Extropia - Thomas Ahrendt - E-Book

Extropia E-Book

Thomas Ahrendt

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Beschreibung

Was ist Leben? Wie ist es entstanden? Wird es uns Menschen gelingen, diese Fragen zu beantworten? Und was, wenn diese Künstlichen Lebensformen trans- oder sogar posthumane Fähigkeiten aus sich selbst heraus entwickeln werden? Werden sie uns vernichten oder mit uns verschmelzen? Extropie ist sowohl als Gegenteil der Entropie im übertragenen Sinn ein Maßstab für Intelligenz, Information, Vitalität, Erfahrung, Diversität, Möglichkeiten und Wachstum als auch eine Form des Transhumanismus. Die "Extropianischen Prinzipien" fordern zum Kampf gegen die Entropie auf, zum Kampf gegen das Abfallender Energiedifferenzen, gegen den Hitzetod, der dem zweiten thermodynamischen Gesetz zufolge alle geschlossenen Systeme früher oder später ereilt. Doch wenn die Erde, das Sonnensystem, die Galaxis und vielleicht sogar das Universum offene Systeme darstellen, dann gilt das zweite Gesetz der Thermodynamik nicht unbedingt und Leben muss nicht in Entropie enden. Es könnte ein Prozess sich ausweitender Energie sein, eben die Verwirklichung von Extropie. Um dies zu erreichen, wird sich der extropianische Transhumanismus auch der Weltraumtechnik bedienen müssen, denn sie bietet die technologischen Mittel, um Weltraumenergien anzuzapfen: Sterne, Kernenergie, Antimaterie-Energie Energien der Quasare und Schwarzen Löcher usw. Und schließlich, um die Metagalaxis in Computronium umzuwandeln. Extropia vermittelt im Zusammenhang mit der Raumfahrt die Erkenntnis, dass das Leben, das in unserem Sonnensystem im Verlauf von Milliarden Jahren entstanden ist, nicht notwendigerweise mit seinen "Schöpfern" und "Heimstätten" (Sonne und Planet Erde) untergehen muss, sondern "hinübergerettet" werden kann – in außer- bzw. überirdische Existenzräume. "Extropia" zeigt Mittel, Wege und mögliche Zukunftsperspektiven auf. Dieses Buch wagt darüber hinaus eine begründete Neuauffassung des Kosmos und diskutiert die Folgen, die diese für die Suche nach außerirdischen Intelligenzen haben.

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Extropia

EinleitungLeben und Bewusstsein Künstliches Leben Contra KL Gefahr durch KL Computronium, Cyberspace & BewusstseinstransferBessere ComputerNanotechnologie - MolekülmaschinenTranshumane Cyborgs und Roboter Bewusstseinstransfer, Virtuelle Realität und EmulationenOmegapunktDie rechnende Raumzeit – das Universum als natürlicher (Quanten-)ComputerFolgen für SETILiteraturlisteWeitere Bücher

Einleitung

„Religion ist eine entropische Kraft, die unserer posthumanen Zukunft entgegensteht. Gottesdienst, Glaubensartikel, das alles will die Menschen an ihre eigene Blindheit binden. Statt Kraft in sich selbst zu finden, sollen sie auf Rettung durch höhere Mächte hoffen.“

„Die Zeit der Menschheit ist fast abgelaufen, nicht weil wir uns selbst zerstören, sondern weil wir unsere Menschlichkeit überschreiten werden. Wir werden zu transhumanen Personen, während wir ins posthumane Zeitalter eintreten, indem die menschlichen Grenzen überwunden werden.“

„Es ist die Entropie, die unsere Autos kaputt gehen, unsere Computer durchschmoren, unser Fleisch verfallen lässt. Entropie ist der Erzfeind menschlicher Hoffnung!“

Max More

Was ist Extropie? Extropie ist als Gegenteil der Entropie im übertragenen Sinn ein Maßstab für Intelligenz, Information, Vitalität, Erfahrung, Diversität, Möglichkeiten und Wachstum. Extropie (auch Negentropie oder Syntropie genannt) ist eine Form des Transhumanismus. Extropianer sind größtenteils Naturwissenschaftler und Computerexperten (u.a. Marvin Minsky, Ralph Merkle, Eric Drexler, Kevin Kelly, Bart Kosko und Gregory Stock). Ihre wichtigsten Werte bzw.  Ziele sind:

- grenzenlose Expansion:

Das Suchen nach mehr Intelligenz, Wissen und Effektivität, ein unendliches Leben und die Entfernung von politischen, kulturellen, biologischen und psychologischen Begrenzungen zur Selbstaktualisierung und Selbstrealisation

- Selbstveränderung

Das Bejahen von beständiger Moral, Intellekt und physische Selbstverbesserung durch Argumentieren und kritischem Denken, persönlicher Verantwortung und Experimentieren.

- dynamischer Optimismus

Taten mit positiver Erwartung füllen. Übernehmen eines rationalen, tatbasierten Optimismus, das Meiden von blindem Vertrauen und stagnierendem Pessimismus

- intelligente Technik

Das kreative Anwenden von Wissenschaft und Technologie um unsere "natürlichen" Beschränkungen, auferlegt von unserer biologischen Herkunft, Kultur und Umgebung zu überwinden.

- spontane Ordnung:

Unterstützung von dezentralen, freiwilligen sozialen Koordinationsprozessen. Fördern von Toleranz, Vielfalt, langfristigem Denken, persönlicher Verantwortung und individueller Freiheit.

Die „Extropianischen Prinzipien“ fordern zum Kampf gegen die Entropie auf, zum Kampf gegen das Abfallen der Energiedifferenzen, gegen den Hitzetod, der dem zweiten thermodynamischen Gesetz zufolge alle geschlossenen Systeme früher oder später ereilt. Doch wenn die Erde, das Sonnensystem, die Galaxis und vielleicht sogar das Universum offene Systeme darstellen, dann gilt das das zweite Gesetz der Thermodynamik nicht unbedingt und Leben muss nicht in Entropie enden. Es könnte ein Prozess sich ausweitender Energie sein, eben die Verwirklichung von Extropie. Um dies zu erreichen, wird sich der extropianische Transhumanismus auch der Weltraumtechnik bedienen müssen, denn sie bietet die technologischen Mittel, um Weltraumenergien anzuzapfen: Sterne, Kernenergie, Antimaterie-Energie Energien der Quasare und Schwarzen Löcher usw. Und schließlich, um die Metagalaxis in Computronium umzuwandeln. Extropia vermittelt im Zusammenhang mit der Raumfahrt die Erkenntnis, dass das Leben, das in unserem Sonnensystem im Verlauf von Milliarden Jahren entstanden ist, nicht notwendigerweise mit seinen »Schöpfern« und »Heimstätten« (Sonne und Planet Erde) untergehen muss, sondern »hinübergerettet« werden kann – in außer- bzw. überirdische Existenzräume. Ein Weg des Entkommens bietet die RAUMFAHRT. Einen anderen, der aber in dieselbe Richtung führt, hält „Extropia“ bereit.  Eben ein solches Ziel und Ideal, ein neues System der Werteordnungen überhaupt, bietet kommenden Generationen die vornehme und stets begeisterungsträchtige Aufgabe, Leben und Kultur in andere Welten zu tragen – sei es mit den Mitteln der RAUMFAHRT oder den der Transhumanisten; beide setzen wissenschaftlich-technische Ansätze voraus. Zunächst, um zu zeigen, dass solches überhaupt möglich ist. Dann aber auch, um unser Wissen zu bereichern, um unser Unwissen aus den »astronomischen Zahlen« zu verbannen. Und schließlich, um die »Hinüberrettung« der menschlichen Kultur möglich zu machen und zu vollziehen. Die Menschheit wird sich dieses Auftrags nicht entziehen, da er einem echten und immerwährenden menschlichen Kulturbedürfnis entspricht, seine Ausführung eine kulturelle Dynamik bedeutet, die Jahrtausende und Jahrmillionen unaufhaltsam fortwirken wird.

