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44-fach prüfungsrelevant Das Buch enthält in 44 Fällen zahlreiche Sachverhalte zu den relevanten Strafrechtsdelikten im bundespolizeilichen Aufgabenbereich. Diese werden regelmäßig gemäß Ausbildungs- und Stoffverteilungsplan in Prüfungen und Aufsichtsarbeiten geprüft. Komplett ausformulierte Fall-Lösungen Alle Sachverhaltslösungen sind komplett ausformuliert und entsprechen dem für die Ausbildung des mittleren Polizeivollzugsdienstes der Bundespolizei geltenden Aufbauschema. Die Lösungen basieren auf den bundesweit harmonisierten Arbeitsunterlagen für die Ausbildung des mittleren Polizeivollzugsdienstes und der Verfahrensanweisung der Bundespolizeiakademie für die Erstellung von Prüfungsarbeiten. Im Einführungskapitel stellen die Verfasser die Herangehensweise an die Lösung strafrechtlicher Sachverhalte ausführlich dar. Die Fälle Die Übungssachverhalte mit Lösungen enthalten Fälle zu folgenden Tatbeständen: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte Hausfriedensbruch Beleidigung Körperverletzung, gefährliche Körperverletzung Freiheitsberaubung Nötigung Diebstahl, Diebstahl im besonders schweren Fall, Diebstahl mit Waffen; Bandendiebstahl Erschleichen von Leistungen Urkundenfälschung Missbrauch von Ausweispapieren Sachbeschädigung, gemeinschaftliche Sachbeschädigung Mit Tipps für die Fallbearbeitung Tipps und Hinweise zu einer effizienten Bearbeitungstechnik sowie die im Anhang abgedruckten wichtigsten Rechtsnormen ermöglichen schnelles Lernen und eine optimale Prüfungsvorbereitung. Effiziente Prüfungsvorbereitung für .... ... Polizeimeisteranwärterinnen und Polizeimeisteranwärter des mittleren Polizeivollzugsdienstes in der Bundespolizei.
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek | Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
2. Auflage, 2022
ISBN 978-3-415-07274-9
© 2020 Richard Boorberg Verlag
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Titelfoto: © RBV
E-Book-Umsetzung: abavo GmbH, Buchloe
Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG | Scharrstraße 2 | 70563 Stuttgart
Stuttgart | München | Hannover | Berlin | Weimar | Dresden
www.boorberg.de
In der Ausbildung des mittleren Polizeivollzugsdienstes der Bundespolizei sind im Fach Einsatzrecht/Verkehrsrecht schriftliche Prüfungsarbeiten, in Form von Aufsichtsarbeiten sowie Zwischen- und Laufbahnprüfungen, zu erbringen.
Den Anwärtern fällt es erfahrungsgemäß schwer, trotz richtig erkanntem Ergebnis, die Lösung korrekt niederzuschreiben. Hierbei soll das vorliegende Buch eine Hilfestellung bieten. Es enthält zahlreiche Sachverhalte zu den relevanten Strafrechtsdelikten im bundespolizeilichen Aufgabenbereich. Diese werden regelmäßig gemäß Ausbildungs- und Stoffverteilungsplan in Prüfungen und Aufsichtsarbeiten geprüft.
Alle Sachverhaltslösungen sind komplett ausformuliert und entsprechen dem für die Ausbildung des mittleren Polizeivollzugsdienstes der Bundespolizei geltenden Aufbauschema. Die Lösungen basieren auf den bundesweit harmonisierten Arbeitsunterlagen für die Ausbildung des mittleren Polizeivollzugsdienstes und der Verfahrensanweisung der Bundespolizeiakademie für die Erstellung von Prüfungsarbeiten.
In einem einführenden Abschnitt wird zu Beginn des Buches die Herangehensweise an die Lösung strafrechtlicher Sachverhalte ausführlich dargestellt.
Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern viel Freude bei der Lektüre des Buches und gutes Gelingen bei der Lösung der schriftlichen Aufsichts- und Prüfungsarbeiten.
