Raidleader (Die Kalandaha Chroniken Buch #3): LitRPG-Serie - Jens Forwick - E-Book

Raidleader (Die Kalandaha Chroniken Buch #3): LitRPG-Serie E-Book

Jens Forwick

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Beschreibung

Wenn eine Quest dich so richtig in den Arsch beißt, wenn du dann auch noch in einem verfluchten Wald stehst und der ansässige Superboss nur darauf wartet, dich auszulachen, hast du ein Problem. Rok kennt diese Situation sehr gut, denn genau das passiert ihm gerade. Doch Rok wird ungern ausgelacht. Und was tut man, wenn die Scheiße mal wieder dampft, deine Kollegen entweder verzweifeln oder größenwahnsinnig werden und man einen Termin mit Zwergen hat, den man besser nicht verpassen sollte? Was hilft, wenn der Zerg von allen Seiten kommt, mächtige Gilden große Probleme haben und dir gerade der Himmel auf den Kopf fällt? Richtig. Ein guter Raid.

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Inhaltsverzeichnis

Prolog

Niemand ist eine Insel

Massives Gemunkel

Der Feind deines Feindes

Ein Hauch von Stress

Ein Anflug von Ponyhof

Einmal mit Profis arbeiten

Schön wär‘s gewesen

Worin ich gut bin

Superbosse sind doof.

Abgang. Oder so.

Very British

Frischluft

Freiheit

Ländliche Idylle

Die Ruhe vor dem Sturm

Kleine Besorgungen

Sidequest

Das schöne Tandria

Ein wenig Entspannung

Vertraute Tiere

Winzige Probleme

Ambriens düstere Seiten

PVP. Oder so.

Landbevölkerung

Lowlevelzone

Jetzt aber: Zwergenraid!

Zwergische Strategie

Grün, grüner, am grünsten!

Zwerge in Schwierigkeiten

Uralte Bosse

Alles super gelaufen

Über den Autor

Jens Forwick

Die Kalandaha Chroniken

Buch 3

Raidleader

Magic Dome Books

Raidleader

Die Kalandaha Chroniken Buch 3

Copyright © Jens Forwick, 2022

Covergestaltung © Vladimir Manyukhin 2022

Lektor: Youndercover Autorenservice

Erschienen 2022 bei Magic Dome Books

Anschrift: Podkovářská 933/3, Vysočany, 190 00

Praha 9 Czech Republic IC: 28203127

Alle Rechte vorbehalten

Dieses Buch ist nur für deine persönliche Unterhaltung lizensiert. Das Buch sollte nicht weiterverkauft oder an Dritte verschenkt werden. Wenn du dieses Buch mit anderen Personen teilen möchtest, erwirb bitte für jede Person ein zusätzliches Exemplar. Wenn du dieses Buch liest, ohne es gekauft zu haben, besuche bitte deinen shop und kaufe dir dein eigenes Exemplar. Vielen Dank, dass du die harte Arbeit des Autors respektierst.

Die Personen und Handlung dieses Buches sind frei erfunden. Jede Übereinstimmung mit realen Personen oder Vorkommnissen wäre zufällig.

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Prolog

ICH WAR NICHT AUFRICHTIG zu dem Scout gewesen. Es war tatsächlich so, dass es keinen Sinn mehr ergeben würde, Jagd auf die Untoten an diesem Spot zu machen, sobald wir alle Level 30 erreicht hätten. Josi wäre dann irgendwas zwischen 28 und 29, für sie konnten wir eventuell noch etwas weitermachen, aber auch das hatte ich nicht vor.

Stattdessen hatte ich vor, abzubrechen, und hatte drei Gründe dafür.

Erstens: Weiterleveln war sinnfrei. Wenn wir Level 30 waren, brachten die Mobs hier nur noch halbe EP, und wir brauchten über 120K bis Level 31. Das würde ’ne Woche Arbeit pro Level bedeuten. Minimum.

Zweitens: Unser Kram wurde low. Ich wollte einen Abstecher nach Schwarzfluss machen, laut Karte war das ein größeres Dorf auf der östlichen Seite des Waldes. Hier hatte Purify nur ein paar Wachtürme, die Gegend wurde von einem Grafen beherrscht. Das dürfte zur Stressvermeidung beitragen. In Schwarzfluss sollte ein Magierturm stehen, das hatte Zoni gehört, und eine vernünftige Schmiede gab es da vermutlich auch.

Eine Woche Urlaub machen, Erzbart arbeiten lassen – „Zwo Level-30-Ketten mach‘ ich in ’ner halben Woche. Und meine Platte kann ich upgraden. Noch ’ne halbe Woche.“ – und einkaufen war mein Plan.

Kiran wollte eine bessere Rüstung als „Sehr gut“, sprich: Er würde sie kaufen müssen, weil Erzbart das noch nicht konnte. Außerdem brauchten alle Kämpfer neue Waffen. Seine eigenen wollte Erzbart auch upgraden, aber wir brauchten etwas Besseres. Damage-Maximierung, das war beim Tank nicht so wichtig, beim Damager oder Duellisten schon.

Neuen Schmuck benötigten wir ebenfalls, solange der Geldbeutel hielt.

Frisch ausgerüstet für Level 30 wollte ich dann tiefer in den Wald hinein, auch wenn Powerleveln dann wahrscheinlich nicht mehr drin sein würde, da es dort keine großen Schlachtfelder mehr gab.

Aber die ER-Quest lag noch an, und die Mobs dort waren Level 35 bis 40. Wenn wir alle Level 30 hatten, mit neuer Ausrüstung, eventuell einer neuen Charakterklasse, müsste da gut was gehen. Der untote Kriegsherr, den wir für die Quest brauchten, sollte nicht der einzige Boss sein, der fiel.

Damit, dass wir noch etwa drei Tage hier sein würden, hatte ich dem Scout aber die Wahrheit erzählt. Wenn der Gildenchef von den Landeiern, oder wie auch immer die hießen, sich in der Zeit hierher bequemen würde, würde ich auch mit dem reden. Danach würde es etwas schwierig für ihn, uns zu finden, es sei denn, Purify lokalisierte uns in Schwarzfluss, was aufgrund ihrer Wachtürme allerdings gut sein könnte. Egal, das waren Sorgen für später. Ich konnte mir ohnehin nicht vorstellen, was der von uns wollen könnte. Ich war mir sicher, niemandem auf die Füße getreten zu sein.

Bei Einbruch der Dunkelheit gingen wir wieder arbeiten.

Kurz vor Mitternacht zerbrach mein Paradies dann endgültig.

Dabei hatte es gut begonnen:

EHRUNG! Du magst wirklich keine Untoten, also hast du 500 von ihnen getötet! Du erhältst die Ehrung: Untotenjäger! In Kämpfen gegen Untote erhältst du einen Bonus auf die Berechnung der Kampfbalance von 10 %!

Aber dann:

QUESTALARM! Herz von Eyfa! Erster Schritt: Abgeschlossen!

Du erhältst 10.000 EP!

Zweiter Schritt: Beende das Wirken des Meisters der Klingen und nimm sein Medaillon an dich, um das Herz darin zu verwahren!

Strafe für Nichterfüllung: Solltest du das Medaillon des Meisters der Klingen nicht tragen, wenn du den verfluchten Wald verlässt, wirst du zu einem Geist. Bis du das Medaillon trägst, kannst du nicht leveln und du wirst keine Möglichkeit haben, Veränderungen an deinem Charakter durchzuführen. Alle Erfahrung, die du bis dahin verdienst, wird gespeichert und erst dann ausgeschüttet, wenn dieser Questschritt erfüllt wurde.

Zeitrahmen: Der Meister der Klingen wird die Vernichtung von 500 menschlichen Soldaten eine Woche lang feiern. Danach wird er sich wieder zur Ruhe begeben und die Quest wurde nicht erfüllt.

Ich las den Prompt sicher 50-mal, er dachte jedoch nicht daran, sich zu verändern. Dann öffnete ich mein Charakterblatt und wählte das Untermenü zum Verteilen der Skillpunkte. Das ging nicht. Fuck. Ich probierte noch ein paar andere Untermenüs, aber nichts funktionierte.

Die anderen merkten erst spät, dass ich nicht mehr bei der Sache war. Wir spielten gerade eine gut abgestimmte Pullerei, und alle warteten auf Zonors Level 30. Kiran war der Erste, der etwas bemerkte. Es war da aber auch schon nicht mehr zu übersehen, ich hatte mich mitten im Pull hingesetzt und schaute fassungslos auf das Prompt.

Mir geht’s einmal gut hier in der Hirnwelt, und ihr fickt mich bigtime? Soll es mir das sagen? Darf es mir nicht gutgehen?

Ich konnte mich noch nicht mal aufregen, ich war einfach nur geschockt.

Niemand ist eine Insel

WIR BRACHEN AB, und ich informierte die Mitglieder meiner Gruppe in groben Zügen über das Problem. Dann begaben wir uns auf direktem Weg zurück ins Basislager. Eine Besprechung lag an, und zwar eine wichtige. Zonor guckte ein wenig traurig – verständlich, ihm fehlten nur 2k bis Level 30 –, aber auch von ihm kam keine Widerrede. Ich selbst brauchte nur noch knapp 8k, das war jetzt aber völlig wurscht. Denn ich konnte ja nicht leveln. Ich war am Arsch. Alles, was ich noch tun konnte, war, meinen Char anzuschauen.

