Escape If You Can - Patricia Weiss - E-Book

Escape If You Can E-Book

Patricia Weiss

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Beschreibung

Sieben Opfer, sieben Geheimnisse und ein unheiliges Ritual. Auf der angesagtesten Party der Stadt im alten Pfarrhaus erwarten dich ein glamouröses Ambiente, Champagner und gute Musik - und eine Mission: Löse sieben Rätsel, um die Wiederauferstehung eines Werwolfs zu verhindern. Jeder Gast hütet ein düsteres Geheimnis. Der Abend startet launig, die Gruppe amüsiert sich, doch als der erste Gast verschwindet, wird aus Spaß tödlicher Ernst. Ein perfides Spiel um Leben und Tod beginnt. Und schnell wird klar, dass niemand das Pfarrhaus lebend verlassen wird, wenn sie nicht absolut ehrlich miteinander sind. Escape If You Can. Eine atemberaubende Halloween-Novelle, die den Leser bis zur letzten Seite in Atem halten wird!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 152

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Escape If You Can
Das Buch
Weitere Bücher von Patricia Weiss
Impressum
Bibelzitate
Werwölfe und Hexenverfolgung
Rosenkranzgeheimnisse
Kapitel 1 Qui iudicabit vivos et mortuos
Kapitel 2 Die freudenreichen Geheimnisse
Kapitel 3 Benedicta tu in mulieribus
Kapitel 4 Die lichtreichen Geheimnisse
Kapitel 5 Libera nos a malo
Kapitel 6 Die schmerzhaften Geheimnisse
Kapitel 7 Qui pro nobis sanguinem sudavit
Kapitel 8 Die glorreichen Geheimnisse
Kapitel 9 Qui omnia perficiet
Kapitel 10 Die trostreichen Geheimnisse
Kapitel 11 Qui iterum venturus est in gloria
Kapitel 12 Qui resurrexit a mortuis
Kapitel 13 Doxologie
Nachbemerkung
Glossar und Übersetzung der lateinischen Überschriften

Impressum neobooks

Escape If You Can

Eine Halloween-Novelle

von

Patricia Weiss

Das Buch

Sieben Opfer, sieben Geheimnisse und ein unheiliges Ritual.

Die Firma Escape.If.You.Can lädt zur angesagtesten Halloween-Party der Stadt ein. Die sorgfältig ausgesuchten Gäste erwartet eine glamouröse Nacht in einem alten Pfarrhaus mit Champagner und guter Musik und die Aufgabe, sieben Rätsel zu lösen, um die Wiederauferstehung eines Werwolfs zu verhindern, der vor vierhundert Jahren auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde.

Der Abend startet launig und entspannt, die zusammengewürfelte Gruppe versteht sich gut und begibt sich amüsiert auf die gruselige Rätselreise. Doch schnell merken sie, dass jeder von ihnen ein Geheimnis verbirgt, das er um keinen Preis offenbaren möchte. Als der Erste verschwindet, wird ihnen klar, dass sie ein perfides Spiel um Leben und Tod spielen. Und dass es keiner aus dem Keller-Labyrinth herausschaffen wird, wenn sie nicht absolut ehrlich miteinander sind.

Denn sie alle sind als Opfer für das unheilige Ritual vorgesehen.

Weitere Bücher von Patricia Weiss

Escape If You Can- Eine Halloween-Novelle ist der achte Roman von Patricia Weiss. Bisher von ihr erschienen ist die Laura-Peters-Serie mit den sechs FällenDas Lager, Böse Obhut, Zweiundsiebzig, Moloch Unsterblich,Monströse Moral,Verlassene Seelen

und

Cäcilie: Eine Halloween-Novelle.

Die Krimis sind als Taschenbuch und als E-Book im Internet erhältlich auf der Autorenseite

https://www.patriciaweiss.de

Patricia Weiss freut sich auf den Austausch mit ihren Lesern auf der Facebook-Seite Patricia Weiss – Autorin, auf X Tri_Weis und auf Instagram tri_weiss.

Escape If You Can: Eine Halloween-Novelle ist als Taschenbuch und als E-Book erhältlich.

