Familie mit Herz 126 - Vicky Parker - E-Book

Familie mit Herz 126 E-Book

Vicky Parker

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Sicher, die neunjährige Maya ist blitzgescheit, sportlich und nicht auf den Mund gefallen. Eigentlich ist es recht unterhaltsam, mit ihr zu reden, trifft man die Kleine gelegentlich mal. Doch wie wird es mit ihr sein, wenn man sie vier Tage am Stück beaufsichtigen soll? Als Mutterersatz sozusagen und mit voller Verantwortung.
Anne, erfolgreich im Beruf und überzeugter Single, fühlt, wie leichte Panik in ihr aufsteigt. Klar, sie wird ihrer Schwester die Bitte nicht abschlagen, auf Maya aufzupassen. Aber sie kann doch mit Kindern absolut nichts anfangen! Außerdem: Ist Maya nicht irgendwie auch so ... oberkritisch ... und frühreif ... und besserwisserisch noch dazu?
Gott im Himmel! Das werden die schrecklichsten Tage in meinem Leben, denkt Anne.
Aber auch Erwachsene können irren ...


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 98

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Abenteuerurlaub im Schlaraffenland

Vorschau

Impressum

Abenteuerurlaub im Schlaraffenland

Bei Tante Anne ist alles erlaubt

Von Vicki Parker

Sicher, die neunjährige Maya ist blitzgescheit, sportlich und nicht auf den Mund gefallen. Eigentlich ist es sogar recht unterhaltsam, mit ihr zu reden, trifft man die Kleine gelegentlich mal. Doch wie wird es mit ihr sein, wenn man sie vier Tage am Stück beaufsichtigen soll? Als Mutterersatz sozusagen und mit voller Verantwortung.

Anne, erfolgreich im Beruf und überzeugter Single, fühlt, wie leichte Panik in ihr aufsteigt. Klar, sie wird ihrer Schwester die Bitte nicht abschlagen, auf Maya aufzupassen. Aber sie kann doch mit Kindern absolut nichts anfangen! Außerdem: Ist Maya nicht irgendwie auch so ... oberkritisch ... und frühreif ... und besserwisserisch noch dazu?

Gott im Himmel! Das werden die schrecklichsten Tage in meinem Leben, denkt Anne.

Aber auch Erwachsene können irren ...

Vor den Feiertagen lief August Friedemann grundsätzlich zur Höchstform auf.

Spätestens nach seinem – wie üblich zu reichlichen – Mittagessen, das dazu mit ein, zwei Magenbitter etwas hochprozentiger wurde, seufzte er tief, öffnete die Tür zu seinem Vorzimmer und sprach diese bedeutenden Worte aus: »Tja, dann wollen wir mal, Frau Krug, nöch?«

August Friedemann sprach richtig tiefes Hamburgisch, was Anne, seiner Sekretärin, natürlich nicht mehr auffiel. Es passte zu dem kahlköpfigen Mann mit Kugelbauch ... und zu seinem Winzlingsbüro: einem kleinen Kontor in einem Speicherhaus am Hafen der Hansestadt mit Blick auf Schuten und Kräne, Frachter und Passagierdampfer. Dass nur ein altmodischer Paternoster, mit dem einstmals Weizen hochgehievt wurde, in Annes kleines, uriges Reich führte – egal.

Dieses Speicherhaus aus dem 18. Jahrhundert hatte Atmosphäre, die Büronachbarn – lauter kleine Im- und Exportfirmen – handelten mit Tee und Kakao, Elektrogeräten und Designerkleidung, und da fiel schon einmal ein Riesenbottich Darjeeling ab, ein brandneues Handy oder ein sündhaft teures Designerkleid für ihren bescheidenen Kleiderschrank, und somit war August Friedemanns sprichwörtlicher Geiz nicht gar so schlimm. Eine Gehaltserhöhung hatte es seit Jahren nicht mehr gegeben, weil – so der gut genährte Chef – »das Geschäft nur so lala geht und die Lebenshaltungskosten bestimmt bald wieder sinken.«

»Also, was sagte ich noch gleich?«

Mit munter blitzenden Augen baute sich der Einundsechzigjährige vor Annes Schreibtisch auf, musterte das Durcheinander darauf, das nicht nur mit viel Arbeit, sondern auch mit einem Hang zur Unordnung zu erklären war.

Die Dreiunddreißigjährige seufzte, aber mehr innerlich.

Es war halb drei am Gründonnerstag. Jetzt kam der Chef in Fahrt, was nur dies bedeuten konnte: Er würde bis in die Puppen arbeiten und natürlich erwarten, dass sie ihre Aufgaben auch heute noch erledigte, so nach dem unausgesprochenen Motto: »Auf Sie wartet ja niemand – oder?!«

Sie setzte ihr höflich-distanziertes Lächeln auf, was ihren grünen Augen jenes blinkende, gefährliche Feuer gab, dem Männer nun einmal nicht widerstehen konnten.

Diese Mischung – Distanz und Feuer – darauf verstand sie sich inzwischen. Dass es nicht in eine harmonische, glückliche Ehe geführt hatte ... nun ja, das war ein Manko, fand sie. Andererseits ... ließen sich die Leute heutzutage nicht ständig scheiden? Hätte Anne wie ihre Freundin Inette mit zweiundzwanzig geheiratet, würde sie ihre Netze nixengleich wohl inzwischen auf das nächste Ehe-Opfer auswerfen.

»Sie sind wirklich eine ... äh ... wie sagt man noch gleich? Ja, eine attraktive Frau!«, sagte August Friedemann halb väterlich, halb von sündigen Gedanken erfüllt. »Nur dass Sie immer diese löchrigen Hosen tragen, das ist nicht in Ordnung.«

Sie waren also wieder beim Thema.

