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Vertriebsaußendienst: Mythos oder Chance? Auf ihren Visitenkarten steht Sales Manager, Sales Consultant, Regionalmanager Sales, oder einfach Vertriebsmitarbeiter. Der Volksmund nennt sie Vertreter. Sie verkaufen alles und das ständig. Sie sind geschickte Redner und aalglatte Verhandlungsführer. Soweit das Klischee. Dieses Buch geht der Frage nach, wie die Menschen hinter den Visitenkarten wirklich ticken. Denn es sind ja Menschen. Sind sie tatsächlich rund um die Uhr adrett, schlagfertig und erfolgreich? Wie sieht ihr Arbeitsalltag zwischen Tankstellenbrötchen und Mega-Messe-Event wirklich aus? Schlafen sie immer in 5-Sterne-Hotels und können sie jeden Restaurantbesuch von der Steuer absetzen? Spoiler: Nein und nein. Die Autorin zeigt u.a. auf, wie man mit der permanenten Messbarkeit der eigenen Leistung umgeht, wie groß die Eigenverantwortung im Tagesgeschäft tatsächlich ist, und sie geht der Frage nach, ob es so etwas wie das Verkäufer-Gen gibt. Für Neu- und Quereinsteiger im Vertrieb ist dieses Buch ein Ratgeber, worauf sie sich einstellen müssen und was sie erwarten dürfen.
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Seitenzahl: 188
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Abschnitt 1 – Einstieg & Gebrauchsanweisung
