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In diesem Buche wird von seelischen Vorkommnissen die Rede sein: wie wir die Farben sehen und die Töne hören; wie unsere Phantasie arbeitet; wie das Gedächtnis seine Schätze gewinnt und verliert; wie sich unser Gemüt regt; wie das menschliche Denken von Erkenntnis zu Erkenntnis vordringt und unser Wille seine Ziele verfolgt. Solche und ähnliche Vorgänge zu beobachten, sie im einzelnen kennen zu lernen und ihre Gesetzmäßigkeiten zu entdecken, das ist, allgemein gesprochen, die Forscheraufgabe des Experimentalpsychologen. Anders lauten die Fragen, die sich der Philosoph über das Seelische stellt: Woher stammen die seelischen Vorkommnisse? Was ist die Seele? Ist die Seele geistig, unsterblich, mit Freiheit begabt? Wie verhalten sich Leib und Seele? Der charakteristische Unterschied zwischen den Interessen des Philosophen und des Experimentalpsychologen springt in die Augen. Dieser schaut auf die seelischen Einzeltatsachen, auf das Wie der psychischen Erscheinungen. Der Philosoph hingegen bemüht sich um ihre letzten Gründe: die Seele als Urgrund der Bewußtseinserscheinungen ist sein eigentlicher Forschungsgegenstand.
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Veröffentlichungsjahr: 2024
von
Johannes Lindworsky
© 2024 Librorium Editions
ISBN : 9782385747640
E X P E R I M E N T E L L E P S Y C H O L O G I E
Vorwort zur dritten Auflage
Einleitung
1. Die Eigenart der experimentellen Psychologie
2. Die geschichtliche Entwicklung der experimentellen Psychologie
3. Gegenstand und Aufgabe der experimentellen Psychologie
4. Quellen und Methoden der experimentellen Psychologie
5. Überblick über die verschiedenen Zweige der experimentellen Psychologie
ZWEITER ABSCHNITT Empfindungskomplexe
DRITTER ABSCHNITT Die absoluten Vorstellungen
VIERTER ABSCHNITT Verbindung der Vorstellungen mit Empfindungen und Empfindungskomplexen
FÜNFTER ABSCHNITT Elementare Denkfunktionen
SECHSTER ABSCHNITT Die Verbindung der Beziehungsfunktion mit den Empfindungskomplexen
ACHTER ABSCHNITT Das elementare Wollen
ERSTER ABSCHNITT Die allgemeinen Gesetze der Vorstellungserneuerung
ZWEITER ABSCHNITT Die Assoziation als Grundlage der Reproduktion
ERSTER ABSCHNITT Die höheren Erkenntnisleistungen
ZWEITER ABSCHNITT Die höheren Gefühle
NAMENVERZEICHNIS
SACHREGISTER
Ein doppeltes Ziel hatte sich diese Arbeit gesteckt: kurz und verlässig zu berichten, was bisher über das Seelenleben des Erwachsenen erforscht war, und die in diesem Bilde noch klaffenden Lücken sei es durch eigene Untersuchungen, sei es durch Hypothesenbildung auszufüllen. Die günstige Aufnahme, die das Buch gefunden — auch die zweite Auflage war vor Ablauf eines Jahres vergriffen —, dürfte beweisen, daß jenes Doppelziel im wesentlichen erreicht wurde.
In der dritten Auflage wurden die inzwischen gezeitigten Forschungsergebnisse verwertet, insoweit sie dem Plane des Buches entsprechen und eine gewisse Abgeschlossenheit erlangt haben.
Zwei Wünsche, die mir von geschätzter Seite vorgetragen wurden, konnte ich nicht erfüllen. Zunächst durfte ich ob des beschränkten Raumes nicht mit solcher Breite schreiben, daß das Buch mühelos von jedem Gebildeten gelesen werden könnte. Wer es als Leitfaden neben den Vorlesungen benützt — und für Hochschüler ist die „Philosophische Handbibliothek“ in erster Linie gedacht — wird keine Schwierigkeiten beim Studium finden. Andere Leser dürften bei etwas besinnlicher Lektüre den Inhalt gleichfalls bewältigen und dann um so größeren Gewinn davontragen. Zweitens wurde ein Abriß der Methoden, etwa als Anhang gewünscht. Allein, was an Methodik für das Verständnis der Tatsachen notwendig ist, wird stets an seinem Ort mitgeteilt. Im übrigen möchte ich nicht der Täuschung Vorschub leisten, die Befähigung zu psychologischer Forschungsarbeit lasse sich leichthin erwerben. Wer eine genauere Einführung in die Anfangsgründe der Methodik wünscht, sei auf das gediegene Werk von R. Pauli, „Psychologisches Praktikum“ 3. Aufl. 1923, verwiesen, das sich u. a. auch durch ausgedehnte Literaturnachweise auszeichnet. Noch weiter führende Literaturangaben finden sich bei J. Fröbes, „Lehrbuch der experimentellen Psychologie“ 2. Aufl. 1922/23. — Der S. 90 zitierte Aufsatz ist zwar schon seit geraumer Zeit gedruckt, wird aber vielleicht erst im nächsten Jahr erscheinen.
Köln, im September 1923.
Johannes Lindworsky S. J.
Druckfehlerberichtigung:
S. 104 Zeile 2 von unten lies: „objektiven“ statt „subjektiven“.
ABKÜRZUNGEN
APs: Archiv für die gesamte Psychologie. CgEPs: Bericht über den ... Kongreß für experimentelle Psychologie. FPs: Fortschritte der Psychologie ZaPs: Zeitschrift für angewandte Psychologie. ZPaPs: Zeitschrift für Pathopsychologie. ZPs: Zeitschrift für Psychologie.
In diesem Buche wird von seelischen Vorkommnissen die Rede sein: wie wir die Farben sehen und die Töne hören; wie unsere Phantasie arbeitet; wie das Gedächtnis seine Schätze gewinnt und verliert; wie sich unser Gemüt regt; wie das menschliche Denken von Erkenntnis zu Erkenntnis vordringt und unser Wille seine Ziele verfolgt. Solche und ähnliche Vorgänge zu beobachten, sie im einzelnen kennen zu lernen und ihre Gesetzmäßigkeiten zu entdecken, das ist, allgemein gesprochen, die Forscheraufgabe des Experimentalpsychologen. Anders lauten die Fragen, die sich der Philosoph über das Seelische stellt: Woher stammen die seelischen Vorkommnisse? Was ist die Seele? Ist die Seele geistig, unsterblich, mit Freiheit begabt? Wie verhalten sich Leib und Seele? Der charakteristische Unterschied zwischen den Interessen des Philosophen und des Experimentalpsychologen springt in die Augen. Dieser schaut auf die seelischen Einzeltatsachen, auf das Wie der psychischen Erscheinungen. Der Philosoph hingegen bemüht sich um ihre letzten Gründe: die Seele als Urgrund der Bewußtseinserscheinungen ist sein eigentlicher Forschungsgegenstand.
Der verschiedene Gesichtspunkt, von dem aus beide das nämliche Seelenleben betrachten, bedingt die Entstehung zweier verschiedener Wissenschaften. Weil aber der Experimentalpsychologe sich um Einzeltatsachen kümmert, weil er nicht nach letzten Gründen und allgemeinsten Gesetzen fragt, darum kann seine Wissenschaft nicht als Philosophie gelten. Sie steht aber im engsten Zusammenhang mit der philosophischen Psychologie. Der Experimentalpsychologe muß wenigstens einen Teil seiner Aufgabe gelöst haben, ehe der Philosoph die seinige auch nur beginnen kann; wenigstens einige Einzeltatsachen des Seelenlebens müssen festgestellt, beobachtet und beschrieben sein, ehe sich Schlüsse auf die letzten Ursachen solcher Tatsachen ziehen lassen. Und noch vor jeder genaueren Kenntnis beider Wissenschaften darf man vermuten, daß die Schlußfolgerungen des Philosophen um so mannigfacher und sicherer sein werden, je mehr Tatsachenmaterial der Experimentalpsychologe zutage gefördert hat. Die experimentelle Psychologie ist somit eine unentbehrliche Hilfswissenschaft der Philosophie.
Mit dieser vorläufigen Bestimmung ist auch schon die Eigenart der Experimentalpsychologie kundgetan: sie muß ihrer ganzen Natur nach darauf ausgehen, mit möglichst großer Sicherheit und in reichster Fülle seelische Tatsachen festzustellen. Es stehen ihr zu dieser Aufgabe, wie wir später noch im einzelnen sehen werden, mancherlei Methoden zu Gebote. Von der idealsten dieser Methoden, dem Experiment, hat sie ihren Namen erhalten. Diese Bezeichnung ist freilich ein Notbehelf; denn nicht alle Probleme unserer Wissenschaft können durch das Experiment gelöst werden. Gleichwohl sagt man besser experimentelle als empirische Psychologie, da auch die philosophische Psychologie empirisch sein muß; auch sie hat von Tatsachen auszugehen, wenn anders sie eine wissenschaftliche Psychologie sein will.
Die experimentelle Psychologie, wie sie soeben von uns aufgefaßt wurde, hat noch keine Geschichte, ja genau genommen, liegt sie selbst noch in der Zukunft. Die experimentelle Psychologie ist nämlich zurzeit in dem Prozeß der Loslösung von der Philosophie begriffen, den die Physik schon lange hinter sich hat. Gegenwärtig will ein Teil der Autoren nur die experimentelle Psychologie allein gelten lassen, während die Mehrheit die reinen Tatsachenfragen zusammen mit den philosophischen behandelt, freilich zum Schaden beider. Nur wenige entschließen sich zur klaren Sonderung beider Wissenschaften. Läßt sich sonach eine Geschichte der experimentellen Psychologie noch nicht schreiben, so kann man doch die Entwicklung kenntlich machen, die bis zu dem gegenwärtigen Stadium der allmählichen Verselbständigung geführt hat.