Impressum

Texte: © Copyright 2023 by Patricia Weiss

c/o Relindis Second Hand

Gotenstraße 1, 53175 Bonn

[email protected]

Covergestaltung: Patricia Weiss

Foto: Marius Barthelmess

Model: Kira Kucharski

Lektorat: Katharina Abel

Alle Rechte vorbehalten.

Veröffentlichung: Halloween 2023

Bibelzitate

Die Bibelstellen in diesem Buch entstammen der Quelle www.offene-bibel.de - Lizenz: CC BY-SA 3. Einige Zitate wurden, um dem Kontext Rechnung zu tragen, von der Autorin gekürzt oder leicht umformuliert, was ausdrücklich erlaubt ist.

Für meine Großtanten Grete und Ine.

Die eine dreifache Witwe, elegant mit Perlenkette, langer Zigarettenspitze und einem Likörchen in Reichweite, die andere der Höhepunkt jeder Party mit ihrem Tanz mit dem brennenden Kerzenleuchter auf dem Kopf.

Ihr hättet großartig auf diese Halloween-Party gepasst!

Ihr fehlt mir.

Love life, stay weird.

Werwölfe und Hexenverfolgung

Auch Männer wurden Opfer der Hexenverfolgung und manche von ihnen wurden als Werwolf angeklagt und verbrannt. Als Beweis der Schuld dienten neben einem unter Folter erpressten Geständnis auch Gaben des Teufels, wie zum Beispiel Salben oder ein besonderer Gürtel, der die Verwandlung von einem Menschen in einen Wolf ermöglichte. Konnten derartige Utensilien nicht im Besitz des Beschuldigten gefunden werden, wurden sie trotzdem als Beweis verwendet: In einem solchen Fall hatte der Teufel nämlich die Gaben bereits wieder mitgenommen.

Rosenkranzgeheimnisse

Ein Rosenkranz ist eine katholische Gebetskette, die aus einem Kreuz und 59 Perlen besteht. Zusätzlich zu Glaubensbekenntnis, Vaterunser, Ave Maria und Ehre sei dem Vater können die Geheimnisse gebetet werden.

Hierzu zählen die freudenreichen Geheimnisse, die lichtreichen, die schmerzhaften, die glorreichen und die trostreichen Geheimnisse mit jeweils fünf lateinischen Glaubenssätzen.

Kapitel 1 Qui iudicabit vivos et mortuos

1628 in einem Kerker in Bonn

Denn wovor ich mich fürchtete, das kam über mich,

und wovor mir graute, das wird mich treffen.

(Ijob 3,25)

„Bete. Bitte Gott um Vergebung. Damit er dich vom Dämon erlöse und deine Seele retten möge. Aber das kannst du ja nicht. Und hätten wir noch einen Beweis gebraucht, so wäre es dieser. Unsere Arbeit ist getan. Jetzt hilft nur noch das reinigende Feuer.“ Der kurkölnische Justizkommissar drehte sich um, schwang seinen Mantel über die Schultern und nickte den beiden Schöffen zu. „Autodafé mit Urteilsverkündigung und Verbrennung lege ich für den 16. September fest. Das Geständnis schreiben wir nach der Mittagspause auf. Folgt mir, ich brauche jetzt ein ordentliches Mahl zur Stärkung.“

Die Tür fiel krachend ins Schloss und Philipp blieb allein zurück in der modrigen Dunkelheit des Verhörraums. Er lag auf dem steinernen Boden mit verrenkten Gliedern und zerschmetterten Knochen. Regungslos. So, wie er gefallen war. Heruntergekracht, als sie das Seil gelöst hatten, mit dem sie ihn an den hinter dem Rücken gefesselten Handgelenken hochgezogen hatten. Er trieb in einem schwarzen Meer aus Blut, Schmerz und hoffnungsloser Verzweiflung.

Es gab nichts mehr, was er vor ihnen verbergen konnte. Nichts mehr, was sie nicht über ihn wussten. Und es gab nichts, was ihn retten konnte.

Sie hatten sein Fleisch mit glühenden Zangen malträtiert, ihn in stinkendes Wasser getaucht, bis er fast ertrunken war, und mit Spießen traktiert.

Er hatte alles gestanden.

Was auch immer sie ihm vorgeworfen hatten, er hatte es zugegeben.

Alles.

Wirklich alles.

Sogar mehr, als er jemals für möglich gehalten hätte.