1.1. Wer schreibt hier eigentlich?
1.2. Gebrauchsanweisung für dieses Buch
1.3. Außendienst im Wandel der Zeit
1.3.1. Meine Anfänge in den Neunzigern
1.3.2. Wie sieht ein typischer Tag im Vertriebsaußendienst heute aus?
1.3.3. Was ist in jedem Vertrieb gleich und ändert sich auch nicht?
2. Abschnitt - Mythen und Tatsachen
2.1. Bist du der „geborene“ Außendienstler?
2.1.1. Was heißt das für dich als (zukünftigen) Verkäufer konkret?
2.1.2. Das DISG-Modell: Dein persönlicher Kompass
2.2. Wie sieht der Vertriebsaußendienst heute aus?
2.2.1. Der Hunter (Jäger)
2.2.2. Kollege Farmer (Bestandskundenbetreuer)
2.2.3. Strukturen, Ausstattung und Meetings
2.3. Welche Veränderungen bringt die Digitalisierung in den Vertriebsaußendienst
2.3.1. Der Außendienst entwickelt sich
2.3.2. CRM-Systeme
2.3.3. Wie die Digitalisierung meinen Arbeitsalltag verändert
2.3.4. Abgrenzung zum Inside-Sales
2.4. Der Lockruf des Vertriebs
2.4.1. Reden wir über Geld
2.4.2. Reden wir über Freiheit
2.4.3. Reden wir über Karriere
2.5 .Gravierende Unterschiede zu einem Bürojob
2.5.1. Reden wir noch mal über Geld
2.5.2. Pünktlich 7.00 Uhr morgens
2.5.3. Doch meistens kommt es anders, als man denkt
2.6. Persönlichkeitsentwicklung vs. Komfortzone
2.6.1 Das DISG-Modell – Eine kurze Auffrischung
2.6.2. Der ständige Tanz außerhalb der Komfortzone
2.7. Welche Nachteile?
2.7.1. Balance finden
2.7.2. Die Herausforderungen
2.7.3: Gefahrenquellen für die eigene Gesundheit
2.7.4: Die Schattenseiten
3. Abschnitt / Wie werde ich Meisterschüler?
3.1. Motivation und Mindset für deinen Erfolg
3.1.1. Positive Einstellung
3.1.2. Lernbereitschaft
3.1.3. Selbstdisziplin
3.1.4. Stressmanagement
3.1.5. Netzwerke aufbauen
3.2. Fähigkeiten und Fertigkeiten für das operative Geschäft
3.2.1. Klare Zielsetzungen
3.2.2. Effektives Zeitmanagement
3.2.3. Kundenbeziehungen aufbauen
3.2.4. Digitale Tools - unverzichtbar im Außendienst
3.2.5. Vertriebsgespräche meistern
3.3. Tipps für deinen Start als Vertriebsmitarbeiter
3.3.1. Prämienmodell
3.3.2. Firmenfahrzeug/ Abgrenzung Dienstwagen
Abschnitt 4 - Quick Wins
4.1. Spezifische Branchen- oder Produktkenntnisse
4.2. Präsentationen und Pitches professionell gestalten
4.3. After-Sales-Service und Kundenbindung optimieren
4.4. Wie man in schwachen Phasen stark bleibt
4.5. Selbstfürsorge
4.6. Gesundheitsfürsorge im Vertrieb
Ein letztes Wort
Meine Vertriebskarriere begann im Sommer 1991 – eine direkte Folge des Mauerfalls. Während dieser Umbruchzeit war ich schwanger, mein Sohn kam im Mai 1990 zur Welt, und so verbrachte ich die ersten Monate der neuen Ära in Elternzeit. Rückblickend waren es drei entscheidende Faktoren, die mich in den Vertriebsaußendienst geführt haben: ein absoluter Zufall, wie ihn nur das Leben schreiben kann, mein starker Wunsch nach wirtschaftlicher Unabhängigkeit und meine unbändige Freude am Umgang mit Menschen.
Kurz gesagt: Ich startete in jenem Sommer als freie Handelsvertreterin – im Versicherungsvertrieb. Gleich die harte Tour, mit kaum Provision, null Absicherung und ohne jede Vorstellung von Annehmlichkeiten wie einem Firmenwagen. Es gab Geld für abgeschlossene Verträge, fertig.
Und trotzdem weiß ich heute: Es war gut so. Ich konnte meine Zeit frei einteilen – ein Segen, denn mein Sohn war erst ein Jahr alt. Ich konnte experimentieren und meinen eigenen Weg zum Erfolg finden. Dabei musste ich lernen, wie man Akquise ohne Telefon macht, denn im Osten, wo ich herkomme, hatten wir nicht plötzlich alle einen Festnetzanschluss.
Verkaufsgespräche liefen nach Bauchgefühl, denn Coaches oder Verkaufstrainer gab es nicht. Learning by doing war die einzige Schule.
Und weil das funktionierte, bin ich geblieben.
Meine Reise durch den Vertrieb führte mich durch verschiedene Branchen. Nach meinen Anfängen als freie Handelsvertreterin in der Versicherungswelt folgten Stationen als festangestellte Mitarbeiterin in anderen Versicherungsgesellschaften. Von dort ging es weiter zur Bausparkasse, wo ich den Bereich Finanzierungen für mich entdeckte. Diese Arbeit brachte mich schließlich in den Vertrieb für Bauunternehmen – ein Umfeld, das mir ganz neue Einblicke verschaffte.
Für eine Weile verkaufte ich sogar Heizungen. Ich war mir nie zu schade, mit Hauseigentümern durch enge Kellerräume zu kriechen, um den optimalen Standort für einen neuen Brennstoffkessel zu finden. Die technische Seite eignete ich mir schnell an – vielleicht half mir dabei mein ursprünglicher Beruf als Maschinistin.
Nach der Bau- und Energiebranche zog es mich in den Lebensmitteleinzelhandel und später in die Telekommunikation. Das Internet war erfunden, Handys wurden erschwinglich, und ich wollte unbedingt Teil dieser neuen Welt sein. Danach folgte ein kurzer, aber prägender Abstecher in die Personaldienstleistung – eine Erfahrung, die ich kein zweites Mal machen möchte.
Den größten Schritt machte ich schließlich in die Gesundheitsbranche. Zunächst tobte ich mich in der Orthopädietechnik aus, später folgte der Apothekenvertrieb mit den Schwerpunkten Rezeptabrechnung, Dermokosmetik und Online-Marketing.
