Falling Dreams - Eva Perkics - E-Book
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Falling Dreams E-Book

Eva Perkics

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Beschreibung

Wenn eine falsche Entscheidung dein ganzes Leben verändert.

Chelsey: Eine schicksalhafte Nacht.
Eine Entscheidung, durch die Chelsey all ihre Träume begraben musste. Um ihrer Vergangenheit zu entfliehen, versteckt sie sich als Nanny. Normalerweise liebt sie ihren Beruf. Doch Rico ist ein arroganter, selbstverliebter Rockstar. Sie wollte den Job nicht annehmen. Doch sie ist gezwungen zu bleiben, da ihre Chefin sie wegen eines düsteren Geheimnisses in der Hand hat. Wenn eine Nacht, alles in deinem Leben auf den Kopf stellt.
Rico: Er ist alleinerziehender Vater von einem Baby. Unzählige Nannys hatte er bereits. Jede Einzelne davon hat er verführt. Nun bekommt er sie. Chelsey Wheeler. Sie verfällt seinem Charme nicht. Dazu hat sie ein loses Mundwerk. Aber gleichzeitig umhüllt sie eine warmherzige Ausstrahlung, die an seiner Schutzmauer rüttelt.
Eine Rockstar Romance, die unabhängig von den anderen Büchern der Autorin gelesen werden kann.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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FALLING DREAMS

EVA PERKICS

ÜBER DIE AUTORIN

Eva Perkics schrieb ihre ersten Romane unter dem Pseudonym Eva Fay. Bis sie sich dazu entschied, zu ihren Wurzeln zurückzukehren und ihren Geburtsnamen wählte.

Sie liebt es, Geschichten, die genauso gut aus dem Leben gegriffen sein könnten, zu kreieren. Sie möchte die Leser im Herzen berühren und zum Nachdenken anregen.

Neben dem Schreiben nimmt ihre Familie einen wichtigen Teil ihres Lebens ein.

Man findet sie auf Facebook, Instagram und Tik Tok. Sie freut sich auf den persönlichen Austausch mit den Lesern.

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INHALT

1. Chelsey

2. Rico

3. Chelsey

4. Chelsey

5. Rico

6. Chelsey

7. Rico

8. Chelsey

9. Rico

10. Rico

11. Chelsey

12. Chelsey

13. Rico

14. Chelsey

15. Rico

16. Chelsey

17. Rico

18. Chelsey

19. Rico

20. Chelsey

21. Rico

22. Chelsey

23. Chelsey

24. Rico

25. Chelsey

26. Chelsey

27. Rico

28. Chelsey

29. Chelsey

30. Rico

31. Rico

32. Chelsey

Neuigkeiten

Leseprobe Falling Mask

CHELSEY

»Hallo, Gwen«, begrüße ich meine Chefin, die sich in den vergangenen drei Jahren zu einer sehr guten Freundin für mich entwickelt hat.

Sie hebt ihren Zeigefinger und deutet mir, dass ihr Telefonat noch einen Moment dauern wird. »Ich weiß, und wie gesagt, steht Ihre neue Nanny bereits bei mir im Büro.«

Kurz herrscht Stille, nur das wütende Gemurmel dringt kaum hörbar zu mir durch. Ich setze mich in der Zwischenzeit auf die cremefarbene Couch und befülle mir ein Glas mit Wasser.

»Ich verspreche Ihnen, diesmal wird es keine Komplikationen geben.« Sie rückt sich ihre Brille, mit der goldenen Fassung, zurecht.

Erneutes Schweigen und kurz heftet sich Gwens Blick an mich. »Sie wird heute noch ihren Dienst antreten, das garantiere ich Ihnen«, sagt sie mit Nachdruck. Ich pruste das Wasser, das ich gerade schlucken wollte, heraus. Ihre Aussage schockiert mich, denn sie hat mit mir noch kein Wort darüber gesprochen. Auch wenn Gwen meine beste Freundin ist und ich für sie wirklich einiges tun würde, das geht zu weit. Ich habe nicht mal eine Ahnung, wer meine neue Familie sein wird und Gwen weiß, ohne sie vorher bei einem Gespräch kennengelernt zu haben, übernehme ich niemanden.

»Bist du verrückt?«, zische ich und erhebe mich von der Couch.

Gwen legt ihren Finger auf die Lippen und bittet mich, ohne ein Wort zu verlieren, dass ich still sein soll. Ich kann es an ihrer Mimik ablesen. Am liebsten würde ich ihr sofort etwas entgegen feuern, aber ich unterlasse es. Stattdessen zupfe ich aus der Taschentuchbox vor mir auf dem Couchtisch ein paar Taschentücher heraus, um damit den Tisch und den Parkettboden zu trocknen.

»Mr. Parker, ich werde Sie definitiv nicht enttäuschen. Spätestens um achtzehn Uhr ist Ms. Wheeler bei Ihnen.« Sie fährt sich durch ihren dunkelblonden Bob. Mein Kiefer spannt sich an. Wieso knickt sie diesmal ein? Es ist vollkommen untypisch für sie.

Ich gebe ein genervtes Seufzen von mir und sende ihr einen wütenden Blick. Sie hingegen zuckt nur mit den Schultern und schenkt mir ein schuldbewusstes Lächeln.

»Gut, alles Weitere wird dann Ms. Wheeler mit Ihnen klären. Sie bekommen in einer halben Stunde den neuen Vertrag von mir zugesendet.« Gwen verabschiedet sich, ehe sie auflegt.

»Gwen, ich werde definitiv diese Familie nicht übernehmen!« Meine Stimme ist laut und energisch, weil mich ein innerliches Zittern packt. Angst durchflutet meinen Körper wie eine Tsunamiwelle.

Meine Freundin erhebt sich von ihrem Bürostuhl und umrundet ihren überdimensionalen schwarzen Schreibtisch. »Chelsey, bitte nur dieses eine Mal.« Sie hält vor mir und rückt ihre Brille gerade. Dabei klimpert sie mit ihren langen Wimpern und lächelt.

»Du weißt, warum ich vorher immer die Familie kennenlernen will und ich mache niemals eine Ausnahme.« Meine Stimme bebt, weil das unbändige Zittern in meinem Körper überhandnimmt.

»Ich weiß, aber das ist wirklich ein Sonderfall. Der Vater des Babys ist maßlos überfordert. Die Mutter des Kindes ist nach der Geburt gestorben und er braucht dringend deine Hilfe.« Sie legt ihre Hand auf meinen Oberarm. Ich zucke zurück, weil ich wirklich wütend auf sie bin. Natürlich tut mir der Mann leid, aber ich brauche vorher den Erstkontakt, um mich sicher zu fühlen.

