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Digitalisierung, neue Technologien, Konzentrationsprozesse, unsichere Wirtschaftslagen, militärische Konflikte oder Verschiebungen der wirtschaftlichen Machtverhältnisse - das sind einige der Faktoren, die ein aktives Handeln in der Wirtschaft und den Unternehmen erfordern. Besonders das Kundenmanagement steht dabei besonders im Fokus bei der Umgestaltung von Unternehmen. Dieses Buch bietet einen Leitfaden, um strukturiert und analystisch Sales gezielt weiterzuentwickeln. Leitfäden, Fallbeispiele und Checklisten helfen den Lesern dabei, einen eigenen Weg zu entwickeln, Vertrieb und Marketing den aktuellen Erfordernissen anzupassen. Dieses Buch ist aus der Praxis für die Praxis, keine theoretischen Ansätze, sondern praktische Anleitungen für die tägliche Arbeit. Der Autor hat sich auf die Bereiche "Markt- und Kundenmanagement" spezialisiert. Er war 22 Jahre in der Wirtschaft als Manager aktiv, seit 27 Jahren berät er Unternehmen bei der Umgestaltung des Kundenmanagements - als Berater und Management-Coach. Außerdem vermittelt er sein Wissen als Dozent bei namhaften Institutionen.
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Seitenzahl: 594
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Ich konnte in den letzten 50 Jahren in meinen unterschiedlichen
Rollen als Manager, Dozent und Berater
von den Erfahrungen vieler Menschen profitieren.
Durch sie bekam ich die unterschiedlichsten Einblicke
in die verschiedensten Erfahrungen und Denkansätze.
All diesen Menschen und Mitstreitern einen herzlichen Dank
für die Inspirationen und Anregungen.
Ich weigere mich, mich auf die derzeitige Genderdiskussion bezüglich der deutschen Sprache einzulassen. Für mich war und ist immer die Einzigartigkeit der einzelnen Menschen oder deren Leistung wichtig, nicht das Geschlecht. Deshalb ist das Buch bewusst im alten Stil geschrieben. Wenn Funktionen oder Menschen beschrieben werden, spreche ich grundsätzlich alle gleichberechtigt an: Frauen, Männer, Diverse et cetera.
1 Sales Excellenz 4.0
2 Veränderungen im Kundenmanagement
3 Den Wandel gestalten
3.1 Intuition oder Ratio?
3.2 Ohne Wandel keine Weiterentwicklung
3.3 Der Paradigmenwechsel im Sales der Zukunft
3.4 Baby-Boomer bis Generation Z
3.5 Frühwarnindikatoren rechtzeitig erkennen
3.6 Die Zukunftsausrichtung des Vertriebs festlegen
3.7 Die Einbindung von externen Beratern
3.8 Ohne Mitarbeiter geht nichts (voran)
4 Die Reifephasen einer Sales-Organisation
4.1 Die Wachstumsphasen
4.2 Die Balancephase
4.3 Die Alterungsphasen
4.4 Das veränderte Verhalten des Vertriebs in Reifephasen
4.5 Aufgaben des Managements im Veränderungsprozess
4.6 Entscheidungen konsequent durchsetzen
4.7 Machen Sie Ihr Vertriebsteam zur lernenden Organisation
5 Veränderungsprozesse gestalten und umsetzen
5.1 Überprüfung der Sales-Strukturen
5.2 Menschen in einer Remote- und KI-Welt
6 Die Gestaltung von Selling-Teams
6.1 Teams als Co-Entscheider
6.2 Variable Belohnungssysteme
6.3 Transfer-Workshop-System TWS
6.4 Den Veränderungsprozess starten
6.5 Veränderungsprozesse gestalten und umsetzen
6.6 Steigerung der Vertriebsdynamik
6.7 Projektmanagement in Sales-Veränderungsprozessen
6.8 Kosten senken im Vertrieb
7 Der Omni-Channel-Vertrieb der Zukunft
7.1 Key Account Management
7.2 Flächenvertrieb
7.3 Der verkaufsaktive Innendienst
7.4 Organisation einer zentralen Kundenbearbeitung
7.5 Vor- und Nachteile von Call-Centern
7.6 Online-Sales
7.7 Die Kundenorientierung im Unternehmen verstärken
8 Sales-Strategie
8.1 Festlegung strategischer Ziele
8.2 Balanced-Scorecard
9 Strategiewerkzeuge im Sales
9.1 Entwicklung und Bewertung strategischer Geschäftsfelder
9.2 Positionierung
9.3 Die kennzahlengesteuerte Kundenbewertung
9.4 SWOT-Analyse
9.5 Kompetenzfeld-Analyse
9.6 Die Wettbewerbsanalyse
10 Marketing im Sales
10.1 Die Marketinginstrumente
10.2 Der Marketingplan
10.3 Marketingmaßnahmen festlegen
10.4 Umsetzung des Marketingplans
10.5 Wenn Marketingkonzepte nicht greifen
11 Sales Digital
11.1 Sales und künstliche Intelligenz (KI)
12 Digitale Werkzeuge des Kundenmanagements
12.1 Customer-Relationship-Management (CRM)
12.2 Dokumentenmanagement (DMS)
12.3 Content Management System (CMS)
12.4 Lead Management
12.5 Customer Journey
12.6 Social-Media
12.7 Social-CRM
12.8 Innovationsmanagement mit Social-Media
12.9 Content-Strategie und Social Media-Inhalte
12.10 Integration von Social-Media in die Geschäftsprozesse
12.11 Facebook & Co.
12.12 Webinare – Die digitale Kommunikation
12.13 Predictive Analytics (PA)
12.14 Predictive Maintenance (PM)
13 Werkzeuge für die operative Performance
13.1 Wertige Kunden gezielt gewinnen und binden
13.2 Aufbau eines Kundenentwicklungsplans
13.3 Der Einsatz einer Customer-Lifetime-Berechnung
13.4 Angebotsmanagement
13.5 Relative Qualität
13.6 Pricing im Sales
13.7 Preisstrategie in internationalen Märkten
14 Kennzahlensteuerung im Vertrieb
14.1 Der Einsatz von Workflow-Systemen
14.2 Gestaltung von Sales als Profit-Center
14.3 Einsatz von Cockpit-Systemen im Vertrieb
14.4 Ertragsorientierung im Sales-Management
15 Führung im Sales
15.1 Keine Veränderung ohne Chaos
15.2 Der bewusste Umgang mit Veränderungen
15.3 Commitment – Voraussetzung für erfolgreichen Wandel
15.4 Führung in einer digitalisierten Welt
15.5 Führen ist ein einsamer Job
15.6 Digitalisierung erfordert eine Arbeitskultur 4.0
15.7 10 Ideen für eine ergebnisorientierte Führung
15.8 New Work
15.9 Teamarbeit statt Abteilungsdenken
15.10 Mitarbeitermotivation oder Motivvermittlung?
15.11 Warum Führung in der digitalen Welt scheitern kann
15.12 Sales-Jobs der Zukunft
15.13 Variable Entlohnung – Dynamo oder Dynamit?
16 Zukunft Kundenmanagement
17 Zukunft Kundenmanagementorganisation
Quellenhinweise
Der Autor
Was ist die Definition von Sales Excellenz 4.0? Ist es nicht alter Wein in neuen Schläuchen? Hat es nicht immer schon Unternehmen gegeben, die anderen am Markt voraus waren? Drei einfache Fragen, die aber nicht einfach zu beantworten sind. Zum Beispiel die Frage, was Sales Excellenz 4.0 genau bedeutet. In immer kürzer werdenden Abständen werden Schlagworte in den Markt geworfen, die mal mehr, mal weniger erfolgreich in der Realität gelebt werden. Heute sind die Schlagworte „KI“ und „ChatGPT“ in aller Munde. Diese beiden Trends werden ohne Zweifel die Wirtschaft und Gesellschaft in vielen Ländern verändern. Was genau die Auswirkungen sein werden, kann zurzeit nur bedingt abgeschätzt werden. Es ist zum Beispiel unklar, ob und welche gesetzlichen Regularien es geben wird. Aber eines ist klar: Dies wird kein alter Wein in neuen Schläuchen sein, sondern zu einem Paradigmenwandel führen mit erheblichen Auswirkungen auf die Sales Excellenz.
Es gibt immer wieder neue Studien von Universitäten, Wirtschaftsinstituten oder Beratungsgesellschaften, die die Ist-Situation beschreiben und Vorschläge unterbreiten, wie sich die Unternehmen in Zukunft aufstellen müssen, um erfolgreich am Markt zu sein. Vielen dieser Studien merkt man an, dass die Herausgeber nicht in der täglichen Praxis unterwegs sind, sondern professoral dozieren. Wenn die Praktiker die Studien lesen, wissen sie meist nicht, was sie konkret umsetzen sollen. Diese Studien sind oftmals gespickt mit Gemeinplätzen und nur bedingt umsetzungsorientiert. Deshalb will ich den Lesern mit diesem Buch einen Handlungsleitfaden an die Hand geben, mit denen sie selbst Maßnahmen in ihrem Verantwortungsbereich umsetzen können.
Die Politik befindet sich seit einigen Jahren im Krisenmodus, siehe die Corona-Pandemie oder und den Ukraine-Krieg, mit gravierenden Folgen für die Gesellschaft und Wirtschaft. Die Wirtschaft muss zudem eine digitale und ökologische Transformation bewältigen. Die von Kanzler Scholz zitierte „Zeitenwende“ bedeutet den Zerfall von mehreren Ordnungen, die die vergangenen Dekaden geprägt haben und nun in neue Ordnungen transformiert werden müssen, zum Beispiel den Ausstieg aus der fossilen Energieversorgung oder den Umgang mit einer digitalen Arbeitswelt und veränderten Mediengesellschaft.
Wirtschaft und Gesellschaft leben derzeit im Spannungsfeld zwischen alter, noch existenter und neuer, noch nicht konturierter Welt. Ein Zurück gibt es aber nicht. Es bleibt nichts anderes übrig, als die Herausforderungen der Zukunft positiv anzunehmen. Die Unsicherheit ist überall spürbar. Aufwind bekommen derzeit Parteien, die versprechen, die „gute alte Zeit“ wieder zu garantieren. Die Wirtschaft postuliert, dass ein digitaler Wandel stattfinden muss, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Menschen sehnen sich nach Orientierung und setzen auf Systeme, die ihnen verlässliche Rahmenbedingungen versprechen.
Ein echter Wandel findet derzeit nur bedingt statt und ist oftmals zu langsam, siehe den Ausbau der Digitalisierung oder erneuerbarer Energiekonzepte. Das Problem vieler Entscheider ist es, dass sie die Zukunft aus der Gegenwart denken, statt die Gegenwart aus der Zukunft. Harry G. Frankfurt hat in seinem Buch „Über Bullshit“ geschrieben: „Bullshit ist unvermeidlich, wenn Umstände von uns verlangen, über etwas zu reden, wovon wir keine Ahnung haben.“ Es täuscht Wissen vor, wo keines ist, und gute Absicht, die es nicht gibt. Und so ist es mit dem Wandel: Wir imitieren ihn. New Work wird mit Homeoffice verwechselt, Klimaverantwortung mit Greenwashing vorgetäuscht, und digitale Transformation beginnt mit bunten Stühlen, deren Unbequemlichkeit uns lediglich aus der Komfortzone reißt. Auf allen Kongressen wird Wandel gepredigt, doch schon am nächsten Tag verfallen manche Entscheider wieder in alte Verhaltensmuster.