Die Motivation zum Aufbruch in andere Welten ließe sich daher so zusammenfassen: Die Menschheit wagt und schafft auch diesen kulturellen Evolutionssprung, weil es gilt

1. das Verhältnis zwischen Wissen und Unwissen zu unseren Gunsten umzukehren;

2. neue und immerwährende Ideale und Werte zu stiften;

3. dem menschlichen Kulturbedürfnis, dem Bedürfnis nach transutilitären Werten zu

entsprechen

4. die logische und gesetzmäßige Fortsetzung der technisch-wissenschaftlichen Revolution und deren Umsetzung im Ökonomischen und Sozialen zu betreiben

5. die Ausweitung des menschlichen Lebensraums und der »Umzug« in andere Welten (um zu überleben)

Am menschlichen Erkenntnishorizont hat sich bisher noch nie eine so gewaltige Aufgabe für den Menschen abgezeichnet wie diese letzte Konsequenz des extropianischen Raumzeitalters: „Leben überall dorthin zutragen, wo es bestehen und weiter gedeihen kann“, die menschliche Kultur in die (relative) Unendlichkeit und Unzeitlichkeit des Weltalls hinüberzuretten. Das zu wissen und zu verinnerlichen, macht unsere kulturelle Umwelt spannender und geistreicher – hoffentlich auch fruchtbarer und sinnvoller! Die Ideen und Instrumente für „Extropia“ stehen zur Verfügung. Und die Menschen werden den Sprung aus der irdischen Ökosphäre in den Ökokosmos (zunächst auf unser eigenes Sonnensystem beschränkt) meistern. Sie werden ihre menschlich-irdischen Entwicklungsgrenzen aufheben, indem sie einerseits neue Ökosysteme außerhalb der Erde schaffen und die alten auf der Erde umweltfreundlicher gestalten und andererseits künstliches Leben erschaffen und mit ihm verschmelzen. Dies ermöglichen

• praktisch unerschöpfliche Energiequellen,

• die Erschließung neuer Rohstoffressourcen,

• die Erschaffung zusätzlicher, umweltneutraler Produktionsräume,

• zusätzliche ökologische Regelkreise,

• zahlreiche und mannigfaltige Umweltleistungen aus dem All,

• die Möglichkeit, einen Teil der verlorengehenden Sonnenenergie für spätere Bedürfnisse zu speichern und damit

• in den Energie- und Materiehaushalt des Sonnensystems, der Galaxis und Metagalaxis einzugreifen (Stichwort: Negentropie).

Die Entwicklung von der Ökosphäre zum Ökokosmos wird sicher auch großen Einfluss nehmen auf die sozialen, kulturellen, geistigen und sittlichen Bereiche des Menschseins und, da das gesellschaftliche Sein menschliches Bewusstsein bestimmt, nicht zuletzt auch auf das soziale und moralische Bewusstsein der Menschen. Die Erzeugung von Negentropie selbst ist mit terrestrischen Techniken kaum möglich; jedenfalls nicht in nennenswertem Umfang. Dagegen sind die weltraumtechnischen Verfahren dafür wie geschaffen: Sie können die Energieentwertung auf der Erde verlangsamen helfen und – was eine typische Weltraumleistung darstellt – negative Entropie erzeugen. Das größte Potential liegt dabei in der Speicherung von Sonnenenergie in Form von Antimaterie. Ihre Herstellung ist in allen energiedichten Sonnenräumen möglich. Von großer Bedeutung sind auch die Negentropieverfahren, die uns die Lichtspiegeltechnik erlaubt. Man denke in diesem Zusammenhang an die Fotosyntheseproduktion, die Energieproduktion, an Nachtbeleuchtung und Umwelt, an Klima und Wetter und an alle anderen nachhaltigen Wirkungen, die damit erzielt werden können. Weltraumtechnik bedeutet daher in hohem Maße Negentropie und erlaubt damit das Hinausschieben des befürchteten Gleichgewichtszustandes, mit dem alles Leben auf dem Planeten Erde endet. Und das immerhin für viele Millionen von Jahren, denn das Leben wird aus negativer Entropie gespeist. Die Weltraumtechnik verspricht eine Vielzahl von Anwendungen und Nutzungsmöglichkeiten, die der wirtschaftlichen (stofflichen) Entropieerzeugung in entscheidenden Punkten entgegenwirken. Zum einen in dem wohl hauptsächlichen Punkt der negentropischen Energieversorgung und zum anderen durch die Erschließung neuer Stoffressourcen und damit die Öffnung des geschlossenen Entropiesystems Erde zu einem offenen entropischen Lebensraum.  Danach ist die Erde (heute) ein geschlossenes Entropiesystem, sie bekommt Energie von der Sonne und strahlt ihrerseits Energie in den Weltraum zurück. In diesem für das Leben und Weiterbestehen der Art Mensch so existenziellen Punkt kann Weltraumtechnik die große Wende herbeiführen: Im extropianischen Raumzeitalter verwandelt der Mensch die Erde zu einem offenen System, das Energie und Materie mit seiner kosmischen Umwelt austauschen kann. Angestoßen und realisiert wird diese Öffnung durch die kulturelle Leistung des Menschen, die Barth, um im entropischen Bild zu bleiben, als kulturelle Negentropie bezeichnet.

Der Transhumanismus hat zum Ziel, die weitere Evolution des Menschen durch wissenschaftliche und technische Mittel zu beschleunigen - über die derzeitigen menschlichen Formen und Grenzen hinaus (frei von Religionen und Dogmen) und  die Ausweitung des menschlichen Lebensraums (nicht zuletzt mit den Mitteln der Raumfahrt). Die Ziele der Transhumanisten sind Lebensverlängerung bzw. Unsterblichkeit, Abschaffung des Alterns, Steigerung der Intelligenz und der Konstitution des menschlichen Körpers. So wie Humanismus basiert der Transhumanismus auf dem Wert der Humanität und sieht keinen Grund, an unbekannte, übernatürliche Kräfte, die angeblich unser Schicksal kontrollieren, zu glauben. Das Ziel bzw. das Endstadium des Transhumanismus ist der „Posthumanismus“ – die Verkörperung von  Extropie, Hyperintelligenz, Information, Energie, Vitalität, Erfahrung, Verschiedenheit, Anpassungsfähigkeit und Wachstum sowie die Konstruktion von Computern, deren Rechenleistung um Größenordnungen über der heute erreichbaren liegt, zum Zwecke künstlichen Bewusstseins und des „Uploadings“, des (menschlichen) Bewusstseinstransfers, d.h. die Übertragung der kompletten menschlichen Persönlichkeit  auf Computern mit ausreichender Rechenleistung und künstliche Hardware, um praktisch Unsterblichkeit zu erreichen (Sicherungskopien des Gehirns machten dies möglich), aber auch um viele einzelne Geister zu einem "Super-Bewusstsein" planetaren Maßstabs zu verbinden, was der Beginn einer Intelligenz wäre, die auf kosmischen Skalen agiert (sogenannte Kardaschow-Superzivilisationen vom Typ I – III).

Posthumane werden aber nicht wie wir auf ordinären Planeten leben, sondern „Cybertopia“ bewohnen: ein Reich der Freiheit im Cyberspace. Dazu werden Nanomaschinen die Gehirninhalte der Cybernauten Synapse für Synapse auf elektronische Speichermedien übertragen und in die interkontinentalen, interplanetaren, interstellaren und vielleicht in intergalaktische Computernetze hochladen. Cybertopia wird aus „Computronium“ bestehen, aus zu Computern umgewandelter Materie (vielleicht auch Dunkle Materie?). Die Synthese von Computronium wäre eine Gipfelleistung der materiell-kosmischen Evolution, denn Computronium hat das Potenzial, "Stoff" unserer postbiologischen Existenz und darüber hinaus zu einer Eigenschaft der Raumzeit zu werden - wie etwa die Schwerkraft. Dabei ist Computronium weit mehr als nur Werkzeug und Objekt, es ist einerseits Lebensraum für (künstliches) Leben, andererseits aber auch selbst lebendig. Im ausgereiften Cyberspace wird jedes Staubkörnchen (durch Nano- oder Femtocomputer) zu Computronium, zum Teil einer wichtigen Rechnung oder zum Speichern von Daten werden. Als virtuelle Lebewesen wären die posthumanen Extropianer unsterblich, wobei die digitalisierten  Gehirninhalte jederzeit auf Roboterkörper (Avatare) oder Klone herunterkopiert werden könnten. Und selbstverständlich böte die Digitalisierung unserer Persönlichkeit ebenfalls die angenehme Option, sie wie alle digitalen Dokumente zu bearbeiten, um unerwünschte Charakterzüge und schlechte Erinnerungen zu löschen, zumindest aus unserem aktiven Gedächtnis, und statt dessen Fähigkeiten und Erfahrungen einspeichern, die uns angenehmer sind oder mehr Vorteile bieten.