»Du hast genug andere Nannys, soll doch jemand von ihnen den Job übernehmen.« Ich wende mich von ihr ab und befülle erneut mein Glas mit Wasser.

Gwen atmet hörbar tief durch, als würde sie sich für eine Ansprache vor großem Publikum wappnen. »Du bist schon meine letzte Chance. Alle anderen haben es tatsächlich vermasselt.« Sie senkt den Blick und schaut auf ihre schwarzen Louboutins, die mindestens zehn Zentimeter Absätze haben. »Bitte, Chelsey. Denk doch an das kleine Baby. Es ist erst acht Wochen alt. Sie braucht dich.« Ihre Stimme ist ruhig.

»Nein, du kommst mir jetzt nicht mit der Mitleidsmasche. Das ist ungerecht«, kontere ich und hoffe, dass sie endlich einlenkt.

»Willst du, dass er das Baby in ein Kinderheim abschiebt? Genau das ist nämlich sein Plan, wenn er keine Betreuung findet.«

Ich schüttle den Kopf. »Du ziehst wirklich alle Register, nicht wahr? Niemals würde der Vater sein Kind leichtfertig ins Kinderheim abschieben. Du lügst doch nur, um deinen Willen durchzusetzen.«

Nun ist es Gwen, die ihren Kopf schüttelt. »Leider nicht.« Sie reibt sich die Nasenwurzel und blinzelt mehrmals, weil sich Tränen in ihren Augen verhängen. »Er will dieses Baby eigentlich nicht.«

»Was?!« Für den Bruchteil einer Sekunde halte ich die Luft an. »Und zu so einem Mistkerl willst du mich schicken?«

»Bitte, Chelsey«, fleht sie noch einmal. »Ich brauche deine Hilfe. Du bist die einzige in meinem Team, die noch nie mit einem meiner Kunden sexuellen Kontakt hatte. Und du bist die einzige, der ich zutraue, dass sie es schafft, dass er endlich die Liebe zu seinem Kind fühlt.«

»Stopp! Was war der Grund, warum die anderen Nannys gefeuert wurden?« Mir schwant bereits Böses.

»Wenn du schon danach fragst, will ich dich nicht anlügen. Jede dieser Frauen hatte mit Mr. Chapman Sex.« Gwen wird stetig kleiner und das aus einem guten Grund. Sie weiß, dass dies ein Kriterium ist, warum ich niemals diesen Auftrag annehmen werde. Da kann meine finanzielle Not noch so groß sein.

»Nein, Gwen. Das kannst du dir abschminken!« Ich wende mich von ihr ab und visiere die Tür an, die mir hoffentlich ein bisschen Luft zum Atmen verschafft. Denn in diesem Büro bekomme ich Schnappatmung.

»Du schuldest mir einen Gefallen.« Ich halte vor der Tür an und umklammere den Türknauf. Mein Griff verfestigt sich, sodass meine Fingerknöchel weiß hervortreten. Langsam drehe ich mich zu ihr um. Gwen steht weiterhin neben dem Couchtisch. Uns trennen gute fünf Schritte.

»Du ziehst diesen Joker? Das ist ungerecht.« Der Schmerz bahnt sich den Weg zu meinem Hals, sodass die Luft hier drinnen dünner wird.

»Du weißt, ich habe dich noch nie um einen Ausgleich gebeten, aber das hier ist wirklich eine Ausnahmesituation. Ich brauche dringend deine Unterstützung. Wie gesagt, du hast mir damals versprochen, wenn ich deine Hilfe einmal benötige, wirst du da sein.«

Ich reibe mit beiden Händen über mein Gesicht, um meine Gedanken zu sortieren. Kurz huschen im Schnelldurchlauf die Bilder von vergangenen Tagen vor meinem inneren Auge vorbei, die ich schnell versuche abzuschütteln. Bald sind es vier Jahre, seit ich auf Gwen getroffen bin. Sie war zu jener Zeit meine Rettung, als ich am Tiefpunkt in meinem Leben angelangt bin. Sie hat mir geholfen, halbwegs ein normales Leben zu führen. Sie kam in mein Universum, als ich dachte, es ist besser, wenn ich sterbe. Niemand wird mich vermissen. Keinem Menschen auf dieser Welt würde es auffallen, wenn es mich nicht mehr geben würde. Sie gab mir eine Aufgabe, ein sicheres Zuhause und ein sehr gutes Einkommen bei ihrer Nanny Agentur. Sie ist die Einzige, die von meinem alten Leben weiß. Sie ist diejenige, die meine dunklen Schatten der Vergangenheit kennt, weil sie mich damals auf der Toilette in einer Bar aufgesammelt hat. Anfangs dachte ich, ich hätte auf der ekligen Toilette sterben sollen. Dann müsste ich die schrecklichen Träume nicht länger ertragen, die mich zu dieser einen Nacht immer wieder zurück katapultieren, wie ein Jo-Jo.

»Gwen, bitte, du weißt, warum ich das nicht schaffe.« Das Flehen in meiner Stimme erreicht sie leider nicht, denn sie kommt auf mich zu.

»Süße, ich verspreche dir, sobald ich für dich Ersatz gefunden habe, bist du von dort weg. Aber heute musst du hin, da führt kein Weg daran vorbei.«

»Wieso ist dir dieser Kunde so wichtig?«

Meine Freundin weicht meinem Blick aus und beißt sich auf die Lippe. »Ich habe meine Gründe.« Gwens Augen werden glasig. Sie dreht sich von mir weg. Ich spüre, dass da mehr dahinterstecken muss, aber sie ist nicht bereit, mir die ganze Wahrheit zu erzählen. Was ich aber nicht abschütteln kann, ist, dass Gwen es sichtlich mitnimmt. Bei keinem ihrer Kunden ist ihr das so nahe gegangen wie bei diesem.

Gwen stellt sich vor das Fenster und blickt zum East River. Weil mich ein schlechtes Gewissen plagt, folge ich ihr. Ich lege meine Hand auf ihren Rücken und der feine Stoff ihrer Seidenbluse ist etwas feucht.

»Bitte, Chelsey, es sind sicher nur ein paar Tage, dann habe ich Ersatz für dich gefunden.« Eine Träne kullert über ihre Wange und weitere folgen, ehe sie schließlich den Sturzflug von ihrem Kinn zum Boden antreten.

