Fake Out - Homerun für zwei - Eden Finley - E-Book + Hörbuch

Fake Out - Homerun für zwei E-Book und Hörbuch

Eden Finley

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Beschreibung

"Es gibt einen einfachen Grund, warum ich nur selten nach Hause fahre: Ich bin ein Lügner." Maddox O'Shay sitzt in der Klemme. Um der Heirat mit seiner Highschoolfreundin zu entgehen, hat er behauptet, schwul zu sein. Nun, fünf Jahre später, ist er zur Hochzeit seiner Ex eingeladen – mit seinem Freund. Doch den gibt es gar nicht, denn Maddox ist heterosexuell. Ein Alibifreund muss her! Nur widerwillig lässt sich Damon von seiner Schwester dazu überreden, den Partner von Maddox zu spielen. Aber eine Hand wäscht die andere, und Maddox kann mit seinen Beziehungen Damons Karriere als angehender Spieleragent ordentlich in Schwung bringen. Außerdem: Achtundvierzig Stunden ein Pseudo-Paar – wie schwer kann das schon sein? Doch die Scharade hat ungeahnte Folgen, und die beiden müssen sich fragen, warum sie einander nicht mehr aus dem Kopf gehen …

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Seitenzahl: 380

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Zeit:8 Std. 48 min

Sprecher:Alexander Kalff
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EDEN FINLEY

FAKE OUT – HOMERUN FÜR ZWEI

FAKE BOYFRIENDS 1

 

Aus dem Englischen von Lisa Schnack

 

Über das Buch

Maddox O’Shay sitzt in der Klemme. Um der Heirat mit seiner Highschoolfreundin zu entgehen, hat er behauptet, schwul zu sein. Nun, fünf Jahre später, ist er zur Hochzeit seiner Ex eingeladen – mit seinem Freund. Doch den gibt es gar nicht, denn Maddox ist heterosexuell. Ein Alibifreund muss her!

Nur widerwillig lässt sich Damon von seiner Schwester dazu überreden, den Partner von Maddox zu spielen. Aber eine Hand wäscht die andere, und Maddox kann mit seinen Beziehungen Damons Karriere als angehender Spieleragent ordentlich in Schwung bringen. Außerdem: Achtundvierzig Stunden ein Pseudo-Paar – wie schwer kann das schon sein? Doch die Scharade hat ungeahnte Folgen, und die beiden müssen sich fragen, warum sie einander nicht mehr aus dem Kopf gehen …

Über die Autorin

Eden Finley schreibt heitere Liebesromane voller Herz, die sich wunderbar für kleine Fluchten aus dem Alltag eignen. Ihre Bücher entstehen meist aus einer originellen Idee. Ursprünglich schrieb Eden auch in vielen anderen Genres, doch seit 2018 hat sie in der queeren Romance ihr Zuhause gefunden.

Eden lebt mit ihrem Ehemann und ihrem Sohn in Australien.

Die englische Ausgabe erschien 2018 unter dem Titel »Fake Out«.

 

 

Deutsche Erstausgabe Mai 2020

 

© der Originalausgabe 2018: Eden Finley

© für die deutschsprachige Ausgabe 2020:

Second Chances Verlag

Inh. Jeannette Bauroth, Steinbach-Hallenberg

 

Alle Rechte, einschließlich das der vollständigen oder auszugsweisen Wiedergabe in jeglicher Form, sind vorbehalten.

Alle handelnden Personen sind frei erfunden, Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

 

Umschlaggestaltung: Reese Dante

Umschlagmotiv: iStock

(Das Cover dient nur zu Darstellungszwecken, die abgebildete Person ist ein Model.)

Lektorat: Kerstin Fricke

Korrektorat: Julia Funcke

Satz & Layout: Second Chances Verlag

 

ISBN: 978-3-948457-05-1

 

www.second-chances-verlag.de

 

Inhaltsverzeichnis

Titel

Über die Autorin

Impressum

Widmung

Kapitel 1

Maddox

Kapitel 2

Damon

Kapitel 3

Maddox

Kapitel 4

Damon

Kapitel 5

Maddox

Kapitel 6

Damon

Kapitel 7

Maddox

Kapitel 8

Damon

Kapitel 9

Maddox

Kapitel 10

Damon

Kapitel 11

Maddox

Kapitel 12

Damon

Kapitel 13

Maddox

Kapitel 14

Damon

Kapitel 15

Maddox

Kapitel 16

Damon

Kapitel 17

Maddox

Kapitel 18

Damon

Kapitel 19

Maddox

Kapitel 20

Damon

Kapitel 21

Maddox

Kapitel 22

Damon

Kapitel 23

Maddox

Kapitel 24

Damon

Kapitel 25

Maddox

Kapitel 26

Damon

Mehr von Eden Finley

Danksagung

 

 

 

Für alle, die nicht ganz so heterosexuell sind, wie sie immer dachten. Und für diejenigen, die ihnen dabei behilflich waren, das zu erkennen.

KAPITEL 1

MADDOX

Manchmal hasse ich mein Leben. Besonders in Momenten wie diesem, wenn es mir einen Geist aus der Vergangenheit schickt, dessen Anblick schmerzt wie ein Schlag ins Gesicht.

Ich meine, wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass meine einzige Ex-Freundin genau die Bar betritt, in der ich gerade am Tresen sitze? Und das in New York? Doch sie ist es. Chastity Wells, wie sie leibt und lebt.

Ich tue das, was jeder Dreiundzwanzigjährige mit einem Funken Selbstachtung tun würde – ich sehe mich hektisch nach dem Notausgang um.

Ich muss hier weg. Und zwar schnell. Ich gleite vom Barhocker und knalle schnell noch ein paar Scheine auf die Theke, aber zu spät. Chastity und ihre drei Freundinnen kommen direkt auf mich zu.

Angstschweiß sammelt sich in meinem Nacken, während ich den engen Raum nach einem anderen Ausweg absuche. Mein Kopfkino spielt Slasher-Filmmusik ein, als mir aufgeht, dass es keinen gibt. Ich will wirklich nicht melodramatisch erscheinen, aber ich sitze in der Falle.

Gerade drehe ich mich auf dem Absatz um und will mich schnellstmöglich in die Herrentoilette verdrücken, da stolpert ein Betrunkener in mich hinein. Das Glas fällt ihm aus der Hand, zerspringt mit lautem Klirren auf dem Boden und macht damit all meine Hoffnungen auf einen unauffälligen Abgang zunichte.

Ich werfe einen Blick über die Schulter und sehe genau in die Augen der Frau, die ich fast geheiratet hätte. Ironischerweise trägt sie ein Krönchen und einen Schleier, und auf der Schärpe, die von einer blinkenden Anstecknadel gehalten wird, steht »Braut«.

Sie reißt die Augen auf, als sie mich erkennt.

Jetzt muss ich hingehen und Hallo sagen, aber ich kann mich nicht dazu überwinden. Dabei bleibt mir gar nichts anderes übrig. Chastity wird ihrer Mutter auf jeden Fall von diesem Abend erzählen. Wenn ich jetzt abhaue, erfährt Mom das brühwarm von Mrs Wells und wird mir mein schändliches Benehmen ewig vorhalten. Unterschätze nie die Macht von Kleinstadt-Klatsch und -Tratsch. Sogar hier in New York wird mein Leben noch davon bestimmt.

Chastity und New York, das schließt sich gegenseitig aus. Das hat sie zumindest behauptet, als ich ihr eröffnete, dass ich an der Olmstead University studieren wollte. Im gleichen Atemzug hat sie mich angefleht, bei ihr zu bleiben.

