Explorer (Die Kalandaha Chroniken Buch #4): LitRPG-Serie - Jens Forwick - E-Book

Explorer (Die Kalandaha Chroniken Buch #4): LitRPG-Serie E-Book

Jens Forwick

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Beschreibung

ACHTUNG! Du verlässt die Lowlevelzone! Ab jetzt wird es bunter, härter und anstrengender! Aber auch lukrativer! Wir hoffen, dass du gut geskillt bist, noch bessere Ausrüstung trägst und weißt, was du tust! So oder so ähnlich würde wohl der Prompt lauten, den Rok zu Gesicht bekäme, wenn es denn einen Prompt zu seiner derzeitigen Lage gäbe. Dabei könnte alles so einfach sein: Einen Porter finden, eine Menge Gold bezahlen, heimporten. Aber Porter sind rar, Gold ist knapp, und das mit der Heimat ist auch so eine Sache. Rok ist jedoch gut geskillt, noch besser ausgerüstet und außerdem ist er nicht allein. Denn es ist vollkommen wurscht, ob Helden, Drachen, Tiefsee-Ratten oder geringelte Luftschlangen im Weg stehen – es ist scheißheiß hier unten am Arsch der Welt, und das ist wirklich nicht sein Klima! Nachdem mit „Raidleader“ die erste Teiltrilogie „Kalandaha – Die Anfänge“ abgeschlossen wurde, eröffnet sich mit „Explorer“ der nächste Horizont. Wilde Reisen, dreckige Kämpfe, eigenwillige Gefährten und ein genervter Rok. Eigentlich alles wie immer.

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Inhaltsverzeichnis

Lost

Kollossal!

Der tiefe Süden

Ungewollte Aufmerksamkeit

Wer braucht schon Helden?

Zombieapokalypse

Dungeonregeln haben Gründe

Riesenloot

Luftmobil

Windige Windung

Laues Lüftchen

Alles Banane!

Wieder unterwegs

Fremde Städte

Einfache Arbeit

Herr der Ratten

Eine Seefahrt, die ist lustig...

Lass ab von Drachen! Oder doch nicht?

Härter geht nicht!

Leichte Turbulenzen

Ringelpiez mit Anfassen

Kaltes Bier!

Bullige Angelegenheit

Tonne Rindfleisch

Ringelzerg ohne Anfassen

Das Geheimnis des Stahls

Über den Autor

Jens Forwick

Die Kalandaha Chroniken

Buch 4

Explorer

Magic Dome Books

Explorer

Die Kalandaha Chroniken Buch 4

Copyright © Jens Forwick, 2023

Covergestaltung © Vladimir Manyukhin 2023

Lektor: Youndercover Autorenservice

Erschienen 2023 bei Magic Dome Books

Anschrift: Podkovářská 933/3, Vysočany, 190 00

Praha 9 Czech Republic IC: 28203127

Alle Rechte vorbehalten

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Lost

„WEISS IRGENDJEMAND, wo wir sind?“, fragte Kiran nach einer guten Minute der allgemeinen Fassungslosigkeit in die Stille, aber niemand hatte eine Antwort darauf.

Wir standen etwas abseits der neugeformten Landfläche, die der Spalt, der Woxalter verschluckt hatte, hinterlassen hatte. Nachdem er sich vollständig geschlossen hatte, konnten wir die Überreste der Runinenstadt und auch die des zwergischen Vorpostens getrost als „plattes Land“ bezeichnen. Darum herum schmeichelte tropisches Ambiente dem Auge. Die Sonne lachte vom Himmel herab und beglückte uns mit Temperaturen um die 30 Grad. Ein eher lichter Dschungel lag vor uns, gleich hinter dem offenen Land, ein dichterer erstreckte sich hinter uns. Rechtsseitig schloss das „Neuland“ des ehemaligen Woxalter an eine Hügelgegend an, die ebenfalls bewaldet war. Nirgendwo war auch nur eine Spur von Zivilisation zu erkennen. Wir befanden uns buchstäblich am Arsch der Welt. Und wir wussten nicht mal, wo dieser Arsch lag.

Großartig. Und das kann man nicht mal wem vorwerfen. Der Spalt hat sich viel zu schnell erweitert, nachdem er Woxalter verschluckt hat. Wir hätten direkt vor dem blöden Portal stehen müssen, um das noch zu schaffen.

Ich drehte mich zu meiner Gruppe um, die genauso fassungslos wirkte wie ich mich fühlte.

Harvent, unser Paladin in seiner blankpolierten, silbernen Rüstung mit goldenen Applikationen, schüttelte nur den Kopf. Er stand neben Kiran, einem kräftigen Typen im hervorragenden Schuppenpanzer. Der Champion hatte aber auch nur einen leicht goblinartigen Gesichtsausdruck beizusteuern, während er sich eine Strähne seiner schwarzen Haare aus dem Gesicht strich. Penk, unser Riesenbaby, wirkte hingegen ganz locker. Der muskelbepackte Zwei-Meter-Mann hatte einmal mit den Schultern gezuckt, als das Portal im Erdboden verschwunden war, seitdem kümmerte er sich um sein neues Schwert. Das hatten ihm die Zwerge ausgehändigt, als sie mir meine neue Ausrüstung gebracht hatten, und es war ein schönes Stück.

Name: Zerfetzende Klinge

Klasse: Speziell

Art: Einhand-/Zweihand-Nahkampfwaffe

Level: 35

Benutzbarkeit: Angelegter Skill: Bastardschwert

Haltbarkeit: 80

Schaden: 70-95 / 115-165

Bonus: ST+4

Eigenschaften: Technik „Zerfetzer“ erhält +2 Level kumulativ

Damit hatte Penk jetzt Zerfetzer 8 — 4+4. Was immer ich plattgemacht haben wollte — sofern es kein Boss oder ein hoher Elite war –, Penk würde keine Schwierigkeiten damit haben, es zu „onehitten“.

„Sag mal, Alcanara, wirkt dein ‚Kind der Natur‘ auch im Dschungel?“, fragte ich nach hinten, ohne mich umzudrehen.

„Ja. Schließlich ist das auch ein Wald.“ Die goldene Elfe in ihrem Rangeroutfit, mit rot-weißer Magierrobe darüber, schien ebenfalls nicht besorgt. Stattdessen betrachtete sie neugierig die tropischen Pflanzen.

„Wenigstens etwas. Erzbart, castest du mal dein Kühlungsgebet? Ich weiß, das wirkt noch, aber nur so fürs Gefühl.“

Der Zwerg schnaufte belustigt und sprach heilige Worte. Kurz darauf spürte ich die leichte Kühle, die sich um meine Rüstung legte. Leider nicht lange — Erzbart hatte sein „Ich halte Rüstungsträger auch in größter Hitze am Laufen“-Gebet sofort angewendet, als wir vor einem guten halben Tag im damaligen zwergischen Vorposten angekommen waren. Kein Wunder — er steckte von Kopf bis Fuß in Vollmetall und würde ohne den Segen wahrscheinlich in seiner Rüstung gekocht werden. Das Gebet hielt 24 Stunden an und stackte bei Wiederholung nicht, aber einen Kurzzeiteffekt konnte ich trotzdem spüren. Glücklicherweise wirkte dieser Segen auf die ganze Gruppe. Immerhin trug über die Hälfte von uns ganz schön viel Metall am Körper.

„Und es ist noch nicht einmal Roks Schuld. Schrecklich, ich kann ihn gar nicht dafür anschreien.“ Josephine, unsere Teilzeit-Todesfee, wirkte zwar verdattert, war aber offenbar noch zum Scherzen aufgelegt. Ihr war allerdings auch nicht zu warm, denn sie war wie immer wetterangepasst gekleidet. Die blonde Schönheit hatte sich umgezogen, als es richtig warm geworden war, und trug nun ein leichtes Sommerkleid in Blaugrau, das ihr hervorragend stand.

„Ja, das macht die Sache deutlich schlimmer“, stellte Kondra fest. Die Waldwanderin hatte ihre grüne Kutte etwas geöffnet, ihr langärmliges Hemd ausgezogen, und sah sich interessiert um.

Ich zeigte ihr den Mittelfinger.

„Zonor, du kommst doch aus dem Süden. Sagt dir die Umgebung hier irgendwas?“, fragte ich den blauen Elfenmagier in seiner — ebenfalls blauen — Edelrobe, als wir uns alle etwas gefangen hatten. Erzbart gab Bier aus, und meine Leute begannen, sich zu unterhalten.

„Nein. Von der Landschaft her könnte es das unendliche Inselreich sein, das ist aber nicht die einzige tropische Region der Welt.“ Der Elementarist war eher ein Stadtmensch und wirkte nicht erfreut, dass er nun mitten in der Wildnis stand. Aber was sollte er tun?

„Kacke.“ Ich wandte mich an die anderen. „Wir sollten jeder etwas Reiseausrüstung im Invent haben, richtig? Die Packpferde stehen zwar bei den Magiern, aber ganz blank sind wir nicht. Erzbart hat sogar noch unser Zelt dabei. Ich schlage vor, dass wir uns nun in diese Richtung“, ich zeigte auf die Hügelgegend hinter dem ehemaligen Woxalter, „in Bewegung setzen, denn Rumstehen bringt uns gar nichts. Und labern oder uns drüber aufregen, dass wir nun am Ende der Welt festsitzen, können wir auch beim Laufen.“

Niemand hatte etwas dagegen einzuwenden, und so machten wir uns auf den Weg.

„Vielleicht ist es doch Roks Schuld. Immerhin hat er die Stadt plattgemacht“, meinte Penk, kaum, dass wir fünf Minuten unterwegs waren.