Tief atme ich in meine Lunge und spüre die Angst in meinem Körper, zugleich ist aber auch Mitgefühl für Gwen vorhanden. Noch nie habe ich sie so verletzlich und hilflos gesehen. Sie braucht mich und deshalb knicke ich ein.

»Gut, für ein paar Tage werde ich den Job übernehmen.«

Gwen dreht sich zu mir und schlingt ihre Arme um mich. »Danke, danke, danke«, sagt sie und ein leises Aufatmen ist zu hören. Sie zieht mich so fest zu sich, dass ich kaum Luft bekomme.

Ihre Erleichterung ist unverkennbar, aber in mir tobt ein unbändiges Gefühl von Unbehagen. Wenn ich Gwen nicht so viel zu verdanken hätte, würde ich es nicht tun. Auch wenn die Angst mein Begleiter ist, rufe ich mir in Erinnerung: Es ist nur für ein paar Tage.

Nur ein paar Tage, die ich überstehen muss.

Ein paar Tage, die ich aushalten werde.

RICO

Für manche ist das Glas halb voll und für andere halb leer. Vor ein paar Monaten war mein Glas immer halb voll, doch ein Tag hat meine Stimmung gekippt. Ich werde nie wieder das Leben führen, wie vor ein paar Monaten. Zumindest sagt mir das mein Manager Parker permanent. Er, der selbst keine Ahnung von Babys hat.

Das Geschrei ist ohrenbetäubend laut. Ich ertrage es kaum, und doch sitze ich auf meinem Sofa und beobachte, wie Mia das Baby in ihren Armen sanft schaukelt.

»Alter, jetzt reiß dich zusammen«, fährt mich Maddox an und will mir das Whiskyglas entreißen. Ich ziehe meine Hand zurück und der teure Whisky schwappt über meine Finger.

»Lass mich in Ruhe«, knurre ich und kippe die letzten Tropfen hinunter.

»Dein Kind braucht dich! Siehst du das denn nicht?«, meckert Maddox weiter.

»Was willst du mir schon erzählen? Du hast überhaupt keine Ahnung, wie es mir geht. Ich bin über Nacht alleinerziehender Vater geworden und das nicht gewollt!« Ich schnappe mir die Flasche Whisky vom Tisch und befülle mein Glas.

»Es ist erst zehn Uhr morgens, lass es gut sein mit dem Alkohol«, mahnt er mich.

»Ihr könnt doch das Baby zu euch nehmen. Ihr habt Erfahrung mit Kindern.« Mia spaziert in meinem Wohnzimmer von links nach rechts. Dabei versperrt sie mir immer wieder die Sicht raus zu meiner Terrasse. Erinnerungsfetzen von letzter Nacht schießen in meinen Kopf. Als sich Mandy in meinem Whirlpool rekelte. Ihre großen Brüste meinen Schwanz umschlossen. Der Busenfick erweckt sofort mein Glied. Wie geil es doch war, blöd nur, dass sie dann plötzlich über Beziehung zu quatschen begann. Prompt schüttelt es mich, bei dem Gedanken daran.

Maddox setzt sich zu mir auf die Couch. »Rico, so kann es nicht weitergehen. Sie werden dir noch das Kind wegnehmen, wenn du nicht langsam die Verantwortung übernimmst.«

»Dieses Kind hat es überall besser als bei mir«, kontere ich und leere mein Glas. Das goldene Gesöff rinnt meine Kehle hinab und wärmt meinen Körper.

»Das Baby hat einen Namen, nämlich Sarah«, wirft Mia ein und blickt mich eindringlich an, als würde das etwas daran ändern wie ich über Kinder denke. Ja, sie sind bezaubernd, wenn sie schlafen, aber ich bin definitiv nicht dafür geboren worden, ein Vater zu werden. Zu starke Gene prägen mein ganzes Sein. Ich habe keine Ahnung, was sich Stella dabei gedacht hat, mich in die Verantwortung zu ziehen, wenn ihr etwas zustoßen sollte. Ich bin alles andere als ein guter Vater und das ist mir mehr als bewusst.

»Ich wollte verdammt noch mal nie ein Kind!«, entfährt es mir, weil es mich ankotzt, von Maddox und seiner zukünftigen Frau permanent belehrt zu werden. Für sie beide hat Familie einen großen Stellenwert. Ich habe keine Familie mehr und das ist schon traurig genug. Ich bin definitiv die falsche Person dafür.

Ich kann auf der Bühne die perfekte Show abliefern und Frauen mit einer heißen Nacht beglücken, aber Vater sein ist eine ganz andere Liga. Dafür braucht man Mitgefühl und Herzenswärme, so wie es Mia gerade ausstrahlt, als das Baby langsam die Lider senkt und einschläft.

»Heute achtzehn Uhr kommt deine neue Nanny«, wirft Parker von hinten ein. »Und diesmal halt deinen verdammten Schwanz unter Kontrolle!«

»Psssst«, flüstert Mia und sendet Parker einen mahnenden Blick.

»Du willst mir erklären wie ich meinen Schwanz unter Kontrolle halte? Gerade du, der noch mehr Frauen fickt, als ich?« Ein kehliger Lacher entweicht mir.

»Sarah kann euch hören«, flüstert Mia, aber mit einer unüberhörbaren Härte in der Stimme. »Jetzt reißt euch zusammen und behaltet eure Kraftausdrücke bitte für euch.«

»Du wirst schon noch in diese Rolle rein finden, so wie du als Musiker auch in den ganzen Rummel reingewachsen bist.« Maddox will mich aufmuntern? Er? Der Inbegriff von Nettigkeit. Ich bin ein Arschloch und kein Gutmensch.

»Wir beide wissen, dass ich dafür die falsche Person bin. Und Punkt.« Ich erhebe mich von der Couch und komme leicht ins Wanken. Ich hätte vielleicht doch nicht die halbe Flasche früh morgens schon leeren sollen.

»Das Schicksal hat dich nun zu dieser Situation geführt, also krieg endlich dein Leben auf die Reihe und hör auf zu jammern.« Maddox folgt mir zur Küche.