Mit jedem Schritt, den ich auf Chastity zugehe, huschen Erinnerungsfetzen über die Leinwand meines Kopfkinos.

Zieh lieber das an, Maddy. Du willst doch nicht schon wieder mit deinen Freunden weg, Maddy. Geh ans College in Pennsylvania, damit wir zusammenbleiben können, Maddy. Alle erwarten, dass wir nach dem Abschluss heiraten, Maddy.

Maddy, Maddy, Maddy.

Ich atme tief durch und setze ein künstliches Lächeln auf. Mein Herzschlag könnte jedem Presslufthammer Konkurrenz machen. »Hey, wen haben wir denn da Hübsches?«

Chastity bekommt ganz feuchte Augen.

»Maddy? Oh mein Gott, Maddy!« Sie wirft sich mir an den Hals, und ich ersticke fast in ihrem Schleier.

Sie riecht immer noch nach Kirschblüten, und der vertraute Duft beschwört alte Gefühle und Erinnerungen herauf. Zuneigung. Erste Liebe. Idiotisches Verhalten meinerseits.

Dabei hat Chastity damals gar nichts falsch gemacht. Zwar ignorierte sie meine Bedenken gegen unsere gemeinsame Zukunft ebenso wie meine Versuche, auf nette Art mit ihr Schluss zu machen, aber das rechtfertigt nicht, was ich ihr angetan habe, als ich aufs College ging. Ich habe sie belogen und die Flucht ergriffen, und aus dieser Geschichte komme ich seitdem einfach nicht mehr raus.

Ich wusste genau, was für einen Typ Mann Chastity sich wünschte, und der war ich einfach nicht. Sesshaftigkeit ist nicht mein Ding und wird es wohl auch nie sein.

»Haben sie Halloween dieses Jahr vorverlegt, oder sind Glückwünsche angebracht?« Ich zupfe an ihrem Schleier und bin stolz auf mich, weil ich wie ein normales menschliches Wesen klinge, obwohl ich innerlich nahezu ausflippe.

Sie rückt ein bisschen von mir ab, aber ihre Hände ruhen immer noch auf meinen Schultern. »Wir zwei waren füreinander bestimmt«, flüstert sie.

Die Enge in meiner Brust schnürt mir den Atem ab. »Du weißt, warum das nicht funktioniert hätte.«

Sie wischt sich mit dem Handrücken über die Nase. »Stimmt.«

Ich bin so ein Mistkerl. Nicht einmal nach so langer Zeit bringe ich den Mut auf, ihr die Wahrheit zu sagen. Dabei bin ich ihr das wirklich schuldig. Fünf Jahre lang war ich bei jedem Besuch bei meinen Eltern peinlich darauf bedacht, ihr nicht über den Weg zu laufen, und dann passiert es ausgerechnet bei ihrer Junggesellinnenabschiedsparty?

»Da hilft nur eine Runde Tequila!«, ruft eine ihrer Freundinnen.

Das ist eine Untertreibung. Ich brauche mindestens ein Fass.

Chastitys Miene hellt sich auf. »Du bleibst doch und trinkst noch etwas mit uns?«

»Ähm …« Nein, ich sollte wirklich gehen. Ihr die Wahrheit sagen und gehen. Aber sie macht dieses Gesicht, dem ich noch nie widerstehen konnte. Ihre Unterlippe zittert, in ihren Augen glänzen immer noch Tränen, und sie schaut mich mit diesem treuen Hundeblick an.

»Na gut, ein Drink ist drin.« Ein Drink, mehr nicht, verspreche ich mir selbst. Aber offensichtlich habe ich aus meinen alten Fehlern nichts gelernt und lüge schon wieder, denn zwanzig Minuten und fünf Runden Tequila später lässt Chastity sich in meine Arme sinken und wiegt sich zu einem Takt, den nur sie hört und der nicht zu der Musik passt, die aus den Lautsprechern dröhnt.

»Ich vermisse dich, Maddy. Vielleicht ist das hier ein Zeichen. Von einer höheren Macht. Dass ich dich heute treffe …«

Die Wände rücken näher. Plötzlich bin ich wieder achtzehn Jahre alt, und der Drang, zu fliehen, ist übermächtig. Alle, die ganze Stadt, nicht nur Chastity, sind felsenfest davon ausgegangen, dass wir heiraten würden. Das war zu viel Druck für mich, ist es immer noch.

Mir fällt nichts ein, außer ihr weitere Lügen aufzutischen. »Ich habe einen Freund.«

Sie lächelt mich warmherzig an. »Das war nicht anders zu erwarten. Ich würde ihn gern kennenlernen.« Plötzlich hat sie eine Idee. »Ihr solltet kommen. Bring ihn doch nächste Woche zur Hochzeitsfeier mit.«

Äh … Wie bitte?

»Ich schicke meiner Mutter sofort eine SMS.«

»Nein, nein, nicht nötig. Wir, ähm …« Ausgerechnet jetzt fällt mir keine Ausrede ein.

»Schon erledigt. Ist gar kein Problem. Ein Pärchen, das ursprünglich zugesagt hatte, schafft es nun doch nicht. Du und …« Sie schaut mich erwartungsvoll an, aber statt ihr den Namen meines imaginären Freundes zu nennen, stehe ich mit offenem Mund da und kriege keinen Ton raus.

»Du und dein Freund könnt ihre Plätze haben. Wir hätten euch wirklich gern dabei. Alle vermissen dich, du kommst viel zu selten nach Hause.«

Stimmt, und dafür gibt es einen guten Grund.

»Ähmmm … Also gut.«

Was, nein, gar nicht gut …

Habe ich tatsächlich gerade zugesagt, nächste Woche zur Hochzeit meiner Ex-Freundin zu kommen? Zusammen mit meinem Freund?

Wie ich bereits sagte, als Chastity in der Bar auftauchte: Manchmal hasse ich mein Leben.

* * *

Stechender Schmerz zuckt in schnellem Rhythmus durch mein Hirn. Schuld daran ist der Tequila, das verdammte Teufelszeug.

Mein Kopf ruht auf dem Tisch, und um mich herum wimmelt mein Lieblings-Coffeeshop nur so von meinen schlimmsten Feinden: Menschen. So viele kann ich nicht ertragen, jedenfalls nicht so früh am Morgen, und schon gar nicht, wenn ich dermaßen verkatert bin.

»Pssst«, murmele ich zur Tischplatte hin, »leise.« Meine Worte zeigen keine Wirkung.

»Wow«, sagt Stacy. Ich schrecke hoch, und tatsächlich: Obwohl ich überhaupt nicht mitgekriegt habe, wie sie hereingekommen ist, sitzt sie mir nun gegenüber und hat mir einen Kaffee mitgebracht. Damit ist es offiziell: Ich liebe sie.

»Wie schlimm ist es?«, fragt sie.

Ich massiere mir die Schläfen. »Auf einer Skala von eins bis zehn? Einhundertzwölf.«

Sie lacht, und ihre grünen Augen funkeln amüsiert.

»Danke für dein Mitgefühl«, versetze ich.

»Selbst schuld. Lass dich nicht so hängen.«

»Wieso sind wir gleich noch mal befreundet?« Jetzt liebe ich sie schon nicht mehr so sehr.