Die Psychologie hat niemals völlig der empirischen Grundlage entbehrt. Erfahrungen wie Träume, Erinnerungen u. ä. bildeten häufig den Ausgangspunkt und die Anregung zu den psychologischen Erwägungen der alten griechischen Philosophen. Man wird aber kaum sagen können, daß selbst ein Aristoteles, dem doch schon eine Formulierung der Assoziationsgesetze gelang, in ähnlicher Weise darauf ausgegangen wäre, psychische Tatsachen zu sammeln, wie er biologische und zoologische Beobachtungen beigebracht oder überliefert hat. Und so blieb es auch in der Hauptsache im Mittelalter. Einige wenige leicht zugängliche Selbstbeobachtungen waren der Unterbau, auf dem sich alsbald das spekulativ erarbeitete System der lebenswichtigen philosophisch-psychologischen Fragen erhob. Das braucht nicht zu befremden. Denn dies sind Fragen, zu denen jeder Mensch irgendwie Stellung nimmt, während die psychischen Einzelerscheinungen eine solche Bedeutung zumeist nicht beanspruchen und infolge ihrer Alltäglichkeit und engsten Zugehörigkeit zu unserem Ich nicht einmal unsere Verwunderung erregen — die doch nach Aristoteles allein den Anstoß zur Forschung gibt.
Um die Aufmerksamkeit der Forscher auf die seelischen Prozesse zu lenken, genügte die Abwendung Descartes’ von der herkömmlichen Psychologie noch nicht, obwohl er in der Seele nicht mehr das Prinzip des Lebens, sondern das des Bewußtseins sah; es bedurfte der Opposition der englischen Aufklärungsphilosophie, die in ihrem tendenziösen Kampfe gegen die grundlegenden Begriffe der Substanz und Kausalität die Tatsachen der Assoziation in den Mittelpunkt der Betrachtung stellte. So entstand die Assoziationspsychologie, begründet von Locke, Hume und Hartley, erneuert von J. St. Mill und zuletzt durch Bain glänzend vertreten. Mit ihrer Leugnung des Denkens und Wollens regte sie zu lebhaftem Widerspruch an und sah sich auch selbst gezwungen, in stets erneuten Versuchen die seelischen Erscheinungen allein durch Empfindung und Vorstellung verständlich zu machen. So hat sie sich ohne Zweifel um das Studium der Bewußtseinsphänomene verdient gemacht. Sie stand jedoch der tieferen Einsicht ins Seelenleben im Wege, wo immer sie jede Erörterung über die seelischen Elemente in dogmatischer Befangenheit von vorneherein ablehnte und die widerstrebenden Tatsachen mit der Zwangsjacke sensistischer Terminologie vergewaltigte.
Eine zweite Wurzel der heutigen experimentellen Psychologie hat man in der Anbahnung einer physiologischen Psychologie zu erblicken. Es waren zunächst Theoretiker, die von der Physiologie wertvolle Aufschlüsse erwarteten. Die extremsten unter ihnen waren allerdings auf dem besten Wege, die Psychologie zugrunde zu richten. So schon der Assoziationspsychologe Priestley, der die psychologische Analyse durch die Physik des Nervensystems abgelöst wissen wollte, und ähnlich Comte, der an jeder Selbstbeobachtung verzweifelnd, Physiologie und Phrenologie an die Stelle der Psychologie setzte. Besonnener gingen Lotze, Horwicz und Maudsley voran. Die eigentliche Befruchtung durch die Physiologie ist aber den experimentierenden Physiologen wie Helmholtz, Weber, Hering zu danken. Sie bildeten wichtige Methoden aus, deren sich später die Psychologen bedienten.
Das Geburtsjahr der experimentellen Psychologie ist das Jahr 1860, wo Fechners „Elemente der Psychophysik“ erschienen. Angeregt durch E. H. Webers Untersuchungen über den Tastsinn, hat Gustav Theodor Fechner mit bewußter Absicht das Experiment zur Erzielung psychologischer Erkenntnisse angewandt und die Grundlage zu der ausgedehnten experimentellen Methodik geschaffen, deren sich heute die Psychologen erfreuen. Mit stärkerer Heranziehung der Physiologie setzte W. Wundt das Werk Fechners fort und erwarb sich namentlich durch die Gründung des ersten psychologischen Laboratoriums bleibende Verdienste um die neue Wissenschaft. Seitdem hat sie, gepflegt von einer stattlichen Zahl hervorragender Forscher und empfohlen durch die Fülle der von ihr in kurzer Frist festgestellten Tatsachen und Gesetzmäßigkeiten, sich ihren Platz im System der Wissenschaften gesichert. Ein Markstein in ihrer Entwicklung wird durch den Namen Oswald Külpe bezeichnet, insofern Külpe mit Entschiedenheit für die Verselbständigung der experimentellen Psychologie als Einzelwissenschaft eintrat.
Gegenwärtig bahnt sich eine neue Entwicklung der Psychologie an. Wie sich die Physik allmählich von der Naturphilosophie loslöste und zur Experimentalphysik wurde, dann aber eine theoretische Physik ausbildete, der nicht zuletzt die großen Fortschritte der gesamten Physik zu danken sind, so melden sich heute die Ansätze zu einer theoretischen Psychologie. Während die experimentelle Psychologie die Haupterscheinungen des Seelenlebens erforscht, sucht die theoretische auf Grund der experimentellen Befunde die allgemeinsten Gesetze des Psychischen aufzustellen, aus denen sich dann die Einzelerscheinungen begreifen und ableiten lassen[1].
Hinsichtlich der bevorzugten Methoden lassen sich unter den heutigen Psychologen drei Gruppen unterscheiden. Neben der großen Zahl der prinzipiell experimentierenden Forscher finden sich solche, die wie Lipps und Brentano nur die schlichte Selbstbeobachtung heranziehen. Ihnen steht die phänomenologische Richtung nahe, deren bedeutsamster Vertreter Husserl ist. Sie geht allerdings nicht auf die Herausstellung von psychischen Einzeltatsachen aus, sondern bemüht sich, durch „Wesensschauung“ den Kern, das Wesentliche der seelischen Erlebnisse aufzuzeigen. Der besonnene Experimentalpsychologe wird weder die schlichte Selbstbeobachtung noch die phänomenologische Wesensschauung aus seiner Werkstätte verbannen. Namentlich die letztere kann ihm zur Vorbereitung wie zur Kontrolle der experimentellen Forschung schätzenswerte Dienste leisten. Jedoch der Erfolg dürfte schon heute dahin entschieden haben, daß beide Methoden für sich allein kein ausreichendes Fundament mehr abgeben für den weitauslagernden Bau der Tatsachenpsychologie.
Verwandt mit der Sonderung infolge der Methodik ist die durch den theoretischen Standpunkt hervorgerufene. Hier haben wir die „reinen“ Psychologen, die eine Ergänzung unseres psychologischen Wissens durch die Physiologie ablehnen und nur auf die bewußten Prozesse das psychologische Lehrgebäude errichten wollen. Dementsprechend verzichten sie auch auf die Klärungen, die von der Physiologie zu erhoffen sind. Ihnen gegenüber weist die größere Mehrzahl darauf hin, daß die Kette der Bewußtseinserscheinungen nicht lückenlos ist und daß sich außerdem gesetzmäßige Beziehungen zwischen physiologischen Zuständen und gewissen Seelenvorgängen nachweisen lassen. Diese Gruppe heißt also jeden Aufschluß willkommen, den die Physiologie zu geben vermag; gleichwohl betont auch sie, je länger je mehr, daß die seelischen Erscheinungen in erster Linie zu beachten sind. Innerhalb dieser Gruppe stehen sich nun wieder zwei oder drei Richtungen gegenüber. Die eine bekennt sich rundweg zur Assoziationspsychologie und weigert sich vorerst noch, elementare Denk- und Wollenserlebnisse anzunehmen. Die Schar ihrer Anhänger lichtet sich mit jedem Jahr; ihr bedeutendster Vertreter ist heute Th. Ziehen. Über sie suchte der angebliche Voluntarismus Wundts hinauszukommen, ohne jedoch mit seiner Apperzeptionslehre außerhalb des engsten Schülerkreises Anklang zu finden. Die dritte Gruppe endlich ging namentlich aus der Schule Külpes hervor. Wie sie jede wissenschaftliche Methode auszunutzen gewillt ist, so sträubt sie sich auch nicht, neue seelische Grundphänomene anzuerkennen, wenn anders sie durch zuverlässige Beobachtungen verbürgt sind. Infolgedessen hat sie, von der Wundtschen Richtung ausgehend, ihren Standpunkt bezüglich der Probleme des Denkens und Wollens in stets neu aufgegriffenen Untersuchungen allmählich wesentlich geändert und damit die Verbindung mit den von der aristotelischen Philosophie herkommenden Forschern gewonnen.