»Es gibt Menschen, die sollten besser keine Kinder bekommen und ich gehöre definitiv zu dieser Gruppe dazu. Warum willst du das nicht begreifen?« Ich öffne den Kühlschrank und hole mir ein Sandwich heraus, das meine Haushälterin Rosie vorbereitet hat, ehe sie mir heute die Kündigung überreichte. »Nicht mal meine Angestellten halten es bei mir aus! Wie soll dann ein Baby mit mir klarkommen?«

»Ja, du bist die meiste Zeit ein Arschloch, aber ich glaube fest daran, dass in dir auch ein weicher Kern steckt. Hast du dir dein Kind überhaupt mal genauer angesehen? Wie ähnlich sie dir ist?« Maddox schließt die Kühlschranktür, weil ich sie wohl vergessen habe zuzumachen.

»Sie sieht aus wie alle Babys und nein, in mir steckt kein weicher Kern.« Wieso will er das nicht begreifen? Ich bin einfach ein schlechter Mensch und lebe damit ganz gut. Mich stört es nicht, das volle Klischee eines Rockstars zu bedienen. Sex, Drugs und Rock ’n’ Roll sind mein Lebenselixier.

»Wenn du endlich den scheiß Alkohol und den übermäßigen Sexkonsum abstellen würdest, bin ich mir sicher, dass du dein Leben komplett anders sehen würdest.«

»Ich würde sofort von der nächsten Brücke springen, weil ich dann kein Leben mehr habe.« Nach meiner Ansage flüchte ich aus der Küche. Kurz bleibt mein Blick im Wohnzimmer hängen. Mia wirkt mit dem Baby auf dem Arm so glücklich. Wieso kann ich dieses Gefühl in mir nicht spüren? Bin ich so ein abgefuckter Kerl, der niemals wahre Liebe für einen Menschen empfinden kann? Nicht mal zu meinem eigenen Kind?

»Ich bin müde und gehe jetzt schlafen.« Ich winke Mia noch zu und bedeute Maddox, dass er mir nicht ins Schlafzimmer folgen braucht. Ich will endlich Ruhe. Seit Wochen fühle ich mich permanent unter Strom. Genau genommen seit Sarahs Geburt. Insgeheim habe ich gehofft, dass der Vaterschaftstest negativ ausfallen wird. Nach dem dritten Test musste ich mir leider eingestehen, dass ich wohl oder übel der Dad von diesem kleinen Wesen bin.

Das arme Baby hat es überall besser als bei mir. Ich spüre mich selbst kaum, noch kann ich für einen anderen Menschen etwas fühlen. Ich hangle mich von einem Tag zum nächsten. Da Parker noch immer keinen passenden Sänger für uns gefunden hat und Maddox definitiv nie wieder auftreten wird, bekomme ich auch nicht den Ausgleich auf der Bühne oder im Tonstudio. Der Alkohol breitet sich kontinuierlich in meiner Blutbahn aus. Meine Schlafzimmertür schließe ich hinter mir und lasse mich dann in mein Bett fallen. Samt Klamotten schlafe ich schließlich ein.

CHELSEY

Was habe ich mir nur dabei gedacht, Gwen zuzusagen? Meine Knie schlottern und mein Herz pumpt schnell in meiner Brust. Das Taxi, das ich mir vor einer Stunde bestellt habe, hält vor mir. Ich zweifle weiterhin daran, ob es die richtige Entscheidung war, diesen Job anzunehmen, auch wenn er nur für ein paar Tage ist.

Der Fahrer umrundet den Wagen, nimmt mir meinen Trolley ab und verstaut ihn im Kofferraum. Inzwischen nehme ich im Wagen Platz.

»Bitte zur 11th Madison Ave«, sage ich, nachdem der Mann mit dem Wohlstandsbauch sich auf die Fahrerseite setzt.

»Madison Avenue, geht in Ordnung.« Er fädelt sich in den Verkehr ein und ich starre aus dem Fenster.

Ich werde die paar Tage überstehen, rede ich mir permanent wie ein Mantra ein.

Alles wird gut.

Gefühlt eine Ewigkeit später stehe ich vor dem Eingang zu meinem neuen Zuhause. Ein moderner Wohnkomplex. Ich atme tief durch, bevor ich hinein gehe. Da ich ausschließlich für betuchte Kunden arbeite, wundert es mich nicht, dass mich ein Portier mit einem freundlichen Lächeln empfängt.

»Guten Tag«, begrüßt er mich und ich stelle den Koffer neben mir ab.

»Guten Tag, mein Name ist Chelsey Wheeler. Ich werde von Familie Chapman erwartet.« Ich lächle ebenso, obwohl mir gar nicht danach zumute ist.

Kurz verzieht er das Gesicht, als hätte ich etwas Falsches gesagt, aber seine Miene fängt sich schnell wieder, als er auf seine Liste sieht.

»Einen Moment, ich kündige Sie bei Mr. Chapman an.« Nach einem knappen Telefonat richtet er seine Aufmerksamkeit auf mich. »Mit dem Fahrstuhl kommen Sie in die zehnte Etage, dort öffnet sich direkt die Tür zu Mr. Chapmans Haus.«

»Haus?«, hake ich nach, weil das für mich seltsam klingt.

Ihm entgleitet ein breiteres Lächeln. »In diesem Wohnkomplex befinden sich mehrere Häuser in einem Bau integriert. Es ist ein spektakuläres Zusammenspiel. Grundsätzlich sind es Wohnungen auf zwei Etagen, aber durch die großen Terrassen und das offene Wohnen, hat man das Gefühl wie in einem Haus zu leben. Wenn Sie die zehnte Etage erreichen, werden sie es ja selbst sehen und erleben.« Er reicht mir eine Schlüsselkarte. »Die ist für den Fahrstuhl. Ich wünsche Ihnen eine schöne Zeit.«

Ich komme mir vor wie in einem Hotel. Aber wie man sieht, gibt es immer wieder Neues bei den Reichen zu entdecken. Mal sehen, was mich erwartet. »Schönen Abend«, verabschiede ich mich von dem Mann und trete in den Fahrstuhl. Kurze Zeit später schließt sich die Tür und der Lift setzt sich in Bewegung. Ein angenehmer Duft von Vanille weht mir in die Nase. Mein Herz schlägt mir mittlerweile bis zum Hals und meine zitternde Hand umschließt fest meine Handtasche.

Die Tür öffnet sich und ich stehe tatsächlich inmitten eines Flurs, der hell und elegant wirkt. Der schwarze Marmorboden gibt einen starken Kontrast zu den weißen Wänden. Ein großer Spiegel befindet sich links vor mir und ich entdecke einige Paar Schuhe auf dem Boden.