»Weil ich nicht mit dir schlafe. Wenn ich damals deinem Charme zum Opfer gefallen wäre, hättest du mich schon längst abserviert.«

Damit hat sie leider recht. Ich hatte Stacy im ersten Collegejahr bei einer Verbindungsparty kennengelernt, und sie musste mir ein halbes Jahr lang immer wieder eine Abfuhr erteilen, bevor ich meine Eroberungsversuche endlich aufgab. Zum Glück ist sie so standhaft geblieben, denn sie ist die einzige Konstante in meinem Leben. Wir haben das College gemeinsam hinter uns gebracht und danach ein Praktikum bei derselben Marketingagentur ergattert, für die wir seitdem beide arbeiten.

»Ich bin gestern Abend irgendwie bei einem Junggesellinnenabschied gelandet«, gestehe ich.

»Bitte sag jetzt nicht, du hast mit der Braut geschlafen, dich als Stripper anheuern oder zu einem Dreier mit zwei deprimierten Single-Freundinnen der Braut hinreißen lassen. Sonst siehst du mich nie wieder.«

Ich nehme einen großen Schluck vom glühend heißen Kaffee, schlucke schwer und seufze. »Ich habe mit der Braut geschlafen. Aber nicht mehr seit der Highschool.«

»Oooh, Mist. Deine Ex-Freundin heiratet?«

Ich berichte Stacy, was letzte Nacht passiert ist und wie ich mich schon wieder in eine ausweglose Situation hineinmanövriert habe.

»Moment, Moment. Das musst du mir genauer erklären. Deine ganze Heimatstadt glaubt, du bist schwul? Warum denn das?«

»Tja … Wahrscheinlich, weil ich Chastity gesagt habe, ich wäre schwul und müsste deshalb mit ihr Schluss machen.«

Stacy bemüht sich, ein Grinsen zu unterdrücken. Ohne Erfolg, aber den Versuch rechne ich ihr hoch an. »Ich bin so froh, dass ich hergekommen bin.« Ihre Schadenfreude ist nicht zu übersehen. »Sogar deine Eltern glauben das? Wie ist das möglich? Und wieso erfahre ich das alles erst heute?«

»Jetzt weißt du, warum ich dich noch nie mit zu meinen Eltern genommen habe. Und du kennst mich doch – ich lasse mich nie ernsthaft auf eine Beziehung ein. So kann ich das meinen Eltern natürlich nicht sagen. Ihnen gegenüber behaupte ich immer, ich wäre Single, weil ich noch niemanden gefunden hätte, der zu mir passt. Und ich achte in allen Gesprächen darauf, dass ich mich schön geschlechtsneutral ausdrücke.«

Ihr Lächeln verblasst langsam. »Du erhältst diese Lüge seit fünf Jahren aufrecht? Ich habe dich ja schon immer für einen armseligen Charakter gehalten, aber das … das ist …«

»Schon gut, du musst es nicht laut aussprechen. Ich bin ein Vollidiot, das ist nichts Neues. Ich erzähle dir, wie es dazu gekommen ist. Da sitze ich gestern Abend nichts ahnend in dieser Bar, und wer schneit rein? Meine Kleinstadtfreundin auf Abenteuersuche in New York, und sie hat schon ordentlich einen sitzen. Also raffe ich mich auf und gehe zu ihr, und sie wirft sich mir an den Hals und meint, wir beide wären füreinander bestimmt gewesen. Dass ich einen Freund habe, ist mir da einfach so rausgerutscht. Und dann …« Ich seufze laut auf.

»Was dann?«

Ich senke die Stimme. »Ich habe ihr versprochen, dass ich nächste Woche zu ihrer Hochzeit komme. Und meinen Freund mitbringe.«

Ich knalle die Stirn auf die Tischplatte. Mehrmals. Wie konnte ich mich nur dazu überreden lassen? Die Antwort ist dieselbe wie damals: Chastity hat mir schlicht keine Wahl gelassen. Wir waren nur deshalb drei Jahre zusammen, weil sie mich nicht mit ihr Schluss machen ließ.

»Du hast was?«, fragt Stacy schrill.

»Ich hab eigentlich damit gerechnet, dass sie mir heute Morgen eine Absage per SMS schickt. ›Ich war betrunken, natürlich kommst du besser nicht zu meiner Hochzeit.‹ So in der Art. Stattdessen weckt mich das Telefon in aller Herrgottsfrühe, und meine Mutter ist dran. Chastity hat ihrer Mutter eine SMS geschickt, dass sie mich eingeladen hat, und die hatte nichts Besseres zu tun, als sofort Mom anzurufen. Die war natürlich wahnsinnig enttäuscht, weil ich ihr nicht persönlich erzählt habe, dass ich mit jemandem zusammen bin, sondern sie das von den Wells erfahren musste. Jetzt soll ich meinen Freund für das ganze Wochenende mit nach Hause bringen.«

Stacy kichert.

»Sehr hilfreich, Stace. Kleinstadtmütter haben es voll drauf, einem ein furchtbar schlechtes Gewissen zu machen. Das muss man erlebt haben, sonst glaubt man es nicht. Es ist ein Wunder, dass sie mich nicht dazu gebracht hat, sofort wieder daheim einzuziehen. Zusammen mit meinem Freund natürlich. Den ich nicht habe, wie du weißt.«

Stacy beißt sich auf die Unterlippe. »Was hast du jetzt vor?«

»Tjaaa, ich hab da so eine Idee …«

»Vergiss es. Ich verkleide mich auf gar keinen Fall als Kerl und tue so, als wäre ich dein Freund.«

Ich muss lachen. »Eigentlich hatte ich gehofft, du könntest deinen Bruder überreden, mir aus der Patsche zu helfen.« Ich kenne Stacys Bruder zwar nur aus ihren Erzählungen, aber er scheint nett zu sein.

Stacy schürzt die Lippen. »Damon ist immer sehr beschäftigt. Wenn er nicht arbeitet, studiert er. Ich weiß nicht, ob er einfach so übers Wochenende wegfahren kann.«

»Er ist Spieleragent, oder?«

»Jedenfalls wird er bald einer sein.«

Eigentlich möchte ich diese Karte nicht ausspielen, aber sie ist mein einziger Trumpf. »Was, wenn ich ihm ein Treffen mit einem prominenten Eishockeyspieler aus der NHL verschaffen könnte?«

Stacy runzelt die Stirn. »Mit welchem denn?«

Ich habe meine Gründe, warum ich nicht jedem auf die Nase binde, dass ich mit Tommy Novak verwandt bin. Obwohl er mit meiner Schwester verheiratet ist, kenne ich ihn kaum. Wir stehen uns nicht besonders nahe, und unsere Familientreffen finden nur in großen Abständen statt. Es würde mich einige Überwindung kosten, ihn um diesen Gefallen zu bitten, aber das spielt keine Rolle, wenn ich mir dadurch die Hilfe von Stacys Bruder sichern kann. »Er spielt für Boston, mehr kann ich nicht verraten.«

»Und du willst diese Scharade wirklich durchziehen, falls Damon sich darauf einlässt? Warum sagst du deinen Eltern nicht die Wahrheit? Oute dich, nur andersrum.«

»Es wäre ein Riesenskandal, wenn die ganze Stadt die Wahrheit erfahren würde. Und das will ich Chastity so kurz vor ihrer Hochzeit definitiv nicht antun.«

»Also machst du das in Wirklichkeit für sie? Sie ist deine Ex. Wieso interessierst du dich noch so für sie?«