Ich schnaufte. „Ja, sicher, klar. Du hast aber schon mitbekommen, dass die Stadt zerstört wurde, weil sich der Wächter verpisst hat? Und selbst wenn ich gewusst hätte, dass das passieren würde, als ich ihn von seinem Fluch befreit habe: Wie zur Hölle hätte ich wissen sollen, dass die Zerstörung auch auf den Vorposten überspringt? Der war ‘nen knappen Kilometer von Woxalter entfernt!“ Ich sah den großen Söldner mit hochgezogener Augenbraue an.

Der zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung.“

„Rok ist nicht schuld. Das mit dem Wächter war ziemlich genial und hat dafür gesorgt, dass wir den Raid sauber abschließen konnten. Auch wenn‘s ein wenig unter Zeitdruck war. Ich würde auch gern auf ihm rumhacken, aber die Mädels haben schon recht. Hierfür kann keiner was. Und so schlimm ist es auch nicht. Wir müssen nur zusehen das wir ‘nen Porter finden.“ Kiran dachte schon wieder praktisch. Das war mir sehr willkommen.

„Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Zwerge ‚schuld‘ sind“, mischte Zonor sich ein. „Wenn man das so sagen kann. Ich bin zwar kein Portalmagier, doch es ist recht eindeutig, dass der dimensionale Effekt des Zwergenportals, das zudem auch noch in Dauerbenutzung war, den dimensionalen Effekt der Stadtzerstörung angezogen hat.“ Er verzog missmutig das Gesicht. „Das hätte ich mir eigentlich denken können.“

Ich sah zu ihm herüber. „Auch du kannst nicht immer an alles denken, Zoni. Wie auch immer. Nachdem ‚Rokdissen‘ jetzt offensichtlich durch ist, schauen wir doch mal, was die Hügel da vorne für uns bereithalten. Wir ‚hiken‘ jetzt einfach ein bisschen, bis wir die nächste Stadt gefunden haben. Wird schon nicht so lange dauern.“

Zonor seufzte, war aber im Prinzip — wie auch die anderen — meiner Meinung.

* * *

Alcanara führte uns kundig durch das Unterholz, das die Flanken der angepeilten Hügel säumte. Abgesehen davon, dass es wirklich warm war, erinnerte mich die Aktion hier an „Waldwandern“. Und das mochte ich. Ich war also ganz gut drauf, als wir die ersten Hügel erklommen und schnell feststellten, dass wir keine wirkliche Hügellandschaft vor uns hatten, sondern mehr eine Art Bergkette, die ein mittelgroßes Tal einschloss. Nach hinten fiel sie ab, von dort aus würde man wohl auch ohne „hiking“ besagtes Tal betreten können. Dort gab es lediglich eine größere Bodenwelle, bevor sich das Land weiter öffnete. Ich meinte auch, einen Fluss in der Entfernung ausmachen zu können, das war aber aufgrund des dichter werdenden Bewuchses hinter der Bodenwelle nur eine Vermutung. Wir würden es sehen.

Während des Abstiegs in das Tal hielt sich Zonor etwas länger neben mir. „Du, Rok“ flüsterte er, „wenn wir hier im unendlichen Inselreich sind, ist das mit den Portern so eine Sache... Wir haben hier keine Magiegilde wie ihr oben in Ambrien. Die Elementaristeninsel ist eher eine Magierstadt, und auch die einzige dieser Art hier unten. Dort gibt es natürlich Porter, und ich habe auch von dem einen oder anderen weiteren gehört, doch so üblich wie im Norden sind sie nicht. Hier bevorzugt man Schiffe.“

Örks. Das ist nicht gut.

„Erzähl das bloß nicht Erzbart!“, wies ich ihn sofort an.

„Was glaubst du, warum ich flüstere?“, gab er zurück. „Es gibt auch verschiedene natürliche oder ungewöhnliche Portmöglichkeiten hier unten, die sind nur meistens nicht berechenbar. Und besonders häufig sind sie auch nicht. Außerdem gilt das alles auch nur, sofern wir uns tatsächlich im unendlichen Inselreich befinden. Sollten wir in Mugu oder in Indina sein, sind wir voll am Arsch. Die haben gar keine Porter, soweit ich weiß.“

Das bedeutete, dass wir ums Schifffahren diesmal vermutlich nicht herumkommen würden, was massive Probleme mit Erzbart hervorrufen würde.

Großartig.

Ich klopfte Zonor auf die Schulter. „Behalt das erst mal für dich. Vielleicht haben wir Glück.“

Mittlerweile hatten wir den ersten Hügel überwunden und blickten auf ein ansehliches, nicht zu kleines Tal. Viel Bewuchs konnte ich nicht erkennen, was mich angesichts der allgemeinen Umgebung wunderte. Immerhin waren wir in den Tropen. Aber das Tal wartete lediglich mit einigen kleinen Pflanzen auf, die zwischen vielen, großen Steinen wuchsen. Diese waren weiß und so flach, dass man darüberschauen konnte, doch hatten sie sicherlich gute vier bis fünf Meter im Durchmesser. Und es waren ein paar hundert. Der Vorteil war, dass es so aussah, als ob man gut durchkommen würde.

„Das sind keine Steine!“ Alcanara hielt an und nahm ihren Bogen vom Rücken.

Ich trat neben die Elfe. „Nicht? Was ist es dann?“ Sicher, die Dinger sahen eher wie breitgewalzte Kuhfladen aus. Trotzdem erinnerten sie mich sehr an Steine.

„Etwas Gefährliches, das ich nicht kenne. Aber auf mein Gefühl kann ich mich verlassen. Wir sollten nicht einfach so da reingehen.“

Ich wandte mich den anderen zu. „Offensichtlich wird das hier kein ‚Walk in the Park‘, respektive ‚Walk im Tal‘. Wir gehen erst mal davon aus, dass jeder Stein ein Gegner ist. Alcanara hat sich bei so was noch nie getäuscht. Aufstellung, wir greifen jetzt den vordersten testweise an. Den da drüben.“ Ich zeigte auf einen etwas vorgelagerten „Stein“, und meine Gruppe ging in Position.

„Alcanara, eröffne mal mit einem Feuerball. Das kommt immer gut.“

Die Kugel aus Feuer schlug in den „Stein“ ein und entflammte ihn vollständig. Das sah so ähnlich aus, als wenn sie ihn in trockenes Stroh gesetzt hätte. Unmittelbar nach der Entflammung brach er auf und zum Vorschein kam:

Drachenfloh. Elite. Level 35.

Ein Vieh, das aussah wie ein Katzenfloh in Ponygröße, machte einen gewaltigen Sprung aus der Feuersbrunst heraus, was es offensichtlich vor dem Verbrennen bewahrte. Doch seine Trefferpunkte waren trotzdem schon auf 75 % abgesackt.

„Rangedamage. Schießt ihn ab“, sagte ich an, und ein halbes Dutzend Pfeile später, die sich mit zwei Eislanzen mischten, war der Mob platt. Der hatte auch gar nicht versucht, an uns heranzukommen, er hatte nur vom Feuer fliehen wollen. Und sonst passierte auch nichts. Die restlichen „Steine“ rührten sich nicht.

ERFOLG! Du hast einen Drachenfloh erledigt! Elite! Level 35! Du erhältst 97 EP! (3.500 Basis /4 volle Gruppe /9 Raid)

„Kiran, das scheinen Larven zu sein. Was meinst du — können wir die einfach abräumen? Normale Flöhe reagieren beschissen auf Feuer, und Feuer haben wir reichlich. Bei der Menge sind das locker 50k pro Person, wenn wir die alle wegmachen.“ Ich sah fragend zum Champion.

„Sollte klappen, wenn die nicht zu Dutzenden kommen. Bei der Sprungkraft hilft uns die beste Aufstellung nichts, die sind sofort hinter uns, und auch sonst überall, wo sie wollen. Aber wenn wir vorsichtig sind, sollte das laufen.“

„Alles klar. Dann schön einen nach dem anderen, Feuerbälle als Opener und dann im Sprung abschießen. Den da vorne als nächsten.“

Wir begannen zu arbeiten und spielten uns ein. Die Viecher griffen uns weiterhin nicht an, nachdem Alcanara sie per Feuerball aufgeschreckt hatte, sondern versuchten nur, wegzuhüpfen. Dabei pusteten wir sie gnadenlos um. Das war zwar nicht wirklich Powerleveln hier, aber nach einigen Stunden hatten wir schon über 200 von den Mobs geplättet. Wir standen mittlerweile in der Mitte des Tals und „ballerten“ einfach alles weg, was sich in Spell- und Pfeilreichweite befand.

Nun konnten wir sehen, dass die Larven im hinteren Teil des Tals dichter lagen, sich teilweise stapelten, und in der Nähe der Bodenwelle weiter hinten bildeten sie sogar kleinere „Hives“ — also Ansammlungen von mehreren Dutzend auf einmal. Alcanaras Feuerbälle schreckten jetzt häufiger mehrere Flöhe gleichzeitig auf, was allerdings nicht wirklich ein Problem darstellte. Sie garnierte ihre Arbeit einfach mit dem einen oder anderen Feuersturm, und Zonor blitzte alles weg, was auch nur in unsere Nähe kam. Der Seeelf hatte schnell gemerkt, dass sein Eis auf die Flöhe nur halben Effekt machte, seine Blitze waren aber ziemlich durchschlagend.

Für den Rest der Gruppe gestaltete sich das alles eher langweilig. Josi kreischte gelegentlich mal, wenn etwas in unsere Reichweite kam, die Nahkämpfer und Kondra hingegen hatten nichts zu tun.

