dreiundzwanzig – beschwerte sich nur selten.

„Die Hand ist sowieso schon taub“, sagte Crick. „Vergiss es, Deacon. Leg ihm den Eisbeutel ans Kinn, bevor es anschwillt.“

Deacon hob Cricks verkrüppelte und vernarbte Hand liebevoll an den Mund und küsste sie. Shanes Kehle war wie zugeschnürt, als er die zärtliche Geste sah. In einer Welt, die solche Gesten kannte, konnte man vielleicht auch glücklich werden.

Shane ließ es bewegungslos über sich ergehen, dass Deacon ihm den Eisbeutel vorsichtig ans Kinn presste. Deacons Professionalität war anzumerken, dass er und Crick früher als Sanitäter gearbeitet hatten.

„Wo willst du eigentlich hin?“, fragte Deacon. „Wenn wir auch auf deine Tiere aufpassen, meine ich. Wo bist du in der Zeit?“

„In Gilroy“, antwortete Shane. Er erwähnte die Renaissance Faire nicht. Wenn Deacon nichts darüber wusste, konnte er Benny auch nicht das Geld anbieten, das Shane ihr geben wollte.

Deacon rümpfte die Nase und zuckte mit den Schultern. Offensichtlich hatte Shanes Antwort ihn nicht zufriedengestellt. Gilroy war nicht gerade ein selbstverständliches Ausflugsziel – viel Farmland, viel Weideland, wenig Siedlung.

„Meine Schwester kommt nach Gilroy“, erklärte Shane.

„Du hast eine Schwester?“, fragte Crick und ließ sich in den Gartenstuhl fallen, der am Geländer stand. „Wow. Und ich dachte, ich würde dich kennen.“

Shane zog sarkastisch eine Augenbraue hoch. Tatsache war, dass er noch weniger sprach als Deacon. Jeder wusste das. „Ich habe sie seit Jahren nicht gesehen“, erwiderte er. Nicht seit der Beerdigung seines Vaters; aber sie sprachen ein oder zweimal im Jahr miteinander. Als Shane im Krankenhaus lag, hatte sie ihm Blumen und einen Brief geschickt. Verdammt, Shaney – such’ dir einen anderen Job oder lerne, wie man in Deckung geht. Ich bin viel zu sehr mit meinem eigenen Mist beschäftigt, um die Zeit zu haben, um dich zu trauern. Also darfst du nicht sterben. Seitdem hatte er einige Postkarten und Anrufe von ihr bekommen, ab und zu hatte er auch zurückgerufen. Sie hatte ihn vor einem Jahr schon zu ihrer Vorstellung eingeladen, und da er noch Urlaub hatte, wurde es Zeit, diese Einladung anzunehmen.

„Was macht sie denn in Gilroy?“, wollte Deacon wissen. Gilroy war drei Autostunden entfernt und lag irgendwo zwischen Kleinkleckersdorf und dem Arsch der Welt.

Shane musste lächeln, so unwahrscheinlich würde sich die Antwort auf Deacons Frage anhören. „Glaubst du mir, wenn ich dir sage, dass sie tanzt?“

Er konnte es kaum abwarten, sie wiederzusehen. Sie war wunderschön, wenn sie tanzte.

2

 

 

„And so they linked their hands and danced, Round in circles and in rows …“

Loreena McKennitt, The Mummers’ Dance

 

SHANE WAR schon immer gerne gefahren. Das war einer der Gründe, warum er sich den GTO gekauft hatte. Beim Fahren konnte er alles andere vergessen, konnte Rockmusik hören, so laut er wollte, konnte die Kraft des Motors spüren, wenn er über die Straße schoss. Für Shane war es wie eine Form der Meditation.

Ein Teil der Strecke führte ihn über einen zweispurigen Highway, der sich die Küste entlang durch die braunen Hügel windete. Er war früh aufgebrochen und der Verkehr hielt sich noch in Grenzen. Das Geräusch der schweren Reifen, die über den Asphalt brausten, hatte etwas Beruhigendes. Dazu noch Bruce Springsteen in Stereo und Shane war glücklich. Nach einiger Zeit verließ er die Straße und hielt an einer der Attraktionen des Highways an.

