Who is the CEO - Eva Perkics - E-Book
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Eva Perkics

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Beschreibung

Wenn du dich zwischen Wahrheit und Verrat entscheiden musst …

Als die Anwältin Isabella Turner ihren Traumjob in einem renommierten Konzern antritt, steht für sie fest, dass sie es endlich geschafft hat. Wäre da nicht diese eine Nebensache, dass sich der heiße One-Night-Stand als ihr neuer Boss entpuppt. Zudem kennt ihr Kollege Damion Kinsley ihre dunkelsten Geheimnisse und könnte damit ihre ganze berufliche Laufbahn zerstören. Und plötzlich steckt sie in einem Lügenkonstrukt, das nicht nur ihre Träume, sondern auch ihr Herz vernichten könnte.

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Veröffentlichungsjahr: 2021

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WHO IS THE CEO

EVA PERKICS

Copyright © 2021 Eva Perkics

Alle Rechte vorbehalten.

Eine Kopie oder anderweitige Verwendung ist nur mit schriftlicher Genehmigung von Seiten der Autorin gestattet.

Korrektorat: KoLibri Lektorat, Sabine Wagner www.kolibrilektorat.de

Umschlaggestaltung: ©Justsmilepics

Verwendete Fotos: Shutterstock ©Kiselev Andrey Valerevich ©banthita166

Autorenfoto: Rene Strasser Fotografie

Wenn du dich zwischen Wahrheit und Verrat entscheiden musst

ÜBER DEN AUTOR

Eva Perkics schrieb ihre ersten Romane unter dem Pseudonym Eva Fay. Bis sie sich dazu entschied, zu ihren Wurzeln zurückzukehren und ihren Geburtsnamen wählte.

Sie liebt es, Geschichten, die genauso gut aus dem Leben gegriffen sein könnten, zu kreieren. Sie möchte die Leser im Herzen berühren und zum Nachdenken anregen.

Neben dem Schreiben nimmt ihre Familie einen wichtigen Teil ihres Lebens ein.

Man findet sie auf Facebook und Instagram. Sie freut sich auf den persönlichen Austausch mit den Lesern.

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INHALT

Prolog

1. Isabella

2. Philip

3. Isabella

4. Philip

5. Isabella

6. Philip

7. Isabella

8. Philip

9. Isabella

10. Isabella

11. Philip

12. Isabella

13. Philip

14. Isabella

15. Isabella

16. Philip

17. Isabella

18. Philip

19. Isabella

20. Philip

21. Isabella

22. Philip

23. Isabella

24. Isabella

25. Philip

26. Isabella

27. Isabella

28. Philip

29. Isabella

30. Philip

31. Isabella

32. Philip

33. Isabella

Bücher von Eva Perkics

PROLOG

Was habe ich nur getan! Lautes Gelächter umhüllt mich, doch ich fühle mich innerlich nicht nur leer, sondern gedemütigt. Wie konnte ich mich nur auf dieses Spiel einlassen?

»Eindrucksvolle Leistung!« Mir klopft ein Kommilitone auf die Schulter. Ich nicke und lache verhalten. Denn ich habe keinen Zuspruch verdient. Nichts davon war korrekt oder brillant.

»Hast du gesehen, wie er dreingeschaut hat? Jetzt haben wir ihn in der Hand«, jubelt eine weitere Stimme. Augenblicklich verkrampft sich jeder einzelne Zentimeter in mir. Meine Beine fühlen sich butterweich an und ich lasse mich auf die Parkbank sinken. Eine Traube von Leuten steht um mich herum. Gratulieren mir zu meinem grandiosen Erfolg. All das, was ich mir erträumt habe. Die Aufmerksamkeit, den Zuspruch und die Anerkennung bekomme ich mit geballter Ladung von allen Seiten.

»Komm, jetzt gehörst du eindeutig zu uns dazu. Wir müssen das bei mir zu Hause unbedingt feiern!«, wirft eine weitere Person ein, von der ich nicht einmal den Namen weiß. Eigentlich kenne ich von allen niemanden bis auf einen. Er steht unweit von mir entfernt und hat dieses siegessichere Grinsen auf den Lippen. Sein Blick ist dunkel. Was mich seit unserer ersten Begegnung an ihm fasziniert, ist seine geheimnisvolle Ausstrahlung, doch nun erzeugt sie in mir ein Gefühl von Unbehagen. Noch nie hatte ich vor einem Menschen Angst, trotzdem kann ich seinen Blick nicht ganz einordnen.

Irgendjemand zerrt an meinem Arm, sodass ich mich erhebe und ihnen folge. Die anderen johlen und schwingen ihre Hände durch die Lüfte. Die Frauen stöckeln mit ihren hohen Absätzen über den Bordstein. Ihre Diamantenohrringe blitzen unter den Straßenlaternen immer wieder auf. Ein Typ legt seine Hand auf meine Schulter und ich fixiere die goldene Rolex, die er protzig und auffällig zur Schau stellt.

»Also deine Show, die du vorhin geliefert hast, war echt filmreif«, kommentiert der Typ neben mir. Er zeigt mir sein perfektes Zahnpastalächeln, während er sich sein Hemd zurechtzupft.

»Kommt schon, die Limousine wartet nicht ewig auf euch«, ruft eines der hübschen Mädchen, die seit Wochen meine Aufmerksamkeit auf dem Campus erregen. Sie sind der Inbegriff von Schönheit und Reichtum. Ich habe es in ihre Welt der Oberschicht geschafft, trotzdem dringt ein galliger Beigeschmack an die Oberfläche. Denn welchen Preis habe ich gerade dafür bezahlt? Nur, um mit diesen Leuten abzuhängen?