Er hatte doch nur gewollt, dass der Schmerz nachlässt. Dass sie aufhörten, ihn zu quälen und zu peinigen. Und ihm nicht mehr diese Fragen stellten. Die er nicht beantworten konnte. Und auf die er schließlich immer nur mit Ja reagiert hatte. Wenn die Pein es überhaupt zuließ, dass Worte aus seinem Mund kamen, die für sie irgendeinen Sinn ergaben.

Warum warst du so oft in der Kirche, hatten sie ihn gefragt. Konntest du nicht zu Hause beten?

Sag es. Sag es!

Sie hatten ihm diese Frage immer wieder gestellt und ihn dabei so sehr gequält, dass er es zugegeben hatte.

Ja. Es stimmt. Ich konnte es nicht.

Der Justizkommissar hatte zufrieden den beiden Schöffen zugenickt. Seht Ihr? Das beweist es wieder: In der Kirche hat der Teufel keine Macht. Aber außerhalb des Gotteshauses gewinnt er die Oberhand.

War das der Grund, warum du ständig in der Messe warst?

Ja! Ja!

Seine Worte waren nur ein Keuchen durch den grellen Schmerz gewesen.

Der Justizkommissar war an den Tisch getreten, hatte seinen irdenen Bierkrug geleert und sich aus der Kanne nachgeschenkt. Seine beiden Handlanger hatten sich in den Schatten einer Ecke verzogen. An eine Stelle, wo Philipp sie nicht sehen konnte. Fast, als schämten sie sich. Dabei verrichteten sie doch Gottes Werk. Sie hatten sich auch bei der Tortur zurückgehalten und waren nur zögernd den Anweisungen des Justizkommissars gefolgt. Vielleicht hatten sie Angst vor dem Dämon? Fürchteten sich, dass er ihnen etwas antun oder womöglich auch von ihnen Besitz ergreifen könnte? Den Kommissar schien ihre Zurückhaltung nicht weiter zu stören, er legte sogar Wert darauf, selbst Hand anzulegen. Damit es richtig gemacht wird.

Dann waren noch mehr Fragen auf ihn eingeprasselt.

Hatte er seinen langen Rosenkranz dazu benutzt, an andere Orte zu fliegen? Wofür in Gottes Namen brauchte er ihn sonst? Niemand besaß so einen. Nicht einmal der Heilige Vater in Rom.

Ja. Ja. Ja.

Das Wort ‚Ja‘ war das Einzige, was sein Gehirn denken und sein Mund aussprechen konnte. Das Einzige, was ihn vielleicht aus dieser Hölle retten konnte.

Kurz war Reue in ihm aufgeflackert. Er hatte besonders gottgefällig sein wollen und deshalb die Gebetskette anfertigen lassen. Doch war nicht damals schon der Zweifel in ihm aufgestiegen? War es Eitelkeit gewesen, die ihn dazu verführt hatte, den längsten Rosenkranz besitzen zu wollen? Er hatte ihn gebetet. So viele Male. Kniend vor dem Altar. Und auf Absolution gehofft. Doch ein bisschen hatte er sich auch gewünscht, dass alle ihn sehen.

Obwohl es Hochmut und somit Sünde war.

Und dein Gürtel? Wofür brauchst du den? Diesen Gürtel, dessen Leder so stark ist, dass nicht einmal Ochsen ihn zerreißen könnten. Und eine Schnalle aus Silber, wie sie selbst der Kurfürst nicht besitzt. Vom Teufel geschenkt, gemacht für einen Dämon.

Einen Werwolf.

Jeder weiß, was passiert, wenn du den Leibgurt anlegst. Du verwandelst dich in die Kreatur. Dein Körper verändert sich. Die Muskeln wachsen und sprengen die Kleidung in Fetzen wie ein Gewebe aus zarten Spinnweben. Doch dieser Gürtel hält stand. Denn er ist gefertigt für einen Werwolf.

Er hatte wieder ‚ja‘ gerufen. So oft, wie es die Schmerzen zuließen. Und sich erneut für seine Eitelkeit geschämt, die ihn verführt hatte, das prachtvolle Stück vor aller Augen zu tragen.

Es kamen weitere Fragen.

Welche Hexen kennst du?

Nenn sie uns.