Literatur
M. Dessoir, Abriß einer Geschichte der Psychologie. 1911.
O. Klemm, Geschichte der Psychologie. 1911.
Wir haben als den Gegenstand der experimentellen Psychologie schon oben im allgemeinen die seelischen Vorkommnisse gekennzeichnet. Um ihn schärfer zu umschreiben und gegen die Objekte anderer Wissenschaften, namentlich der Naturwissenschaft, abzugrenzen, müssen wir von der naiven Auffassung des Erwachsenen ausgehen.
Der von psychologischen und erkenntnistheoretischen Fragen noch unberührte Erwachsene sieht sich einer Welt von äußeren Dingen gegenübergestellt, die mit seinem Ich nichts zu tun haben. Seiner Auffassung nach sind ihm nicht zuerst seine Bewußtseinserscheinungen gegeben, sondern jene greifbaren Gegenstände, die er vor sich sieht. Erlebnisse wie Schmerz und Freude lenken ihn erst auf seine Innenwelt hin. Hat er weiterhin Gelegenheit, festzustellen, daß ein anderer Dinge als rot bezeichnet, die er etwa gelb nennt, so wird er auf den subjektiven Beitrag aufmerksam, den jeder Mensch zur Wahrnehmung der äußeren Dinge hinzubringt. Die Abhängigkeit vom Subjekt wird ihm noch deutlicher, sobald er einmal beobachtet, wie er selbst den nämlichen äußeren Gegenstand unmittelbar nacheinander, ohne daß sich an dem Objekt oder an den äußeren Bedingungen der Wahrnehmung etwas ändert, bald so, bald anders erblickt, wie er z. B. die Drehungsrichtung eines Windrades jetzt auf sich zu-, jetzt von sich abgewandt sieht. Nimmt er noch hinzu, daß sich bei geschlossenen Augen oder im Traum ganz ähnliche Ausblicke darbieten, wie bei offenen Augen und im Wachzustand, dann wird ihm klar, daß die Bilder der äußeren Gegenstände fast mehr von ihm stammen als von den fremden Objekten. Trotzdem hören die äußeren Dinge nicht auf, dem wahrnehmenden Ich wie etwas Fremdes, Getrenntes gegenüberzustehen, und dieser Eindruck bliebe erhalten, auch wenn das Subjekt zur Überzeugung käme, daß die Außenwelt in Wirklichkeit nicht bestünde.
Diese beiden Umstände: die relative Subjektivität von Schmerz, Freude, Wahrnehmungen u. ä. einerseits und die unzerstörbare Gegensätzlichkeit des betrachtenden Subjektes und der Außenwelt anderseits ermöglichen es, den Gegenstand der experimentellen Psychologie scharf zu umschreiben. Alle seelischen Vorkommnisse sind einem Subjekt zugehörig; sie alle sind einem Bewußtsein immanent, so daß kein anderer Mensch ein unmittelbares Wissen von ihnen hat. Diese Eigenart kommt nicht nur meinen Bewußtseinsvorgängen, sondern allen zu, die es vielleicht gibt; sie läßt sich aber in keiner Weise von den Dingen aussagen, die dem Ich fremd gegenüberstehen; sie seien denn Erlebnisse eines anderen Bewußtseins. Gegenstand der experimentellen Psychologie sind sonach alle jene Phänomene, die ihrer Natur nach bewußtseinsimmanent und unmittelbar nur für das erlebende Subjekt erfaßbar sind. Dabei sehen wir natürlich von ihrer etwaigen Erfaßbarkeit durch höhere als menschliche Wesen ab. Alle anderen Dinge, auf welche diese Kennzeichnung nicht zutrifft, bilden den Gegenstand anderer Wissenschaften; die körperlichen unter ihnen insbesondere geben das Objekt für die Naturwissenschaften ab.
Der Gegenstand der experimentellen Psychologie ist also nicht die substantielle Seele; denn zu ihr gelangen wir nur unter der Führung der philosophischen Psychologie, die auf Grund der Bewußtseinserscheinungen nachzuweisen hat, daß die psychischen Erlebnisse einen substantiellen Träger voraussetzen. Wir können aber auch nicht die gesamte Erfahrung als Gegenstand der Psychologie bezeichnen, auch nicht mit der Einschränkung: insoweit die Erfahrung von unserem Ich abhängig ist. Zu unserer Erfahrung gehören nämlich auch die Dinge außerhalb des Ich. Sie stehen aber in unserer Auffassung, von der wir als Psychologen auszugehen haben, als etwas Wirkliches und von dem Ich Unabhängiges vor uns. Auch die naive Auffassung unterscheidet, sobald sie nur einmal darauf hingewiesen wird, sehr wohl zwischen dem Gesichtsbild des Tisches, das sich je nach dem Standpunkt des Betrachtenden beständig ändert, und dem unverändert bleibenden Tisch, der diese verschiedenen Gesichtsbilder bedingt. Die äußere Erfahrung und die Bewußtseinsinhalte sind somit zwei ganz getrennte Gegenstandsgebiete. Wir wenden uns aber auch drittens gegen jene Psychologen, die z. B. die Farben aus dem Stoffgebiete unserer Wissenschaft ausscheiden wollen. Allerdings sprechen uns die Farben als objektive Eigenschaften der Außendinge an, und wir müssen hier von diesem unmittelbaren Eindruck ausgehen. Es wird sonach eine Wissenschaft erforderlich sein, die sich mit den Körperfarben befaßt. Allein wir stellen auch fest, daß es Farben als immanente Bewußtseinsinhalte gibt, so immanent, daß die individuelle Verschiedenheit des Farbensehens sich jahrhundertelang versteckt hielt und immer nur sehr indirekt nachgewiesen werden kann. Farben und Töne gehören darum sehr wohl zu dem Forschungsgegenstand der experimentellen Psychologie.
Die Aufgabe der experimentellen Psychologie deckt sich im allgemeinen mit der einer jeden Tatsachenwissenschaft: sie heißt Beschreiben, Gruppieren, Erklären. Die bewußtseinsimmanenten Erlebnisse sind möglichst adäquat zu beschreiben. Was eine solche Beschreibung voraussetzt und welchen Schwierigkeiten sie gerade in der Psychologie begegnet, davon soll hier noch keine Rede sein. Die induktive Art unserer Einführung wird sie uns noch oft fühlbar machen. Gelingt aber die Beschreibung der Erlebnisse, so wird ein Vergleich dieser Beschreibungen zeigen, ob immer wieder neuartige, voneinander verschiedene Phänomene auftauchen — in diesem Falle müßte man an der Begründung einer wissenschaftlichen experimentellen Psychologie verzweifeln — oder ob sich gleiche bzw. verwandte Erlebnisse finden, die sich in fest umgrenzten Gruppen anordnen lassen. Auch hier hat die Psychologie größere Hindernisse zu überwinden als andere Einzelwissenschaften. Die Erlebnisse als ganze gleichen einander sehr wenig, und es bedarf der Analyse, um zu psychischen Einheiten oder gar zu psychischen Elementen vorzudringen, die dann als gleich behandelt werden können. Endlich hat die Experimentalpsychologie auch eine Erklärung der Bewußtseinserscheinungen zu versuchen. Doch ist der Begriff dieser Aufgabe des Erklärens kein einheitlicher. Im Sinne der positivistischen Naturwissenschaft nennt man es eine Erklärung, wenn es gelingt, die Gesetzmäßigkeiten der Erscheinungen aufzuweisen. Sobald diese bekannt sind, ist man imstande, beim Auftreten eines bestimmten Phänomens die Bedingungen anzugeben, die es herbeigeführt haben, wie man auch umgekehrt, sobald gewisse Bedingungen erfüllt sind, voraussagen kann, welche Folge sich einstellen wird. Diese Art der Erklärung setzt also die Beobachtung von Gesetzmäßigkeiten im psychischen Geschehen voraus. Ob solche Gesetzmäßigkeiten überhaupt im Bewußtseinsleben vorliegen, das kann erst die folgende Untersuchung lehren. Sie ohne weiteres und auf allen Gebieten dieser Disziplin voraussetzen, wie dies z. B. James tut, nur deshalb, weil sonst eine wissenschaftliche Psychologie unmöglich sei, das kann nicht mehr als vorurteilslose Forschung gelten. Eine andere Art der Erklärung greift über den Bereich der Bewußtseinstatsachen hinaus und sucht z. B. in dem physikalischen Reiz und in der Beschaffenheit der nervösen Substanz die Ursachen bzw. die Bedingungen der Empfindung. Auch diese Art muß die Psychologie, wenn sie nicht reine, sondern physiologische Psychologie ist, verwerten. In diesem Sinne wird oft nach der Ursache einer psychologischen Gesetzmäßigkeit zu forschen sein; ob z. B. die Gesetzmäßigkeiten des Farbenkontrastes letztlich auf seelische oder auf körperliche Faktoren zurückzuführen sind.