Ich werde förmlich in die Limousine gestoßen. Ein lauter Knall vom Öffnen einer Champagnerflasche schallt durch das Auto. Der Chauffeur öffnet das Schiebefenster und drei Kerle stecken ihre Köpfe nach draußen. Sie schreien und grölen. Die Jungs legen einen hollywoodreifen Auftritt hin, der völlig überzogen und abgehoben wirkt. Ich nehme es kaum noch wahr, denn mein Körper fühlt sich gelähmt an. Obwohl mir die hippsten Menschen auf der Uni die ganze Zeit zujubeln, mich auf Händen tragen, drängt sich ein schlechtes Gewissen an die Oberfläche.

Niemals darf jemand von dieser Nacht erfahren. Nicht einmal meinen besten Freundinnen Kate und Chloe kann ich davon erzählen. Alles hier an dieser Situation ist falsch, das weiß ich. Und trotzdem lasse ich mich von der Welle der Zugehörigkeit mitreißen und trinke einen kräftigen Schluck von dem eiskalten Champagner. Denn dieses Geheimnis wird für immer im Verborgenen bleiben.

ISABELLA

Meine Pfennigabsätze klappern auf dem harten Asphalt. Der Strom der Menschen zieht mich mit und trotzdem tanze ich aus der Reihe. Die Männer mit ihren Handys am Ohr nehmen von der Umwelt nichts wahr. Wie Marionetten laufen die Frauen über den Bordstein. Ich hingegen sauge förmlich die Energie der morgendlichen Stimmung in mich auf. Obwohl die hohen Wolkenkratzer einem kaum Sicht zum Himmel bieten, blitzen erste Sonnenstrahlen hindurch. Heute ist ein strahlender Montag, nicht nur aufgrund der Wetterlage, sondern mein Innerstes freut sich bereits auf den ersten Arbeitstag.

Ein Kerl, der tief in ein Telefongespräch versunken ist, blickt gerade in mein Gesicht, bleibt abrupt stehen und mustert mich von unten nach oben. Er ist aufgewacht und hat mich bemerkt. Für mich ist es nichts Ungewöhnliches, die Aufmerksamkeit von fremden Männern zu erregen.

»John, ich muss aufhören«, sagt er und lässt das Handy in seine Anzughosentasche gleiten. »Guten Morgen, schöne Frau.« Er stellt sich mir direkt in den Weg und grinst mich an. Wie die anderen Marionetten in Manhattan hat er seinen schlanken Körper in einen teuren Maßanzug gesteckt.

Ich lächle. »Guten Morgen, für mich hättest du nicht das Gespräch beenden müssen, immerhin bin ich spät dran und am ersten Arbeitstag kommt man nicht in letzter Minute.«

»Das verstehe ich natürlich. Aber auch wenn das jetzt banal klingt, haben mich deine grünen Augen in den Bann gezogen.«

»Schön, aber ich habe wirklich keine Zeit.« Oft genieße ich die Aufmerksamkeit, aber häufig nervt sie mich. Wie jetzt gerade. Ich entscheide, mit wem ich mich einlasse und auch wenn er gut aussieht, fällt er nicht in mein Beuteschema. Mit seinem schmalzigen Gelaber hat er sich selbst sein Grab geschaufelt.

»Hier hast du meine Karte, ruf mich an.« Er drückt mir seine Visitenkarte beim Vorbeigehen in die Hand.

»Vielleicht …« Ich stecke sie in meine Handtasche zu den anderen Visitenkarten, die ich die letzten Tage von wildfremden Männern erhalten habe. Eigentlich könnte ich jeden Abend ein Date haben, wenn ich mir dafür Zeit nehmen würde. Manche der Kerle wollen dann aber meistens mehr als nur einen One-Night-Stand und dafür bin ich nicht zu haben. Bisher war kein Mann dabei, mit dem ich mir eine Beziehung vorstellen konnte. Möglicherweise liegt es daran, dass ich so wie meine Mom beziehungsunfähig bin. Vielleicht liegt es aber auch … Schnell schiebe ich den Gedanken beiseite, weil nur unweit der imposante Firmenkomplex hochragt, der nun meine Zukunft bedeutet.

Endlich erreiche ich die Zentrale von Luxury-Food und nun beginnt mein Herz tatsächlich, schneller zu schlagen. Denn es ist mein erster Arbeitstag als Anwältin in diesem beeindruckenden Unternehmen. Mein Blick wandert die vierzig Stockwerke hoch und man kann die Spitze kaum erkennen. Nun bin ich endlich angekommen in der Welt der Großkonzerne. Einmal einen Fuß drin, kann einen nichts mehr zurückwerfen.

Mit diesem Gedanken betrete ich das imposante Gebäude, das nur so vor Erfolg und Macht strotzt. Moderne Loungemöbel in Leder, große Flachbildfernseher, auf denen ein Imagefilm von Luxury-Food-Group abläuft. Ein langer Empfangstresen aus Betonoptik mit Hintergrundbeleuchtung am Fußende.