Name: Rok Nang

Rasse: Mensch

Titel: Der Vertreiber

Klassen: Rogue / Kämpfender Rogue / Roguetank

Level: 29

Erfahrungspunkte: 82.879 / 90.000

Talentpunkte: 3

Attributspunkte: 0

Skillpunkte: 1

Trefferpunkte: 225

TP-Regeneration: 1 / 10

Manapunkte: 10 (8)

Manaregeneration: 2 / 30

Zauberpunkte: 30

Boni: Natürliche Manaregeneration x2

Kritische Trefferchance +25 %

Stärke: 12 (14) +2

Geschicklichkeit: 18 (25) +7

Ausdauer: 10 (15) +5

Intelligenz: 20

Wahrnehmung: 14 (15) +1

Weisheit: 13

Charisma: 14

Glück: 14

Begabungen: Magisches Talent

Magisches Naturtalent

Glückspilz

Skills: Mittlere Rüstung: 3

Dolche 5 (7) +2

Observation 5

Stealth 3

Aufmerksamkeit 3

Magische Sicht 3

Inspizieren 3

Verborgenes Finden 5

Schlösser öffnen 2

Einhandschwerter 5 (7) +2

Durchhalten 3

Heilmagie „Natur“ 3

Ducken 4

Ausweichen 4

Parieren 3

Härten 4

Zwergisch 1

Rumhängen 1

Eigenschaften: Nachtsicht / Dunkelheitssicht

Beidhänder

Schlangengleich

Techniken: Schlitzer 1 – Schnittiges Breitschwert

Ehrungen: Rattenfinder / Rattenjäger / Rattenschlächter / Rattenfeind / Rattentod / Rattennemesis

Wer ist der Boss? / Du bist der Boss? / Zeig´s mir! / Das ist Alles?

Spinnenfinder

Größer? Wirklich?

Voll der Gnade!

Untotenfinder / Untotenjäger

Gezeichnet: —

Gesegnet: —

Verflucht: Abgenutzte Schuhe

Bindungen: Mein Zahn

Hexe

Zauber: Kleine Erleichterung 1

Kritische Heilung 1

Erleichterung 1

Haupthand: Schnittiges Breitschwert: GE +1 / ST +1 /

Schlitzer Technik

Nebenhand: Scharfer Dolch: GE+1

Stiefelschaft: Scharfer Dolch: GE+1

Rücken: Renegade-Stil-Mantel

Gürtel: Stabiler Gürtel AU +2 / TP +25

L. Finger: Ring GE +1

R. Finger: Ring TP +25

L. Handgelenk: Kleiner Armreif der Schwerter:

Alle Schwerter +2 / Kritische Trefferchance +10 %

R. Handgelenk: Messermeckis leichter Handschutz

Dolche +2 / GE +2 / Kritische Trefferchance +15 %

Nacken: Halskette TP +25

Füße: Erzbarts verstärkte Socken AU +1 RS: 26 (+2)

Beine: Erzbarts verstärkte Unterhosen AU +1 RS: 28 (+2)

Torso: Erzbarts verstärktes Unterhemd AU +1 RS: 32 (+2)

Arme: Erzbarts verstärkte Ärmel ST +1 RS: 28 (+2)

Hände: Erzbarts verstärkte Handschuhe GE +1 RS: 26 (+2)

Kopf: Erzbarts verstärkte Mütze WA+1 RS: 30 (+2)

Messermeckis leichter Handschutz: Mein Zahn

Inventar-Fächer: 20.

Herz, Rose des Westens, Umhang Level 30, 4 Slots Tranktasche, Adamantkästchen, Futter, Schlafdecke, Wasserblase, Dietriche, Saugender Ring Level 30, Wasseratmungsring,

Schlangendolch Level 30, Todesstock

Nachdem wir alle auf unseren Baumstämmen Platz genommen hatten und ich den anderen ausführlicher von meinem Problem berichtet hatte, schüttelte Kiran den Kopf. „Schaust du bitte mal auf die Questmap und liest dir die Beschreibung durch? Ich wüsste gern, womit ich es hier zu tun habe, wenn du schon nichts davon erzählst, dass du eine UNIQUE QUEST mit dir herumschleppst.“ Er sah mich böse an. Das hatte ich verdient. Die anderen schauten auch nicht viel netter, außer Erzbart, der eher erstaunt schien.

Also öffnete ich die Map für die Eyfa-Quest. Das erste Mal überhaupt.

Der vollständige verfluchte Wald war darauf zu finden, mit Levelgebieten, detaillierten Zonenangaben, einem eingezeichneten Dungeon und einer alten Elfenfestung in der Mitte. In dieser saß der Meister der Klingen, der zu allem Überfluss auch noch ein Superboss war.

Wenigstens kam dieser im Verbund mit einer Map, die auch „Super“ war. Sie war deutlich besser als die verschmolzene Karte von der ER-Quest und dem alten Ding aus Hohenburg. Der Questmob aus dieser Quest war einer seiner Warlords. Laut Map würden wir ihn vor der eigentlichen Feste auffinden, in einer Art Turm. Die „ER-Map“ ging genau bis zu seinem Vorposten, der eine vorgelagerte Befestigung der Elfenfestung darstellte. Diese befand sich noch im Level-40-Gebiet. Die Festung lag dann ein Stück dahinter. In einem Gebiet, das laut der neuen Map über Level 40 lag.

Fuck. Fuck, Fuck, Fuck!

Der Warlord wäre vielleicht sogar machbar. Er saß da mit seinen untoten Elfensoldaten im Vorposten und wartete auf uns. Dazu fiel mir bestimmt etwas ein. Mit Level-30-Equipment wäre das sicherlich gut zu regeln. Zur Hölle, auch mit unserem jetzigen Kram kriegte ich das hin. Und einen Dungeon gab‘s auch. Quasi auf dem Weg, ebenfalls in der Level-40-Zone.

Unter normalen Umständen wären das nach wie vor paradiesische Bedingungen gewesen. Wenn ich nicht ein kleines Problem gehabt hätte. Obwohl, ‚klein‘ war noch untertrieben...

Ich konnte mich immer noch nicht aufregen. Dazu war ich zu fassungslos. Diese fast vergessene Quest, die ich mitten im Rattengenozid angenommen hatte... Ja, ich hatte sie erledigen wollen, sie war ja „unique“, aber halt erst später. Diese Quest fickte mich gerade absolut Fulltime.

Ich war am Arsch.

Wenn ich den Superboss des Waldes nicht killte, und zwar innerhalb von einer Woche, war ich sogar total am Arsch. Respektive – ich hätte dann gar keinen Arsch mehr, weil ich ein Geist sein würde.

Ich könnte kotzen!

Erzbart setzte sich neben mich auf den Baumstamm und sah mich ernst an. „Teil‘ ma‘“, verlangte er und legte mir die Hand auf die Schulter.

Mein Kumpel! Kein Gedanke daran, mich einfach hierzulassen.

„Mach schon“, bekräftigte er, als ich zögerte. „Kann nicht schlimmer sein als der Rattenkönig.“ Mir kamen fast die Tränen.

Kiran, der mir gegenübersaß, warf mir einen tadelnden Blick zu. „Warum hast du mir davon nichts erzählt? Das hätten wir verhindern können, wenn wir es nur gewusst hätten.“

Ja, ja, nachher ist man immer schlauer. Ich hab‘ einfach nicht ins Questlog geguckt, Kollege.

Ich sah wohl so frustriert aus, dass er freundlicher wurde. „Jetzt brauchen wir einen guten Plan. Nichts überstürzen, das gilt auch für dich, Erzbart.“

Der Zwerg wischte Kirans Einwand mit der gepanzerten Faust fort. „Das is‘n Problem für Rok, also ist es auch ein Problem für mich. Bei so was muss man zusammenstehen, auf Gedeih und Verderb. Teil‘ das Ding, Rok!“

„Warte“, sagte Kiran. „Lasst mich erst denken.“

„Wann hauen wir den Superboss? Und teil‘ ma‘, ich will die EP auch haben“, äußerte Penk im Plauderton, während er sein Schwert schliff. Er war so locker, als wenn es um ein paar Goblins ginge.

Alcanara setzte sich auf der anderen Seite des Baumstammes neben mich und tat unbeteiligt. Sie pflegte ihren Bogen und sah mich nicht einmal an. Keine Ahnung, was das jetzt heißen sollte.

Bei Kondra war es allerdings nicht zu übersehen, was sie über die Angelegenheit dachte, und es war auch nicht zu überhören. „Kiran hat völlig recht“, zischte sie. „Nur, weil du nicht aufpasst, sitzen wir jetzt hier in der Scheiße. Wie um alles in der Welt wollen wir einen Superboss schaffen, hä, Penk?“ Sie sah den Söldner herausfordernd an.

„Keine Ahnung, aber Rok fällt bestimmt was ein.“

Kondra schüttelte den Kopf, aber Penks Gottvertrauen – wollte sagen Rokvertrauen – machte sie vorerst sprachlos. Mich auch ein wenig. Das aber nicht lange.

„Also erst mal sitze ich hier in der Scheiße, ihr nicht so wirklich“, entgegnete ich Kondra. „Und ja, ich lese mir keine seitenlangen Questbeschreibungen durch, wenn ich die Quest gerade nicht machen möchte. Ja, ich hätte wissen können, dass ich ‚nur‘ 500 menschliche Soldaten umbringen musste, um den nächsten Schritt der Quest zu bekommen. Aber selbst, wenn ich das gewusst hätte, wäre ich nie auf die Idee gekommen, dass mein Anteil am Untotengrinden hier diesen Schritt erfüllen könnte. Mal ehrlich, Kiran, wärst du darauf gekommen?“

Der winkte ab. „Jetzt völlig egal.“

„Haste recht“, stimmte ich ihm zu. „Und Penk, ich hab‘ null Ahnung, wie wir das machen sollen.“

„Kommt schon. Is‘ immer so“, murmelte er und begutachtete seine Schleifarbeit.

Kondra warf ihm einen weiteren fassungslosen Blick zu und steckte sich hastig ein paar Kräuter in den Mund. Ein durchdringender Duft nach Baldrian breitete sich aus.