Nach einer weiteren halben Stunde des „Rumballerns“, waren dann nur noch die Ansammlungen im hinteren Teil des Tals übrig. Kiran bestand darauf, dass wir den ersten dieser „Hives“ vorsichtshalber angingen wie einen Bossmob, und das war eine gute Idee. Denn als Alcanara den ersten „Hive“ „anstach“, brachen nicht nur zwei Dutzend Drachenflöhe daraus hervor, die wild und teilweise brennend in alle Richtungen hüpften, sondern es kam noch etwas anderes unter dem dicken, weißen Klumpen zum Vorschein.

Adulter Drachenfloh. Unterboss. Level 40.

Er war so groß wie ein ausgewachsenes Pferd und hüpfte nicht wild herum. Er machte nur einen einzigen Sprung, genau auf Alcanara zu, doch Kiran und Erzbart passten auf. Der Champion sprang ebenfalls und ließ den Mob in der Luft auf seinem Schild aufprallen. Beide gingen zu Boden, doch während Kiran sich zur Seite wegrollte und wieder auf die Beine kam, ließ Erzbart dem Unterboss keine Chance. Mit erhobener Zweihandaxt stürzte er sich in die Flanke des Mobs und hielt ihn in Position. Penk reagierte zügig, und schon wurde der Floh zerfetzt.

Zur Hälfte zumindest, aber es blockierte seine Bossfähigkeit gleich mit — das gefiel ihm gar nicht. Er versuchte, den Söldner zu beißen, doch Erzbart hatte bereits die Waffen gewechselt und gab Penk Shieldguard. Drei Sekunden später war auch Kiran an der Seite des Zwergs, Harvent trat neben Penk, und zu viert zerlegten sie das Vieh ziemlich gründlich. Sein Nachwuchs fand das jedoch nicht ganz so geil und griff nun ebenfalls an.

„Zonor, Alcanara, haltet uns das Kleinzeug vom Hals. Josi — Areakreischen, bis alle platt sind. Los, los!“

Der Bossfloh fiel schnell, und die Adds kamen nicht mal auf fünf Meter an uns heran, selbst wenn sie sprangen. Josi zerkreischte sie, noch während sie auf uns zu flogen, und wenn das mal nicht reichte, half Zonor mit einem Blitz aus seinem Stab aus. Jedoch krabbelten die Kleinen meistens und sprangen nur, wenn sie Damage bekamen. Ich musste gar nichts machen — ich behielt nur den Überblick und teilte Rangedamage zu. Ein paar Minuten später war der INC erledigt.

„Sauber. Kiran, Kommentare?“

„Sehr einfach bisher. Das war allerdings der kleinste „Hive“. Die nächsten werden mehr Bewohner haben, und eventuell auch mehr Bosse. Sollte trotzdem laufen, solange es nicht zu viele werden.“ Er zeigte auf die größeren Larvenansammlungen, die sich um den Talausgang herum stapelten.

Ich war seiner Meinung. „Wir müssen aufpassen, dass wir nicht zwei oder drei ‚Hives‘ gleichzeitig antriggern. Alcanara, sei vorsichtig mit dem, was du ab jetzt ‚anschießt‘.“

Während der folgenden Stunde lief es hervorragend. Langsam und kontinuierlich arbeiteten wir uns in Richtung der Bodenwelle vor. Alcanara schoss zielgerichtet, und da das „Kroppzeug“ immer erst mal wegsprang, anstatt uns zu zergen, war es auch recht ungefährlich. Einen einzelnen Level-40-Unterboss frühstückte meine Gruppe mittlerweile mit links ab, egal, wie gut der springen konnte. Zumal die Mobs immer nach demselben Schema operierten: Der „Hive“ wurde abgefackelt, der Unterboss griff uns an. Die Nahkämpfer plätteten ihn, während die Caster die Adds killten, die uns nach und nach besuchen kamen.

Schließlich standen wir keine 100 Meter mehr von der Bodenwelle entfernt, die eher schon einen kleinen, langgezogenen Hügel darstellte. Um diesen herum türmten sich die „Hives“ — hier würde es nicht mehr möglich sein, sie nacheinander zu beseitigen.

„Wir brauchen ‘ne ‚Zergdefenseposition‘“, meinte Kiran, nachdem er sich die Lage gründlich angeschaut hatte.

Ich stimmte ihm zu — das weiße Zeug lag hier so dicht, da konnten wir kontrolliertes Pullen vergessen. „Die Viecher sind nicht wirklich aggro. Das könnte klappen, wenn wir zu dieser platten Stelle auf der Bodenwelle da vorne rennen. Da sehen wir alles von oben und haben den Rest vom Minihügel im Rücken. Außerdem müssen die normalen Flöhe dann erst mal den Hang hoch, um an uns ranzukommen. Klar, das ist immer noch eine Verteidigung zu drei Seiten, aber die Caster sollten mit Areaspells locker die Flanken halten können, und ins Zentrum stellen wir Penk, flankiert von Harvent und dir. Josi kreischt eifrig, wenn‘s zu viele werden, Erzbart fängt die Bosse, ich putze aus. Und Kondra heilt natürlich. Das sollte laufen.“

Niemand widersprach diesem effektiven „Flohkillplan“, also setzten wir ihn in die Tat um. Die Larven-„Hives“ rührten sich kaum, als wir an ihnen vorbeiflitzten. Es kam lediglich ein wenig Bewegung in den Haufen und die eine oder andere monströse Flohfresse wurde im Weißen sichtbar, aber ansonsten schienen wir für die Viecher nicht so interessant zu sein. Vermutlich waren wir „Fehlwirte“, also nicht besonders lecker aus Drachenflohsicht.

Wir sind auch ‘n bisschen zu klein für die. Da wird man ja nie satt... Umso besser, können wir sie sauber wegfarmen. Das waren bis hierher schon 40k, und die dicken Hives bringen sicherlich nochmal dasselbe.

Nachdem wir auf der platten Stelle, etwa auf mittlerer Höhe des kleinen Hügels, in Stellung gegangen waren, legten wir los. Alcanara hielt mit einem Feuersturm mitten in den nächsten Hive hinein und das Gehüpfe begann. Diesmal kamen gleich zwei Unterbosse, beide brennend, doch unsere Tankreihe hatte das problemlos im Griff. Die Caster schlachteten die Adds ab, Josi hielt unsere direkte Umgebung durch Kreischerei sauber, alles tutti. Kondra und ich hatten nicht wirklich viel zu tun.

Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert.

Das tat er zu meinem großen Erstaunen sogar reibungslos. In der nächsten Stunde hatte es was von „Kammerjäger extrem“, was wir hier betrieben. Die Kämpfe waren locker, und um uns herum fielen die verbrannten, zerstäubten oder zerhackten Überreste der Parasiten im Dutzend. Das machte Spaß, und die EP war nicht zu verachten. Jeder Unterboss allein brachte schon 20k, und von denen hatten wir schon ein knappes Dutzend gelegt. Auch wenn sie nichts droppten — die Nummer lief einwandfrei. Wenn wir hier am Arsch der Welt mehr Spots dieses Kalibers finden würden, wäre Level 40 in absehbarer Zeit zu erreichen.

Und dann tauchte SIE auf:

Hupferl. Drachenflohmama. Boss. Level 50.

Sie hatte die Größe eines kleinen Elefanten und brach aus den Tiefen eines der höchsten Hives hervor, als wir gerade dabei waren, diesen zu plätten. Frau Mama war offensichtlich nicht besonders erfreut, dass wir hier systematisch ihre Brut vernichteten, und ließ uns das auch gleich wissen.

Sie gab einen hohen Ton von sich, in der Lautstärke einer voll aufgedrehten Festivalboxenanlage, und machte einen Riesensatz. Mitten in uns hinein.

Wir konnten nicht mal so besonders viel dagegen tun — ihr schriller Schrei war ein Area-Stun und erwischte alle von uns. Zu allem Überfluss hing auch gerade ein Unterboss an Erzbart, und die „Kleinen“ kamen von allen Seiten.

Harvent und Kiran würden den Stun recht schnell abschütteln können — des Paladins Göttin mochte es nicht, wenn er inaktiv war, und Kiran hatte „Keine Schwäche 2“. Um den Unterboss musste ich mir nicht so viele Sorgen machen. Zumal sein „Eizahn“ durch Erzbarts schwere Rüstung hindurch nur moderat Schaden verursachte. Außerdem hatte mein Kumpel jetzt „Frontmann“. Der Minizerg, der von rechts und links auf uns zuhielt, war ein größeres Problem. Die würden zwar noch etwa 20 Sekunden brauchen, bis sie uns erreicht hatten, aber ohne die Caster und vor allem ohne Josis Kreischen gab es nichts, was sie daran hindern würde.

Und so ganz nebenbei stand die Bossin direkt vor mir und Kondra, und es schien mir so, als ob sie uns angrinsen würde.

Shit.

Mich hatte der Stun natürlich auch erwischt, und es war ein verkackter 30-Sekunden-Effekt. Bis der abgeklungen sein würde, waren wir tot. Ich löste also das Medallion des Herzens aus, und der „Insta-healcleanse“-Effekt hatte zwar nichts zu heilen, aber er holte mich aus dem Stun. Dann verpasste ich Kondra einen harten Tritt, sodass sie das Gleichgewicht verlor und hinfiel. Das war ein Versuch gewesen, aber es funktionierte. Der Aufschlag holte auch sie aus dem Lähmungseffekt, und sie rollte sich sogleich auf den Rücken und begann, im Liegen zu casten.

