Erzählung eines Lebens - Franz Blei - E-Book

Erzählung eines Lebens E-Book

Franz Blei

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Beschreibung

Tausendsassa Franz Blei, Schriftsteller, Übersetzer und Literaturkritiker, Entdecker und Förderer bedeutender Autoren, erzählt sein aufregendes Leben. Blei lebte in Wien, München und Berlin, bevor er 1932 aus finanziellen und politischen Gründen nach Mallorca emigrierte. Mit Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs begann eine leidvolle Odyssee, die ihn über Wien, Florenz, Lucca, Cagnes-sur-Mer, Marseille und Lissabon nach New York führte. Bekannt wurde Blei vor allem als Essayist, sowie als Herausgeber von Zeitschriften und erotischen Texten bzw. philosophischer Essays über Pornografie. In einer seiner Zeitschriften - Hyperion (1908-1910 im Verlag Hans von Weber, München) - debütierte Franz Kafka. Er übersetzte Charles Baudelaire, Paul Claudel, Choderlos de Laclos, Marcel Schwob, André Gide, Nathaniel Hawthorne, Edgar Allan Poe und Oscar Wilde. Darüber hinaus publizierte er als Herausgeber u. a. Robert Walser, mit dem er zeitlebens befreundet war. Sein bekanntestes Werk als Schriftsteller und Kritiker ist Das große Bestiarium der deutschen Literatur. Die Erzählung seines Lebens ist ein bemerkenswertes Erinnerungsbuch; Blei ist ein genialer Erzähler und Porträtist.

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Vom Sparen als einer Tugend - Die Kräfte der Armut

Bauern - Weber - Ein Prophet - Läuse und Zahlen

Der Mehrwert - Die Rivalin - Von Tugenden

Haus und Garten

Erste Abenteuer - Nachbarskinder - Die Frau

Das kleine Fräulein - Cendrillon - Der Schulweg - Thron oder Altar

Die Mönche - Die Lehrer - Die Buben

Junge Jugend - Organisierte Jugend

Das Zuchthaus - Der Dieb - Der Selbstmörder - Richard Wagner

Die Trompeter - Molly - Ellie - Der Revolver

Die Bücher - Die kleinen Reisen – Helene

Herder - Basarow - Nietzsche

Tschandala - Bebel und Viktor Adler - Die Arbeiter

Der Studentenverein - Der Genosse Lehrer - Bruckner

Das süße Mädel - Erwartung - Erfüllung - Steffi

Abschied und Aufbruch

Zürich - Gottfried Keller - Der alte Bodmer

Die Genossen - Böcklin - Vor Sonnenaufgang - Die schöne Schwarzwälderin

Die Hochschule - Julius Platter - Richard Avenarius

Der deutsche Naturalismus und der Fortschritt

Liebesgeschichte - Alfred Adler - Die Graburne

Zwei junge Tiere

Edouard Rod - Amiel - Bakunin - Georg Karageorgewitsch

Lenin

Der politische Führer

Die Studentenrevolte - Der Kongreß - Die Achse des Lebens

Das Examen - Galiani - Das ancien régime

Gäste in Zürich - Grenze - Die Blätter

Wedekind

Carl Hauptmann

Swinburne

Robert Walser

Aubrey Beardsley

Interessante Begegnung

Variation der interessanten Begegnung

Metaphysische Schwermut

Lächerliches Abenteuer

Notizen aus einem amerikanischen Tagebuch

Die Insel und ihre Bewohner

O. J. Bierbaum

R. A. Schröder

Max Dauthendey

Nicht unwichtige Zwischenbemerkung

Die Scharfrichter - Ein Theaterprogramm - Lautensack

O. Krzyzanowski

München - Der Simplicissimus - Heine - Gulbransson

Alfred Kubin - Max Meyerhofer - Die Kayserlinge

Germaine und Annette

Hermann Bahr

Hugo von Hofmannsthal

Eine alte Dame

André Gide

Marcel Schwob - Rémy de Gourmont

Rudolf Borchardt

Die Münchner Klubs - Manuel - Melchior - Schennis - Schrenck-Notzing

Die Kirche - Die Zeugen

Der Mann ohne Eigenschaften

Das Experiment des Denkens und das Irrationale des Eros

Carl Sternheim - Der Schauspieler

Rainer Maria Rilke

Robert Musil

Gütersloh

Das Philosophieren - Max Scheler

August 1914 - Rietzler - Jaurès

Die Revolution in Wien

Die Wiederkehr der Politiker

Der Antichrist

Verabschiedung des Lesers

Über den Autor

Impressum

Hinweise und Rechtliches

E-Books im Reese Verlag:

Franz Blei

Erzählung eines Lebens

Einleitung

… a tale, told by an idiot and signifying nothing.

Shakespeare

Und jeder glaubt ein All zu sein

Und jeder ist im Grunde nichts.

Platen

Patience! Patience! Patience!

Paul Valéry

Ein Schriftsteller tut nichts anderes, als daß er das Wesentliche seines Lebens und Erlebens - oder das, was er dafür hält - schreibend mitteilt. Rückt er sich mit einem besonderen autobiographischen Versuch gewissermaßen noch näher auf den Leib, so problematisiert er sich auf eine höchst ungewöhnliche Weise. Er soll, immer des schreibenden Mittels sich bedienend, durch den Schriftsteller durch, über ihn weg, unter ihm vorbei gelangen zu einer Art höheren Privatperson, die den Schriftsteller nur als einen Teil einbegreift. Wo befindet er sich also?

Das Leben ist zu kurz, als daß man das Haar viermal zu spalten Zeit hätte. Und das Leben ist wieder zu lang, als daß man den Überfluß an Zeit besser verwenden könnte als damit, das Haar viermal zu spalten. Damit ist vielleicht die Paradoxie der Schriftstellerexistenz umschrieben.

Ich muß den Leser, an den die Einladung dieses Buches ergangen ist, an einigen Überlegungen teilhaben lassen, die ich anstellte, bevor ich es zu schreiben mich entschloß. Ist es immer gut, sich vor einem solchen Unternehmen einige Gedanken zu machen, so ist es in diesem Falle ganz unerläßlich.

Ich mußte mich, als meinen Biographen, doch vor allem fragen, ob er auch sicher ist, den nackten »Autos« im Netz seiner schön hintereinander aufgereihten Sätze zu fangen. Nicht als ob er diesen »Autos« für ein Wunder an hechtischer Geschicklichkeit im Entschlüpfen hielte oder als ob dieses nackte Ich an der ihm fremden Filetkunst des Wortemachens zweifelte oder daran, daß es dem Biographen nicht gelänge, das Falsche, womit ein Simultanes durch das im Erzählen nur mögliche Nacheinander um sich selber kommt, zu verbergen. Die Frage ist, ob man sich als Autobiograph nicht in der auf den Kopf gestellten Situation befindet, daß der Fisch den Angler fängt, der nur so tut, als angle er den Fisch und suche ihn dabei auf dem Grunde, wo er sich zu verbergen sucht als in einer Ruhe, die er nun endlich haben will, um ungestört zu sterben, mit allem Desinteressement, wie es mählich versagendes Funktionieren mit sich bringt. Überschauen eines Lebens von einer vermeinten Höhe der Erfahrung aus - welch ein schlimmes Wort! Ist das noch Leben, das sich mitteilt? Wenn das Herz versagt … welch klare, schonungslose Bildung, dieses Wort »versagen«!

Ein Freund, pascalischer Christ und Mathematiker, hebt den Blick, und der sagt, daß dieses irdische bornierte Leben nicht anders zu betrachten sei denn als ein infinitesimaler Bruchteil eines ewigen Lebens. Und deshalb gäbe es kein »ich selbst«, das erkennbar wäre in dem Ephemeren so kurzer Belichtung, wie es das menschliche Leben auf dieser Erde sei. Aber, lieber Freund, meiner und Pascals, dieses gegebene Leben ist unser Ganzes! Um zu leben und gelebt zu haben, suche ich eine Zeit, und in deren Momente suche ich meine ganze Kraft und alle meine Hoffnung zu legen; und je kürzer diese Momente werden, um so mehr erhöhe ich ihren Wert. Was ist dagegen irgendein Moment einer Ewigkeit, und wäre sie mit unendlichem passiven Glück erfüllt! Möchte eine Mutter das Leben ihres einzigen Kindes verwetten gegen mehrere, gegen eine Unendlichkeit von Kindern? Nein, das Zittern des Eingeweides vor dem Tode soll da keine Entscheidungen treffen. Der große Lehrer wollte nur zeigen, daß wir, indem wir das Opfer unseres Lebens bringen, nichts verlieren und daß wir den Lohn dafür nicht irgendwann einmal, sondern in diesem Leben, hic et nunc, selber finden. Man kann sich für oder gegen die Wahl entscheiden, die Jesus getroffen hat, aber doch nur aus freien Stücken und ohne Hoffnung und ohne Angst. Das Zittern des Eingeweides soll unsern Geist nicht verwirren und nicht drängen.