Leben und Bewusstsein

Was ist Leben: Leben lässt sich definieren als Besitz der Organisation von Materie und nicht als Besitz einer Materie, die organisiert ist. Bei der Definition von Leben braucht man sich nicht nur auf organische (Kohlenstoff) Chemie beschränken, ja nicht mal auf einen physikalisch aufgebauten Körper, solange die Prozesse, die Verhaltensweisen, die für Leben typisch sind, realisiert sind (Selbstreproduktion, Stoffwechsel, Wachstum, angepasste Reaktionen usw.) Nach der üblichen Vorstellung ist "Leben" ein zwar komplexer, aber vor allem ein carbaquistischer Prozess[1], der stark abhängig von der Materie bzw. dem Substrat ist. Wenn ich eine Kopie meines Gehirns mit derselben Struktur machen könnte, jedoch unter Verwendung anderer Materialien, würde die Kopie dann denken, dass sie gleich ich ist? Ist Materie die Grundlage von Bewusstsein, dann können Leben und Bewusstsein niemals von Fleisch und Blut, das heißt von der Biologie wegevolvieren und  intelligente Computer sind unmöglich. Kohlenstoff- Leben kann dann nur solange existieren, wie die Bedingungen dafür günstig sind, solange also flüssiges Wasser und freie Energie verfügbar sind. Aber auch dann ist die Lebensdauer begrenzt, da es nur einen endlichen Vorrat an freier Energie hat. Die Quellen der freie Energie, auf die Leben für seinen Stoffwechsel angewiesen ist, werden durch die fortschreitende kosmische Expansion schließlich erschöpft sein. Sollte „Struktur” die Bewusstseinsgrundlage sein, dann kann Leben jede nur mögliche materielle Verkörperung annehmen, die für seine Zwecke optimal ist und dann sind intelligente Computer möglich (und in der Biologie können Skalengesetze angewandt werden). 

Wenn aber analoge Prozesse auch auf anderen Systemen basieren können, scheint für Leben nicht die Substanz bzw. das Substrat entscheidend zu sein, sondern das Muster und Muster ist nur ein anderer Name für Information. Wobei Leben konkreter ein dynamisches Muster, ein Prozess ist. (Die ersten Lebewesen waren möglicherweise sich selbst kopierende Muster von Defekten in Metallkristallen, die auf Kohlenstoffmoleküle übertragen wurden.) Das Fortdauern lebender Muster beruht auf einer Wechselwirkung mit ihrer Umwelt, wodurch sich die in dem Muster codierte Information zwar ständig (leicht) verändert, aber diese Varianz wird durch das Feedback auf eine enge Bandbreite eingeschränkt. Neben Information ist Komplexität ein weiterer grundlegender Faktor für Leben; es ist abhängig von einem Maß an Komplexität. Jenseits dieser kritischen Masse können sich (Proto-)Lebensformen fortlaufend selbst reproduzieren, wobei sie nicht nur Ihresgleichen erschaffen, sondern sogar Ursprung für kompliziertere Objekte sein können (Evolution). Bestes Beispiel dafür ist die Entwicklung von der RNA-Welt über relativ einfache, einzellige Organismen zu so komplexen Lebewesen wie den Säugetieren und den Menschen (als vorläufigen Höhepunkt). Außerdem ist diese These das beste Gegenargument für den "Vitalismus". Trotzdem es die mystische Vis vitalis nicht gibt, die lebende von toter Materie trennt, existiert tatsächlich eine  Art Lebenskraft in biologischen Systemen - eben Komplexität. Als 3. Faktor ist "Selbstorganisation" grundlegend mit der  Entstehung des Lebens verbunden. Selbstorganisation muss als eine Kraft der Natur verstanden werden, die die Evolution unterstützt und das System so in Richtung einer größeren Komplexität schiebt. Leben will sich entwickeln , auch gegen scheinbar unüberwindliche Hindernisse. Verantwortlich dafür ist weder eine Lebenskraft noch Zauberei, sondern ein substantieller Kern der Natur, der selbst reproduzierende Objekte möglich, wenn nicht sogar unvermeidlich macht, wenn alle 3 Faktoren (Information, Komplexität, Selbstorganisation) ausreichend vorhanden sind. Leben wie wir es kennen, ist aus der Perspektive der Thermodynamik ein sogenanntes offenes System: Lebewesen tauschen mit ihrer Umwelt Materie (über Nahrung und Stoffwechselendprodukte) und Energie (über Stoffwechselprozesse und Schwitzen) aus. In weit entfernter Zukunft wird die Entropie soweit zugenommen und sich die nutzbare Energie derart verringert haben, dass Leben nicht mehr möglich sein wird. Ein Ausweg wäre nun, die kosmische Entropie in ihr Gegenteil umzukehren, also die Negentropie zu erhöhen (was Leben auf der Erde ja schon seit Gigajahren macht). Dabei stellt sich heraus, das die Evolution - in Verbindung mit der Selbstorganisation - entgegengesetzt zur Zunahme der Entropie im Universum verläuft; sie offensichtlich ein  Gegenspieler des  zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik ist. 

Hans Hass – Energontheorie und Theorie der Hyperzeller

Die vom Meeresforscher und theoretischen Wissenschaftler Hans Hass  entwickelte Energontheorie besagt, dass sich Berufstätigkeit und Unternehmen des Menschen zwangsläufig nach den gleichen Gesetzen wie die biologische Evolution entfalten. Sie orientiert sich nicht an den materiellen Erscheinungen, sondern am Energetischen: an Abläufen, Leistungen und Wirkungen. Die Energontheorie betrachtet das, was der Materie zugrunde liegt und sich über sie entfaltet, die Energie. Hass betrachtet die Lebensentfaltung als eine Erscheinungsform der Energie. Die sich immer mehr steigernde Lebensentfaltung ist dabei nur möglich, wenn die entsprechenden Strukturen eine positive Energiebilanz haben, wenn sie also mehr Energie aufnehmen als sie verbrauchen. Diese „ernergieaufnehmenden Systeme“ bezeichnet er als „Energone“. 1971 fand sie in der Wirtschaftswissenschaft ihre erste Anwendung. Dort interessierte der neue Ansatz, Effizienz rechnerisch zu erfassen und zu einem neutralen Bewertungssystem zu gelangen. Während der Energontheorie die funktionelle und energetische Denkweise zugrunde liegt, befasst sich die Theorie der Hyperzeller mit der gleichen Thematik und gelangt zu denselben Schlussfolgerungen. Sie ist eine Weiterentwicklung der Evolutionstheorie nach Darwin. Genauso, wie sich nach der „Erfindung“ der Zelle aus den Einzellern vielzellige Lebewesen mit einer bestimmten inneren Organisation entwickelten, ist der Mensch Ausgangspunkt für eine neue Entwicklung, die über den Menschen hinweg weiter geht. Der Mensch vermag durch seine besonderen Fähigkeiten seinen Körper durch „künstlich“ gefertigte Hilfsmittel zu verbessern. Er entwickelt zusätzliche Organe, durch die er je nach Bedarf verschiedenste Leistungen erreichen oder effizienter durchführen kann. Diese zusätzlichen Organe reichen vom primitiven Steinzeitwerkzeug bis zum Rechenzentrum und zur Mondrakete. So kam es ausgehend vom Urmenschen zu einer weiteren, nicht minder gewaltigen Entfaltung von neuen Lebensformen, die sich in unserer Zeit immer schneller steigert. Diese Lebensformen fasst Hass unter dem Begriff Hyperzeller zusammen. Seine Theorie der Hyperzeller besagt, dass sich über den Menschen ein zweites Mai Leistungen auf noch effizientere Organe, die den Gesamtkörper direkt aus Umweltmaterial bilden, verlagerten, und dass all das, was man heute unter „soziokulturelle Entwicklung des Menschen“ zusammenfasst, den gleichen Gesetzmäßigkeiten der Evolution unterliegt. Die Theorie der Hyperzeller schließt also unmittelbar an Darwins Lehre an und befasst sich mit dem Evolutionsverlauf und seinen Gesetzmäßigkeiten, der über den Menschen hinweg seinen Weg nahm. Siehe auch: www.hans-hass.de