Berlin/Münster-Hiltrup, im Sommer 2022
Die Verfasser
Cover
Titel
Impressum
Vorwort
Inhalt
Abkürzungsverzeichnis
Kapitel 1 Einführung in die strafrechtliche Fallbearbeitung
1.1 Inhaltliche Grundsätze
1.2 Prüfung von Strafrechtssachverhalten im mittleren Dienst
1.3 Schema für die strafrechtliche Würdigung
1.4 Erläuterungen zur Prüfung einer Straftat
1.4.1 Tatbestand
1.4.2 Rechtswidrigkeit
1.4.3 Schuld
1.5 Erläuterung der Prüfung anhand eines Mustersachverhaltes
1.6 Allgemeine Ratschläge zur Bearbeitungstechnik
Kapitel 2 Übungssachverhalte mit Lösungen
2.1 Fälle zum Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte – § 113 StGB
Fall 1: Widerstand – § 113 Abs. 1 1. Alt. StGB
Fall 2: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte – § 113 Abs. 1 2. Alt. StGB
Fall 3: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte – § 113 Abs. 1 1. Alt., Abs. 2 Nr. 1 1. Alt StGB
Fall 4: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte – § 113 Abs. 1 2. Alt., Abs. 2 Nr. 1 1. Alt. StGB
Fall 5: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte – § 113 Abs. 1 2. Alt., Abs. 2 Nr. 1 1. Alt. StGB
Fall 6: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte – § 113 Abs. 1 2. Alt., Abs. 2 Nr. 1 2. Alt. StGB
Fall 7: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte – § 113 Abs. 1 2. Alt., Abs. 2 Nr. 3 StGB
2.2 Fälle zum tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte – § 114 StGB
Fall 8: Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte – § 114 Abs. 1 StGB
Fall 9: Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte – § 114 Abs. 1 StGB
Fall 10: Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte – § 114 Abs. 1, 2 i. V. m. § 113 Abs. 2 Nr. 2 1. und 2. Alt. StGB
2.3 Fälle zum Hausfriedensbruch – § 123 StGB
Fall 11: Hausfriedensbruch – § 123 Abs. 1 1. Alt. StGB
Fall 12: Hausfriedensbruch – § 123 Abs. 1 2. Alt. StGB
2.4 Fall zur Beleidigung – § 185 StGB
Fall 13: Beleidigung – § 185 StGB
2.5 Fälle zur Körperverletzung – § 223 StGB
Fall 14: Körperverletzung – § 223 Abs. 1 1. Alt. StGB
Fall 15: Körperverletzung – § 223 Abs. 1 2. Alt. StGB
2.6 Fälle zur gefährlichen Körperverletzung – § 224 StGB
Fall 16: Körperverletzung – § 224 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. StGB
Fall 17: Körperverletzung – § 224 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. StGB
Fall 18: Körperverletzung – § 224 Abs. 1 Nr. 2 1. Alt. StGB
Fall 19: Körperverletzung – § 224 Abs. 1 Nr. 2 2. Alt. StGB
Fall 20: Körperverletzung – § 224 Abs. 1 Nr. 3 StGB
Fall 21: Körperverletzung – § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB
Fall 22: Körperverletzung – § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB
2.7 Fälle zur Freiheitsberaubung – § 239 StGB
Fall 23: Freiheitsberaubung – § 239 Abs. 1 1. Alt. StGB
Fall 24: Freiheitsberaubung – § 239 Abs. 1 2. Alt. StGB
2.8 Fall zur Nötigung – § 240 StGB
Fall 25: Nötigung – § 240 Abs. 1 1. Alt. StGB
2.9 Fall zum Diebstahl – § 242 StGB
Fall 26: Diebstahl – § 242 Abs. 1 StGB
2.10 Fälle zum besonders schweren Fall des Diebstahls – § 243 StGB
Fall 27: Diebstahl – § 242 Abs. 1, § 243 Abs. 1 Nr. 1 StGB
Fall 28: Diebstahl – § 242 Abs. 1, § 243 Abs. 1 Nr. 2 StGB
Fall 29: Diebstahl – § 242 Abs. 1, § 243 Abs. 1 Nr. 3 StGB
Fall 30: Diebstahl – § 242 Abs. 1, § 243 Abs. 1 Nr. 6 StGB
2.11 Fälle zum Diebstahl mit Waffen; Bandendiebstahl – § 244 StGB
Fall 31: Diebstahl – § 242 Abs. 1, § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a) 1. Alt. StGB