Ich wirbelte nach rechts und verpasste Josi eine gute Gerade mit meinem Schwertknauf voran auf den hübschen Adelskiefer. Dadurch, dass mein Schwert episch war, sollte sie auch in ihrer Todesfeengestalt etwas davon merken. Diese schützte sie im Normalfall vor physischen Schaden, aber gegen epische oder noch bessere Waffen wirkte das nicht. Sie schüttelte auch gleich den Kopf und sah mich verdutzt an.

„KREISCH, BIS DU HEISER WIRST!“, rief ich ihr zu und stürzte mich auf die Bossin, die gerade Kondra anknabbern wollte. Ich zündete „Gib‘s ihm Richtig“ und legte wie immer den Schlitzer vor. Mit Bosskampfprozenten machte das gut Damage, doch die Bossin schien Kondra für interessanter zu halten als den kleinen Wurm — also mich –, der gerade an ihrer Flanke herumkratzte. Sie biss hart zu.

Das kostete unsere Heilerin fast 20 % TP, und das auch nur, weil Zonor uns regelmäßig mit Schutzsphären versorgte, während wir kämpften. Ihr nächster Biss würde Kondra halbieren. Die Heilerin hatte es derweil geschafft, Alcanara zu „Entstunnen“, die auch sogleich Josi bei der Addbekämpfung half. Doch Zonor war nach wie vor erstarrt und konnte deshalb keine Sphäre nachlegen. Das Gebet, das Kondra für ihn hatte sprechen wollen, hatte die Megaflohdame mit ihrem Treffer unterbrochen.

Also probierte ich meine neue Technik aus. Ich dachte das Symbol für den „unmenschlichen Schlag“ an, und mein Endu-Balken halbierte sich auf einen Rutsch. Dann renkte die Technik mir fast die Schulter aus, als ich auf eine Art und Weise ausholte, die man in erster Linie als „sehnenzerfetzend“ bezeichnen könnte. Mein gesamter linker Arm brannte schon in der Ausholbewegung wie Feuer, und dann schlug ich zu. Das brach mir fast das Handgelenk. Wenn ich kein ausgezeichnetes zwergisches Schwert in der Hand gehabt hätte, wäre meine Waffe mit Sicherheit schwer beschädigt worden, als sie auf den Chitinpanzer der Bossin traf.

Wenigstens machte die Ancient-Technik auch unmenschlich viel Schaden.

Tut aber schweineweh, das Scheißteil.

Ein Riss von gut einem halbem Meter Länge klaffte im Panzer auf. Das weiche Innere spritzte mir ins Gesicht — die Technik verursachte offensichtlich auch noch eine knallharte Blutung –, als ich sofort nachsetzte, meine Klinge tief in den Riss schob und rührte.

Augenblicklich ließ die Bossin von Kondra ab und gab einen weiteren, schrillen Ton von sich. Dieser war glücklicherweise kein Debuff, also legte ich mein gesamtes Gewicht in mein Schwert und stocherte noch tiefer. Mrs. Monsterfloh ruckte zwei, drei Schritte zurück, befreite sich so von meiner Klinge und wandte sich mir zu. Nun konnte Kondra casten und fing damit auch gleich wieder an, doch ich hatte ein elefantengroßes Flohproblem. Allerdings hatte ich auch einen effektiven Ausweichen-Wert von 12 und +100 % Kampfbalance in Bosskämpfen durch die „Bist du Sicher?“-Ehrung.

Ihr erster „Biss“ ging daneben, da ich rechtzeitig „sidesteppte“. Ihrem zweiten konnte ich mit einem halben Flickflack entgehen, erst der dritte erwischte mich. Hart, aber auch ich hatte noch eine Sphäre, und mit „Härten“ auf Level 5 trug ich quasi einen Plattenpanzer. Von diesen Bissen würde ich so noch einen wegstecken können, vielleicht sogar zwei, trotz meiner eher dünnen Trefferpunkte.

Kondra hatte mittlerweile Zonor „entstunnt“ und er legte sofort eine Sphäre für mich nach, sodass ich noch einige Sekunden lang aushalten konnte. Aber auch nicht länger. Der dritte Treffer der Bossin war ein Crit, brach mir kurzhand den Schwertarm und sandte Wellen von Schmerz durch meine linke Seite. Zonor verpasste Hupferl eine Eislanze, die sie kurz stunnte, sodass ich zur Seite wegrollen konnte, aber tanken war aus. Damagen auch. Ich schätzte kurz ab, ob ich mich ein weiteres Mal als Fresschen präsentieren musste, um den Seeelfen und Kondra zu schützen, doch mittlerweile hatte meine Gruppe sich gefangen. Harvent hatte den Stun abgeschüttelt, rotierte jetzt aus der vorderen Reihe heraus und übernahm die Tankposition.

Das sollte für ‘nen Critheal reichen.

Ich castete den Spell auf meinen Arm, während ich mich umsah. Alcanara und Josi hatten die Adds mittlerweile unter Kontrolle, in erster Linie, weil die Elfe die gesamte Gegend mit Feuer flutete und dabei nicht mit Manatränken sparte. Was da noch durchkam, kreischte die Todesfee weg. Erzbart stand zwar immer noch im Stun, doch er hatte noch über 50 % TP, und Kiran war schon wieder aktiv. Der konnte nun in aller Ruhe die volle Palette seiner Schwerttechniken in den Unterboss vor Erzbart setzen. Und auch Penk schüttelte sich gerade. Das sollte nicht mehr allzu lange dauern bei ihm. Wir mussten nur noch die Bossin beschäftigen, bis unsere Tanks frei waren.

Dies gelang Harvent einwandfrei. Er ließ den Zweihänder fliegen, und das Vieh schien Respekt vor seiner leuchtenden Waffe zu haben. Es konzentrierte sich nun auf ihn, biss eher vorsichtig zu, was allerdings nach wie vor einen heftigen Effekt verursachte. Doch Harvent hatte guten Support. Zonor chainte die Schutzsphäre und garnierte ab und zu mit einer Eislanze. Kondra konzentrierte ihre Heilung auf den Paladin und hielt ihn so am Laufen.

„Penk, nächster Zerfetzer in den Arsch vom Boss!“, rief ich dem Söldner zu. Er reagierte zunächst nicht, doch als ich endlich meinen Critheal abgeschlossen hatte, und mein Arm nicht mehr ein einziger Schmerz war, drehte er sich um. Zwei, drei Schritte brachten ihn in Position, dann legte er los.

Zerfetzer 8 von hinten. Mit etwas Glück...

Jo. Er crittete, was beim Zerfetzer sehr selten war. Damit trennte er den hinteren Teil der Bossin fast ab. Sie rutschte sogleich von den 80 % TP, die sie vor dem Treffer noch gehabt hatte, auf 40 % ab — dabei half Harvent aber signifikant, da er just in diesem Moment seinen Zweihänder in der von mir geschlagenen Scharte versenkte. Dann schob er ihn bis zum Heft hinein, griff die Parierstange und drehte. Zonor knallte dem Monsterfloh derweil zwei Eislanzen vor den Latz — er hoffte wohl auf einen weiteren Kurzzeitstun –, und als der nicht auslöste, schickte er einen Blitz hinterher.

Die Bossin kreischte nun lauter als Josi und versuchte, aus der „Klammerposition“ zwischen dem Paladin und Penk herauszukommen. Ihre Bossfähigkeiten halfen da nicht allzu viel — die erste hatte Penk einfach zerfetzt, sodass wir nicht mal mitbekamen, was das gewesen sein sollte, mit der zweiten rief sie nach ihrem Nachwuchs. Dieser verging allerdings um uns herum im Feuer und dem Damage von Josis Kreischerei, und so viele Hives für weiteren Nachschub hatten wir nicht übrig gelassen.

„Bei der dritten springt sie, garantiert. Erzbart, bist du wieder bei uns?“, rief ich nach vorne, da mein Kumpel sich schüttelte.

Dann grunzte er zur Antwort, zog die Zweihandaxt und spaltete dem Unterboss vor ihm den Schädel. Das brachte diesen fast um, sodass Kiran den Rest locker allein schaffen würde. „Bin wieder dabei. Was jetzt?“, grollte der Zwerg und sah sich um.

„Häng dich an die Bossin. Sonst springt die weg!“, befahl ich, und mein Kumpel reagierte. Keine Sekunde zu früh — Harvent riss soeben seinen Zweihänder aus dem Rüstungsloch und brachte Hupferl damit auf unter 25 % TP.

Sie drückte ihre Oberschenkel durch und setzte zum Sprung an, doch Erzbart war schneller. Er hängte sich einfach an den von Penk schon halb abgetrennten linken Unterschenkel und klammerte sich fest. Penk selbst rotierte zur anderen Seite — der Zerfetzer war abgeklungen, und nun hackte der Söldner ihr ins rechte Hinterbein, sodass der vermutlich mächtige Fluchtsprung nicht mehr als ein kleiner Hüpfer wurde. Der brachte sie ins Stolpern und schließlich zum Stürzen — Penk hatte zwar nicht „gecrittet“, doch das Bein trennte er trotzdem ab. Nun lag der weiche Bauch der Bossin offen vor mir.

Na dann.

Ich stürzte mich darauf, den Schlitzer wie immer vorraus, doch das reichte nicht. Die Megaflohdame begann bereits wieder, sich aufzurichten. Also biss ich die Zähne zusammen und führte erneut den „unmenschlichen Schlag“ aus. Gegen ihren weichen Bauch — dort war so gut wie kein Panzer. Ich hatte gerade genug Endu dafür, doch die zweite Anwendung dieser Ancient-Technik riss mir fast den Arm aus. Dieser Schlag war definitiv nicht dazu gedacht, dass man ihn mit einer menschlichen Anatomie ausführte. Aber er brachte Effekt — mein Hieb schlitzte den Flohbauch auf ganzer Länge auf. Die Innereien quollen heraus, es entstand ein riesiger Riss, durch den ich nun das Innere des Bossmobs bewundern konnte. Aber auch das nicht lange.