Während die Entropie die Ordnung auflöst, treibt im Gegensatz dazu die Evolution durch die Kraft der Selbstorganisation immer weiter in Richtung zunehmender Ordnung. Selbstorganisation im Widerstreit zu dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik lässt sich als wichtiges physikalisches Prinzip verstehen, vielleicht sogar als ein sehr wichtiges physikalisches Gesetz, das in umfassender Weise in die Physik eingebettet ist. "Komplexität" umfasst Physik und Mathematik, Informationstheorie, Informatik, Physiologie, Populationsgenetik und Spieltheorie. Leben und der Bottom-up-Ansatz: biologisches Leben ist ein Prozess und arbeitet sich von der Basis zur Spitze. Die Welt als Ganzes (= die ges. Biosphäre) – ist ein gigantisches natürliches System, das als gemeinschaftliches Resultat von vielen Milliarden biologischen FSMs entstand, die winzigen Regelwerken gehorchten. Um KL zu erschaffen o. um zu klären, was Leben ist, braucht man vieles, von der Chaostheorie bis hin zur Genetik und darüber hinaus eine besondere Sichtweise von der Natur des Lebens selbst. Theorien über den Ursprung des Lebens sind sehr zahlreich, wobei viele einerseits außerordentlich schwer zu widerlegen und andererseits nahezu unmöglich zu beweisen sind. Die Schwierigkeiten beginnen schon mit Unstimmigkeiten bezüglich der Zusammensetzung des Planeten und mit den atmosphärischen Bedingungen, die auf der Erde geherrscht haben, als sich das Leben entwickelte. Die Schwierigkeiten werden aber noch größer: Denn einige der Arbeitshypothesen, selbst wenn sie von sehr ernst zu nehmenden Wissenschaftlern vorgebracht werden, enthalten oft bizarre und recht unwahrscheinliche Teilaspekte. Zu den eher klügeren Theorien, die auch heute immer noch als möglich in Erwägung gezogen werden, gehören beispielsweise die von Graham Cairns-Smith, nach der das Leben zwischen sich bildenden Tonschichten entstand und sich dann im Akt einer genetischen Machtübernahme in biochemische Reaktionen verwandelte (wie wir sehen werden, hat diese Theorie gewisse Bedeutung für KL). Eine anderes Modell, das „Panspermie“-Modell besagt, dass das Leben von einem außerirdischen Keim ausgegangen ist, den ein weit entfernter, extraterrestrischer Vetter (Mars?) uns geschickt hat. All diese Theorien spiegeln das Paradoxon wider, mit dem der Ursprung des Lebens behaftet ist. Wie schon von  feststellte, kann Leben nicht entstehen, wenn nicht eine gewisse Komplexität vorhanden ist. Sobald dieser entscheidende Grad von Komplexität erreicht ist, kann der Prozess der Evolution beginnen und komplexere Moleküle, schließlich sogar Lebewesen hervorbringen. Aber wie kommt diese notwendige Anfangskomplexität zustande?

Definitionen des Lebens

 v. Neumann: Leben existiert in Form entstehender Informationsprozesse.

Kauffmann: Leben strebt aufgrund des Prinzips der Selbstorganisation danach, sich zu entwickeln.

Prigagone: Leben hat die Tendenz, sich knapp diesseits des Chaos anzusiedeln.

Ray: Leben ist ein symbiotischer Prozess, in dem tödliche Rivalen geradezu benötigt werden. Gleichgewicht ist eine Illusion. Ordnung entsteht aus einer unerbittlichen, unruhigen See. Selbst tödliche Schädigungen helfen dem System, sich auf ein höheres Komplexitätslevel zu erheben.

Diese Problematik veranlasste selbst geduldige Wissenschaftler dazu, die Untersuchungen über den Ursprung des Lebens in den Bereich der Pseudowissenschaften abzuschieben. Einige besonders konservative Biologen versuchten sogar, ziemlich weit hergeholte Erklärungen hervorzuzaubern, um damit die unendliche Unwahrscheinlichkeit der Entstehung des Lebens zu erklären. Sowohl den Theorien, die sich aus dem Miller-Urey-Experiment und dessen diversen Abwandlungen ergeben als auch der RNS-Welt-Theorie, nach der das frühe irdische Leben in einer RNS-Welt existierte, die  aus selbstreplizierender RNS bestand und später durch DNS und Proteine ergänzt wurde, fehlt die Hauptkomponente für die Entstehung des Lebens, nämlich die Kraft der Selbstorganisation.

Hyperzyklustheorie

Hier kommt nun der vom deutsche Biochemiker Manfred Eigen entworfene sogenannte Hyperzyklus ins Spiel, ein  zusammenhängendes Netzwerk von funktionell verpaarten selbstreplizierenden "Wesen", bei denen gewisse Verhaltensweisen entstehen, die mehr sind als nur die Summe ihrer Wechselwirkungen. Bei der Hyperzyklustheorie handelt es sich um wechselseitige Abhängigkeiten, bei der keine einzelne Reaktion die übrigen Funktionen des Zyklus ausführen kann. Stattdessen geht es um ein ausgewogenes Ökosystem. Mit dem Hyperzyklusmodell lässt sich zeigen, wie nackte RNA eine komplizierter Reaktionskette ausführen kann, die zu besser angepasste RNA-Moleküle und schließlich zu den typischen, hochentwickelten Funktionen der ribosomalen und Boten-RNA führt. Wenn sich Leben nicht nur aus einer RNS-Welt entwickelt haben soll,  wie könnte dann frühes die Doppelfunktion von Replikation und Stoffwechsel unterstützt haben? Hier könnte ein Modell von Freeman Dyson weiterhelfen. Während sich bisherige Theorien über den Ursprung des Lebens entweder der Proteintheorie oder der Nukleinsäuretheorie zuordnen ließen, vermutete Dyson, dass  die Entstehung des Lebens eine Kombination aus einem Replikationsprozess und einem Stoffwechselprozess war. Die Proteintheorie besagt, dass der durch Proteine angeregte Stoffwechsel zuerst dagewesen war, während  die Nukleinsäuretheorie davon ausgeht, dass ein Replikator wie die RNS die erste Manifestation des Lebens war. Leben begann nach dem dualen, hyperzyklusähnlichen Kaufman-Modell mit einem autokatalytischen, selbstreplizierenden Haufen von Polymeren, deren Teile gemeinsam und gleichzeitig einen Stoffwechsel katalysieren. Im Gegensatz dazu brauchen Konkurrenzmodelle eine Kombination sehr vieler Voraussetzungen von sehr geringer Wahrscheinlichkeit, da ihnen selbstreproduzierende Systeme fehlen. Sie hängen von der Entstehung einer einzigen Molekülart ab, die dazu fähig ist, sich in komplexe Substanzen verwandeln zu können, um die Maschinerie des Lebens mit Energie versorgen zu können. Statt der systembedingten parallelen Reaktionen, die Kauffman vorschlug und die er als zwangsläufiges Resultat der Komplexität ansah, liefen diese Alternativen in den Konkurrenzmodellen als Folge von Vorgängen ab. Dazu war dann allerdings eine Reihe genau festgelegter Bedingungen notwendig, vergleichbar einem Roulettespiel, bei dem man immer wieder auf eine bestimmte Zahl setzt in der Erwartung, dass sie eigentlich jeden Moment fallen muss. Aber es gab auch noch ein weiteres offensichtliches Gegenargument: Wenn die Trefferchancen in dieser Theorie so unglaublich gering waren, warum gab es uns dann? Weil Leben entstehen will.

Sprunghafte Evolution

Nach neuerer Ansicht von Biologen verläuft die Evolution sprunghaft. Statt eines gleichmäßigen und kontinuierlichen Entwicklungsanstiegs wird dieser immer wieder von Stillstandsperioden unterbrochen, in denen die Arten eine Zeitlang relativ stabil und im Gleichgewicht bleiben.  Diese Perioden nutzen sie, um sich der jeweiligen Umwelt anzupassen. Ein plötzlicher Umweltwechsel oder eine erfolgreiche Mutation erzeugen qualitative  Sprünge in ihrer Tauglichkeit. Bei den Phänotypen der neuen Arten treten neue und physikalische Merkmale auf. Biologen bezeichnen diese von sprunghaften Schüben gekennzeichnete Entwicklung als „unterbrochenes Gleichgewicht“. „Epistatisch“ nennen Biologen Fälle, in denen eine ausgewogene Kombination verschiedener Gene für das Auftreten einer Eigenschaft benötigt wird. Dass eine beliebige Kombination von Genen beim Crossing-over oder durch eine Mutation in einer einzigen Generation zu einem neuartigen Genotyp führt, ist sehr selten bzw. unwahrscheinlich. Außerdem würde eine Paarung diese unwahrscheinliche Verkettung sofort wieder zerstören. Auch künstliche Organismen entwickelten sich nicht in einem gleichmäßigen, kontinuierlichen Prozess, sondern durch plötzliche Sprünge des unterbrochenen Gleichgewichts. Ihr Fortschritt besteht häufig aus langen Phasen relativen Stillstands, die durch kurze Perioden schnellen Fortschritts unterbrochen werden. Das deckte sich auch mit der Feststellung der Evolutionsbiologen. Doch bei der Untersuchung des Genotyps künstlicher Lebewesen stellte sich heraus, dass, während eine Population zu ruhen schien und ihr Phänotyp gleich blieb, sich in ihren genetischen Anlagen Änderungsprozesse vollzogen. Die plötzliche Zunahme der Tauglichkeit war kein unvorhergesehenes Ereignis; vielmehr schien die Population ihren nächsten Schritt schon in sich zu tragen. Der Genpool enthält bereits eine Reihe epistatischer Gene, die erst dann zum Einsatz  kommen, wenn alle vorhanden sind. Bis dahin sind alle Allele für diese Gene rezessiv. (Zur Erinnerung: ein Allel stellt bestimmte Genvariationen dar. Z.B. sind Farbpigmente  Allele des Gens für die Augenfarbe.) Während die dominanten Eigenschaften in der Population zum Ausdruck kommen, können sich rezessive Gene in ihr anhäufen, wobei ein rückgekoppeltes Netzwerk die parallele Entwicklung dieser Anordnung unterstützt. Erreicht die Anzahl der rezessiven Gene eine bestimmte Größe, verbreiten sie sich überall in der Population, wobei diejenigen Individuen, die alle diese Eigenschaften besitzen, aufgrund des epistatischen Effektes viel besser angepasst sind, so dass dieser Population ein Entwicklungssprung gelingt. Wird also dieser „magische“ Prozentsatz erreicht, dann gibt es plötzlich eine enorme, positive Rückkopplung und ruckzuck geht ihre Zahl nach oben, bis jeder sie hat. Dieser magische Prozentsatz lässt sich durch den Term 1/ℯ² quantisieren[2]. Wird bei Vorhandensein der entscheidenden Gene dieser Wert erreicht, steigt die Population plötzlich auf eine höhere Ebene. (Gilt das auch für die Intelligenz, für die „Wissenschaftlichkeit“ einer Gesellschaft? Hat das auch kulturelle Auswirkungen? Kann man sagen, dass, wenn die Anzahl der Wissenschaftler, Forscher und Ingenieure 1/ℯ² erreicht, dass dann die gesamte Gesellschaft so wird?) Qualitative Sprünge in Richtung Anpassung, Komplexität und „Höherentwicklung“ werden nicht unbedingt durch drastische Umweltstörungen oder entscheidende Mutationen verursacht; vielmehr sind komplexe Zusammenhänge multipler Gene dafür verantwortlich.