»Die Erfahrung«, sagt ein katholischer Romancier, »ist für die meisten Menschen nach einem langen Leben nur das Ende einer langen Reise um ihr eigenes Nichts.« Ich habe keinerlei Erfahrung, und auch das hinter mir herkläffende Hündchen der Gewohnheit, dieser Megäre, soll mich nicht dazu ermüden, um eines durchaus fraglichen sehr allgemeinen Begriffes das immer Besondere um seine Eigenschaft zu bringen, ein Skelett dem Fleisch vorzuziehen. Man hat es im Leben ja immer mit der unbekannten Größe des Partners zu tun, wäre der auch nur ein junges Mädchen von achtzehn Jahren. Man ist nie sicher vor den Überraschungen, welche das Allgemeine über den Haufen werfen zugunsten des Besonderen. Eben dieser Überraschungen und dieses Besonderen wegen unternimmt man ja das Ganze, nachdem die embryonale Grundfrage »Wozu lebt man?« damit beantwortet wurde, daß man zur Welt kam und lebt. Wer würde noch einen elften Schritt machen, wenn sich nach den ersten zehn Schritten die auf das Identische gegründete Rationalität der Welt herausstellte? Nichts ist schon dagewesen, solange man lebt.

Es müßte hier einiges stehen über die Antinomie der mathematischen Zeit und der psychologischen Dauer, und daß Qualitatives nicht in mathematische Cadres zu bringen ist. Aber ich möchte den Eintritt in das Buch nicht mit Stacheldraht schwierig machen. Ich bin weit vom Zynismus des Debütanten, der nur für sich selber zu schreiben erklärt, gewiß ein nobles Ideal. Auch das ist nicht meine Sache, zwischen der oft bemerkten Geringachtung des Lesers durch den Schreiber und der Einsicht in die doch unumgängliche Notwendigkeit des Lesers ein brauchbares Abkommen zu treffen. Nichts liegt meiner konzilianten Natur ferner, als Schwierigkeiten zu machen und Dunkelheiten zu schaffen. Ich habe bemerkt, daß viele Autoren nur deshalb dunkel und unverständlich sind, weil sie sich nicht Zeit genug zur Klarheit nehmen. Oder weil sie fürchten, daß bei klarem und nicht getrübtem Wasser die Seichte dieses Wassers offensichtlich würde. Im Dunkeln ist gut dichten. Wie viele Lyriker das wissen! Ich verrate damit ein Berufsgeheimnis - aber ist nicht solches, auch solches, der eigentliche Sinn eines Buches, das ein Schriftsteller über sich selber schreibt? Wenn er schon bekennen soll, was sonst sollte er denn bekennen als Berufsgeheimnisse? Sollte er fortfahren, den Spezialisten, den Fachmann mit der Würde eines Geheimnisses zu umgeben, wo er doch nichts tat und tut, als daß er aus dem Universum des Vorhandenen gewisse Elemente formte, deren Existenz einem Publikum wenn nicht vertraut, so doch von ihm geahnt oder gefühlt wird und die sich deutlicher zu machen ihm nur die Zeit und die Technik fehlen? Weshalb das Spezialisten besorgen. Musiker haben unter sich die Gewohnheit, auf die ordinärste Weise von ihrer Kunst zu reden, von der F-Flöte, von Synkopen, von beziffertem Baß und so weiter. Laien ärgert das sehr. Sie zu trösten, schreiben dann Nicht-Musiker jene gedankenreichen, tiefsinnig deutenden Bücher strotzend von Weltanschauung. Maler reden vom Chromgelb. Hätte Rembrandt soviel über sich gedacht wie Simmel über Rembrandt in seinem Buche, der Maler hätte sicher kein Bild gemalt. Eher schon ein Buch über Simmel geschrieben.

Apologetisch zur Sache gesprochen. Es sind ein paar Freunde, die den Verfasser kennen und trotzdem nicht aufhören, ihn zu lieben. Um sie legt sich ein schmaler und wenig konsistenter Ring, dem mehr Mißverständnis und Legende als sonst etwas einiges Gefüge gibt: die Leser, wie solches eben jede, auch die geringst auffallende Öffentlichkeit einer Person herbeiführt, die sich schreibend mitteilt. Und gleich nach diesen paar Lesern beginnen die Millionen der Sprachgenossen, denen des Verfassers Name, wenn sie ihn vernehmen, nichts bedeutet als ein Zufall von vier zusammengefügten Buchstaben. Und dieses Leben, das also nahezu ein Privatleben ist, ein Nichts von Schatten wirft, das als Leistung anzusprechen wäre, dieser Autor nimmt sich heraus, sein Leben zu erzählen und in Druck zu geben? Welche Anmaßung eines Podestes! Auch einem nicht allzusehr mit dem europäischen Vorurteil Belasteten, daß der Mensch sein Leben durch eine erfolgreiche Leistung zu rechtfertigen habe, könnte es als Vordringlichkeit erscheinen, als Wichtigtuerei, als schwatzhafte Eitelkeit, die sich selber ihr Echo macht, das der allzu schwachen Stimme immer versagt geblieben ist. Wie soll ich es rechtfertigen? Indem ich den Leser zu überreden versuche? Die Überredung ist ja des Schriftstellers spezifische Kunst.

Ich könnte mir ein weises Gesetz denken, das die Bürger eines Staates verpflichtete, sich an ihrem fünfzigsten Geburtstage hinzusetzen und mit der Feder in der Hand die Summe ihres Lebens zu ziehen, kurz und gut, wie sie es eben treffen, sich zu erinnern, zu besinnen, mit einem gewissen Eigensinn zur »Wahrheit« Bericht zu erstatten über die gehabten Erwartungen, eingetretenen Enttäuschungen, die Erlebnisse und deren Ablauf, ihre Geld-, ihre Liebesaffären, Liebhabereien und Vorurteile, Erfolge und Mißerfolge. Man erfährt doch recht wenig aus der Statistik, die mitteilt, daß in diesem Jahre so viele Menschen geboren wurden und so viele gestorben sind. Wenn das auch der heutigen Verliebtheit in die Zahl entspricht. Wenn das auch der physiognomischen Ähnlichkeit, fast Gleichheit der heutigen Millionen entspricht, deren latenter Wunsch ist, irgendeine Uniform zu tragen. Meine akademische Karriere wurde mir zu ihrem Beginn odios, als man mir eröffnete, daß ich neben meiner Theorie der reinen Wirtschaft auch ein Pflichtkolleg über Statistik zu lesen haben würde. Ich liebe die Zahl wie die Pythagoräer, fast wie Planck in Berlin, aber nur innerhalb der Welt der Zahlen. Ein bißchen mehr als eine Ziffer, wenn auch bald nicht mehr viel, ist sogar der geringste heutige Mensch. Dieses fast vergessene, kaum beachtete Bißchen erführe man aus diesen gesetzlich verlangten Autobiographien, aus diesen Habilitationsschriften der Humanitas, wenn die meisten von ihnen auch nichts sonst als den melancholischen Satz enthielten, daß man ein Schweinehund oder ein Narr gewesen. Aber vielleicht würde der Umstand, daß man sich mit fünfzig auf die Bank des öffentlichen Bekennens zu setzen habe, nicht ohne Rück- und Vorauswirkung auf dieses Leben selber sein, das sich berichten muß. Vielleicht würde dieser Umstand die Kunst der Lüge wieder hochbringen. In den Lügen über sich haben ja bis heute die Menschen immer mehr Wahrheit ausgesagt als in den »Wahrheiten«.

Ich will diesem Satz eine andere Fassung geben, in der er den Leser, der als in Beziehungen lebend auf die sittlichen Stabilimenta Wert legen muß, nicht ärgert. Ich will ja nicht im Trüben des Lesers fischen. Ich will mir große Mühe geben, ihn nicht in den verwirrten Zustand zu bringen, in dem er nicht mehr genau zwischen den eigenen Affekten und jenen unterscheiden kann, die ihm die Kunst eines Autors vermittelt. Ich will nichts auf seine unbewußte Mitwirkung abstellen, wie es die gefühlereichen Romanciers und stimmungsgeübten Theatraliker tun, die ein Tönchen anschlagen, von dem sie wissen, daß es der Hörer sich schon aus Eigenem zu mächtiger Fülle würde anschwellen lassen. Ich denke an ganz korrekte und saubere Leser, die es in diesen Sachen genau nehmen und keinerlei Konfusion wünschen, sondern nichts weiter, als daß der Verfasser sie mit den ihm eigenen Mitteln unterrichte. Ich bin ja auch meinerseits ein Leser und bin es immer in diesem Sinne der Genauigkeit gewesen, welche eine Lektüre ablehnt, deren Verfasser in meinem Trüben zu fischen versuchen. Man wird so begreifen, daß ich kein begeisterter Leser der meisten modernen, zumal deutschen Beiliteratur war und daß ich jene, welche man als »stimmungsvoll« auszeichnet, für einen glatten Schwindel erkläre.

Vielleicht hat man die Diagnosen gelesen, welche die moderne Psychiatrie über den Betten der Memoiristen und Tagebuchschreiber auf die schwarzen Tafeln geschrieben hat. Danach sind sie Glieder einer psychopathischen Familie, der Paranoiker, welche sich durch eine Vierzahl von Eigenschaften unangenehm bemerkbar machen: hochmütigen Stolz, tiefes Mißtrauen, sicheres Fehlurteil und völligen Mangel jeder Anpassungsfähigkeit. Eine Hypertrophie des Ich bringe, so heißt es, diese Paranoiker zu einer fatalen Mischung von Narzißmus und mentalem Exhibitionismus und so weiter und so weiter.