Alcanara hatte gerade einige Sekunden Zeit — der „Addinc“ war auf ein erträgliches Maß geschrumpft — und steckte ungerührt ihre Hand in den Siff. Dann löste sie einen Feuersturm aus. Erledigt.

ERFOLG! Du hast einen Boss erledigt! Hupferl, die Drachenflohmama! Level 50! Du erhältst 8.333 EP! (100.000 Basis x3 Levelungleichheit /4 volle Gruppe /9 Raid)

Kollossal!

„MACHEN WIR DEN REST auch noch?“ Penk deutete auf die sechs oder sieben „Hives“, die noch übrig waren. Gerade stand die Gruppe zusammen und keuchte. Die Nummer war hart gewesen.

„Solange Rok mir nicht noch mal einen Kinnhaken verpasst. Das tut immer noch weh!“ Josi sah anklagend zu mir herüber.

„Dann lass dich nicht stunnen“, gab ich zurück.

„Erst mal gründlich reggen. Das hier war sehr trankintensiv. Und auch, wenn wir für das Normalprogramm wohl keine brauchen, will ich jetzt kein Risiko eingehen.“ Kondra saß auf einem Stück Chitinpanzer und sah erschöpft aus. So wie wir alle — die elefantengroße Drachenflohmama hatte uns alle überrascht und ganz schön gefordert.

„Ja, sicher. Ein wenig Pause schadet niemandem.“

Da waren alle meiner Meinung, insofern gab Erzbart erst mal eine Runde Bier aus. Derweil sah ich mich um. Wir hatten wirklich schon gut abgeräumt. Länger als eine halbe Stunde sollten die restlichen „Hives“ nicht mehr dauern, sobald wir wieder am Start waren. Es war gegen fortgeschrittenen Nachmittag, hier am anderen Ende der Welt, und auch wenn wir gerade einen Zwergenraid hinter uns hatten — die Reste um uns herum würden wir wohl auch noch schaffen. Wir konnten ja heute Abend früh lagern, das wollte ich aber nicht in diesem Tal tun. Also sollten wir saubermachen und dann ein wenig weiterziehen. Hinter uns, in der Natur, gäbe es sicherlich ein nettes Plätzchen für uns.

Ich begab mich zu Kondra und schob mein Kettenhemd hoch. „Kannst du dir mal meinen linken Arm anschauen? Der tut immer noch weh.“

Kondra guckte etwas zweifelnd, denn ich war nicht verwundet, dann untersuchte sie ihn aber doch. „Bei Dana, Rok, was du damit gemacht?“, fragte sie kurze Zeit später, während sie eine kritische Heilung vorbereitete.

„Gehackt. Die Ancient-Technik ist ganz schön krass.“ Ich zuckte mit den Schultern. Selbst das tat weh.

„Halt still.“ Kondra legte ihr Gebet über meinen Schwertarm. Sofort wurde der Schmerz deutlich schwächer. Dann zerrieb sie verschiedene Kräuter zu einer Paste und trug diese auf. „Du hast deinen Arm vollständig überdehnt. Muskeln, Sehen, alles. Du kannst von Glück sagen, dass dir die Knochen nicht aus den Gelenken gesprungen sind. Was immer diese Technik auch kann — wenn du das zu oft machst, brauchst du irgendwann einen neuen Arm.“ Die Heilerin schüttelte den Kopf. „Diese Ancient-Sachen sind mir sowieso nicht geheuer. Besser, du wendest die Technik gar nicht mehr an. Das Gebet gerade war spürbar schwerer als sonst — Dana hat dich nicht gern geheilt.“

„Crithealen kann ich selbst. Wenn‘s das und ein bisschen Kräuterpaste tut, musst du deine Göttin demnächst nicht mehr bemühen. Danke dir.“ Als ich zu Kiran hinüberging, reckte und streckte ich den Arm ein wenig — jo, das tat schon fast gar nicht mehr weh.

Trotzdem ist die Technik was für den Ernstfall. Sonst reißt die mir noch den Arm aus.

Der Champion war schon dabei, unsere weitere Kampfstrategie auszuknobeln. „Noch sieben ‚Hives‘. Keiner davon ist besonders groß. Keine halbe Stunde Arbeit, würde ich sagen. Und warum kannst du noch mal Leute aus dem Stun prügeln? Der adulte Floh hat Erzbart halb runtergebissen, und da passierte gar nichts, bis der Timer ausgelaufen war.“

„Kein Plan. War ‘n Versuch, aus Reflex. Kondra ist aber auch ziemlich hart aufgeschlagen, und Josi reagiert empfindlich auf epische Sachen. War einfach Glück, denke ich.“

„Probier‘ das auf jeden Fall beim nächsten Stun noch mal. In fünf Minuten machen wir weiter. Ich will fertig werden, lagern und was essen.“

„Geht klar“, bestätigte ich nach einem kurzen Rundumblick. Meine Gruppe wirkte verhältnismäßig fit, noch eine halbe Stunde Arbeit würde sie nicht umbringen. Nur Josi hatte einen blauen Fleck am Kinn, der auch mittels Heilzauber nicht weg zu bekommen war. Sie warf mir missmutige Blicke zu, die ich aber ignorierte.

„In fünf Minuten geht’s weiter“, informierte ich die anderen.

Keine halbe Stunde später hatten wir weitere sechs Dutzend Flöhe und drei Unterbosse zerlegt und waren noch einmal knapp 20k EP reicher. Nun war dieser hervorragende Spot allerdings abgegrast. Kein Floh zeigte sich mehr unter den zusammengefallenen Resten der „Hives“. Alcanara brannte diese gründlich weg, und kurze Zeit später erschien es so, als hätte hier niemals eine „Drachenflohkleinstadt“ existiert. Ich war zufrieden. Hier waren wir mal gründlich gewesen, und die Sache hatte sich mehr als gelohnt. Besonders, nachdem die Bossin sich in Luft aufgelöst hatte und dies hier droppte:

Name: Flohstiefel

Klasse: Episch

Art: Leichte Fußrüstung

Level: 40

Benutzbarkeit: Angelegte Skills: Leichte Rüstung 3 / Akrobatik 3

Haltbarkeit: 60

Panzerung: 40

Bonus: GE +4 / AU +2 / RS (Ganzkörper) +8

Eigenschaften: Träger kann einen gewaltigen Sprung ausführen. Wiederholungszeit: 10 Minuten.

Niemand hatte Lust gehabt, in den stinkenden, glitschigen Überresten der Flohmama herumzuwühlen, vor allem, da diese noch leicht gekokelt hatten. Jetzt aber war alles bis auf das Artefakt rückstandsfrei verschwunden. Es war klar, wohin es gehen würde. Nur Alcanara trug leichte Rüstung. Und sie hatte einen kleinen Akrobatik-Skill, den sie bis Level 40 locker erhöhen konnte. Sie schaute auch schon fragend, und alle bekundeten ihre Zustimmung. Also verschwanden die Stiefel in ihrem Inventar. Damit waren wir dann fertig. Sowohl mit dem Flohzerg als auch körperlich.

„Lass uns bald lagern, Alcanara, Zonor muss schon wieder getragen werden.“ Ich deutete auf den blauen Elfen, der gerade von Penk Huckepack genommen wurde.

„Mal sehen, was ich finde“, gab sie zurück und machte Anstalten, unseren Campspot verlassen zu wollen.

In diesem Augenblick bebte die Erde. Respektive — es bebte der Untergrund, auf dem wir standen. Die dazugehörige Geräuschkulisse klang wie ein gigantisches Niesen, und das Beben holte uns erst mal alle von den Beinen — bis auf Erzbart natürlich, der standfest seine Waffen zog und sich umsah. Alle anderen saßen auf dem Hintern und guckten dumm.

Dann ging das AUGE auf. Direkt neben mir, keine Armlänge entfernt. Ich hatte mich während des Bebens zum Hügel hin orientiert, um mich abzustützen — was leider vergebens gewesen war — doch ich saß vor einem Felsen, der recht steil nach oben ging. Nur dass es kein Felsen war, auf den ich dort schaute, sondern ein Augenlid von der Größe einer Wohnungstür, das sich langsam öffnete. Und gleich daneben öffnete sich ein zweites, in derselben Größe. Erschrocken starrte ich in die Monsteraugen.

Marindel Grauschuppe. Ältere Drachin. Drache. Kontinentalboss. Level 187. Schläfrig.

ACH DU SCHEISSE!

„Starren ist unhöflich, Mensch. Und wenn ihr bitte von meiner Nase heruntergehen könntet? Und zwar alle? Das kitzelt.“ Die erstaunlich angenehme, doch leicht verärgerte Stimme schlängelte sich in meine Gedanken wie ein Lufthauch. Das war eine Form der Telepathie, die ich so noch nie gespürt habe. Es gab keinerlei „Eindringen“, ich hatte nicht einmal das Gefühl, als wäre eine fremde Stimme in meinem Kopf. Es war eher so, als ob eine höhere Macht zu mir spräche. Ganz selbstverständlich, wie es auch Wind und Regen waren. Und ich tanzte ihr gerade auf der Nase herum!