Wenn ich so zurückblicke, habe ich mich durch sieben verschiedene Branchen gearbeitet – jede mit ihren eigenen Herausforderungen, aber auch mit neuen Möglichkeiten, mich weiterzuentwickeln.
Was hat mich positiv überrascht, womit habe ich nicht gerechnet?
Von Anfang an gab es viele Dinge, die mich im Außendienst begeistert haben. Ich hätte nie gedacht, dass ich fast täglich neue Menschen kennenlernen würde und wie spannend es sein kann, ihre Geschichten zu hören. Der direkte Zusammenhang zwischen meiner Leistung und dem Ergebnis war ebenfalls eine echte Motivation. Wenn ich etwas gut machte, sah ich es sofort – keine langwierigen Prozesse oder Verzögerungen.
Was mich besonders überraschte, war, wie viel ich über zwischenmenschliche Kommunikation lernte. Diese Erkenntnisse haben mir nicht nur im Beruf, sondern auch im Privatleben geholfen.
Auch das Thema Karriere entwickelte sich anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Ich erkannte, dass ein akademischer Abschluss nicht zwingend notwendig ist, um erfolgreich zu sein. Was wirklich zählt, sind praktische Fähigkeiten, Lernbereitschaft und der Wille, sich immer wieder neu einzulassen.
Doch am meisten hat mich der Einfluss überrascht, den der Vertrieb auf meine Persönlichkeit hatte. Ich bin ehrgeiziger geworden, aber auch toleranter. Ich agiere bewusster, reflektiere mehr und kann schneller zwischen positiven und negativen Einflüssen unterscheiden. Diese Entwicklung hätte ich zu Beginn meiner Karriere nicht für möglich gehalten.
In welchen Momenten habe ich meine Entscheidung bezweifelt – und warum bin ich immer noch dabei?
Wirklich in Frage gestellt habe ich meinen Weg nie. Dafür gab es zu viele Gründe, die dafür sprachen. Aber es gab Phasen, die mich an meine Grenzen brachten.
Besonders herausfordernd waren die Jahre, in denen ich sechzig bis siebzig Stunden pro Woche arbeitete, während ich allein erziehend ein schulpflichtiges Kind großzog. Die Organisation der Betreuung war ein täglicher Kraftakt, denn meine Familie lebte 200 Kilometer entfernt, und spontane Unterstützung gab es nicht.
Das schlechte Gewissen war mein ständiger Begleiter. Habe ich meinem Sohn genug Zeit gewidmet? War ich eine gute Mutter? Diese Fragen nagten oft an mir. Doch gleichzeitig wusste ich: Die Alternative wäre gewesen, mich mit einem schlecht bezahlten Bürojob zufrieden zu geben, oder von einem Aushilfsjob zum nächsten zu springen. Das wollte ich nicht. Ich wollte finanziell unabhängig sein. Und genau das ermöglichte mir der Vertrieb.
Natürlich hatte diese Entscheidung ihren Preis. Irgendwann musste ich akzeptieren, dass ich nicht Superwoman bin – nicht einmal ihre kleine Schwester. Ich war oft erschöpft, mental wie körperlich.
Warum ich trotzdem geblieben bin? Weil ich mit den Jahren gelernt habe, Jobs zu finden, die mir mit einem normalen Zeitaufwand ein gutes Einkommen ermöglichen. Und weil ich immer daran geglaubt habe, dass alles im Leben seinen Preis hat. Ich wusste, dass ich für eine gewisse Zeit Kompromisse eingehen musste, um langfristig die Freiheit zu haben, die ich mir wünschte.
Heute sehe ich meinen Sohn an, wie selbstbewusst und unkonventionell er sein Leben gestaltet – und ich weiß, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe.
Was mache ich, wenn ich nicht arbeite?
Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten, denn bei mir verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit oft. Mein Kopf produziert ständig neue Ideen, und ich liebe es, immer wieder neue Herausforderungen anzupacken. Ich brauche das Gefühl, mich weiterzuentwickeln.
Vor einigen Jahren habe ich meinen Lieblingsmenschen gefunden und bin zu ihm nach Dresden gezogen. Diese Stadt ist wunderschön und inspiriert mich jeden Tag. Wenn ich nicht arbeite, dann zeichne oder male ich, oder ich schreibe. Über die Jahre habe ich mir ein großes Netzwerk zu anderen Künstler:innen und Autor:innen aufgebaut, mit denen ich in engem Austausch stehe.
Und die Natur spielt eine große Rolle in meinem Leben. Ich liebe es, draußen unterwegs zu sein, zu wandern, neue Orte zu entdecken. Mein Mann teilt diese Leidenschaft mit mir, und gemeinsam reisen wir so oft wie möglich. Manchmal geht es in ferne Länder, manchmal reicht schon ein Wochenendausflug in die Umgebung. Er ist ein großartiger Fotograf, und oft suchen wir unsere Reiseziele danach aus, wo es Neues zu entdecken gibt.
Dieses Gefühl, unterwegs zu sein, Dinge zu erleben und dabei immer wieder zu lernen – das zieht sich durch mein ganzes Leben. Und vielleicht ist das genau der Grund, warum ich im Außendienst so lange glücklich geblieben bin.
Laut einer aktuellen Studie unter der Leitung von Prof. Dr. Jan Wiesek von der Ruhr-Universität Bochum gibt es derzeit über 30.000 offene Stellen im Vertrieb* – deutlich mehr als in anderen Bereichen wie Produktion, Controlling oder Marketing. Das bedeutet für Bewerber nicht nur mehr Auswahl, sondern auch eine ausgezeichnete Verhandlungsposition. Und trotzdem bewerben sich zu wenige Menschen auf diese freien Stellen. Als ich begann, das Buch zu schreiben, hatte ich diese Studie noch gar nicht vor Augen. Mein Antrieb war ein anderer: Ich wollte über die tatsächlichen Arbeitsbedingungen „auf der Straße“ sprechen – ungeschönt, ehrlich und vor allem ermutigend. Denn der Außendienst ist weit mehr als Klinkenputzen oder der tägliche Kampf mit Verkaufszahlen. Ich habe in meinen Jahren im Vertrieb so viele Menschen getroffen, die völlig überrascht davon waren, wie sinnstiftend und erfüllend dieser Beruf sein kann.
Ich habe erlebt, wie oft Außenstehende den Vertriebsjob komplett falsch einschätzen. Die gesellschaftliche Wahrnehmung ist verzerrt, das Wissen über Vertrieb lückenhaft. Und genau das möchte ich ändern. Mit fast dreißig Jahren Vertriebserfahrung kann ich aus erster Hand berichten, wie vielseitig, herausfordernd und lohnend der Außendienst sein kann.
Ich will mit Mythen und Vorurteilen aufräumen und zeigen, dass viel mehr Menschen die perfekten Voraussetzungen für diesen Beruf mitbringen, als sie selbst glauben.
* Stand 2024
Vertrieb ist nichts, wofür man ein „Verkäufer-Gen“ braucht. Es ist ein Handwerk, das man erlernen kann – und ein Berufsfeld, in dem Authentizität viel wichtiger ist als vermeintliche Verkaufstricks.
Für wen habe ich es geschrieben?
Eine zentrale Erkenntnis der genannten Studie ist, dass mehr als die Hälfte der Befragten sich selbst als teamfähig, empathisch und gut organisiert einschätzt – gleichzeitig aber glaubt, dass genau diese Eigenschaften im Vertrieb keine Rolle spielen.
