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Wir gehen in diesem Leitfaden auf Aspekte der Ernährung in Bezug auf rheumatische Erkrankung ein unter Berücksichtigung aktueller Studien. Im Weiteren stellen Betroffene und Experten praktische Rezepte vor. Aus dem Inhalt: - Basis für eine gesunde Ernährung - Omega 3 Fettsäuren - Mikrobiom - TCM
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Seitenzahl: 61
Veröffentlichungsjahr: 2019
Autoren
Giorgio Tamborrini, Basel
Raphael Micheroli, Mollis
Django Russo, Zürich
David Faeh, Bern
Unter der Mitarbeit und mit Rezepten von
Arne Schulz
Melanie Saxer
Stephan Moor
Ursula Mäder
Monika Brodbeck
Aik Welzl
Petra Müller
Einleitung
Grundlagen zur Ernährung bei Rheuma
Die Basis für eine gesunde Ernährung
Risiken des Fleischkonsums
Omega-6 versus Omega-3
Ihr Essen soll Sie Gesund machen
Praktische Umsetzung
Ernährung bei Rheumatoider Arthritis
Ihr Lebensstil und seine Wirkung auf Gelenkentzündungen
Ernährung aus der TCM-Sicht
Rezepte
Literatur zu den Kapiteln 1. – 7
Gaius Plinius Secundus Maior hat im 1. Jahrhundert geschrieben: “Es ist der Bauch, für dessen Befriedigung die meisten Menschen arbeiten. Es ist aber auch der Bauch, der für die meisten Menschen Leiden bringt.“
In 75 Lebensjahren nimmt ein Mensch in der westlichen Welt im Durchschnitt 30 Tonnen Lebensmittel ein und trinkt ca. 50’000 Liter Flüssigkeit. Bereits die alten Ägypter beschrieben, dass die meisten Menschen zu viel und ungesund essen würden. Es wird von den Ägyptern folgendes Zitat überliefert: „Von einem Viertel dessen, was wir verzehren, leben wir, von den restlichen drei Vierteln leben die Ärzte.“ Sowohl die Ägypter als auch die Römer erkannten somit: Die Ernährung ist eine Notwendigkeit und gleichzeitig auch Befriedigung eines jeden Menschen, die auch negativ behaftet sein kann.
Wenn wir in diesem Leitfaden über „Ernährung bei Rheuma“ schreiben, müssen wir auch den Begriff „Rheuma“ kurz präzisieren. Die Rheumatologie umfasst über 200 verschiedene Krankheitsbilder, wovon ungefähr 100 Gelenkbeschwerden verursachen können. Gelenksbeschwerden können verschiedene Ursachen haben; bei einem Befall des Gelenks kann man z.B. zwischen einer Arthritis und einer Arthrose unterscheiden. „Arthritis“beschreibt eine entzündliche Erkrankung eines oder mehrerer Gelenke. „Arthrose“ wird mit Abnutzung eines Gelenkes aufgrund unterschiedlicher Ursachen oder Veranlagung gleichgesetzt.
Bei der Therapie einer Gelenkserkrankung ist es jeweils unabdingbar, dass der behandelnde Rheumatologe bei jedem Patienten1 eine spezifische Diagnose stellen kann. Die exakte Diagnose ist entscheidend für die entsprechende gezielte medikamentöse oder nicht-medikamentöse individuell unterschiedliche Therapie. Das Ziel ist dabei, unabhängig von der Erkrankung, einen Gelenksschaden vorzubeugen und die Funktionalität des Gelenkes zu bewahren.
Wir gehen in diesem Leitfaden zuerst auf die Aspekte der Ernährung in Bezug auf deren mögliche Wirkung auf eine Gelenksentzündung ein. Im Weiteren werden praktische Rezepte von Betroffenen und Experten vorgestellt. Wir betonen bereits an dieser Stelle, dass eine Anpassung oder Umstellung der Ernährung aufgrund der jetzigen wissenschaftlichen Erkenntnisse nur begleitend anzuwenden ist und die eigentliche Behandlung und medikamentöse Therapie einer zugrundeliegenden entzündlichen Gelenkserkrankung nicht ersetzt.
In Tabelle 1 sind zur Übersicht einzelne konventionelle Behandlungsoptionen aufgelistet, zu denen zusätzlich eine ärztlich begleitete Ernährungsumstellung besprochen werden könnte. Es ist hierzu anzumerken, dass die Tabelle lediglich eine Übersicht bietet und nicht vollständig ist.
Tabelle 1 (Konventionelle Behandlungsmethoden in der Rheumatologie)
1 Zur besseren Lesbarkeit wird in der Folge ausschliesslich die männliche Form (der Patient, der Rheumatologe) verwendet. Die weibliche Form ist selbstverständlich immer miteingeschlossen.
Ausgewogene Ernährung, Supplemente
Eine ausgewogene Ernährung ist wichtig, da nur so sämtliche für den Körper notwendigen Nährstoffe in ausreichender Menge zur Verfügung gestellt werden. Dies bildet die Grundlage jeglicher Ernährung oder Ernährungsumstellung. Eine ausgewogene Ernährung kann durch Supplemente ergänzt, jedoch nicht ersetzt werden. In der Anfangsphase einer Ernährungsumstellung können Supplemente aber hilfreich sein, um die vorhandenen Nährstoffmängel möglichst rasch zu substituieren.