„Tut mir leid, aber entgeht mir etwas? Warum ist das jetzt so ein Problem? Es ist gar nicht so schlimm, ein Geist zu sein“, warf Josephine mit fröhlicher Stimme ein und verwandelte sich. Auch Banshees konnten lächeln, und das sah gar nicht mal so schrecklich aus. Eigentlich sogar ganz hübsch, wenn auch etwas verzerrt. Ich lächelte mit fatalistischem Gesichtsausdruck zurück.

„Jetzt reicht’s!“, meinte daraufhin Kondra, griff sich die Banshee – respektive wedelte sie vor sich her – und nahm sie zur Seite. Die Waldfrau brauchte etwa zehn Minuten, um ihr klarzumachen, dass „Rok geht als Geist hier raus“ keine Option war. Ich glaubte wirklich, dass Josi sich darüber gefreut hätte...

Aber wenigstens dachte Kondra nicht im Traum daran, sich zu verpissen. Sie war sauer – Rok hatte es mal wieder versaut –, aber sie blieb am Ball. Nachdem sie Josi den Kopf geradegerückt hatte, setzte sie sich neben Kiran, und die beiden begannen zu „brainstormen.“

„Bevor ich nicht Level 30 bin und meinen neuen Stab nutzen kann, mache ich keinen Superboss. Danach gern“, gab Zonor zum Besten. Er schien das absolut ernst zu meinen. „Superbosse droppen super“, fügte er hinzu. Der Seeelf war also dabei. Zonor hatte wirklich null Gefahreninstinkt.

Auf Level 30 zieh‘ ich dich notfalls allein, Kollege. Wenn du nur hinter mir stehst, sobald der Superboss mich in Scheibchen hacken will...

Level 30 sollten wir aber sowieso für alle durchziehen. Jedenfalls für alle bis auf mich, das ging ja nicht, und eventuell Josi, weil das zu lange dauern würde. Den anderen würde das aber eine Menge bringen, und eine bessere Gruppe war immer gut. Vor allem, wenn es gegen einen Superboss gehen sollte.

Also nutzten wir erst einmal die Nacht. Die war sowieso angebrochen, und es wäre gebündelter Schwachsinn gewesen, jetzt planlos irgendwo hinzurennen.

Ich verlor mich während der Zeit im Kampf und ging am sehr frühen Morgen schnell und schweigsam schlafen. Ich hätte gelevelt, wenn ich die Quest nicht gehabt hätte.

Leider stellte sich der Schlaf nicht so rasch ein. Mein Kopfkino hielt mich davon ab, mich ausruhen zu können. Ich hatte die Wahl zwischen einen Superboss anzugehen – zu acht –, oder zu vergeistigen. Was übersetzt so viel bedeutete wie ‚ziemlich sicher verrecken‘ oder ewiges Leben. Letzteres nur halt etwas durchscheinender.

Einfach so aufgeben würde ich aber nicht. Das war klar. Ich wollte mir den Meister der Klingen auf jeden Fall mal anschauen. Danach konnte ich immer noch verzweifeln.

Nachdem ich es endlich geschafft hatte, einzuschlafen, hatte ich dann auch noch einen jener komischen Träume. Die hatte ich länger nicht mehr gehabt und fand das eigentlich auch ganz gut so.

Ein Monster. Diesmal ein weißes. Es beugte sich über mich und nestelte an mir herum. Es schien etwas auszutauschen. Oder vielleicht anzubringen? Dann trat es zurück, wechselte einen Blick mit einem zweiten weißen Monster, und danach beobachteten sie aufmerksam irgendetwas neben mir...

Der Traum riss mich aus dem Schlaf, und ich hatte einen kurzen Panikanfall. War das der Superboss gewesen? Dann sah ich aber schnell, dass ich mich in unserem Lager befand und weit und breit nichts Weißes zu sehen war. Es war noch dunkel – die ersten Schimmer der Morgenröte zeigten sich bereits am Horizont. Dank meiner Dunkelheitssicht konnte ich erkennen, dass bei uns alles in Ordnung zu sein schien. Allerdings pennte die Wache! Erzbart schnürchelte gemütlich vor sich hin, an einen Baum gelehnt, mit seiner Axt über den Knien. Was sollte das denn? Das war so gar nicht seine Art.

Ich erhob mich, um den faulen Zwerg zu wecken. Doch gleich, nachdem ich das Zelt verlassen hatte, wurde ich von einem hellen Leuchten links von mir abgelenkt. Ein schneller Blick zeigte mir ein deutlich zu erkennendes Licht – eine Laterne oder Fackel vermutlich. Ich wollte schon Alarm geben, doch es entfernte sich von unserem Lagerplatz. Strange. War der Purify-Penner wieder da gewesen? Oder hatte uns gerade jemand beklaut?

Ich sah an mir herunter. Ich hatte in Rüstung geschlafen und mein restliches Zeug, samt Gold, war ebenfalls da. Auf den ersten Blick fehlte auch bei den anderen nichts, aber wenn hier ein Stealther mit ein wenig Zeit unterwegs gewesen war, während Erzbart gepennt hatte...

Ich huschte hinüber zum Zwerg und trat ihm hart gegen die Rüstung, ehe ich meine Aufmerksamkeit wieder dem Licht zuwandte. Das entfernte sich definitiv, wenn auch nicht schnell. Wenn ich herausfinden wollte, was es damit auf sich hatte, sollte ich jedoch mal zackig hinterher. Mein Kumpel grummelte, das musste für den Moment reichen. Also hastete ich an den Rand unseres Wäldchens und versuchte, das Licht zu fixieren. Leider erfolglos – dafür war es schon zu weit weg.

Ich trat ein paar Schritte auf das Feld hinaus. Damit bewegte ich mich zwar aus der Reichweite unseres Geistersteins heraus, doch wir hatten sämtliche Untoten im Bereich von mehreren hundert Metern um unseren Campspot herum bereits abgeräumt. Das sollte ungefährlich sein. Doch auch das Licht schien nun zu beschleunigen, ich konnte es ums Verrecken nicht fixieren. Ich legte einen kleinen Sprint ein – vergebens. Das Scheißteil wurde auch einfach schneller und blieb gerade am Rande meines Wahrnehmungsbereichs.

Licht, mitten in der Nacht – okay, am frühen Morgen, aber es ist fast Winter –, das vor dir wegrennt. Wo hab‘ ich das schon mal gehört?

AD&D. Ja, genau! Das Ding war ein fucking Irrlicht. Das wollte mich in einen Sumpf oder in einen Untotenzerg ziehen. Das konnte es ja so was von vergessen!

Ich zeigte dem Leuchten den Mittelfinger, drehte mich um und stapfte zu meinen Leuten zurück. Da war alles tutti, doch Erzbart, der Penner, hatte sich nach wie vor nicht bewegt. Gerade wollte ich ihn ein weiteres Mal treten, da fiel mein Blick auf den geöffneten Zelteingang, und ich wunderte mich. Rok lag dort nämlich gemütlich eingewickelt in seine Schlafrolle links vorne im Zelt und atmete leise vor sich hin.

Bitte was?

Schockiert schaute ich auf mein schlafendes Ich. Sogar Hexe lag eingerollt auf meinem Bauch. Sie war allerdings hellwach, sah mich mit großen Katzenaugen an und ließ mich über unsere Verbindung wissen, dass sie es sehr schätzen würde, wenn ich mich wieder hinlegte. Aber ich lag doch da! Oder auch nicht – ich stand schließlich auch hier und war definitiv kein Geist. Sonst hätte ich Erzbart ja nicht treten können.

Mein Pet stand nun auf und maunzte mich auffordernd an. Auch wurde ihr telepathischer Druck stärker – sie war wirklich sehr darauf erpicht, dass ich mich wieder hinlegte, das konnte ich deutlich spüren. Ich trat also noch mal gegen den schlafenden Zwerg, was den nicht interessierte und Hexe ein Fauchen entlockte. Dabei trampelte sie demonstrativ auf meinem Bauch herum und starrte mich weiterhin an. Das Trampeln konnte ich sogar spüren, obwohl ich sechs Meter von ihr entfernt vor dem Zelt stand!

Hier läuft irgendwas Super-Stranges. Vielleicht sollte ich auf mein Pet hören...

Es war absolut nicht normal, dass es mich zweimal gab... Und es war auch nicht normal, dass Erzbart nicht aufwachte, wenn ich ihm hart gegen die Rüstung trat. Hexe war auf jeden Fall dieser Meinung, sie trampelte härter, maunzte auffordernd und unterstrich das mit einem Gefühl der Dringlichkeit, das sie mir übermittelte. Ich sah kurz über die Schulter. Das Irrlicht war wieder näher gekommen, doch verarschen ließ ich mich nicht!

Also stapfte ich zurück zu Rok 2 samt Pet. Cool, ich konnte einfach so in mich hineintreten und mich auch hineinlegen. Das fühlte sich voll richtig an. Dann fielen mir auch schon die Augen wieder zu.

Beide Monster schauten erwartungsvoll etwas neben mir an. Aber es schien nichts zu passieren. Nach ein paar Minuten schüttelte das vordere den Kopf, woraufhin das hintere noch mal kurz etwas an mir richtete. Anschließend entfernten sie sich. Wenigstens haben sie mich nicht gefressen...

Nach all diesen Albträumen hatte ich keinen guten Morgen, respektive späten Mittag, als ich dann offensichtlich „richtig“ erwachte. Penk hatte mich mit seiner Schwertscheide gestreift und murmelte eine Entschuldigung, während er das Zelt verließ. Im Nebenraum schliefen noch Josi und Kondra – die anderen waren, den Geräuschen nach zu urteilen, draußen schon aktiv, auch wenn erst mal nichts Besonderes anlag. Wir wollten erst nach Einbruch der Dunkelheit „weiterarbeiten“. Nach der heutigen Nacht würden wir alle auf Level 30 haben, bei denen das wichtig war. Bei Zonor hatte es schon gestern geklappt. Er präsentierte seine neuen „Airspells“, die vom Stab noch um 15 % gepusht wurden. Sie waren alle Grad 4, wenn auch noch auf Level 1. Zonor war sich sicher, dass dies nicht lange so bleiben würde.