Fall 32: Diebstahl – § 242 Abs. 1, § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB
2.12 Fall zum Erschleichen von Leistungen – § 265a StGB
Fall 33: Erschleichen von Leistungen – § 265a Abs. 1 Var. 3 StGB
2.13 Fälle zur Urkundenfälschung – § 267 StGB
Fall 34: Urkundenfälschung – § 267 Abs. 1 Var. 1 StGB
Fall 35: Urkundenfälschung – § 267 Abs. 1 Var. 2 StGB
Fall 36: Urkundenfälschung – § 267 Abs. 1 Var. 3 StGB
2.14 Fälle zum Missbrauch von Ausweispapieren – § 281 StGB
Fall 37: Missbrauch von Ausweispapieren – § 281 Abs. 1 1. Alt. StGB
Fall 38: Missbrauch von Ausweispapieren – § 281 Abs. 1 2. Alt. StGB
2.15 Fälle zur Sachbeschädigung – § 303 StGB
Fall 39: Sachbeschädigung – § 303 Abs. 1 1. Alt. StGB
Fall 40: Sachbeschädigung – § 303 Abs. 1 2. Alt. StGB
Fall 41: Sachbeschädigung – § 303 Abs. 2 StGB
2.16 Fälle zur gemeinschädlichen Sachbeschädigung – § 304 StGB
Fall 42: Sachbeschädigung – § 304 Abs. 1 1. Alt. StGB
Fall 43: Sachbeschädigung – § 304 Abs. 1 2. Alt. StGB
Fall 44: Sachbeschädigung – § 304 Abs. 1 2. Alt. StGB
Kapitel 3 Anhang
3.1 Strafgesetzbuch (StGB)
3.2 Schema für die Würdigung einer Straftat
§/§§
Paragraf/Paragrafen
Abs.
Absatz
Alt.
Alternative
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BPolG
Bundespolizeigesetz
BPOLI
Bundespolizeiinspektion
bzgl.
bezüglich
DB AG
Deutsche Bahn Aktiengesellschaft
d. h.
das heißt
etc.
et cetera
f./ff.
folgende/fortfolgende
FAA
Fahrausweisautomat
gem.
gemäß
ggf.
gegebenenfalls
grds.
grundsätzlich
i. V. m.
in Verbindung mit
ICE
Intercity-Express
Nr.
Nummer
o. a.
oben aufgeführte
o. g.
oben genannte(r)
OWi
Ordnungswidrigkeit
PHM
Polizeihauptmeister
PK
Polizeikommissar
sog.
sogenannter/n
StGB
Strafgesetzbuch
SV
Sportverein
Var.
Variante
VfB
Verein für Bewegungsspiele
VmPVD
Vorbereitungsdienst für den mittleren Polizeivollzugsdienst
z. B.
zum Beispiel
In der Ausbildung des mittleren Polizeivollzugsdienstes in der Bundespolizei sind im Fach Einsatzrecht/Verkehrsrecht schriftliche Prüfungen, in Form von Aufsichtsarbeiten sowie Zwischen- und Laufbahnprüfungen, zu bewältigen.
Die fachinhaltliche Verantwortung für die Erstellung der Prüfungsarbeiten liegt bei der Bundespolizeiakademie und den Fachgruppen Recht und Verwaltung der Aus- und Fortbildungszentren. Die Aufsichtsarbeiten werden durch die jeweiligen Aus- und Fortbildungszentren in eigener Zuständigkeit erstellt.
Im Fokus der Unterrichtung stehen die Rechtsgebiete Straf-, Polizei-, Strafprozess- und Zwangsrecht. Es werden dabei die aktuellen Rechts- und Kriminalitätsentwicklungen im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei berücksichtigt. Die Grenzen des zulässigen Prüfungsstoffes ergeben sich aus dem Lernfeld (Lernfeld=Prüffeld) auf Grundlage der bundesweit harmonisierten Lehrunterlagen. Bei der Prüfung der Strafbarkeit werden vergangenheitsorientierte Fragestellungen („ex post“) verwendet. Der Prüfling muss die zutreffende Strafnorm jedoch selbstständig erkennen.
Der Einstieg in die schriftlichen Prüfungen erfolgt über die Betrachtung des polizeilichen Anlasses, der sich regelmäßig als Rechtsgutverletzung, d. h. vielfach als Verstoß gegen eine oder mehrere gesetzlich festgeschriebene Rechtsnormen verstehen lässt.
Es handelt sich hierbei überwiegend um Straftaten aus dem Strafgesetzbuch (StGB), vereinzelt aber auch um Ordnungswidrigkeiten (OWi) oder Delikte aus dem Nebenstrafrecht.