Unternehmen und Manager wollen den Wandel, aber nicht die Veränderung. Mitarbeiter wollen Freiräume, aber nicht die Verantwortung. Das ist das Change- und das Agilitätsparadox. Das Change-Paradox besteht darin, das Gleiche zu tun, aber ein anderes Ergebnis zu erwarten. Das Agilitätsparadox besteht darin, dass sich die Menschen zuerst gegen die Risiken der Agilität absichern wollen, bevor sie sie zulassen. Agilität beschreibt aber gerade die Fähigkeit, mit unerwarteten Ereignissen besser umgehen zu können, und Change die Fähigkeit, in veränderten Situationen anders handeln zu können.
Wandel findet meist aus alten Strukturen heraus statt, aber selten innerhalb dieser Strukturen selbst. „Aufbrechen“ hat daher zwei Bedeutungen: Losgehen und Loslassen. Die wichtigste Voraussetzung für einen Wandel ist die Veränderung der Strukturen. Bestehende Strukturen werden jedoch beharrlich verteidigt. An ihnen hängen Macht, Privilegien und Bequemlichkeit. Diese zu durchbrechen ist wohl die schwierigste Hürde, weil diejenigen, die sie haben, bereit sein müssen, sie aufzugeben. Systemtheoretisch und organisationspsychologisch spricht wenig dafür, dass diese Strukturen ausgerechnet von ihren Profiteuren, der heutigen Entscheidungs- und Führungsgeneration, aufgebrochen werden.
In einer komplexen und ungewisser werdenden Welt sehnen sich die Menschen nach Einfachheit und Sicherheit. Doch die Antwort auf Komplexität ist nicht mehr Kontrolle, sondern die Fähigkeit zur Ergebnisoffenheit. Die Antwort auf Ungewissheit ist nicht mehr Sicherheit, sondern die Fähigkeit zur Vorstellung anderer Welten. Komplexität geht meist mit Unkontrollierbarkeit einher und erzeugt Unsicherheit. Doch die bestehenden Strukturen sind in vielen Unternehmen auf fehlerfreie, kreativlose Wiederholung ausgelegt, nicht aber auf Ergebnisoffenheit und dem Versuch, andere Wege auszuprobieren.
Albert Einstein hat es treffend formuliert: „Wir können nicht mit derselben Denkweise die Probleme lösen, durch die sie entstanden sind“. Dazu gehört neben der Freude und dem Mut zum Unkonventionellen auch die Freiheit. Anders handeln ist nur möglich, wenn wir die Freiheit dazu haben. Natürlich ist Freiheit ohne Grenzen Laissez-faire. Aber es braucht eine verantwortungsvolle Freiheit, um neue Lösungen zu entwickeln. Freiheit braucht und schafft zugleich Optimismus. Die Forderung nach mehr Leadership in der Zeitenwende ist der Ruf nach mehr Freiheit für den Wandel. Fortschritt gibt es nicht durch Deformation der alten Welt, sondern durch Formation einer Neuen.
Wenn also Sales Excellenz 4.0 neu gedacht werden soll, ist es nicht ausreichend, IT-Werkzeuge in den Unternehmen einzuführen. Das sind notwendige Werkszeuge, um Prozesse leichter und genauer abbilden zu können. Aber die Zukunft gestalten wird man mit diesen Einzelmaßnahmen nicht. Aus diesem Grunde soll dieses Buch eine Hilfestellung bieten, praxisorientiert den Wandel anzupacken. Wichtig ist beispielsweise zu erkennen, in welcher Reifephase sich ein Unternehmen befindet, um entsprechende Ideen zu entwickeln. Oder wie zukünftige Strukturen und Prozesse markt- und kundenorientiert verändert werden können oder müssen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Wie muss die Sales-Organisation der Zukunft aussehen, wie kann eine ziel- und werteorientierte Führung aussehen – alles Fragen, die wichtig sind, Antworten auf die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens zu geben.
Es wird kontinuierlich über die Veränderungen gesprochen, die die Digitalisierung mit sich bringen wird. Mir kommt allerdings die Diskussion zu kurz, was dies für die Führung und Steuerung der Organisation und Menschen bedeutet. Ich persönlich bleibe dabei: Je mehr digitalisiert wird, desto wichtiger wird der Faktor Mensch. Ob die Diskussion in der Wirtschaft über eine 4-Tage-Woche bei gleichem Lohn oder die Ausweitung von Home Office zielführend ist, bezweifle ich. Alle Standardabläufe und Standardaufgaben gehören digitalisiert, aber für die wichtigen Aufgaben wie Kundenbetreuung und Entwicklung kundenorientierter Produkt- und Serviceleistungen wird die Mitarbeiterqualität und Mitarbeitereinstellung immer wichtiger.
Natürlich herrscht derzeit ein Arbeitnehmermarkt, gut qualifizierte Bewerber können sich oftmals die Arbeitgeber aussuchen. Natürlich haben manche Menschen der Generation Z heute eine andere Vorstellung von Work-Life-Balance. Aber das verändert nicht den Grundsatz, dass jeder Mitarbeiter für seine Ergebnisse verantwortlich ist. Das Leistungsprinzip ist immer noch aktuell und wird aus meiner Sicht auch aktuell bleiben. Dagegen entwickeln sich manche Unternehmen inzwischen zu Corporate Nannys. Sie entlassen teilweise ihre Mitarbeiter aus der Verantwortung, dokumentiert durch viele Workshops, Meetings, Gruppenentscheidungen et cetera.
In der Vergangenheit waren Faktoren wie Gehalt oder Statussymbole, gerade für Sales-Mitarbeiter, ein wichtiger Grund, sich für oder gegen einen Arbeitgeber zu entscheiden. Heute spielen teilweise die Aspekte Unternehmenskultur, Mitarbeiterführung oder Arbeitsbedingungen eine wesentlichere Rolle, gute Mitarbeiter ans Unternehmen zu binden. Junge Mitarbeiter haben heute andere individuelle Präferenzen und Neigungen, sie verfolgen andere Karriereentwürfe und legen stärker Wert darauf, Familie und Beruf in Einklang zu bringen. Aber Mitarbeiter sind keine Kunden, die man ständig bemuttern muss. Erforderlich ist es, Mitarbeitern Raum zu geben, gemeinsam die eigene Arbeitswelt optimieren zu können. Sie zu ermutigen, Maßnahmen zu entwickeln, die von vielen getragen und gemeinsam umgesetzt werden können. Es geht nicht darum, die Mitarbeiter „mitzunehmen“, sondern sie zu aktiven Akteuren zu machen, die sich gegenseitig mitnehmen.
Trennen Sie sich davon, ein attraktiver Arbeitgeber sein zu wollen. Dieses Versprechen wird viele Mitarbeiter enttäuschen, wenn sie den täglichen „Wahnsinn“ erleben. Unternehmen sollten authentisch bleiben und nur das zusagen, was sie unter den gegebenen Marktbedingungen auch in der Lage sind zu leisten. Die meisten Mitarbeiter wünschen sich Ziele, für die es sich lohnt, sich besonders einzusetzen. Gerade die Positionierung von Sales ist eine gute Grundlage, Mitarbeiter für ehrgeizige Ziele zu begeistern. Hieraus kann der Sinn entstehen, sich besonders für eine Idee einzusetzen. Ohne besondere Ideen werden die Mitarbeiter eher Gehaltsempfänger, denn Arbeit ohne Sinnhaftigkeit wird nur bedingt zu besonderen Ergebnissen führen. Dabei spielen auch die zwischenmenschlichen Aspekte eine wichtige Rolle. Klare Rahmenbedingungen tragen dazu bei, dass die Mitarbeiter im Team die Konsequenzen ihres Handelns erleben.
Wenn dieses Buch erscheint, werden manche Punkt schon wieder diskussionswürdig sein. Wandel hat es immer gegeben, die Geschwindigkeit hat sich verändert. Früher dachten wir in Generationenabständen, heute in 2-3 Jahreszyklen. Fünfjahrespläne gehören nicht mehr in die heutige Zeit. Die Checklisten und Fallbeispiele sollen dabei helfen, Ihr Sales und Marketing zeitgemäß weiterzuentwickeln. Dabei ist meine Meinung nicht die Wahrheit, sondern nur meine persönliche Wahrnehmung. Nutzen Sie die Checklisten und Fallbeispiele, um sich eine eigene Meinung zu bilden.
Die Kunden können heute aus einer Vielzahl von Einkaufsoptionen auswählen. Produkte und Leistungen werden immer vergleichbarer mit der Konsequenz, dass es für die Anbieter immer schwieriger wird, Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Wer Kundenwünsche und Wettbewerbsvorteile nicht genau verifizieren kann, erlaubt sich einen Blindflug. Zudem ändern sich bestehende Geschäftsmodelle. Ein wichtiges Thema ist beispielsweise inzwischen „Make or Buy“ geworden. Vor der Corona-Pandemie wurden viele Bereiche der Wertschöpfungskette in vermeintliche Billiglohnländer ausgegliedert. Mit dem Abreißen der Warenströme aus Asien, bedingt durch das konsequente Lock-Down mancher Länder während der Corona-Pandemie, ist manchen Unternehmen deutlich geworden, wie unsicher ihre Zulieferketten teilweise geworden waren. Der Ukraine-Krieg wirft weiterhin die Frage auf, wie man bei einem Angriff Chinas auf Taiwan umgehen würde und welche Konsequenzen die Politik in einem derartigen Fall ziehen würde. Die Sicherstellung des Warenflusses in der gesamten Produktionskette wird daher ein wichtiges zukünftiges Diskussionsthema in den Unternehmen bleiben. Das bedeutet aber nicht, dass die Unternehmen zurückkehren werden zur überwiegenden Eigenproduktion. Eher wird die Bereitschaft steigen, in Partnerschaften mit Zulieferern aus „sicheren“ Ländern einzusteigen. Dies wird Sales neue Chancen bieten.
Weitere Veränderungen werden sich aus der Fragestellung „Nutzen statt Kaufen“ ergeben. Treiber vieler Veränderungen ist oftmals der B2C-Bereich. Früher haben die Menschen CDs gekauft, heute streamen sie. Es wurden Bücher in Papierform vertrieben, heute verwendet ein nicht unwesentlicher Teil der Leser digitale Medien wie E-Books. Diese Entwicklung ist inzwischen auch im B2B-Bereich spürbar.
Warum soll ein Speditionsunternehmen einen Trailer kaufen, wenn ein Sensor an der Achse die gefahrenen Kilometer erfasst, diese digital an den Trailer-Hersteller meldet und die Kunden monatlich nur für die Nutzung bezahlen. Dies reduziert das gebundene Kapital der Kunden erheblich und verschiebt das Nutzungsrisiko auf den Trailer-Hersteller.