Weil unser Forschungsgegenstand die Bewußtseinserscheinungen sind, so erblicken wir in der Bewußtseinswelt, jener Welt, die in eigenartiger Weise neben dem Reich der sichtbaren Dinge besteht, die naturgemäße und wesentliche Quelle der psychologischen Wissenschaft. Wo immer sich Bewußtsein findet, da kann der Psychologe versuchen, Kenntnisse zu schöpfen. Der Bewußtseinswelten gibt es aber unzählbare: bei jedem Menschen, jedem Tiere, und selbst die Bewußtseinswelten höherer Wesen brauchen nicht notwendig von vorneherein unberücksichtigt zu bleiben. Dieser erfreuliche Quellenreichtum wird nun leider in seinem Werte dadurch vermindert, daß all diese Milliarden von Quellen bis auf eine einzige fest ummauerte und versiegelte Quellen sind. Nur in sein eigenes Bewußtsein eröffnet sich dem Forscher ein unmittelbarer, freier Einblick. Wir sind jedoch zu der Annahme berechtigt, daß das Bewußtseinsleben in einem mehr oder weniger eindeutigen Zusammenhang mit seinen Äußerungen steht. Der Einzelne bemerkt auf jeden Fall, wie sich regelmäßig mit einem Erlebnis der Freude ein bestimmter, äußerlich wahrnehmbarer Ausdruck verbindet; bei schmerzlichen Erlebnissen hingegen stellt sich mit derselben Regelmäßigkeit ein merklich verschiedener Ausdruck ein. Ähnliche Ausdruckserscheinungen gewahre ich nun bei den andern Menschen und vielfach auch bei Tieren und gelange so mit einem Analogieschluß dahin, auch bei diesen die gleichen oder verwandte Bewußtseinserscheinungen anzunehmen. Richten wir unser praktisches Verhalten zur Umwelt nach diesen Analogieschlüssen ein, so gibt uns die Erfahrung recht. Unsere Überzeugung von dem Vorhandensein und der Gestaltung des fremden Bewußtseins wird dann naturgemäß so lebendig, daß wir unmittelbar in die fremde Seele zu schauen meinen und die Mittelbarkeit unseres Wissens oft zum eigenen Nachteil vergessen.
Neben der primären Quelle psychologischer Forschung, dem Bewußtsein, lernen wir also die Äußerungen des Bewußtseins als sekundäre Quellen kennen. Die Äußerungen des Bewußtseins sind entweder fließende und begleiten einen gleichzeitig verlaufenden psychischen Vorgang, oder sie verbleiben als dauernde Wirkungen früherer Bewußtseinserscheinungen. Zu ersteren gehören die lebendige Sprache, die willkürlichen Bewegungen, die unwillkürlichen Ausdrucksbewegungen u. a., zu letzteren die Sprachdenkmäler, die Erzeugnisse von Kunst, Religion und Volksleben u. ä. m. Eine dieser sekundären Quellen, die lebendige Sprache, namentlich wenn sie, durch Frage und Antwort unterstützt, uns die Selbstbeobachtungen anderer mitteilt, gestattet uns einen so klaren Einblick in das fremde Bewußtsein, daß man mit Grund die Behauptung wagen kann: wenigstens innerhalb gewisser Grenzen handle es sich da schon nicht mehr um eine sekundäre Quelle, sondern die mitgeteilte Selbstbeobachtung eines Fremden sei der eigenen Selbstbeobachtung des Forschers gleichwertig. Dieses Problem restlos zu lösen, ist Aufgabe der speziellen Erkenntnistheorie.
Die Methoden der experimentellen Psychologie richten sich nach ihren Quellen. Weil das Bewußtsein die primäre Quelle ist, ist folgerichtig die Selbstbeobachtung die primäre Methode. Sie gewährt die unmittelbarste Kenntnis der Seelenprozesse und bleibt letzten Endes der Schlüssel zum Verständnis aller Ergebnisse, die durch andere Methoden erzielt werden. Die Selbstbeobachtung kann beabsichtigt oder unbeabsichtigt sein. Unbeabsichtigt wird sie stets nur gelegentlich auftreten und darum nur spärliche Beiträge liefern. Die beabsichtigte Selbstbeobachtung wird nun häufig während des zu beobachtenden Erlebnisses angestellt. Dadurch wird aber ihr Wert recht zweifelhaft. Man braucht zwar nicht wie manche Autoren die absolute Unmöglichkeit einer gleichzeitigen Selbstbeobachtung anzunehmen, aber das läßt sich auch experimentell nachweisen, daß die gleichzeitige Beobachtung modifizierend, wenn auch nicht notwendig fälschend auf das Erlebnis einwirkt. Die gelegentliche Beobachtung hingegen stellt sich in der Regel nicht während, sondern unmittelbar nach Ablauf des seelischen Vorganges ein. Man kann sich leicht davon überzeugen, daß ein Bewußtseinsphänomen unmittelbar nach seinem Ablauf nicht gänzlich unserem Wissen entschwunden ist. Es steht gewissermaßen in seiner Gesamtheit noch vor uns, ohne daß wir es im eigentlichen Sinne zu reproduzieren brauchten. Man lasse sich z. B. eine mittelschwere Kopfrechnung vorlegen, löse sie schnell und frage sich, wie man zur Lösung gelangt ist. Man wird dann leicht angeben können, ob man einen rechnerischen Kunstgriff gebraucht hat, ob man die Zahlen im Geiste gesehen oder sie sogar phantasiemäßig niedergeschrieben usw. Die Zuverlässigkeit solcher Angaben wird für uns über jeden Zweifel erhaben sein. Ebensowenig wird man befürchten, die rückschauende Beobachtung könne nachträglich das Erlebnis umgestalten. Das vermag nicht einmal die Absicht zur rückschauenden Beobachtung, wenigstens solange sie nicht eine bestimmte Erwartung einschließt.
Die primäre wissenschaftliche Methode der experimentellen Psychologie ist somit die rückschauende Selbstbeobachtung. Da aber eine bloß gelegentliche Selbstbeobachtung nicht ausgiebig genug ist, um auf sie eine ganze Wissenschaft aufzubauen, hat man sie zur systematischen und experimentellen umgestaltet. Das Wesen des Experimentes beruht nun in der willkürlichen Herbeiführung eines Vorganges zum Zwecke der wissenschaftlichen Beobachtung. Es macht den Forscher von der Gunst des Zufalles unabhängig und ermöglicht eine wiederholte und darum zuverlässige Beobachtung. Das psychologische Experiment, das sich zwischen Versuchsperson und Versuchsleiter abspielt, hat überdies den Vorteil, daß der beobachtenden Versuchsperson die Absichten und Erwartungen des Versuchsleiters verborgen bleiben können, wodurch ein unvoreingenommenes Erleben und Beobachten seitens der Versuchsperson möglich wird. Das psychologische Experiment kann nun einen doppelten Zweck verfolgen: es kann darauf ausgehen, einen seelischen Prozeß überhaupt nur herbeizuführen, damit er genau beobachtet werde. In diesem Falle ist es nach neuerer Terminologie (Baade) ein Darstellungsexperiment. Die eingehendste Selbstbeobachtung ist bei ihm die Hauptsache. Der Forscher kann aber auch erkunden wollen, wie verschiedene psychische (oder auch psychische und physische) Faktoren aufeinander einwirken: wie z. B. das Lernen bei gleichzeitiger Ablenkung der Aufmerksamkeit erfolgt — in diesem Falle bezeichnet man den Versuch als Kausalexperiment. Auch dies ist ohne jede Selbstbeobachtung nicht auszuführen. Aber sie tritt hier wesentlich zurück. Die Hauptsache ist hier die Leistung der Versuchsperson, etwa die Bewältigung der Lernaufgabe mit und ohne Störung. Auf diese Weise kann der Psychologe planmäßig den verschiedenen Erlebnissen und Erlebnisseiten, wie auch dem kausalen Nexus unter ihnen nachgehen und dadurch seine Beobachtung zu einer systematischen machen. Dementsprechend ist beim Kausalexperiment die Variation der Versuchsbedingungen wesentlich, beim Darstellungsexperiment hingegen entbehrlich.
In einem umfassenderen Sinne läßt sich das psychologische Experiment folgendermaßen einteilen. Hinsichtlich seines Zweckes: Das Prüfungsexperiment (Test) fragt nach dem Gelingen einer Leistung. Das Forschungsexperiment nach der Natur eines psychischen Vorganges, und zwar als messendes (psychophysisches) nach dessen Größenverhältnissen, als darstellendes nach dessen Beschaffenheit, als Kausalexperiment nach dessen Abhängigkeit von verschiedenen Bedingungen. Eine zweite Teilung ergibt sich aus dem Verhalten der Versuchsperson (Vp). Je nachdem diese von dem Zweck und der Anlage des Experimentes weiß, ist das Verfahren ein wissentliches, halbwissentliches oder unwissentliches. Je nachdem ferner die Vp an dem Zustandekommen des seelischen Erlebnisses beteiligt ist, kann man das Experiment als ein auslösendes (ein Sinnesreiz ruft ohne weiteres eine Empfindung oder ein Gefühl hervor), ein ausführendes (die Vp bringt willkürlich die gewünschte Erscheinung hervor, z. B. sie erinnert sich willkürlich) oder ein gemischtes nennen. Das ausführende Experiment ist entweder ein unvollkommenes, wenn die Vp willkürlich ein Erlebnis nachzumachen sucht (Schreibtischexperiment), oder ein vollkommenes, wenn sie durch die Versuchsanordnung in eine Lage gebracht wird, in der sie naturgemäß zu jenem Erlebnis gelangt.
Durch das Experiment ist nun die bloß gelegentliche Beobachtung nicht völlig außer Kurs gesetzt. Gerade sie weist oft dem Psychologen neue Probleme zur experimentellen Nachprüfung und sie bleibt der einzige Zeuge für all jene Seelenvorgänge, die sich nicht willkürlich herbeiführen lassen. Um nun auch die bloß gelegentlichen Selbstbeobachtungen der Forschung dienstbar zu machen, ist man auf ihre planmäßige Sammlung bedacht. Man verwendet dazu zweckmäßig den Fragebogen. Je genauer dem Aussender eines solchen Bogens die Zuverlässigkeit der Beantworter bekannt ist, je zugänglicher die erfragten Erlebnisse einer durchschnittlichen Beobachtungsgabe sind und je mehr die Fassung der Fragen, frei von jeder Suggestion, den Beantworter zur Angabe von Tatsachen anleitet, von theoretisierenden Äußerungen hingegen fernhält, um so brauchbarer wird das Ergebnis einer solchen Rundfrage sein.