Er hatte versucht, irgendwelche Namen aus seinem Gedächtnis zu pressen, die nicht die seiner Nächsten waren. Nicht die seiner Lieben. Nicht die seiner Nachbarn.

Doch die Qualen ließen es nicht zu. Je verzweifelter er sich bemühte, jemanden zu verschonen, umso schneller entschlüpfte ihm dessen Name.

Warum nur hatte er nicht beten können?

Warum?

Sie hatten ihn dazu aufgefordert, immer wieder. Denn wenn er kein Werwolf war, dann würde Gott sein Flehen erhören und ihn erlösen. Er sollte beten, wie er es in der Kirche getan hatte. Und obwohl er den Rosenkranz jeden Tag in den Händen gehalten hatte, war ihm keine einzige Zeile mehr eingefallen. Nicht auch nur ein einziges Wort.

Stattdessen hatte er angefangen, zu reden. Es war nur so aus ihm herausgesprudelt. Als wäre der Satan in ihn gefahren. Er erzählte von Dingen, die so entsetzlich waren, dass er, während er die Worte aussprach, nicht glauben konnte, dass sie aus seinem Mund kamen. Dass diese Erinnerungen seinem Gedächtnis entsprungen sein sollten. Dass er diese Frevel wirklich begangen hatte. Er hatte von Nächten gesprochen, in denen er mit dem Rosenkranz an finstere Orte geflogen war. Von seiner unheiligen Verwandlung mithilfe des Gürtels in eine wilde Kreatur mit Fell und Fängen. Wie er jungen Frauen aufgelauert und sie brutal geschändet hatte. Und wie er mit seinen Klauen ihre Kehlen aufgerissen und sich an ihrem warm spritzenden Blut gelabt hatte.

Dass er solche Ungeheuerlichkeiten gestanden hatte, war für ihn fast noch schwerer zu ertragen als die körperlichen Schmerzen.

Doch wenn das alles wahr war, dann war es nicht Philipp gewesen, der diese Untaten begangen hatte. Er konnte es nicht gewesen sein. Jeden Morgen war er doch der Erste gewesen, der in der Kirche darauf gewartet hatte, dass die Messe begann. Und jeden Abend der Letzte, der das heilige Gemäuer verlassen hatte. Es musste tatsächlich ein Dämon gewesen sein, der ihn all diese gotteslästerlichen Gräueltaten hatte begehen lassen.

Der Werwolf.

Der Schmerz tobte in seinem Körper, in seinem Kopf. Der Wahnsinn kroch in ihn hinein. Bohrte sich in seine Glieder, bahnte sich den Weg bis in sein Bewusstsein. Nahm Besitz von seinem Geist.

Hatten sie recht?

Es musste so sein.

Sie waren im Namen Gottes unterwegs. Sie würden dies nicht mit ihm tun, nicht tun dürfen, wenn der Allmächtige es nicht guthieße.

War er ein Werwolf?

Er wünschte, es würde stimmen.

Dann wäre es ein Leichtes, sich aus dieser Hölle zu befreien.

Regungslos lag er auf den kalten Steinen und horchte in sich hinein.

Wer war er jetzt?

Philipp?

Gab es den überhaupt noch?

Er konnte sich nicht mehr finden. Es schien nichts mehr übrig zu sein von dem frommen Mann, der sein Leben Gott hatte widmen wollen. Er spürte nur den grellen Schmerz seiner geschundenen Gliedmaßen. Mit der Tortur hatten sie seinen Körper zerschmettert. Und Philipps Seele zum Erlöschen gebracht. Es gab nur noch die Kreatur.

Den Dämon.

Plötzlich spürte er Schmerzen in seiner Brust. Andere Schmerzen. Mit einer neuen Botschaft. Süß und verlockend.

Sie verhieß den Ausweg.

Erlösung.

Endlich.

Er sah das Licht. In einiger Entfernung. Gleißend hell und verheißungsvoll. Und er schwebte darauf zu. In einem Tempo, das weder schnell noch langsam war. Denn Zeit hatte keine Bedeutung mehr.

Nichts hatte eine Bedeutung mehr.

Es gab nur noch die Erinnerung an das erlittene Unrecht. Und an die Menschen, die ihm das angetan hatten. Die seine Existenz bedrohen wollten.

Und die er vernichten würde.