Telische Wellen

Wie kann man Leben erkennen? An welchem Punkt lässt sich festlegen, ob eine Kreatur (z.B. ein menschlicher Embryo) lebendig ist? Kann man Fortschritte beim Verständnis und der Simulation des Verhaltens und der Simulation des Verhaltens von lebendigen Kreaturen machen, ohne sich in die verwickelten Zusammenhänge einer Definition von Leben einzulassen? Im Alltag ist die Beurteilung einfach: eine Katze lebt – ein Stein nicht. Aber eine Formalisierung dieser Unterscheidung ist schwierig, besonders wenn diese in empirischen Messungen verwendet werden soll. Leben zeichnet eine empirisch messbare, statistische Qualität aus. Leben ist ein Attribut, dass ein Organismus besitzt, wenn dieser Mitglied eines sich entwickelnden biologischen Systems von Organismen ist, die miteinander und mit der Umwelt wechselwirken. Leben ist also eine Eigenschaft, die mit der Umwelt interagiert. Wobei ein Organismus nur ein zeitweiliges Mitglied einer sich entwickelnden Biosphäre ist (aber nicht notwendigerweise in der Technosphäre, dort Unsterblichkeit möglich). Bei aller Komplexität, die „Lebendig-Sein“ assoziiert, gibt es dennoch 3 Hauptkriterien:

ein Informationen verarbeitender Apparat

die Fähigkeit, Funktionen über eine komplexe Struktur auszuführen

die Fähigkeit, diese Struktur innerhalb von Generationen spontan zu modifizieren und zu verbessern (und genau das ist Evolution)

Der Schlüssel für die Bewertung von Lebendig-Sein ist evolutionäre Aktivität, die sich über die Bewegung von vorteilhaften oder nützlichen Genen innerhalb des Genpools einer Art quantifizieren lässt. Diese Bewegungen vorteilhafter Gene werden auch als „telische Wellen“ bezeichnet, obwohl „Teleologie“ ein biologischer Negativbegriff ist, denn im Gegensatz zu Biologen glauben Teleologen, dass die Evolution in zielgerichteten Bahnen auf ein Endziel hin verläuft. (Die natürliche Biologie macht das vielleicht nicht, aber Technologie könnte es sehr wohl, weil sie bewusstseinsgesteuert ist.) In diesem Fall sind die telischen Wellen jedoch anders, nämlich im Rückblick zu verstehen, da die Gene rückblickend daran arbeiten, die Art zu verbessern, so dass man die genetischen Veränderungen im Nachhinein als zielgerichtet, als finalistisch deuten könnte. Allerdings gibt es für zukünftige KLs – wie auch für uns Menschen – sehr wohl die Möglichkeit einer zielgerichteten Entwicklung, anders als Populationen, deren Entwicklungen nur von evolutiven Kräften gesteuert wird.  (Wir Menschen könnten uns das Ziel geben z.B. in 100 Jahren 105 Menschen auf dem Mars anzusiedeln oder in knapp 10 Megajahren die gesamte Galaxis zu kolonisieren. Zukünftige KL-Organismen werden so hoch entwickelt sein, dass sie selbst auf bestimmte Ziele, etwa die technologische Singularität oder den Omegapunkt, hinarbeiten.) In dem KL-Modell der mentalen Teleologie bilden telische Wellen nicht die Basis für das Überleben, sondern für eine psychologische Anpassung oder einen Lernvorgang. Dieses Modell ist nicht nur Richtschnur für Vergleiche künstlicher Lebensräume, sondern auch ein Bestimmungstest dafür, was lebt. Eine positive Aktivität ist ein Hinweis dafür, dass sich KL-Wesen kontinuierlich neue Verhaltensweisen oder psychologische Aktivitätsmuster einverleiben und angewöhnen. Die Präsenz telischer Wellen ist ein Beweis dafür, dass richtiges Leben in einem System vorhanden ist. Auf dies Weise ließen sich auch biologische Populationen vermessen, wenn es gelänge, die genetischen Bewegungen festzustellen.

[1] "Carbaquismus" setzt sich aus "Carbon" für Kohlenstoff und "Aqua" für Wasser zusammen und steht für die Vorstellung, Leben könne nur auf Kohlenstoffchemie und Wasser beruhen.

[2]ℯ ist die „Eulersche Zahl“, benannt nach dem Schweizer Mathematiker Leonhard Euler. Sie ist eine für die Wissenschaft und insbesondere für die Mathematik wichtige Zahl und liegt vielen Wachstums- bzw. Zerfallsprozessen in der Natur zugrunde, z.B. die Vermehrung einer Bakterienkolonie oder der radioaktive Zerfall. Die Zahl e ist "Basis des natürlichen Logarithmus".

Künstliches Leben

Das Forschungsgebiet Künstliches Leben beschäftigt sich mit der Untersuchung künstlicher Systeme, die charakteristische Verhaltensmerkmale natürlicher Systeme widerspiegeln. Es handelt sich darum, Leben und seine möglichen Erscheinungsformen zu erklären, und zwar ohne Beschränkung auf bestimmte Beispiele, die sich auf der Erde entwickelt haben. Dazu gehören biologische und chemische Experimente,  Computersimulationen und rein theoretische Ansätze, wie auch Prozesse von molekularem, sozialem und evolutionärem Umfang. Das Endziel ist es, die logische Basis lebender Systeme herauszuarbeiten. Mikroelektronik und Gentechnik werden uns bald in die Lage versetzen, neue Lebensformen zu erschaffen, sowohl in silicio als auch in vitro. Diese Fähigkeit wird der Menschheit die weitreichendste technische, theoretische und ethische Herausforderung bescheren, mit der sie je konfrontiert wurde. Die Zeit scheint reif, diejenigen zusammenzubringen, die an Versuchen beteiligt sind, lebende Systeme zu simulieren oder zu synthetisieren. Eine Computerdefinitionen von »Leben«, »Person« und »Seele« muss anhand physikalischer Begriffe definiert werden (auch für die Frage, ob Leben ewig dauern kann). Nach ihr ist ein Lebewesen dann jedes beliebige Gebilde, das Information codiert und diese durch natürliche Auslese bewahrt. Mithin ist "Leben" eine Form der Informationsverarbeitung; der menschliche Geist, also das Bewusstsein, dann ein hochkomplexes Computerprogramm. "Person" bzw. "Persönlichkeit" lässt sich als Computerprogramm definieren, das den Turing-Test bestehen kann. Computer und Autos lassen sich wie biologische Gegenstände behandeln. Aus dieser (Computer)Definition folgt aber auch, dass Autos leben: sie vermehren sich in Fabriken - mithilfe menschlicher Mechatroniker. Sicherlich brauchen sie zu ihrer Reproduktion Fabriken außerhalb ihrer selbst. Aber für männliche Menschen gilt das auch; diese externe "biochemische Fabrik" nennt sich Gebärmutter! Selbst ihre Form ist das Ergebnis einer "natürlichen" Auslese, die auf den Existenzkampf zwischen verschiedenen Autorassen, z.B. deutscher und japanischer Modelle um Geld und knappe Ressourcen zurückzuführen ist.  