»Hallo, du musst die neue Nanny sein«, begrüßt mich eine zierliche Frau mit langen braunen Haaren. Sie wirkt normal, so wie ich. Nicht wie die typischen Reichen. Sie trägt eine Jeans und ein simples grünes Trägertop. »Ich bin Mia, schön, dass du so schnell kommen konntest.« Kurz schließt sie mich in ihre Arme.

»Unsere Agentur ist dafür bekannt, schnell und zuverlässig zu Ihren Diensten zu stehen«, antworte ich. In ihrer Gegenwart löst sich langsam meine Anspannung in Luft auf. Mit ihr zusammenzuarbeiten wird bestimmt leicht, so herzlich wie ihre Ausstrahlung ist.

»Deinen Koffer kannst du inzwischen neben der Kommode abstellen. Ich zeige dir alles, bevor der Chef des Hauses kommt.« Sie zwinkert mir zu, als wäre es ein besonderer Insiderwitz.

»Wäre es okay, euer Baby als erstes zu sehen? Gwen, also Ms. Lynch meinte, ihr benötigt dringend Hilfe.«

Mias Gesicht fällt einen Moment in sich zusammen, bevor sie wieder ihr warmherziges Lächeln zeigt. »Wurde dir nicht mitgeteilt, dass die Mutter von dem Baby tot ist und du nur den Vater unterstützen sollst?«

Plötzlich schießen mir Gwens Worte in den Kopf. »Bitte entschuldige, natürlich hat sie das erwähnt. Es waren viele Informationen, die ich mir nicht alle gemerkt habe.« Verdammte Aufregung! Warum kann ich mein Gedächtnis nicht besser darauf vorbereiten? Wieso verdränge ich eines der wichtigsten Details?

»Alles gut. Wir sind froh, dass du Rico unterstützt. Bevor wir reingehen, möchte ich dich aber vorwarnen.« Sie hält eine bedeutungsschwere Pause. »Ich glaube, er hat so etwas Ähnliches, wie man bei Müttern eine Kindbettdepression nennt. Er spürt die Verbindung zu dem Baby nicht.« Mias Augen werden glasig.

»Okay«, sage ich langgezogen. Gwen erwähnte so etwas in diese Richtung, aber dass es so dramatisch ist, hätte ich nicht gedacht.

Ich streife meine Schuhe ab und folge Mia in den Wohnbereich. Kurz bleibt mir der Atem in der Luftröhre stecken, denn nun verstehe ich, was der Portier meinte. Eine Treppe führt in ein oberes Stockwerk. Der Wohnbereich ist weitläufig mit einer großen Couch aus braunem Leder. Der offene Küchenbereich mit den weißen Fronten und der Kücheninsel würde es gemütlich wirken lassen, wenn sich nicht unzählige Flaschen Whisky darauf scharren würden. Die mindestens zehn Fuß tiefen Fenster schenken dem Raum tagsüber sicher ein besonderes Licht.

»Hallo, Chelsey, ich bin Maddox«, begrüßt mich ein großgewachsener Mann mit breiten Schultern. Irgendwie kommt er mir bekannt vor. Als hätte ich ihn schon mal auf den sozialen Medien oder so gesehen. Aber ich bin mir nicht sicher. Ist auch egal, ich werde definitiv nicht nach einem Autogramm fragen, wenn er prominent ist. Das gehört zu unserem Verhaltenskodex dazu.

»Schön, dich kennenzulernen. Also du bist der Vater?« Besser gleich herausfinden, woran ich hier bin.

»Nein, ich bin nur ein guter Freund von Rico. Warte einen Moment, ich schaue, wo er bleibt, damit er dir das Haus zeigen kann.«

»Wenn er mit dem Baby beschäftigt ist, müssen wir ihn nicht stören.«

Maddox und Mia tauschen Blicke aus, die ich nicht deuten kann. Ist es Unbehagen, Scham oder doch etwas anderes, dass ich besser nicht wissen sollte? Liegt er womöglich nur im Bett und weint sich die Augen aus, weil er keine Gefühle für sein Kind hat?

»Sarah schläft gerade. Schau.« Mia hält mir das Babyfon vors Gesicht. Das Baby hat die Arme entspannt nach oben gelegt und die Augen geschlossen. Sofort wärmt sich mein Herz und die Aufregung von vorhin verflüchtigt sich in Windeseile. Sogar meine Zweifel rücken in den Hintergrund. Maddox und Mia erscheinen mir beide sympathisch und freundlich, da wird es bestimmt auch mit Rico angenehm sein.

»Möchtest du etwas trinken?«, fragt Mia, während Maddox die Treppe nach oben nimmt.

»Ein Wasser wäre toll.« Mein Mund fühlt sich staubtrocken an. »Also ihr seid Freunde von Mr. Chapman?«

»Kann man so sagen.« Sie blickt auf ihre Uhr.

»Habt ihr noch etwas zu tun?« Ich werde das Gefühl nicht los, dass Mia unter Zeitdruck steht. Denn in den letzten paar Minuten, seit Maddox weg ist, sieht sie permanent auf ihre Uhr.

»Meine Tochter Lani wartet bei meiner Mutter auf mich. Eigentlich wollte ich sie schon vor einer Stunde abholen. Aber gut, manchmal gibt es eben andere Prioritäten. Mein kleiner Sonnenschein versteht das.« Sie reicht mir ein Glas mit Wasser.

»Es geht mich ja nichts an, aber warum hast du sie nicht mitgebracht?« Ich nippe an dem kühlen Getränk.

Sie nimmt sich auch ein Glas aus dem Schrank und befüllt es mit Wasser. »Rico hatte heute einen dieser schlechten Tage. Der Tod von Sarahs Mom und die ganz neue Situation schafft er allein noch nicht.«

»Also liegt er schon den ganzen Tag im Bett?« Ich spreche das an, was schon länger auf meiner Zunge brennt.

Mia braucht nicht antworten, um ihre sorgenvolle Miene zu verstehen. »Die Mutter seiner Tochter zu verlieren und dann mit einem Baby allein dazustehen ist hart.« Mich überkommt ein schlechtes Gewissen, weil ich diesen Job nicht annehmen wollte.

»Jep«, antwortet sie und blickt immer wieder zur Treppe, als würde sie Maddox und Rico jeden Moment erwarten.

»Wie alt ist deine Tochter?«, frage ich, während ich immer wieder Mias Blick folge.