Er hatte „Kettenblitz“, einen Blitz, der von Gegner zu Gegner sprang. Weiterhin konnte er „Erweitertes Schweben“, das für eine Einzelperson auf hohen Spell-Level fast schon Fliegen war, und schon auf Level 1 die ganze Gruppe langsam schweben lassen konnte. Oder zwei Leute ziemlich schnell. „Blitzsturm“ hatte er auch noch. Ein „Area DD“-Zauber, ähnlich wie sein „Eissturm“. Durch Kombination der beiden Spells konnte Zonor jetzt theoretisch permanent „Area-Damage“ anrichten.

Sein neuer Stab gab ihm dicke Boni, die mit der Zeit noch besser werden würden, da er „scalte“. Das Ding war mit Abstand das fetteste Item, das wir in der Gruppe hatten. Er gab Zonor noch einen hohen Intelligenzbonus, steigerte Manapotenzial und Zaubergeschwindigkeit, und zusätzlich hatte er auch noch den Spell „Blitz“ aus dem dritten Grad zu bieten – ein DD für Einzelziele. Den konnte Zonor vom Stab aus casten, und er war auf Level 5. Zonor brauchte nicht mal Spellpunkte für diesen Zauber. Und auf Level 40 würde das Teil noch mehr können. Ein total krasser Stab. Und ich hatte ihn verschenkt.

Ja, schlagt mich. Macht mich aber vorher zum Luftmagier.

Mein neuer „Mage“ war gerade jedenfalls um etwa 50 % dicker geworden. Damit war Zonor nun ein sehr mächtiger Caster, und er wusste das.

Was die Casterei anging, hatten wir in den letzten Tagen ohnehin sehr zugelegt. Zusammen mit Josis „Kreischerei“ waren wir keine Gruppe mehr, die auf Einzelgegner oder Kleingruppen spezialisiert war. Wir bewegten uns eher so in die Richtung der „AE-Hölle“. Aber so richtig! Was Bereichsschadenseffekte anging, waren wir mittlerweile ziemlich gut aufgestellt. Sollte Alcanara nach ihrer „Ausbildung“ zurückkommen und noch einen Feuer-AE-Damage Spell mitbringen, hatte ich drei AE-Caster zu Verfügung. Einen hocheffektiven und zwei zum Aushelfen.

Wenn ich nicht gerade voll am Arsch wäre, würde ich den nächsten Genozid an welcher Mob-Art auch immer planen. Massen an kleineren Gegnern dürften fallen wie frischgemähtes Gras. So aufgestellt ins Goblindorf... Wir wären in 10 Minuten fertig gewesen.

Zonor war dementsprechend gut gelaunt. Er freute sich so sehr, dass es mir schwerfiel, depressiv zu werden, obwohl ich ein Superboss-großes Problem hatte.

Wenigstens meine Hexe tröstete mich. Sie merkte, dass es mir nicht gut ging, und kam kuscheln. Selbst Floris ließ ausnahmsweise mal meinen Mantel in Ruhe und kam häufiger auf die freundliche Katzenart vorbei. Er brachte mich manchmal sogar zum Lächeln. Der Kater war ziemlich lustig, wenn er nicht gerade Schredder spielte.

Als am frühen Nachmittag alle wach waren, bat Kiran uns zu einer weiteren Besprechung, um uns seine Überlegungen mitzuteilen.

„Okay, Leute, folgende Vorgehensweise: Wir machen heute Nacht alle die 30, bis auf Josi und natürlich Rok. Ihr poliert eure Chars, wie es sein muss. Dann schlafen wir den Tag über, begeben uns am frühen Abend zu unserem ER-Quest-Warlord und erledigen ihn. Er liegt auf dem Weg zum Meister der Klingen. Den Warlord erreichen wir übermorgen gegen Vormittag, wenn wir die Nacht über durchmarschieren. Wir ziehen das durch, ruhen uns aus und haben dann noch knappe fünf Tage für den Superboss.“

Er blickte in die Runde, doch niemand machte Anstalten, ihm widersprechen zu wollen.

„Während wir hochleveln, schläft Alcanara durch“, fuhr er fort. „Das macht das Pullen stressiger, aber dann muss ich halt rennen. Ihr schreibt eine Liste, was ihr alles unbedingt braucht, dann läuft sie morgen im ‚Rangerspeed‘ nach Schwarzfluss und kauft schnell ein. Wenn ich das richtig sehe, sind Schwerter für Penk und mich, Schmuck für die Elfen und Weisheitsitems für Kondra erste Priorität, da sie mit Level 30 mehr Buffs hat. Alcanara, du siehst zu, dass du am Nachmittag wieder da bist, wenn wir ausgeschlafen haben. Dann geht’s los. Und du solltest noch ein paar Kriegertränke mitbringen.“

Die Rangerin nickte. Kiran war aber noch nicht fertig. „Wenn sie wieder da ist und wir den Warlord erledigt haben, schauen wir uns die Quest für den Meister der Klingen an. Egal, ob wir die jetzt auch annehmen oder nicht. Eventuell scoutet Josi tatsächlich mal. So viel von mir. Vorschläge?“

Alle bekundeten ihre Zustimmung. Außer Erzbart. „Ich nehm´ die auf jeden Fall an. Teil‘ mal, Rok.“

Ich vertröstete ihn auf später.

Aber auch Alcanara hatte noch etwas anzumerken. „Guter Plan, Kiran. Falls das nicht klappt und Rok vergeistigt, porte ich nach Hause und lasse mich ‚hochcheaten‘, wie ihr das ausdrückt. Auch wenn ich immer noch nicht begriffen habe, was ihr damit meint. Dann fällt mir sicherlich etwas ein, wie ich ihn wieder zurückverwandelt bekomme.“

Vielen Dank, Süße, aber da sind wir noch nicht. Und kommen da hoffentlich auch nicht hin!

Ich bekam ein paar Schulterklopfer und Sprüche wie: „Schaffen wir schon“, oder: „Mach dir nicht zu viele Sorgen.“

Hallo, Leute? Superboss? Da darf man sich Sorgen machen...

Was aus meiner Sicht aber das Beste an der ganzen Sache war: Keiner, wirklich keiner wollte mich einfach hierlassen. Kondra war angepisst, Kiran und Alcanara nachdenklich, Zonor und Josi etwas hyperaktiv, jedoch ebenso bei mir wie Erzbart und Penk, die die Sache am lockersten nahmen.

Solche Freunde hatte ich im realen Leben nicht gehabt. Ich war im realen Leben aber auch noch nie in so einer Situation gewesen.

So machten wir es also. Kiran war ein guter Planer, wenn er Zeit hatte, das hatte ich ja schon bemerkt. Ich hätte vorgeschlagen, dass sie sich verpissten, ich mit dem Geisterstein in der Hand beim Meister der Klingen reinschlich und schaute, was so ging...

Was ich immer noch tun konnte, aber nun hatte ich Rückendeckung. Zwar fühlte ich mich immer noch so, als wäre ich am Arsch, aber ich war längst nicht mehr so allein wie noch heute Morgen.

Massives Gemunkel

IN DER FOLGE setzten wir Kirans Plan Schritt für Schritt um. Somit verbrachten wir die Nacht damit, die Gruppe auf Level 30 bringen. Wir strengten uns an und schafften es, auch wenn Alcanara erst kurz vor Sonnenaufgang levelte.

Erzbart meckerte ein wenig, weil die Elfe schlafend EP bekam. Es war auf Zwergisch, aber ich konnte etwas in der Art von „blöde Elfenleecher“ heraushören. Da ihm aber niemand zuhörte, und er auch ausnahmsweise nicht besonders laut war, störte es nicht weiter.

Am Morgen machte Alcanara sich auf den Weg. Auch Josi gab ihr Gold mit, obwohl sie ihre gesamte Level-30-Ausrüstung schon in ihrer Truhe Nr. 2 hatte. Was wollte sie denn kaufen? Na ja, es war nicht mein Gold. Sobald Alcanara weg war, gingen wir schlafen – Jedenfalls versuchten wir es. Es klappte nicht so richtig, immerhin würde es ab morgen knallhart werden. So warteten wir alle in verschiedenen Zuständen des Dösens oder Rumhängens auf die Rückkehr der Elfe.

Ich für meinen Teil gab nach ein paar Stunden auf. Um kein Trübsal zu blasen – immerhin hatte ich gerade mal fünf Tage, um einen Superboss zu killen, oder zum Geist zu mutieren – widmete ich mich den anderen nicht schlafenden Gruppenmitgliedern. Wir hatten ein gutes Gesprächsthema – ihre neuen Charakterklassen und andere „Upgrades“, die sie mit Level 30 in ihrem Char vorgenommen hatten.

Bei Penk hatte es kaum Veränderung gegeben. Er steigerte weiterhin seinen Schwertskill, legte auf meinen Rat hin auch mal den einen oder anderen Punkt in seine „Defense-Skills“ und sparte ansonsten weiter auf sein „Zerfetzer-Upgrade“. Er war gut drauf und schon sehr gespannt, wie ich den Superboss erledigen wollte.

Echt, ey, Penk...