Als Örtlichkeiten des Geschehens sind die jeweiligen Musterinspektionen vorgesehen. Dies sind für den Bereich der grenzpolizeilichen Aufgabe die Bundespolizeiinspektion Forst, für die bahnpolizeiliche Aufgabe die Bundespolizeiinspektion Hamburg, für die Wahrnehmung der Aufgabe Luftsicherheit die Bundespolizeiinspektion Hamburg Flughafen und für die verbandspolizeiliche Aufgabe die Bundespolizeiabteilung Ratzeburg.
Es ist im Rahmen der Ausbildung nicht möglich, alle in Betracht kommenden Delikte in gleicher Intensität im Unterricht zu behandeln. Ziel ist es vielmehr, die Systematik des Lösens strafrechtlicher Sachverhalte zu verinnerlichen. Es kommt also nicht auf die Kenntnis sämtlicher Sonderfälle und Ausnahmen an, sondern auf die strukturierte Lösung der Standardsachverhalte.
Zwischen den einzelnen Ausbildungseinrichtungen und auch im Verlauf der Ausbildung selbst wird es in Teilen zu Abweichungen bzgl. des erwarteten Umfanges und der Art der Falllösung kommen. Gerade zum Beginn der Ausbildung werden aus methodischen und didaktischen Gründen ausführlichere Sachverhaltslösungen von den Anwärtern erwartet.
Eine Straftat ist die tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Handlung eines Menschen. Als Rechtsfolge sieht der Gesetzgeber die Bestrafung des Täters vor, üblicherweise mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe.
Die Straftat besteht daher aus den folgenden drei Grundelementen:
1.Tatbestand2.Rechtswidrigkeit3.SchuldAus diesen Elementen ergibt sich das Prüfschema für die rechtliche Prüfung der Strafbarkeit in der Ausbildung des mittleren Polizeivollzugsdienstes.
Bezüglich der Lösung strafrechtlicher Sachverhalte gibt es zwischen der Ausbildung des mittleren Dienstes und dem Studium der Kommissaranwärter des gehobenen Dienstes deutliche Abweichungen.
Anders als im Studium der Kommissaranwärter, wo die finale bzw. soziale Handlungslehre bevorzugt wird, kommt in der Ausbildung des mittleren Dienstes die kausale Handlungslehre zur Anwendung. Das heißt, der Vorsatz wird nicht im Tatbestand, sondern erst in der Schuld geprüft.
Zur korrekten Prüfung von Erfolgsdelikten gehört die Prüfung der Kausalität und der objektiven Zurechenbarkeit des Handlungserfolges. Bei den strafrechtlichen Falllösungen des mittleren Dienstes wird hierauf jedoch verzichtet, anders als im Studium des gehobenen Dienstes.
Da es sich bei den besonders schweren Fällen nicht um Tatbestandsmerkmale, sondern um Strafzumessungsregeln handelt, dürften diese erst im Anschluss an die Feststellung der Strafbarkeit geprüft werden. Hiervon wird in der Ausbildung des mittleren Dienstes abgewichen. Die Elemente des besonders schweren Falles werden im mittleren Dienst wie ein Qualifikationstatbestand direkt nach dem Grundtatbestand geprüft.
Um durch ein Gericht verurteilt zu werden bzw. damit es überhaupt zu einer Verhandlung kommt, dürften ferner keine Strafausschließungsgründe oder Prozesshindernisse vorliegen. In der polizeilichen Praxis, aber auch bei der Lösung strafrechtlicher Sachverhalte in Prüfungen, sind diese Punkte nicht zu prüfen.
Im nachfolgenden Prüfungsschema sind alle relevanten Elemente dargestellt, zu prüfen sind hingegen nur Tatbestand – Rechtswidrigkeit – Schuld. Die anderen Aspekte werden in Tests und Arbeiten lediglich in Form von Wissensfragen abgeprüft, wenn auch selten.