Leben ist durch natürliche Auslese bewahrte Information. Selbst Ideen des menschlichen Geistes, die durch natürliche Auslese bewahrt werden, lassen sich als lebende Strukturen betrachten, und zwar nicht nur in übertragenem, sondern in technischem Sinne. Auf der untersten, fundamentalen Stufe der Physik sind alle menschlichen Aktivitäten samt und sonders Formen der Informationsverarbeitung. Die physikalischen Gesetze schränken die Informationsverarbeitung und damit die Aktivitäten, ja selbst die bloße Existenz  von Leben ein. Wenn sie in einer lokalen Raumzeit keine Informationsverarbeitung zulassen, dann gibt es dort auch kein Leben und umgekehrt. (Es sei denn, dieser Zustand ließe sich durch Technologie verändern, dem Leben zugänglich machen.) Leben dauert ewig (unzeitlich) wenn auch Maschinen irgendeiner Art ewig weiterexistieren können. Lässt sich das menschliche Bewusstsein (in gewisser Weise) mit einem Computerprogramm vergleichen? Bewusstsein entsteht doch erst im Laufe der Evolution. Dennoch braucht Bewusstsein einen Körper, um zu denken und zu fühlen, so wie ein Computerprogramm einen konkreten Computer braucht, um zu funktionieren. Die Erforschung künstlichen Lebens bringt einen wissenschaftlichen und technologischen Wendepunkt. Durch das wachsende Verständnis für biologische Mechanismen in Verbindung mit der zunehmenden Rechenleistung moderner Computer lassen sich lebende Systeme kopieren und darüber hinaus neue Formen des Lebens erzeugen, so dass voraussichtlich in fünfzig bis einhundert Jahren eine neue Klasse von Organismen entstehen wird. Diese Lebewesen werden in dem Sinne künstlich sein, als sie von Menschen gestaltet wurden. Dennoch werden sie sich fortpflanzen und in Formen umwandeln, die anders als ihr Ursprung sind. Künstliches Leben befasst sich mit der Gestaltung und Erforschung lebensähnlicher Organismen und Systeme, die von Menschen geschaffen wurden. Die Natur dieses Materials ist anorganisch, ihr Kern ist Information, und Computer sind die Brutkästen, die diese neuen Organismen hervorbringen. Ebenso wie die medizinische Forschung es geschafft hat, Lebensvorgänge teilweise in Reagenzgläsern (in vitro) ablaufen zu lassen, so hoffen die Biologen und Computerspezialisten, Leben in Siliziumchips (in silicio) zu erschaffen.

Die weiche KL-Forschung will bestimmte Lebensvorgänge simulieren, das Leben durchleuchten, um es dadurch besser zu verstehen und seine Grenzen zu begreifen. Da die Merkmale dieser künstlichen Systeme die Eigenschaften bekannter Organismen widerspiegeln und  ihre Zusammensetzung bekannt ist, sind sie sehr viel einfacher zu analysieren als Ratten, Pflanzen oder Bakterien. Die Synthese von Leben betrifft auch das Verständnis von komplexen nichtlinearen Systemen, von denen Physiker annehmen,  sie gehorchten allgemeingültigen, aber bisher unverstandenen Gesetzen. Die Vertreter der harten Linie beabsichtigen langfristig die  Entwicklung tatsächlich lebender Organismen, deren Kern Information ist. Diese Kreaturen könnten körperliche Formen haben und damit so etwas wie (künstlich) lebende Roboter sein, sie könnten aber auch nur innerhalb eines Computers existieren. Die Wesen sollten auf jeden Fall so beschaffen sein, dass sie lebendig in jeder angemessenen Definition des Wortes sind, also ebenso lebendig wie Bakterien, Pflanzen, Tiere und Menschen. Aber kann etwas in einem Computer "lebendig" sein? Verdient überhaupt irgendetwas von Menschenhand Geschaffenes diese Bezeichnung? Sollte der Begriff »Leben« nicht auf die natürlichen, biologischen  Vorgänge beschränkt bleiben? Doch wie definiert man Leben? Ist etwas lebendig, wenn es sich selbst ernährt und stirbt? Wenn es sich fortpflanzen kann? Die Liste der Adjektive, durch die Leben charakterisiert ist, kann noch so lang sein, doch eine verlässliche, zufriedenstellende Definition scheint unmöglich, denn diese Kriterien greifen entweder zu kurz oder zu weit. Der Ansatz, Leben direkt definieren zu wollen, führt sicherlich in die Irre. Stattdessen sollte Leben anhand einer allgemeinen Werteskala beurteilt werden. Ein Stein stünde zweifellos tief unten auf einer solchen Skala, ein Baum, ein Hund oder ein Mensch dagegen weit oben. Weniger eindeutige Systeme würden eine Zwischenstellung zwischen lebender und toter Materie einnehmen, irgendwo unterhalb der Bakterien, die ja nach allgemeiner Auffassung Lebewesen sind, aber oberhalb der Steine angesiedelt werden. IN diesem Zwischenbereich wäre ein komplexes System von Dingen angesiedelt, die eine Art Eigenleben entwickeln können, z.B. ein Space Shuttle.

Wenn man Leben so betrachtet, lassen sich mit diesen Systemen die Eigenschaften des Lebens herausfinden. Aber auch wenn sich die Grenze zwischen lebender und unbelebter Materie nicht genau ziehen lässt, hat Irgendwie man doch das Gefühl, lebendig zu sein sei etwas Besonderes? Begründet durch die  kulturell bedingte Ablehnung, die Zuständigkeit dafür, was Leben ist, in die Hände der Wissenschaft zu legen, weil eine mystische Komponente, ein religiöser Einfluss diese Auffassung bestimmte (und noch bestimmt). Die Fähigkeit, unbelebte Dinge mit Leben zu erfüllen, Leben aus der Leblosigkeit zu erschaffen, sei auf eine übernatürliche, göttliche Kraft zurückzuführen. Doch mit der Entdeckung der Zelle eben durch Wissenschaftler wurde dieser Glaube zerstört und  man dachte anders über den Aufbau lebender Strukturen. Mit Darwins Beitrag für die Naturwissenschaften kam der Evolution nicht nur eine tragende Rolle bei der Definition des Lebens zu, sondern wurde teilweise sogar der zentrale Begriff. Leben sollte durch den Besitz von Fähigkeiten definiert sein, die Evolution mittels natürlicher Auslese gewährleisten und nur diejenigen Individuen als Lebewesen gelten, die die Fähigkeit zur Vermehrung, Variation und Vererbung haben. Die Entdeckung der DNS als universeller und notwendiger Bestandteil aller Lebewesen erweitert die Definition von Leben dahingehend, dass Lebewesen nicht nur die Baupläne für alle Lebensvorgänge einschließlich der Fortpflanzung enthalten,  sondern diese einzigartige Anordnung von Molekülen enthält außerdem auch noch Informationen über die Geschichte allen Lebens. Der Besitz eines genetischen Programms unterscheidet eindeutig zwischen Lebewesen und unbelebter Natur. (Computer ausgenommen!)

Komplexität als eine der wichtigsten Komponenten des Lebens verändert die Ansicht über die  notwendigen Voraussetzungen für das Leben, denn in einem komplexen System wirken die Einzelkomponenten auf derart komplizierte Weise zusammen, dass sie nicht durch lineare Standardgleichungen vorausgesagt werden können. Komplexe Systeme können nicht schematisiert werden und daher ist ein vereinfachender Ansatz, Leben zu erklären, wenig sinnvoll. Das bei lebenden Systemen das Ganze mehr als die Summe der einzelnen Komponenten ist, geht nicht auf eine geheimnisvolle lebensspendenden Flüssigkeit zurück, sondern auf die Vorteile der Komplexität, die es verschiedenen Verhaltensweisen und Merkmalen erlaubt, unvorhergesehen aufzutreten. Die Evolutionsmaschinerie ihrerseits kann aber erst mit ihrer Arbeit beginnen, wenn eine gewisse Komplexität erreicht wurde. Aber Komplexität ist selbst auch nur ein Bestandteil der besagten Wertskala unter anderen. Trotz aller wissenschaftlichen Kenntnis gibt es keine allgemein akzeptierte Definition von Leben. Vielleicht weil es sich nicht um einen natürlichen Stoff wie Wasser handelt, den man untersuchen kann, denn Leben ist dagegen nicht materiell, sondern flüchtig. Ob eine rein philosophische Antwort auf diese Frage möglich ist, bleibt fraglich, denn wenn eine Maschine Energie aus ihrer Umwelt aufnehmen, wachsen, Schäden an ihrem Körper ausbessern und sich fortpflanzen kann, was soll dann noch die Frage, ob sie wirklich lebt?