Casa de Fruta war ursprünglich nur ein einfacher Obststand am Straßenrand gewesen. Dann hatten die Eigentümer ein Restaurant und einen kleinen Souvenirladen hinzugefügt. Die Kombination übte einen besonderen Charme aus und Shane kam sich vor, als hätte er während einer gefährlichen Reise plötzlich Tom Bombadills Haus entdeckt. Auf dem angrenzenden Gelände fand schon seit einigen Jahren die Renaissance Faire statt, die jeden Herbst ausgerichtet wurde und acht Wochen dauerte. Shane fuhr über den staubigen Schotter. Er hatte extra etwas mehr Geld für einen der VIP-Standplätze bezahlt.

Gilroy war nach einem langen, heißen Sommer ein staubiger, ausgedörrter Landflecken, doch die Renaissance Faire verwandelte es in einen magischen Ort, an dem sich die Fantasie der Menschen auf bewundernswerte Weise Bahn brach. Wieder musste Shane an Tom Bombadills Haus aus Herr der Ringe denken.

Shane trug alte Jeans und ein T-Shirt, das er auf einem Konzert von The Who gekauft hatte. Die alten Bands wurden wieder populär, aber das hatte er schon immer vorausgesagt. Als er den Wagen abgestellt hatte und sich auf den Weg über den Parkplatz machte, kam er sich etwas fehl am Platz vor. Er war einer der wenigen Menschen hier, der kein Kostüm trug.

Die Kostüme für Männer waren vielfältig. Einige trugen enge Lederhosen, die in hohe Schaftstiefel gesteckt wurden und zu denen ein Leinenhemd mit Lederweste gehörte. Andere waren in weite Pluderhosen aus Baumwolle gekleidet, zu denen sie eine langärmelige, weit geschnittene, blusenartige Tunika und ebenfalls eine Weste trugen. Und jeder – wirklich jeder – hatte irgendeine Art von Hut auf. Einige der Kopfbedeckungen waren aus Leder, andere aus Leinen, Cord oder Filz. Und wenn die Materialien schon sehr vielfältig waren, so waren die unzähligen Stilrichtungen noch beeindruckender. Die Farben der Kostüme reichten von bunt und knallig bis zu elegant und neutral. Jedes Ensemble war einmalig und sie waren so unterschiedlich wie die Männer, die sie trugen.

Und das waren nur die Männer.

Die Frauen standen ihnen in nichts nach in ihren Kombinationen aus Rock und geschnürtem Oberteil, das ihre Brüste großzügig zur Schau stellte. Manche der Frauen zeigten auch Schenkel durch ihre Bänderröcke. Shane genoss ihren Anblick; durch seine monatelange Enthaltsamkeit war es ihm egal, für welches Team er spielt – solange er nur spielen konnte. Die vollen Brüste der kostümierten Frauen waren für ihn genauso verführerisch, wie die eine oder andere nackte, behaarte Männerbrust. Hauptsache, es versprach die Chance auf Hautkontakt, und zwar in absehbarer Zukunft.

Er kam an einer Familie vorbei – Mom, Dad und zwei Teenager –, alle perfekt und dem Anlass entsprechend gekleidet. Die mehr als voluminös gebaute Mutter führte noch zwei kleinere Kinder an der Hand, die ebenfalls kostümiert waren. Ihr Busen war nicht mehr so gut in Form wie bei den jüngeren Frauen, aber das hielt ihren Ehemann nicht davon ab, seine Frau anzuhalten, um sie in dem Mieder ‚zurechtzurücken‘, bis er mit ihrem Sitz zufrieden war.