Insoweit die sekundären Quellen nicht eine Fixierung der Selbstbeobachtung sind und somit zur primären Quelle hinleiten, können sie alle als Wirkungen psychischer Prozesse gelten, Wirkungen, aus denen sich mancherlei Schlüsse auf ihre Ursachen ziehen lassen. Sie sind fertige geistige Produkte und demnach keinem experimentellen Eingriff mehr zugänglich. Ihnen gegenüber sind nur noch die Methoden der Analyse, des Vergleiches und der statistischen Verarbeitung möglich. Von besonderem Werte ist dabei der Vergleich, der sich nach Aufstellung einer Entwicklungsreihe des betreffenden psychischen Produktes, etwa der Kinderzeichnungen, ausführen läßt.
Literatur
R. Pauli, Psychologisches Praktikum. 3. Aufl. 1923.
W. Stern, Die differentielle Psychologie. 3. Aufl. 1921.
Wir geben im Anschluß an Titchener einen Überblick über die verschiedenen Zweige der experimentellen Psychologie.
I. Die Psychologie des normalen Seelenlebens.
A. Die individuelle Psychologie.
Die Psychologie des Menschen.
Allgemeine Psychologie: die Psychologie des Erwachsenen.
Die spezielle Psychologie der einzelnen Entwicklungsstadien (des Kindes, des Greises u. ä.).
Die differentielle Psychologie; sie behandelt die psychischen Unterschiede der Individuen.
Die genetische Psychologie; sie erforscht die Entwicklung der Psyche im Laufe des Lebens.
Die Tierpsychologie. Ihre Unterabteilungen ähnlich wie bei 1.
Die vergleichende Psychologie. Sie befaßt sich mit der Vergleichung der verschiedenen Entwicklungsstufen der Seele bei Tier und Mensch.
B. Die kollektive Psychologie.
Die Völkerpsychologie schildert die Erscheinungsweise des Seelischen in der Gemeinschaft.
Die ethnologische Psychologie oder die differentielle Psychologie der verschiedenen Völker und Rassen.
Die Klassenpsychologie oder die differentielle Psychologie der Gesellschaftsklassen und Berufe.
II. Die Psychologie des kranken, anormalen Seelenlebens.
Diese Einteilung wählt das Subjekt der psychischen Vorgänge zum leitenden Gesichtspunkt. Sie kann ergänzt werden durch zwei andere Einteilungen, die entweder die psychischen Funktionen oder die Gegenstände der psychischen Funktionen berücksichtigen. Daraus ergibt sich eine Psychologie der Vorstellung, des Willens usw. auf der einen Seite, und eine Sprach-, Kunst-, Religionspsychologie auf der anderen. Die Einteilung nach Gegenständen führt theoretisch zu unbegrenzt vielen Zweigen der Psychologie. Praktisch werden indes nur jene bestehen können, die sich auf einen bedeutsamen Gegenstand beziehen oder eigenartige psychische Erscheinungen betreffen.
Wir besprechen im folgenden in erster Linie die Psychologie des normalen und gebildeten Erwachsenen. Doch werden wir an gegebener Stelle auch die andern Zweige der Psychologie zu Rate ziehen.
[1] Vgl. des Verfassers, „Umrißskizze zu einer theoretischen Psychologie“ 2. Aufl. 1923.
I. Buch PSYCHISCHE ELEMENTE UND ELEMENTARE VERBINDUNGEN
ERSTER ABSCHNITTDie Empfindungen
Die Erlebnisse, die den Gegenstand der Psychologie bilden, zeigen sich uns als eine so vielgestaltige, stets wechselnde Mannigfaltigkeit, daß es auf den ersten Blick als unmöglich erscheinen möchte, sie wissenschaftlich zu beherrschen. Wie soll man das kaleidoskopartige Geschehen festhalten, beschreiben, benennen, in die Ordnung eines Systems bannen und gar noch Gesetzmäßigkeiten bei ihm entdecken? Dazu kommt, daß die seelischen Vorgänge vollendete Einheiten zu sein scheinen. Mehr oder weniger selbständige Glieder, wie bei einem Organismus, oder gar abgeschlossene Teile, wie die Bausteine eines Hauses, bieten sich dem ersten Blicke nicht dar. Alles ist eng miteinander verwachsen, eines scheint kontinuierlich ins andere überzugehen. Dennoch bleibt ein Weg, der, wenn auch mühsam, durch das nahezu unentwirrbare Dickicht führt: Wir können gleiche, ähnliche oder wenigstens verwandte Seiten der verschiedenen Erlebnisse feststellen.
Auf diesem Wege der Abstraktion gelangt schon das vorwissenschaftliche Denken dazu, größere Gruppen seelischer Vorgänge zusammenzufassen; es spricht von Erkennen, Wollen, Fühlen u. dgl. Wir verwerten diese Absonderungen und suchen nunmehr in der Gruppe der Erkenntnisvorgänge so weit mit der Abstraktion vorzudringen, als es überhaupt möglich ist. Bei den Erkenntnisvorgängen läßt sich nun Inhalt und Akt unterscheiden: sehe ich eine blaue Blume, so ist mein Sehen der Akt, die blaue Blume der Inhalt dieser Wahrnehmung. Unsere weitere Abstraktion soll sich nur auf den Inhalt beziehen, und zwar in einer einzigen Richtung. Wir beachten das eigenartige Blau der gesehenen Blume. Ich finde diesen Inhalt bei anderen Individuen derselben Gattung, vielleicht aber auch bei Blumen einer anderen Gattung und bei Erzeugnissen der menschlichen Kunst. Der Inhalt „blau“ ist somit für sein Bewußtwerden von seiner sonstigen Umgebung, von einer bestimmten Gestalt u. ä. m. unabhängig. Er steht mir auch wieder vor der Seele, wenn ich von ähnlichen Dingen träume. Vielleicht bin ich sogar imstande, bei geschlossenen Augen die blaue Blume vor mir zu sehen. Der Inhalt „blau“ ist also auch unabhängig und loslösbar von dem Akt des Wahrnehmens, Träumens oder Vorstellens. Damit ist nicht gesagt, daß wir den Inhalt „blau“ außerhalb eines dieser Akte erleben könnten, es ist aber gezeigt, daß er von einem jeden einzelnen dieser Akte relativ unabhängig ist. In entsprechender Weise läßt sich dartun, daß jener Inhalt auch bewußtseinsmäßig gegeben sein kann, ohne notwendig bestimmte andere Inhalte bei sich zu haben, wie etwa den der räumlichen oder zeitlichen Lokalisation. Wir stellen somit als eine charakteristische Eigenschaft dieses Bewußtseinsinhaltes fest, daß er andern Inhalten gegenüber relativ selbständig ist. Wir können das „blau“ nicht nur in unserer Auffassung von solchen andern Inhalten unterscheiden, wie da sind ein bestimmter Träger dieser Farbe, eine bestimmte Form u. ä., sondern er selbst kann erlebnismäßig ohne einen bestimmten aus ihnen vorkommen. Wir können nun in der Abstraktion noch weiter gehen und etwa den Farbenton blau von seiner Ausdehnung unterscheiden. Allein dieser begrifflich bzw. auffassungsmäßig möglichen Unterscheidung vermag die erlebnismäßige Sonderung nicht zu folgen. Wo immer wir den Inhalt blau erleben: wir finden ihn wenigstens an ein Minimum von Ausdehnung gekettet. Wir bezeichnen darum die Ausdehnung als eine Eigenschaft dieses Bewußtseinsinhaltes und stellen fest, daß wir mit der erlebnismäßigen Abstraktion an ein Ende gelangt sind: blau ist als ein einfaches Erlebniselement anzusehen. Vergleicht man sodann diesen Inhalt mit dem Namen oder dem Begriff „blau“, so stellt sich heraus, daß der Name und der Begriff als Prädikat der verschiedensten Blaunuancen anwendbar ist, er hat eine gewisse Allgemeinheit. Das von mir erlebte Blau hingegen ist stets etwas Konkretes, Individuelles, eine bestimmte Nuance, die mit keiner andern verwechselbar ist. Es hat weiterhin eine Eigenart, die nur durch sich selbst charakterisierbar ist: eine gewisse Greifbarkeit, Anschaulichkeit, verglichen mit der „Blässe des Gedankens“. Wenn wir ferner den Bewußtseinsinhalt „blau“ mit einem Gefühlserlebnis vergleichen, so finden wir, daß wir ihn gewissermaßen uns selbst gegenüberstellen und anschauen können, ohne befürchten zu müssen, daß unsere Aufmerksamkeit ihn zugrunde richtet, wie das bei Gefühlen und Willensakten der Fall zu sein scheint: das Erlebnis besitzt eine gewisse Objektivität. Fassen wir all diese Eigentümlichkeiten des Blau-Erlebnisses zusammen: die relative Selbständigkeit, Einfachheit, Konkretheit, Anschaulichkeit und Objektivität, und studieren die mannigfachen Seiten unserer Gesamterlebnisse, so werden wir entdecken, daß eine überaus stattliche Reihe von ihnen die genannten Eigenschaften aufweist. Wir fassen diese Erlebniselemente unter dem gemeinsamen Namen der Empfindungen zusammen. Eine Empfindung ist somit ein relativ selbständiger, einfacher, konkreter, anschaulicher, objektiver Bewußtseinsinhalt.