Ein weiteres Beispiel für die Veränderungen in der Wirtschaft kann man in der chemischen Industrie betrachten. Die Hersteller von Autolacken verhandelten früher über den Preis pro Liter Lack mit den Autoherstellern. Heute kaufen Autohersteller einen Quadratmeter lackiertes Blech ein. Damit verändert sich der Produktentwicklungsprozess. Waren die Hersteller in der Vergangenheit daran interessiert, dass möglichst viel Lack verbraucht wurde, müssen sie durch die Veränderung des Geschäftsmodells die Rezepturen umstellen, um mit möglichst wenig Lack pro Quadratmeter auszukommen.
Einen Paradigmenwandel kann man derzeit auch in der Automobilindustrie erleben. Die Autohersteller tendieren dazu, die Autos nicht mehr zu verkaufen, sondern für einen definierten Zeitraum zu vermieten. Das hat Auswirkungen auf den Autohandel und die potenziellen Käufer. Die Autohersteller benötigen Rohstoffe und sind deswegen daran interessiert, beispielsweise gebrauchte Batterien wieder aufzuarbeiten und den gesamten Nutzungszyklus stärker selbst zu steuern. Es wird interessant sein, wie die Entwicklung hier weitergehen wird.
All diese Entwicklungen werden Auswirkungen auf Sales haben. Über die Entwicklung der Digitalisierung wird jeden Tag in den Medien berichtet. Mitte der 90-iger Jahre schwärmten viele Manager noch von den E-Commerce-Chancen, für den klassischen Vertrieb wurde schon der Schwanengesang intoniert. Heute schmunzeln wir über diese inhaltlichen Diskussionen. Natürlich wird die Digitalisierung erhebliche Konsequenzen für Sales haben, aber ich bleibe bei meiner Meinung, die ich seit vielen Jahren vertrete: Sales ist und bleibt People Business! Natürlich wird es für einen administrativen Innendienst schwierig werden, die Daseinsberechtigung in einer digitalen Welt zu rechtfertigen. Alle immer wiederkehrenden Prozesse werden standardisiert und automatisiert digital abgebildet werden. Auch die Funktion des klassischen Außendienstes wird sich verändern. Unternehmen brauchen keine Mitarbeiter mehr, die zu Routinebesuchen bei Kunden aufbrechen. Die Qualität von Sales wird sich verändern müssen, Unternehmen brauchen nicht mehr die Masse an Mitarbeitern sondern deren Klasse. Aber: Menschen werden auch in Zukunft den Unterschied ausmachen. Es wird an den Unternehmen liegen, gezielt das kostbare Gut „Mitarbeiter“ kundenorientiert einzusetzen.
Kunden wünschen sich in Zukunft verstärkt verschiedene Kommunikations- und Einkaufsoptionen von den Anbietern. Dies erfordert einen Omni-Channel-Vertrieb seitens der Anbieter, in dem alle Kanäle untereinander vernetzt sind und die Kunden selbst entscheiden können, wie sie zu welchem Zeitpunkt mit einem potenziellen Anbieter problemlos kommunizieren können. Kunden bewerten heute den Kaufprozess ganzheitlich, von der Qualität des Erstkontaktes bis zu After-Sales. Unternehmen sollten sich von Begriffen wie Pre-Sales-Service oder After-Sales-Service trennen. Ein Kunde möchte sich zum Beispiel im Internet vorinformieren, um dann einen persönlichen Berater zwecks Absicherung und Klärung letzter Fragen zu kontaktieren, er erwartet nach Verkaufsabschluss eine professionelle Betreuung während der Transaktionsphase und bewertet die Anbieterqualität abschließend, wenn sich ein Mangel einstellt und er erfährt, wie mit seiner Reklamation umgegangen wird.
Kunden werden mit diesem Verhalten unkalkulierbarer, die Zeiten der einfachen Kundensegmentierungen und Kundenklassifizierungen neigen sich dem Ende zu. In der Vergangenheit wurden im Sales Generalisten gewünscht, unterstützt durch interne Fachkräfte. Bedingt durch die höhere Komplexität des Kundenmanagements werden die Leistungen Einzelner vermehrt durch ein Team von Spezialisten abgelöst. Die Kunden im Bereich B2B bilden zunehmend Buying-Center, demgegenüber werden Selling-Center auf der Anbieterseite an Bedeutung gewinnen. Wo früher die Dienst- und Serviceleistungen mit dem großen Füllhorn über die Kunden geschüttet wurden, muss heute aus Effizienzgründen diese Zusatzleistungen auf die Kundenbedürfnisse und den Kundenwert abgestimmt und differenziert angeboten werden. Zusatznutzen sollten in Zukunft nur dann kostenfrei angeboten werden, wenn entweder die Kunden wertig sind oder Unternehmen damit strategisch ihre Marktposition stärken können. Unternehmen und Kunden werden sich daran gewöhnen müssen, dass Zusatzleistungen verstärkt mit einem Preisschild versehen werden.
„One face to the customer“ war viele Jahre eine fast unumstößliche Aussage von Vertriebsmanagern und Beratern. Zeitgemäßes Kundenmanagement erfordert aber die Netzwerkbildung bei wichtigen Kunden. Damit wird die altgewohnte Vertriebssicht, dass nur der Außendienst verantwortlich die Kunden steuert, in vielen Unternehmen auf dem Komposthaufen der Vertriebsgeschichte landen. In manchen Branchen konnten die Einkäufer in der Vergangenheit aufgrund der Konzentrationsprozesse und mit der damit einhergehenden stärkeren Einkaufsmacht nur noch Konditionen „quetschen“. Das scheint sich zu verändern, denn der Einkauf muss aufpassen, dass ihm nicht eines Tages die guten Lieferanten abhandenkommen. Gerade während der Corona-Pandemie wurde für manche Einkaufsorganisation schmerzhaft sichtbar, wie wichtig eine gute Partnerschaft zu ausgesuchten Lieferanten sein kann. In dieser Zeit erinnerte sich mancher Anbieter daran, wie man zu früheren Zeiten mit ihm umgegangen war. Menschen haben ein Elefantengedächtnis. Nur einseitiger Nutzenvorteil für eine Partei kann zwar über einen gewissen Zeitraum „erlitten“ werden, auf Dauer wird aber eine der beiden Parteien die Lust an dem Geschäft verlieren und sich neu orientieren. Anbieter werden es lernen müssen, Nein zu sagen und Kunden werden Anbieter nach deren Bereitschaft bewerten, die eigenen strategischen Ziele zu unterstützen.
Durch Konzentrationsprozesse bedingt wird eine internationale Kundenbetreuung immer wichtiger. Die Weltwirtschaft teilt sich heute in sechs Zonen auf: Nordamerika (Kanada / USA / Mexiko), West- und Osteuropa, Asien (Japan / China / NI`s), Südamerika, Afrika und Südostasien. Eine umfassende Globalisierung hat nie stattgefunden. Deutlich wird das daran, dass ein Drittel des Welthandels konzerninterner Umsatz (Zwischendienstleistungen) ist. Globalisierung wird durch viele Faktoren begrenzt, unter anderem durch die verfügbare Finanzkraft. Kalifornien erwirtschaftete in der Vergangenheit ein fast ebenso großes Bruttosozialprodukt wie Südkorea, Indonesien, Thailand, Malaysia und Philippinen zusammen. Unternehmen werden aber weltweit näher an die Kunden rücken. Das führt dazu, dass die Höhe der Direktinvestitionen in Auslandsmärkte steigen werden, um eine Vernetzung der Unternehmensinteressen mit den einzelnen Wirtschaftsblöcken zu erreichen und einem Protektionismus zu entgehen. Dabei wird Asien weiterhin der Wirtschaftsblock mit der höchsten Wachstumsrate sein. Unternehmen werden innerhalb von Wirtschaftsblöcken agieren und neue Formen der Zusammenarbeit entwickeln. „Glocal“ handeln wird die Denkbasis für viele Unternehmen werden. Virtuelle Unternehmen werden entstehen und ihre Kernkompetenzen zusammenlegen, zum Beispiel über Joint Ventures, Vertriebs-, Technologie- und Fertigungsabkommen in der Automobilindustrie, Luftfahrt, Computerindustrie oder Telekommunikation.
Die Konzentration auf definierte Kunden und Märkte wird zum Erfolgsfaktor. Wer überall Spitze sein möchte, wird eher Mittelmaß bleiben. Es ist nicht realistisch, für jeden Kunden ein Spitzenangebot bereitzustellen. Die Ära des Flächenvertriebs nach Regionen und Ländern neigt sich dem Ende zu und wird zunehmend abgelöst durch differenzierte Verkaufsprozesse. Der Begriff „Kundenwert“ wird eine höhere Bedeutung erlangen. Er besitzt zwei Komponenten: Den Wert, den der Kunde durch eine Anbieterleistung erhält und den Wert, den ein Anbieter aus der Kundenbeziehung zieht. Zu viele Einzelleistungen der Anbieter vermitteln den Kunden keinen dauerhaften Wert. Unternehmen müssen in Zukunft verstärkt herausfinden, welche Leistungen von den Kunden unbedingt gewünscht werden; welche Leistungen zwar wichtig für die Kunden sind, aber durch andere Anbieter ersetzt werden können; und welche unbedeutend für die Kunden sind und jederzeit von anderen Anbietern bezogen werden können. Kunden entscheiden über die Wertigkeit und es die Aufgabe von Sales, Wertigkeitsfaktoren aus Kundensicht herauszufinden, um kundenwertorientierte Leistungsangebote zu entwickeln. Sales nach dem Gießkannenprinzip gehört nicht mehr die Zukunft.
Beispiel
Mit Strom als Produkt kann man sich kaum von seinen Wettbewerbern abgrenzen. Deshalb bieten die Stromanbieter neben der Basisleistung eine Vielzahl von Dienst- und Beratungsleistungen an. Unter dem Begriff „Energiemanagement“ werden zum Beispiel wichtigen Kunden eine Energieverbrauchsanalyse angeboten, um durch verschiedene Maßnahmen den Stromverbrauch zu senken und die Stromeinspeisung zeitgerecht kostengünstig bereitstellen zu können. Nicht die Senkung des Preises steht hier im Vordergrund, sondern die Steigerung der Produktivität. Für diese Denkweise wird Sales in Zukunft Sales Antworten geben müssen.
Der Kundenwert kann durch gezielte Beratung, Betreuung und Unterstützung gesteigert werden. Beratungs-, Service- und Dienstleistungen werden die Produkte der Zukunft werden, die im Sales den Unterschied machen werden. Kunden entscheiden sich in Commodity-Märkten eher für das Bessere als für das Mehr. Hier wird erneut deutlich, dass Prioritäten gesetzt werden müssen bei der Ressourcennutzung. Wachstumsstrategien sind oft nur möglich bei gleichzeitiger Rationalisierung in unwichtigen Bereichen.
Vertriebskooperationen werden zunehmen, gerade mittelständische Unternehmen werden dieses Instrument der Zusammenarbeit nutzen müssen, um Spezialistenwissen und Produkte als Einheit dem Kunden anzubieten. Regionen und Märkte können in derartigen Konstellationen besser bedient werden.