Ich reibe mir den Nacken. »Die Beziehung mit ihr war die einzige, die ich je hatte. Es war mies von mir, sie so anzulügen, und ich will nicht, dass ihr zukünftiger Mann ausgerechnet an ihrem Hochzeitstag davon hört. Falls ich tatsächlich irgendwann mal eine Frau treffen sollte, mit der es mir ernst ist – was ich stark bezweifle –, kann ich immer noch mit der Wahrheit rausrücken. Irgendwann werden es alle erfahren, aber dieses Wochenende ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür.«

»Sag doch einfach, dass du nicht kommen kannst.«

»Unmöglich. Du kennst doch jetzt die Geschichte von den Kleinstadtmüttern und ihrer Superkraft, einem Schuldgefühle ohne Ende aufzuladen. Und zu behaupten, mein neuer Freund und ich hätten uns getrennt, ist auch keine gute Idee. Mom würde mich nötigen, eine Woche zu bleiben, damit ich es verarbeiten kann. Zum Trost würde sie die ganze Zeit meine Lieblingsgerichte kochen und aufpassen, dass ich auch alles aufesse. So ist sie nun mal.«

Stacy wühlt in ihrer Tasche nach ihrem Handy. »Gut, du hast mich überzeugt.«

»Echt?«

»Ich würde ja gern sagen, ich mach das, weil ich eine gute Freundin bin, aber weißt du, was? Ich amüsiere mich prächtig bei dem Gedanken, dass du für achtundvierzig Stunden so tun musst, als wärst du schwul.«

War ja klar. Typisch Stacy.

KAPITEL 2

DAMON

»Wie konnte ich mich nur von dir zu diesem Schwachsinn überreden lassen?« Ich bin immer noch sauer auf Stacy, als wir aus der U-Bahn kommen. Nervös ziehe ich mir die Baseballmütze tiefer ins Gesicht, eine Angewohnheit aus meiner aktiven Zeit als Pitcher. Der Trainer wusste immer, dass ich Schwierigkeiten hatte, wenn er mich an meiner Mütze herumfummeln sah. »Du bist die schlimmste Schwester, die man sich vorstellen kann.«

»Hey, für dich springt bei der Sache schließlich auch etwas heraus.«

»Nur wenn das Treffen mit diesem mysteriösen NHL-Spieler wirklich stattfindet. Bist du dir sicher, dass Maddox tatsächlich einen Spieler dieses Kalibers kennt?«

»Mich lügt er nicht an.«

»Soweit du weißt.«

Sobald ich meinen Abschluss in Jura in der Tasche habe, wollen meine Vorgesetzten bei OnTrack Sports mich so schnell wie möglich vom bezahlten Praktikanten-Schrägstrich-Assistenten zum Agenten befördern. Dafür muss ich aber beweisen, dass ich eigenständig neue Klienten akquirieren kann. Ich bin verzweifelt genug, um ein Wochenende lang den schwulen Freund zu spielen, wenn mir das die Chance auf einen Vertrag mit einem Spieler verschafft.

In den Augen meiner Familie war ich schon immer ein Workaholic, aber in diesem Zusammenhang gewinnt das Wort eine ganz neue Bedeutung.

»Das Treffen findet statt, dafür lege ich meine Hand ins Feuer«, sagt meine Schwester. »Außerdem wirst du Maddox bestimmt mögen.«

»Na klar, ganz bestimmt. Der heterosexuelle Arsch, der sich als schwul ausgibt, weil er sich nicht auf eine Frau festlegen will und zu feige ist, das zuzugeben, ist mir jetzt schon extrem sympathisch.«

Sie gibt mir einen Klaps. »Man könnte meinen, du kennst ihn schon ewig.«

Mir wird immer unbehaglicher zumute, je näher wir Maddox’ Wohnung kommen. »Ganz im Ernst, Stace, ich frage mich, ob die Aussicht auf einen Spielervertrag das wirklich wert ist.«

»Es sind doch nur zwei Nächte. Er liefert seiner Ex-Freundin und seiner Mutter den Beweis dafür, dass er schwul ist, du bekommst deinen ersten Klienten, und ich habe am Montag einen Mordsspaß, wenn Maddox mir alles ausführlich erzählt. So etwas nennt man eine Win-win-win-Situation.«

Sie hat recht, ich muss einen Spielerstamm aufbauen. Bisher steht kein einziger Name auf der Liste, und das ist alles andere als beeindruckend.

Sobald wir die Eingangshalle des Hauses betreten, in dem Maddox wohnt, kommt ein junger Mann in knappen Shorts auf uns zu. Lederschnüre kreuzen sich auf seiner nackten Brust, und er trägt Engelsflügel auf dem Rücken.

»Was zum Teu…«

»Hi, du musst Richard sein«, sagt meine Schwester.

Der Typ nickt, und Bargeld wechselt den Besitzer.

»Stacy, was soll das?«, will ich wissen.

»Ich will hier auch meinen Spaß haben.«

»Deine Schwester ist ein böses Mädchen«, meint Richard.

»Was immer sie dir zahlt, es ist garantiert nicht genug.«

Wir folgen Stacy in den Aufzug und fahren in den neunten Stock.

»Wie kann sich ein Marketing-Berufseinsteiger eine Wohnung in diesem Gebäude leisten?«, frage ich. Stacys Wohnung ist dagegen ein Schuhkarton. Und meine übrigens auch.

»Es ist nur eine Einzimmerwohnung, und er wohnt zur Miete. Sie gehört einem seiner Kumpel aus der Studentenverbindung.« Stacy hält mir einen Arm vor die Brust, damit ich nicht den Flur hinunterlaufe. »Richard geht vor.«

»Du weißt, dass ich die nächsten zwei Tage mit dem Kerl verbringen muss, ja? Er wird mich von vornherein hassen, wenn wir ihm jetzt so einen Streich spielen.«

Zu spät. Richard klopft an, Stacy grinst, und ich möchte mir eine Kugel in den Kopf jagen.

Die Tür öffnet sich, jedoch kann ich Maddox von unserem Versteck aus leider nicht sehen.

Richard verwandelt sich in Sekundenschnelle von einem merkwürdig kostümierten Kerl in einen überkandidelten Klischee-Schwulen.

»Maddox! Hi, Süßer. Ich bin Damon.«

Ich fasse mir an die Stirn. »Richard hat recht. Du bist echt ein böses Mädchen.«

»Äh … Also …« Maddox ist so offensichtlich verwirrt, dass ich fast Mitleid mit ihm bekomme. Seine Stimme klingt tiefer, als ich sie mir vorgestellt habe. Dunkel und samtweich, trotz des Rumgestotters.

»Sehe ich nicht so aus, wie du erwartet hast?« Richard stützt eine Hand in die theatralisch ausgestellte Hüfte.

Oh, Himmel.

»Nein. Ich wüsste nur zu gern, wie viel Stacy dir zahlt, damit ich mich hier zum Idioten mache«, sagt Maddox. Er streckt den Kopf zur Tür heraus und funkelt Stacy an. »Netter Versuch. Aber du hast vergessen, dass ich dich viel zu gut kenne. Wenn du gedacht hast, ich wäre dumm genug, deinen Bruder nicht in den sozialen Medien unter die Lupe zu nehmen, verliere ich jeglichen Respekt vor dir. Sonst bist du viel raffinierter. Die Stacy, die ich kenne, hätte ein Foto von diesem Kerl hier auf Damons Profil gepostet.« Er deutet auf Richard.

Ich muss lachen. »Du hattest recht, Stace. Das war lustig.«

Maddox schaut mich mit seinen blauen Augen an. Sein kräftiger Kiefer, das dunkelblonde Haar und die leichte Ähnlichkeit mit Brad Pitt haben das Potenzial, mich an diesem Wochenende schwer in Verlegenheit zu bringen. Natürlich sieht der Heterotyp fantastisch aus. Das Universum lässt mich eben gerne leiden.