Der Leser braucht nicht zu erschrecken. Die Medizin dürfte, um sich wissenschaftlich zu erreichen, einen so weiten Einbezug der Phänomene und deren systematische Zwangsbehandlung nötig haben. Es ist ja auch nicht so schlimm gemeint. Pedanten und professionelle Wahrheitssager besorgen die Hölle, an der sie, weil hingehörend, interessiert sind, gute und nette Leute arbeiten den Himmel aus. Der jung verstorbene Psychiater Mignard, der sich mit der Demenz beschäftigte, erklärte diese nicht für Dissoziationen, sondern für Desaggregationen des mentalen Lebens und sagte: je mehr er sich in das Verstehen dieser kranken, heiter-stillen Seelen versenke, um so näher fühle er sich Gott. Ich will da weiter nicht einen gefährlichen Schluß auf Gott ziehen lassen. Denn die serenitas scheint mir seine schönste Eigenschaft. Und der stille Narr also seinem Herzen näher als der geschäftige Beschwörer, der die Welt zum Orchester umschafft, um zu seinem Ohr zu dringen.

Es würde nicht ganz stimmen, gäbe ich Herrn Doktor List, den vortrefflichen Verleger dieser Denk- und Gedenkschrift, als deren einzigen Veranlasser an, denn ich hätte mich ja seinem zuredenden Wunsche vor Jahren weigern können, wäre die innere Abneigung, diese Schrift zu verfassen, stark genug gewesen. Und dieses war nicht der Fall; wenn auch die Neigung dafür kaum übermächtig und sicher sehr weit entfernt von jener Linie, wo nach der Meinung der Psychiater der paranoische Egozentrismus beginnt. »Der Krieg macht Ernst mit der Eitelkeit, Unsicherheit und Unbeständigkeit aller menschlichen Dinge und läßt dem, was von der Natur das Zufällige ist, dem Besitz und Leben, das Zufällige erfahren.« Mit diesem Satze Hegels begann ich etwa vier Wochen nach dem Ausbruch des Krieges Aufzeichnungen, die so etwas wie eine Beschreibung einer Periode am Leben einer in ihr enthaltenen aufmerksamen Einzelperson sein sollten. Ich zitiere aus diesen vor sechzehn Jahren geschriebenen Seiten, was mir hinreichend erscheint, auch diesen zweiten und ausgeführten Versuch etwas zu rechtfertigen. »Durch eine eiserne Mauer vom übrigen Europa getrennt und ganz auf uns selber geworfen, sind wir uns bei stärkstem, subjektivem Handeln nächstes Objekt geworden, und jeder einzelne ahnt sich stärker als je im Frieden in eine Gemeinschaft höherer Art eingeordnet als der des bloßen Staates, den man in tiefster Umwandlung weiß. Mehr als je im Frieden wird Gesellschaft als ein Artifizielles und etwas Unmenschliches deutlich. Vielleicht wird brutale Not, als Effekt von Dauer und Intensität dieses Krieges, den die Soldaten führen und den die Zivilisten verlieren müssen, an das Menschliche der Gemeinschaft erinnern. Vielleicht. Aber man kann immer solche brutale Not und ihren Effekt vorwegnehmen und den Zwang spüren, sich zu besinnen auf das, was man ist und was man sein kann. Was sich so in einem ganzen Volke vollzieht oder als erhofft vollziehen soll, das vollzieht sich auch im einzelnen Menschen. Man revidiert seine Posten, sieht nach, ob die immer nur beiläufig geschätzte Summe auch stimmt. Es könnte jetzt jedes Verrechnen Untergang bedeuten, denn die Wahrheit der Not ist ohne Erbarmen. Jetzt sein Leben aufschreiben, heißt darum, es ohne ausgezeichnete persönliche Bedeutung sehen, ohne die unwillkürlich falschen Akzente, also in höchster Weise individuell. Der Augenblick kann nicht günstiger sein. Am Tage der Reichsgründung geboren, bin ich so alt, so jung wie dieses Reich, das dieser Krieg zertrümmern kann, ohne daß in der Historie diese Episode ›Deutsches Reich‹ mehr bedeutete als den Bruchteil eines Wimperzuckens. Doktor Riezler, den ich gestern Abend mit Max Scheler besuchte, ist ein Mathematiker. Aber auch der Sekretär Bethmann-Holwegs. Aus allen beiden Eigenschaften schloß er, um von anderem dann zu sprechen, eine aus dem Tage sich ergebende Unterhaltung mit dem Satz: ›Was weiter, wenn das Reich zu existieren aufhörte?‹ Die Frage bekommt nur davon so etwas wie einen zynischen Reflex, weil sie in dem Raum dieser Reichskanzlei gestellt ist, wo die Aktien dieser Gründung in den Regalen an den Wänden stehen.«

Zwischen dem Kriege der Reichsgründung und diesem der Reichsbedrohung verlief mein Leben, und die Tatsache des Reiches spielte mannigfach in meine Existenz wie in die eines jeden, der in dieser Zeit seine Tätigkeit fand, - keiner aber weiß, wie und ob ihn die kommende Zeit noch brauchen wird oder er sie. Denn es erscheint einem diese Zeit von 1871 bis 1914 nicht als irgendwelche vierzig Jahre, sondern als eine Periode, begonnen und geschlossen und überschaubar. Darstellbar. Stunden und Tage erzwungener Muße sind vielleicht nicht besser zu verwenden, als indem ich mich in dieser tumultreichen und besinnungsarmen Zeit besinne auf mich und meine Zeit. Das Schicksal hat die Warte so hoch gestellt, wie es keine individuelle Anstrengung unter Wahrung ihrer Ehrlichkeit vermöchte. Schreibender und Beschriebenes bekommen vom Schicksal ihr natürliches Maß in dieser Stunde, wo man fast weiß und nicht nur fühlt, daß der Einzelne dem Ganzen nicht nur verpflichtet, sondern völlig verbunden ist, was nur Staat und Gesellschaft, die beide der Einzelne nicht kümmert, kritisch machen können. Erst in der Gemeinschaft gibt es den Einen und den Andern und das Du, das der gesellschaftliche und staatliche Mensch dem andern sich nicht zu sagen traut und nur zum Hunde sagt, mit dem er Gemeinschaft hat. Der Frieden macht reich, aber es ist nicht ausgemacht, daß man den Reichtum auch besitzt. Der Krieg macht arm, aber er lehrt vielleicht, das, was man hat, wirklich zu besitzen. Jede Vernunft ist gegen den Lehrer Krieg, wie gegen die Liebe und gegen das Leben. Aber so viele Instinkte sind dafür. Vielleicht alle guten Instinkte.

Die älteren Leser erinnern sich vielleicht noch an jenen skandalösen Vortrag, mit dem die Konzertagentur Gide & Blei vor etwa zwei Jahrzehnten Prometheus samt seinem Adler in den europäischen Städten auftreten ließ. Der sprach davon, wie er um den Preis seiner guten Gesichtsfarbe den Adler genährt hätte, wie er darunter litte, daß diesem das Gefieder schäbig würde, wenn er, der Nährvater, mit seinem edelsten Eingeweide geize, und daß er, und sei es um den Preis des eigenen Lebens, den Adler schön und stark haben wollte, aber daß ihn das eben das Leben koste und dem Adler also doch nichts nütze, denn der lebe, so problematisch seine Realität auch sei, von seinem Leben. Jeweils hob sich während des Vortrages der schöne Vogel von der Schulter des Redners und rauschte eine Runde durch den halbvollen Saal. Aber Prometheus wußte vom ersten Auftreten an, daß sein Vortrag über das Gewissen ein modernes Publikum, so nötig es ihn auch habe, rasch zu langweilen beginne und unruhig mache. Sowie er nun solche Zeichen der Unruhe merkte, ließ er immer einige Dutzend pornographischer Photographien im Publikum zirkulieren, um es wieder munter zu machen und weiter sprechen zu können. Der ältere Leser erinnert sich, daß trotz dieses Mittels Prometheus vor keinem Publikum bis zum Ende seines Vortrages kam und die Sache immer mit Flucht oder Skandal schloß. Prometheus hat, wie ich verrate, in der Folge seinen Adler geschlachtet und verspeist. Damals aber kannte er die lehrreiche Fabel vom Pelikan noch nicht, der sich die Brust auf- und das Eingeweide herausriß, um sein Junges damit zu füttern. So am ersten, am zweiten Tag, am dritten. Am vierten aber verzog das Junge den Schnabel und raunzte: »Schon wieder Eingeweide …«

Aber ich weiß mir keinen andern Ausweg als den des Prometheus, - konnte er die finale Katastrophe auch nicht vermeiden, so doch hinausschieben, und das ist schon etwas. Ich tat also wie die erfahrene Köchin und fädelte die kleinen Speckstücke der drastischen Anekdote durch den Braten, ihn zarter und genießbarer für schwächere Zähne zu machen. Indem ich sie drastisch nenne, habe ich ihren Wahrheitswert wohl genügend gekennzeichnet.