Beispiel
Zwei Anbieter hatten für einen identischen Markt Beratungsteams mit jeweils zehn Technikern installiert. Da sich die Produkte ergänzten, entschieden sich beide Unternehmen, ein gemeinsames Beratungsteam aufzubauen und die Kosten je zur Hälfte zu übernehmen. Die Bedenken, dass die Berater sich für ein Unternehmen stärker einsetzen würden, wurde in der Praxis nicht bestätigt. Das Besondere an dieser Konstellation: Es wurde nie ein Vertrag zwischen den Parteien abgeschlossen, ein Handschlag zwischen den Führungsverantwortlichen reichte aus. Geändert hat sich das Klima mit dem Weggang eines der Führungsverantwortlichen. Heute gibt es Kostenstellen, Jahresbudgets et cetera. Allerdings ist auch die Spritzigkeit in dem Beraterteam abhandengekommen.
Viele Kooperationen scheitern weniger an sachlichen Voraussetzungen, sondern eher an zwischenmenschlichen Fakten. Ein Faktor ist der Machtanspruch. Entweder schaffen es beide Partner auf Machtspiele zu verzichten oder es ist sinnvoll, dass eine Partei die Federführung übernimmt. Vertriebskooperationen sollten sich immer an den Kunden ausrichten, auf unnötigen Vertriebs-Schnickschnack wie synergetische Produktlösungen oder undifferenzierte Produktlösungen kann problemlos verzichtet werden. Die Zusammenarbeit sollte auf Faktoren wie Markt- und Kundenforderungen basieren und um differenzierte weitere Leistungsangebote, von wichtigen Kunden gewünschte Kundenforderungen, ergänzt werden.
Die Optimierung eines strukturierten Vertriebs ersetzt zwar nicht das individuelle Verkäufergespür, liefert aber die Grundlage für eine gezielte Markt- und Kundenbearbeitung. Je nach Branche oder Unternehmen kann Sales unterschiedlich ausgerichtet werden und bietet demzufolge abgestufte Optimierungsansätze.
Beispiele
Unternehmen mit einem Flächenvertrieb stärken den Innendienst oder indirekte Kundenansprachen wie Direct Marketing und Internet-Angebote, um die persönliche Verkaufsressource nur noch den wichtigen Kunden anzubieten.
Unternehmen organisieren ihren Vertrieb neu in Form eines Kundensegmentansatzes. Vertriebsmitarbeiter werden bestimmten Kunden oder Kundengruppen zugeordnet, sie können sich in diesen Bereichen spezialisieren und besondere Leistungen anbieten.
Unternehmen steuern ihren Vertrieb über ausgesuchte Vertriebspartner, die für die direkte Marktbearbeitung verantwortlich sind und durch die Hersteller fachlich unterstützt werden.
Unternehmen in einem Flächengeschäft arbeiten zweigleisig. Ein reines Verkäuferteam betreut den Handel, während ein Beraterteam die Endabnehmer technisch unterstützt und die gewonnenen Aufträge an den Handel zwecks Abwicklung weiterleiten.
Unternehmen trennen sich von regionalen Märkten oder uninteressanten Kundengruppen und suchen Partner, die in diesem Bereich stark sind.
Differenzierte Kundenmanagementstrategien.
Sales-Organisationen benötigen klare und realistische langfristige Ziele, um die Vertriebsdynamik zu steigern. Diese bilden die Grundlage, um Produkte, Leistungen, Mitarbeiterprofile et cetera festzulegen. Benötigt werden dadurch Profi-Verkäufer, die in er Lage sind, statt vieler Einzelprodukte Komplettleistungen mit vielen Kundenvorteilen anzubieten. Der Beratungsverkauf erfordert eine Eigenschaft, die Verkäufer oftmals nicht besonders gut beherrschen: Zuhören. Wer in den Köpfen und Herzen seiner Kunden spazieren gehen möchte, muss sich selbst zurückstellen können und mit sich im Reinen sein.
Eine Vertriebsherausforderung der Zukunft ist die Betreuung komplex aufgestellter Kunden. Die Kundenunternehmen agieren teilweise sehr unterschiedlich, zum Beispiel:
Zentralisiert:
Die Zentrale bestimmt die Richtlinien, die Regionen haben diese umzusetzen.
Dezentralisiert:
Die Zentrale übernimmt Stabsfunktionen, die Regionen bestimmen ihre Geschäftsaktivitäten weitestgehend selbst.
Partnersysteme:
Die Unternehmen bearbeiten nur bestimmte Märkte selbst und bearbeiten gemeinsam mit Kooperationspartnern andere Regionen.
Handelssysteme:
Die Unternehmen konzentrieren sich auf bestimmte Märkte und übergeben andere Regionen an Handelspartner.
Diese Vielschichtigkeit erschwert die Standardisierung von Leistungen. International aufgestellte Kunden verlangen zum Beispiel ein hohes Maß an individueller Betreuung, die von Anbietern aus Ressourcengründen nur bedingt optimal bereitgestellt werden können. Deshalb ist der Aufbau von Modulen sinnvoll, um variabler auf die diversen Kundenvorstellungen eingehen zu können. In der Praxis zeigt sich immer wieder die Anforderung, die differenzierenden Vorstellungen einzelner Kundenorganisationseinheiten auf einen Nenner zu bringen. Da ist Geduld und Fingerspitzengefühl gefordert, um einerseits die Interessen der Kundenzentrale zu erfüllen und andererseits die „Eigenständigkeit“ der Regionen anzuerkennen. Wer eine internationale Sales-Organisation aufbauen oder optimieren will, muss die folgenden Aspekte berücksichtigen:
Agieren Sie Glocal:
Stellen Sie zentrale Unternehmensleistungen für Marketing und Vertrieb allen Gesellschaften zur Verfügung und überlassen die regionale Marktbearbeitung den Landesgesellschaften. Standardisieren Sie alle Leistungen, die von den Kunden weltweit in einheitlicher Qualität verlangt werden. Individualisieren Sie nur die Leistungen, die speziell von Regionen oder Kundengeschäftseinheiten verlangt werden.
Setzen Sie auf internationale Teams:
Die Betreuung international aufgestellter Großunternehmen kann nur durch ein Global Account Management gewährleistet werden. Dieses Selling-Team ist verantwortlich für das Kundenergebnis und benötigt die Kompetenz, sich unabhängig von den regionalen Zuständigkeiten zu bewegen und auf die Ressourcen der Landesgesellschaften zurückgreifen zu können.
Einsatz von Absatzmittlern:
Wenn Sie in bestimmten Weltregionen nicht tätig werden wollen oder können, ist der Einsatz von Absatzmittlern sinnvoll. Bedenken Sie aber, ob zu einem späteren Zeitpunkt nicht doch ein eigenes Engagement gewünscht ist. Aus diesem Grunde überlassen Sie die Kontaktpflege zu wichtigen Kunden in der Region nicht ausschließlich dem Absatzmittler. Gewöhnen sie ihn daran, dass ein Repräsentant Ihres Unternehmens an Jahresgesprächen und anderen wichtigen Anlässen teilnimmt und es normal ist, dass Kunden des Absatzmittlers in Ihre Zentrale eingeladen werden.
Umgang mit schwierigen Personalsituationen:
Führung und Mitarbeiter von Regionalgesellschaften neigen dazu, sich als eigenständiges Unternehmen zu betrachten und die strategischen Ziele des Gesamtunternehmens als Beiwerk abzutun. Wenn die Zahlen stimmen, wird dies oftmals akzeptiert, wenn aber die Ergebnisse dagegen schlechter werden, wird dieses Verhalten kritisiert und unter Umständen ein Guru aus der Zentrale als Aufpasser entsandt. Ersparen Sie sich diesen Stress und stellen Spielregeln für gute und schwierige Zeiten auf. Sie werden es erleben, dass im internationalen Geschäft immer das eine oder andere Land eine Delle erlebt und dann entscheidet gerade die Umgangskultur darüber, in welcher Geschwindigkeit ein Änderungsmanagement greift.
Optimieren Sie die Preisstrukturen:
Der internationale Markt ist durch digitale Medien, internationalem Einkauf et cetera sehr transparent geworden. Unerklärbare Preisdifferenzen werden durch Kunden nicht mehr hingenommen. Schaffen sie eine nachvollziehbare Preisharmonie.
Planen Sie den Personaleinsatz:
Nicht in jedem Land ist es sinnvoll, einen umfassenden Vertrieb aufzubauen. Vielleicht interessiert Sie nur ein Marktsegment dort oder bestimmte Kunden. Dann lohnt sich der Einsatz kleinerer Vertriebsressourcen, die entweder zentral oder von einem Stützpunkt eines Kontinents gesteuert werden. Sorgen Sie für ausreichendes Wissen über Markt, Kunden und Wettbewerber. Setzen Sie entweder Absatzmittler, Vertriebspartner oder eigene Einzelkämpfer ein und organisieren die Serviceleistungen unter Kostengesichtspunkten sehr schlank.
Schaffen Sie eine virtuelle Vernetzung:
Es reicht nicht aus, Informationen zu sammeln. Die Weitergabe an die Organisationsteile, die mit diesen Informationen ihre Geschäftsmöglichkeiten verbessern können, ist das A und O. Binden Sie alle wichtigen Partner in ihr Informationsmanagement mit ein. Durch die virtuelle Vernetzung verbessern Sie die Kontaktfrequenz und die emotionale Einbindung in das Gesamtkonzept. Sie können damit Regionalgesellschaften und Partner über Marketing- und Vertriebsmaßnahmen informieren und erhalten Informationen aus den regionalen Märkten.
Auch im Markt findet derzeit ein Umbruch statt. Die Fokussierung auf einen Vertriebskanal wird zunehmend in Frage gestellt. Die Industrie fragt sich zum Beispiel, welche Rolle der Großhandel in Zukunft spielen wird. 30 – 50 Prozent Margenverlust für die Rechnungslegung seitens des Großhandels werden besonders dann in Frage gestellt, wenn alle Beratungs- oder Logistikleistungen von der Industrie selbst erbracht werden. Alle Handelsstufen, die nicht selbständig zum Mehrwert beitragen und in ein strategisches Konzept mit eingebaut werden können, stehen zur Disposition mit der Folge, dass der Direktvertrieb weiter zunehmen wird. In Branchen, die sehr beratungs- und serviceintensive Produkte vertreiben, steht neben dem Direktvertrieb die Konzentration auf ausgewählte Distributionspartner zur Diskussion. Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist eine möglichst einheitliche strategische Ausrichtung, die Bereitschaft zu einer intensiven Zusammenarbeit und eine Vertrauensbasis der handelnden Personen.
Franchising ist eine Vertriebsform, die inzwischen manche Branche beherrscht und auch in anderen Bereichen weiter an Bedeutung gewinnt. Auch die Einbeziehung von spezialisierten Vermittlern und Agenten ist eine Option, näher an die Endkunden heranzurücken. Telekommunikationsanbieter arbeiten beispielsweise mit einer derartigen Doppelstrategie: Firmenkunden werden im Direktvertrieb vom Anbieter selbst angesprochen, gleichzeitig werden Systemanbieter dafür gewonnen, bei Profikunden ihre Leistungen plus Telekommunikation als Paketlösung anzubieten.