Kiran war nachdenklich und wollte die Chardiskussion auf später verschieben. Ich ließ ihn in Ruhe. Auch zu Erzbart gab es nicht so viel zu sagen. Er hatte nun „Mann aus Stahl“ und war damit zu einem deutlich dickeren Tank geworden, aber außer, dass er sich seinen Schildskill auf 5 gezogen hatte, gab es bei ihm nichts Neues. „Hab‘ ich dir doch gesacht, Jungchen. Ist nur die Frage, ob ich jetzt weiter in den Priester gehe oder Beinhart nacheifere.“

Zonor ließ ich in Ruhe. Der castete schon die ganze Zeit über wild durch die Gegend, um die Level seiner neuen Spells zu steigern, und wirkte nicht wirklich ansprechbar. Dabei holte er uns das das eine oder andere Mal „aggro“ von einem Untoten, aber das war kein Problem. Sie kamen einzeln, und wir killten sie nebenbei.

Bei Kondra hatte sich am meisten getan. Sie war neben Zonor die Einzige von uns, die eine „geradlinige“ Charakterentwicklung verfolgte. Die „Waldwanderin“ konnte etwas. Ich unterhielt mich eine Weile mit ihr, wenn sie nicht gerade döste oder mit Josi oder Penk sprach.

Sie hatte drei neue Buffs bekommen – Intelligenz für Caster, Zaubergeschwindigkeit, natürlich auch für Caster, und einen „Vervierfacher“ für die Lebensenergieregeneration, der sich noch verbessern würde, wenn der Buff levelte. Dazu gab es noch Resistenzbuffs. Gegen Todesmagie, Elementarmagie und Geistmagie. Im fünften Grad ihrer Priesterlichen Gebete, also mit Level 40, würden noch physische Resistenzen und die Hermetische Resistenz dazukommen. Leider konnte sie nicht mehr Buffs verteilen, insofern brauchte sie recht viele Weisheits-Items, das war klar.

Kondra wollte sich darauf konzentrieren, zumal das auch gut für ihr Manapotenzial war. Einen neuen Stab benötigte sie wohl nicht, wie sie sagte.

An neuen Heilspells gab es die „mittlere Gruppenstärkung“, die „große Stärkung“, und „Reinigung“ – dieser Spell wirkte gegen „Stuns“ und dergleichen. Außerdem gab es noch „konzentrierte Stärkung“ – damit konzentrierte sie sich auf ein Ziel, und das bekam dann einen konstanten „Heilstrom“. Ein „Bosstankheal“. Auf dem zweiten Grad hatte sie einen Heilverstärkungspell dazubekommen, auf dem dritten einen „Anti-Lifedrainspell“. Diese hielten jeweils eine Minute auf dem ersten Level. Weiterhin hatten sich ihre „Manatank“- und „Manavenen“-Eigenschaften jeweils auf Level 2 erhöht.

Sie hatte jetzt auch Spells im Tierbereich. Da sich die recht sinnfrei anhörten, zumindest für unsere derzeitige Situation, fragte ich nicht weiter nach. Mit allen Tieren sprechen konnte sie nun – wenn auch nur auf einer rudimentären Ebene – so viel merkte ich mir. Alles in Allem hatten wir damit hatten wir jetzt eine sehr gute Heilerin. Die würden wir allerdings wohl auch brauchen.

Level 30 schien generell so etwas wie eine Marke zu sein. Ab da wurde man „dick“, wenn man entsprechend skillte. Wobei ich mittlerweile der Meinung war, dass Priester die stärksten Chars im Spiel waren. Sicher, sie hatten ihre Götterverpflichtung und waren in ihren „Gebetsbereichen“ dadurch eingeschränkt, aber sie bekamen halt alle Spells, respektive Gebete, geschenkt.

Wobei Alcanara das auch kriegt...

Ich war trotzdem ein bisschen neidisch. Mich deswegen auf einen Gott einzulassen, kam jedoch nicht infrage, und eine vollständige Priesterklasse war im Kampf auch scheiße.

Nachdem ich mich auf dem neusten Stand befand, was die Fähigkeiten meiner Gruppe anging, lief der restliche Vormittag auf Rumhängen hinaus. Rumhängen, Sorgen machen und grübeln. Und Bier trinken. Erzbart achtete darauf, dass ich wenigstens nicht trocken grübelte, wenn ich schon nicht schlafen konnte. „Kann dich ja nicht verdursten lassen, Jungchen.“

Ich tat aber auch Sinnvolles.Nach dem Gespräch mit Kondra las ich mir die Beschreibung zur Eyfa-Quest endlich einmal vollständig und in Ruhe durch. Darauf hatten Kondi und auch Kiran bestanden, vielleicht fiel mir noch etwas auf, was uns weiterhelfen könnte. Zusammengefasst stellte sich das in etwa so dar:

Die arme, arme Eyfa hatte ihr Herz im krassen, krassen Elfenkrieg verloren. Den übrigens alle Elfenvölker vor gar nicht so langer Zeit gegen den ambrischen Kaiser geführt und verloren hatten. Schuld an der Herzlosigkeit waren natürlich die bösen, bösen Menschen. Deshalb hatte der erste Quest-Schritt darin bestanden, 500 Menschensoldaten zu killen. Egal, in welcher Form die daherkamen. So verteidigte man das Herz.

Der zweite Quest-Schritt betraf den fetten, fetten Meister der Klingen, der zufällig der Elfengeneral der damaligen Zeit gewesen war. Der fand tote Menschensoldaten ganz toll und schmiss zu diesem Anlass ein Fest, das eine Woche dauern sollte. Er hatte ein wichtiges, wichtiges Medaillon, das unbedingt geholt werden musste, damit es weiterging. Es sollte ein legendäres Set-Teil sein. Wenigstens wäre meine neue Kette damit kein Ballast, ich bevorzugte es trotzdem, mir meinen Schmuck selbst auszusuchen, und ihn nicht Superbossen vom Hals reißen zu müssen.

Als kleine Motivation, die Nummer auch durchzuziehen, hatte Eyfa mich mal eben verflucht. Das war aus ihrer Sicht nachvollziehbar, immerhin war das hier wohl ihre letzte Chance, aber meine Motivation, diese Quest durchzuziehen, hatte sich in etwa gezehntelt. Ich hasste es, zu etwas gezwungen zu werden. Herzlos hin, herzlos her, Eyfa fing an, mich anzupissen.

Ich platzierte das Problem vorläufig in der geistigen Ablage und kümmerte mich um die Dinge, die ich beeinflussen konnte. Gegen Nachmittag holte ich meine Gruppenmitglieder aus ihren unterschiedlichen Rumhäng-Zuständen heraus. Und Zoni vom Casten weg. Wir hatte einen halben Tag Leerlauf, also konnte wir die Zeit auch nutzen, um Kampfformationen mit Josephine zu üben. Kiran, Penk und Zonor machten da gern mit – der Seeelf war hocherfreut, sein Wissen an eine unerfahrene Casterin weitergeben zu können.

„Sehr gute Idee, Rok! Da kann ich ihr auch gleich beibringen, wie sie mir am besten assistiert“, meinte unser Proficaster in seiner üblichen Arroganz, doch er hatte recht. Immerhin stand demnächst recht viel Bewegungskampf an – kein statisches Leveln mehr, für das man nicht sooo viel können musste. Statisch bekam Josi schon gut hin, doch für mehr würde sie Übung brauchen.

Dementsprechend sollten wir das mit der unerfahrenen Casterin ändern, wenn wir die Zeit schon hatten. Das lenkte mich auch von meinen Problemen ab.

Wenigstens war genug Bier da.

Und eine lernwillige junge Prinzessin gab es auch. Somit hatten wir sogar Spaß.

Zonor war natürlich der Hauptlehrer. Er hatte eine 50-jährige „Combatcaster-Ausbildung“ und wusste genau, wie der Hase lief. Darüber vergaß er sogar das Flirten. Wenn es ums Kämpfen ging, waren Elfen extrem fokussiert, da bildete Zonor keine Ausnahme.

Ich ging Aufstellungen und die Theorie mit Josi durch, Hexe hielt sie bei Laune, Kiran sicherte uns dabei ab. Auch wenn das bei den wenigen Untoten, die hier tagsüber rumliefen, nicht unbedingt notwendig war. Monster gab es ja offensichtlich keine – ich hatte noch nicht eins gesehen. Wo waren die eigentlich?

Die Untoten, die auftauchten, benutzten wir einfach als Trainingsdummys. Von der EP her war das lächerlich, aber für Josi war es eine gute Übung. Manchmal ließen wir die Mobs auch an sie heran, damit sie mal getroffen wurde und wusste, wie sich das anfühlte.

Für so etwas reichte ich als Heiler locker aus, und unsere neue Casterin wurde nach anfänglichen Heulanfällen wegen der Schmerzen zügig härter und abgebrühter. Sie begriff schnell, dass ab jetzt andere Fähigkeiten zählten als in ihrem vorherigen Leben. Ich war mir sicher, dass sie während des Tages ein paar Skillpunkte in „Cool bleiben“ legte.

Wir zogen also eine Hochgeschwindigkeitskampfausbildung durch, während Alcanara weiterhin unterwegs war, Erzbart arbeitete und Kondra irgendwelche Kräuter für die Nacht vorbereitete. Sie konnte jetzt die Wirksamkeit von Kräutern verstärken und sagte, dass wir heute Nacht auf jeden Fall fit wären, egal, wie viel wir jetzt rumspielten, wie sie unser Training nannte.

Hey, das is‘ wichtig hier!

Auch wenn es eher auf einer humorvollen Ebene ablief. Zum Beispiel: Was passierte, wenn der Caster von hinten angegangen wurde? Penk führte einen Untoten an der Schwertspitze in Zonors Rücken. Das lief auf einen halb auseinandergenommen Zonor hinaus, um zu demonstrieren, dass Gegner hinter einem Caster eine Scheißidee waren. Zonor war ganz cool dabei, wollte beeindrucken.