»Guten Morgen«, begrüße ich eine Frau, die ihre blonden Haare streng nach hinten zu einem Pferdeschwanz zusammengefasst hat. »Ich bin Ms. Isabella Turner.«

»Guten Morgen, Ms. Turner, ich bin Ms. Doris Daniels. Herzlich willkommen in unserem Unternehmen. Hier habe ich noch ein paar Unterlagen, die Sie unterzeichnen müssen, dann bringe ich Sie zu Ihrem Arbeitsplatz.« Sie legt mir ein paar Dokumente vor. »Es sind die üblichen Verträge zur Schweigepflicht und dass Sie für Ihre Chipkarte verantwortlich sind, damit sie nicht in fremde Hände gelangt. Wie Sie wissen, haben Sie zu jeder Abteilung zutritt, darum ist es auch so wichtig, dass Sie wirklich gut darauf aufpassen.« Sie reicht mir einen goldenen Kugelschreiber.

»Natürlich.« Schnell habe ich die Unterlagen unterzeichnet. Noch immer bin ich sprachlos, weil Ms. Daniels bereits genau weiß, was sie mit mir zu tun hat. Im letzten Unternehmen musste die Sekretärin zuerst einmal unzählige Telefonate führen, bis sie wusste, wohin mit mir. Hier fühlt man sich gleich ganz anders aufgenommen.

Nachdem ich alle Unterlagen unterschrieben habe, kommt Ms. Daniels zu mir nach vorne. »Hier entlang«, sagt sie und setzt ein warmherziges Lächeln auf. Wir passieren die Sicherheitsschranke. Zwei Sicherheitsmänner stehen hinter einem Körperscanner. Meine Tasche muss ich wie beim Flughafen auf das Rollband legen und kurz darauf durchlaufe auch ich den Sicherheitscheck.

»Ziemlich strenge Sicherheitsvorschriften«, bemerke ich, als Ms. Daniels und ich durch sind.

»Vor etwa fünf Jahren wurden diese eingeführt, weil ein Mitarbeiter die Schweigepflicht wohl nicht so genau nahm.« Sie schiebt sich eine blonde Haarsträhne hinters Ohr. Sie hat wie viele andere hier, die mit uns mit dem Strom zum Fahrstuhl laufen, eine dunkelblaue Stoffhose und eine weiße Bluse an. Was sie aber von den anderen herausstechen lässt, sind ihre weichen Gesichtszüge. Sie hat strahlendblaue Augen und ein Gesicht, das man am liebsten die ganze Zeit anschauen möchte, weil es so hübsch ist.

»Das ist wohl ein Problem, wenn hier an neuen Genussmitteln geforscht wird«, bemerke ich und quetsche mich mit ihr in den Lift.

Sie nickt. »Darf ich dich was fragen?« Kurz fasst sie sich erschrocken an den Mund. »Oh, Entschuldigung, ist das Du okay?«

»Natürlich. Und es kommt auf die Frage an.«

»Ist deine Augenfarbe echt oder trägst du Kontaktlinsen?«

Nun muss ich laut auflachen. »Nein, die sind echt.«

»Wow, also solch grüne Augen sieht man wirklich selten, genau genommen habe ich noch nie jemanden mit so einem intensiven Grün gesehen. Und deine roten Haare?«

Erneut muss ich kichern. »Die sind auch echt und nicht gefärbt und wenn du es genau wissen möchtest, meine Brüste sind ebenso silikonfrei.«

Nun kichert sie. »Das dachte ich mir schon. Du bist wirklich mit deinem Äußeren gesegnet.«

»Du tust gerade so, als würdest du dich verstecken müssen.« Ich schüttle den Kopf und bin überrascht, in welche Richtung unser Gespräch läuft.

»Natürlich nicht, und deshalb gebe ich dir vorweg einen Ratschlag: Halte alle Männer hier auf Distanz. Manche von ihnen wissen nicht, wo die Grenze zwischen nettem Flirten und nervigen Anmachsprüchen liegt.«

»Mir passiert schon nichts, damit kann ich sehr gut umgehen.« Obwohl ich Männer fast so oft wechsle wie meine Unterwäsche, bin ich dabei wählerisch. Wie man mit aufdringlichen Kerlen umgeht, habe ich sehr früh gelernt. Denn meine Mom schickte mich mit vier zu meinem ersten Verteidigungskurs. Damals meinte sie, man kann nie früh genug damit beginnen. Außerdem bringt ein Sport wie Tai-Chi einen ebenso mit Qigong in Berührung. Auch wenn ich das zum Glück nie gebraucht habe, erzeugt es in mir in den frühen Morgenstunden den nötigen Ausgleich.

»Das hoffe ich für dich.« Nun schwingt Melancholie in ihrer Stimme mit und das strahlende Gesicht wird ernst.

Dauernd hält der Fahrstuhl und langsam leert sich der Lift und Doris und ich bekommen immer mehr Raum. »In welchem Stockwerk arbeite ich?«

»Hattest du vor deiner Einstellung keinen Rundgang?« Nun hebt sie ihre perfekt geformte Augenbraue.

»Nein, weil mich ein Headhunter fand und wir das Vorstellungsgespräch in einem Diner führten.« Ich zucke mit den Schultern.

»Wenn du möchtest, zeige ich dir am Nachmittag alles. Da ich für alle Rezeptionen im ganzen Haus zuständig bin, habe ich die gleiche Befugnis wie du.«

»Sehr gerne.« Im vierzigsten Stockwerk angekommen, treten wir gemeinsam hinaus. Mit allem hatte ich gerechnet, nur nicht, in der obersten Etage zu landen. Der Flur ist lang und mit unzähligen Glastüren zu den einzelnen Büros versehen. Zumindest nehme ich das an, denn durch das Milchglas hat man keinen Einblick. Ich erkenne ein paar Namen an den Türen, da ich aber zu tun habe, Doris zu folgen, finde ich nicht die Möglichkeit, sie zu lesen.