Tatbestand
■objektive Tatbestandsmerkmale(wie Täter, Tathandlung, Tatsubjekt/-objekt, ggf. besondere Tatmodalitäten)[Kausalität und objektive Zurechenbarkeit bei Erfolgsdelikten werden im mittleren Dienst nicht geprüft]■ggf. subjektive Tatbestandsmerkmale(wie Absichten/Motive/Tendenzen, sofern im Gesetz genannt, z. B. Zueignung, Habgier; nicht jedoch der Vorsatz)■ggf. Qualifizierungsmerkmale Strafzumessungen/besonders schwerer Fall (z. B. beim besonders schweren Fall des Diebstahls oder Widerstands)■ggf. objektive Bedingungen der Strafbarkeit/Tatbestandsannex(wie z. B. die Rechtmäßigkeit der Vollstreckungshandlung)Rechtswidrigkeit
(Die Erfüllung des Tatbestandes indiziert die Rechtswidrigkeit. Sie entfällt, wenn Rechtfertigungsgründe wie z. B. Notwehr oder Nothilfe vorliegen. Ggf. sind besondere Elemente der Rechtswidrigkeit zu prüfen.)
Schuld
■Schuldfähigkeit (nicht gegeben bzw. gemindert bei Kindern und Geisteskranken)■Schuldform (Vorsatz bzgl. aller objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale/ggf. Fahrlässigkeit)■Unrechtsbewusstsein (entfällt bei unvermeidbarem Verbotsirrtum) ■Zumutbarkeit/Entschuldigungsgründe(wie z. B. Notwehrexzess oder entschuldigender Notstand)Strafausschließungs-/-aufhebungsgründe
(z. B. strafbefreiender Rücktritt vom Versuch oder Angehörigeneigenschaft)
[sind gewöhnlich nicht zu prüfen]
Strafverfolgungsvoraussetzungen
(z. B. Stellung eines Strafantrages oder öffentliches Interesse; Verhandlungsfähigkeit des Täters; Verjährung)
[sind gewöhnlich nicht zu prüfen]
Jede Prüfung beginnt mit einem Ausgangssachverhalt, den der Anwärter erfassen und analysieren muss.
Ausgangssachverhalt
Sie absolvieren Ihr bahnpolizeiliches Praktikum in der BPOLI Hamburg. In der Wandelhalle des Hamburger Hauptbahnhofes geraten zwei Reisende A und B in Streit. Infolgedessen schlägt A dem B mit der Faust ins Gesicht. B erleidet dadurch ein schmerzhaftes, „blaues“ Auge.
Aufgabe
Prüfen Sie, ob sich der A durch sein Verhalten strafbar gemacht haben könnte!
A hat durch seine aktive Handlung (Faustschlag) einen Erfolg (schmerzhaftes, blaues Auge) bei B bewirkt. Als Delikt kommt daher die Straftat der Körperverletzung gem. § 223 StGB in Betracht.
In Form eines im Konjunktiv formulierten Einleitungs- bzw. Obersatzes ist die in Frage kommende Strafnorm, unter genauer Angabe der Rechtsgrundlage, zu benennen. Dabei ist ein kurzer Bezug zur konkreten Tathandlung herzustellen, ohne die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale zu benennen.
Formulierungsbeispiel für einen Einleitungs-/Obersatz
Der A könnte sich dadurch, dass er dem B mit der Faust ins Gesicht geschlagen hat, der Körperverletzung gem. § 223 Abs. 1 1. Alt. StGB strafbar gemacht haben.
Grundvoraussetzung für die Verwirklichung des Tatbestandes ist die Handlung. Diese kann in Form von aktivem Tun bei Begehungsdelikten oder in Form von Unterlassen bei Unterlassungsdelikten vorliegen.
Liegt keine Handlung im strafrechtlichen Sinne vor, erübrigt sich eine strafrechtliche Prüfung. Keine Handlungen sind z. B. alle Körperbewegungen, die nicht vom Willen getragen sind, wie Reflexe, Schlaf, Hypnose, Bewusstlosigkeit etc.
Die Tatbestandsmäßigkeit einer Handlung gibt an, dass durch das Tun oder Unterlassen des Täters die im jeweiligen Gesetz, in der Regel das Strafgesetzbuch, aufgeführten Merkmale erfüllt werden. Diese werden als sog. Tatbestandsmerkmale bezeichnet. Sie geben an, welches Verhalten vom Gesetzgeber unter Strafe gestellt wurde.
Die Prüfung des Tatbestandes beginnt mit einem im Konjunktiv formulierten Einleitungs- bzw. Obersatz. Dabei ist ein kurzer Bezug zur konkreten Tathandlung herzustellen, unter Angabe der gesetzlichen und im konkreten Sachverhalt in Betracht kommenden Tatbestandsmerkmale.
Formulierungsbeispiel für den objektiven Tatbestand
Der A müsste den objektiven Tatbestand der Körperverletzung gem. § 223 Abs. 1 StGB verwirklicht haben, d. h. einen anderen Menschen körperlich misshandelt oder an der Gesundheit beschädigt haben.