„Klar, kein Problem, Sofort!“, dachte ich zurück und drehte mich um. „Leute...“

Doch hinter mir stand niemand mehr. Offensichtlich war meine gesamte Gruppe deutlich schlauer als ich und hatte sofort reagiert. Die standen nun am Fuß des „Hügels“, und Harvent winkte mich auffordernd herunter. Der Rest starrte einfach nur nach oben, selbst Norbert „versteckte“ sich hinter Alcanara und sah für einen Stier ganz schön baff aus.

Mit drei beherzten Schritten und einem Satz landete ich neben dem Paladin. Dann traten wir alle fünf Schritte zurück, als sich der garagengroße Drachenkopf langsam erhob. Der gesamte „Hügel“ erbebte nun, und viele Stein- und Erdbrocken fielen überall herab. Wir rückten zusammen und versteckten uns hinter unseren Tanks. Das kam fast so wie eine Art „Erdregenspell“. Dann war es vorbei und die riesige Drachin stand auf ihren vier Beinen und blinzelte uns träge an. Sie war sicherlich 80 Meter lang, wenn nicht sogar 90, mit einem gezackten Schwanz und einem langgezogenen, leicht tonnenförmigen Mittelteil. Darauf saß ihr schlangenartiger Hals, von der Dicke einer alten Eiche, der dann im vergleichsweise schlanken Kopf mündete. Sie war komplett grau, mit einem leicht silbrigen Schimmer.

Scheiße, Scheiße, Scheiße!

Wir wichen weiter zurück. „Anweisungen?“, flüsterte Zonor.

„Am Leben bleiben?“, gab ich ebenso leise zurück. Daraufhin gab es zustimmendes Gemurmel. Nur Harvent nestelte am Knauf seines Zweihänders herum. Ich sah ihn fragend an.

„Das ist ein Drache, und ich bin ein Paladin... Es ist meine Pflicht...“, gab der Mann mit erstaunlich fester Stimme zurück. Wirklich, ich hatte nur den Hauch eines Flatterns hören können.

„150 Level Unterschied, ein Kontinentalboss, und ganz nebenbei ein Drache? Drachin, Verzeihung. Bist du völlig übergeschnappt?“ Ich war schockiert, doch der Paladin reagierte nicht. Er begann leicht zu leuchten und zog langsam sein großes, heiliges Schwert aus der Rückenscheide. Dabei zitterte er auch nur ganz leicht.

„Penk, halt ihn fest!“ Ich trat einen Schritt zur Seite. Penk trat von hinten an Harvent heran und umklammerte dessen Oberkörper, wobei er geschickt darauf achtete, auch die Arme einzuklemmen.

Warum ist Penk so ein guter Nahkämpfer? Achja — der wollte ja mal Ringer werden...

Die „Penkklammer“ sorgte dann dafür, dass Harvent sich in seiner Plattenrüstung nicht mehr bewegen konnte. Der Zweihänder glitt zurück in die Scheide und das Leuchten wurde schwächer.

„Penk, verdammt, lass mich los! Es ist meine Pflicht!“, beschwerte sich der Paladin, doch in meinen Ohren klang das eher halbherzig. Er wehrte sich auch nicht besonders, wobei das natürlich auch an Penks Ringergriff liegen konnte. Der Söldner hielt Harvent in eiserner Umklammerung.

„Interessant“, wehte es in meinen Kopf. Das war dann wieder die Drachin. Ich sah nach vorn. Dort hatte sich das Riesenvieh mittlerweile auf dem Bauch niedergelassen, den Oberkörper leicht aufgerichtet, und reinigte sich mit aufgestützten Ellenbogen die Vorderkrallen. Dabei behielt sie uns genau im Auge.

„Was jetzt?“, dachte ich zurück.

Nun fixierte mich eins der Riesenaugen. „Dass heutzutage offensichtlich auch Paladine meinen, unsere natürlichen Feinde zu sein. Zu meiner Zeit war das der Ritterklasse vorbehalten, oder Champions mit der Spezialisierung Drachentöter.“ Dabei blinzelte sie zu Kiran hinüber, der abwehrend die Hände hob. Der war wenigstens nicht komplett bescheuert.

„Ich habe keinen Streit mit deiner Göttin, kleiner Paladin“, fuhr sie fort. „Warum suchst du Streit mit mir?“ Ihr zweites Auge war nun auf Harvent gerichtet.

Dem traten Schweißperlen auf die Stirn. „Paladine müssen Drachen niedermachen! Das haben sie uns in der Ausbildung gesagt!“, gab unser Streiter zurück.

„Der Tempel des Lichts bildet seine Paladine aus, um die Säulen der Welt zu jagen? Ist das so?“ Nun wurde die Gedankenstimme der Drachin schärfer.

„Na ja, nicht direkt, aber... aber ihr entzieht euch der göttlichen Macht! Ihr setzt euch gleich mit den Göttern und verhöhnt ihre Wege! Alles, was dies tut, muss gerichtet werden!“

Nun lachte die Drachin. Das war noch nicht einmal pompös oder besonders laut, sondern es schmeichelte den Ohren. „Lieber Paladin, wir sind älter als die Götter. Warum sollen wir uns ihnen unterwerfen? Warum sollen wir Wesen dienen, die nichts anderes sind als die Inkarnationen von Wünschen? Es sind nicht die Götter, die diese Welt beherrschen, kleiner Paladin. Und du siehst dies jeden Tag, immer, wenn dir ein Prompt vor den Augen erscheint. Die Götter sind nur die obersten Verwalter. Sie sind die Ordnung, die sich die Lebewesen wünschen. Natürlich sind sie die absolute Macht dieser Welt, doch selbst sie akzeptieren Prompts. Denn ohne Prompts würden sie nicht existieren. Ohne Prompts würde nichts existieren. Nicht einmal wir Drachen. Bedenke dies immer, Streiter des Lichts. Und nun frage deine Göttin, ob ich deine Feindin bin. Die Möglichkeit dazu hast du.“ Sie blickte ihn erwartungsvoll an.

Penk sah zu mir. Ich nickte, und der Söldner ließ den Paladin los. Dieser ging daraufhin in die Knie, zog langsam seine heilige Waffe und schon bildete sich diese Kuppel aus Licht um ihn, die immer auftauchte, wenn er mit seiner Göttin ins Zwiegespräch ging.

Die Drachin nickte zufrieden. „Nun zu euch“, meinte sie und sah mich mit beiden Augen an. Meine Knie wurden etwas weicher. „Darf ich annehmen, dass ihr mir die Parasitenplage von den Schuppen geschafft habt?“ Das Drachinnengesicht schaute fragend.

Zumindest habe ich es mir immer genau so vorgestellt, wenn es hieß „ein Drache guckt fragend“.

„Ja, doch.“

„Danke schön.“ Nun sah die Kontinentalbossin sehr zufrieden aus und betrachtete ihre Klauen. Offensichtlich wartete sie auf Harvent.

Na dann. Kühnheit, immer Kühnheit!

„Gibt‘s ‘ne Belohnung?“, dachte ich und sprach es auch aus. Hinter mir stöhnte irgendwer leise. Kiran, würde ich schätzen.

„Das werden irgendwann mal seine letzten Worte, ich sag‘s euch“, flüsterte er.

„Warum? Kann man doch mal fragen?“ Penk stand direkt hinter mir und flüsterte nicht. Ich glaubte, Alcanara und Josi kichern zu hören.

Auch die Drachin schnaufte belustigt und warf mir einen Blick zu. „Für´s Flöhejagen? Nun denn, sie waren ja doch ein kleines Ärgernis. Du bist Tierarzt? Wie praktisch.“

QUESTALARM! Magenverstimmung!

Quest Typ: Legendär!

Questart: Helfen und retten!

Questschwierigkeit: Unglaublich hart!

Yadaris Goldkamm, ein Sohn von Marindel Grauschuppe, hat etwas Falsches gegessen und nun schon seit Jahrzehnten schreckliche Magenprobleme! Hilf ihm!

Erfolgsbedingung: Der Drache ist wieder gesund.

Bonus für erfolgreiche Quest: Erfahrung. EIN Item aus Yadaris Goldkamms Hort! Nur ein einziges Item, egal, wie viele Personen an dieser Quest teilnehmen!

Strafe für nicht erfolgreiche Quest: Yadaris Goldkamm wird wahnsinnig und wird beginnen, Dörfer niederzubrennen und Prinzessinnen zu entführen!

Strafe für Nichtannahme: Eine Kontinentalbossin schaut dich schief an!

Zeitrahmen: Bis das erste Dorf brennt oder die erste Prinzessin entführt wurde! Dementsprechend variabel!

Nimmst du an?

JA / NEIN

Ich warf einen Seitenblick zu Josephine. Sie hatte die Quest offensichtlich auch bekommen, so wie alle anderen, und sie nickte mir bestimmend zu. Auf Prinzessinen entführen stand unsere Prinzessin verständlicherweise nicht so besonders. Na dann.

Quest akzeptiert. Questlog aktualisiert.

Und, das mal wieder Wichtigste an der ganzen Sache:

Karte aktualisiert.

Schon standen wir nicht mehr einsam und verlassen am Arsch der Welt und wussten nicht, wo vorne und hinten war. Nun hatten wir eine Map! Diese führte zwar zu einem Drachen, aber hey, irgendwas war ja immer. Auf jeden Fall mussten wir jetzt nicht mehr ziellos in der Gegend rumlaufen.

Geht schlimmer.

„Okay, ich schaue mal, was ich tun kann.“ Ich nickte der Drachin zu, die sich offensichtlich mehr für ihre Klauen als für uns interessierte.

„Tu das“, sagte sie nur.

GRATULATION! Dein Skill: „Tiermagie“ wirkt nun auf eine weitere Tierart: Drachen. Das sind nämlich eigentlich auch nur große Würmer!

Verarbeite...