»Guten Morgen, Jessica«, sagt Doris zu einer Frau Mitte fünfzig. Doris hingegen dürfte etwa so wie ich vierunddreißig sein. Vielleicht ist sie auch jünger. »Isabella Turner ist die neue Anwältin für unser Unternehmen.«

»Guten Morgen, ich bin Ms. Hamington.« Sie mustert mich mit ernster Miene.

»Schön, Sie kennenzulernen.« Ich strecke ihr meine Hand hin und nur zögerlich kommt sie meiner Begrüßungsaufforderung nach.

»Jessie, hast du heute wieder einen miesen Tag?« Doris lehnt sich an den Tresen, der ebenso in Betonoptik gestaltet ist. Wenn ich ihn genau betrachte, dürfte es derselbe wie im Erdgeschoss beim Empfang sein.

Ms. Hamington fährt sich mehrmals durch ihren dichten, roten Lockenkopf. »Frag lieber nicht. In weniger als einer Stunde muss ich für den Sohn des Chefs ein Büro organisieren.«

»Wieso? Fängt er jetzt doch im Unternehmen an?« Doris wirkt nicht gerade glücklich, wenn ich mir ihr erschrockenes Gesicht ansehe.

»Keine Ahnung, sieht wohl so aus. Heute Morgen kam Mr. Downey Senior hereingestürmt und hat uns alle wahnsinnig gemacht. Ob das gut geht, bezweifle ich.« Sie presst die Lippen aufeinander.

»Na dann hoffen wir, dass er hier nur ein kurzes Gastspiel hat.« Doris wirkt nervös.

»Wieso? Ist es nicht gut, wenn der Sohn mit ins Geschäft einsteigt?«, frage ich interessiert, weil ich gerne über alles Bescheid weiß.

»In diesem Fall nicht.« Doris tauscht mit Jessica Blicke aus, die ich nicht ganz zuordnen kann. Was ist hier genau das Problem? »Ich muss jetzt wieder runter. Wir sehen uns später zum Rundgang.«

»Bis dann«, antworte ich und beobachte, wie Doris davonstöckelt. Ein paar Männer kreuzen ihren Weg und starren ihr ganz ungeniert auf den Hintern, dabei tuscheln sie. Männer eben, denke ich mir und richte meine Aufmerksamkeit Jessica zu.

»Na gut, da dich wohl Doris schon in ihr Herz geschlossen hat, kannst du mich ruhig Jessie nennen.« Sie kommt von ihrem Empfangstresen hervor und nun stelle ich fest, dass sie fast einen Kopf kleiner ist als ich.

»Mich nennen viele Isa«, antworte ich, weil ich froh bin, diese Förmlichkeit losgeworden zu sein. Es reicht mir völlig aus, die Menschen im Gerichtssaal oder bei geschäftlichen Verhandlungen auf Distanz zu halten.

»Ich zeig dir jetzt dein Büro und ich werde danach Mr. Kinsley informieren, dass du da bist.« Jessie geht im Eilschritt und unsere Absätze geben auf dem Marmorboden ein klapperndes Geräusch von sich.

»Wer ist Mr. Kinsley?«

Jessica hält vor einer Bürotür, an der noch kein Schild befestigt ist. »Er leitet die Rechtsabteilung. Nimm dich in Acht vor ihm. Irgendwie ist er mir nicht ganz geheuer. Aber mal sehen, wie lange du es bei uns aushältst.«

»Was meinst du damit?« Ich runzle die Stirn.

»Ach, war nur Gerede.« Sie öffnet die Bürotür. »Hier ist dein neues Reich. Von der Führungsebene ist es jedem gestattet, sein Büro gemütlich zu gestalten. Wenn du was brauchst, einfach die Durchwahl zweihundertfünfzig wählen, dann kommst du direkt zu mir.« Sie lächelt und feine Fältchen bilden sich um ihre Lippen.

»Vielen Dank.«

»Mein Telefon klingelt, ich muss wieder an meinen Platz, alles Gute für den Start.« Sie zwinkert mir zu und schließt dann hinter sich die Tür.

Sehr mysteriös alles. Ein Sohn, der anscheinend hier Chaos erzeugen wird und ein Vorgesetzter, den ich auch mit Vorsicht genießen soll.

Mein Blick wandert durch den Raum. Sie hat eindeutig damit recht, dass hier unbedingt ein wenig Gemütlichkeit hineingebracht gehört. Das Interieur spiegelt sich anscheinend in den Büroräumen wider, denn auch der Schreibtisch ist in Betonoptik gehalten. Er ist großzügig und bietet genügend Platz zum Arbeiten. Rechts vom Raum befindet sich eine leere Regalwand, gegenüber liegt eine kleine Sitzlounge in Schwarz. Alles wirkt sehr steril und kühl. Als jedoch mein Blick an der großen Glasfront haften bleibt, entweicht mir ein Grinsen. Wie automatisch bewegen sich meine Beine hinüber und ich halte dicht davor an.

»Wow«, hauche ich an die kalte Scheibe. »Das ist mein Büro!« Ich quieke auf und drehe mich einmal im Kreis, weil mich gerade die Endorphine fluten. Genau hier wollte ich landen. Jahrelang habe ich hart dafür gearbeitet und nun ist mir das Ergebnis einfach zugeflogen. Wie viel Glück kann man haben?