Verflucht, jetzt lächelt er auch noch. »Hey, du musst der echte Damon sein. Ich bin Maddox.«

»Was geht?« Was geht? Echt peinlich. Reiß dich zusammen.

Stacy zieht mich zu ihm hin, und wir schütteln uns die Hand.

»Äh, kann ich dann verschwinden?«, fragt Richard.

»Ja, danke dir«, sagt Stacy. »Ich bringe dich runter. Wir sehen uns am Montag, Maddox. Damon, ich rufe dich nachher an.«

Ich blicke meiner Schwester nach und wünsche mir fast, sie würde mich nicht mit Maddox allein lassen. Ich hätte nicht zusagen sollen. Nicht bei meiner unseligen Neigung, mich in heterosexuelle Kerle zu verlieben. Wobei, »Kerle« ist übertrieben. Es ist bisher nur ein einziges Mal passiert, und ich habe mir geschworen, dass es auch dabei bleibt.

»Können wir los?«, fragt Maddox. »Ich habe einen Mietwagen besorgt. Wenn der Verkehr nicht allzu schlimm ist, schaffen wir die Strecke in drei Stunden.«

»Klar.« Ich greife nach meiner Reisetasche und dem Kleidersack mit meinem Anzug. »Ich bin so weit.«

* * *

»Ich kann dir gar nicht genug dafür danken, dass du das machst«, sagt Maddox, sobald wir den Stadtverkehr hinter uns gelassen haben.

Bis jetzt haben wir holprigen Small Talk geführt, zu dem mein Hirn nur einsilbige Antworten beigesteuert hat.

Ich nicke und starre aus dem Fenster. Ich habe vier Jahre lang Baseball an der Newport University gespielt, aber so faszinierend wie heute ist mir New Jersey noch nie vorgekommen. Selbst die I-80 hat ihren Reiz, wenn man richtig hinsieht.

»Du hältst mich bestimmt für einen Idioten, hm?«, fragt Maddox.

»Irgendwie schon.«

»Wenigstens bist du ehrlich.«

Ich rutsche auf dem Sitz hin und her. Muss er das Thema jetzt unbedingt anschneiden? Also gut, von mir aus. »Typen wie du sind schuld, wenn mir Frauen nicht abkaufen, dass ich nicht auf das weibliche Geschlecht stehe.«

»Wirklich? Sie denken, es wäre eine Ausrede?«

»Du glaubst nicht, was ich schon zu hören bekommen habe. ›Aber du siehst gar nicht schwul aus, dafür bist du viel zu männlich.‹ Oder ›Sag’s doch einfach, wenn du dich nicht mit mir treffen willst, aber lüg mich nicht so plump an‹. Am besten gefallen hat mir bisher ›Aber du bist doch Spieleragent‹. Als hätte ich gegen eine ungeschriebene Regel verstoßen, weil ich Sport mag, obwohl ich schwul bin. Damit sind all meine Aussichten auf den Titel ›Schwuler des Jahres‹ dahin.«

»Oh Mann, jetzt fühle ich mich noch schlechter. Wie konnte dich Stacy nur zu dieser Sache überreden?«

»Du vergisst wohl die versprochene Belohnung. Mal ehrlich, gibt es diesen Eishockeyspieler überhaupt?«

Maddox’ Züge verhärten sich. »Ja, klar. Und falls es dich interessiert, ich finde es auch nicht gut, was ich hier abziehe. Ehrenwort, Chastity ist die Einzige, der ich bisher vorgemacht hab, ich wäre schwul.«

»Wie auch immer«, sage ich, »ich bin nur hier, weil du mir einen Klienten in Aussicht gestellt hast.«

»Womit das geklärt wäre.«

»Wir sollten absprechen, was wir nachher über uns erzählen.«

»Ich hab versucht, so viel wie möglich über dich herauszufinden, aber deine Sicherheitseinstellungen im Internet sind schärfer als die von Fort Knox. Ich weiß nur deinen Namen, dass du an der Columbia studierst und für OTS arbeitest. Bei Twitter postest du fast nur Baseballinfos, das war auch nicht sehr ergiebig.«

»Hast du mich etwa gegoogelt?«

»Äh, nein. Ich hab mir nur deine Einträge auf Facebook und Twitter angesehen.«

Er hätte mich googeln sollen. Dann hätte er alles über mich erfahren. In den sozialen Medien hingegen habe ich alle Informationen über mein früheres Leben als aufsteigender Baseballspieler gelöscht.

»Wieso, was hätte Google mir denn verraten?«, fragt Maddox.

Ich räuspere mich.

»Mann, jetzt bin ich aber neugierig. Hast du irgendwelche Leichen im Keller?«

»Nein.« Begraben musste ich bisher nur meine Karriere.

»Ist es ein peinlicher zweiter Vorname? So etwas sollte ich als dein Freund schon wissen, oder?«

Ich werfe ihm einen scharfen Seitenblick zu. »Weißt du eigentlich, worauf du dich einlässt? Wir müssen uns schließlich so verhalten, als ob wir wirklich zusammen wären. Händchen halten, und was eben so dazugehört, wenn man verliebt ist. Du darfst nicht jedes Mal zusammenzucken, wenn ich dich anfasse.«

»Das klappt schon. Ich habe kein Problem damit, wenn zwei Männer sich berühren.«

Schweres Missverständnis. Nur weil er kein Problem damit hat, wenn Schwule in seiner Gegenwart Zärtlichkeiten austauschen, weiß er trotzdem noch lange nicht, wie es ist, selbst schwul zu sein. Mir liegt eine Bemerkung auf der Zunge, aber ich verkneife sie mir. »Mein zweiter Vorname ist Isaac, nach meinem Großvater mütterlicherseits.«

»Damon Isaac King … Sekunde, dann sind deine Initialen …«

Ich knirsche mit den Zähnen. »Ich weiß. Du wirst nicht glauben, wie oft Stacy diesen Witz schon gerissen hat, seit ich mich geoutet habe. ›Kein Wunder, dass er auf dicke Schwänze steht, wenn seine Initialen DIK lauten.‹«

Maddox beißt sich auf die Unterlippe und versucht, sich das Lachen zu verkneifen.

»Lach ruhig«, sage ich.

»Ich heiße Maddox Colin O’Shay. Ziemlich langweilig. In Sachen Namen bist du ja Aufregenderes gewohnt.«

»Klingt sehr irisch.«

»Mein Vater heißt Colin, und seine Familie stammt aus Irland. Meine Großeltern sind in die Staaten gekommen, als Dad ein Teenager war. Er spricht immer noch mit Akzent und ist stolz auf seine irischen Wurzeln.«

»Ist notiert.«

»Was studierst du an der Columbia?«, fragt Maddox.

»Ich habe einen Abschluss in Sportmanagement von der Newport, und an der Columbia mache ich mein Diplom in Jura.«

»Zwei Diplome? Intelligentes Kerlchen! Und warum möchtest du Spieleragent werden?«

Ich räuspere mich erneut und starre angestrengt aus dem Fenster. »Das war ursprünglich nur Plan B. Ich wollte Profi-Baseballspieler werden.«

»Was kam dazwischen?«

»Ein Rotatorenmanschettenriss. Ich war Pitcher.«

»Autsch.«

Ich zucke die Achseln und versuche, lässig darüber hinwegzugehen. Dass ich meine Spielerkarriere aufgeben musste, ist immer noch ein wunder Punkt. Sogar heute noch, Jahre später. Wahrscheinlich werde ich es nie ganz akzeptieren können, dass Baseball für mich gestorben ist. Ich war nirgendwo glücklicher als auf dem Platz, und ich träume immer noch davon, Home Runs zu werfen.