Er hatte seine schicke Robe vorher ausgezogen, und sein Hemd auch. Somit konnten wir seinen unglaublich beeindruckenden Stärke-7-Elfenoberkörper bewundern.

Ein blauer Strich in der Landschaft.

Ich lieh ihm meine Ausdauer- und TP-Items für die Nummer und sorgte mit ausreichend Heilung dafür, dass nichts anbrannte, aber witzig war es trotzdem. Josi lernte zügig, dass „hinter dem Tank verstecken“ immer eine gute Idee war. Und sie lernte vor allem: Immer fleißig weiterkreischen, wenn es eng wurde. Und immer auf den Raidleader hören.

Ich war sehr erfreut. Sie war ein supernettes Mädel, ohne große Extravaganzen. Selbst ihre leichte „Adelsattitüde“ nervte nicht wirklich. In ein paar Wochen würde sie ein vollwertiges Gruppenmitglied inklusive einer Spellebene aus der Geistdisziplin sein.

Darüber unterhielten wir uns auch. Sie hatte eine Präferenz, was sie nehmen wollte – die Telepathie. Transzendent war sie schon, und Dominieren oder Beschwören wollte sie nicht.

Das fand ich okay. Diese Spelllinie gab bestimmt Geistresistenzen, und dazu kam die geistige Kommunikationsebene. Vielleicht auch Offensivspells. Ziemlich sicher etwas für Wahrnehmung. Unter Umständen sogar Gedankenlesen oder so.

Ich bestärkte sie darin, war aber wie sie selbst und auch Kiran der Meinung: eins nach dem anderen. Den Skill zu nehmen, war noch nicht nötig. Sie hatte sowieso noch keine Spells für die Disziplin, und wir fanden es alle besser, wenn sie erst mal zu beherrschen lernte, was sie so schon hatte. Inklusive sich selbst.

Das lief aber schon gegen späten Nachmittag alles ganz sauber. Von einer Meisterin war sie zwar noch ein gutes Stück entfernt, aber das ging uns letztlich allen so. Vielleicht mit Ausnahme von Kiran, aber wenn ich ihm das sagen würde, würde er mich auslachen. Der definierte „Meister“ noch mal ganz anders.

Gerade führte er allerdings nicht so besonders meisterlich, sondern extrem lässig einen weiteren Untoten an Josi heran, während Penk kurz austreten war. Dieser Mob diente nun dazu, die Abstimmung zwischen zwei Castern zu üben, auf dass auch ja konstant DPS aufs Ziel kam. Zoni blitzte, Josi kreischte – ich musste gar nichts machen, da war der Mob schon platt.

Die werden immer besser. Bald hab‘ ich ‘ne kleine Privatarmee. Aber warum fuchtelt Penk dahinten wild mit den Armen rum, während er die Hose noch offen hat?

Ich sah genauer hin. Offenbar wollte er mir etwas signalisieren. Er hatte wohl auch etwas gerufen, was ich aber bei der Kreischerei nicht hatte verstehen können.

Soll das „hinter dir“ heißen?

Ich drehte mich um. Zuerst wunderte ich mich, was Penk von mir wollte, doch dann sah ich es. Keine fünf Meter von mir entfernt begann der Boden einzubrechen, etwa so auf Kleinwagengröße, und ein großes Etwas wühlte sich aus der Erde. Eine Art Wurm, sicherlich zwei Meter im Durchmesser und mit plattem Vorderteil, erhob sich immer schneller aus dem Boden und orientierte sich in meine Richtung. Ich konnte das Vieh gerade noch identifizieren...

Schlachtfeldmunkel. Boss. Level 40.

... da riss er auch schon sein Maul auf, und ich sah nur noch Zähne.

Fuck. Das sind keine Zähne, das sind Schwerter! Und ich frag´ mich grad noch, wo die Monster sind...

„Snakelike“ rettete mir vermutlich den Arsch, denn ich konnte seinem Biss gerade noch ausweichen. „Erzbart! Kondra! Penk! Macht euch herbei!“, schrie ich, während ich einige Schritte zurücktänzelte und der Drecksmunkel mich verfolgte.

Dann stand Kiran an meiner Seite, und ich bekam eine Eissphäre von Zonor. Josi begann zu kreischen, und Penk war mit Sicherheit auch schon auf dem Weg. Aber in unserem Wäldchen tat sich nichts. Kein Erzbart und auch keine Kondra traten heraus, dafür versuchte der verkackte Munkel, mich schon wieder zu beißen.

Glücklicherweise bekam Kiran seinen Schild dazwischen, auch wenn er dafür quasi in das Riesenmaul hineinlangen musste. Daraufhin schnappte das Vieh zu und hätte fast seinen Arm erwischt, doch Kiran wäre nicht Kiran, wenn ihm einfach so seine Gliedmaßen abhandenkämen. Er zog den Schild schnell genug zurück, doch nicht ganz heraus, sodass der Boss nun auf die Schildkanten biss, was sein halb offenes Maul blockierte. Kiran setzte die „Stich sie ab“-Technik in den offenen Schlund, Zonor warf einen Blitz und eine Eislanze hinterher und Josi kreischte ihn an. Ich zog mein Schwert und setzte es vertikal in den offenen Kiefer ein. Den Griff verkeilte ich in einer der Klingen, die diesem Mob als Zähne dienten, die Spitze richtete ich nach oben. Wenn der nun vollständig zubiss...

„Kiran! Schild raus!“ befahl ich, während ich zurücksprang und Penk, der gerade ankommen war, meinen Platz einnahm. Seine Hose war immer noch offen. Kiran drehte seinen Schild aus den Zähnen, respektive Schwertern, und prompt klappte das Maul zu. Nur um sofort wieder aufzugehen und einen schrillen Schrei auszustoßen.

Fuck, Bossfähigkeit. Stun. Das hat ihm wehgetan.

Denken konnte ich noch – machen konnte ich gerade nichts.

Glücklicherweise kassierte Penk den nächsten Biss des Munkels – und ebenso glücklicherweise war Penk ein Riesentyp, den der Mob nicht so einfach verschlucken konnte. Bei mir wäre das kein Problem gewesen, befürchtete ich. Penk kostete der Treffer mehr als die Hälfte seiner TP – er hatte noch keine Sphäre –, aber er war nicht kritisch verwundet worden. Die vielen Schwertzähne hinterließen eher kleinere Wunden, dafür aber viele davon.

Der Biss riss Penk aus dem Stun, und er revanchierte sich sofort. Der „Zerfetzer“ wirkte auch auf Schlachtfeldmunkel, trieb diesen sogar einen Meter zurück und brachte ihn erneut zum Kreischen. Diesmal ohne Effekt, doch der Stun wirkte bei mir nach wie vor. Auch die Caster standen noch blöde in der Gegend herum, nur Kiran bewegte sich schon wieder. „Keine Schwäche 2“ war eine sehr vielseitige Eigenschaft – und leider ein Championspecial, sonst hätte ich sie mir wahrscheinlich auch gekauft. Zumindest auf Stufe 1.

Besagter Champion sprang nun jedenfalls in den Biss des Mobs, kassierte brav Schaden, rettete damit aber Penk den Arsch. Ob unser Damager einen weiteren Treffer verkraftet hätte, stand in den Sternen. Kiran konnte so etwas deutlich besser verkraften, und er hatte schon eine Eissphäre. Aber ohne Heilung würde auch er die Nummer nicht lange überleben. Er stocherte wie wild im schon wieder geöffneten Maul des Munkels herum, was nicht so viel brachte, doch Penk hatte aufgepasst. Mein Schwert war umgefallen, nachdem der Munkel das erste Mal darauf gebissen und es wieder aus seinem Kiefer geschüttelt hatte, doch es lag noch in seiner Position.

Während der „Zerfetzer“ abklang, stocherte auch Penk mit seinem Bastardschwert im hinteren Maulbereich des Mobs herum. Doch nicht um Schaden zu machen, er richtete meine Klinge wieder auf! Dann, kurz bevor das Riesenmaul wieder zuschnappte, zog er Kiran nach hinten. Es reichte nicht ganz – einige Zahn-Schwerter streiften den Champion und brachten seinen TP-Balken in den gelben Bereich –, doch das Mobmaul schloss sich brav. Damit biss Mr. Schlachtfeldmunkel erneut mit aller Kraft auf meine epische Klinge, was ihn unter 50 % seiner TP brachte.

Shit. Nächste Bossfähigkeit. Und ich steh immer noch im Drecksstun.

Dann hörte ich Kettengerassel von rechts. Erzbart kam heran. Der Zwerg hatte wohl mal geschaut, warum sich der Geräuschpegel hier auf dem Feld verändert hatte. Vielleicht hatte er mich auch rufen gehört, doch von Kondra war weit und breit nichts zu sehen. Erzbart trug weder Plattenrüstung noch Schild, wenn er arbeitete, hatte aber noch seinen Hammer in der Hand. Leider waren Zwergenbeine kurz, auch wenn die dranhängenden Zwerge in Kettenrüstung gut rennen konnten. Es waren etwa 80 Meter bis zu unserem Wäldchen, und Erzbart erreichte uns nicht, bevor die befürchtete Bossfähigkeit kam.

Der Munkel schoss noch mindestens weitere zehn Meter weit aus dem Boden und wickelte sich blitzschnell um uns herum. Dann versuchte er, uns zu zerquetschen. Ein über zwei Meter hoher Wurm, der uns gänzlich einschloss und sich rasant zusammenzog. Doch er hatte nicht mit Penk gerechnet. Der Söldner stemmte seine Füße gegen die eine Wurmseite, sein Schulterblatt gegen die andere, und gab Gegendruck. Dabei stöhnte er laut auf, das musste ziemlich wehtun, doch er hielt stand. Kiran nutzte die Chance, um auf den Munkel zu hüpfen und Zonor mit sich zu ziehen. Auch mein Stun lief nun endlich aus – ich wiederholte Kirans Manöver und hievte Josi dabei aus der Umklammerung. Sie schüttelte dabei ebenfalls den Stun ab, und auch Zonor bewegte sich wieder. „Sphären!“ schrie ich und castete eine Erleichterung auf Penk, dessen TP mittlerweile im roten Bereich ankamen.