Ein Klopfen an der Tür lässt mich herumwirbeln. »Ja, bitte?«

Die Bürotür öffnet sich langsam. Als Erstes erkenne ich ein Bein, das in eine leicht glänzende, schwarze Anzughose gehüllt ist. Wie automatisch gehe ich hinüber. Der Mann bäumt sich vor mir auf und ich muss im ersten Moment schlucken. Nicht er. Nein, das darf nicht sein! Was tut dieser Vollpfosten und Egomane hier?

»Hallo, Bella, wie gefällt dir dein neues Büro?« Er stolziert auf mich zu und fährt sich durch sein Haar, als würde er für ein Fotoshooting posieren.

Nur wenige Menschen nennen mich Bella. Es sind ausschließlich die Leute, die mich von der Uni kennen. Augenblicklich versteift sich mein Körper.

»Bist du etwa überrascht, mich zu sehen?« Er verringert den Abstand und taxiert mich mit seinen dunklen Augen. »Ms. Hamington hat mich doch angekündigt.«

»Genau …« Wie automatisch schlinge ich schützend meine Arme um mich. Erinnerungsfetzen von damals drängen sich in meine Gedanken, die ich schnell versuche, abzuschütteln. Denn seit dem Studium sind viele Jahre vergangen. Er kann sich verändert haben, so wie ich auch nicht mehr die gleiche von damals bin. Ein Geheimnis, welches ich nie wieder ans Licht tragen wollte, steht jetzt in voller Größe vor mir.

»Das bin ich gar nicht gewohnt, dich so schweigsam zu erleben.« Mittlerweile trennt uns nicht einmal eine Armbreite und als er den Kopf zu mir herabsenkt, drehe ich den Kopf ruckartig zur Seite, dabei erwischt er gerade so noch meine Wange. Seine Lippen berühren meine Haut, zugleich erzeugt es in mir einen düsteren Schauer.

Sofort gehe ich zum Schreibtisch und lege dort meine Handtasche ab. »Tja, ehrlich gesagt, hatte ich mit dir nicht gerechnet.«

»Ich schon.« Er steht erneut dicht hinter mir und bei mir stellen sich die Nackenhaare auf. »Also, was ist meine heutige Aufgabe?« Um mir Raum zu verschaffen, marschiere ich auf die andere Seite des Schreibtisches.

»Immer noch so ein fleißiges Bienchen. Na gut, dann zeig ich dir mal deinen neuen Aufgabenbereich. Komm!«, fordert er mich auf und öffnet die Tür nach draußen.

Mit schnellen Schritten husche ich aus dem Büro und bin augenblicklich dankbar, von anderen Leuten umgeben zu sein. Denn mit Damion verbindet mich eine Vergangenheit, die ich lieber nicht hervorkramen möchte.

Mein Qigong Lehrer würde sagen, ich muss mich von der Vergangenheit lösen, um ins richtige Qi zu gelangen, aber jetzt will ich davon nichts hören. In diesem Augenblick zählt nur, dass ich ihn als Vorgesetzten habe und mit ihm irgendwie klarkommen muss.

»Du siehst übrigens fantastisch aus, aber das weißt du natürlich.« Obwohl ich mich auf den Flur konzentriere, kann ich sein diabolisches Grinsen hören.

Er legt seine Chipkarte auf den Scanner, die Tür öffnet sich und sofort spannen sich meine Muskeln an. »Bitte«, sagt er und deutet mir, hineinzugehen.

Ich trete ein und ein fensterloser Raum mit unzähligen Regalen voller grauer und schwarzer Ordner erstreckt sich vor mir.

»Damit du über unsere Produktpalette und ihre Herstellungsprozesse mehr erfährst, wirst du dich die nächsten Wochen mit den Lebensmittelkennzeichnungen und Produktionsvorschriften auseinandersetzen. In diesen zwei Regalen findest du dazu alle Unterlagen.« Er stellt sich breitbeinig hin. »Dabei kannst du gleich jede einzelne überprüfen, ob die Kennzeichnungen von den Lebensmitteln alle korrekt abgeheftet und angelegt sind.« Erneut stellt er sich an meine Seite.

»Okay, sollte das nicht schon längst passiert sein?«, antworte ich knapp, weil ich mich mit ihm gar nicht unterhalten möchte.

»Wie du weißt, können nicht alle so schlaue Köpfe wie wir beide sein.« Er legt seinen Arm über meine Schulter, als wären wir jahrelang Kumpels gewesen. Was wir beide niemals waren und auch nie werden.

Ich wische seinen Arm von meiner Schulter. »Mr. Kinsley, da wir jetzt Kollegen sind, erwarte ich eine geschäftliche Distanz.«

»Selbstverständlich. Ich muss gestehen, als ich dich nach so vielen Jahren jetzt wiedersehe, kommen mir nur die Uni-Partys in den Sinn. Aber so förmlich müssen wir uns nach unserer Vergangenheit nun wirklich nicht ansprechen.«

»Doch, das müssen wir.« Genau deshalb würde ich noch gerne hinzufügen, aber ich will mir nicht an meinem ersten Arbeitstag gleich Feinde machen. Obwohl, wenn ich mir meinen Aufgabenbereich so anschaue, könnte das genauso gut eine Sekretärin erledigen.