In der Prüfung des Tatbestandes wird zwischen dem objektiven Tatbestand und dem subjektiven Tatbestand unterschieden.
Objektiver Tatbestand
In der strafrechtlichen Fallbearbeitung des objektiven Tatbestandes erfolgt ein Abgleich des vorliegenden Sachverhaltes mit den Tatbestandsmerkmalen der in Frage kommenden Strafnorm.
■
andere Person
■
körperlich misshandelt
oder
■
an der Gesundheit schädigt
Jedes Tatbestandmerkmal wird durch eine Definition genauer erklärt und erleichtert so den Abgleich mit dem vorliegenden Sachverhalt.
■
andere Person
„Eine andere Person ist jeder außer dem Täter selbst.“
■
körperlich misshandelt
„Eine körperliche Misshandlung ist jede üble, unangemessene Behandlung, durch die das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit nicht ganz unerheblich beeinträchtigt wird.“
oder
■
an der Gesundheit schädigt
„Eine Gesundheitsschädigung ist die Hervorrufung oder Steigerung eines körperlichen oder seelischen Krankheitszustandes.“
Die Tatbestandsmerkmale variieren von Strafnorm zu Strafnorm. Die dazugehörigen Definitionen müssen vom Bearbeiter der Prüfung beherrscht werden, um eine schnelle und zügige Bearbeitung der Aufgabenstellung gewährleisten zu können.
Anhand der zu den Tatbestandsmerkmalen gehörenden Definitionen erfolgt die Subsumtion, d. h. der Abgleich zwischen Sachverhalt und Gesetz. Hierbei sollte jedes einzelne Tatbestandsmerkmal für sich allein betrachtet werden. Die Prüfung erfolgt optimalerweise im sog. 4er-Schritt. Dieser besteht aus:
Formulierungsbeispiel für das Tatbestandsmerkmal „körperlich misshandelt“
A müsste einen Anderen körperlich misshandelt haben.
Eine körperliche Misshandlung ist jede üble, unangemessene Behandlung, durch die das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit nicht ganz unerheblich beeinträchtigt wird.
Der A schlägt dem B mit der Faust ins Gesicht, so dass dieser Schmerzen erleidet und sich ein Hämatom am Auge gebildet hat. Die körperliche Unversehrtheit und das körperliche Wohlbefinden des B wurden beeinträchtigt. Die Beeinträchtigung ist nicht unerheblich.
Somit wurde der B körperlich misshandelt.
Es sind nicht alle Tatbestandsmerkmale gleich umfänglich zu bearbeiten. Offensichtliche und unproblematische Gegebenheiten können zusammengefasst werden. Ausnahmsweise kann die Prüfung einzelner Tatbestandsmerkmale auch im 3er-Schritt erfolgen (siehe nachfolgendes Formulierungsbeispiel zu „eine andere Person“).
Formulierungsbeispiel für das Tatbestandsmerkmal „eine andere Person“
A müsste eine andere Person körperlich misshandelt haben.
Eine andere Person ist jeder außer dem Täter selbst.
B ist eine andere Person.
Bei bestimmten Sachverhalten kann es vorkommen, dass mehrere Tatalternativen gleichermaßen erfüllt sind. So sieht der Gesetzgeber beispielsweise bei der Körperverletzung die Tatalternativen „körperliche Misshandlung“ und „an der Gesundheit schädigen“ vor. Zur Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes reicht es aus, wenn lediglich eine Tatalternative verwirklicht wurde. Da gemäß Aufgabenstellung nur geprüft werden soll, „ob“ sich eine Person strafbar gemacht hat, brauchen nicht alle in Betracht kommenden Tatbestandsmerkmale geprüft zu werden.
In den Prüfungen des mittleren Dienstes reichte es aus, wenn nur eine der in Frage kommenden Tatbestandsalternativen/-varianten bzgl. der Strafbarkeit des Täters geprüft wird. Es wird empfohlen, die einschlägigere Tatalternative zu prüfen. Es ist zwar nicht falsch, mehrere in Betracht kommende Tatbestandsmerkmale zu prüfen, jedoch kostet dies wertvolle Bearbeitungszeit und man erhält keine zusätzlichen Punkte in der Bewertung.