Da Drachen nicht wirklich dem Tierreich zuzuordnen sind, müssen sie deine Spells bewusst und willentlich annehmen, sonst funktionieren sie nicht.

Okay... beschaff´ ich mir ‘n Spell gegen Magenverstimmung bei Viechern, laber‘ den Drachen so lange zu, bis der einwilligt: Zack, Sache gegessen. Geht schon.

Hexe schnurrte zustimmend. Die Katze hatte auch immer Magendrücken, wenn sie zu viel gefressen hatte. Insofern war sie sehr dafür, dass ich mir so einen Spell zulegte.

Wir mussten noch zwei Minuten warten, während die Dreckbröckchen der Krallenreinigungsprozedur wie Regen auf Harvents heilige Kuppel fielen. Das zischte sogar leicht. Dann verschwand die weiße Spähre, und unser Paladin wurde wieder sichtbar.

Er schüttelte sich kurz, sprang dann auf und schwang den Zweihänder kampfbereit vor sich. „Die Göttin hat sehr wohl etwas gegen Euch! Ihr seid nur ein Konstrukt der tiefsitzenden, animalischen Ängste von Menschen! Ihr dürftet gar nicht existieren!“ Die heilige Waffe glühte auf und hüllte den Paladin in strahlendes, goldenes Licht.

„Penk, halt ihn fest“, sagte ich, fast schon gelangweilt. Ich würde nicht zulassen, dass Harvent sich umbrachte.

Der Söldner griff wieder zu und umklammerte diesmal des Paladins Torso, ohne die Arme. Großartig bewegen konnte sich Harvent trotzdem nicht.

Sein Vollhelm drehte sich in Richtung Penk. „Du kannst mich loslassen. Die Göttin sagte ebenfalls, dass ich noch 100 Level machen muss, um diese Abnormität zu schaffen.“ Dann sah er böse zur Drachin.

Diese schien belustigt. „Eher 150. Und du solltest eine Menge Freunde mitbringen. Bitte möglichst gut ausgerüstet, mein Hort kann immer Nachschub vertragen. Bis dahin — denke darüber nach, was du erfahren hast. Die Götter sind das Produkt von Wünschen. Wir Drachen sind das Produkt von Ängsten. Was unterscheidet uns?“ Sie zwinkerte uns einmal zu, bevor sie fortfuhr: „Und nun geht. Es wird langweilig. Grüß meinen Sohn von mir, Tierarzt.“ Mit diesen Worten, beziehungsweise Gedanken, wandte sie sich gänzlich ihrer Krallenpflege zu, und der Dreckregen auf Harvent und nun auch Penk und mich verstärkte sich.

Der große Söldner sah mich fragend an.

„Steck‘ dein Monsterschwert weg, Harvi, dann lässt er dich los.“ Ich trat ein paar Schritte nach hinten. So bekam ich keinen Dreck mehr ab.

Der Streiter atmete tief durch, nickte mir dann zu und seine Klinge portete in die Rückenscheide. Sofort ließ Penk ihn frei.

„Wir sehen uns wieder, Abnormität!“, schleuderte der Paladin der Drachin entgegen und spuckte aus.

„Fröhliches Leveln“, wünschte die nur, ohne uns noch einmal anzusehen.

Nachdem Harvent die Kontinentalbossin noch ein paar Sekunden lang böse angestarrt hatte, drehte er sich dann um und stapfte davon. Ich warf einen Blick zu Erzbart und Kondra. Der Zwerg wirkte sehr entspannt, und die Heilerin unterhielt sich gerade mit Josephine. Offensichtlich hatten unsere Priester deutlich weniger Probleme mit Drachen als unser Paladin.

Oder liegt das daran, dass sie an unterschiedliche Götter glauben?

Warum auch immer — ich hatte keine Lust, nachzufragen. Wir folgten dem Paladin, wobei sich Alcanara vor ihn setzte und seinen Kurs etwas nach links korrigierte. Wir wollten in den lichten Dschungel, in Richtung des Flusses. Dort könnten wir vielleicht ein Floß bauen und gemütlich den Strom runterschippern, sofern wir Erzbart dazu bringen konnten. Es war ja kein Schiff, und das Ufer war nie weit entfernt. Könnte klappen, wir würden es sehen. Hinter uns blieb die riesige Drachin zurück und betrieb ausgiebige Körperpflege.

Ich verfiel in einen Marschschritt und dachte ein wenig über die interessanten Informationen nach, die ich nebenbei abgegriffen hatte. Die Götter — und die Drachen — waren auch nur konstruiert worden. Und zwar aus den Hirnen, respektive dem Inhalt der Hirne von Menschen. Vermutlich entsprang diese gesamte Welt tatsächlich aus einer gewissen Anzahl von Hirnen, die irgendwie zusammengeschaltet waren. Und deren Besitzer vermutlich alle in Bethel auf Intensiv lagen.

So viele Hirne... Das ist gute Rechenkapazität...

Ein weiteres Stückchen des „Weltpuzzles“ fügte sich auf diese Weise zusammen. Ich fand es ein wenig schade, dass ich mich darüber nicht wirklich austauschen konnte, da es Kiran nicht interessierte und Harvent viel zu sehr in seiner Rolle war, um Zeit für die Realität zu erübrigen. Ich hatte auch das Gefühl, dass sich der Paladin ungern mit „da drüben“ beschäftigte. Also ließ ich ihn damit in Ruhe — jemanden daran zu erinnern, dass er mit Leukämie im Krankenhaus lag, musste nicht sein. Ich wünschte mir dennoch, jemanden zu finden, mit dem ich meine Theorie gründlich besprechen konnte. Allein kam man immer nur so und so weit.

Zonor vielleicht? Der ist der intelligenteste Typ, den ich je getroffen habe... Und er hat keinen Stress mit abgedrehten Sachen.

Darüber sollte ich nachdenken. Jetzt gerade sollte ich allerdings eher auf meine Füße achten. Der Pfad, den Alcanara uns durch das dichte Gewächs suchte, war nicht besonders eben. Dennoch ging es wie immer gut voran. Der tropische Wald begrüßte uns mit offenen Armen, so wie es wohl jede natürliche Umgebung tat, wenn man jemanden mit der Eigenschaft „Kind der Natur“ in der Gruppe hatte.

Während des Laufens öffnete ich die Map zur Quest. Diese führte uns nordöstlich, was exakt unsere derzeitige Laufrichtung war — Alcanara hatte aufgepasst. Die Flussnummer konnte ich aber wohl vergessen. Laut der Map sollten wir den überqueren, um uns dann noch weiter in Richtung Ost-Nord-Ost zu begeben. Na ja, warum nicht? Das war Waldwandern mit vielen Farben, das machte echt Spaß. Außerdem war es stressfrei, und es gab Bier dazu, wenn dieses auch langsam warm wurde. Ich bat Erzbart ein weiteres Mal um sein Kältegebet — nur wegen des kurzen, angenehmen Gefühls — und der Zwerg lachte, bevor er seinen Gott anrief.

Der tiefe Süden

„DAS IST SCHEISS KALBUR hier! Wir sind so was von am Arsch!“, fluchte Zonor leise.

Ich ließ mich zurückfallen, um neben ihm her gehen zu können. Sonst hatte ihn offenbar glücklicherweise keiner gehört. „Kalbur?“ fragte ich, und Zonor nickte. Er hatte sich offensichtlich anhand der Map orientieren können und sah nun nicht glücklich aus. „Warum ist Kalbur scheiße?“, fragte ich ihn leise.

Der Seeelf schaubte. „Weil in diesem Landstrich nichts ist! Gar nichts, außer scheiß Dschungel und einer einzigen Stadt an der Küste! Okay, der Dschungel ist aufgrund unserer höchst kundigen Führerin nicht mal halb so scheiße wie sonst, aber, Rok: Wir sind noch unterhalb von Mugu! Fast schon im Spunischen Meer. Der einzige Porter, den es hier in der Gegend gibt, steht im Palast des Imperators von Spunien!“

„Dann müssen wir da wohl hin“, gab ich lapidar zurück.

„Können wir vergessen“, widersprach Zonor. „In diesen Palast kommen nur echte Helden. Und das auch nur, wenn sie eine echte Heldentat vollbracht haben. Kiran könnte zwar die Klasse nehmen, aber dann müssten wir immer noch am laufenden Band Städte retten oder sonst irgendwelche echt heldenhafte Sachen machen, damit der Imperator uns überhaupt wahrnimmt. Dazu kommt noch die Konkurrenz.“

„Was für Konkurrenz?“

„Die ganzen Helden da unten. Heldenanwärter, Helden in Ausbildung und Helden im Praktikum … Ganz zu schweigen von den Superhelden. Oder — noch schlimmer — den Megahelden. Spunien ist eine Gesellschaft, in der das Heldentum Staatsreligion ist, Rok. Drei der fünf wahren Helden der Welt kommen von den spunischen Inseln. Da gehen wir als Anfänger gnadenlos unter, selbst wenn Kiran die Klasse nehmen würde. Was ich absolut nicht empfehlen möchte, mal so ganz nebenbei gesagt.“ Der Seeelf sah mich ernst an. „Helden sind richtig scheiße. Wenn du bei denen im Gefolge bist, kannst du dein Testament machen, ich versprech‘s dir.“

„Warum das?“ Das war jetzt ja alles ganz interessant, aber sollten Helden nicht die Welt zusammenhalten? Zumindest, wenn ich von dem Prompt ausging, der Kirans Charakterwahl angezeigt hatte?