Erhöhter Eiweissbedarf, eventuell Supplementation von Vitaminen
Patienten mit entzündlichen Erkrankungen des Bewegungsapparates haben in der Regel einen etwas erhöhten Eiweissbedarf, da dieser bei entzündlichen Erkrankungen durch vermehrten Verbrauch steigt. Im Weiteren ist es wichtig, allenfalls antioxidative Vitamine oder Mineralstoffe einzunehmen, falls diese nicht schon genügend in der etablierten Ernährungsweise enthalten sind. Dazu gehören beispielsweise Vitamin C, Vitamin E, Betakarotin sowie die Mineralstoffe Kupfer, Eisen, Zink und Selen.
Die Rolle der Fettsäuren
Einen besonderen Stellenwert haben die Fettsäuren (Abb. 1). Es gibt verschiedene Formen von Fettsäuren. Bei entzündlichen Krankheiten ist insbesondere die ungünstige Arachidonsäure hervorzuheben: Diese stellt eine Vorstufe für sogenannte Entzündungsmediatoren dar, deren Einnahme bei entzündlichen Erkrankungen zu meiden ist. Arachidonsäuren werden aus Omega6-Fettsäuren verstoffwechselt. Diese verstecken sich zum Beispiel in Margarinen, Sonnenblumenölen, diversen Mayonnaisen und Fertigsaucen.
Es gibt jedoch auch Fettsäuren, die eine Hemmung der Entzündung bewirken können; Omega-3-Fettsäuren im Speziellen wirken entzündungshemmend und können dadurch einen schmerzlindernden Effekt haben.
Omega-3- wie auch Omega-6-Fettsäuren sind sogenannte „essentielle Nährstoffe“, was bedeutet, dass sie lebensnotwendig sind und nicht vom Körper selbst hergestellt werden können. Relevant für den Körper in Bezug auf eine Entzündung ist das Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren.
Abb. 1
Aus dem oben gezeigten Stoffwechselschema der Fettsäuren ist herauszulesen, dass Nahrungsmittel mit Omega-3-Fettsäuren zu bevorzugen sind und Omega-6-Fettsäuren, insbesondere die A-rachidonsäure und die daraus entstehenden Entzündungsstoffe (Eicosanoide), zu vermeiden sind. Genügend Vitamin E- und Vitamin C-Zusatz ist notwendig, um ein Oxidieren von ungesättigten, „guten“ Fettsäuren in gesättigte, „schlechte“ Fettsäuren zu vermeiden.
Fragt man die Patienten, welche Nahrungsmittel aus ihrer Erfahrung entzündungsauslösend sind, so werden folgende Angaben gemacht:
Nachfolgend gehen wir kurz auf die beiden Fettsäureklassen (Omega-3 und Arachidonsäuren) im Speziellen ein.
Omega-3-Fettsäuren sind entzündungshemmend. Eine hohe Zufuhr an Omega-3-Fettsäuren hemmt die Umwandlung von Linolsäure zu Arachidonsäure. Alpha-Linolensäure – eine dreifach ungesättige Omega-3-Fettsäure - kommt in Leinen, Raps, Portulak und Weizenkeimöl vor. Im Weiteren auch in anderen Leinsamen und Walnüssen, teilweise auch in Sojaprodukten, Linsen und grünen Pflanzen. Eine andere mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäure ist die Eicosapentaensäure, die nachweisbar ein starker Entzündungshemmer ist. Eicosapentaensäure kommt praktisch nur in Fischöl, insbesondere von folgenden Fischen, vor: Hering, Makrele, Lachs, Sardinen, Sardellen und Thunfisch.
Arachidonsäure (Omega-6-Fettsäure) ist ein direkter Vorläufer von Entzündungsstoffen. Sie kommt in tierischen Lebensmitteln vor, wie Schmalz, (fettes) Fleisch, Wurst, Aufschnitt, Speck, Eiern, (vollfetten) Milchprodukten, Butter, Rahm, sowie (fetten) Fischen. Die Einnahme von Arachidonsäure-haltigen Nahrungsmitteln sollte von Patienten mit entzündlichen rheumatischen Erkrankungen auf ein Minimum reduziert werden, möglichst auf weniger als 50 mg pro Tag. Wenn Arachidonsäuren die durchschnittliche Menge von 200-400mg (ca. Wert bei einer Mischkost) überschreiten, werden die günstigen Omega-3-Fettsäuren verdrängt. Die an sich neutrale Omega-6-Fettsäure Linolsäure kann ebenfalls bei zu hoher Einnahme das Verhältnis zwischen Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren negativ beeinflussen. Linolsäure ist besonders reichlich enthalten in Distelöl, Sonnenblumenöl, Traubenkernöl, auch Olivenöl, pflanzlichen Margarinen, Nüssen, Samen und Kernen. Nach Möglichkeit sollte man diese Nahrungsmittel aus oben genanntem Grund nicht im Übermass konsumieren. Aber: Nüsse und Samen sind wertvolle Eiweiss- und Ballaststoff-Träger und Olivenöl verhält sich aufgrund des hohen Ölsäure-Gehalts neutral.
Nüsse enthalten viele Fette und daher auch mehr Kalorien (Beispiel: Walnüsse haben mehr Kalorien als Pommes Chips!), dennoch führen sie in der Regel nicht zu einer Gewichtszunahme. Unverarbeitete, nicht gesalzene oder geröstete Nüsse sättigen schnell und Mandeln können zu einer Gewichtsreduktion führen. Der Körper scheint bei den fettreichen Nüssen die Aufnahme im Körper selber und sinnvoll zu regulieren.
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