Subjektiver Tatbestand
In der strafrechtlichen Fallbearbeitung des subjektiven Tatbestandes werden nur bestimmte Absichten, Motive oder Tendenzen des Täters als gesetzliche Tatbestandsmerkmale geprüft. Der Vorsatz selbst wird nach der kausalen Handlungslehre hingegen erst in der Schuld geprüft. Absichten und Motive des Täters kommen nur bei wenigen relevanten Strafnormen, wie z. B. beim Diebstahl (§ 242 StGB), dem Erschleichen von Leistungen (§ 265a StGB) oder der Urkundenfälschung (§ 267 StGB) vor.
Ausgangssachverhalt
Sie bestreifen den Hamburger Hauptbahnhof, dabei beobachten Sie, wie der Jugendliche M eine Geldbörse aus der Handtasche der Reisenden D entwendet und die Geldbörse anschließend in seiner Jackentasche versteckt.
Aufgabe
Prüfen Sie, ob sich der M durch sein Verhalten strafbar gemacht haben könnte!
Nachdem die objektiven Tatbestandsmerkmale des Diebstahls (Wegnahme einer fremden, beweglichen Sache) geprüft wurden, schließt sich beim Diebstahl die Prüfung des subjektiven Tatbestandes (Absicht der rechtswidrigen Zueignung) an. Die Prüfung des Vorsatzes (Handeln mit Wissen und Wollen) hingegen erfolgt erst in der Schuld.
Formulierungsbeispiel für das subjektive Tatbestandsmerkmal „in der Absicht der rechtswidrigen Zueignung“
Die Wegnahme müsste in der Absicht der Zueignung erfolgt sein.
Zueignungsabsicht ist die Absicht des Täters, den Eigentümer einer Sache zu enteignen und sich selbst oder einem Dritten die Sache anzueignen.
Es müsste also Enteignungswille und Aneignungsabsicht vorliegen.
Enteignungswille bedeutet, dass der Täter es zumindest billigend in Kauf nimmt, dass der Eigentümer auf Dauer von der Sache ausgeschlossen wird.
M beabsichtigt nicht, der D die Geldbörse zurückzugeben. Er nimmt in Kauf, dass die D dauerhaft von der Sache ausgeschlossen wird und nicht mehr darüber verfügen, d. h. die Sache selbst nutzen kann.
Aneignungsabsicht bedeutet, dass es dem Täter darauf ankommt, sich oder einem Dritten zumindest vorübergehend an die Position des Eigentümers zu setzen, um die Sache beliebig wirtschaftlich nutzen zu können.
Es war gerade das Ziel des M, die Geldbörse der D an sich zu nehmen, um diese wie ein Eigentümer nutzen zu können.
Somit handelte der M mit Enteignungswillen und Aneignungsabsicht, insgesamt in der Absicht der Zueignung.
Es müsste die Rechtswidrigkeit der Zueignung vorliegen.
Die Zueignung ist rechtswidrig, wenn die Zueignung der materiellen Eigentumsordnung widerspricht und der Täter somit kein Recht zur Zueignung hat.
Der M hat keinen Rechtsanspruch auf die Geldbörse und damit keinen Anspruch auf Zueignung der Sache.
Die Zueignung war damit rechtswidrig.
M hat somit in der Absicht der rechtswidrigen Zueignung gehandelt.
Die Prüfung des Tatbestandes endet mit dem feststellenden Ergebnis, dass der Tatbestand erfüllt ist.
Formulierungsbeispiele für das Ergebnis der Tatbestandsprüfung:
Der A hat den Tatbestand der Körperverletzung gem. § 223 Abs. 1 1. Alt. StGB verwirklicht.
Der Tatbestand des Diebstahls gem. § 242 Abs. 1 StGB wurde durch M verwirklicht.
Die Erfüllung desTatbestandes indiziert in der Regel die Rechtswidrigkeit der Tathandlung. D. h. die Erfüllung des Tatbestbandes lässt darauf schließen (sie ist ein Indiz dafür), dass die Tat auch rechtswidrig war.
Die Ausnahme von dieser Regel ist das Vorliegen von etwaigen Rechtfertigungsgründen. Dann ist die Tat zwar tatbestandsmäßig, aber nicht rechtswidrig begangen worden. Rechtfertigungsgründe sind beispielsweise die Notwehr/Nothilfe (§ 32 StGB), der rechtfertigende Notstand (§ 34 StGB) oder die Einwilligung des Verletzten (§ 228 StGB). Aber auch die rechtmäßige Dienstausübung des Polizeivollzugsbeamten oder zivilrechtliche Rechtfertigungsgründe (§§ 227 ff., 904 BGB) lassen die Rechtswidrigkeit entfallen.