»Sie wird bald sieben und ist das wundervollste Geschenk, was mir in meinem Leben passiert ist.« Mias Augen strahlen und sofort fühle ich mich mit ihr verbunden. Die Mutterliebe ist für mich jedes Mal etwas Besonderes. Ich weiß, dass ich als Nanny eine große Verantwortung trage. Die Kinder sollen sich in der Zeit, in der sie bei mir sind, geliebt und wertgeschätzt fühlen. Zugleich bin ich für die tägliche Animation zuständig.

»Du und Maddox seid bestimmt großartige Eltern.« Obwohl ich die beiden erst ein paar Minuten zusammen gesehen habe, spüre ich regelrecht die Herzenswärme und Liebe zwischen ihnen.

»Maddox ist nicht der leibliche Vater, aber ja, er macht sich als Daddy richtig gut.« Mias Blick bleibt an der Treppe hängen. Ich drehe mich um und ein genervtes Knurren ertönt.

»Wieso kannst du mich nicht schlafen lassen? Die Nanny kommt ganz gut allein mit dem Baby klar! Immerhin wird sie dafür bezahlt!« Das dürfte wohl Rico Chapman sein, der über die Treppe wankt. Etwas unbeholfen, setzt er ein Bein vor das andere. Er fährt sich durch sein blondes Haar, das ihm bis zu den Schultern reicht. Die graue Jogginghose sitzt tief, während er ein schwarzes T-Shirt mit einer goldenen Krone trägt. In Großbuchstaben steht The Royals darauf und plötzlich fällt es mir ein, wer Maddox ist und schließlich auch Rico. Beide sind Rockstars, die weltberühmt sind. Maddox hat sich aus der Band zurückgezogen, zumindest behauptet das die Klatschpresse. Und Rico? Rico ist der heißbegehrte Rockstar, der niemals etwas anbrennen lässt.

Mein Hals wird immer enger, umso näher Rico kommt. Seine selbstgefällige Art setzt noch das Sahnehäubchen drauf.

»Jetzt reiß dich zusammen«, murrt Maddox leise, dennoch habe ich es gehört.

Rico schreitet auf mich zu, doch anstatt mich zu begrüßen, schnappt er sich eine Whiskyflasche, die noch halb voll ist, öffnet sie und trinkt einen kräftigen Schluck davon. Maddox entreißt ihm die Flasche, sodass etwas Flüssigkeit auf den Boden tropft.

»Jetzt lass es mal gut sein!«, mahnt ihn Maddox im scharfen Ton. »Das ist Chelsey Wheeler«, stellt mich Maddox vor und zieht mich ein Stück zu sich heran.

Rico wischt sich mit dem Unterarm den Mund trocken. »Rico, aber das weißt du ja.« Sein Blick heftet sich für meinen Geschmack zu lange an mich. Er mustert mich ungeniert von meiner dunkelblauen Jeans aufwärts zu meinem gelben T-Shirt. »Eine süße Kleine. Die Nanny Agentur hat definitiv ihr Geschäftsspektrum verfehlt. Eine ist schöner als die andere.« Er lächelt, doch ich erwidere es nicht. Denn nun regiert die Wut in mir. Er ist eindeutig eines dieser Männer, die ich abgrundtief verabscheue. Sie glauben, wir Frauen sind für sie Freiwild und warten nur darauf, von ihnen beglückt zu werden.

»Ich denke, ich bin doch die falsche Person für diesen Job«, höre ich mich sagen und ergreife die Flucht zum Flur. Niemals werde ich nur eine Nacht mit diesem Ekelpaket unter einem Dach schlafen. Auch wenn mir das Baby jetzt schon leidtut, ist meine Grenze erreicht.

»Chelsey, warte!«, ruft Mia, trotzdem werden meine Schritte schneller. Sie verselbstständigen sich regelrecht. Niemals werde ich für so einen Idioten arbeiten, der noch dazu einer Frau nicht mit Respekt begegnet.

»Bist du völlig bescheuert? Sie ist deine letzte Chance, sonst musst du für das Baby allein sorgen«, sagt Maddox an Rico gewandt, doch auch das ist mir egal.

»Ich wollte das Baby nicht! Wenn sie im Heim landet, dann ist das eben so. Bestimmt findet sie bessere Eltern als mich«, erwidert Rico kalt und in meinem Herzen macht es einen Stich. Ich fasse nach meinem Trolley und ein unbändiges Zittern überkommt mich. Wie kann ein Mensch sein eigenes Fleisch und Blut nicht lieben?

»Bitte warte«, sagt Mia im ruhigen Ton und ich halte vor dem Durchgang, der mir direkte Sicht zur Küche bietet. »Ich weiß, Rico ist ein schwieriger Mensch, aber Sarah braucht dich.« Mia sieht mich aus glasigen braunen Augen an.

»Schwierig?« Mir entweicht ein gespielter Lacher. »Das ist wohl eher ein Hilfsausdruck, der ihn beschreibt. Er ist arrogant, selbstgefällig und ein großes, egoistisches Arschloch!« Ich sage es so laut, woraufhin Rico und Maddox zeitgleich den Kopf zu mir drehen.

»Endlich mal jemand, der die Wahrheit von mir sieht«, antwortet Rico, umrundet die Küchenzeile und zieht aus einem Schrank eine neue Whiskyflasche hervor.

»Bitte, Chelsey, er ist überfordert, er braucht deine Hilfe mit Sarah.« Sie legt ihre Hand auf meinen Oberarm. Ich bin mir nicht sicher, ob Mia einfach jemanden braucht, der für das Baby da ist, damit sie endlich abhauen kann oder sie wirklich in mir die Rettung für Rico sieht. Doch ich kann definitiv nicht mit einem Mann unter einem Dach leben, der Frauen wechselt wie andere ihre Unterwäsche. Rico wurde sogar mal eine sexuelle Nötigung vorgeworfen, was in mir sofort Übelkeit hervorruft. Zwar wurde er bei der Gerichtsverhandlung als unschuldig befunden, aber der bittere Beigeschmack bleibt.

»Ich kann in dieser Wohnung nicht bleiben. Tut mir leid.« Das Zittern wird stärker, mein Herz hämmert wild gegen meine Rippen, bei dem Gedanken daran, nur eine Nacht mit diesem Widerling unter einem Dach zu verbringen.

Mia versperrt mir den Weg zum Aufzug. »Bitte«, fleht sie und faltet die Hände wie zu einem Gebet. »Nur so lange, bis wir jemand anderes gefunden haben.«

»Nein.« Ich drücke den Fahrstuhlknopf und gleich darauf öffnet sich der Lift. Ich schlängle mich an Mia vorbei.