Dennoch würde auch eine derartige Maschine die Diskussion nicht beenden, sondern wohl eher verstärken, denn viele Menschen finden es beängstigend, eine solche Maschine als wirklich lebend anzusehen, wenn sie nicht aus der gleichen Materie besteht wie natürliche, biologische Organismen. (Sie doch auch, oder?) „Carbaquisten“ glauben, dass alles Leben auf der Grundlage von Kohlenstoff (carbon und dessen Chemie) beruhen muss und nur in wässrigem (aqueous) Milieu ablaufen kann. Aber vielleicht kann Leben auch in anderen Formen existieren und das, was uns gegenwärtig als lebend erscheint, ist vielleicht nur ein Teil einer größeren Klasse von Organismen, wobei wir durch einen unglücklichen Zufall der Geschichte bisher nur mit diesem begrenzten Spektrum möglicher Lebensformen konfrontiert wurden. Welche Kennzeichen sind typisch für den uns bekannten Teil des Lebens und welche gelten universell -  auch für die Formen, die wir erst kennenlernen oder möglicherweise erschaffen? Wenn es uns gelingt, eine umfassende Theorie des Lebens zu entwickeln, wird es grundsätzlich erforderlich sein, auch nichtorganische Dinge als lebendige anzuerkennen. Und dann werden wir uns selbst in einem anderen Licht sehen. Wir werden nicht mehr an der Spitze von irgendwelchen selbsterdachten Stammbäumen stehen, sondern nur als besonders komplexe Vertreter einer von vielen Erscheinungsformen des Lebens gelten, die neben anderen, alternativen Formen existiert. Unsere Einzigartigkeit wird in der Fähigkeit bestehen, unsere eigenen Nachfolger selbst zu erschaffen. Künstliches Leben ist etwas vollkommen anderes als beispielsweise die Gentechnik, die ja normale, lebende Organismen als Ausgangspunkt hat. Die KL-Wissenschaftler überlegen sich Möglichkeiten, wie man lebende Systeme erzeugen, weiterentwickeln und beobachten kann. Es gibt Versuche, den Verlauf der Evolution zu beeinflussen und für eine Vielfalt lebender Systeme auf der Erde und darüber hinaus zu sorgen. Dieses großartige Experiment könnte nicht nur zu einem tieferen Verständnis des Lebens überhaupt führen, sondern auch Möglichkeiten erschließen, seine Mechanismen zu nutzen, um damit einen Teil unserer Arbeit zu übernehmen. Vielleicht führt dies sogar zur Entdeckung mächtiger Naturgesetze, von denen nicht nur biologische, sondern jede Art von komplexen, nichtlinearen, selbstorganisierenden Systemen reguliert wird.

Was ist Leben? Vielleicht liegt der richtige Weg, um diese Fragen zu beantworten, nicht im Beobachten, sondern im Erschaffen. Der erste Schritt dazu ist der Glaube, dass dies gelingen kann, und es sieht ganz so aus, als ob es tatsächlich möglich ist. Der zweite Schritt muss sein, dies wirklich in die Tat umzusetzen. Obwohl es - mit menschlichen Maßstäben gemessen - möglicherweise viele Jahre dauern wird, könnte das Ergebnis, verglichen mit der Zeitspanne der Evolution, praktisch sofort vorliegen. Für KL-Forscher bestehen große Ähnlichkeiten zwischen Computern und Naturgesetzen, denn Lebewesen sind ihrer Auffassung nach wie auch Computer logische Maschinen. Ihr Ziel ist eine Theorie, die sowohl die natürliche als auch die künstliche Biologie umfassen soll. Sind eindeutig zweckgerichtete, eine Organisationsfunktion erfüllende Elemente wie die Proteine durch einen zufälligen Prozess entstanden oder  ist dessen Essenz, das was Leben ausmacht, mystischer Natur und von einer bestimmten Eigenschaft abhängig, die wiederum durch ihre Einzelkomponenten gegeben ist? Oder beruht die Entstehung und Entwicklung von Leben auf logischen Regeln und ist weder etwas Übernatürliches noch etwas Unantastbares? Dann müssten wir in der Lage sein, diese zu entdecken und das Geheimnis "Leben" zu enträtseln und lässt sich durch Nachahmung der entsprechenden physikalischen Eigenschaften (nach)erschaffen. Solange der Geist des Lebens als etwas Übernatürliches und Unantastbares angesehen wurde, galt es, eine unüberwindbare Kluft zwischen lebender und unbelebter Materie anzuerkennen; Leben war nach Ansicht z.B. von Aristoteles vom Besitz einer Seele abhängig, die die Organismen von ihrer unbelebten Umgebung unterschied, wobei die Menschen die höchste Form von Seele hätten, während den Tieren oder sogar den Pflanzen zunehmend rudimentäre Formen zugesprochen wurde. Seiner Ansicht nach galt für alle Organismen, dass Körper nur um der Seele willen existieren.

Wie konnte also jemand etwas Lebendiges erschaffen, ohne im Besitz des »lebensspendenden Odems« zu sein, also des Materials, aus dem Seelen erschaffen werden? Daher sei dem Leben eine göttliche Komponente zu eigen, die den Organismen eingeflößt werde, während sie sich im Ei-Stadium befänden. Doch mit der industriellen Revolution, den Enthüllungen der Newtonschen Physik und den Erkenntnissen der Thermodynamik  erweiterte sich die naturwissenschaftliche Sicht und auch die Biologie war nicht länger so furchterregend mystisch. Nun war es möglich, dass, ähnlich der Voraussagen, wo sich die Himmelskörper jeweils zu einem bestimmten Zeitpunkt befinden, die Gesetzmäßigkeiten des Lebens ähnlich voraussagbar waren. Nach dieser neuen Denkweise war Leben ein mechanistischer Prozess, war das Leben lediglich ein Automat, vergleichbar einem Uhrwerk. Doch Kritiker, besonders die "Vitalisten", ließen sich angesichts offensichtlicher Unterschiede zwischen mechanischen Modellen und ihren natürlichen Vorbildern nicht davon überzeugen, dass technisches Material etwas Lebendiges hervorbringen kann. Dieser Begriff leitet sich von der Lebenskraft, der »vis vitalis« ab, von der angenommen wurde, sie sei nur lebenden Organismen zu eigen. Die Vitalisten selbst waren sich über die Natur dieser Lebenskraft uneinig. Einige glaubten, es handle sich um eine chemische Substanz, andere hielten sie für Materie los. Im 19.Jahrhundert waren viele davon überzeugt, dass Elektrizität die gesuchte Substanz sei, denn als Beweis galt ihnen die Möglichkeit, Gliedmaßen von Toten durch Stromstöße zum Zucken zu bringen. Vitalisten bezeichne(te)n diese lebensspendende Kraft übrigens mit dem aristotelischen Ausdruck »Entelechie«; einem »außerräumlichen (und finalistischen) Faktor", der die Entwicklung des Organismus zu seiner endgültigen Gestalt leiten soll.

Selbst heute scheint eine gewisse Art von Vitalismus dennoch unausrottbar zu sein, denn es gibt augenscheinlich eine Tendenz unter Menschen, ihre biologischen Vorrechte in die Hände irgendwelcher überirdischer »Wesen« zu legen. Zum anderen besteht eine besondere Abneigung dagegen, das Privileg, ein Lebewesen zu sein, an etwas künstlich Hergestelltes abzutreten. Diese Abscheu verwandelt sich häufig in profunde Skepsis, ja sogar in Spott, wenn jemand behauptete, Leben könne in einem Labor oder in einem Computer geschaffen werden, wobei als Hauptbestandteile nicht etwa organische Moleküle oder andere chemische Bausteine bekannter Zusammensetzung benutzt werden sollten, sondern etwas grundsätzlich anderes - nämlich Information. Wenn aber Information als Grundlage des Lebens dienen soll, dann ist ein dynamisches System notwendig, das komplex genug ist, um sich zu reproduzieren und so Nachkommen zu erzeugen, die noch komplexer sind als ihre Vorfahren. Das Phänomen "Leben" scheint sich weiterhin über die Prinzipien der Entropie lustig zu machen, denn nach dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik nimmt in jedem isolierten System die (geordnete) Energie im Laufe der Zeit ab und wird schließlich wirkungslos, wobei der Grad der Unordnung in diesem System zunimmt. Leben verhält sich allerdings so, als kümmere es sich nicht um diesen Zweiten Hauptsatz, sondern sorgt vielmehr dafür, dass die Ordnung im Laufe der Zeit zunimmt. Von seinen zweifellos einfachen Anfängen weist die uns bekannte Geschichte des Lebens eine stetig ansteigende Kurve von zunehmender, wohlgeordneter Komplexität auf. (Allerdings ist dieser Widerspruch nur scheinbar, denn die Erde ist - zum Glück - kein isoliertes System. Über das ganze Universum gesehen, nehmen die Energie und Ordnung durchaus ab. Nur aus unserer begrenzten Perspektive sehen wir nur einen Teil des Ganzen. Aus einem viel größeren, kosmischen Blickwinkel betrachtet, befinden sich die organisatorischen Aspekte des Lebens durchaus exakt in Einklang mit dem zweiten Hauptsatz, genaugenommen unterstützen sie sogar dessen Umsetzung!)