Vernichten musste.

Irgendwann.

Als der Justizkommissar und seine beiden Schöffen eine halbe Stunde später zurückkehrten, fanden sie nur noch Philipps leblosen Körper vor.

Der Dämon hat ihn im Kerker erwürgt, schrieb der Justizkommissar in die Akte und setzte schwungvoll seine Unterschrift darunter.

Kapitel 2 Die freudenreichen Geheimnisse

Heute, Halloween-Abend in einem Pfarrhaus in Mehlem

Bevor sich verfinstern wird das Licht der Sonne

und der Mond und die Sterne.

(Kohelet 12,2)

Der Gastgeber der angesagtesten Halloween-Party in Bonn, zu der nur eine sorgfältig ausgewählte, illustre kleine Gästeschar eingeladen war, hatte ausdrücklich um Pünktlichkeit gebeten. Aufgrund des besonderen Charakters der Veranstaltung und eines nicht näher beschriebenen zu erwartenden Ereignisses, für das der Blue Moon, die Geisterstunde und ein exakt auszuführendes Ritual eine essenzielle Rolle spielten, würden verspätete Gäste bedauerlicherweise abgewiesen werden müssen.

Das Pfarrhaus, in dem das einzigartige Event stattfinden würde, war im 16. Jahrhundert aus groben, braunen Steinen erbaut worden und hätte mit seinen imposanten Ausmaßen schmucklos und eher gedrungen gewirkt. Doch diskret installierte Spots erschufen mit rautenförmigen Licht- und Schatteneffekten, die den Eingang und die erstaunlich kleinen Fenster geschickt in Szene setzten, auf der Fassade eine Opulenz und Pracht, die eines Palastes würdig gewesen wäre.

In der imposanten Eingangshalle perlte leise Klaviermusik aus den Lautsprechern und von den übermannshohen Bildern an den Wänden sahen Ordensmänner in schlichten Talaren mit duldsamen Mienen auf die kostbar gekleideten Gäste herab.

Martin Quant, der schlanke, hochgewachsene Gastgeber, ebenfalls im Priestergewand und mit Nickelbrille, klopfte mit einem Löffel an ein Glas, um sich Gehör zu verschaffen.

„Liebe Gäste, ich hoffe, Sie haben sich alle mit Getränken versorgt? Mein Name ist Martin Quant und ich heiße Sie herzlich willkommen zu einer Nacht, wie Sie sie noch nie erlebt haben. Sie sind die Auserwählten, die zum ersten Mal das neue Konzept der Firma Escape.If.You.Can austesten dürfen.“

Leises Raunen kam auf und er hob den Arm.

„Keine Sorge, dieses Konzept ist anders als die klassischen Escape-Rooms. Ganz anders. Viel realistischer und – wenn ich das sagen darf – deutlich unterhaltsamer.“ Er rieb sich die Hände und konnte ein Kichern nicht unterdrücken. Als er die erstaunten Blicke bemerkte, wurde er wieder ernst. „Wenn es Ihnen gelingt, alle Aufgaben zu lösen, wird es um Mitternacht eine spektakuläre Zeremonie geben, die Sie nie vergessen werden. Das kann ich Ihnen versprechen. Natürlich wird auch der Spaß nicht zu kurz kommen. Wir werden heute Abend eine Zeitreise in die Zwanzigerjahre des letzten Jahrhunderts machen und Sie sind die Gäste einer illustren und sehr exklusiven Party. Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie alle dem Dresscode ‚Rauschende Nacht in den Zwanzigerjahren‘ gefolgt sind. Sie sehen großartig aus.“

Er fuhr sich über die glatt nach hinten gegeelte Frisur und sah in die Runde. Für einen Moment blieb sein Blick an einer kleinen Frau hängen, die ihn an Schneewittchen erinnerte. Große, grüne, leicht schräg stehende Augen sahen ihm aufmerksam aus einem blassen Gesicht entgegen – so weiß wie Schnee. Um ihre glänzenden, langen Haare – so schwarz wie Ebenholz – hatte sie ein glitzerndes Stirnband geschlungen und die Fransen auf ihrem seidenen Charlestonkleid tanzten bei jeder Bewegung.

Doch ihre Füße steckten in Sneakers – so rot wie Blut.