»Nun gut, das wird mir bestimmt nicht leichtfallen, aber wenn du es so professionell halten kannst, schaffe ich das auch.«

PHILIP

»Einen wunderschönen guten Morgen, Ms. Hamington«, begrüße ich die Empfangsdame und lehne mich lässig an den Tresen.

»Guten Morgen, Mr. Downey.« Sie setzt ihr perfektes Lächeln auf und weil mich die Menschenkenntnis nie täuscht, merke ich ihre Anspannung. Ich bin nicht nur der Sohn des CEO, sondern ich bin der Junge, den sie von klein auf kennt. Ms. Hamington arbeitet gefühlt schon immer in diesem Unternehmen.

»Wie stehen heute die Aktien bei meinem Dad?«

»Ich würde behaupten, sehr gut. Ihr Büro ist bereits vorbereitet.« Sie kommt auf meine Seite und ihr roter Lockenkopf tanzt um ihr rundliches Gesicht.

»Ihr Vater möchte, sobald Sie Ihr Büro gesichtet haben, dass Sie zu ihm kommen.«

»Selbstverständlich«, antworte ich und folge ihr den Flur entlang.

Unentwegt werde ich von fremden Menschen begrüßt, die mich natürlich von der jährlichen Weihnachtsfeier kennen. Denn mein Dad hat mich von klein auf gezwungen, anwesend zu sein. Noch heute muss ich dort aufkreuzen, ob es mich interessiert oder nicht.

Ms. Hamington öffnet eine Bürotür. »Hier ist Ihr Büro, sollten Sie etwas benötigen, können Sie sich jederzeit an mich wenden.«

»Okay«, antworte ich gelangweilt, weil mich das ganze Theater hier überhaupt nicht interessiert. Eigentlich sollte ich jetzt an der Uni von Harvard studieren und mich voll und ganz dem Rechtswissenschaftsstudium widmen, aber keine Ahnung, wie Dad es geschafft hat, dass ich eine Absage erhalten habe.

Nämlich ich, der einen IQ von mehr als hundertzwanzig hat. Normalerweise hatte ich mir sogar ein Stipendium erhofft und stehe stattdessen in einem Büro mit direktem Blick über Manhattan. Für viele wäre es der Inbegriff von Erfolg und Glückseligkeit, aber für mich bedeutet es, nicht weiter meine Ziele zu verfolgen. Denn mein Plan war, mich nach dem BWL-Studium der Rechtswissenschaft zu widmen. Dad hat sie gekreuzt und ich verstehe nicht, warum. Immerhin ist Harvard eine der angesehensten Universitäten weltweit.

»Ich werde Sie in einer halben Stunde bei Ihrem Vater anmelden, ist das in Ordnung?«

»Natürlich.«

Ms. Hamington schließt hinter sich die Tür und ich atme tief durch. Nach wenigen Schritten sitze ich hinter meinem Schreibtisch und habe keine Ahnung, was ich hier überhaupt tun soll. Ich bin nun eine der unzähligen Marionetten meines Vaters, die in diesem Gebäude herumlaufen. Aber mein Dad hat sich damals, als ich ihm von Harvard erzählt habe, klar ausgedrückt, wenn es eine Absage wird, muss ich in die Firmengeschäfte einsteigen.

Er will nicht wahrhaben, dass er und ich eine explosive Mischung sind und wenn wir nicht aufpassen, wir mit einem Brandbeschleuniger zwischen uns alles verbrennen.

Das Telefon auf meinem Schreibtisch klingelt und kurz überlege ich, ob ich überhaupt rangehen soll, denn ich ahne, was mich jetzt erwartet.

Zögerlich entschließe ich mich, dann doch ranzugehen. »Downey?«

»Sir, Ihr Vater erwartet Sie.« Ms. Hamington macht nur ihren Job, das weiß ich und deshalb reiße ich mich am Riemen und erhebe mich langsam. Kurz lasse ich an der Tür noch den Blick durch den Raum schweifen. Von meinem Dad habe ich erfahren, dass in dieser Etage jedes Büro gleich aussieht, sogar das von meinem Dad, keine Ahnung, warum er das getan hat. Vielleicht, um Geld zu sparen, das würde gut zu ihm passen. Denn er ist, obwohl unsere Familie in Geld schwimmt, sparsam. Wir haben keine Yacht oder einen Privathubschrauber. Alles Luxusgüter, die Leute in unserer Einkommensschicht besitzen. Er hält diese Dinge für Geldverschwendung. Er mietet sie lieber, wenn er mal in den Urlaub fährt, was genau einmal im Jahr für eine Woche vorkommt. Und nur, weil die gesamte Belegschaft mitreist. Er bucht für eine Woche auf Hawaii ein ganzes Resort. Ja, ich bin von klein auf mit unseren Mitarbeitern im Urlaub gewesen und ich hätte mir wahrlich etwas Schöneres vorstellen können.

Ich trete nach draußen und steuere gerade das Büro am Ende des Flurs an, als kurz vor mir jemand aus einem der Büros tritt und ich im selben Moment abrupt stehen bleibe.

Verdammte Scheiße, was tut sie hier? Auch wenn ich sie zuerst nur von der Seite sehe, erkenne ich sie sofort. Ihre weichen Gesichtszüge, ihre aufrechte Haltung, ihre schlanken langen Beine, ich könnte unzählige Dinge an ihr aufzählen. Diese Frau vergisst man nicht. Sie dreht ihr makelloses Gesicht in meine Richtung und unsere Blicke kreuzen sich. Langsam nähere ich mich ihr und es verschlägt mir den Atem. Sie wäre die erste Frau, mit der ich gerne ein zweites Mal in der Kiste landen würde, denn die Nacht mit ihr war unglaublich. Als sie aber in den frühen Morgenstunden, ohne sich zu verabschieden, abgehauen ist, war ich sogar enttäuscht.