Shane war froh, dass er seine Sonnenbrille trug und so die glückliche Ren Faire Familie unbemerkt beobachten konnte. Er mochte sie. Die beiden Kleinen wären am Ende des Tages wahrscheinlich übermüdet und quengelig. Als der Teenager seine kleine Schwester in ihrem Prinzessinnenkostüm hochhob und durch die Luft schwang, musste Shane an Deacons kleine Familie in Levee Oaks denken, zu der er jetzt auch gehörte. Er wollte seinen Prinzessinnen – Benny, Parry Angel und der kleinen Lila – die schönsten Sachen mitbringen, die er finden konnte. Und für Drew wollte er eine Mütze kaufen, so wie Robin Hood sie trug. Er freute sich schon darauf, der großzügige Onkel für seine kleine Familie zu sein, und wenn er dafür das ganze Geld, das nutzlos auf seinem Bankkonto lag, auf der Renaissance Faire ausgeben musste.

Seine Erregung legte sich wieder, als er sich an den wahren Zweck seines Besuchs erinnerte.

Er war hier, weil er nicht nur in Levee Oaks eine Familie hatte.

Shane besorgte sich ein Ticket und betrat das Festivalgelände durch einen hohen Bogen aus Holz. Eine fröhliche junge Frau drückte ihm ein Programmheft in die Hand und begrüßte ihn in einem übertriebenen, alten Englisch, das genauso wenig authentisch war wie Shanes Jeans und sein T-Shirt. Es hörte sich trotzdem charmant an.

Shane warf einen Blick auf das Programm und ging dann nach links, wo sich die Stände mit den Speisen und Getränken befanden und wo seine Schwester in fünfzehn Minuten auftreten würde.

Er kaufte sich eine Limonade und einen Imbiss, der ‚Kröte im Loch‘ hieß und sich als ein eine Art Fleischpastete entpuppte. Dann setzte er sich auf einen Heuballen und beobachtete das Publikum, während er auf den Auftritt seiner Schwester wartete. Es lohnte sich.

„Ein hübsches Kostüm, nicht wahr?“

Shane drehte sich zu der Stimme um und sah sich der korpulenten Mutter gegenüber, die eines ihrer Kinder auf dem Schoß hatte und ihn angrinste. Dann sah er wieder auf das Objekt seiner Bewunderung – einen Riesen von Mann, der eine Lederrüstung trug, die mit silbernen Beschlägen verziert war (oder war es doch nur rostfreier Stahl?). An der Hüfte des Riesen hing ein Langschwert. Er musste über einsneunzig groß sein und seine langen, schwarzen Haare hingen ihm über den Rücken bis auf die Hüften.

Merkwürdigerweise hatte Shane tatsächlich nur das Kostüm bestaunt.

„Es ist wunderbar“, sagte er zu der netten Frau. „Wo kann man das wohl kaufen?“ Er sah auf ihren bunten Rock, der eigentlich aus mehreren Lagen von Röcken bestand, und ihr mit Blumen bedrucktes Mieder, dessen Farben in keiner – wirklich keiner – Weise zu den Farben ihres restlichen Kostüms passen wollten.

„Du wirst es schon finden“, meinte sie. „Wenn du gegessen hast, geh den Pfad dort zu den Ständen mit Kleidern und Zubehör. Dort findest du alles, was du für ein Kostüm brauchst; was immer dir auch gefällt. Du bist als normaler Kerl in Jeans und T-Shirt gekommen, aber wenn du willst, kannst du als Ritter in glänzender Rüstung wieder gehen.“

Das kleine Mädchen auf ihrem Schoß trank einen Schluck Limonade und strich sich die feuerroten Haare aus dem Gesicht. „Ich will kein Ritter werden. Ich will eine Prinzessin sein!“

„Aber sicher, mein Baby“, sagte die Mutter trocken. „Du kannst gar nichts anderes sein, als eine Prinzessin.“ Sie sah Shane an. „Du kannst auch eine Prinzessin sein“, meinte sie nüchtern und er lachte laut, weil sie so nett war und weil sie ihn, wie Deacon, so freundlich willkommen geheißen hatte.

„Vielleicht von beidem etwas“, erwiderte er augenzwinkernd und sie lachte. Dann kam ihr Mann, vollbepackt mit Snacks und anderen Köstlichkeiten, und die kurze Illusion, Teil einer kleinen Familie zu sein, zerplatzte wieder. Auf dem Platz vor ihnen begann Musik zu spielen. Shane stand auf und ging durch die versammelten Besucher weiter nach vorne, weil er seine Schwester tanzen sehen wollte.