Projekt- und Prozessmanagement ist in der Forschung & Entwicklung oder Produktion gängige Praxis. Im Vertrieb beherrschten in der Vergangenheit Insellösungen und individuelle Vorgehensweisen das Geschehen. Bei der Neuausrichtung von Sales-Organisationen kann nicht auf den Einsatz der beiden Managementwerkzeuge verzichtet werden. Kundenorientierung allein als Maßstab für neue Ansätze zu nehmen reicht nicht aus, die Eigenziele besitzen den gleichen Stellenwert. Es muss ein Gewinner-Gewinner-Spiel bleiben, bei dem alle Veränderungsmaßnahmen im eigenen Unternehmen mit den Vorstellungen der Kunden abgeglichen werden und möglichst kompatibel sein sollten. Über ein kundenorientiertes Projekt- und Prozessmanagement können die internen Kosten und Leistungen zielgenau geplant und gesteuert werden. Das unterstützt Sie bei dem Ziel, die langfristigen Vertriebsziele, die operativen Ziele, die Vertriebsadministration und Vertriebskultur miteinander zu einem ganzheitlichen Konzept zusammenzufügen.
Auf das Thema „Digitalisierung der Sales-Organisation“ gehe ich später ein, aber so viel vorab: Unternehmen benötigen IT-Konzepte zur besseren Steuerung der Prozessabläufe. Aber dort lauert die Gefahr, dass IT-Systeme eingekauft werden ohne klare Vorstellungen über die Zielsetzungen. Die Folge: Anschließend steuert die Software das Kundenmanagement. Bestimmen Sie zuerst, welche Ziele erreicht, welche Prozesse in welcher Form abgebildet werden sollen et cetera, ehe eine Entscheidung über eine geeignete Software getroffen wird. Gliedern Sie mit IT-Unterstützung alle Vertriebsprozesse in Teilprozesse und prüfen, in welchen Bereichen Optimierungspotenzial vorhanden ist. Wie weit Sie mit einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) kommen, müssen Sie selbst entscheiden. Manchmal ist es nicht zu verhindern, Einschnitte an Haupt und Gliedern vorzunehmen. Im Fokus Ihrer Betrachtungen müssen die zukunftsorientierten Prozesse stehen, nicht die vorhandenen Strukturen.
Sales muss näher an die Kunden rücken und selektiver als in der Vergangenheit im Kundenmanagement vorgehen. Die Umsetzung der Vertriebsdynamik unter Berücksichtigung eigener Ressourcen, realistischer Abschätzung der Erfolgswahrscheinlichkeit und Ertragschancen wird zum Erfolgsfaktor in der Vertriebsarbeit. Sales wird sich von der einseitigen Produktlösungssicht trennen und durch kundenwertsteigernde Systemangebote differenzieren müssen. Auf eine internationale Marktbearbeitung kann nicht mehr verzichtet werden. Je nach Strategie und Unternehmenskonstellation wird diese individuell gestaltet. Sales wird es den Kunden ermöglichen müssen, die Wahl des Vertriebskanals selbst zu bestimmen. Eine konsequente Vertriebsstrategie muss sicherstellen, dass sich die diversen Vertriebskanäle nicht kannibalisieren.
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Evolutionäres Marktverhalten reicht oftmals nicht mehr aus, disruptive Ansätze sind erforderlich.
Das Profit-Center-Denken muss alle kundennahen Bereiche umfassen. Um Profit-Center aufzubauen und zu steuern, ist ein Projekt- und Prozessmanagement als Analyse- und Umsetzungswerkzeug im Sales unabdingbar ebenso wie der Einsatz digitaler Systeme zur Unterstützung und Optimierung der Kundenmanagementprozesse. Es kommen in den nächsten Jahren viele Veränderungen auf die Unternehmen zu, die eine Neuausrichtung von Sales erforderlich machen. Es ist sinnvoll und zielführend, die Sales-Organisation in die Überlegungen und Veränderungsprozesse einzubeziehen, denn Manager haben die formelle Autorität, Entscheidungen zu treffen. Aber die „Macht“ bezüglich Umsetzung liegt bei den Mitarbeitern.
Es ist wichtig, sich vor der Planung von Maßnahmenpaketen mit theoretischen Aspekten auseinanderzusetzen. Sales ist aus der Vergangenheit her oftmals darauf getrimmt, die Steigerung der Effizienz in den Vordergrund zu rücken, ohne darauf zu achten, auf welcher Basis Entscheidungen getroffen und umgesetzt werden. Aus diesem Grunde ist ein kleiner Ausflug in die Neuropsychologie erforderlich. Gerade der Psychologe Peter Kruse hat mit seinen Erkenntnissen viel dazu beigetragen, dass wir heute in besseres Verständnis der psychologischen Zusammenhänge bezüglich Entscheidungsfindung haben.
Die Prinzipien des Gehirns, Fähigkeiten zu erlernen und etwas Neues zu gestalten, kann man auf Unternehmensprozesse übertragen. Veränderungsprozesse sind oftmals nicht eine Frage der Theorie, sondern der Methodik. Menschen haben viele Ideen, komplexe Wirtschaftsprozesse weiterzuentwickeln, es fehlen aber oftmals funktionierende Umsetzungswerkzeuge zur Erzeugung einer kollektiven Intelligenz.
Wir erzeugen eine immer höhere Dynamik und Komplexität in einer Welt, die wir als Individuen nicht mehr bewältigen können. Deshalb wird es immer wichtiger zu prüfen, wie die notwendigen Lernprozesse einer Einzelperson auf Gruppen und Netzwerke übertragen und weiterentwickelt werden können. Kollektive Intelligenz ist mehr als die Summe einzelner Gedanken und Ideen.
Die Vernetzungsdichte in der Wirtschaft ist explodiert und, wann immer dies geschieht, erhöht sich damit automatisch die Komplexität der Lösungen und Erhöhung der Veränderungsdynamik im System. Es ist relativ leicht, eine vernetzte Welt zu erzeugen; aber nicht einfach, mit den Wirkungen der Vernetzung richtig umzugehen. Das Gehirn versucht, mit drei Grundkomponenten ein intelligentes System zu finden:
Vernetzung,
Erregung und Aufmerksamkeit und
Bewertung.
Das Internet ist ein Beispiel für ein vernetztes System, das gleichzeitig Erregung und Aufmerksamkeit weckt. Allerdings hat das Internet Probleme im Bereich der Bewertung, auch wenn durch Algorithmen die Prognosegenauigkeit stark angestiegen ist. Allerdings ist der Begriff „künstliche Intelligenz“ so nicht richtig. Die KI lernt aus den Algorithmen, die die IT-Entwickler vorgegeben haben. Wenn also ein Algorithmus „falsch“ aufgesetzt wird, werden die Auswertungssysteme entsprechend nur bedingt zutreffende Annahmen wiedergeben. Die Erhöhung der Vernetzung von Gruppen, zum Beispiel durch aktiv genutzte CRM-Systeme als Werkzeug, kann das Verhalten von Menschen sichtbar zu machen. Die meisten Bewertungen von Menschen sind allerdings methodisch sehr problematisch. Es wird nicht gelingen, das Verhalten und die Bewertungsmuster von Menschen durch Befragungen zu beleuchten, da Fragebögen sich nur auf der rationalen Ebene bewegen. Entscheidend ist aber das limbische System im Gehirn eines Menschen, das bisher nicht umfassend erforscht wurde. Bei der direkten Befragung von Mitarbeitern per Fragebögen bestehen folgende Problematiken:
Durch die persönlichen Konditionierungen der Befragten sind die Bewertungsmuster unterschiedlich, ihnen ist nur bedingt bewusst, was sie antworten.
Aufgrund der Mehrdeutigkeit von Sprache verstehen die Befragten die Aussagen eines Fragebogens nicht ausreichend oder unterschiedlich.
Um den Hintergrund der Antworten richtig zu bewerten, müsste die gesamte Lebensgeschichte der Befragten klar sein.
Bei einzelnen Mitarbeitern kann dies noch erfolgreich sein, beispielsweise durch Empathie. Doch wie soll dies beispielsweise bei 500 Mitarbeitern mit teilweise unterschiedlichen Wertemustern funktionieren? Denn Voraussetzung, um Lernprozesse einzuleiten, ist, dass sich die Mitarbeiter als Individuen positiv wahrgenommen fühlen. Grundlage für Veränderungen ist die Schaffung eines übergeordneten individuellen Systems (Kultur und gemeinsame Wertemuster), um kooperationsfähig zu sein. Dynamik und Kooperation entstehen nicht durch einzelne Mitarbeiter, sondern durch ein verbindendes System auf gleicher Werteebene.
Unternehmen müssen sich auf Wertegrundlagen zur Bildung einer Unternehmenskultur einigen, um von einem synergetischen Mehrwert zu profitieren. Es ist einfacher, wenn Mitarbeiter in einer gemeinsamen Kultur groß geworden sind. Schwieriger wird dies in der globalen Zusammenarbeit. Fremde Kulturen müssen auf die gleiche Art nachvollziehbar sein wie die eigene Kultur. Wie gehen Unternehmen an diese Aufgabe heran? Es zeigen sich häufig folgende Verhaltensmuster:
Versuch und Irrtum,
Ausblenden von störenden Fakten,
rationale Durchdringung der Situation,
Vereinfachung durch Konzentration auf einzelne Faktoren (Simplify your live) und
emotionale Bewertung durch intuitives Agieren.
Über rationales Verstehen werden Sie nicht weiterkommen. Ebenso wird die Reduktion auf wenige Kriterien, um Komplexität zu trivialisieren, nicht gelingen. Denn ein kompliziertes System können Sie nur dann durch Trivialisierung in den Griff bekommen, wenn Sie es beispielsweise in diverse Prozessschritte unterteilen. Der Versuch der Trivialisierung stört allerdings die Auseinandersetzung mit komplexen Systemen.
Das Gehirn ist in der Lage, Komplexität durch Musterbildung zu minimieren. Deshalb erhält die Intuition bei zunehmender Komplexität eine hohe Bedeutung. Intuition bedeutet, dass das Gehirn Musterbildungen gelernt hat, die jenseits des rationalen Verstehens hilfreich sind. Intuition ist die Fähigkeit des Gehirns, auf Basis langjähriger Erfahrungen jenseits der Rationalität Muster zu bilden. Doch wenn sich die Unternehmensumwelten immer schneller ändern, sind Intuitionen, die sich in der Vergangenheit gebildet haben, zwar immer noch „gefühlt“ richtig, aber heute unter Umständen nicht mehr zeitgemäß.
Die Rahmenbedingungen, unter denen sich Intuitionen in der Vergangenheit ausgebildet haben, sind nicht mehr die Rahmenbedingungen, unter denen sie heute anwendbar sind. Menschen haben in ihren Gehirnen nach wie vor das Gefühl, richtig zu liegen. Die Wirklichkeit, die sie erleben, ist für sie wahr. Ob Entscheidungen auf dieser Basis auch erfolgreich und nützlich sind, ist eine andere Frage.