Daraus folgt:
„Rechtswidrig ist die Tat, wenn der Tatbestand erfüllt ist und keine Rechtfertigungsgründe vorliegen.“
Auch bei der Prüfung der Rechtswidrigkeit sollte durch den Bearbeiter der Klausur der sog. 4er-Schritt angewendet werden.
Formulierungsbeispiel für die Rechtswidrigkeit:
Die Erfüllung des Tatbestandes durch den A müsste rechtswidrig gewesen sein.
Rechtswidrig ist die Tat, wenn der Tatbestand erfüllt und keine Rechtfertigungsgründe vorliegen.
Wie oben geprüft, ist der Tatbestand erfüllt. Rechtfertigungsgründe, wie z. B. Notwehr/Nothilfe gem. § 32 StGB, sind nicht ersichtlich.
Somit war die Erfüllung des Tatbestandes durch den A rechtswidrig.
Die tatbestandsmäßige und rechtswidrige Tat ist erst dann strafbar, wenn dies dem Täter vorgeworfen werden kann. Im Rahmen der Prüfung der Schuld wird folglich geprüft, ob der Täter für seine Tat persönlich verantwortlich gemacht werden kann.
Das ist der Fall, wenn der Täter die Elemente der Schuld erfüllt, d. h, wenn er
Problemstellungen hinsichtlich der Schuldfähigkeit, des Unrechtsbewusstseins und der Zumutbarkeit sind in den zu bearbeitenden Sachverhalten des mittleren Dienstes in der Regel nicht gegeben.
Der Hauptschwerpunktder Prüfung der Schuld sollte daher durch den Bearbeiter der Klausur auf die Schuldform gelegt werden. Gemäß § 15 StGB ist grds. nur vorsätzliches Handeln unter Strafe gestellt. Fahrlässiges Handeln ist nur strafbar, wenn der Gesetzgeber dies ausdrücklich geregelt hat, wie z. B. in § 229 StGB, der fahrlässigen Körperverletzung.
Im Rahmen der Ausbildung für den mittleren Polizeivollzugsdienst genügt allgemein die Unterscheidung zwischen Vorsatz („Vorsatz ist das Handeln mit Wissen und Wollen“) und Fahrlässigkeit („Fahrlässigkeit ist das außer Acht lassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt“).
Auch bei der Prüfung der Schuld(-form) sollte durch den Bearbeiter der Klausur der sog. 4er-Schritt angewendet werden. Die anderen Elemente der Schuld können im verkürzten Stil geprüft werden, sofern keine weiteren Anhaltspunkte aus dem Sachverhalt ersichtlich sind.
Formulierungsbeispiel:
Der A müsste schuldhaft gehandelt haben.
Problemstellungen hinsichtlich der Schuldfähigkeit, des Unrechtsbewusstseins und der Zumutbarkeit sind nicht ersichtlich.
Der A müsste [im Rahmen der Schuldform] vorsätzlich gehandelt haben.
Vorsatz ist das Handeln mit Wissen und Wollen.
Dem A war bewusst, dass der B infolge des Faustschlages ins Gesicht zumindest Schmerzen erleiden würde, und A wollte dies auch.
Somit handelte der A vorsätzlich und im Ergebnis schuldhaft.
Sachverhalt
Sie absolvieren Ihr bahnpolizeiliches Praktikum in der BPOLI Hamburg und sind zusammen mit PHM Beier zur Überwachung des Hamburger Hauptbahnhofes eingesetzt.
Während Ihres Streifenganges sehen Sie, wie A und B sich streiten. Plötzlich versetzt der A dem B mit der rechten Hand eine kräftige Ohrfeige. Der getroffene B stößt einen Schrei aus und greift sich an die linke Wange. Durch den Schlag ist die Wange gerötet. Der B klagt über Schmerzen.
Aufgabe
Prüfen Sie, ob sich der A strafbar gemacht haben könnte!
Prüfung der Strafbarkeit
[Obersatz bilden! Durch welches Verhalten könnte der Täter welche Straftat begangen haben?]
Durch den Schlag mit der Hand ins Gesicht des B könnte A eine Körperverletzung gem. § 223 Abs. 1 1. Alt. StGB begangen haben.