Hier liegt ein großes Missverständnis vor: Viele Menschen denken, sie müssten geborene Verhandlungsprofis sein, um in diesem Beruf erfolgreich zu werden. Vielleicht glaubst du das auch? Dann ist dieses Buch genau für dich. Ich möchte dir zeigen, dass du im Vertrieb nicht irgendeine Rolle spielen musst, um erfolgreich zu sein. Du musst nicht der extrovertierte Selbstdarsteller sein, der blitzschnell jede Einwandbehandlung aus dem Ärmel schüttelt. Viel wichtiger ist, dass du du selbst bleibst.
Vertrieb ist kein Zaubertrick, sondern eine Kompetenz, die man sich aneignen kann – genauso wie Autofahren. Anfangs erscheint es komplex. Doch mit der Zeit geht alles in Fleisch und Blut über. Genauso ist es im Verkauf. Produktwissen, Preisgestaltung, Bedarfsanalysen – all das lernt man in der Praxis. Niemand wird als Verkäufer geboren. Aber jeder kann einer werden.
Ich habe dieses Buch auch für diejenigen geschrieben, die bereits im Vertrieb arbeiten, sich aber manchmal fragen, ob sie wirklich am richtigen Platz sind. Vielleicht gibt es Tage, an denen du zweifelst, ob dieser Job zu dir passt. Das ist völlig normal. Vertrieb ist kein einfacher Beruf, und er hat seine Herausforderungen. Aber oft sind es nicht die eigenen Fähigkeiten, die das Problem sind, sondern das Umfeld: die falsche Branche, ein unpassendes Vertragsmodell oder Rahmenbedingungen, die nicht mit den eigenen Bedürfnissen übereinstimmen.
Deshalb möchte ich mit diesem Buch auch eine Orientierungshilfe geben. Ich bin überzeugt, dass jeder, der im Vertrieb arbeiten will, auch erfolgreich sein kann – wenn er seine Stärken kennt, das richtige Umfeld findet und bereit ist, dazuzulernen. Vielleicht findest du hier ein paar Stellschrauben, die dir helfen, mit mehr Freude und Erfolg im Vertrieb zu arbeiten. Und vielleicht wirst du am Ende sogar überrascht sein, wie gut du für diesen Beruf eigentlich geeignet bist.
Wie zieht man den größtmöglichen Mehrwert aus diesem Buch?
Hier gilt: Jeder so, wie es für ihn oder sie am besten passt. Wenn du neu im Außendienst bist, dann macht es sicher Sinn, die Kapitel in der vorgesehenen Reihenfolge zu lesen. So baust du dir Schritt für Schritt ein solides Fundament auf. Aber das ist kein Muss.
Wer schon länger im Vertrieb arbeitet, wird vielleicht zuerst nach den „Quick Wins“ suchen – nach schnellen, umsetzbaren Impulsen, die den eigenen Alltag erleichtern oder verbessern. Das ist genauso in Ordnung.
Ich wünsche mir, dass dieses Buch für dich mehr ist als nur eine einmalige Lektüre. Mach es zu deinem persönlichen Arbeitsbuch, nutze es als Motivation, schlage es immer wieder auf. Markiere Stellen, die dich ansprechen, schreib dir Notizen an den Rand, blättere bei Bedarf zurück. Wenn du hier etwas findest, das dir weiterhilft, war es die Mühe wert.
Definition Außendienst und Vertrieb
Wann genau sprechen wir eigentlich von Außendienst – und wann von Vertrieb? Das eine kann das andere beinhalten, aber beides ist nicht zwingend dasselbe.
Es gibt Berufe, die fast ausschließlich im Außendienst stattfinden, aber nichts mit Vertrieb zu tun haben. Ein Landschaftsgärtner, ein Monteur, ein Straßenbauer oder ein Dachdecker – sie arbeiten draußen, verkaufen aber in der Regel nichts während ihrer Arbeitszeit. Außendienst im klassischen Sinn, aber eben ohne Vertrieb.