Man kann übrigens von der Wahrheit, der »ungeschminkten Wahrheit« solcher Bücher wie diesem hier nicht gering genug denken. Mit der besten Absicht, sich zu zeigen, wie man ist, und ginge dies auch bis zum Äußersten einer zynischen Selbstzerfleischung, wird man immer nur zeigen, wie man zu sein glaubt, sei es, um sich zu propagieren, sei es, um sich zu entschuldigen, sei es, um zu skandalisieren oder sich zu rühmen, oder nur, um sich recht zu geben. Wie man zu sein glaubt: das ist schon viel, ist schon das überhaupt erreichbare Maximum. »Wer sich bekennt, der lügt und flieht das wahrhaft Wahre, das gleich null ist oder ungeformt oder, wie zumeist, indistinkt«, bemerkt Paul Valéry, der, ein Mathematiker und ein Dichter, am weitesten den Stollen in diese durchworfene Materie getrieben hat, in einer Notiz über Stendhal, der sich hundert Pseudonyme gab, nicht um sich dahinter zu verbergen, sondern um sich in einigen Dutzenden von Exemplaren leben zu spüren. Denn das Ich hat Grade. Wer sich ein ungradiertes Ich zuschreibt, wahrhaft »zuschreibt«, tut damit mehr, als ihm erlaubt werden darf. Nicht, weil er damit die andern düpiert, sondern sich selber. Es leistet sich die Tendenz, sich mit individueller Originalität über die Identität mit den Mitmenschen hinauszustellen, das Äußerste. Denn diese Tendenz, anders zu sein als die andern, ist bei jedem einigermaßen kräftig lebenden Menschen vorhanden. Mit ihr überwindet er vielleicht die Todesfurcht. An den Gott sind Qualitäten gegeben, die ihn völlig verschieden vom Menschen machen, also unsterblich auch dann, wenn er den gewaltsamen Tod erleidet, von dem er »aufersteht«. Da die alten Götter der Griechen sich immer mehr vermenschlichten, starben sie.

Als ich ein zwölfjähriger Bub war, erkrankte meine Mutter auf den Tod. Aber daß sie sterben konnte, sterben müßte, das versuchte ich mir in meiner hilflosen Angst damit auszureden und zu widerlegen, daß ich sie anders als alle andern Menschen machte, ihr ungeheure eigentümliche Fälligkeiten zuschrieb, die sie von den andern Menschen so unterschieden, daß es mir nicht möglich schien, daß sie das allgemeine Schicksal, zu sterben, teilen sollte. Anders zu sein als die andern, mehr zu sein, tüchtiger zu sein, könnte an dieser Wurzel des Stolzes nicht die Furcht vor dem Tode liegen, psychologisch gesprochen? Die ruhige Hinnahme des Todes durch Sokrates wird durch sein Alter erträglich. Vielleicht auch durch seine Schwatzhaftigkeit. Schwiege er die letzten Tage und Stunden, es würde uns stark bedrücken. So macht er Lärm der Worte über das Klopfen seines Herzens weg und unseres. Nietzsche muß von einer starken Todesfurcht besessen gewesen sein sein Leben lang. Die schauervolle Art seines Sterbens muß weit voraus Schatten in seine Seele geworfen und ihn im Anderssein bis zum Kreischen gebracht haben. Wie kam dieser stille, schüchterne Lehrer zu Dionysos? Die gute Hälfte seines Schreibens ist rasender - Stolz bis zur Auferstehung im Übermenschen. An wen anders als an sich kann er, könnte er bei der Konzeption dieses Halbgottes gedacht haben?

Der bekennerische Zynismus mancher Werke bezeichntet im allgemeinen einen bestimmten Punkt verzweifelten Stolzes und ungeheuerlicher Ambition. Wenn man nicht mehr weiß, womit Erstaunen machen und überleben, dann liefert man seine Secreta et Pudenda aus und bietet sie dem Blick. Es ist größte Schwäche, die sich sich selber überläßt und nichts mehr tun kann, als ein Kleidungsstück aufzuknöpfeln mit der Geste, als würde damit, wie einer sagte, Amerika entdeckt. »Alle Welt weiß genau, was man nach dem Aufknöpfeln zu sehen bekommt. Aber es genügt die Geste, und alle Welt ist bewegt. Das ist die Magie der Literatur.«

Erinnern? Vergessen ist wohltuender. Je mehr erinnert wird, um so größer wird die Konfusion in unseren geschichtlichen Kenntnissen. Man sollte in unseren Archiven die Mäuse züchten und nicht fangen. Wie glücklich sind die Völker, die nichts aufschreiben und denen das Ereignis von gestern morgen schon zur Legende wird!

Ich habe das, was meine Person, diese fingierte Einheit, enthält, in soundso vielen schriftlichen Äußerungen mitgeteilt, und ich kann nicht behaupten, daß es sehr viele Leute interessiert hat. Ich füge mit diesem Buche den andern Büchern noch eines hinzu, das sich von ihnen wesentlich nicht unterscheidet, denn ich habe keinerlei Geheimnisse aufzudecken, weder eigene noch fremde. Ich war in keinerlei weltbedeutende Ereignisse verwickelt, zu deren besserer Kenntnis ich etwas durch Mitteilungen beitragen könnte. Ich war keines Gottes und keines Genies Eckermann. Ich habe keine besonderen Rätsel zu lösen, denn es sind mir keine besonderen aufgegeben worden. Und zu den Rätseln aller Welt habe ich keinerlei originelle Lösungen. Ich kann keine Schlüssel zu komplizierten Schlössern liefern, denn es sind mir solche nicht gezeigt worden. Ich weiß nicht einmal, ob ich, wie ich gern möchte, den überreichten Faden feiner spinnen und dem Nächsten weitergeben kann. So komme ich zum Schlüsse, daß ich nichts weiter tue, als einiges vom Leben in einer bestimmten Zeit zu erzählen, wobei ich mich an den Erzähler als den nächsten besten wie an einen Faden halte. Es wird nur manchmal so aussehen, als ob ich das Leben um diesen Faden lege. Absicht ist es nicht. Einen Vorteil, der mir hilft, will ich dem Leser aber nicht verschweigen.

Ein zu geringes, zu wenig gefälliges und interessantes Talent hat mich vor der großen Zahl unbekannter Leser bewahrt. Der vielgekannte und vielgelesene Mensch verliert immer mehr sich selbst, um Effekt seines Effektes auf Zahllose zu werden, die ihn eigensinnig nach einem monströsen Bilde fingieren, das der davon Betroffene schließlich auch für sich selber wird. Haben wir nicht in unsern Tagen einen Dichterfürsten, einen zweitgeborenen Goethe, der gänzlich in dieses Klischee eingegangen ist, Effekt seines Effektes so sehr wurde, daß sich alsbald auch das bürgerliche Idyll einstellte, das humpelnd in die Druckerpresse hexameterte? Die Eifersucht auf das geheime »Ich selbst« wird abgedrängt und zum Verschwinden gebracht, und es war dieser Eifersucht eigentümlich, daß sie davon besessen war, sich zu publizieren, Zeugnis von sich abzulegen, um die Einzigartigkeit, die Besonderheit zu zeigen. Man liebt ja die Identität mit dem Schulze nicht. Man sucht sein Anderssein hervor, das unterscheidet. Man übertreibt es. Um weiter nicht verglichen werden zu können. Aber die Menge nimmt dich an. Sie macht dich zu einem der Ihren nach den Figuranten ihrer Großen, den zu einem »Napoleon«, den zu einem »Goethe«. Und der Betroffene endet damit, sich selber so zu sehen, sich im aufgedrängten Klischee zu verlieren. Das ist als Autor mein eminenter Vorteil: die Menge hat mich nicht angenommen. Ich wurde nicht der Effekt meines Effektes. Ich kann mich aufführen, wie ich will. Ich brauche mich überhaupt nicht aufzuführen.

Der Leser wird es mir daher nicht übelnehmen, wenn ich im Verlaufe dieser Erzählung immer wieder zu ihr das Wort nehme. Denn diese Einleitung schreibt sich nie zu Ende. Sie schließt nur vorläufig.

Vom Sparen als einer Tugend - Die Kräfte der Armut

Bei dem Kanzelredner Bourdaloue steht dieser Satz: »Am Ursprung aller großen Vermögen gibt es Dinge, die erzittern machen.«

Als um die Mitte der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts die Eltern heirateten, geschah es in der Sakristei der Pfarrkirche von Sankt Joseph im zweiten Wiener Stadtbezirk um sechs Uhr morgens. Zu dieser frühen Stunde kostete es, ohne Glocken und Orgel, nur zwei Gulden. Es war die geringste Taxe, und das Brautpaar war ganz arm. Als im Jahre 1899 der Vater und ein Jahr darauf die Mutter starb, hinterließen sie ihren vier Kindern - ein fünftes, das erstgeborene, war früh gestorben - ein beträchtliches Vermögen. Nur das einer Tochter mehrte sich in den Händen des Mannes, eines Maschinenfabrikanten, den sie geheiratet hatte. Das Erbe der andern drei zerging zu nichts im Lauf der Jahre. Das eine vertat in Jahren ein Schwiegersohn am Spieltisch in Monte Carlo. Er hat sich dann, als kein Heller mehr da war, in Toulouse erhängt. Das andere vertat ein Schwiegersohn in wilden geschäftlichen Spekulationen. Das dritte gab einer aus, der seinen Kopf nicht im Geldschrank haben wollte, aber keineswegs die smarte Hoffnung nährte, er würde einmal den Geldschrank in seinem Kopfe finden. Er war ein schlechter Wirt, aber kein Verschwender, was Geiz von der andern Seite her ist.