Der Geruch des frisch gemähten Grases, die grellen Stadionlichter – für mich hatte Baseball etwas Berauschendes. Jetzt bin ich genauso schlimm dran wie ein Alkoholiker auf Zwangsentzug. Mein Suchtmittel ist für mich tabu, obwohl ich mir nichts sehnlicher wünsche.

»Möchtest du irgendetwas über mich wissen?«, erkundigt sich Maddox.

»Maddox O’Shay. Angestellter bei Parsons’ Media, Absolvent der Olmstead University, tischt Frauen Lügen über seine sexuelle Ausrichtung auf.« Ich grinse ihn an.

»Einer Frau«, korrigiert mich Maddox. »Einzahl. Und das erwähnst du an diesem Wochenende besser nicht. Hast du irgendwelche Allergien? Trinkst du Kaffee? Wie magst du deine Eier? Solche Kleinigkeiten sollten Partner voneinander wissen.«

»Keine Allergien, ohne Kaffee geht nichts – ich trinke ihn schwarz –, und wenn ich im Restaurant bin, bestelle ich pochierte Eier. Zu Hause kriege ich nur Rührei zustande.«

»Ich bin der Spiegelei-Typ, Kaffee immer mit Kaffeesahne und Zucker, und ich bin allergisch gegen Morphium und Verbindlichkeit.«

Ich muss lachen. Witzig ist er auch, na toll. Er macht es mir schwer, ihn nicht zu mögen.

»Die Verbindlichkeitsphobie sollte ich besser auch nicht erwähnen.«

»Gut mitgedacht«, sage ich.

»Wie haben wir uns kennengelernt?«, fragt er.

»Da bleiben wir am besten bei der Wahrheit, oder? Meine Schwester hat uns einander vorgestellt. Ihr seid zusammen aufs College gegangen, ihr seid Kollegen, wir leben alle in derselben Stadt. Das klingt glaubhaft. Es ist sowieso ein Wunder, dass wir uns bisher noch nicht begegnet sind. Stacy spricht ständig über dich.«

»Der Bruder und der beste Freund. Guter Ansatz, gefällt mir.«

KAPITEL 3

MADDOX

Mein Freund hasst mich. Und das kann ich ihm nicht einmal übel nehmen.

Ich hatte keine Ahnung, was mich erwartet, als wir uns trafen. Damons Foto und Profil bei Facebook waren nicht besonders aufschlussreich. Ich wusste nicht mal, welche Haarfarbe er hat. Genau wie auf dem Bild trägt er auch jetzt eine Baseballkappe mit dem Logo der Columbia University. Ich kann ihn mir gut als Baseballspieler vorstellen; er hat breite Schultern, und um seinen Bizeps beneide ich ihn.

Ich parke vor dem zweistöckigen Schindelhaus meiner Eltern und will aussteigen, doch Damon hält mich zurück.

»Über eine wichtige Sache sollten wir uns noch einigen«, meint er.

»Wenn es darum geht, wer von uns beiden lieber unten liegt, bist das auf jeden Fall du.«

Damon hält sich den Bauch, so heftig muss er darüber lachen. Das ist ein Fortschritt, gemessen an dem finsteren Blick, mit dem er mich auf dem ganzen Weg hierher bedacht hat.

»Wenn jemand aus deiner Familie tatsächlich danach fragen sollte, muss er mit einer entsprechenden Gegenfrage rechnen.«

»Darauf freue ich mich jetzt schon«, antworte ich.

»Es geht um etwas viel Wichtigeres. Welches ist dein Lieblingsteam?«

»Äh, reden wir von Baseball?«

»Von was denn sonst?«

»Ähm …«

»Du bist doch Baseballfan, oder?« Damon sieht mich an, als bestimmte meine Antwort über Leben oder Tod einer ganzen Einhornherde.

»Eigentlich stehe ich eher auf Football.«

Er schaut auf seine Armbanduhr. »Wir sind erst drei Stunden zusammen, und schon findet diese vorgetäuschte Romanze ihr unrühmliches Ende.«

Jetzt muss ich schallend lachen. »Wie wäre es, wenn wir mich zu einem Fan deines Lieblingsteams machen? Lass mich raten, du stehst auf die Yankees.«

»Um Himmels willen. Ich bin durch und durch Mets-Fan.«

»Gut zu wissen. Fühlst du dich gewappnet für deinen ersten großen Auftritt?«

Damon sieht zum Haus hinüber und wird ganz blass. »Ich habe noch nie die Eltern eines Typen kennengelernt, mit dem ich zusammen war.«

»Kein Grund, nervös zu werden. Meine Eltern sind großartig und haben überhaupt kein Problem damit, dass ich schwul bin.«

Damon hüstelt. »Und dabei bist du es nicht mal.«

»Das spielt keine Rolle. Wir beide ›trennen‹ uns sowieso in ein paar Monaten.«

Da ist er wieder, der finstere Blick. »Du könntest stattdessen auch einfach die Wahrheit beichten.«

Ich runzle die Stirn. »Beängstigend.«

»Was meinst du?«

»Du siehst gerade genauso aus wie Stacy, wenn sie mir eine Moralpredigt hält. Was sie übrigens ständig tut.«

Er ringt sich ein Lächeln ab.

»Wir können hier noch ewig sitzen und darüber diskutieren, warum ich meinen Eltern die Wahrheit sagen sollte, aber an diesem Wochenende werde ich das ganz sicher nicht tun. Stattdessen essen wir jetzt mit ihnen. Morgen gehen wir dann zu Chastitys Hochzeit und betrinken uns auf ihre Kosten bis zum Umfallen. Und am Sonntagmorgen fahren wir ganz früh zurück nach New York.«

Damon nickt. »Das kriege ich hin.«

»Dann komm, mein Schatz«, trällere ich.

»Bist du sicher, dass du nicht doch ein ganz klein wenig schwul bist?«, fragt er neckend. »Du scheinst dich in der Rolle sehr wohlzufühlen.«

»Da muss ich dich leider enttäuschen.« Obwohl mir das Wort »Schatz« überraschend leicht über die Lippen gekommen ist.

Sein Lächeln ist wie weggewischt. »Verflixt, das sollte kein Flirtversuch sein. Ich …«

»Schon gut. Alles cool. Mir war schon klar, dass du nur Spaß machst.« Ich möchte, dass wir so ungezwungen wie möglich miteinander umgehen. Ich habe ihn in diesen Schlamassel hineingezogen, und er denkt, ich hätte ein Problem damit, dass er schwul ist. Oder ich könnte auf die Idee kommen, er würde mich anmachen, obwohl er das gar nicht tut. Seinem betroffenen Gesichtsausdruck nach zu urteilen, glaubt er mir nicht. Ich riskiere es und lege ihm eine Hand auf den Arm.