Vertrieb wiederum findet nicht immer im Außendienst statt. Im so genannten Inside Sales arbeiten Vertriebsmitarbeiter fast vollständig vom Schreibtisch aus, sei es im Büro oder im Homeoffice. Sie akquirieren, verhandeln, schreiben Angebote, schließen Verträge ab und betreuen ihre Kunden oft über Jahre hinweg – ohne sie je persönlich zu treffen. Dann gibt es hybride Vertriebsmodelle. Einige Phasen im Verkaufsprozess finden digital oder telefonisch statt, aber für wichtige Meetings, Vertragsverhandlungen oder Abschlüsse fährt man dann doch persönlich zum Kunden.
Und natürlich gibt es das klassische Außendienstmodell: Hier passiert alles direkt vor Ort. Vom ersten Gespräch bis zum Vertragsabschluss sitzt man dem Kunden gegenüber. Welches Modell eine Firma nutzt, hängt in erster Linie vom Produkt und vom Sales-Prozess ab. Ein kurzer Verkaufsprozess, ein selbsterklärendes Produkt oder sogenannte Schnelldreher tendieren zum Inside Sales. Geht es dagegen um erklärungsbedürftige Produkte, komplexe Dienstleistungen oder Verträge, die von Geschäftsführern oder Prokuristen unterzeichnet werden müssen, bleibt der Außendienst unverzichtbar.
In diesem Buch konzentriere ich mich auf die zuletzt genannten Modelle, weil gerade die Außendiensttätigkeit im Vertrieb besondere Herausforderungen mit sich bringt. Über die möchte ich sprechen – und meine Erfahrungen teilen. Aber keine Sorge: Auch wenn du im Inside Sales arbeitest, wirst du hier einiges für dich mitnehmen können. Zum Beispiel dann, wenn es darum geht, im Vertrieb wirklich exzellent zu werden, oder sich trotz langer Schreibtischzeiten gesund und fit zu halten.
1.3. Außendienst im Wandel der Zeit
Kein Handy, kein Internet – und im Osten nicht einmal überall Festnetztelefone.
„Aber wie hast du denn Termine gemacht, so ganz ohne Telefon?“ Diese Frage höre ich oft. Die Antwort klingt heute fast absurd: Ich bin einfach hingefahren.
Kaltakquise bedeutete damals noch, direkt bei potenziellen Kunden zu klingeln, sich vorzustellen und in wenigen Sätzen das Anliegen zu schildern. Dann blieb nur die Frage, ob ich gleich reinkommen durfte oder ob wir einen Termin für später vereinbaren sollten. Stand ein Gespräch an, notierte ich es in meinem Kalender – aus Papier, versteht sich. Keine Erinnerungsfunktion, kein CRM, sondern allein Stift, Papier und ein gutes Gedächtnis.
Effizient war das sicher nicht. Wir wussten nichts über die Menschen, vor deren Tür wir standen. Keine vorab gesammelten Informationen, keine Datenanalyse, keine digitalen Spuren, die auf ein mögliches Interesse hingedeutet hätten. Es gab nur die Hoffnung, dass unser Produkt passen könnte.
Für die Versicherungen lohnte sich dieses System dennoch. Wir Handelsvertreter waren viele und zogen flächendeckend durchs Land. Ein Kostenfaktor für das Unternehmen waren wir nicht, denn unser Einkommen bestand ausschließlich aus Provisionen. Nur bei erfolgreichem Abschluss floss Geld, alles andere – von Benzin über Reparaturen bis zur eigenen Altersvorsorge – zahlten wir selbst. Eine Spesenabrechnung? Nicht einmal ansatzweise ein Thema.