In der Geschichte der neueren Privatvermögen dürfte es der typische Ablauf sein: Erwerb in der einen Generation, Verlust in der zweiten, spätestens der dritten. In der dritten Generation ist das Erbe oder diese Generation selber verschwunden. Die zunehmende Besitzmehrung ist bei christlichen Familien, die bei uns in Österreich aus handwerklichen oder kleinkaufmännischen Ständen in das kapitalistische Bürgertum eintraten, eine kaum zu nennende Ausnahme. Diese Erwerber von 1860 hatten keine implizierten kapitalistischen Fähigkeiten, wie sie erst den Neureichen von etwa 1890 ab auszeichnen. Die von damals folgten nur einer allgemeinen Tendenz, dem, was man den wirtschaftlichen Aufschwung nannte, aber keinem sonderlich bewußten Willen, keinem ausgebildeten energetischen Sinn der Wirtschaftlichkeit. Zum Erwerben langten ihnen hinreichend Tüchtigkeit und Fleiß im Beruf, zum Mehren Sparsamkeit und Anspruchslosigkeit in der Lebensführung, also durchaus Bauern- und Handwerkertugenden, die aber zum immer um ein weiteres Stück zu mehrenden Besitz oder gar zu dem, was man die Spekulation nennt, nicht ausreichen. Ohne besondere Einsicht nahm man teil an dem Aufschwung der Geldwirtschaft in günstigen Zeiten, um in kritischen Zeiten meist alles wieder zu verlieren. Die Börse erschien dem Vater als ein Schwindel, mit dem nur Leichtsinnige und Spieler zu tun haben. Er legte sein Erspartes in Staatspapieren an, und das Vertrauen zu ihnen erschütterte ihm nicht, daß sie immer dreißig Prozent unter dem Nennwert notierten. Als er einmal für zehntausend Gulden Aktien der Österreichischen Kreditanstalt in Zahlung nehmen mußte, deren Kurs gerade etwas unruhig war, konnte die ganze Familie nicht schlafen, so aui geregt waren die Eltern acht Tage lang. Dann war wieder mit dem Verkauf der Aktien und dem Erwerb österreichischer Silberrente die Ruhe im Hause.

In den, kapitalistisch gedacht, rückständigen Ländern wie Österreich, wo man nicht nur arbeitet, um zu leben, was nichts weiter als gut essen und trinken heißt und angenehme Feierstunden haben, und wo man nicht wie etwa in Sachsen lebt, um zu arbeiten; wo die politischen Bindungen locker sind und ein besonderer Gemeinsinn kaum über das gute Verhältnis zum Nachbar hinauskommt, weil für das Gemein-Humane die Katholizität sorgt, da wird die bemerkte Erscheinung des Vermögensverfalles sich nicht nur auf die neuersparten Vermögen beschränken, sondern es werden auch ältere Vermögen in dem Maße zerbröckeln, als der männliche Nachwuchs nur auf einem Sohn ruht, dem verwöhnten »Muttersöhnchen«, und nicht auf mehreren Söhnen, von denen einer »das Geschäft übernimmt«, das die übrige Familie erhält. Öfter als anderswo hört man im deutschen Südosten den Vater, der erworben hat, sagen, sein Sohn solle es besser haben als er, und er entläßt ihn in die freien, selbstgewählten Berufe, welche Wahl entweder die Neigung, die Eitelkeit, ein kleines überschätztes Talent oder sonst eine nachgiebige Schlamperei der Eltern bestimmen. Trägt nicht unsere neuere Belliteratur sehr charakteristische kleinbürgerliche Züge aufgepäppelten Talentes, ist ohne Welt, und das besonders dann, wenn sie genialisch exzediert?

Jene handwerkliche Generation des Vaters hatte ihren Geldbesitz und dazu in Lehren und Warnungen die handwerklichen Tugenden zu vererben, mit denen sie ihren Besitz geschaffen zu haben meinte, da sie, als Typen unkapitalistisch, dem Kapitalismus keinerlei Verdienst an ihrem Erworbenen zuschrieb. Nicht einmal persönliches Glück. Die Mutter war eine sehr gescheute Frau und hob die Arbeiterfrage immer mit der naiven Antwort auf, daß die Arbeiter weder arbeiteten noch sparten und es daher zu nichts brächten.

Diese Reichen, die sich mit einer Jahresrente von zwanzig oder mehr tausend Gulden und nach einer an ein paar Töchter ausgezahlten Mitgift in gleicher Höhe in ihr privates und von allen Geschäften entbundenes Leben zurückzogen, sie vermachten die Fleiß- und Spartugenden als die allein echten und guten Rezepte ihren Kindern. Dem entsprach, was die Mädchen zu lernen hatten: den Haushalt mit den Verzierungen, welche als Klavierspielen oder Singen die Mode der Zeit abverlangt. Und sollte der Sohn schon einen nichts eintragenden Beruf lernen, obzwar jeder Beruf bei Fleiß etwas einbringe, so würde ihm Sparsamkeit sein Erbe erhalten. Und dann würde dieser Sohn ja auch seinem Vermögen entsprechend heiraten. Mit solchen Tugenden hatte man selber sehr tapfer und unter tausend Entbehrungen den Kampf aufgenommen und gewonnen, und so müsse es auch für Kinder und Kindeskinder das Richtige sein.

Sparsamkeit kann erhalten, nicht mehren. Wer nicht etwas über seine Verhältnisse lebt, der verliert. Und das Erhalten ist bei fortschreitender Minderung des Geldwertes ein Verlieren. Der Erbe kommt mit den Zinsen nicht aus und verlebt das Kapital. Spareitern haben selten Sparkinder. Die jungen Leute erleiden das Sparen der Eltern, die es sich, wie die Kinder ja bald merken, »anders leisten können«. Sie erleiden es oft mit Verbitterung. Der Vierzehnjährige konnte sich von zehn Kreuzern wöchentlichen Taschengeldes kein Buch kaufen, wie er es wollte. Er stahl aus dem väterlichen Portemonnaie, das da lag. Und immer wieder. Da fiel die nach einigen Monaten stattliche Bibliothek von Reclambändchen auf, und die Inquisition nach dem »Woher« führte zur Entdeckung. Es gab weiter keine andere Strafe dafür als die Beschreibung einer Zukunft, die den Schuldigen ganz sicher erwarte und an deren Ende der Galgen den Schatten in das Jetzt und Heute warf, so drastisch, daß man es selber glaubte, man sei ein Verworfener, was man ja, wenn auch da schlechten Lernens wegen, von den Lehrern in der Schule jeden 'lag zu hören bekam. Aber schon Geringeres als ein entdeckter Diebstahl schuf Erbitterung über das Sparen. Oh, die auf den Vierzehnjährigen von der Mutter umgearbeiteten Vaterhosen mit ihren lächerlichen Weiten, die sich, saß man, als ein aus der Schamgegend aufsteigender Sack blähten!

Diese leichtbemalte wirtschaftliche Tapete ist kein großartiger Hintergrund. Aber es spielen sich davor ja auch weder die Leben von Heiligen noch von Helden ab, und so muß man schon statt des Goldglanzes großartiger Gefühligkeiten die schmutzigere Farbe der Banknotenzettel hinnehmen, jener Guldenzettel, die zu jener Zeit in Österreich das Geld waren. Das Leben der damals wie heute in die große Stadt geworfenen armen Leute, die da ihre Arbeit suchen, weil sie sie in der ärmlichen Heimat nicht finden, ist nichts als Sorge um den Erhalt dieses Lebens, worein alle Anstrengungen so restlos gehen, daß diese Sorge und ihre Überwindung davon oft etwas Heroisches bekommen, so geringfügig man auch das Ziel achten mag und so zu bedauern auch solcher Verbrauch von Tugenden und Kräften ist. Wo die Seele bis in ihr Letztes, wo dann nichts mehr ist als die verwirrte Flucht zu Gott, im Dienst der zu bezwingenden Not steht, da bekommt diese Not oft eine außerordentliche Geistigkeit und entbindet Kräfte, die man vorher nicht kannte und nicht ahnte. Ohne damit ein beliebtes Theorem umschreiben zu wollen, das mit der Allüre eines Gesetzes metaphysischer Observanz auftritt, möchte ich nur sagen, daß Armut und Reichtum in dieser Zeit wie nie zuvor wirkende Kräfte geworden sind, gegeneinander nicht nur, nach außen nicht nur, sondern nach innen. Wo die Armut nicht, wie meist, alle geistigen Kräfte zerstört hat, wo sie nicht bares Elend geworden ist, da gibt sie eine Kenntnis nicht nur, sondern eine Intensität des Erlebens, tiefer, reicher und weiter als irgend je der Reichtum sie erreichen kann, der ja zumeist, genau wie das Elend, die Zerstörung der geistigen Kräfte bedeutet.

Die Not der Armut entbindet vorhandene geistige Kräfte, nicht, um sich als Not zu beseitigen - dieses Ziel des Anfanges wird bald aus den Augen verloren sein, wenn es überhaupt da war - sondern weil sie und nicht die Unnot des Reicherwerdenwollens vollendet werden muß. Die Übung dieser geistigen Kräfte ist nicht Mittel, sondern einziges Ziel. Sie allein sind der Auftrieb. Sie können Verlassen der Not, Aufhören der Not mitbedeuten, müssen es aber nicht. Es ist ihnen im Grunde gleichgültig, wenn sie in der Not weiter eingebettet bleiben. Im Leben des Vaters machte die Not das wirkliche Leben dieses Mannes frei, nicht um die Not zu besiegen, sondern damit er die Freiheit seines wirklichen Lebens habe. Dann kamen die äußeren Dinge, die von ihm die bitterste Armut nahmen.