„Du weißt nicht so viel, oder?“, fragte Zonor etwas spöttisch, wischte das jedoch sogleich beiseite. „Na ja, egal, dafür hast du ja mich und den Zwerg. Also, Rok, Helden haben so etwas wie einen inneren Kompass. Der führt sie immer direkt zur nächsten Heldentat, ohne Unterlass, ohne Pause. Die Typen sind ständig dabei, irgendwen zu retten, irgendein Monster zu schlachten, irgendeinen Fluch zu brechen, oder sonst was. Und als Gefolge hängt man dran und versucht, sie am Leben zu erhalten, was meistens sehr schnell tödlich endet. Helden selbst sind etwas Besonderes, ja klar. Aber die Trottel, die hinter ihnen herlaufen, das ‚Heldengefolge‘, sind ganz normale Typen wie du und ich. Das endet nie gut, glaub mir. Ich hab‘ das mal zwei Monate lang ausprobiert — nie wieder! Und wir waren eine leveltechnisch kleine Gruppe, nur mit einem ‚Feld-, Wald- und Wiesenhelden‘ und einem Azubi. Schon dieser Miniheld hat uns alle ein gutes Dutzend Mal mit seinen Panneaktionen fast umgebracht. Respektive — in diesen zwei Monaten sind vier Leute gestorben, inklusive des Azubis und zwei weiteren Praktikanten. Es gab nur keinen Komplettwipe. Das war einer der Gründe, warum ich nach Ambrien geportet bin. Bei euch da oben ist die Heldendichte deutlich niedriger als hier unten.“

„Dann haben wir ein Problem“, sagte ich nach seinem Redeschwall, immer noch flüsternd. „Kiran will die Klasse sowieso eher nicht nehmen. Der spürt, glaube ich, dass er sich dann verändern würde, und das will er nicht. Und nach allem, was du sagst, ist das ‘ne verdammt gute Idee von ihm. Aber wie zum Teufel kommen wir dann an einen Porter?“

„Keine Ahnung.“ Zonor zuckte mit den Schultern. „Wir werden aber auf jeden Fall Schiff fahren müssen. Wenn wir uns ins Inland orientieren, kommt ewig viel Dschungel. Kalban, die Stadt an der Küste, ist eine Art Freihafen. Wenn wir Glück haben, führt uns die Karte direkt dorthin, die grobe Richtung stimmt jedenfalls. Dort müssen wir auf jeden Fall vorbeischauen, wenn wir irgendwo anders hin wollen und nicht Ewigkeiten nach Indina im Süden oder Tadrun im Norden latschen wollen. Das unendliche Inselreich ist riesig, und wir befinden uns an der Westküste der verschiedenen Meere, die es bilden.“ Der Elementarist seufzte. „Ich habe aber keine Ahnung, wie weit es zu dieser Stadt ist. Mir tun jetzt schon die Füße weh.“

„Werden wir wohl sehen.“

Der Elf nickte traurig. Ich klopfte ihm auf die Schulter und ging wieder nach vorn. „Kiran, ich muss dir was über Helden erzählen.“ Zonor schloss sich dem Gespräch an, und in der nächsten Zeit erläuterten wir unserem Champion, warum es vielleicht keine so gute Idee war, die Heldencharakterklasse anzunehmen.

Am Ende sah er etwas schockiert aus. „Ich wusste, dass irgendwas mit dieser Klasse nicht stimmt, aber so krass... Danke, Jungs. Damit wären wir dann wieder bei: Bring mich auf Level 50, Rok.“ Er grinste mich an.

„Sind doch gut dabei. Musst dich, glaube ich, nicht beschweren“, gab ich lächelnd zurück.

* * *

An diesem Tag lagerten wir wie geplant früh und erfreuten uns an der lebhaften Natur um uns herum. Alacanara war sich sicher, dass hier keine Gefahren auf uns lauerten, sodass wir alle entspannten. Und tatsächlich verlief die Nacht ereignislos.

So vergingen dann auch die nächsten Tage. Wir wanderten gemütlich, obwohl wir dank Alcanaras „Kundigkeit“, wie Zonor das so schön ausgedrückt hatte, recht schnell unterwegs waren. Jedenfalls, wenn ich von Dschungelbedingungen ausging. Die Elfe erjagte uns zwischendurch immer mal wieder ein exotisch aussehendes Tier, das Kondra dann zubereitete. Zumeist schmeckte das ganz gut. Diese Wanderung war fast ein wenig wie Urlaub.

Alle waren gut gelaunt — selbst Harvent hörte am zweiten Tag auf zu schmollen, auch wenn er ein wenig schockiert reagierte, als ich ihm sagte, dass ich zwischendurch kurz einen Drachen behandeln müsste. Die Quest wollte er nicht haben — seine Göttin hatte ihn offenbar abgeschirmt, als die Drachin diese vergeben hatte –, aber begleiten würde er uns trotzdem. Ich versuchte, ihn ein wenig über das Verhältnis von Göttern und Drachen auszuquetschen, doch viel sagte er nicht dazu. Er hatte schon vorher gewusst, dass sich Götter durch ihre Gläubigen konstituieren — je mehr Gläubige, desto mächtiger der Gott –, doch dass Drachen ähnlich entstanden waren, war ihm neu gewesen.

Es änderte jedoch nichts an seiner Einstellung. „Die müssen alle weg. Da war meine Göttin sehr deutlich. Doch keine Sorge, ich lass deinen Patienten in Ruhe. Der wird auch Level 100 sein oder so was. Aber denk‘ dir gefälligst was zum Powerleveln aus, Rok.“ Damit war das Thema für ihn vorerst erledigt, und seine gute Laune kehrte zurück. Ich hatte auch ein wenig das Gefühl, dass Harvent es nicht ganz so schlimm fand, noch nicht im Ultra-Highlevelbereich dieses Spiels auf Drachenjagd gehen zu müssen.

Meine Hauptbeschäftigung während dieser Wanderung bestand allerdings darin, Erzbart sehr sanft begreiflich zu machen, dass wir dieses Mal wohl nicht darum herumkämen, mit einem Schiff zu fahren. Mein Freund reagierte wie erwartet, und auch der Wasseratmenring, den ich für eine Gelegenheit wie diese zurückgelegt hatte, konnte ihn nicht umstimmen. Es erwies sich einfach als unmöglich, Erzbart in irgendeiner Art und Weise mit Wasser in Verbindung zu bringen.

Ich wäre fast schon wieder verzweifelt, bis Zonor erwähnte, dass es hier auch Luftschiffe gäbe, und zwar gar nicht so wenige. Das beendete meine „Überredungstortur“ abrupt, denn gegen Fliegen hatte der Zwerg erstaunlicherweise nichts. Das fand er sogar interessant. „Sieht man ja mal alles von oben, das hat man nicht alle Tage. Und man ist weit genug vom Wasser weg, wenn man drüberfliegt. Warum sollte ich da was gegen haben? So was könnten wir auch auf dem Berg gut gebrauchen.“

Hättest du das nicht auch schon vor vier Tagen erwähnen können, Bläuling? Ich laber‘ mir hier die Zunge trocken, und eine Information nebenbei löst das Problem? Penner.

Ich sah Zonor böse an, aber der bemerkte es entweder nicht oder er ignorierte mich.

Ansonsten fand ich diese Wanderung, wie gesagt, weitgehend erquicklich. Der Dschungel zeigte sich von seiner besten Seite, dank Alcanaras Jagdgeschick mussten wir nicht hungern, respektive ausschließlich von den mageren Rationen leben, die wir noch dabei hatten — alles tutti.

Abgesehen von ein paar Kommentaren. Zum Beispiel von Erzbart: „Arsch der Welt, stimmt schon. Alles total bunt hier, nervt voll“ — obwohl es ja seine Leute gewesen waren, wegen denen wir nun hier rumeierten. Oder auch von Kondra: „Du bist bestimmt schuld. Auch wenn‘s nicht so aussieht.“ Doch im Allgemeinen gefiel es uns, glaube ich, allen. Und wir wurden auch vollkommen in Ruhe gelassen. Keine Monster, keine Gegner, nicht mal wilde Tiere störten uns während der guten Woche Dschungelmarsch, die wir zurücklegten.

Fast schon langweilig. Und zu warm.

Ich fragte Erzbart häufig nach dem Kältegebet. Obwohl ich das Gefühl hatte, dass ich ihm damit mittelfristig auf die Nerven ging, erfüllte er meinen Wunsch immer. Das machte die Hitze erträglich.

* * *

Schließlich wurde das Gelände offener, und wir konnten eine Küstenlinie erahnen. Diese wurde unterbrochen von etwas, das aus der Entfernung nach Stadt aussah.

„Das ist Kalban“, bemerkte Zonor. „Kalburs größte, weil einzige Stadt. Laut Karte müssen wir jetzt übers Meer. Ich kann aber keine Luftschiffe erkennen, insofern gibt‘s dort wohl gerade irgendeine Art von Krieg. Ganz toll.“ Der Seeelf schnaufte missmutig. Er war der Einzige, der nicht ganz so viel Spaß an der Dschungelwanderung gehabt hatte. Zonor war einfach ein bisschen verwöhnt. Aber es wurde besser mit ihm. Immerhin konnte er mittlerweile dauerhaft Schritt halten.

„Warum sind fehlende Luftschiffe ein Zeichen für Krieg?“, fragte ich ihn verwundert.

Der Caster stutzte kurz. „Ach ja, du weißt ja nie irgendwas“, schien er sich dann an meine Unfähigkeit zu erinnern — danke auch. „Luftschiffe werden nicht in Kämpfen eingesetzt. Ein einziger Magier holt dir so ein Ding ruckzuck runter, wenn er die richtige Disziplin hat.“

„Hä? Wie das?“