Statt eines Lebenselements, das Leben verursacht, sind lebende "Dinge" selbst dazu fähig, im Laufe der Zeit zunehmend komplexer zu werden und Bereiche des Kosmos zu ordnen. Mit der Erschaffung künstlichen Lebens, künstlicher Organismen, die das Hintertürchen im zweiten Hauptsatz der Thermodynamik ausnutzen zu können, lassen sich auch unsere eigenen Kräfte exponentiell steigern. Doch wenn künstliche Organismen ihre eigenen Grenzen ausloten, könnte es bedeuten, dass unsere Kreationen zu unseren Konkurrenten werden können, sie sich sogar zu Arten entwickeln, die es mit der Menschheit aufnehmen könnten. Ein Problem wäre die Populationskontrolle; unbegrenztes Wachstum künstlich lebender Fabriken ließe sich eventuell mit einer eingebauten Anti-Baby-Pille verhindern, die nach einer bestimmten Anzahl reproduktiver Zyklen wirksam wird. Falls sich dezentralisierte Fabriken dennoch unaufhaltsame vervielfältigen  wären Fressfeinde eine andere Lösung; entweder »artspezifische« Fressfeindmaschinen oder auch »universelle Raubtiere«, um explodierende Populationen auszudünnen. Dann gibt es noch das Abschaltproblem; denn im Gegensatz zu unseren heutigen Maschinen und Computern sind selbstreproduzierende Maschinen dermaßen unabhängig (und müssen es auch sein), dass man sie nicht einfach abschalten oder den Stecker rausziehen kann, wenn sie einmal über ein bestimmtes Entwicklungsstadium hinausgelangt sind. (Dann sind sie nämlich zu clever und möglicherweise auch misstrauisch.) Außerdem würde die Evolution unvermeidlich ein Verhalten unterstützen, das den Maschinen und nicht ihren Erbauern Vorteile verschaffte. Selbst wenn man einen Abschaltmechanismus in die genetischen Instruktionen der Maschine einbauen würde, der auf ein Signal von der Erde reagierte, hätten diejenigen Maschinen, die durch Mutation den Abschaltmechanismus außer Kraft gesetzt hätten, einen deutlichen evolutionären Vorteil gegenüber ihren Vettern, und bald darauf wären diese Eigenschaften im Genpool vorherrschend. Außerdem wäre ein gewisser Grad evolutionärer Anpassungsfähigkeit der selbstreplizierenden Systeme zu berücksichtigen, da sich nicht alle Veränderungsmöglichkeiten des Systems voraussehen lassen. Deshalb müsste man die Maschinen sowohl mit Zielvorstellungen als auch mit Regulationsfähigkeiten (Homöostasis) ausstatten, um die sie in die Lage zu versetzen, ihre eigenen Schwierigkeiten zu lösen und sich selbst wieder in einen angemessenen Funktionszustand zu bringen, und zwar mit nur geringer oder ganz ohne menschliche Hilfe. Das könnte erreicht werden indem die Maschinen entweder lernfähig sind oder, über einen längeren Zeitraum gesehen, zu größerer Überlebensfähigkeit mutieren. Diese 2. Möglichkeit könnte sich als die bessere herausstellen, falls die Evolution bedeutsamer beim Sozialverhalten wäre als der Einfluss der Umwelt. Dann könnten verwandtschaftliche Beziehungen zwischen evolvierenden Maschinen und sogar die Ausbildung von Mimikry und anderen Naturphänomenen entstehen.

Könnte eine selbstreproduzierende, sich entwickelnde Maschine eine Vorstellung von ihrem Schöpfer, also von Gott haben? Oder würden sie Menschen nur als evolutionäre Vorläufer ansehen?  KL-Maschinen werden nichts Geringeres als unsere gleichgestellten Partner sein, die symbiotisch mit uns verbunden sind und sich neben uns durch alle Ewigkeiten fortentwickeln. Wir Menschen dagegen könnten vergleichsweise entweder eine bloße biologische Zwischenstation oder sogar eine Sackgasse der Evolution sein. Falls wir - aus welchem Grund und durch welches Ereignis auch immer - aussterben werden, könnte nur durch selbstreplizierenden Systeme dieser ins Nichts führende Weg vermieden werden, da sie in einem sehr realen intellektuellen und materiellen Sinn unsere Nachkommen sein werden. Vielleicht macht diese Silicium-und-Stahl-Brut uns Menschen und andere natürlich entstandene Lebewesen überflüssig, vielleicht wird es auch zu einer  dauerhafter Koexistenz kommen, bei der die Menschheit Unsterblichkeit für sich selbst erlangen könnte, wenn wir bereit wären, dafür den Preis einer Eingliederung in ein höheres System zu zahlen, indem wir Technologie in uns integrieren - mittels Prothesen, Implantate, Bewusstseinstransfer usw. Basieren alle Lebensvorgänge auf Logik, dann ließe sich auch die Evolution mathematisch analysieren. Sie lässt sich mit den statistischen Gesetzmäßigkeiten vergleichen, durch die die Bewegung von Molekülen in Gasen bestimmt wird. Was ist Bewusstsein? Da es denkende Maschinen bereits gibt - nämlich Menschen - ist es nach Ansicht vieler KI-Forscher nur eine Frage der Zeit, bis man im Labor irgendeine Form von künstlichem Bewusstsein schaffen kann. Selbst neuronale Netze wie das menschliche Gehirn erzeugen Bewusstsein. Bewusstsein ist  ein emergentes Phänomen, das sich von selbst ergibt, wenn ein System komplex genug ist. Allerdings hat die Emergenztheorie stark tautologische Züge, denn wer sagt, Bewusstsein entspringe aus Komplexität, sieht die Sache von vornherein als erwiesen an. Leider ist die Emergenztheorie des Bewusstseins ist eher ein Glaubensbekenntnis statt eine Erfolgsstrategie, da sie alles und nichts besagt - sie ist ein so übergreifendes, gewaltiges Gedankengebäude, dass sie als Richtlinie für neue Forschungsgebiete und Ideen kaum etwas taugt.

Vielleicht ist die Frage nach dem Bewusstsein bereits beantwortet; vielleicht lässt sich das Denken mit den Regeln gleichsetzen, die Computerprogrammierer ihren Rechnern eingeben - dann wäre das menschliche Denken nur Heuristik, nur ein erkenntnistheoretisches und methodisches Verfahren zur Gewinnung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und zur Problemlösung. Bewusstsein könnte auch aus den Wechselwirkungen vieler kleiner Einzelteile entstehen, die selbst jeweils geistlos sind. Dann gäbe es keinen »Sitz des Bewusstseins«, keinen »kleinen Mann« im Gehirn, in dem alle bewussten Tätigkeiten ablaufen, sondern würde sich schlicht und einfach aus dem komplexen Wechselspiel vieler nichtbewusster Systeme ergeben. Der Ort, an dem "Seele" oder "Bewusstsein" angesiedelt sind, scheint bloße Illusion zu sein; Bewusstsein könnte sogar, statt etwas Zusammenhängendes zu sein, eine bloße Aufeinanderfolge von Gedanken sein, die, von  einzelnen Teilen des Gehirns erzeugt, um die Aufmerksamkeit des Gehirns konkurrieren und von denen einer diesen Wettbewerb gewinnt.

Die Erzeugung Künstlichen Lebens wird unser Wissen über lebende Prozesse vergrößern und unser Verständnis der komplexen Kräfte der Natur verbessern , so dass wir, wenn wir diese Kräfte beherrschen, dazu fähig sind, künstliche Organsimen zu bauen, die so lebendig sind wie die uns bekannten Lebensformen. Indem wir Information entsprechend manipulieren, lässt sich "die Natur" tatsächlich simulieren. Reduktionismus - der traditionelle Ansatz der Physik - ist bei der Formulierung eines physikalischen Gesetzes, das beschreibt, wie sich die Welt selbst organisiert und das darüber hinaus auch die Geheimnisse des Lebens selbst enthüllt, nicht anwendbar. Stattdessen wird eine Synthese aus Physik und Biologie, aus Chaos- und Komplexitätstheorie benötigt, um beantworten  zu können:

1. Welche grundlegenden Prinzipien, liegen der Evolution biologischer Organismen zugrunde?

2. Welche bestimmen die Funktionen das Gehirns?

3. Wie können Maschinen lernen, Probleme zu lösen, ohne dass sie entsprechend programmiert werden müssen, d.h., wie können wir ihnen das Denken beibringen?