Bauern - Weber - Ein Prophet - Läuse und Zahlen

Als Bursch von vierzehn Jahren verlebte ich Sommerferien in den abgelegenen schlesischen Winkeln gegen die Sudeten hin, von wo vor Jahrzehnten der Jüngste unter vielen Geschwistern mit zwanzig Jahren ausgezogen war. Von jeder dieser letzten Bergkuppen aus sah man nach Norden zu ins flache schlesische Land, wo keine halbe Stunde von der Grenze das kleine Städtchen Leobschütz liegt, aus dem etwa zur gleichen Zeit und nur wenig jüngeren Alters mit sechs anderen Mädeln jenes die Wanderstraße nach Wien eingeschlagen hatte, das ein paar Jahre darauf der Bursch in der Pfarre Sankt Joseph heiraten sollte. Da im gebirgigen österreichischen Schlesien hausten die verwandten Sippen des Vaters, drüben im flachen preußischen die der Mutter. Alles arme Leute, kleine Bauern, Tuchscherer, Töpfer, Lehrer, ein Katechet. Ein bißchen weiter weg hatte eine Schwester der Mutter geheiratet, ins obermährische Kuhländchen, einen Kleingütler, der jeden Morgen um sechs mit seinen zwei großen Söhnen eine gute Wegstunde weit in die Waggonfabrik marschierte, wo sie Schmiede waren, der Alte Werkführer. Daheim besorgte das große knochige blonde Weib das Haus, den Stall, die paar Äcker. Ihr achtjähriges Mädel hütete zwei Kühe auf der Weide, und der Kleinste trieb ein paar Gänse in den Bach. In der Dämmerung kamen die Männer heim und taten die Männerarbeit des Bauern bis in die Nacht hinein. Diese Mutter starb an ihrem fünften Kind, das sie, mitten in der Arbeit überkam es sie, in einer Ackerfurche zur Welt brachte. Sie hatte nur noch soviel Kraft, es abzunabeln; man fand es lebend in den vom verschütteten Blut roten Schollen.

Für die Vatersbrüder, die daheimgeblieben waren, hatte der inzwischen in der Fremde der Hauptstadt zu Wohlstand gekommene Jüngste gesorgt, wovon jedes Jahr zu Weihnachten eine Kiste zeugte, die der Onkel Anton nach Wien schickte und die ein Schwein in allen Formen von Würsten und Geräuchertem enthielt. Diese Kiste machte das Menü der nächsten drei Wochen so eintönig, daß wir Kinder wünschten, sie wäre besser in Schlesien geblieben. Und von einem Weihnachten ab kam sie auch nicht mehr. Die Eltern hatten diese hausgemachten Delikatessen wohl auch überbekommen oder des Onkels Sohn, der sich verheiratet hatte, gedacht, es sei nun genug an Zinsen für das einst seinem Vater geschenkte Gütlein gezahlt. Der hatte abgegeben und lebte im Ausgedinge bei Sohn und Schwiegertochter. Zwischen dem Alten und dem Jungen gab es oft schweres Ringen und Hauen. Der Alte war ein rüstiger Kerl noch mit sechzig, und die Schwieger war eine hübsche Dorfkokette. Ich verstand es damals auf dem Ferienbesuch nicht, was es bedeutete, daß dem jungen Anton der weiße Kiefer zu zittern begann und sein Weib so lachte, wenn der alte Anton seinem vierjährigen Enkelbuben scherzend zurief: »Kumm har, Sohnala.« Ich fühlte nur eine bös geladene Luft in der niedern Stube, an deren Decke die Männer, beide fast ein Meter neunzig hoch, mit den Köpfen gestoßen wären, hätte sie nicht die Arbeit auf den Bergfeldern ein bißchen krumm gebogen. Wenn auch nicht so bischofstabhaft krumm wie den Onkel Johannes in Würbental, den ältesten Bruder, der aber auch meist Weber gewesen war und den nun mein Vater längst in ein Altmännerhaus eingekauft hatte. Um mir ins Gesicht zu sehen, mußte er die Augen aufwärts drehen, denn den Rücken konnte er nicht ein bißchen gerade strecken. Da war dann noch weiter unten im Tal gegen Hermannstadt zu eine Vatersschwester. Der hatte der Wiener Bruder die Mitgift gegeben, daß sie den Bauer Schittenhelm heiraten konnte, der Witwer war, eine kleine Einkehrwirtschaft hatte und eine Frau brauchte, so tüchtig und hübsch wie die Bleische Katherin. Und da war noch ein Bruder, Hormann, aber dem war nicht zu helfen gewesen, denn er hatte sich selber geholfen, auf seine Weise. Er war nicht seßhaft zu machen, zog herum, deutete den Leuten den Weltlauf, kurierte das Vieh mit Kräutern, ging in keine Kirche und las sich, wie er sagte, seine Messe selber, im Wald mit sinnlosem Gesinge. Er suchte gern Streit mit den Geistlichen, nannte das disputieren, aber nur Frischherversetzte und junge Kooperatoren fielen auf ihn herein. Er hieß »der Prophet« und hatte alles Reden der außerordentlich schweigsamen Brüder auf sich genommen.

Ging man das Tal in einer gemachen Steigung aufwärts, an Antons Anwesen vorbei, das auf einer kleinen Anhöhe zur Linken der Straße stand, so kam man über einen Riegel auf so was wie eine Hochwiese, ein kleines schiefes Vorland vor einem höhern Ansteigen der Berge. Da waren vier ganz armselige Bauernhütten, und der Ort hieß Kühdorf. In einer dieser Hütten, Holz und Mauerwerk nur für gerade zwei kleine Fensterchen, hatte das frühverwitwete Weib gelebt, das ihre Söhne, den Hannes, den Anton, den Hermann, den Karl und die Tochter, einen nach dem andern in Dienst und Arbeit ausziehen sah, wenn’s soweit war. Am längsten blieb und allein mit ihr der Jüngste, der Karl, hütete die eine Kuh mit den zwei andern der Dörfler, strickte wollene Strümpfe dabei und wartete den Tag ab, wo er in die Lehre käme zu einem Schuster in Olbersdorf, einem Örtchen, drei Wegstunden weit; ein paar Dutzend Häuser waren das um einen Marktplatz und noch zwei Dutzend, die sich in Gassen verzogen. Wie eine Stadt also, so hatte er gehört. Denn dahin konnte man nicht des Sommers zur Schule, da waren die Kühe zu betreuen. Und nicht des Winters, denn da war der hohe Schnee, und die alte Mutter hatte Angst um den jüngsten Buben.

Mein Vater hat also weder lesen noch schreiben gekonnt. Was ihm auch die Mutter in dem ersten Ehejahrzehnt Zureden mochte, er ließ sich nicht zu mehr herbei, als daß er ein Gekrixel malen lernte, das er für einen geschriebenen Vor- und Nachnamen hielt und als Unterschrift setzte, wenn das durchaus nötig war. Er drängte sich mit diesem einen Beispiel seiner Schreibkunst nicht vor, denn für alles das, was mit Lesen, Schreiben und Rechnen zu bewältigen war, hatte er seine darin sehr gewandte Frau, die es im Rechnen zu solcher Fertigkeit brachte, daß sie Zinseszins im Kopfe ausrechnen konnte. Sie war sehr stolz darauf, und da ich im Rechnen recht schwach war, paradierte sie mit ihrem Können und setzte alles daran, mich darin zu höchster Vollkommenheit zu bringen. Wie enttäuschend kann eine Mutter für einen sechsjährigen Buben sein, der, weil es verlockende Dämmerung ist, sich auf den Schemel zu Mutters Füßen setzt und den Kopf in ihren Schoß legt, nichts als eine streichelnde Hand erwartet. Wenn statt dessen sofort zwei Martern des Geistes und Leibes damit losgehen, daß die Hände der Mutter Haar um Haar nach möglichen Läusen durchsuchen - man war schon in der Schule und konnte da leicht was mitbringen - und sich Zahl an Zahl subtrahierend und addierend - wieviel ist elf mehr sieben mehr vierzehn weniger drei weniger eins mehr acht - zu nicht enden wollender Kette reiht; hart und unbarmherzig wird ausgefragt, bis das letzte der langen silberblonden Haare ebenfalls geprüft und für richtig befunden ist. Und das Gesicht ist naß von Tränen.