Trotzdem war diese Arbeit auf ihre Weise effektiv. Wer mir die Tür öffnete und mich einließ, unterschrieb mit hoher Wahrscheinlichkeit am Ende auch einen Vertrag. Vielleicht spielte dabei mein Unterbewusstsein eine Rolle – wenn ich es schon bis an den Tisch geschafft hatte, wollte ich nicht mit leeren Händen wieder gehen. Natürlich war das die Ausnahme. Viel öfter bekam ich ein schnelles Nein zu hören. Aber wenn sich eine Chance ergab, habe ich sie genutzt. Ein zweiter Versuch bei abgelehnten Interessenten kam nur selten in Frage, höchstens wenn viel Zeit vergangen war oder der potenzielle Kunde von sich aus erneut auf mich zukam. Empfehlungen waren damals schon essenziell. Wer weiterempfohlen wurde, hatte deutlich bessere Chancen auf ein erfolgreiches Gespräch. Insofern sind Testimonials keine Erfindung des digitalen Zeitalters – sie waren schon immer eines der wirkungsvollsten Werkzeuge im Vertrieb.
Effektivität und Effizienz waren zwei völlig verschiedene Dinge. Effektiv war ich, wenn ich mein Ziel erreichte. Effizient wäre es gewesen, mit möglichst wenig Aufwand dorthin zu gelangen. Doch effizient arbeiten ließ sich unter diesen Bedingungen kaum. Vorbereitung war das A und O, denn es gab keinerlei Unterstützung durch das Unternehmen. Keine vorbereiteten Präsentationen, keine digitalen Tools, keine Werbemittel, die man Interessenten einfach zuschicken konnte. Wir hatten nur unsere Tarife, die Leistungsbeschreibungen und den Vertrag mit dreifachem Durchschlag. Alles war Hand- und Kopfarbeit. Ich habe mir deshalb früh angewöhnt, lieber etwas weniger effizient zu sein, dafür aber immer effektiv.
Reich wurde mit diesem Modell kaum jemand. Die einzigen, die es wirklich zu Wohlstand brachten, waren diejenigen, die sich ein Netz aus Untervertretern aufbauten und so eine Art Schneeballsystem etablierten. Solche Strukturen kennt man auch aus anderen Branchen, etwa aus der Kosmetikindustrie. Wer diesen Weg nicht gehen wollte, konnte später immerhin auf einen selbstständigen Agenturvertrag umsteigen, der bessere Provisionsbedingungen bot.
Trotz aller Mühen bin ich bis heute froh, dass ich diese harte Schule durchlaufen habe. Sie hat mir von Grund auf beigebracht, was Verkaufen wirklich bedeutet: Kommunikation.
Es reicht nicht, ein Produkt zu erklären. Entscheidend ist, das Gegenüber zu verstehen, auf Zwischentöne zu achten und die richtigen Fragen zu stellen. Man kann sich das aneignen, so wie man ein Instrument oder eine Fremdsprache lernt. Es braucht Übung, Geduld und eine gewisse Hartnäckigkeit, aber es ist machbar.
Für mich war damals klar, dass der Außendienst mein berufliches Zuhause sein würde. Die Vorstellung, Tag für Tag im Büro zu sitzen, mit festen Strukturen und wenig Abwechslung, schien mir unattraktiv. Mir war das jedoch nicht bewusst – mit Anfang zwanzig folgte ich mehr meinem Bauchgefühl, als einem durchdachten Karriereplan. Doch irgendetwas sagte mir, dass ich auf dem richtigen Weg war. Zweimal habe ich es trotzdem versucht. Zweimal habe ich einen geregelten Bürojob angenommen, in der Hoffnung, dort sesshaft zu werden. Und zweimal musste ich feststellen, dass es für mich nicht funktioniert.
Deshalb mein Rat: Hör auf dein Bauchgefühl. Wenn dich der Außendienst reizt, dann probiere es aus. Vielleicht ist es genau das, was du suchst.
Da gibt es kaum einheitliche Regeln. Zu viele Faktoren beeinflussen den Tag. Schon allein die technische Ausstattung macht einen Unterschied. Heute sind Smartphones, Tablets und Laptops unverzichtbare Begleiter, egal ob im Auto, beim Kunden oder zwischendurch im Café. Trotzdem lassen sich einige grundlegende Elemente festhalten, die sich bei fast allen regelmäßig wiederholen.