Unmittelbar im Anschluss schlug Erzbart in der Seite des Viehs ein. Klar, ohne Plattenrüstung, ohne Zweihandaxt... aber mit 80 Metern Anlauf. Und auch wenn Erzbarts Hammer vergleichsweise klein wirkte, wenn man die gewaltigen Ausmaße unseres derzeitigen Gegners betrachtete – ein Duraxpriester konnte seine gesamte Schlaggewalt in einen gut vorbereiteten Hieb legen. Das war eine Arbeitstechnik und musste sein, um die wirklich harten Metalle bearbeiten zu können. Sie hatte zwar eine ewig lange Vorbereitungszeit, doch während des Anlaufs hatte Erzbart sie auslösen können. Zusammen mit dem aufgebauten Momentum knallte Erzbarts geweihte Waffe wie ein Kanonenschlag in den Wurmkörper und brachte diesen zum Erzittern. Wieder 10 % TP weg – langsam wurde es warm fürs Munkelchen.

Penk nutzte die Ablenkung, um aus seiner Halteposition zu springen, der Munkel zog sich daraufhin um nichts zusammen und kreischte frustriert auf. Dabei spuckte er mein Schwert aus, das weit aufs Feld hinaus flog, mir also derzeit nichts brachte. Aber so konnte ich es wenigstens wieder einsammeln, falls ich das hier überlebte. Dann drehte der Mob sich, um an Erzbart heranzukommen. Wir schlidderten alle von dem massigen Körper herunter, Zonor verpasste dem Zwerg dabei eine Sphäre, und dieser tankte den Monsterbiss einfach weg. Seine Standhaftigkeit schützte ihn vor dem Verschlucktwerden, und auch in Kette war Erzbart ein ganz schön harter Kerl. Aber auch das würde nicht ewig so gehen.

„DRAUF! DEE PEE ESS!“

Die Caster ließen es krachen, Penk zerfetzte und Kiran fuhr seine Schwerttechniken auf. Ich heilte wie wild meinen kleinen Kumpel, kippte Manatränke, als gäbe es kein Morgen, und hielt ihn somit am Leben, denn Mr. Munkel hatte sich auf ihn eingebissen. Dann hatten wir den Mob auf 25 %, und er zündete seine letzte Bossfähigkeit. Er bäumte sich auf, zu sicherlich fünf Metern Höhe, und schoss dann rasend schnell zurück in die Erde. Keine drei Sekunden später war er verschwunden. Lediglich eine leichte Verwerfung zeigte seine Eintauchstelle – und wir standen alle mit Goblin-artigen Gesichtern darum herum.

„Aufpassen! Vielleicht kommt der hinter uns wieder hoch“, sagte ich und drehte mich um meine eigene Achse. Wir alle hielten Ausschau, doch es passierte nichts weiter. Ein paar Minuten später entspannten wir uns – der Mob war offensichtlich weg.

Knallharter Kampf, und jetzt gibt’s noch nicht mal EP und Drops. Was für ein Scheißvieh! Den hätten wir gepackt. Ich hätte Erzbart halten können, wenn‘s halbwegs schnell gegangen wäre.

Penk war offensichtlich meiner Meinung, er spuckte herzhaft in die Erdverwerfung, aber das war auch das letzte Bemerkenswerte, was in diesem Kampf passierte.

„Wo ist eigentlich Kondra? Hat die mich nicht gehört?“, fragte ich den Zwerg, als wir sicher waren, dass hier nicht mehr gemunkelt werden würde.

„Die hat Petersilie in den Ohren. Also jetzt echt – die Kreischerei und mein Gehämmer haben sie beim Kräutermischen gestört.“

„Großartig. Dafür kann ich sie nicht mal blöd anmachen.“

Wir ließen dann das Training für heute gut sein, denn niemand hatte mehr großartig Bock darauf. Ich sammelte noch fix mein Schwert ein, dann begaben wir uns zurück zum Wäldchen.

Der Feind deines Feindes

AM FRÜHEN ABEND, noch vor dem Einsetzen der Dunkelheit, kam die Elfe zurück. Sie hatte gute Epic-Schwerter für Penk und Kiran dabei sowie eine Menge Schmuck für sich, Zonor und Kondra. Zonor und sie hatten sich sogar ein paar Items für Ausdauer und Trefferpunkte gekauft – aber auch nur, weil ich darauf bestanden hatte. Die beiden waren zu instabil, was sich nun hoffentlich ändern würde. Den Kram musste ich mir mal angucken, wenn wir Zeit hätten.

Nachdem Alcanara die neue Ausrüstung verteilt hatte – Kiran machte ein paar Probeschwünge mit dem neuen Schwert und sah nicht wirklich begeistert aus, bedankte sich aber trotzdem bei ihr –, brachen wir das Lager ab. Wir hatten schon alles eingepackt, als Zonor uns aufhielt, da er einen Ring im Gras verloren hatte. Also krochen wir alle auf dem Boden herum und suchten, während die Rangerin derweil nach dem besten Weg Ausschau hielt.

In dem Moment, in dem Kondra „Ich hab‘ ihn!“ rief und Zonor ganz erleichtert zu ihr eilte, gab Alcanara Alarm.

Alle erstarrten, Zonor zog sich schnell den Ring über und wir gingen in Kampfbereitschaft. Das funktionierte mittlerweile echt gut.

Es war aber nicht nötig. Die Elfe deutete in Richtung Feld, von wo Besuch nahte. Unerwarteter Besuch zwar, aber „aggro“ war der nicht. Es war eine „Fullgroup“ von Purify, schön in Reih und Glied, mit Banner und tadellosem Aussehen.

Ach Mist. Der blöde Guildleader. Den hab‘ ich ja völlig vergessen...

Ich inspizierte sie. Scheiß auf Höflichkeit.

Lady Mirame Larsten. Ritterin. Level 36. Gesegnet. Purify.

Sir Ursus Mancol. Wutritter. Level 41. Gesegnet. Purify.

Dera Bergen. Paladina. Level 42. Gesegnet. Berührt. Purify.

Sir Harold Arnst. Erster Ritter. Level 43. Gesegnet. Purifiy.

Ernst Harloff. Elite Scout. Level 38. Gesegnet. Purify.

Valgara Miarden. Tempelklerikerin. Level 45. Gesegnet. Berührt. Purify.

Sir Morgan Karmal. Meisterritter. Level 52. Gesegnet. Purify. Offizier.

Sascha Müller. Serjant. Level 28. Gesegnet. Purify.

Meinwald Berger. Großer Landbesitzer. Level 34. Lanseer. Gildenvorsteher.

Gren Harvener. Erfahrener Sekretär. Level 31. Lanseer. Offizier.

Eine „Big Landowner“-Klasse und eine Gruppe Highlevels. Ja, alles klar... Vielen Dank auch mal wieder.

Und sie wollten definitiv zu uns. Sie inspizierten ebenfalls.

Gut war, dass sie wohl etwas von uns wollten. Denn diese Gruppe hätte uns umgehustet. Ohne großes Halskratzen. Wobei... sie hatten nur eine Heilerin und keine Caster...

Nee. Für so was waren wir noch nicht fett genug. Auch nicht mit neuem Kram. Aber Noobs waren wir auch nicht mehr. Ich nahm noch kurz Blickkontakt mit Kiran auf, der auf kleiner Flamme vor sich hin kochte, winkte ihn hinter mich und wandte mich dann erhobenen Hauptes den Purifys zu.

Der Meisterritter spießte mich mit seinem harten, aber gar nicht so unfreundlichen Blick auf. Der war offensichtlich nicht hier, um mich umzubringen. Das entspannte mich etwas.

Der Typ ist fast so groß wie Penk...

Ich kehrte meine Coolness heraus. Ich brauchte ja so was von dringend einen „Cool bleiben“ Skill.

„Sir Morgan. Herzlich willkommen in unserem Lager. Gildenvorsteher Berger, was verschafft mir die Ehre, dass ihr euch hier hinausgequält habt?“

„Mr. Landowner“ war ganz schön fett. Fast so fett wie Mompf Mampf.

Der Sekretär war hingegen eine Bohnenstange. Beide kamen in bester Kleidung daher, die am Saum schon etwas verdreckt war. Ich vermied es demonstrativ, dort hinzuschauen.

Der Meisterritter konnte offensichtlich die leichte Ironie in meinen Worten heraushören und unterdrückte ein Lächeln. Er trug eine glänzende, sicherlich epische Vollrüstung, ein schickes Schwert und einen eher unscheinbaren Schild. Vom Alter her schätzte ich ihn auf Mitte 40, und mir fiel sein gut gepflegter Schnurrbart ins Auge. Den Lachfältchen nach zu urteilen, stand ich hier vor einem Mann, der gern fröhlich war. Aber eine rote Nase hatte er nicht.

Der „Gildenleader“ blieb stehen und schnaufte. Der war nicht so amüsiert, das konnte ich sehen. „Hier sind wir also richtig?“, fragte er missmutig und sah dabei den Meisterritter an.

Der deutete auf unser Lager und warf dabei einen kurzen Seitenblick zu seinem Scout.

„Hier ist es“, verkündete dieser in einer gar nicht so volltönenden Stimme. Trotzdem war er gut zu verstehen.