Kimmy hatte in ihrem letzten Schuljahr einen Wachstumsschub erlebt und war jetzt einen Meter siebzig groß. Es hatte ihr das Herz gebrochen, denn Tänzerinnen mussten klein und zierlich sein, um von ihren Partnern über den Kopf gehoben oder durch die Luft gewirbelt werden zu können. Außerdem belasteten die Größe und das höhere Gewicht die stark beanspruchten Gelenke und Sehnen noch zusätzlich. Trotzdem hatte Kimmy sich nicht entmutigen lassen und weiter getanzt.

Sie hatte auch weiter getanzt nach der Verletzung, die ihre Karriere bei einem der besten Tanzensembles von L.A. beendet hatte. Sie hatte sich Arbeit gesucht, wo immer sie welche finden konnte. Vor zehn Jahren war sie auf die Festivals gestoßen, die rund ums Jahr Tänzer buchten. Es gab Renaissance Faires, Celtic, Tudor, Wikinger und noch alle möglichen anderen Faires. So hatte sie fast an jedem Wochenende Arbeit und konnte weiterhin ihr Geld mit dem verdienen, was sie liebte – dem Tanzen. Kimmy hatte Shane immer wieder erklärt, dass die Faires vor allem einen professionellen Auftritt, Erfahrung und athletische Fähigkeiten erforderten. Es war nicht nötig, einen jugendlichen, unverletzten Körper zu haben, der den ständig wechselnden Moden der städtischen Tanzensembles gewachsen war.

Die sinnliche Frau, die als Titania kostümiert die Rundbühne betrat, erfüllte diese Erfordernisse bis ins letzte Detail. Sie war professionell, erfahren, athletisch und anmutig. Und sie hatte Muskeln und Fleisch auf den Knochen, worüber Shane besonders erleichtert war. Die Zeiten, in denen Kimmy kaum gegessen hatte, um ihr Gewicht zu halten, waren vorbei. Sie war wunderschön. Sie trug ein grünes, eng anliegendes Trikot. Die langen, braunen Haare mit den blonden Strähnen fielen in sanften Wellen über ihren Rücken. Die braunen Augen warfen dem Publikum geheimnisvolle Blicke zu, als sie stehenblieb und kurz abwartete, bevor sie nach einem der langen Tücher griff, die von einem fest verankerten Gestell direkt über der Bühne herabhingen.

Während sie nach oben kletterte, betrat ein kostümierter Tänzer die Bühne. Sein Oberkörper war frei und er trug eine Hose aus Fell. Er hatte spitze, haarige Ohren, lange Haare und stark geschminkte Augenbrauen. Der Mann stellt Puck dar, und als Puck erzählte er die Geschichte von Titania, die von Oberon verführt wurde. Shane war hingerissen. Ihm entging nicht, dass Kimmys Füße und Knie bandagiert waren, weil sie offensichtlich immer noch unter den Folgen ihrer Verletzung litt. Aber ihr Körper bewegte sich wie Seide im Wasser und zeigte deutlich, wie sehr sie ihren Tanz liebte. Ihr geheimnisvolles Lächeln kam nicht einmal ins Wanken, als sie ihren Körper durch die Tücher bewegte und durch die Luft wirbelte. Es war schwere, harte Arbeit, aber Kimmy war immer noch mit ganzem Herzen dabei, wie auch die Haare bewiesen, die in ihrem schweißgebadeten Gesicht klebten. Sie hatte gelernt, dass alles sein Preis kostete, besonders dann, wenn man es wirklich liebte.

Shane sah seiner Schwester mit stolzgeschwellter Brust zu. Er hatte sich immer gewünscht, sich so geschmeidig und elegant bewegen zu können, wie er sich im Herzen fühlte, und dort auf der Bühne machte es ihm seine Zwillingsschwester vor. Es war wunderschön. Sie war wunderschön.

Dann kam Oberon und Shanes Verstand setzte aus.