»Bitte«, bettelt Mia erneut, ehe sich die Fahrstuhltür schließt.

Sofort wähle ich Gwens Nummer. Nach nur einmal klingeln hebt sie ab. »Du kannst für Rico jemand anderes suchen. Ich werde diesen Job nicht antreten.« Mit diesen Worten begrüße ich meine Freundin, weil mir mein Puls sogar in den Ohren dröhnt. »Ich bin schon auf dem Weg nach Hause«, fahre ich fort.

»Du bist was?, kreischt sie ins Telefon.

»Du solltest besser wissen, warum ich diesen Job keinesfalls annehmen werde. Du hast nämlich das klitzekleine Detail verschwiegen, dass es sich hierbei um Rico von The Royals handelt. Dem Rico, der vor ein paar Jahren wegen sexueller Nötigung angeklagt war!« Ich führe meinen Monolog fort, weil ich Gwens Einwände nicht hören will. Meine Entscheidung ist gefällt und das aus gutem Grund.

»Du fährst jetzt sofort wieder zurück und wirst diesen Job annehmen!« Die Fahrstuhltür öffnet sich, aber ich bleibe nach ihrer Ansage wie versteinert stehen.

»Gwen, was du von mir verlangst, kann ich nicht. Es tut mir leid. Außerdem, wie sprichst du mit mir?« Noch nie hat sie sich mir gegenüber so schroff verhalten.

»Du bist mir einen Gefallen schuldig, oder hast du vergessen, was ich …«

»Lass es gut sein, du musst es mir nicht immer wieder vorhalten«, unterbreche ich sie, weil sie mir nicht nochmals in Erinnerung rufen muss, was damals passiert ist. Ich weiß es nur zu gut. Leider ist es ein Vorfall, den ich wohl auf ewig mit mir herumschleppen werde. Er ist wie mein Schatten, mein ständiger Begleiter. Manchmal kann ich ihn nach hinten schieben, als hätte sich die Sonne gedreht, aber diese Erinnerung wird für immer in meinem Leben bleiben.

»Ich habe dich noch nie um etwas gebeten. Diesmal brauche ich dich wirklich. Bitte, Chelsey, du musst diesen Job übernehmen.« Das Flehen ist unüberhörbar, aber warum ist sie so versessen, diesen Kunden glücklich zu machen? Ihr Verhalten ist untypisch für sie. Sie hat sogar schon Auftraggeber verweigert, weil sie nicht wussten, wie man sich ihren Nannys gegenüber benimmt. Warum ist es in diesem Fall anders? Ich werde das Gefühl nicht los, dass da mehr dahintersteckt. »Oder wäre es dir lieber, wenn ich deine Mutter verständige? Sie wird es sicher brennend interessieren, wo du dich gerade aufhältst.«

Ich taumle rückwärts und lande am kalten Spiegel. »Gwen, das wirst du nicht tun.« Meine Hand beginnt unwillkürlich zu zittern.

»Ich ziehe diesen Joker nur ungern, aber wenn du mir nicht hilfst, dann muss ich dir keinen Schutz mehr bieten.«

Die Lifttür schließt sich und ich starre auf mein Spiegelbild. Meine Augen sind geweitet und in meiner Miene ist die pure Angst zu erkennen. Angst, die ich sonst sehr gut unter Kontrolle habe, wenn ich mich in einem gewohnten Umfeld bewege. In Gesellschaft von Menschen, die mir nicht drohen und meine Vergangenheit in Erinnerung rufen, die ich sonst gekonnt verdränge.

Der Fahrstuhl setzt sich erneut in Bewegung. Kurze Zeit später hält er und die Tür öffnet sich gefühlt wie in Zeitlupe.

Mit einem überheblichen Funkeln in den Augen und tief vergrabenen Händen in den Hosentaschen steht Rico vor mir. Nein! Nein! Nein! Ich kann das nicht! Am liebsten würde ich umdrehen, doch Gwen redet weiterhin auf mich ein.

»Siehst du? Sie kommt von ganz allein zurück.« Er dreht sich um und wankt in den Wohnbereich.

»Danke, Chelsey, dass du es dir anders überlegt hast«, meint Maddox, während ich weiterhin das Handy an mein Ohr halte. Doch Gwens Worte erreichen mich nicht, denn die Wut gegenüber Ricos arrogante Art nimmt mich in seinen Besitz. »Ich wusste, dass du ein mitfühlendes Herz hast«, redet Maddox weiter, während ich zaghaft aus dem Fahrstuhl trete.

Mitfühlendes Herz, was für ein Blödsinn. Ich mache diesen Job nur, weil mich Gwen sonst an meine Mutter ausliefert.

»Ich bin jetzt da und muss auflegen«, verabschiede ich mich bei Gwen und warte ihre Antwort nicht ab, sondern lege auf.

»Ich verspreche dir, Rico wird sich einkriegen.« Maddox geleitet mich zurück zur Küche.

»Versprich nichts, was schon vorab eine Illusion ist. Und das wissen in diesem Raum wohl alle.« Ich blicke zur Couch, wo Rico es sich gemütlich gemacht hat, wie gewohnt mit einer Flasche Whisky. Der Typ ist nicht nur arrogant und selbstsüchtig, sondern hat anscheinend auch ein Problem mit Alkohol. Ich bin nicht für ihn da, sondern für Sarah, rufe ich mir in Erinnerung.

»Danke, dass du zurückgekommen bist«, wirft Mia ein und kommt mit einem Lächeln auf den Lippen auf mich zu. »Ich zeige dir dein Zimmer, denn bald wird Sarah aufwachen und dann kannst du sie gleich persönlich kennenlernen.«

»Okay«, antworte ich knapp. Der einzige Lichtblick in diesem Apartment ist das Baby.

Mia nimmt mir den Trolley ab und geht voraus zur Treppe. Flüchtig blicke ich erneut runter zu Rico, der mit Maddox wieder diskutiert. Zumindest ahne ich es, weil Maddox mit den Armen fuchtelt und seine Stirn sich in Falten legt. Diesmal reden sie leiser, sodass ich kein Wort verstehe.

»Im ersten Zimmer wohnt normalerweise Ricos Haushälterin, die aber heute gekündigt hat«, erklärt Mia gedämpft.

»Das wundert mich nicht«, antworte ich und folge ihr entlang des breiten Flures. An den Wänden hängen bunte Kunstwerke, die teuer aussehen.