Wenn Führungsverantwortliche auf intuitiver Basis Entscheidungen treffen, glauben sie an diese Entscheidungen, unabhängig davon, ob diese der jetzigen oder zukünftigen Marktsituation angemessen sind. Um Mitarbeiter zu beurteilen ist es wichtig herausfinden, in welchem Rahmen sie ihre Intuitionen gelernt haben. Sind die Erfahrungen wirklich noch up-todate? Krisen sind die Basis der Intuition. Es kann sein, dass heutige Krisen bewältigt werden müssen, die mit Krisen der Vergangenheit vergleichbar sind. Wenn die Intuition aus Krisen der Vergangenheit abgeleitet wird, kann es aber auch sein, dass Entscheidungen nicht mehr zu den heutigen Bedingungen passen.
Intuitiver Experte von heute oder von gestern? Wer unter komplexen Wirtschaftsbedingungen agiert, muss wach bleiben und bereit sein, sich intensiv zu vernetzen und intuitive Bewertungen unter Berücksichtigung der Konditionierung der einzelnen Person zulassen.
Wenn eine gemeinschaftliche Wertebasis miteinander geteilt wird, können im Prinzip beliebig viele Mitarbeiter eine gemeinschaftliche Kultur bilden. Was dort im Zusammenspiel an intelligenten Lösungen zustande kommt, muss sich nicht im einzelnen Gehirn in voller Komplexität abbilden, sondern es werden Kulturmuster abgebildet. Es muss eine Teilhabe vorhanden sein, kein Commitment als bewusste Aktion. Mitarbeiter brauchen eine gemeinsame, nicht unbedingt schriftlich formulierte Vorstellung von Basiswerten. Wenn Mitarbeiter auf Basis klarer Werte agieren, können viele Aktivitäten ohne ständige Kontrolle laufen.
Netzwerke können sich in ihrer Ordnungsbildung überlassen werden. Mitarbeiter müssen nicht das Gefühl haben, alles verstehen zu müssen. Wenn nur Entscheidungen getroffen werden, die dem Intelligenzmuster der Führung entsprechen, bleiben Unternehmen hinter ihren Möglichkeiten zurück, weil Unternehmen dann limitiert sind aufgrund der Intelligenz derer, die in der Hierarchie oben stehen. Die Mitarbeiter im Kollektiv leisten immer mehr als der Einzelne. Der Führungsverantwortliche ist für den Betrachter bezüglich einer Gruppenleistung eine Komplexitätsreduktion, die Komplexität selbst innerhalb des Systems wird dadurch aber nicht reduziert.
Kulturen entwickeln sich über einen langen Zeitraum, sie werden nicht durch einen strategischen Prozess aktiv gebildet. Durch Abstimmungsprozesse im Diskurs entwickelt sich über viele Jahre eine Unternehmenskultur. Im Laufe der Zeit verlassen die Mitarbeiter Unternehmen, die den gelebten Kulturmustern nicht entsprechen. Schwieriger wird es bei Firmenübernahmen, da hier zwei eigenständige Kulturen aufeinanderprallen. Dann ist es notwendig, strategisch vorgehen statt zu warten, bis sich die Kulturen durch Krisen einander annähern.
Kultur kann nicht gemanagt werden, aber es können Diskurse angeregt werden, die in der Lage sind, die Geschwindigkeit der gemeinschaftlichen Ausbildung von Wertemustern zu erhöhen. Unternehmen, die sich mit der Formulierung von Leitlinien begnügen, haben nicht verstanden, wie sich eine Kultur entwickelt. Diskursive Prozesse erzeugen eine gemeinsame Kultur. Wenn eine Kultur angepasst werden soll, muss die Vernetzung und der Diskurs erhöht werden. Wenn die Diskursgeschwindigkeit und -menge erhöht wird, besteht die Chance, Veränderungen in der Kultur zu gestalten. Ansonsten bliebe nur die Möglichkeit zu warten, bis sich das System aus sich selbst heraus wieder neu gebildet hat – und das kann Jahre dauern. Kulturen kann man nur entstehen lassen und unter diesen Bedingungen die Prozesse optimieren.
Wir haben die Vernetzungsdichte durch das Internet erhöht und damit Probleme erzeugt, die uns jetzt erst bewusstwerden. Das Problem des Webs ist deshalb ein Problem seines Erfolgs. Wir haben eine Beteiligungsmetapher nach vorne getrieben. Täglich werden Millionen von Menschen zur Beteiligung eingeladen. Die Vernetzung und Erregung funktionieren. Die Bewertung dagegen funktioniert nicht, und ohne Bewertung kann sich kein intelligentes System entwickeln.
Wenn sich Millionen Menschen beteiligen, ist eine Bewertung des Angebots bedeutungsvoll. Was ist es wert, wahrgenommen zu werden? Ein System, das Masse ohne qualifizierte Bewertung erzeugt, erstickt an sich selbst. Wir brauchen automatische qualitative Bewertungskriterien. Unternehmen müssen damit aufhören zu verhindern, dass sich die Mitarbeiter vernetzen. Hierarchie in der Vergangenheit hat überwiegend versucht, die Mitarbeiter in Hierarchiesilos kalkulierbar zu machen. Netzwerke sind in ihrer Struktur aber nicht kalkulierbar. In dem Augenblick, in dem Unternehmen aufhören, Netzwerke zu verhindern, gibt die Führung „Macht“ ab. Tradiertes Denken hat über Jahrhunderte Netzwerke verhindert. Das Fördern von Vernetzung ist das Loslassen von Macht.
Wer gibt gerne Macht auf? Wer steht als Führungsverantwortlicher gerne vor der gefühlten Situation, nichts mehr im Griff zu haben? Netzwerke sind lösungsorientierte Systeme, die mit einer hohen Eigendynamik arbeiten. Unternehmen müssen heute Netzwerke zulassen, weil die zukünftigen Rahmenbedingungen in der Wirtschaft eine immer stärkere Dynamik und Komplexität erfordern und das Arbeiten in Netzwerken erzwingen. Die Komplexität eines Lösungssystems richtet sich nach der Komplexität des Problemsystems. Wenn es Unternehmen in einer hoch vernetzten Welt nicht mehr schaffen, die Freiheit von komplexen Netzwerken zu erzeugen, finden sie nicht mehr die Lösungen, die für zukünftig erfolgreiches Handeln erforderlich sind.
Unternehmen müssen den Begriff „Führung“ neu definieren. Wichtig ist eine Abkehr von der operativen Sichtweise hin zu einer werteorientierten Führung. Wenn Unternehmen auf Netzwerke setzen, kann die Führung nicht mehr im Detail bestimmen, was innerhalb des Netzwerks läuft. Eine Führung sollte und kann die Werteebene beeinflussen. Nur die Führung, die durch Commitment und Vorgaben mitbestimmt, kann den Sinn eines Systems ausreichend beeinflussen.
Die einzige Einflussmöglichkeit einer Führung liegt in der Verringerung des Suchraums. Und Suchräume in einem Netzwerk werden durch klare Werte gesetzt. Führung muss die Ergebnisse bewerten und nicht intelligente Lösungen erarbeiten. Das macht ein Netzwerk viel besser. An einer Bewertung von Lösungen kommt die Führung aber trotzdem nicht vorbei, diese Verantwortung kann nicht delegiert werden. Es ist wichtig, die Menschen in die Prozessgestaltung zu involvieren – faktisch und emotional. Beteiligung im ökonomischen Sinne bedeutet für die Mitarbeiter die Bereitschaft zur Risikoübernahme.
Es wird immer wichtiger, die Verbindung zwischen den Mitarbeitern zuzulassen, weit über die Unternehmensgrenzen hinaus, und die Kontrollmechanismen für die informatorischen Prozesse unter Beachtung von vertraulichen Aspekten zu limitieren. Die Limitierung von Informationen ist das Ende des Netzwerkgedankens. Es darf keine Informationsmonopole innerhalb des Unternehmens mehr geben. Alles muss transparent gestaltet werden, es darf nur eine bedingte Informationszurückhaltung im System geben.
Voraussetzung für dauerhaften Erfolg ist die Schaffung eines gemeinsamen Wertehorizonts. Es ist nicht ausreichend, dass sich die Führung in ein Hotel zurückzieht und Basiswerte entwickelt, ohne die Mitarbeiter in den Prozess einzubinden, um dann die Werte anschließend verständlich zu vermitteln. In Netzwerken werden nicht mehr die Beiträge kontrolliert, sondern die Basiswerte vermittelt.
Sind Sie bereit, Mitarbeitern Informationen zu geben, deren Wertemuster Sie nicht kennen? Es darf keine Incentives für Vernetzungstätigkeiten, zum Beispiel „Der Netzwerker des Jahres“ geben. Damit greift eine Führung steuernd in das System ein und dokumentiert dies durch Incentives. Viel entscheidender ist es, den Mehrwert der Vernetzung für die Mitarbeiter spürbar werden zu lassen. Menschen sind durch Erziehung darauf konditioniert, Individualleistungen zu erbringen, und Unternehmen dokumentieren dies durch Gehalt und Statussymbole. Aber Gesamtleistungen entstehen durch die Summe aller Einzelleistungen.
Der Prozess der dialogischen Verantwortung.
Es treffen teilweise Sozialisationen aufeinander, die einerseits Vernetzung nicht erlernt und andererseits in den Steuerungsmechanismen Vernetzung nicht vorgesehen haben. Eine Aufgabe wird es deshalb sein, bei den Steuerungsmechanismen die trennenden Funktionen zu eliminieren und zu versuchen, den Mitarbeitern Erlebnishorizonte und Vorbilder zu bieten, dass Vernetzung ein ernstzunehmender Mehrwert ist.
Wenn Mitarbeiter nur dann etwas tun, wenn es Spaß macht, leben wir in einer Spaßgesellschaft. Unternehmen müssen sich aber der Herausforderung stellen, immer komplexer werdende Systeme durch kollektive Intelligenz zu bewältigen. Unternehmer können Vorgaben machen, da sie über das Kapital verfügen. Wer das Kapital hat, kann bestimmen, welche Werte im Unternehmen herrschen. In einem Unternehmen können die Werte deshalb nicht basisdemokratisch entschieden werden. Damit sind Bewertungssysteme oftmals Top-down-Systeme.
Nicht entscheidend ist das Managen des Wandels, sondern die Ermöglichung von Intelligenz. Ein Netzwerk ist immer dann intelligent, wenn es mit möglichst vielen Widersprüchen und fern vom Gleichgewicht arbeitet. Es ist wichtig, in einer produktiven Art und Weise interne Spannungsverhältnisse zu erzeugen. Wenn nur Mitarbeiter gesucht werden, die gleich „ticken“, tritt Verdummung ein. Es bedarf keiner internen Anstöße durch die Führung, Team entwickeln selbst Erregung, Bewertung und Vernetzung.
Es gilt, in der Zukunft bewusst grundverschiedene Fähigkeiten zusammenbringen und die Mitarbeiter zum „Stören“ zu ermutigen. Eine Führung kann versuchen Systemintelligenz zu erzeugen, kann aber nicht selbst der Maßstab für Intelligenz sein. Unternehmen benötigen als Mitarbeiter:
Vermittler:
Sie kennen immer jemanden, der über das fehlende Wissen verfügt und Personen vernetzt.