Das Herzstück der Arbeit sind natürlich Kundengespräche. Je nach Branche, Produkt und Vertriebsprozess kann das bedeuten, drei bis acht Besuche täglich zu absolvieren. Wer an dieser Stelle schon einmal mitrechnet, kommt schnell auf eine beachtliche Stundenzahl. Denn neben den eigentlichen Terminen fallen die Fahrten zwischen den Kunden an – manchmal mit längeren An- und Abreisen, je nachdem, wie groß das betreute Gebiet ist. Idealerweise arbeitet ein Außendienstler regional nah am Wohnort, doch das ist längst nicht immer gewährleistet. Krankheitsausfälle, Urlaubsvertretungen und personelle Wechsel führen oft dazu, dass sich Gebietsgrenzen verschieben. In manchen Unternehmen sind sogar zehn Besuche am Tag gefordert. Was ich von dieser Erwartung halte, dazu später mehr.
Der durchschnittliche Außendienstmitarbeiter startet morgens mit seinem ersten Kundenbesuch und hofft, den Zeitplan möglichst reibungslos abarbeiten zu können. Nach einem erfolgreichen Tag kehrt er am späten Nachmittag oder Abend an seinen Schreibtisch zurück, wo die eigentliche Arbeit weitergeht. Trotz aller digitalen Möglichkeiten müssen Aufträge, Bestellungen, Verträge und Kundendaten erfasst und nachbereitet werden. Selbst mit einem modernen CRM-System, das Dokumente scannt und speichert, bleiben die typischen Schreibarbeiten – Besuchsberichte, Notizen, Planungen für Folgegespräche.
Viele erledigen diese Aufgaben direkt im Anschluss an die Termine, um nichts liegen zu lassen. Parallel laufen bereits die Vorbereitungen für den nächsten Tag. Und das alles nur, wenn keine unerwarteten Störungen dazwischenkommen. Doch genau das passiert häufiger, als einem lieb ist.
Die Bandbreite reicht von Staus und Umleitungen bis zu kurzfristig abgesagten Terminen. Noch ärgerlicher ist es, wenn niemand absagt und man vor einer verschlossenen Tür steht. Besonders schön ist es, wenn dann auch noch niemand weiß, wo der Ansprechpartner steckt.
Unvorhersehbare Wendungen kommen aber nicht nur von Kundenseite. Auch aus der Firmenzentrale kann jederzeit ein Anruf kommen, der den sorgsam geplanten Ablauf komplett umwirft. Besonders beliebt sind kurzfristig angesetzte Meetings oder Conference-Calls mit Pflichtteilnahme. Wer Pech hat, muss dann selbst Kundentermine verschieben. Eigentlich ein No-Go, aber leider in vielen Unternehmen an der Tagesordnung. Je größer der Konzern, desto häufiger erlebt man solche spontanen Eingriffe in den eigenen Zeitplan. Umso wichtiger wäre es, dass Führungskräfte regelmäßig einen Tag mit ihren Außendienstlern verbringen, um ein realistisches Gefühl für deren Alltag zu bekommen.
Flexibilität ist daher das wichtigste Werkzeug im Vertrieb. Eine noch so gute Planung kann binnen Minuten hinfällig werden. Kein Chef fragt, wie viele Meetings zwischengeschoben wurden oder wie oft ein Kunde nicht aufgetaucht ist. Entscheidend sind Umsatz, Vertragsabschlüsse und Verkaufsstatistiken.
Neben diesen turbulenten Tagen gibt es aber noch eine weitere Art von Arbeitszeit: den Bürotag. Wie oft ein Außendienstler so einen Tag bekommt, hängt vom Arbeitgeber ab. In modernen Vertriebsorganisationen entscheidet der Mitarbeiter selbst, wann und wie häufig er sich für strategische Arbeiten zurückzieht. Ältere Strukturen halten dagegen an starren Vorgaben fest und beäugen jeden