Oberon sollte durch einen Wald tanzen, bevor er Titania erblickte und von ihrem Anblick bezaubert wurde. Shane war bezaubert vom Anblick Oberons.

Er war zierlich und nicht sehr groß, vielleicht vier oder fünf Zentimeter kleiner als Kimmy. Seine blond gelockten Haare fielen ihm zu einer Spitze gekämmt zwischen die mandelförmigen, blaugrauen Augen. Er war … so anmutig, so schön. Er hatte hohe, slawische Wangenknochen, einen Schmollmund und ein spitzes Kinn mit Grübchen, und als er sich über die Bühne bewegte, setzte Shanes Herz einen Schlag lang aus und schmolz dann wie Eis in der Sonne.

Er bewegte sich wie Poesie, wie Musik. Vögel waren tollpatschiger, Katzen waren ungeschickter und Schlangen waren nicht so sinnlich wie Oberon. Die Musik war langsam und Oberon tanzte voller Kraft. Er tanzte nicht, wie auf einer professionellen Bühne, mit Ballettschuhen. Er tanzte barfuß. Seine Füße waren bandagiert, so wie Kimmys, und ließen auf eine Verletzung oder Schmerzen schließen, aber er bewegte sich voller Kraft und Geschmeidigkeit, als würden die Grenzen, die ihm sein Körper setzte, keine Rolle spielen.

Langsam streckte er das Bein parallel zum Boden vor sich aus. Genauso langsam griff er nach seinem Fuß und zog das Bein hoch, bis der Fuß direkt in den Himmel zeigte. Dann beugte er sich nach hinten und fasste nach den Tüchern, um sich nach oben zu ziehen und Kimmy bei ihren Lufteinlagen Gesellschaft zu leisten. Puck erzählte davon, wie Titania sich in den tanzenden Oberon verliebte.

Bitte, Gott, bitte lass ihn Männer lieben.

Shane schämte sich etwas über seine Gedanken. Er hatte sowieso keine Chance. Nicht einmal die Chance einer Chance hatte er bei einem solchen Mann, der jetzt nach Kimmys Hand griff sich dort oben in den Tüchern mit ihr drehte, Hand in Hand, die Beine in die Tücher geschlungen und die Körper über dem Boden ausgestreckt.

Oh Gott. Shane konnte kaum glauben, die gleiche Luft zu atmen.

Aber es wäre ein schöner Traum, dachte er, während er den geschmeidigen Körper mit seinen sehnigen Muskeln nicht aus den Augen ließ. Es kam sich vor wie eine glücklich verheiratete Frau in mittleren Jahren, die herausfand, dass ihr Lieblingsschauspieler schwul war. Es musste ihr das Herz brechen, dass sich ihr Traum selbst in der Fantasie nicht erfüllen ließ.

Shane wollte trotzdem wissen, ob es eine Chance gab, ihn jemals zu berühren. Sein Herz klopfte wie wild. Nur um die Chance zu wissen … zu wissen, dass diese Schönheit ihn auch nur berühren könnte, machte die Enthaltsamkeit vielleicht lohnenswert.

Der Tanz ging weiter und die Zeit schien still zu stehen. Als es vorbei war, applaudierten Shane und die anderen Zuschauer den drei Künstlern, die auf der Bühne standen und sich verneigten. Dann sammelten sie mit einem kleinen Korb Trinkgelder ein. Shane wartete ab, bis sich das Publikum etwas verlaufen hatte, dann ging er zur Bühne und warf einen Zwanziger in den Korb, den Kimmy ihm hinhielt. Sie sah überrascht auf.

Als sie ihn erkannte, gab sie den Korb an Oberon weiter und sprang mit einem lauten Schrei in seine Arme. Ihre Begeisterung allein war die dreistündige Fahrt nach Gilroy wert gewesen.

„Du bist gekommen! Oh, mein Gott! Shaney, du bist gekommen!“

Shane lachte und umarmte sie, dann hob er sie hoch und schwang sie im Kreis. „Wie viele Schwestern habe ich denn, mein Herz?“, fragte er, während er sie wieder auf den Boden stellte. Drei, beantwortete er sich seine Frage, drei, wenn ich Benny und Amy mitzähle.