Sie bemerkte seine Irritation, hob ihr Glas und prostete ihm ohne die geringste Scheu zu.

Er nickte ernst, dann lächelte er den anderen Gästen zu. „Wie gesagt, Sie sehen fast alle großartig aus. Hat jeder sein Handy hier in die Schale am Eingang gelegt? Perfekt. Dann darf ich Sie bitten, sich in den Salon zu begeben. Dort finden Sie Getränke und Snacks. Und die Hinweise, um das erste von insgesamt sieben Rätseln zu entschlüsseln. Die Lösung einer Aufgabe führt Sie automatisch zur nächsten Station. Sie haben durchschnittlich eine halbe Stunde Zeit pro Rätsel und sollten, wenn alles wie geplant verläuft, gegen Viertel vor zwölf einen Weg aus diesem Gebäude herausgefunden haben. Treffpunkt ist der alte Friedhof hinter dem Pfarrhaus, wo wir um Mitternacht die Ehre haben werden, einem Ereignis von gewaltiger Macht und Schönheit beizuwohnen.“

Er wies auf eine Tür, die sich wie von Geisterhand öffnete und den Blick auf einen festlich geschmückten Raum mit silbernen Kerzenleuchtern, samtblauen Sesseln und schwarz-gold gerahmten Bildern freigab.

„Darf ich Sie bitten?“

Martin Quant folgte den Gästen, blieb jedoch in der Tür stehen.

„Zu jedem der Salons, die Sie auf Ihrer Rätselreise kennenlernen werden, gehört übrigens ein kleiner Waschraum. Sollten Sie ein dringendes Bedürfnis verspüren, klopfen Sie an die Tür, ich werde sie Ihnen dann öffnen. Nach Hinweisen oder Geheimgängen brauchen Sie dort nicht zu suchen. An diesem Punkt werde ich mich vorerst von Ihnen verabschieden. Ich wünsche Ihnen einen unterhaltsamen und spannenden Abend. Wir sehen uns kurz vor Mitternacht auf dem Friedhof wieder. Sofern es Ihnen gelingt, das Pfarrhaus zu verlassen.“

Er wollte sich schon zurückziehen, doch dann kicherte er merkwürdig und drehte sich noch einmal um.

„Zwei Tipps habe ich noch für Sie. Erstens: Seien Sie unbedingt ehrlich. Mit sich selbst und untereinander. Heute Abend darf es keine Geheimnisse geben, sonst werden Sie nicht weit kommen.“

Die Teilnehmer nickten.

„Und zweitens ..:“ Er machte eine bedeutungsvolle Pause.

„Nur einer von Ihnen ist unschuldig.“

- – -

Von unerwarteter Seite wird entfesselt das Unheil über alle Bewohner des Landes.

(Jeremia 1,14)

Die Tür fiel ins Schloss und die sieben Gäste sahen sich einen Augenblick prüfend und leicht misstrauisch an.

Eine kurvige Brünette mit wilden Locken, knallrot geschminktem Mund, spöttisch blitzenden Augen und dramatischer Federboa brach das Schweigen zuerst.

„Nur einer von uns ist unschuldig? Das ist gruselig, findet ihr nicht? Ich hoffe, es ist okay, dass wir uns duzen? Wenn wir heute Abend gnadenlos ehrlich miteinander sein sollen, um uns den Weg hier herauszukämpfen, hilft das sicher. Und es wird Zeit, dass wir uns vorstellen. Ich bin Susanna Schneider, Strafverteidigerin. Die Kanzlei habe ich vor zwei Monaten in der Altstadt eröffnet. Wenn ihr mal Beistand braucht, kann ich euch gerne meine Karte geben. Damit ist wohl auch klar, dass ihr mich von der Liste streichen könnt, ich bin definitiv nicht das Unschuldslamm. Das muss einer von euch sein.“ Sie grinste und strich sich eine Locke aus der Stirn. „Ihr könnt mich Ally nennen, das machen alle. Wegen der Anwaltsserie, ihr wisst schon. Im Übrigen kommt ihr mir irgendwie bekannt vor, auch wenn ich spontan nicht jeden zuordnen kann. Mandanten von mir seid ihr nicht, das ist auf jeden Fall beruhigend. Cheers!“ Sie prostete gut gelaunt in die Runde.