»Na, das ist mal eine Überraschung«, sage ich, als wir uns in der Mitte unseres Weges begegnen.

Sie freut sich nicht über meine Anwesenheit, das erkenne ich sofort in ihrer Mimik. »Was tust du hier?«, fragt sie, ohne mich zu begrüßen. Ihre grünen Augen sind wie damals intensiv und ausdrucksstark. Man hat das Gefühl, sie hypnotisiert einen damit. In dieser einen Nacht, als ich sie in der Bar gesehen habe, war es um mich geschehen. Nein, ich bin nicht in sie verliebt, aber sie reizt mich tatsächlich immer noch.

»Arbeiten?« Ich erzähle ihr nicht, wer ich bin. Sie soll schön selbst darauf kommen. Ich bin allerdings gespannt, wie sie reagieren wird. »Isabella, nicht wahr? Seit wann arbeitest du hier?«

Sie nickt. »Heute ist mein erster Arbeitstag. Ich muss dann auch weiter«, sagt sie und stöckelt an mir vorbei. Mein Blick folgt ihr, bis sie im Archivraum verschwindet.

»Mr. Downey, Ihr Vater erwartet Sie bereits«, zieht mich Ms. Hamington aus den Gedanken.

Wie lange steht sie schon hinter mir? »Okay«, erwidere ich und folge ihr. Ms. Hamington öffnet mir die Tür und ich trete in die Höhle des Löwen ein.

»Guten Morgen Dad«, murmle ich genervt.

»Philip, nimm doch Platz.« Er deutet zur Sitzlounge und wirkt für meine Verhältnisse zu freundlich. Irgendetwas ist im Busch, das kann ich förmlich riechen. »Möchtest du einen Kaffee?«

»Nein, können wir gleich auf den Punkt kommen, was ich hier tun soll?«

Dad wendet sich Ms. Hamington zu. »Bringen Sie mir bitte einen Ingwertee und eine kleine Obstplatte.« Was ist mit meinem Dad passiert? Früher hat er unzählige Tassen Kaffee in sich geschüttet, es war seine Nahrung und nun Tee?

»Ja, Sir«, antwortet sie und schließt dann hinter sich die Tür.

»Also, was soll ich hier tun?« Meine Nerven sind angespannt, weil ich nicht verstehe, weshalb mir das mein Dad antut.

»Nimm doch erst mal Platz«, fordert er mich erneut auf und wirkt dabei entspannt.

Mit einem Seufzen lasse ich mich auf das Ledersofa sacken.

»Ich möchte, dass du die Firmengeschäfte übernimmst und das weißt du.« Anstatt, dass er sich gegenüber von mir hinsetzt, nimmt er neben mir Platz.

»Ach ja? Und letztlich triffst du alle Entscheidungen.«

»Am Anfang werde ich dir natürlich über die Schulter blicken, du kannst nicht ohne Vorkenntnisse unser Imperium führen. Aber ich verspreche dir großen Handlungsspielraum.«

»Den kenne ich«, erwidere ich genervt. Vor zwei Jahren haben Dad und ich versucht, zusammenzuarbeiten. Ich wollte neben meinem Studium Erfahrungen sammeln und er meinte, es wäre eine grandiose Idee, wenn ich die im eigenen Unternehmen sammle. Es endete in einem Desaster.

»Nein, diesmal ist es anders. Du hast vollkommenen Entscheidungsspielraum. Das Einzige, was ich von dir erwarte, dass du diesmal die Finger von unserer Belegschaft lässt. Ich brauche hier keine weinenden Frauen, die dann ihren Job nicht erledigen können, weil sie im Liebeskummer versinken.«

Nun muss ich schmunzeln, da sofort Erinnerungsfetzen an damals aufpoppen. In der Buchhaltung und bei einigen anderen Abteilungen waren ein paar hübsche Mädchen und, nun ja, bei ein, zwei Drinks in der Bar war es eben zu Sex gekommen. Was kann ich dafür, wenn sich Frauen sofort in mich verlieben.

»Das sollte kein Problem für mich darstellen.«

»Das hoffe ich, denn sonst steckst du in größeren Schwierigkeiten, als dir lieb ist.«

Nun runzle ich die Stirn. »Was meinst du?«

»Ansonsten werde ich Luxury-Food verkaufen.« Seine Miene lässt keine Spekulationen zu. Er meint es vollkommen ernst.

»Niemals wirst du das tun«, kontere ich schnell. Dad hat dieses Unternehmen mit nichts aufgebaut. Damals hatte er einen kleinen Chips Hersteller gekauft und ihn zu einer der bekanntesten Marken in ganz Amerika hinaufkatapultiert.

»Angebote liegen bereits auf meinem Schreibtisch. Ich möchte nicht auf ewig hier arbeiten.« Nun wirkt Dad nachdenklich. Irgendetwas stimmt nicht mit ihm, das spüre ich, aber er wird es mir nicht verraten, wenn er es nicht möchte.

Vielleicht habe ich doch eine Chance, hier volle Entscheidungsfreiheiten zu bekommen? Was wenn Dad sich jetzt in meine Arbeit nicht länger einmischt? Aber er und Ruhestand? Das passt nicht zusammen.