„Hast du es gesehen? Hat es dir gefallen?“, fragte Kimmy und sprang aufgeregt auf und ab. Dann blieb sie stehen und wurde rot. „Sorry, ich … ich sollte nicht immer nur an mich denken.“ Sie verstummte und dachte nach wie ein Schulmädchen, das sich an seinen Stundenplan erinnern musste. „Wie war die Fahrt? Gefällt dir die Faire? Wie lange kannst du bleiben?“

„Ich kann den ganzen Tag bleiben, Kim. Ich habe ein Hotelzimmer, aber morgen muss ich früh zurückfahren. Ich dachte, wir könnten heute Abend vielleicht zusammen essen gehen oder so. Deine Freunde können ja mitkommen.“ Er sah Oberon und Puck an, die in der Nähe standen und genau beobachteten, wer der Riese war und was er mit ihrer Titania machte.

Kimmy strahlte ihn an und Shane vergaß für einen kurzen Augenblick ihren hübschen Kollegen. Seine Schwester war wirklich glücklich, ihn hier zu sehen.

„Du bleibst noch?“, fragte sie zögernd und Shane lächelte sie an. Er war verdammt froh, gekommen zu sein.

„Ja. Wie oft trittst du heute noch auf?“

„Was … Mikhail! Noch drei Auftritte?“ Sie nahm Shane an der Hand und drehte sich zu Oberon um, der nicht die geringsten Anstalten machte, die beiden allein zu lassen und in dem Trubel zu verschwinden.

„Du hast noch drei Auftritte“, sagte er mit einem leichten Akzent in der Stimme. „Ich habe noch einen zusätzlich.“

„Oh ja, stimmt“, meinte Kimmy und runzelte die Stirn. „Das hatte ich vergessen. Mikhail ist kein normales Mitglied in unserer Truppe. Er ersetzt Kurt, solange der noch nicht wieder ganz gesund ist.“ Ihre Stimme wurde lauter, als sie den beiden Männern über die Schulter etwas zurief. „Obwohl wir uns freuen würden, wenn er zu uns käme. Stimmt doch, Brett, oder?“

„Ich wäre ganz dafür“, erwiderte Brett und wackelte anzüglich mit den Augenbrauen. Mikhail warf Shane einen verstohlenen Blick zu und wurde rot.

Shane gab sich Mühe, weiter nach vorne zu sehen und sich nicht umzudrehen, um ihn anzustarren. Was hatte die Röte zu bedeuten? War es das, was er vermutete? Es war ihm egal, was Brett für Mikhail bedeutete. Aber warum war er rot geworden?

„Ich bin in dieser Saison sehr beschäftigt“, sagte Mikhail leise. „Wenn ihr danach noch Platz für mich habt, mache ich gerne bei euch mit. Das weißt du doch, Kim.“

Kim sah ihn zärtlich an. „Ja, das weiß ich.“

„Wohin gehen wir?“, wollte Shane wissen, als er an den Ständen und Zelten vorbei gezogen wurde. Die Verkäufer waren alle in Kostümen und priesen mit lauten Worten ihre Waren an.

„Ich muss mein Kostüm wechseln“, erwiderte Kimmy lachend und zog ihn zu einer Gruppe kleiner Zelte, die sich hinter den Ständen am Rand des Geländes befand. „Und danach besorgen wir passende Kleidung für dich. Du fällst hier auf wie ein bunter Hund. War das deine Absicht?“

Shane warf Mikhail aus den Augenwinkeln einen Blick zu und wurde rot. „Nein“, sagte er verlegen. „Bunte Hunde sind Freiwild.“ Gott. Hatte er das wirklich gerade gesagt? „Mein Gott, Shane. Könntest du nicht ein einziges Mal nicht so verdammt psychopathisch sein?“ Vielen Dank auch, Brandon, du Arschloch. Jetzt hast du dich schon in meinem Kopf eingenistet.

Mikhail hob nur den Kopf und lächelte ihm zu. „Da