»Ehrlich, alles in Ordnung.«

Er runzelt die Stirn und starrt auf meine Hand, bis ich sie wegziehe. Alles klar, verstanden. Der angebliche Freund wird nicht unnötig angefasst. Damon sieht erneut durch die Windschutzscheibe zum Haus hinüber. »Äh, ich glaube, sie wissen, dass wir da sind.«

Ich folge seinem Blick. »Das ist Mom. Wir stehen hier schon viel zu lange. Sie denkt wahrscheinlich, du willst dich drücken.«

»Wenn das noch geht?«

»Zu spät. Da kommt sie schon.«

Meine Mutter bekam die ersten grauen Haare mit Mitte dreißig, und statt ihr langes Haar zu färben, sagt sie immer, sie möchte mit Würde altern. Sie trägt einen Overall und Gummistiefel und bedient damit jedes Klischee, das man uns Landeiern so zuschreibt. Fehlt nur noch der Strohhalm im Mundwinkel.

»Hi, Mom«, sage ich, als wir aussteigen.

Sie umarmt mich herzlich. »Hallo, mein Kleiner.«

»Ich bin dreiundzwanzig. Du kannst mich nicht mehr ›Kleiner‹ nennen.«

»Du wirst immer mein Kleiner bleiben.«

»Hach«, murmelt Damon und umrundet das Auto. Verdammt, sieht er gut aus, wenn er lächelt. Sogar so gut, dass ich mich frage, ob meine Familie unser kleines Schauspiel durchschauen wird. Es wäre schon verwunderlich, wenn ein Traumtyp wie er wirklich mit mir zusammen sein wollte. »Hi, Mrs O’Shay. Schön, Sie kennenzulernen.« Er streckt ihr die Hand hin.

»Vorsicht, Umarmungsalarm«, warne ich ihn.

Wie erwartet, schließt Mom ihn herzlich in die Arme. »Und nenn mich bitte Alana.«

»Wo ist Dad?«, frage ich.

»Drinnen. Er tranchiert den Truthahn.«

Ich schaue zu Damon hinüber. »Waren wir etwa acht Monate lang unterwegs? Ich hab gar nicht mitgekriegt, dass heute Thanksgiving ist.«

»Sehr witzig«, kontert Mom. »Für uns ist heute nun mal ein besonderer Tag. Du bringst schließlich deinen Freund mit nach Hause. Also gibt es Truthahn, wenn du nichts dagegen hast.«

Ich hebe kapitulierend die Hände. »Hab ich nicht.« Dabei zieht sich mein Magen zusammen. Für mich war meine vorgetäuschte Homosexualität bisher nicht mehr als eine abstrakte Tatsache, die mein Leben nicht weiter beeinflusst hat. Meine Familie hat sich hingegen einfach darauf eingestellt. Die Tragweite meiner Lüge wird mir in diesem Augenblick zum ersten Mal richtig bewusst.

Wir sind das, was man eine glückliche Familie nennt, auch wenn wir uns nicht sehr nahestehen. Meine Schwester sehe ich kaum, und meine Nichte und meinen Neffen habe ich bisher nur ein paarmal getroffen. Mom und Dad besuche ich an den Feiertagen und rufe sie alle paar Wochen an. Und natürlich telefonieren wir an Geburtstagen.

Mom fragt mich oft, ob ich mich mit jemandem treffe, aber dann wechsle ich immer das Thema. So würde ich mich aber auch verhalten, wenn sie wüsste, dass ich heterosexuell bin. Ich habe seit Chastity keine Freundin mehr gehabt.

»Kommst du, Irish?«, fragt Damon, der auf halbem Weg zum Haus ist und jetzt erst merkt, dass ich noch am Auto stehe.

Mom ist bereits im Eingang verschwunden.

»Sind wir schon bei Kosenamen, ›Dik‹?«

»Gut gekontert.« Er lüftet breit grinsend die Baseballkappe und verbeugt sich.

Aha, er hat also dunkles Haar. Grüne Augen und dunkles Haar, keine blonden Locken wie seine Schwester.

Ich hole ihn ein und lege ihm einen Arm um die Schultern. Damon versteift sich für einen Augenblick, entspannt sich aber schnell wieder. Ich ziehe ihn an mich. »Das alles tut mir echt leid.«

»Schon in Ordnung.« Seine Stimme klingt heiser.

Wir betreten das Haus, und Mom ruft: »Ihr könnt eure Sachen in Jacies Zimmer bringen.«

»In Jacies Zimmer?«, wiederhole ich. »Ich dachte, Damon schläft in meinem Zimmer und ich in ihrem. Falls es dir nicht aufgefallen ist, Mom, ein Einzelbett ist zu klein für uns beide.«

Mom kommt aus der Küche. »Haben wir dir das noch nicht erzählt? Als Jacie letztes Mal hier war, haben wir ein Doppelbett für ihr Zimmer gekauft und die Einzelbetten für die Kinder in dein Zimmer gestellt. Ich bin doch nicht von gestern, Maddy. Mir ist schon klar, dass du mit deinem Freund in einem Bett schlafen willst. Also bekommt ihr Jacies Zimmer.«

Na super.

»Macht euch frisch, dann könnt ihr zum Essen runterkommen.«

Wir stapfen die Treppe hoch, Damon vorneweg. Oben bleibt er stehen. »Wo geht’s lang?«

»Links«, murmele ich und kann ihm nicht in die Augen sehen. Sobald wir in Jacies Zimmer sind, das zu einem Gästeraum umfunktioniert wurde, schließe ich die Tür hinter uns. »Tut mir leid. Ich hab das Gefühl, ich muss mich die ganze Zeit bei dir entschuldigen. Ist eine Weile her, dass ich hier war.«

»Für mich ist das keine große Sache, aber ich verstehe es, wenn du damit ein Problem hast. Wie du dir denken kannst, habe ich schon das ein oder andere Mal mit einem Mann im selben Bett geschlafen.«

»Für mich ist das auch in Ordnung. Allerdings wollte ich dich ganz sicher nicht in eine solche Situation bringen.«

»Mach dir keine Gedanken. Ich bleibe ganz bestimmt auf meiner Seite.«

Ich lege den Kopf schief. »Deswegen mache ich mir keine Sorgen.«

»Ich sage das auch nur, weil ich nicht viele Heteros kenne, die das so locker sehen würden. Wenn du auch nur die geringsten Bedenken hast, was ich total verstehen könnte, schlafe ich auf dem Boden.«

»Wenn ich Bedenken hätte, sollte ich derjenige sein, der auf dem Boden schläft. Hab ich aber nicht, also ist alles gut.«

Damon schaut weg.

»Wir sollten zum Essen runtergehen, bevor Mom …«

»Jungs!«

»… sich fragt, wo wir bleiben.«

»Gut.«

Kerzenschein erleuchtet das Esszimmer, und auch mit dem Essen hat Mom sich so unglaublich viel Mühe geben, dass mir die aufsteigenden Schuldgefühle die Kehle zuschnüren. Ich sollte meine Eltern wirklich häufiger besuchen.

»Dad, das ist Damon«, stelle ich meinen »Freund« vor.

Damon überragt Dad um einiges, aber der ist mit seinen eins siebenundsiebzig auch eher klein für einen Mann. Was wieder einmal die Frage aufwirft, wieso ich groß und blond bin, obwohl alle anderen in der Familie klein und dunkelhaarig geraten sind.

»Schön, dich kennenzulernen, mein Junge«, sagt Dad mit seinem irischen Akzent und schüttelt Damon die Hand.

Die Herzlichkeit, die er Damon entgegenbringt, beruhigt mich etwas. Das Wochenende wird für Damon hart genug, vor allem, weil ich auf der Hochzeit morgen mit einigen spitzen Bemerkungen rechne.