Kreative:
Sie kreieren ständig neue Ideen und stören permanent.
Spezialisten:
Sie verkörpern die faktische Welt und beherrschen ihre Fachbereiche sehr gut.
Es ist die Kunst der Führung, die unterschiedlichen Persönlichkeiten zusammenzubringen, beispielsweise:
Spezialisten / Kreative:
Sie handeln neue Lösungen aus.
Kreative / Vermittler:
Sie bringen immer neue Anregungen ins System.
Vermittler / Spezialisten:
Sie bewerten die Ergebnisse (Spezialisten müssen immer wissen, was erfolgreich / wertvoll ist).
Die unterschiedlichen Persönlichkeiten agieren zum Beispiel auf unterschiedlichen Ebenen:
Bewertung:
Vermittler / Spezialist.
Erregung:
Vermittler / Kreativer.
Vernetzung:
Kreativer / Spezialist.
Wenn die Führung eine Balance zwischen den unterschiedlichen Fähigkeiten schafft, sind die Voraussetzungen für ein intelligentes System gegeben. Im Vordergrund stehen nicht die Lösungen, sondern die Ermöglichung von Lösungen. Entscheidend ist, das System intelligent zu machen, nicht selbst intelligent sein. Wer meint, dass sich über das Senden von Informationen Kultur entwickelt, hat nicht verstanden, wie Kultur entsteht. Kommunikation ist immer ein Resonanzphänomen und nicht das Senden und Empfangen von Informationen.
Informationen, die an Mitarbeiter gesendet werden, müssen deren Muster ansprechen. Ein informeller Netzwerkgedanke ist nicht formlos. Qualitätssichernde Prozesse sind die Voraussetzung für gut funktionierende Netzwerke. Ohne Feedback können zum Beispiel Mitarbeiter nicht lernen. Selbstorganisation bedeutet nicht die Befreiung von Disziplin, denn dann werden intelligente Systeme zerstört. Entscheidungen nach Bauchgefühl werden dann kritisch, wenn die internen Systeme nicht mit sehr klaren Rahmenbedingungen arbeiten. Dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, keine Ordnung im Unternehmen zu finden.
Selbstorganisation ist die höchste Stufe der Professionalität des Lernens. Das bedeutet nicht, ständig das Wort „Selbstorganisation“ in den Mund zu nehmen, wenn die Weiterentwicklung einmal hakt. Vernetzungen müssen hochstandardisiert verlaufen und benötigen professionelle Formen der Standardisierung von Prozessen, auf die sich alle Mitarbeiter verlassen können. Und eine hohe Disziplin, diese Prozesse auch umzusetzen. Die ausschließliche Steuerung von Teilprozessen ist dagegen kontraproduktiv, notwendig ist eine Gesamtsteuerung des Systems.
Eine Führung, die die Werteebene der Mitarbeiter versteht, weiß, welche Resonanz möglich ist. Gute Führungsverantwortliche sprechen möglichst direkt die Resonanzebene der Mitarbeiter an. Sie sind in der Lage, die Wertemuster der Mitarbeiter strukturiert zu verstehen. Nicht die Professionalisierung des Managements steht im Vordergrund, sondern die Stärkung der strukturierten Wahrnehmung, um sehr früh sich bildende oder verändernde Muster und Trends zu erkennen und anzusprechen.
Gut geführte Unternehmen haben den Vorteil erkannt, Hierarchie durch Netzwerke zu ergänzen. Sie fördern Netzwerke, um bewertete Wahrnehmungen der Mitarbeiter zur Unterstützung von Führungsentscheidungen zu machen. Erfolgreiche Unternehmen lassen diskursive Prozesse zu, die in der Lage sind, Ideen zu verdichten und qualitativ zu bewerten. Denn Bewertungen werden ansonsten beliebig. Das Ziel einer starken Unternehmenskultur wird es sein, die Komplexität im Unternehmen zu reduzieren und die Zukunft zu sichern.
Viele Unternehmen verstehen unter Wandel „Panta Rei“ – „alles fließt“. Panta Rei funktioniert nur auf der Elementarebene, denn alle Systeme versuchen, stabile Zustände zu erreichen, indem sie Ordnungsmuster bilden. Wandel ist der Übergang von einem stabilen Ordnungsmuster zum nächsten stabilen Ordnungsmuster. Und um dies zu erreichen, muss von Zeit zu Zeit die bestehende Stabilität gestört werden. Ein Unternehmen, das sagt „alles fließt“, läuft Gefahr, dass es kein Geld mehr verdient. Ein Gehirn, bei dem diese Regel auf der Ordnungsebene gilt, ist psychotisch, das Gehirn driftet ab. Wenn ein Unternehmen oder ein Gehirn ständig zwischen verschiedenen Ebenen hin und her pendelt, kommt keine Ordnung in das Denken und Handeln.
In einem Unternehmen darf nicht alles fließen, sondern es muss die Bereitschaft bestehen, sich von einem stabilen Zustand über eine bewusst erzeugte krisenhafte Störung zu einem neuen stabilen Zustand zu bewegen. Das Ziel ist das stabile Bewegen auf einer Ordnungsebene und nicht das Driften zwischen Ordnungszuständen. Es geht darum, ein lebensfähiges Unternehmen zu erzeugen und Menschen Orientierung zu geben. Wandel heißt, den Übergang zwischen unterschiedlichen Ordnungsmustern zu gestalten und damit dauerhaft für Stabilität und Handlungsfähigkeit zu sorgen.
Nur in stabilen Phasen kann ausschließlich mit gewohnten Regeln und Kennzahlen gesteuert werden, wenn Märkte oder Organisationen komplexer werden, ist ein Musterwechsel erforderlich.
Mitarbeiter versuchen zu vermeiden, sich auf das Risiko des Übergangs einzulassen und trivialisieren den Begriff „Wandel“ (Panta Rei). Führung und Mitarbeiter müssen die Unsicherheit des Übergangs ertragen, wenn sie ein strategisch höheres Ziel anpeilen. Die Manager müssen darauf verzichten, alles regeln und steuern zu wollen, und sich gemeinschaftlich mit den Mitarbeitern eine Phase des Übergangs erlauben.
Für jede Veränderung muss ein Preis bezahlt werden. In der Übergangsphase leidet unter Umständen die Leistungsfähigkeit, wenn alte Verhaltens- und Arbeitsmuster aufgegeben werden. Das ist Unternehmertum und nicht Management. Manager optimieren Prozesse und sorgen dafür, dass die Funktionsfähigkeit des Systems ausreichend Profit erzeugt. Der Unternehmer investiert Energie in Aktivitäten, deren Erfolge er noch nicht kennt. Im unternehmerischen Risiko steckt der Mehrwert der Zukunft und setzt ein exzellentes Marktwissen voraus.
Wer als Unternehmer sein Unternehmen in eine neue Phase schickt, muss vorab das Verhaltensmuster des Marktes und der Kunden analysieren, um abschätzen zu können, ob beide Muster zueinander passen. Sonst verdient er morgen kein Geld mehr. Unternehmertum ist die Fähigkeit, Marktwahrnehmung so zu perfektionieren, dass die Erzeugung von Instabilität nicht ziellos erfolgt, sondern immer im Suchhorizont des Marktes liegt. Mitarbeiter erzählen gerne nur die Erfolgsstorys, niemals den Schmerz des Übergangs. Das führt zu einer verzerrten Wahrnehmung, weil alle den Erfolg wollen, aber nur wenige bereit sind, den Schmerz zu akzeptieren. Viele Entdeckungen kamen zum Beispiel zu früh auf den Markt und waren nicht kompatibel mit dem Resonanzwert des Marktes. Unternehmen, die nicht bereit sind zu lernen, verabschieden sich vom Markt.
Kreativität und Innovationsfähigkeit von Mitarbeitern können nur bedingt gefördert werden. Es muss unterschieden werden zwischen direkten und indirekten Variablen. Kultur ist eine indirekte Variable, die nicht gezielt in Form einer Projektarbeit entwickelt werden kann. Unternehmen können nur die Rahmenbedingungen beeinflussen, unter denen sich ein bestimmtes Kulturmuster entwickeln soll. Wenn Kreativität erzeugt werden soll, ist die Frage wichtig: „Was sind die systemischen Rahmenbedingungen, in denen sich Kreativität entwickelt?“ Kreativität kann nicht verordnet werden nach der Methode: „Sei kreativ!“ Das ist genauso absurd wie die Aussage „Sei spontan!“ Wenn Sie einem Menschen sagen, er soll nicht an einen rosaroten Elefanten denken, wird er ständig an diesen denken. Kreativität entsteht über indirekte Gestaltungsspielräume und nicht über das direkte Erzeugen von Kreativität. Eine Möglichkeit für Kreativität ist die Unterschiedlichkeit in einem System oder einer Organisation. Wenn diese erhöht wird – kulturell oder stilmäßig –, entstehen intelligente Systeme, die in der Lage sind zu akkumulieren und nicht nur zu assimilieren. Intelligente Systeme stoßen Prozessmusterwechsel an und erzeugen bewusst interne Spannungsverhältnisse, um instabile Phasen zu erzeugen. Denn Systeme mit instabilen Phasen ermöglichen den Übergang zu neuen Vorgehensmustern (Kreativität). Zielführend ist es also, immer wieder die Spannung im System zu erhöhen, um statische Vorgehensweisen zu vermeiden.
Es ist Aufgabe der Führung, immer wieder zu „stören“, um von einer stabilen Phase in die nächste stabile Phase zu kommen.
Gute Führung setzt auf Unterschiedlichkeit und die Möglichkeit zum Prozessmusterwechsel. Einheitlichkeit und Harmoniestreben sind dumme Systeme. In der Natur entstehen Ordnungsmuster immer aus Widerspruch, nicht aus Harmonie. Starke Organisationen geben Querdenkern eine Chance und lassen „Störer“ nicht nur zu, sondern ermuntern sie. Sie setzen auf Netzwerke, denn Netzwerke schaffen eine Situation, in der die nichtlinearen Rückkopplungseffekte immer wieder für das Auflösen von stabilen Zuständen sorgen.
Rückkopplungsmechanismen und Unterschiedlichkeit sind extrem positiv für Kreativität genauso wie Netzwerke, in denen sich die Mitarbeiter untereinander befruchten. Früher wurde die Kreativität des Einzelnen gesucht. Heute sind Systeme, die stören, zielführend. Systeme, die nicht stören, sind immer stabilitätsorientiert. Es muss aber beachtet werden, dass die Komplexität und Dynamik im eigenen Unternehmen mindestens so hoch ist wie die Komplexität und Dynamik am Markt. Wenn Unternehmen keine darauf ausgerichtete Komplexität entwickeln, sind sie nicht mehr lösungsfähig.
Die Herausforderungen im Kundenmanagement von heute sind nicht mehr mit den Bedingungen von gestern zu vergleichen. Der Wandel ist nicht mehr wie früher berechenbar, sondern kommt oftmals abrupt und überraschend daher. Ein Beispiel ist die geplante Energiewende der heutigen Regierung. Es war klar, dass irgendwann die fossilen Brennstoffe durch anderen Energieträger ersetzt werden müssen. Aber die Geschwindigkeit, mit der die Umstellung erfolgen sollte, hat dann doch die Gesellschaft und Wirtschaft überrascht. Auch wenn das Gesetz noch in der Politik üblichen Schleifen dreht, die Entwicklung ist nicht aufzuhalten. Derartige Entscheidungen haben erhebliche Auswirkungen, zum Beispiel auf die Wohnungswirtschaft oder den Bereich Automotiv.