Sir Morgan übernahm wieder. „Diese Leute oder etwas, was sie bei sich tragen, sind das berechnete Ziel. Einen schönen guten Tag, meine Herrschaften. Wir sind die Eskorte für Lord Berger.“ Die letzten Sätze sprach er in unsere Richtung. Dann trat er zurück.

„Mr. Landowner“ nickte, richtete sich auf und räusperte sich. Er trat auf wie ein König. Ein bisschen kleiner, als ich mir das so vorgestellt hätte mit den Königen, ein bisschen weniger Ausstrahlung hatte er wohl auch, aber die Haltung passte. Auch wenn der Rocksaum leicht verdreckt war.

Dicker Posen-Skill, Kollege. Und gute Auftritt-Eigenschaften. Respekt.

„Guten Tag, die Herrschaften“, begrüßte er uns nach einem Räuspern. „Also, das Problem ist folgendes.“ Er kam gleich zum Punkt. Das fand ich sympathisch. „Ein wertvoller Zuchtstier ist wahnsinnig geworden. Das ist jetzt etwa zwei Wochen her. Erst hat er das Futter tagelang verweigert und kläglich gemuht. Dann ist er durch sein Gatter gebrochen und wollte davonlaufen.“ Er räusperte sich erneut.

„Wir haben ihn mit großer Mühe wieder einfangen können, derzeit liegt er an der Kette. Ein Meisterzüchter hat versucht, ihn zu beruhigen, ohne Erfolg. Also ließen wir einen Magier kommen. Dieser konnte zwar nicht sagen, was dem Bullen fehlt, aber konnte herausfinden, wo er hinwill. In den verfluchten Wald. Laut des Scouts unserer werten Alliierten zu euch.“ Er wirkte, als würde er auf einer Versammlung reden. Volltönende Stimme, freundlicher Gesichtsausdruck, klare Worte. Mit Sicherheit war das eine Eigenschaft.

„Mr. Masterknight“ nickte ernst. Ich sah seine Belustigung nur in den Augen. Und auch dann nur, wenn ich genau hinsah.

Ich selbst konnte mich gerade noch beherrschen. Ein ganz, ganz heftiger Lachanfall versuchte, sich aus meiner Bauchhöhle nach oben zu kämpfen.

Cool bleiben, Rok, cool bleiben...

„Ihr wollt mir jetzt erzählen, dass ihr Probleme mit ‘ner Kuh habt, die zu uns will. Hab‘ ich das richtig verstanden?“, konnte ich in sehr beherrschtem Tonfall antworten. Das war schwierig, aber ich bekam es hin.

Cool bleiben... poh, is‘ das schwer. Ich brauch den Skill. Kann mir vielleicht Josi beibringen...

Hinter mir hörte ich das eine oder andere unterdrückte Prusten. Das klang verdächtig nach Erzbart. Und nach Elf.

Der Gildenvorsteher schaute jetzt schockiert. „Eine Kuh? EINE KUH?“, rief er aus. „Ich erzähle euch hier, dass wir Probleme mit Norbert haben, einem preisgekrönten Zuchtstier! Ihr findet im ganzen Herzogtum keinen besseren! Eine Kuh! Wie ignorant seid Ihr, Mann? Diese KUH ist über 5.000 Goldmünzen wert!“ Er wurde bei diesen Worten rot und auch etwas lauter. Dabei kam er allerdings trotzdem noch gut rüber.

Oha. Ja, ich konnte verstehen, dass er sich aufregte. Ich schien wirklich diese Wirkung auf Leute zu haben. Er war total empört, hatte sich aber gut im Griff.

Aber warum ist seine Kuh mein Problem?

„Warum ist Eure Kuh mein Problem?“

Das war nicht so schlau gewesen. Er hyperventilierte leicht und winkte den Sekretär heran. Dieser gab seinem Boss eine lange Liste.

„Hier! Hier steht alles drauf! Die zwei Wochen von Norberts Untätigkeit haben mich schon über 80 Gold gekostet! Ganz zu schweigen von den übrigen Kosten“, brüllte er, während er den Stapel Papier vor meinen Augen hin und her schwenkte.

Norbert... Moment mal.

Ich gönnte mir einen kurzen Blickwechsel mit Alcanara. Die zog eine Augenbraue hoch und lächelte. Mit einer Geste bedeutete sie mir, fortzufahren.

Was für eine feine, coole Elfe ich da hatte. Die Rangerin ließ sich nichts anmerken, doch ich wusste jetzt, woran ich war. Es ging um einen durchgeknallten Stier, der Alcanara toll fand und offensichtlich zu ihr wollte. Aber das wusste Lord Berger nicht.

Nun räusperte ich mich und nahm alle ungeskillte Coolness zusammen. „Also, Eure unglaublich wertvolle Kuh dreht durch, und Ihr braucht Experten, die sich dieses Problems annehmen, verstehe ich das richtig? Tja, da habt Ihr Glück. Wir sind Kuhexperten, unsere Waldwanderin kann sogar mit ihnen sprechen.“ Das hoffte ich jedenfalls. „Wir haben hier nur noch kurz etwas zu erledigen, dann stehen wir voll und ganz zu eurer Verfügung.“

Umgehend wurde der Gildenvorsteher ruhiger. Er schaute hoffnungsvoll in meine Richtung. „Ihr versteht also unser Problem? Ausgezeichnet. Wann seid Ihr hier fertig? Können wir irgendetwas tun, damit es schneller geht? Vielleicht eine kleine Spende, damit Ihr es verschiebt und sofort mitkommt?“ Ich konnte die Erleichterung in seinem Blick förmlich sehen. Das Problem schien sich zu lösen. Dachte er.

Im Blick von Sir Morgan fand sich allerdings so gar keine Erleichterung. Bei dem verschwand das Lächeln aus den Augen, und er wurde vorsichtig. Erfahrener Mann.

„Tjo, kein Problem. Mit Eurer Hilfe geht’s mit Sicherheit deutlich schneller“, meinte ich nachdenklich. Das sollte auch ohne Posenskill gut rübergekommen sein.

„Was benötigt Ihr?“, fragte Lord Berger geschäftsmäßig.

Ich konnte ihn mir, statt in seiner teuren Brokatkleidung und mit fragendem Blick, sehr gut im Anzug vorstellen, wie er gerade das Scheckbuch zückte.

Ausgezeichnet. Na dann!

Ich sah dem Mann fest in die Augen. „Also, ich muss den Superboss hier hauen. Den Meister der Klingen. Ich nehme mal an, dass der ganz schön krass sein wird. Dafür bräuchte ich ‘nen Raid, wenn‘s einigermaßen schnell gehen soll.“ Diese Aussage unterstrich ich mit einem breiten Lächeln.

Ich hatte damit gerechnet, dass Sir Morgan angepisst reagieren würde. Tat er aber nicht. Stattdessen fokussierte er mich und fragte, bevor „Mr. Landowner“ überhaupt den Mund aufbekam: „Ihr wisst, wie man zum Meister der Klingen kommt?“

Nun stand dort kein freundlicher Meisterritter mehr, sondern ein harter Gildenoffizier, der Antworten verlangte.

Oho? Der weiß das nicht?

„Sieht wohl so aus, wenn ich ihn hauen muss, oder?“

Der Meisterritter trat vor mich. „Einen Moment bitte, Lord Berger“, sagte er noch, dann hatte ich seine volle Aufmerksamkeit. „Habt Ihr eine Karte? Zu seiner Festung?“, fragte er weiter, mit fordernder Stimme und eindringlichem Blick. Sehr eindringlichem Blick.

Das ja lief besser, als ich gedacht hatte. Kiran schaute angepisst, aber hier musste ich zuschlagen. Alles andere später. Erst mal sollte ich diesen Sir Morgan zufriedenstellen.

„Habt Ihr einen Raid?“, fragte ich zurück.

Jetzt lachte er tatsächlich auf. „Junger Mann“, erwiderte er, „wenn Ihr mir den Weg zum Meister der Klingen weisen könnt, stehe ich hier in zwei Wochen mit einem 400 Mann starken Raid Level 40 plus. Diesen Superboss zur Ruhe zu legen, bedeutet für uns ein Jahr lang halbe Arbeit am Waldrand. Die Untotendichte wird massiv abnehmen. Vielleicht können wir sogar ein Expertenteam entsenden, das den Fluch aufheben kann. Man kann den Meister der Klingen nämlich leider nicht ganz töten, das geht mit keinem der Untoten hier. Aber sie für ein Jahr zu bannen, das geht.“

Und dann macht ihr die schöne Grind-Area kaputt, oder was?

Na ja, egal. Musste sein. „Klingt super. Ich hab‘ allerdings nur fünf Tage Zeit. Dann ist er wieder weg.“

Das höchst interessierte und fast schon arbeitseifrige Gesicht von Sir Morgan veränderte sich. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, er hustete kurz. Dann trat er einen Schritt zurück. „Fünf Tage? Nicht machbar. Tut mir leid.“ Er schüttelte den Kopf. „So interessant das auch für uns ist, in fünf Tagen kann ich keinen Raid aufstellen, der die Festung des Meisters der Klingen packt.“

Ich nickte bedauernd. „Tjo, dann können wir bei der Kuh wohl erst mal nicht helfen. Das ist eine ‚Mach‘s jetzt oder stirb‘-Quest.“

Sir Morgan schüttelte vehement den Kopf und ignorierte das schockierte Gesicht von „Mr. Landowner“. Der wurde jetzt allerdings aktiv.

„Aber, aber, Sir Morgan, Herr Nang, das geht doch nicht“, beschwerte er sich. „Norbert muss wieder arbeiten! Unser gesamtes Zuchtprogramm geht den Bach runter, wenn der nicht ranschafft! Sir Morgan, ich kann die Versorgung für den Winter nicht garantieren, wenn sich dieses Problem nicht löst!“ Er fixierte den Meisterritter mit seinem Blick, doch der wehrte ab.