Witzigerweise war der Tag, an dem ich Chastity über meine Homosexualität aufklärte, derselbe, an dem meine Eltern es »herausfanden«. Chastity verlor keine Zeit dabei, sich als Märtyrerin darzustellen, als das arme Opfer, das drei Jahre lang von mir zur Aufrechterhaltung meiner heterosexuellen Fassade benutzt worden war. Es dauerte kaum eine Stunde, bis meine Eltern davon erfuhren. Vergiss Facebook und Co. In einer Kleinstadt wie Clover Vale, in der jeder jeden kennt, verbreiten sich Nachrichten zigmal schneller als über die sozialen Medien.

Zu Hause warteten Mom und Dad bereits im Wohnzimmer auf mich.

»Möchtest du uns vielleicht etwas sagen?«, fragte Mom ruhig und voller Mitgefühl, was die Vermutung nahelegte, dass sie über die Trennung Bescheid wusste.

»Nichts, worüber wir reden müssten«, antwortete ich. »Chastity und ich wollen unterschiedliche Dinge im Leben.«

Dad schnaubte amüsiert. »Eher dieselben, oder? Ihr wollt beide einen Mann fürs Leben.«

»Sekunde, was?«

Mom kam mit Tränen in den Augen auf mich zu. »Du warst heute sehr tapfer, mein Schatz. Ich wünschte zwar, du hättest es uns zuerst gesagt, aber wir lieben dich, wie du bist. Das sollst du wissen.«

»Was?« Ich war verwirrt, denn ich hätte Chastity nie zugetraut, dass sie mich vor der ganzen Stadt outen würde. Wenn ich die Lüge nicht selbst in die Welt gesetzt hätte, wäre ich richtig sauer auf sie gewesen. So sah ich es als Rache des Karmas.

Dann sagte auch Dad, er wäre stolz auf mich. Diese Worte hatte er nicht einmal über die Lippen gebracht, als ich am College aufgenommen worden war.

Ich wollte meinen Eltern die Wahrheit sagen – dass dies der einzige Weg war, auf dem ich die Beziehung zu Chastity beenden konnte –, brachte es jedoch nie über mich. Wie man merkt. Sonst würde ich nicht mit einem vorgeblichen Freund hier sitzen.

Damon stupst mich mit dem Ellbogen an, und ich schrecke hoch. »Was? Entschuldigt, ich war kurz in Gedanken.«

»Wie hast du Damon kennengelernt?«, fragt Mom.

»Von Stacy habe ich euch doch schon erzählt. Er ist ihr Bruder.«

»Kennengelernt haben wir uns bei Stacys und Maddox’ Uni-Abschlussfeier letztes Jahr, und vor Kurzem sind wir uns dann wieder über den Weg gelaufen«, berichtet Damon.

Oh, das ist eine gute Geschichte.

»Und wann hast du dich geoutet?«, will Mom von Damon wissen.

»Mom!« Ich habe nicht damit gerechnet, dass sie solche Fragen stellt. Das ist natürlich alles neu für sie – ich bin schwul und habe sogar einen Freund –, aber …

»Entschuldige, ist das eine unangemessene Frage?«

»Nein, schon in Ordnung«, erwidert Damon. »Es ist allerdings eine ziemlich langweilige Geschichte. Ich war frisch auf dem College und hatte meinen Eltern am Telefon erzählt, dass ich mit jemandem zusammen war. Mein Plan war, ihn meinen Eltern als meinen Freund vorzustellen und mich dadurch zu outen. Aber Mom hat einfach gesagt: ›Dann bring ihn doch zum Abendessen mit, wenn du uns das nächste Mal besuchst.‹ Obwohl ich gar nichts von einem Mann erzählt hatte. Keine Ahnung, wie sie es herausgefunden hatten. Sie haben keine große Sache daraus gemacht, weil sie der Ansicht sind, ein Coming-out sollte keine große Sache sein. Heterosexuelle müssen sich nie erklären, also sollte es auch sonst niemand müssen.«

»Das ist eine sehr nette Geschichte«, sagt Mom. »Viel besser als die von Maddys Ex-Freundin, die ihn vor der ganzen Stadt geoutet hat.«

»Darüber möchte ich jetzt nicht reden«, erkläre ich angespannt.

»Schon gut, schon gut.« Mom hebt beschwichtigend die Hände. »Was habt ihr zwei hier denn sonst noch so vor?«

»Nichts, nur die Hochzeit.«

Da vibriert mein Handy in meiner Hosentasche.

 

Will:

Laut Gerüchteküche bist du in der Stadt. Du, ich, Jared, Treffen im Rusty’s? In einer Stunde?

 

»Es sei denn, du hast Lust, mit ein paar alten Freunden von der Highschool was trinken zu gehen?«

Damons Lächeln wirkt gequält. »Wenn du möchtest.«

 

Ich:

Wir kommen.

 

Will:

Wir?

 

Ich:

Ich bringe meinen Freund mit.

 

Die Jungs werden sich totlachen, wenn sie das lesen.

 

Will:

HAHAHAHAHA

KAPITEL 4

DAMON

»Ist es wirklich in Ordnung für dich, dass wir uns mit meinen Freunden treffen?«, fragt Maddox auf dem Weg zum Auto.

Bin ich so leicht zu durchschauen? Nein, ich habe keine Lust, mit seinen Kumpels etwas trinken zu gehen. Abgemacht waren zwei Nächte bei seinen Eltern und die Hochzeit. »Na klar.« Eiskalt gelogen. »Aber bist du wirklich bereit, die Nummer öffentlich durchzuziehen?«

»Darüber müssen wir uns heute Abend keine Gedanken machen.«

Vor der Bar warten zwei Typen auf uns. Maddox läuft auf den dunkelhaarigen zu und rempelt ihn spielerisch an. Der Kerl schubst zurück, woraufhin Maddox ihn in den Schwitzkasten nimmt.

»Schon gut, schon gut, du hast gewonnen«, sagt der Typ. »Vorsicht mit meiner Frisur.«

»Und ich dachte, Maddy wäre der Schwule hier«, meint der andere.

Maddox lässt seinen Freund los und winkt mich zu sich. »Damon, das sind meine beiden besten Freunde von der Highschool. Will«, er zeigt auf den Schubser und dann auf den anderen, der übrigens rote Haare hat, »Jared, das ist Damon. Mein Freund.«

»Freund?«, wiederholt Jared. »Wie in fester Freund?«

Will lacht.

»Genau, mein fester Freund. Wie in«, Maddox zeichnet mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft, »›der Mann, in den ich verliebt bin‹.«

»Für eine Sekunde hatte ich den Verdacht, du meinst es ernst«, sagt Jared.

»Moment mal, ihr wisst Bescheid?«, frage ich. Das würde die Sache deutlich erleichtern.

»Die beiden sind sogar schuld an allem«, antwortet Maddox. »Sie haben mich damals auf die Idee gebracht.«

»Nachdem du weg warst, haben wir immerhin versucht, allen klarzumachen, dass du nur Schwachsinn erzählt hast und natürlich nicht schwul bist. Da haben wir aber was zu hören bekommen«, sagt Will. »Wir wären unsolidarische, scheinheilige Mistkerle und sollten uns was schämen.«

»Und wer bist du im echten Leben?«, fragt mich Jared.

»Ihr kennt doch meine Freundin Stacy.« Maddox’ Miene hellt sich auf, als wäre ihm plötzlich etwas eingefallen. »Jared, du kennst sie auf jeden Fall. Du hast mich doch mal an der Uni besucht.«

»Oooh, die Stacy.« Jared grinst vielsagend.

Ich starre ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »Du hast mit meiner kleinen Schwester geschlafen?«

Jared reißt die Augen auf. »Oh, Mist. Ähm, nein?«