Ebenso wie die Blauempfindung lassen auch alle anderen Empfindungen verschiedene Eigenschaften erkennen. Als allgemeine Eigenschaften der Empfindung zählt man gewöhnlich auf: Qualität, Intensität, zeitliche Dauer und räumliche Ausdehnung. Die bedeutsamste dieser Eigenschaften ist sicher die Qualität. Sie ist gewissermaßen der Kern des Empfindungserlebnisses; sie ist das, was das Süß zum Süß, das Blau zum Blau macht. Die Qualität einer Empfindung kann nicht geändert werden, ohne daß zugleich die Empfindung selbst geändert wird, obwohl es verschiedene Grade der Qualitätsänderung einer Erlebnisseite gibt. Statt des einen bestimmten Blau kann eine andere Nuance eintreten: die neue Empfindung ist der vorigen noch ähnlich. Es kann aber auch ein Rot erscheinen: die neue Empfindung ist spezifisch verschieden. Oder die Farbenempfindung wird durch eine Tonempfindung ersetzt: die neue Empfindung ist zur früheren disparat. Nach der noch verbreiteten Sprechweise von Helmholtz wäre in dem vorletzten Falle eine neue Qualität, im letzten eine neue Modalität erschienen. Schon weniger durchsichtig sind die Verhältnisse bei der zweiten Eigenschaft der Empfindung, der Intensität. Von der Intensität irgendeines Vorganges zu reden, scheint vielen nur dann einen Sinn zu haben, wenn dieser Vorgang eine reine Intensitätsänderung zuläßt, d. h. wenn seine Intensität sich ändern kann, ohne daß sich gleichzeitig auch die Qualität verändert. Eine solche reine Intensitätsänderung wird allgemein angenommen bei den Tönen, hingegen bei den Farbenempfindungen vielfach angezweifelt, weshalb auch die Intensität als allgemeine Eigenschaft der Empfindung angefochten wird. Die Frage nach der zeitlichen Dauer, der dritten allgemeinen Eigenschaft, darf nicht mit der Frage nach der Dauer des Reizes verwechselt werden, die erforderlich ist, damit eine bestimmte Empfindung im Bewußtsein hervorgerufen werden könne. Es fragt sich vielmehr, ob die voll entfaltete Empfindung, deren Dauer bekanntlich sehr verschieden sein kann, überhaupt erlebbar sei, wenn ihre zeitliche Dauer auf Null reduziert würde und die Empfindung in einem unteilbaren Moment erlebt werden müßte. Eine beweisbare Antwort wird sich auf diese Frage in keinem Sinne geben lassen. Es bleibt darum auch fraglich, ob die zeitliche Ausdehnung eine allgemeine Eigenschaft der Empfindung ist. Einer Empfindungseigenschaft ist es nämlich wesentlich, daß sie nicht auf Null gebracht werden kann, ohne daß damit die Empfindung selbst ihr Ende erreicht. Daß endlich die räumliche Ausdehnung keine allgemeine Eigenschaft der Empfindung ist, dürfte kaum bestritten werden. So wenig die Farbenempfindung ohne eine räumliche Ausdehnung verwirklicht werden kann, so wenig scheint die Tonempfindung ihrer zu bedürfen oder auch nur fähig zu sein. Man erkennt hieraus, daß sich zwar die Empfindungserlebnisse unter einen allgemeinen Begriff zusammenfassen lassen, daß dieser Begriff aber noch sehr verschieden geartete Bewußtseinserscheinungen einschließt. Als wirklich allgemeine Eigenschaft dieser verschiedenen Erlebnisse läßt sich eben nur die Qualität und, in einem erweiterten Sinne, die Intensität nennen.
Literatur
A. Messer, Empfindung und Denken. 1908.
A. Pfänder, Einführung in die Psychologie.² 1920.
Unter den zahlreichen Inhalten, die wir als Empfindungen bezeichnen, sondert sich leicht und scharf umgrenzt die umfangreiche Gruppe aus, welche der Sprachgebrauch als Farben zusammenfaßt. Eine rein psychologische Beschreibung dieser Empfindungen läßt sich nicht geben. Sie sind ein letztes Erlebnisdatum, das nur durch sich selbst hinreichend gekennzeichnet wird. Für den Farbentüchtigen zerfallen sie in zwei Hauptarten, in die farblosen Lichter, auch neutrale oder tonfreie Farben genannt, und in die bunten Farben. Die farblosen Lichter lassen sich nach ihrer inhaltlichen Ähnlichkeit in eine kontinuierliche Reihe (Qualitätenreihe) ordnen, an deren einem Ende das tiefste Schwarz, an deren anderem Ende das blendendste Weiß zu stehen kommt, während die verschiedenen Abstufungen des Grau beide Enden verbinden. Geometrisch und symbolisch wäre diese Qualitätenreihe durch eine begrenzte Gerade darzustellen. Prüfen wir die verschiedenen Abschnitte der Schwarz-Weißreihe darauf, ob die betreffenden Inhalte der Definition der Empfindung genügen, so erhebt sich nur die eine Schwierigkeit, ob wirklich die Graunuancen als einfache Inhalte anzusprechen sind. Weist doch eine jede eine Ähnlichkeit sowohl mit Schwarz wie mit Weiß auf. Allein ähnlich sein bedeutet noch nicht zusammengesetzt sein. Nur wo sich im erlebten Inhalt Teile absondern, die als solche psychisch zu verwirklichen sind, da liegt eine Mehrheit von Empfindungen vor. Dieser Gesichtspunkt gilt auch für die noch zu besprechenden Abstufungen der bunten Farben.
Um die bunten Farben zu ordnen, denken wir uns, wir erlebten sie in ihrer größtmöglichen Ausgesprochenheit. Zunächst sei ein reines Rot, ein reines Gelb und zahlreiche Schattierungen von Orange gegeben. Bringt man diese in eine Qualitätenreihe, so beginnt sie etwa mit Rot; dann folgen jene Arten von Orange, die dem Rot ähnlicher sind als dem Gelb, dann ein Orange, das gleichviel Ähnlichkeit mit Rot wie mit Gelb hat, weiter Nuancen, die mehr dem Gelb als dem Rot verwandt sind, und endlich das reine Gelb. Die beiden Enden der Reihe zeigen keine derartige Ähnlichkeit miteinander, die Zwischenfarben hingegen haben Ähnlichkeit mit Rot wie mit Gelb. Ausgehend vom Rot läßt sich feststellen, daß die Rotähnlichkeit immer mehr ab- und die Gelbähnlichkeit immer mehr zunimmt. Ebenso wie die Schwarz-Weißreihe wäre auch die Rot-Gelbreihe durch eine begrenzte Gerade zu symbolisieren. Die nämliche Betrachtung wiederholt sich bei den zwischen Gelb und Grün, Grün und Blau, Blau und Rot einzuschließenden Farbentönen. Die geometrische Symbolisierung ergibt also vier Gerade, deren Endpunkte je zwei Geraden gemeinsam sind und die darum ein geschlossenes Viereck bilden. An seinen Endpunkten liegen die vier Urfarben (Hering) Rot, Gelb, Grün, Blau. Sie weisen miteinander keine Ähnlichkeit nach Art der Zwischenfarben auf und bedingen darum je einen Richtungswechsel in der gesamten Farbenreihe: das von Rot bis an das Gelb vorhandene Rotmoment hört mit dem Gelb auf und ist in der Gelb-Grünreihe nicht mehr zu beobachten usf. Ob die Seiten des Farbenviereckes als gleich lang anzunehmen sind, wäre davon abhängig, ob in jeder der vier Farbenreihen gleichviel unterscheidbare Farbentöne erlebt werden können.
Wie von jeder Urfarbe zu ihren beiden Nachbarfarben, so gibt es auch direkte Übergänge von den Urfarben und den eingeschlossenen Tönen zu Weiß, zu Schwarz und zu sämtlichen Graunuancen. Dieser Tatsache verleiht man einen passenden Ausdruck, indem man die Schwarz-Weißlinie zu ungefähr gleichen Teilen nach oben und unten durch das Farbenviereck gehen und somit die Längsachse eines Oktaeders bilden läßt. (Fig. 1.) In diesem Farbenoktaeder haben alle erlebbaren Farben ihren bestimmten Platz: die obere Spitze nimmt das Weiß, die untere das Schwarz ein, während die Urfarben an den Ecken der mittleren Ebene liegen. Da aber das Gelb dem Weiß ähnlicher ist als das Blau, so ist die Farbenebene nicht senkrecht, sondern schräg zur Schwarz-Weißlinie einzuzeichnen.
Fig. 1. Die Farbenpyramide. Nach Titchener, Lehrbuch der Psychologie S. 63. Leipzig 1910, Barth.
Jede Farbe kann prinzipiell durch drei Momente bestimmt und in das Farbenoktaeder eingeordnet werden: durch den Farbenton, d. h. durch ihre Ähnlichkeit mit einer der vier Urfarben, durch ihre Helligkeit, d. h. durch ihre Ähnlichkeit mit Weiß und durch ihre Sättigung, d. h. durch die Deutlichkeit der Buntheit bzw. ihre Unähnlichkeit mit den Tönen der Schwarz-Weißreihe.