»Hinter der zweiten Tür schläft Sarah.« Mia streichelt sanft über die Holztür und ein hauchzartes Lächeln gleitet über ihre Lippen. »Und nun kommen wir zu deinem Zimmer.«

»Warum kümmerst du dich nicht um Sarah? Du scheinst sie sehr zu lieben.«

Mia hält in der Bewegung inne. »Ich habe eine kleine Tochter, die mich braucht. Ich kann nicht rund um die Uhr in dieser Wohnung sein.« Sie senkt den Blick und scheint ein schlechtes Gewissen diesbezüglich zu haben. Doch sie ist nicht mal mit Rico verwandt. Sie trifft am wenigsten irgendeine Schuld.

»Das verstehe ich. Vor allem, weil Rico nicht ein paar Stunden allein auf Sarah aufpassen kann.« Ich richte meine Aufmerksamkeit auf die anderen Türen. »Und was befindet sich hinter den anderen drei Türen?«, frage ich, während Mia meine Zimmertür öffnet.

»Das Zimmer neben dir ist ein Gästezimmer, danach kommt Ricos Musikzimmer und als letztes sein Schlafzimmer. Jedes Zimmer hat ein eigenes Badezimmer, also keine Sorge, dass dir Rico auf die Pelle rücken kann.« Kann Mia meine Gedanken lesen, welche Zweifel mich Rico gegenüber belasten?

Kurz halte ich die Luft an. »Darüber mache ich mir keine Sorgen, alles gut«, lüge ich.

Mia schaltet das Licht ein und wir treten in mein vorübergehendes Zuhause. Ein Kingsize Bett steht in der Mitte des Raumes und auch hier gibt es bodentiefe Fenster. Da die Dunkelheit bereits hereingebrochen ist, kann ich nur die unzähligen Lichtquadrate aus den anderen Wohnblöcken sehen. Ein großer Flatscreen ist in die Wand integriert. Das Zimmer hat mindestens vierzig Quadratmeter und ist fast so groß wie meine Wohnung.

»Da ist dein Badezimmer.« Mia öffnet die erste Tür und wie zu erwarten ist das Bad elegant eingerichtet. Ein Steinwaschtisch in schwarz mit weißen marmorierten Sprenkeln sowie eine große Dusche befinden sich darin. »Hinter der anderen Tür befindet sich dein Kleiderschrank. Solltest du irgendetwas benötigen, gib mir Bescheid, ich kümmere mich darum.« Mia schließt die Badezimmertür und blickt sich im Zimmer um.

»Danke, ich habe alles.« Ich würde lieber zurück in mein kleines Apartment, zwar mit weniger Luxus, aber zumindest mit nicht so einem selbstgefälligen Mistkerl.

»Sobald Sarah munter ist, hole ich dich. Inzwischen kannst du dich in Ruhe einrichten.« Meine wohl einzige Vertraute hier lächelt und geht zur Tür.

»Mia?«

»Ja?« Sie dreht sich zu mir um.

»Darf ich dich etwas Persönliches fragen?«

»Natürlich.«

»Wieso seid ihr mit Rico befreundet?«

Nun grinst Mia und blickt kurz zu Boden, ehe sie mir wieder ihre Aufmerksamkeit schenkt. »Auch wenn sich Rico gerade von seiner schlechtesten Seite zeigt, wissen Maddox und ich, dass er tief im Inneren ein guter Mensch ist. Er hat nur noch nicht in seine Mitte gefunden.«

»Das klingt sehr optimistisch«, entgegne ich.

»Ja, aber schlecht ist es auch so.« Sie öffnet die Tür. »Bis später. Solltest du Hunger haben, der Kühlschrank ist gefüllt.«

»Danke.«

CHELSEY

Ich hieve den Koffer auf mein Bett und klappe ihn auf. Sorgsam türme ich meine Klamotten und verstaue sie im kleinen begehbaren Kleiderschrank. Eine Textnachricht leuchtet auf meinem Handy, das neben meinem Koffer liegt. Gwens Name sticht mir sofort ins Auge. Da ich auf sie weiterhin wütend bin, weil sie mich zu diesem Job zwingt, ignoriere ich es. Ich drehe das Handy um, sodass ich das Display nicht mehr sehen kann.

Denn Trolley verstaue ich links im Schrank, dann schließe ich die Tür. Anschließend setze ich mich auf das Bett und starre aus dem Fenster. Unzählige Lichter brennen in den Hochhäusern um mich herum. Jeder dieser Menschen lebt seine eigene Geschichte. Niemand weiß von seinem Nachbarn, welche Probleme ihn gerade plagen. Manchmal frage ich mich, wäre es für mich anders gelaufen, wenn ich eine andere Mutter gehabt hätte? Würde ich heute eine erfolgreiche Pianistin sein, die die Menschen mit ihrer Musik im Herzen berührt? Würde mein Leben anders verlaufen sein, wenn ich den einen besagten Fehler nicht begangen hätte? Fragen über Fragen kreisen in meinem Kopf in Dauerschleife. Diese Gedanken begleiten mich schon viele Jahre und bis heute habe ich darauf keine Antwort gefunden. Wieso widerfahren manchen Menschen tragische Schicksalsschläge, während andere ständig auf der Honigseite des Lebens ihre Zeit verbringen? Was macht den einen Unterschied aus?

Ich würde mich als eine positive Person einstufen, wenn man meine Ängste, die mich immer wieder einholen, ausblendet. Trotzdem führe ich nun ein Leben, welches ich mir nie so ausgemalt habe. Ich sah mich auf einer großen Bühne, mit einem Orchester hinter mir, stattdessen sitze ich in einem eleganten Schlafzimmer mit Blick auf New York City. Einem neuen Job, den ich nur unter Zwang ausführe.

Ein lautes Wimmern dringt durch die Wand und wie automatisch erhebe ich mich. Sarah dürfte aufgewacht sein. In meinem Job als Nanny vergesse ich ein Stück weit meine sehnlichsten Träume. Kinder lassen einen viel vergessen. Sie vertreiben schlechte Gedanken und schenken Liebe, die man von niemand anders so empfangen kann. Ich verlasse mein Schlafzimmer und Mia kommt mir im Flur entgegen.

»Oh, hörst du es bis in dein Schlafzimmer?«, fragt sie und wirkt schuldbewusst. Dabei ist sie diejenige, die am wenigsten etwas für meine Situation kann.

»Kein Problem, es ist ja mein Job.« Ich lächle und folge ihr ins Babyzimmer. Erwartungsvoll treten wir ein.

---ENDE DER LESEPROBE---