Ohne die Wissenschaften der Mutter wäre der Vater wohl nicht zurechtgekommen in seinen Geschäften. Als ein ganz kleiner Schuster, als der er in Wien nach seiner Gesellenzeit und jungverheiratet anfing, hätte er das Zeug nicht gebraucht. Auch dann nicht, als er, fasziniert von der Tätigkeit der Maurer und Zimmerleute, sich nach Feierabend auf Bauten schlich und sich neugierig das Eingeweide der Häuser, die da wurden, ansah und dies und das abzeichnete zum besseren Merken und um zu Hause über die Zusammenhänge nachzudenken. Aber dann wäre ein Moment gekommen, wo er Lesen und Schreiben hätte lernen müssen, um vieles vielleicht zu verlernen. Davor bewahrte ihn seine Frau. Die war in einem guten Tuchschererhause von bescheidenem Wohlstand geboren und groß geworden und hatte auf der Schule alles gelernt, was man und wie man damals lernte. Zu unserm Spaß ließen wir sie als alte Frau aufsagen, wie viele Pflanzen es gäbe und wie sie hießen und wie sie ausschauten. Sie konnte das dem Alphabet nach, wie sie es als Mädchen gelernt hatte. So mit den Mineralien, den Tieren. Und da diese katholische schlesische Ecke damals immer noch österreichisch tendierte, weshalb man auch nach Wien wanderte, nicht nach dem protestantischen und noch nichts bedeutenden Berlin, so wußte sie auch alle Geschichtszahlen, aber dem alten Reiche nach. Die Hohenzollern kamen gar nicht vor. Mit solchen vielen Kenntnissen und allen hauswirtschaftlichen Tugenden ausgerüstet, konnte sich das Mädchen, als es mit der Tuchschererei zu Hause zurückging, schon nach Wien in der Hoffnung auf eine gute Stelle als Kindererzieherin wagen, die es auch gleich bei einer Fünfkinderfamilie gab. Da war, als man das erstemal miteinander redete, keinerlei sozialer Abstand zwischen dem Kindermädchen und dem Schustergesellen, und man war fast aus derselben Gegend, das blonde, über keine Arbeit klagende Mädchen, und der schwarzlockige Bursch, der etwas ungeschickt freite, weil er nur wenig Worte hatte; aber in einem waren sie ganz gleich: in der Armut und in der Sicherheit, daß man sie schon nicht zum Elend werde verkommen lassen. Und dann: der Karl trank nicht, er rauchte nicht, er spielte nicht; die Agnes konnte schreiben, lesen und rechnen …

Man sollte meinen, einen Analphabeten beschämt und geniert solche elementare Unkenntnis, besonders wenn sie inmitten eines schulmäßig ausgebildeten Milieus als sein Einzelfall sich dutzende Male im Tage abhebt. Aber das war gar nicht so. Keinerlei Eitelkeit bemühte sich bei diesem Manne, diese Unkenntnis zu verbergen. Er nahm sie so natürlich hin, empfand sie so wenig als einen Defekt wie ein Historiker, wenn er nicht Skifahren kann oder ein Skifahrer, wenn er in der Urgeschichte der Tinklit-Indianer nicht Bescheid weiß. Es muß ihm ein großer Teil dessen, was wir durch Gelesenhaben wissen, als höchst unwissenswert erschienen sein und jener Omar, der die Bibliothek von Alexandria verbrannte, als ein sehr gescheiter Mann. Aus Gespräch und Erzählung erfuhr er ja immer, was sich so in der Welt zutrug. Daß darüber nun des langen und breiten alltäglich in vielen Zeitungen geschrieben wurde, muß ihm, nach dem, was die Lesenskundigen da herausredeten, nicht sehr klug erschienen sein. Als junger lern- und lesegieriger Mensch konnte ich mit diesem Umstand, daß der Vater diese elementaren Kenntnisse nicht besaß, nicht zurechtkommen. Er müsse, so dachte ich, nur ein höchst bizarres Bild der Welt und nur das Fragment eines Lebens haben. Ich konnte mir ein solches außerhalb der geistigen Kontinuität - wie sie das gedruckt Überlieferte herstellt - geführtes Leben nicht als ein richtiges Leben vorstellen. Aber noch rätselhafter erschien mir, daß diese ungewöhnlichen Mängel die einheitliche und starke Wirkung, die in sich ruhende Sicherheit dieses Mannes, in keiner Weise alterierten. Und es war nicht väterliche Autorität, die uns Kinder mit Blick, Wort oder Hand im Zaum hielt. Denn er übte sie nicht. Dies war ganz der immer vigilanten, immer korrigierenden und erziehenden Mutter Ressort. Der Vater war still, milde, zuschauend, eher lächelnd, gewähren lassend. Heute weiß ich es, daß ihm und uns Kindern kein größeres Glück werden konnte als diese ihm von keinerlei erlesenen Kenntnissen gestörte Ruhe. Das Kind, der Bub wurde weder auf Anschauungen noch Meinungen dressiert, die sich auf Zeugen des Gedruckten beriefen, denen die Autorität eines Erwachsenen Nachdruck verlieh. Es gab nur das unmittelbar Lebendige, Gelebte, Gesehene. Daß man schulmäßig etwas lernen müsse, empfahl sich als praktisch, aber nicht darüber hinaus.

Bevor ich die Reclambändchen in alle Winkel einschmuggelte, gab’s in unserm Hause außer dem Kalender kein Buch und kein Zitat, das als höhere Weisheit angerufen wurde. Doch, eines! Eine kurze Beschreibung der österreichischen Nordpolexpedition, ein Heftchen, das der Vater dem Sechsjährigen einmal heimbrachte. Ein Hausierer dürfte es ihm angeschwätzt haben. Als ich mir mit siebzehn Jahren zu Weihnachten die zwei dicken Bände von Schopenhauers Welt als Wille und Vorstellung wünschte - es gab damals nur die Originalausgabe bei Brockhaus -, da bekam ich sie, aber hinweiter kein Weihnachtsgeschenk mehr in den folgenden Jahren: ich war mit diesem Geschenk als ein Erwachsener vom Kinderfest entlassen.

Wahrscheinlich wäre der Vater ohne die Schulkenntnisse der Mutter mit allen Gaben in seiner Tätigkeit steckengeblieben, aber menschlich hätte er dadurch nichts verlieren können. Ich glaube, es wäre für die Menschheit ein sehr großer Gewinn, wenn sie einige Generationen hindurch weder lesen noch schreiben, noch rechnen lernte. Die Gehirne würden sich prachtvoll ausruhen. Das nunmehr mündlich Weitergegebene würde sich höchst ausdrucksstark gestalten und würde nur das Wesentliche formieren müssen, das Schicksalshafte. Die mythenbildende Kraft würde wieder gewonnen werden, die mir wichtiger zu sein scheint als die wissensbildende. Und die Körper würden regenerieren aus dieser gesäuberten geist-seelischen Substanz heraus. Was liest denn schon heute der durchschnittlich gebildete Schafskopf? Was schreibt er denn? Nicht einmal für die paar persönlichen Erlebnisse, wie Verliebtheit, Kinderkriegen, Tod, findet er den einfachen Ausdruck, sondern redet und schreibt es daher in Redensarten, die das Echo seiner nichtigen Zeitungslektüre sind.

Der Mehrwert - Die Rivalin - Von Tugenden

Im ersten Jahr meiner marxistischen Lehrjungenschaft, das auch das Jahr aller anderen erwachenden Vehemenzen des Jünglings war, muß ich meine Eltern nicht wenig geärgert haben. Daß ich mich keiner häuslichen Ordnung fügte, keine Zeiten einhielt und polizeiliche Verwarnungen an den Vater kamen, dafür zu sorgen, daß sein Sohn es lasse, in ›subversiven‹ Arbeiterzirkeln zu verkehren und Vorträge zu halten, solches mußte ich rechtfertigen durch Erklärung und Beweis einer wissenschaftlichen Doktrin, die aus meinem Vater einen ganz gewöhnlichen, dem Gesetz seiner Klasse unterliegenden Ausbeuter machte, und ich betrieb das mit um so größerem Fanatismus, weil ich in Sachen der Grundrente - der dritte Band des »Kapitals« war ja noch nicht erschienen - nur so auf eigene Faust, also etwas unsicher, theoretisierte. Und nur mit der Grundrente konnte ich ja gegen den Hausbesitzer, der mein Vater war, angehen! Es tat mir so leid, daß er kein Fabrikant mit Arbeitern war, denn darin war ich höchst beschlagen. Aber inwiefern er vom Mehrwert lebte, indem er jedes Vierteljahr bei den Parteien von Sechszimmerwohnungen den Hauszins behob, das war mir ein intrikates wirtschaftspolitisches Problem, auf das mich einzulassen ich möglichst vermied, um mich lieber in der allgemeinen Mehrwertstheorie aufzuhalten, der meine streitgewandte Mutter ihre ebenso allgemeinen Anschauungen von Fleiß und Sparsamkeit entgegensetzte. Der Vater ließ sich auf keine Debatte ein und begnügte sich, mich ganz ruhig einen dummen Buben zu nennen.

Um meine Position zu stützen, ließ ich nicht nach, immer wieder darauf zurückzukommen, auf welche Weise Vaters Vermögen aus den anfänglichen vierzehn Gulden damals, als man heiratete, angewachsen war zu einem Besitze von etlichen Zinshäusern. Ich suchte hart und eigensinnig, um nichts als das zu erfahren: daß dieser junge Mensch wohl das Handwerk eines Schusters gelernt hatte, aber kein Schuster, sondern ein Baumeister war. Was es da für ihn zu lernen gab, das erwarben sich rasch Auge und Verstand.

Es war eine lebhafte Bauperiode, als der Schuster seinen kleinen Flickladen verließ, um zu bauen. Was er nicht anders anfangen konnte als mit dem Gröbsten, dem Ziegeltragen, um nach Feierabend Baupläne zu zeichnen. So traf ihn, sah ihn ein großer Bauunternehmer, Besitzer vieler Ziegeleien, ein Ritter von Draasche. Der nahm den seltsam tätigen Ziegelträger in sein Zeichenbureau. Aber da war nichts mit ihm anzufangen. Was der Mensch zeichnete, stimmte, war aber über die sicher treffende Teilung und Einteilung eines als Baufläche gegebenen Raumes nicht hinauszubringen in jenen zeichentechnischen Sinn, den ein regulärer Bauplan haben muß, damit Arbeiter danach arbeiten können. Lieber als im Bureau war der Mensch auf dem Bau selber, bei den Deichgräbern und Schlossern, den Zimmer- und Tischlerleuten, den Malern, Gipsern und Anstreichern, den Dachdeckern und Ofensetzern.