Ein anderes Problem bildet die Frage nach der Intensität der Farbenempfindungen. Man wird hier zweckmäßig zwei Fragen auseinanderhalten: Gibt es bei der Farbenempfindung eine Intensitätssteigerung? und: Kann den Farbenempfindungen wenigstens eine Intensitätsstufe zuerkannt werden? War unsere Anordnung der Farben in das Oktaeder richtig, so ist die erste Frage zu verneinen; denn wir bestimmten jede Farbe nur aus den drei Momenten der spezifischen Qualität, der Helligkeit und der Sättigung; für eine Intensitätssteigerung bleibt kein Raum. Auch wenn irgendeine der Farben auf dem kürzesten Weg zum Verschwinden gebracht wird, so geschieht das nicht durch Herabsetzung ihrer Intensität, sondern dadurch, daß eine andere Empfindung an ihre Stelle tritt, mag diese andere Empfindung eine bunte Farbe oder auch Schwarz sein. Denn auch Schwarz ist als positive Empfindung anzusehen. Wird es ja ebenso wie alle andern Farben erlebt und draußen scharf umgrenzt vorgefunden, zum Unterschied von dem bloßen Ausfallen, dem Nichthaben einer Empfindung. Darum kann auch die Schwarz-Weißreihe nicht als eine Intensitätsreihe angesprochen werden, wie Helmholtz meinte. Man muß sich bei dieser Erwägung vor verschiedenen Verwechslungen hüten. Ganz außerhalb der Erörterung hat die Intensität des die Empfindung hervorrufenden Reizes zu bleiben, da es sich nur um die psychischen Inhalte handelt. Ferner darf man die Intensität der Farbe nicht ihrer Helligkeit, d. h. ihrer Ähnlichkeit mit Weiß gleichsetzen. Auch die als Eindringlichkeit bezeichnete Fähigkeit einer Empfindung, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, gehört in einen ganz anderen Problemkreis. Es muß vielmehr nach einer Empfindungseigenschaft gesucht werden, wie sie deutlich bei den Tönen erlebt wird, die bei gleichbleibender Qualität eine verschiedene Stärke besitzen können. Fassen wir diese Intensität als Abstand von Null auf, so werden wir jedem Ton eine bestimmte Intensität zuerkennen müssen, auch wenn es einmal aus irgendeinem Grunde unmöglich würde, die Intensität des Tones wie früher zu verändern. Aus dem gleichen Grunde wird man auch jeder Farbenempfindung eine gewisse Intensitätsstufe zuerkennen müssen, obwohl es unmöglich bleibt, diese herauf- oder herabzusetzen. Neuerdings tritt Stumpf für eine Intensitätsänderung der Farben innerhalb enger Grenzen ein. (Vgl. Stumpf, Die Attribute der Gesichtsempfindungen. 1917.)
Da die Empfindungen eine letzte psychische Gegebenheit sind, ist es unmöglich, sie psychologisch zu erklären. Wir können aber über manche ihrer Bedingungen Aufschlüsse gewinnen, wenn wir den rein psychologischen Standpunkt verlassen und auf das körperliche Organ wie auf die äußeren Reize achten, die an dem Zustandekommen der Empfindungen beteiligt sind. Diese Grenzüberschreitung ist geboten, weil wir ohne sie gewisse Gesetzmäßigkeiten nicht verstehen können, die sich an den Bewußtseinsinhalten selbst zeigen.
Das Organ, durch welches die Farbeninhalte erstmals in unserem Bewußtsein geweckt werden, ist das Auge. Sein Bau wird hier als bekannt vorausgesetzt. Als normale Reize wirken auf das Auge die Ätherwellen ein. Diese unterscheiden sich voneinander durch ihre verschiedene Länge, ihre verschiedene Intensität (Amplitude) und durch ihre größere oder geringere Reinheit. Im allgemeinen hängt der Farbenton von der Wellenlänge, die Helligkeit von der Intensität und die Sättigung von der Reinheit ab. Stellt man im Spektralapparat die reinen Farben her, so beginnen diese mit Rot, dem eine mittlere Wellenlänge von rund 700 µµ entspricht. Urgelb entfällt dann auf die Wellenlänge 580, Urgrün auf 500, Urblau auf 480. Für ultrarote und ultraviolette Strahlen ist unser Auge nicht empfänglich. Alle Farben, die nicht im Spektrum enthalten sind, müssen durch die Zusammensetzung verschiedene Wellen erzeugt werden. So namentlich Weiß und Purpur. Übrigens können auch jene bunten Farben, die im Spektrum eine eigene Wellenlänge haben, durch die Vereinigung anderer Wellen hervorgerufen werden. Nur der Schwarzempfindung entspricht kein äußerer Reiz. Gleichwohl kann man durch bloßes Schließen der Augen oder durch den Aufenthalt in einem lichtleeren Kaum noch nicht die tiefste Schwarzempfindung erzeugen. Diese entsteht vielmehr, wenn man ein dunkles Grau durch den Kontrast mit einem umgebenden Weiß vertieft.
Die Helligkeit der bunten Farben ist von zwei Faktoren abhängig. Zunächst von der Wellenlänge; denn Gelb ist heller als Blau und Rot (die spezifische Helligkeit der Farben). Sodann von der Intensität der Reize. Nimmt die Intensität z. B. eines roten Lichtes zu, so wächst innerhalb mittlerer Grenzen die Helligkeit (Weißlichkeit) des Rot. Müssen wir schon diese Wirkung der mittleren Intensitätssteigerung als eine qualitative Änderung der Farbenempfindung bezeichnen, so erst recht die bei größerer Änderung der Intensität eintretende Änderung der Farbe: Eine starke Vermehrung oder Verminderung der Intensität des Farbenreizes beeinträchtigt auch den Farbenton. Rot und Grün werden mit zunehmender Intensität des Lichtes direkt weiß; alle andern Töne nähern sich dem Gelb oder Blau und gehen dann in Weiß über. Bei starker Intensitätsabnahme hingegen dehnen sich im Spektrum Rot und Grün aus. Ebenso verschiebt sich die Helligkeitsverteilung. Das Maximum der Helligkeit rückt von Gelb nach Grün. Erscheint bei guter Beleuchtung eine rote Fläche heller als eine blaue, so kehrt sich das Helligkeitsverhältnis um, sobald man die beiden Farben sowie das Auge verdunkelt. (Purkinjesches Phänomen.) Setzt man am Spektralapparat die Lichtintensität noch weiter herab, so schwinden alle Farben, und es bleibt ein farbloses Band zurück mit dem Helligkeitsmaximum an der Stelle, wo zuvor das Grün gestanden hat.
Zur bequemeren Besprechung der Beziehungen zwischen Reiz und Empfindung mußten wir auf die Farbenwahrnehmung übergreifen. Eine isolierte Empfindung ist ja im Grunde nur ein Abstraktionsprodukt. Sie läßt sich einigermaßen annähernd veranschaulichen, doch nicht als solche herstellen. (Vgl. W. Baade, Gibt es isolierte Empfindungen? 6. Kongreßbericht 1914.) — Zum Studium der Farbenempfindungen eignen sich nicht die Oberflächenfarben der Gegenstände, da diese durch ihre Verbindung mit den Dingen und durch unser Wissen davon in ihrer Erscheinungsweise beeinflußt werden. Tauglicher sind die von Katz als Flächenfarben bezeichneten Eindrücke, wie sie am Spektralapparat oder bei Betrachtung einer farbigen Fläche durch das Loch eines Schirmes erzielt werden. — Die Vergleichung bunter Farben auf ihre Helligkeit ist auf direktem Wege nur sehr schwer möglich. Man hilft sich, indem man versucht, jede der bunten Farben zwischen ein Grau aus einer Grauskala einzuschließen, das sicher heller, und ein anderes, das sicher dunkler ist als die betreffende Farbe. Durch Übung kann man die Grenzen immer enger ziehen und gewinnt so indirekt einen Maßstab für die Helligkeit der beiden Farben. Über andere Methoden siehe Langfeld, Über heterochrome Helligkeitsvergleichung ZPs 33. R. Pauli, Grundfragen der Photometrie. (Die Naturwissenschaften Heft 41, 1913.)
Wirken mehrere Töne auf das Ohr ein, so entsteht eine Tonverbindung, aus der sich die Einzeltöne bei etwas Übung leicht heraushören lassen. Wirken jedoch mehrere farbige Lichter gleichzeitig auf den Sehnerv ein, so entsteht im Bewußtsein nur eine einzige einfache Empfindung. Nur die Rücksicht auf ihre Entstehung berechtigt die psychologisch unzulässige Bezeichnung solcher Farben als Mischfarben. Die Gesetze der Farbenmischung bilden die Hauptgrundlage für jede Theorie der Gesichtsempfindung. Sie wurden darum schon von älteren Forschern wie Newton, Graßmann, Helmholtz eingehend behandelt.