»Wieso jetzt auf einmal?«

»Ist das denn wichtig?« Er zuckt mit den Schultern und rückt sich seine Brille mit breiter schwarzer Fassung zurecht.

»Für mich schon.«

»Nennen wir es gewandelte Lebenseinstellung«, erwidert er kryptisch.

Ein kurzes Klopfen an der Tür ist zu hören, ehe Ms. Hamington mit einem Tablett eintritt. Sie stellt vor Dad eine große Teekanne mit goldener Flüssigkeit ab. Dann hat sie auch noch einen Teller mit aufgeschnittenem Obst dabei. Wassermelone, Äpfel und Birnen sind bunt auf dem Teller verteilt. Gleich darauf lässt sie uns wieder allein.

»Möchtest du sicher nichts trinken?«, fragt Dad erneut. Seine Fürsorge macht mich stutzig.

Ich schüttle den Kopf. »Beginnen wir dann mit der Arbeit?«

»Zuerst kommen die Vitamine dran.« Er steckt sich eine Apfelspalte in den Mund und grinst.

Wenig später sitzen Dad und ich vor den internen Zahlen und natürlich habe ich schnell den Überblick. Er wirkt ruhig und gelassen. Ich genieße sogar seine Gesellschaft. Trotzdem traue ich dem Frieden nicht. Kein Mensch kann sich von einem Tag zum anderen so ändern.

Dads Telefon klingelt und er hebt ab. »Ja?« Kurz schweigt er. »Perfekt, schicken Sie ihn rein.«

»Schön, dass Sie so schnell kommen konnten«, begrüßt Dad einen Mann, der etwa Mitte dreißig sein dürfte und das Büro betritt. Normalerweise kenne ich die Mitarbeiter in diesem Haus alle und er ist mir nie aufgefallen. Er stolziert zu uns, zugleich grinst er breit, als würde ihm die Welt gehören. Mich sieht er dabei nicht einmal an, sondern schenkt nur meinem Vater die Beachtung. Ich kann ihn jetzt schon nicht leiden.

Er fährt sich kurz mit den Fingern durchs Haar, als müsse er sich für meinen Vater zurechtmachen. »Für Sie habe ich doch immer Zeit«, schmiert er meinem Dad Honig ums Maul. Solche schleimigen Typen hasse ich.

»Mr. Kinsley leitet seit ein paar Monaten unsere Rechtsabteilung«, stellt mir Dad diesen Schnösel vor.

Er streckt mir seine Hand entgegen und sein Hemd rutscht ein Stück hoch, dabei kommt eine goldene Rolex zum Vorschein.

»Guten Tag«, sage ich, drücke seine Hand etwas fester, damit er begreift, mit wem er es zu tun hat.

»Wie wir es besprochen haben, wird in Zukunft mein Sohn in allen Belangen informiert«, fährt Dad fort, weil sich eine drückende Stille zwischen diesem Idioten und mich legt.

»Selbstverständlich. Übrigens hat heute Ms. Turner begonnen und ich dachte, bei einem netten Abendessen könnten Sie sie kennenlernen. Sie ist eine begabte Anwältin und wird uns bestimmt in vielerlei Hinsicht unterstützen können.« Ein seltsamer Unterton schwingt in seiner Stimme mit.

»Sie haben mein volles Vertrauen und ein Abendessen klingt hervorragend. Besprechen Sie das mit meiner Assistentin, sie soll auch meine Frau informieren.«

Was ist mit meinem Dad los? Mit einer neuen Mitarbeiterin essen gehen? Wieso? Das alles ist komplett untypisch für ihn.

»Kommen Sie auch mit, Mr. Downey?«, fragt er zwar nach außen höflich, doch ich spüre diese abwertende Energie, die kontinuierlich von ihm zu mir überschwappt. Allein wie er mich von oben herab mustert, dabei bin ich keine zwei Zentimeter kleiner als er.

»Mein Sohn wird dabei sein«, antwortet Dad für mich und mir klappt der Mund auf. Werde ich überhaupt gefragt, ob ich dazu Lust und Zeit habe? Er rutscht wie gewohnt in sein altes Muster und ich hätte ahnen müssen, dass es nur von kurzer Dauer sein wird.

»Perfekt, dann reserviere ich einen Tisch im Royal.« Erneut fährt er sich mit den Fingern durchs Haar.

Mr. Kinsley oder, besser gesagt, Mr. Arrogant geht mir jetzt schon auf den Sack. Denn er hat meinen Dad voll in der Hand, denn normalerweise trifft sich mein Dad nicht in einem der teuersten Restaurants von New York zu einem Geschäftsessen. Dafür muss man nicht einmal ein Genie sein. Als der Vollidiot endlich das Büro verlassen hat, wende ich mich Dad zu.

»Ich kann für mich selbst antworten«, knurre ich und verschränke die Arme vor meiner Brust.

»Bitte entschuldige, aber ich dachte, du willst jetzt bei allen Belangen mitwirken.« Dad zieht seine dicke Augenbraue nach oben.

Ich atme tief durch. »Ja, aber …«

»Nichts aber«, schneidet er mir das Wort ab. »Übrigens habe ich jetzt einen Termin. Du kommst doch allein klar?«

Wirft mich Dad gerade aus seinem Büro, ohne sich mit mir auseinanderzusetzen? Definitiv ja.

Er drückt mir den Aktenstapel in die Hand und deutet mir, sein Büro zu verlassen. Ich kann nur den Kopf schütteln.

---ENDE DER LESEPROBE---