So ging ein Jahr hin. Geschustert konnte während der Zeit nicht werden. Aber etwas Geld, das der Bauherr lieh, half zu einem Laden, in dem die tüchtige Frau fertig bezogene Stiefel und Schuhe verkaufte, ein kleiner Laden für kleine Leute, wie damals eben solche Geschäfte betrieben wurden, mit einer Klingel an der Tür, die schepperte, wenn ein Kunde eintrat.

Nach Feierabend kam der Mann heim. Man sperrte das Gewölbe, machte die Kasse, besprach, was das Geschäft verlangte. War das Wetter sommerlich, ging man mit dem Kind in den nahen Prater, aß im Gartenwirtshaus zur Schäferin, was man sich mitgebracht hatte, und trank ein Glas Wein dazu. Ein simples, zwischen viel Arbeit und kleinen Freuden hingehendes Leben, dem im Fasching ein Ball beim Sperl den Glanz gab.

Sparsamkeit und Fleiß, das waren nur die äußeren Erscheinungsformen, das rasch Wahrnehmbare zweier Tugenden, die heute verlorengegangen sind. Die eine ist die innere billigende Zugewandtheit zu der Arbeit, die man tut. Ich möchte sagen, das Liebesverhältnis zu seiner Arbeit. Gewiß, auch damals wußte man, daß man damit sein Brot verdiene. Aber man stahl sich nicht das Salz darauf damit, daß man die Arbeit nur nach ihrem Geldgewinn wertete und, während man sie tat, auf eine andere bessere Möglichkeit des Gewinnes schielte. Um sie so gut als irgend möglich und allein dadurch auch gewinnbringend zu machen, gab man sich ihr viel ungeteilter hin als heutzutage, wo der allmächtig gewordene Nenner Geld den Zähler »womit« gleichgültig hat werden lassen. Nie wäre dem Vater eingefallen, seinem Wechsel vom Schuster zum Häuserbauer die Deutung zu geben, daß er den größeren Verdienst beim einen dem geringeren beim anderen vorgezogen hätte, denn davon, »etwas zu unternehmen«, wobei sich rasch viel Geld verdienen ließe, war er gar nicht besessen. Er wechselte seine Tätigkeit nur seiner Anlage entsprechend, nicht einer Ambition, sein Einkommen zu vergrößern. Er hat bis an sein Lebensende darauf gehalten, von der Schusterei was zu verstehen, vom Leder und von der Machart, und war, als er starb, schon gut über dreißig Jahre kein Schuster mehr gewesen.

Die andere Tugend, mit der Liebe zu seiner Arbeit verwurzelt, ist die Bescheidung. Die Eltern führten ihr Leben, äußerlich gesehen, immer unter dem Niveau ihres Einkommens, aber durchaus auf dem Niveau ihres inneren Ausmaßes, dessen, was sich für Leute ihrer Art schickt und gehört. Sie nannten es Sparsamkeit, wenn sie sich der Pferdebahn bedienten, wo sie sich durchaus hätten einen Fiaker leisten können. Aber sie blieben damit nur in ihrem Rang. Sie fanden es nicht verschwenderisch, aber durchaus unpassend, Dinge zu tun, nur weil sie das Geld dazu hatten, aber nicht den Rang. Etwas drastisch ausgedrückt: ein Graf konnte Fiaker fahren, auch wenn er von Schulden lebte, aber für einen Menschen aus der breiten Masse des Volkes schickte sich das nicht, auch wenn er genügend Geld dafür besaß. Der bloße Geldbesitz hob das Gefühl der Würde nicht auf, das in Menschen dieser Art sofort schwankend geworden wäre, wenn sie sich in eine Lebensführung begeben hätten, die ihrem durchaus gewerteten inneren Rang nicht entsprochen hätte. Man bezog des Sommers nie eine Landwohnung. Und die kränklich gewordene Mutter war schon eine alte Frau, als sie die böhmischen Bäder besuchte. Der Vater trug, nur weil ihn als mageren Menschen fror, einen Pelz. Man aß, was die Mutter vortrefflich kochte, und hatte eine Magd für die groben Arbeiten, aber der Speisezettel änderte sich nicht mit dem wachsenden Vermögen, weder in mehr Gänge noch in besondere Genüsse. Pomeranzen gab es nur zu Weihnachten, und die Ananas in der Auslage von Tommasoni in der Wollzeile hielt der kleine Bub mehr für ein Schaugericht als für eine Sache zum Essen. Jedenfalls kam sie uns nicht zu. Was zu solcher Sparsamkeit führte, war eben diese Tugend der würdigen Bescheidung in einen Rang und dessen Etikette, woraus man jeden Halt bezog.

Zum Laden kam ein Grundstück und Ziegel, darauf zu bauen, zu billigen Bedingungen geliehen von jenem Ziegelgroßherrn, der an dem Vater ein Gefallen gefunden haben muß. Das fertige Bauwerk wurde rasch verkauft und ein neues aufgeführt. Beim dritten solchen Verkauf war die Schuld getilgt. So kam das Vermögen zustande, von dem dann dieser Mann eines Tages sagte, es sei hinreichend für seine Kinder, ein Mehr sei nicht nötig, und setzte sich in einem Landstädtchen im Österreichischen zur Ruhe. Er hatte etliche Dutzend solcher Wohnhäuser gebaut, nicht besser, nicht übler als die andern errichteten, immer nach seinen Plänen, immer unter seiner Leitung und nie höher als drei Stockwerke: das war das einzige, was er an schönem Aussehen seiner Häuser aufbringen konnte und woran er hielt. Aber vielleicht hatte er nur die Materialberechnung der Tragfähigkeit eines vierten Stockwerkes nicht in die Fingerspitzen bekommen.

Daß der Mann, der bald sechzig wurde, mit seiner Arbeitsstätte auch Weib und Haus verließ, hat der mit äußerster Lebhaftigkeit reagierenden Mutter um so größeren Schmerz bereitet, als sie in der Frauensperson, die dem Manne in jenem Städtchen die bescheidene Wirtschaft besorgte, eine Geliebte sah. Sie aber war nichts als eine Magd, die sich, als bei einem reichen alten Herrn in Dienst, gewisse Rechte und Freiheiten gern bewilligte; gab, wie das bei älteren Dienstboten der Brauch, mit der stillen Hoffnung auf ein reichliches Legat, vielleicht auch anderes und mehr und jedenfalls mit einigem Plus an Würde, die von andern Mägden abhebt, da man ja Wirtschafterin ist. Aber die plötzlich verlassene, einsam gewordene Frau kämpfte drei Jahre lang, bis zum Tode des Mannes Tag und Nacht gegen diese verachtete »Rivalin« um die Rückkehr des Gatten mit einer an grotesken und tragischen Zwischenfällen reichen Besessenheit, von der sie, ein Jahr nach dem Hingange des Mannes, erst der Tod erlöste. Denn über den Tod des Mannes hinaus blieb sie mit nichts anderem beschäftigt als mit diesem ihr rätselhaften Aufbruch des Mannes in die Einsamkeit, dieser Flucht vor der jahrzehntelangen Arbeitsgenossin, die durch die ihr zugefallene Arbeit des Verkehrs mit den Lieferanten und Behörden aus einem stillen, fast scheuen Mädchen eine energische, höchst aktive und laute Frau geworden war, ganz Wille, ganz Verstand, unfähig eines zärtlichen Wortes, nicht imstande, die Hände ruhend im Schoß zu halten, sich zu entspannen. Nicht nur ihre eigene ganze Person stellte sie unter dieses Ziel: den Mann wieder zurückzuhaben, sondern forderte das auch von ihrer Umgebung, von den Kindern, von Bekannten und Fernstehenden, daß sie sich ihr dafür zur Verfügung stellten. Wir waren nur mehr zwei Kinder im Hause, die jüngste Schwester und ich. Das ganz nur um dieses eine kreisende Leben der Mutter lag schwer auf uns, und jedes dachte an Flucht. Die Schwester tat’s in eine Ehe. Ich ging in die Schweiz. Aber zwei Jahre hatte ein ganz junger Mensch aus größter Nähe sehen und erleiden müssen, wie ein Mensch, der zudem seine alte Mutter war, alles Tun und Denken einem Affekte unterordnete, der durch seine Dauer manisch geworden war. Die Liebe schlechthin konnte nicht gut als das treibende Motiv angegeben werden. Diese Frau kämpfte um den ihr nicht zuteil gewordenen Lohn, der für sie darin bestand, daß man in Gemeinschaft zu Ende lebte, nebeneinander und miteinander. Sie kam sich wie mit einem schlechten Zeugnis entlassen vor im Augenblick, wo auch mit einem guten Zeugnis kein neuer Dienst anzutreten gewesen wäre. Da war alles Leben bisher Arbeit gewesen. Nun sollte es Ruhe sein, eine Hand in der des andern. Und diese des andern entzog sich. Entlassen, ohne Lohn, einsam, dem Tode entgegen. Der, mit dem man allein ein ganzes langes Leben in der Erinnerung hätte immer wieder besitzen können, entzog sich, wollte nicht. Die Kinder waren von ihr gegangen, das war natürlicher Lauf der Welt. Aber daß auch der Mann von ihr gegangen, das schien ihr gegen alle Natur.