Eine Mischfarbe läßt sich erzeugen, indem man auf einer farbigen Kreisscheibe einen andersfarbigen Sektor anbringt und beide rotieren läßt. Befestigt man darüber eine kleinere, konzentrische Scheibe, so hat man die Möglichkeit, die am Rande erzeugte Mischfarbe mit der Farbe der inneren Scheibe bequem zu vergleichen. Durch geeignete Wahl der farbigen Scheiben ist es nun erreichbar, die Farbe des äußeren Ringes der der inneren Scheibe gleichzumachen, d. h. eine Farbengleichung herzustellen. Sie wird durch die Summe der Bogengrade der Mischfarben einerseits und durch die verglichene Farbe anderseits ausgedrückt. Mischt man auf die besagte Weise Rot mit Blau in bestimmter Nuancierung, so erhält man Purpur, eine Farbe, die im Spektrum nicht vorkommt. Nimmt man dagegen zu Rot Blaunuancen, die mehr nach Grün zu liegen, so wird die Mischung immer ungesättigter — wie überhaupt die Mischfarben in der Regel weniger gesättigt sind als ihre Komponenten — und dem Grau ähnlicher, bis bei einem gewissen Grün eine tonfreie Farbe entsteht: Ein bestimmtes Rot, mit einem bestimmten Grün gemischt, ergibt ein bestimmtes Grau. Es läßt sich nun zeigen, daß für jede Farbe eine andere existiert, die, mit ihr gemischt, Grau ergibt. (Satz der komplementären Farben.) Mischt man jedoch zwei nichtkomplementäre Farben, so erhält man eine bunte Mischfarbe, und zwar jene, die innerhalb des Farbenviereckes auf der kürzeren Verbindungsstrecke der beiden gemischten Farben liegt. (Satz der Mischfarben.) Wählt man darum drei Farben so aus, daß die komplementäre einer jeden auf dem Farbenviereck oder dem Farbenkreis zwischen den beiden andern liegt, so kann man durch passende Mischungsverhältnisse alle Farbentöne hervorrufen. Um möglichst gesättigte Mischfarben herzustellen, muß man gewisse nichtkomplementäre Nuancen von Rot und Grün nebst Blauviolett als Mischfarben benutzen. Auf Grund dieser Tatsachen ist endlich der dritte Satz verständlich, daß gleich aussehende Farben, miteinander gemischt, gleich aussehende Mischungen ergeben.
Über die verschiedenen Methoden zur Herstellung der Farbenmischungen vgl. Fröbes I 51 f. Unstatthaft ist die Mischung von farbigen Pigmenten oder Flüssigkeiten. — Die Farbengleichungen verschiedener Beobachter sind individuell etwas verschieden, weil die Netzhautmitte der einzelnen Individuen eine verschieden starke Gelbpigmentierung aufweist.
Legt man auf einen roten Grund ein kleineres Stück graues Papier und fixiert etwa dessen Mitte während 1–2 Sekunden, so erscheint das graue Papier grün gefärbt. Wiederholt man den Versuch mit den verschiedensten Farben, so ergibt sich der Satz, daß jede Farbe in ihrer Umgebung ihre komplementäre Farbe induziert (Farbenkontrast). Die Erscheinung wird weit auffälliger, wenn man das bunte Umfeld und das graue Infeld mit einem durchsichtigen Seidenpapier bedeckt (Florkontrast). Entsprechend wird ein mittelgraues Papier auf weißem Grund verdunkelt, auf schwarzem Grund aufgehellt (Helligkeitskontrast). Ist das kontrastleidende Infeld gleichfalls gefärbt, so entsteht nach den Gesetzen des vorigen Abschnittes eine Farbenmischung. Da nun die Tendenz zur Induktion der Gegenfarbe von jedem Teilstück einer farbigen oder hellen Fläche gilt, so läßt sich leicht ableiten, daß die Sättigung bzw. Helligkeit innerhalb einer Fläche geringer sein muß als am Rand (Binnenkontrast und Randkontrast). Dabei wird stets eine Fixation des Blickes während einiger Sekunden vorausgesetzt. Der Simultankontrast entsteht momentan, ist anfangs am deutlichsten und geht dann rasch zurück. Entfernt man die beiden kontrastierenden Felder ein wenig voneinander oder trennt man sie durch eine schwarze Grenzlinie, so verringert sich der Kontrast oder verschwindet ganz.
Der Simultankontrast könnte auf den ersten Blick als eine Beeinträchtigung unseres Sehens erscheinen. In Wirklichkeit kommt er diesem sehr zustatten. Ohne den Simultankontrast wären nämlich alle unsere Gesichtswahrnehmungen arg verschwommen. Infolge der verschiedensten Unregelmäßigkeiten der brechenden Medien entsteht nämlich auf der Netzhaut eine sehr unscharfe Abbildung des äußeren Gegenstandes, der auch nur ein Gesichtsbild mit sehr ungenauen Umrissen entsprechen könnte. Durch die Induktion der Gegenfarbe werden nun die schwächeren, über das wahre Bild hinausragenden „Verzeichnungen“ mehr oder weniger aufgehoben. Vom Standpunkt der noch zu besprechenden Heringschen Farbentheorie beruht ein weiterer Vorteil des Simultankontrastes darin, daß durch ihn die Netzhaut für die Aufnahme des wandernden Farbeneindruckes gewissermaßen vorbereitet wird: die Stelle der Netzhaut, die soeben infolge des Kontrastes zu einem roten Objekt grün empfindet, ist in der besten Verfassung, um alsbald das rote Objekt wahrzunehmen.
Die Tatsachen des Simultankontrastes erklärt man heute allgemein mit Hering, Mach und älteren Forschern physiologisch. Man denkt sich die benachbarten Stellen der Netzhaut oder eines andern Teiles des nervösen Apparates in funktioneller Wechselwirkung zueinander stehend, ähnlich wie die Wassersäulen in einer Manometerröhre: sinkt die eine Wassersäule, so muß die Nachbarsäule steigen. Entspricht nun dem Sinken die Empfindung der einen Gegenfarbe, so ist mit dem Steigen die der andern verbunden; empfindet ein Netzhautelement rot, so muß darum das Nachbarelement grün empfinden. Helmholtz wollte die Kontrasterscheinungen psychologisch als „Urteilstäuschung“ oder, wie man heute sagen müßte, als Resultat der Auffassung deuten. Gegen diese nicht mehr haltbare Anschauung sei nur ein durchschlagender Beweis von G. E. Müller angeführt. Einem Grünblinden wurden zwei Hintergründe vorgelegt, ein grüner und ein grauer, die er beide für gleich grau ansah. Auf beiden brachte man nun ein kleineres graues Quadrat an. Während nun das Quadrat auf dem grauen Hintergrunde seine Farbe nicht änderte, sah der Grünblinde das Quadrat auf dem grünen Hintergrund in roter Farbe.
Die Tatsachen, auf die sich Helmholtz stützte, gehören zumeist in den Bereich der Oberflächenfarben (s. S. 25), wo wirklich die Auffassung eine bedeutsame Rolle spielt, wie später noch zu zeigen ist. Die hier besprochenen Gesetzmäßigkeiten werden aber in erster Linie stets von den Flächenfarben verstanden. Die auffällige Erhöhung des Kontrastes durch die Überdeckung mit einem (weißen oder schwarzen) Flor dürfte auch darin begründet sein, daß er die Farben als Flächenfarben erscheinen läßt. — Andere beachtenswerte Anschauungen über den Kontrast von E. R. Jaensch (6. Kongreßbericht 1914) und F. W. Fröhlich („Grundzüge einer Lehre vom Licht und Farbensinn“ 1921). — Übrigens leistet der heute freilich eingebürgerte Ausdruck des Farbenkontrastes einer Begriffsverwirrung Vorschub. Die Farbeninhalte rot-grün, gelb-blau besagen nämlich keinerlei Gegensatz; ebensowenig die physikalischen Reize.
Ein Lichtreiz, der auf eine bestimmte Stelle der Netzhaut einwirkt, ruft, wie soeben geschildert, gleichzeitig eine Erregung der nicht unmittelbar gereizten Netzhautteile hervor. Er verursacht aber auch, nachdem er selbst schon vergangen ist, auf der unmittelbar gereizten Stelle eine nachdauernde Erregung, der mannigfache Nachempfindungen entsprechen.
Blickt man für einen Moment in ein sehr helles Licht und schließt alsbald das Auge, so sieht man für eine Weile noch das Bild des Lichtes. (Positives Nachbild.) So erscheint auch ein im Dunkeln rasch bewegter Funke nicht als wandernder Punkt, sondern als Lichtlinie. Fixiert man einen farbigen Gegenstand etwa eine halbe Minute lang und schaut dann auf eine helle Wand, so hat man das Bild des Gegenstandes in komplementärer Farbe vor sich, und zwar um so lebhafter, je intensiver und anhaltender der Reiz war. (Negatives Nachbild, sukzessiver Kontrast.) Betrachtet man eine Landschaft durch ein gelbes Glas, so schwindet allmählich die gelbliche Färbung der Gegenstände; sie erscheinen nach und nach in ihrer objektiven Belichtung. Die Netzhaut ist für Gelb ermüdet. Richtet man nach Entfernung des gelben Glases das Auge auf eine farblose Fläche, so zeigt sie das komplementäre Blau. Diese als Umstimmung der Netzhaut bezeichnete Erscheinung ist ganz allgemein: jede Lichteinwirkung setzt die Aufnahmefähigkeit für das einwirkende Licht herab und erhöht die für das gegenfarbige Licht. Darum erscheint auch farbiges Lampenlicht nach kurzer Zeit als weiß. (Vgl. jedoch S. 109.) Im Zusammenhange damit steht die sog. gleichsinnige Lichtinduktion: Fixiert man eine farblose Scheibe auf farbigem Grund, so läßt sie zuerst die Kontrastfarbe erkennen. Nach einiger Zeit aber tritt an die Stelle der Kontrastfarbe die komplementäre, d. h. die Farbe des Umfeldes, so daß Grund und Scheibe in dem gleichen Lichte erscheinen.