Die Unternehmen hatten in der Vergangenheit Zeit, den Wandel kontinuierlich durch Planung, Verbesserungsprozesse oder statische Prozesskontrollen zu planen. Alleinstellungsmerkmale konnten über längere Zeit genutzt werden, um beispielsweise Marken aufzubauen und den Cashflow zu sichern. Wenn die Angebote auf Marktveränderungen nicht rechtzeitig angepasst wurden, konnten die großen Unternehmen dies mit ihrer Marktmacht auffangen und aufholen. Die Top-Unternehmen dominierten die mittleren und kleineren Unternehmen und gaben in ihren Märkten den Takt an. Diese Ära ist zu Ende. Strategiezyklen unterliegen heute ebenso wie Produktlebenszyklen einem atemberaubenden Veränderungstempo. In einer Gallup-Umfrage wurde fünfhundert CEOs die Frage gestellt: „Wer hat die Veränderungen in Ihrer Branche während der letzten zehn Jahre am besten zu nutzen gewusst – Neueinsteiger, herkömmliche Konkurrenten oder Ihr eigenes Unternehmen?“ Die meisten benannten die Neueinsteiger als die Gewinner mit der Begründung, dass diese die Spielregeln geändert haben. Nicht mehr die Perfektionierung von Ablaufprozessen bringt Sales hauptsächlich nach vorn, sondern eventuelle Neuausrichtungen des Kundenmanagements auf Basis kundenmehrwertorientierter neuer Ziele.
Wachstum wird häufig immer noch linear begriffen und betoniert damit festgefahrene Denkmuster. Ein umfassender Wandel dagegen ist eine Rebellion gegenüber alten Verhaltensweisen. Werden Sie zum Aktivisten einer Wandlungsmentalität und nutzen dadurch Chancen:
Die digitalen Medien schaffen eine Informationsdemokratie. Herrschaftssicherndes Wissensmanagement ist durchlässiger denn je geworden.
Die leistungsstarken Mitarbeiter sind sich ihrer Macht bewusst und besitzen ein verändertes Autoritätsbewusstsein.
Erfolgreiche Vertriebsorganisationen bauen auf Vertrauen und Respekt und nicht auf mehr auf Kontrolle und Eingrenzung.
Das geistige Kapital der Teams ist schon heute wichtiger als die Zahl der Mitarbeiter. Die Mitarbeiter werden zu den eigentlichen „Kapitalisten“.
Die Vorstellungskraft entscheidet über den Erfolg von morgen, nicht mehr der ausschließliche Erwerb von wissenschaftlichem Wissen.
Die Marktpenetration muss mit hoher Geschwindigkeit erfolgen. Unternehmen, die sich verzetteln, können ihre Vertriebskraft nicht auf die wesentlichen Erfolgsbringer von morgen ausrichten.
Kunden sind immer weniger die Zirkustiere, denen man beibringen kann, bei einem bestimmten Impuls in einen Kaufrausch zu verfallen. Sie sind zu Co-Entwicklern, Co-Ideengebern, Co-Antreibern geworden. Sie sind Gazellen, die von Eigenvorteil zu Eigenvorteil springen und sich von der Tradition nur noch schwerlich einfangen lassen. Es ist unabdingbar, dass Unternehmen ihre Vorstellungen von Führung, Wertschöpfung und Wettbewerbsfähigkeit überprüfen und den Mut aufbringen, Vermodertes auf den Müll der Vertriebsgeschichte zu werfen.
Fahren Sie eigenzentrierte Strategieentwicklungen zurück und hören Sie den von Ihnen ausgewählten Marktteilnehmern zu, um Anregungen für die zukünftige Entwicklung zu erhalten. Schaffen Sie eine Balance zwischen Innovation, Wertschöpfung, Optimierung und Wertbewahrung. Nur wer sich im Vertrieb täglich neu erfindet, ist künftig erfolgreich.
Nicht mehr das Vertriebsmanagement allein ist top-down für die Vertriebsstrategie verantwortlich, sondern Mitarbeiter, Kunden, Beeinflusser et cetera werden eingeladen, bei der Entwicklung innovativer Strategien Bottom-up mitzuwirken. Nicht mehr besser und schneller zu werden ist das vorrangige Ziel, sondern die verstärkte Bereitschaft zum Wandel. Nicht mehr die Perfektionierung der Produktions- und Informationstechnologie steht im Vordergrund, sondern die Fähigkeit zu unkonventionellen Geschäftsmodellen.
Die Strategieentwicklung der Zukunft begnügt sich nicht mit der Kopie eines anderen Geschäftsmodells, sondern die Entwicklung eigener Ideen zur Steigerung des Kundennutzens ist der Ansporn. Unterschiedlichkeit und Vielfalt schafft eine Einzigartigkeit einer Sales-Organisation. Die Steigerung der Effektivität des Vertriebs aus Kundensicht ist das Gebot der heutigen Zeit. Erfolgreiche Sales-Organisationen testen neue Vertriebsmodelle auf Markttauglichkeit, definieren die kritischen Erfolgsfaktoren, integrieren Innovationen systematisch in bestehende Konzepte und steuern konsequent die Gesamtperformance. Unternehmen, die in reifen Märkten ihre Geschäftskonzepte erneuern wollen, müssen sicherstellen, dass diese Prozesse zum Kern der Unternehmensplanung werden. Bausteine für Innovations- und Optimierungsprozesse sind zum Beispiel:
Verkürzung des Time-to-market:
Die Reaktionszeiten auf Kundenwünsche werden verkürzt.
Umwandlung der fixen Kosten in variable Prozesskosten:
Durch Einbeziehung interner und externer Leistungsbereiche können Kosten erfolgsorientiert nach dem Verursacherprinzip erfasst werden.
Konzentration auf das Wesentliche:
Der Fokus der Aktivitäten konzentriert sich auf die Bereiche, in denen man sich eindeutig vom Wettbewerb absetzen kann und ein langfristiges Marktpotenzial vorhanden ist.
Schließen von Kommunikationslücken:
Die Kunden bekommen die Option, zu jeder Zeit unter Nutzung unterschiedlicher Medien mit dem Anbieter zu kommunizieren.
Es bieten sich verschiedene Vorgehensweisen an, die vorgenannten Punkte in Wettbewerbsvorteile umzumünzen, zum Beispiel durch:
Reduzierung der Schnittstellen
im Kundenmanagement durch Vereinfachung der Kommunikationsangebote,
Virtualisierung der Kundenkommunikation
, Kunden werden interaktiv vernetzt und können ähnliche Bedürfnisse miteinander austauschen,
Optimierung der Wertschöpfungskette
durch Sammeln und Verwerten von Informationen, Kooperation mit anderen Anbietern im gleichen Marktfeld, um ähnliche oder gleiche Serviceangebote zu günstigeren Bereitstellungskosten anzubieten,
Aufbau einer Informationsbörse
für Kunden durch Verdichtung der Datenquellen,
Ausweitung der Vertriebsleistungen
, um die von den Kunden gewünschten Beratungs- und Serviceleistungen aus einer Hand zu bieten,
Aufbau komplementärer Vertriebskanäle
.
Ein operativer Vertrieb ist ohne ein strategisches Kundenmanagement kaum noch Erfolg versprechend. Während früher die Marktbearbeitung ausschließlich Angelegenheit von Sales war, sind heute alle Unternehmensbereiche für den Verkaufserfolg verantwortlich.
Und noch etwas hat sich verändert: Verkaufen wurde in der Vergangenheit immer als individuelle Tätigkeit einzelner Mitarbeiter angesehen, die Verkäufer stellten sich teilweise ihre eigenen Spielregeln bezüglich Marktbearbeitung auf. Verkaufen wird auch in Zukunft weiterhin Individualität erfordern, aber ohne Standardisierung und Anpassung der Vorgehensweisen an festgelegte Verkaufsprozesse wird sich dies mit hoher Wahrscheinlichkeit negativ auf die Performance im Verkauf auswirken. Alle kundennahen Bereiche werden Veränderungen unterworfen. Beispiele:
Die
Rolle von Sales
wird in den Unternehmen an Wichtigkeit zunehmen. Die Vertriebsaktivitäten werden vielschichtiger, der verkaufsaktive Innendienst wird zum Beispiel in Zukunft eine wichtige Rolle einnehmen und die Vormachtstellung des Außendiensts reduzieren.
Die
Homogenität bestehender Märkte
wird sich verändern und damit die Komplexität in der Marketingkommunikation zunehmen. Die Marketingkommunikation muss gewährleisten, die unterschiedlichen Kundengruppen differenziert anzusprechen.
Der
Omni-Channel-Vertrieb
der Zukunft umfasst die Bereiche Online-Business, verkaufsaktiver und administrativer Innendienst, Flächenvertrieb, Key Account Management, Service, Marketing, Vertriebspartner et cetera.
Es wird nicht mehr so einfach wie in der Vergangenheit sein, Preisanpassungen durchzusetzen mit der Folge, dass die Umsatzrenditen in manchen Branchen oder Unternehmen sinken und damit die Unternehmen unter Druck setzen. Auch die Zeiten, in denen Unternehmen mit 20 Prozent der Produkte 80 Prozent der Wertschöpfung erzielten und die Kunden unwirtschaftliche Produkte und Leistungen der Anbieter mitfinanzierten, gehören der Vergangenheit an. Die originären Produkte werden immer austauschbarer! Die Produkte, mit denen sich Unternehmen in der Zukunft gegenüber dem Wettbewerb aus Kundensicht differenzieren können, sind Beratungs-, Service- und Dienstleistungen, sie sind keine beliebigen „Give aways“ mehr.
Das Ziel des Wandels ist es, die knapper werdenden Vertriebsressourcen auf die Rentabilitäts- und Wachstumstreiber zu richten. Der Begriff „Kundenorientierung“ muss durch Schaffung von Kundenmehrwert gelebt und nicht nur propagiert werden. Alles gehört regelmäßig auf den Prüfstand: Vertriebsprozesse, Personalsteuerung, Innovationsmanagement et cetera. Bei aller Individualität im Verkauf, die strategische Vertriebssteuerung ist der Schlüssel für zukünftigen Erfolg.
Es ist die Aufgabe der Vertriebsführung, eine Kosten- und Leistungsführerschaft anzustreben. Das setzt voraus, dass die Unternehmen genau wissen, was den von ihnen ausgesuchten Kunden wichtig ist. Leistungen müssen auf dieser Grundlage identifiziert und in gezielte Kaufangebote umgewandelt werden, Kostenfallen müssen zeitnah erkannt und eliminiert werden. Notwendig sind daher Kundenbewertungen, Analysen von Wachstumspotenzialen, Gewinnung von Neukunden mit interessanten Verkaufsaussichten, Eroberung neuer Teilmärkte und die Entwicklung kundenzentrierter Produkte und Leistungen.