»Sicher haben Sie recht, Herr Friedemann ... auf Ihre Art«, bestätigte Anne schnell. »Aber in diesem schmuddeligen ... Ich meine: In dieser Umgebung ist es doch ziemlich egal, ob ich durchsichtige Blusen trage oder einen Maleranzug.«

Einen gut aussehenden Heteromann ohne Ehering oder Freundin gab es im Hamburger Hafen weit und breit nicht – das hatte sie, weiß Gott, in all den Jahren ausgekundschaftet und sich dann entschieden, es sich bequem zu machen: mit Onesies, Oversized Pullis und legeren Blazern, die sie aufpeppen konnte, wenn sie abends eine Verabredung hatte. Dann wurde der blonde, streng hochgesteckte Zopf entweder geöffnet und die leicht gelockte Mähne mit etwas Beachspray zum Duften und Wallen gebracht, oder er blieb gouvernantenhaft zurückgekämmt, dafür bekam aber das hübsche, ovale Gesicht ein Make-up, das eher eine Spur zu gewagt war. Das wirkte immer.

Vom Feinsten waren Annes Klamotten – aber das wussten nur der Mann hinter dem Schalter ihrer Bank und einige Mitarbeiter der kleinen Im- und Exportfirma nebenan. August Friedemann, der sich mehr mit orientalischen Teppichen auskannte und von ihren feinen Knüpfungen mehr als von den sanften Rundungen seiner Sekretärin schwärmte, ahnte es natürlich nicht.

»Also, dann schreiben Sie mal an Derek Johnson, P.O. Box 3650 in Jacksonville/Kansas. So nach dem Stil: Dear Derek, kindly request you to send us – na, Sie wissen schon.«

Nachdem ihr Chef kurz innegehalten hatte, fuhr er aber doch fort, ihr den gesamten Brief zu diktieren.

Annes Finger flogen gleich darauf nur so über die Tastatur, und da sie weitaus schneller waren als die Fabuliergeschwindigkeit von August Friedemann, gähnte sie heimlich und betrachtete den dickfleischigen Gummibaum am Fenster und die Gardine aus den Dreißiger Jahren.

Hübsch-hässlich war sie – wie alles hier.

Als das Telefon klingelte, meldete sie sich.

»Friedemann, Im- und Export, was können wir für Sie tun?«

Eine Männerstimme lachte amüsiert.

»Vieles, Anne-Schätzchen! Du kannst heute Abend mit mir Französisch essen gehen – ich lade dich ein. Aber das Dessert, das gibt's natürlich bei dir! Hast du dein süßes unordentliches Appartement aufgeräumt?«

August Friedemann mochte keine Privatgespräche, schon gar nicht, während er gerade mit seiner Sekretärin mitten bei der Arbeit war.

»Äh ... em«, räusperte er sich gekünstelt, was nur dies heißen konnte: »Beenden Sie sofort dieses Telefonat!«

Anne lächelte. »Ach, David!«

Nur nicht die Freude zeigen. David, eines dieser seltenen Musterexemplare von Mann mit Geld und ohne Ehering, durfte nicht erfahren, dass sie seit geschlagenen dreizehn Tagen auf diesen Anruf gewartet hatte.

»Entschuldige«, meinte sie, »aber ich bin mitten bei der Arbeit, und ein Ende ist nicht abzusehen.«

David mochte es nicht gern, wenn seine Auserwählten nicht jubelnd aufsprangen, wenn er sich einmal bei ihnen meldete.

»Ich rufe wieder an«, murrte er. Und legte auf.

»Und nun wieder ans Werk, Frau Krug: Sie übernehmen Quentin S. Warnerly, ich buchstabiere ...«

Und so ging die Schreiberei weiter, Stunde für Stunde.

♥♥♥

Langsam dunkelte es über dem Hamburger Hafen. Die Möwen saßen auch schon müde oder missmutig auf ihren Duckdalben, dachten ans Abendbrot oder an ihr warmes Nest.

Bald würde die Mittagsschicht der Arbeiter zu Ende sein, die skurrilen Kneipen sich mit Menschen füllen, für die Ostern ein prächtiger Grund war, den Lohn in Hochprozentiges umzusetzen, ... und Anne saß immer noch da – mit einer beginnenden Sehnenscheidenentzündung im rechten Handgelenk und einer saftigen Wut im Bauch.

Es wurde sechs, es wurde sieben.

»Herr Friedemann?«, fragte Anne nun.

Ein Schiff in voller Fahrt konnte niemand anhalten. Einen Mann mitten am E-Mails schreiben offenbar auch nicht.

»Herr Friedemann!«, rief die junge Sekretärin.

Gleich war es halb acht. August Friedemann schaute sie väterlich an.

»Was ist denn, Frau Krug?«, fragte er harmlos.

»Feierabend, das ist!«, betonte Anne. »Ich gehe jetzt nach Hause und schreibe Ihre E-Mails erst, wenn Sie mir diesen Brief unterschreiben.«

Sie hielt ihm einen Entwurf unter die Nase, der schon monatelang in ihrem Schreibtisch gelegen hatte.

... freuen uns, Ihnen mitzuteilen, dass wir Ihr Gehalt ab sofort um dreihundert Euro monatlich erhöhen ...

Friedemann wurde blass, verlangte nach einem Magenbitter – und bekam gleich zwei.

»Also gut!« Schwungvoll setzte er seine Initialen darunter. »Aber Dienstag sind Sie Punkt acht Uhr hier und tippen jede Nachricht, die ich will!«

Anne nickte freundlich. Der Gummibaum bekam noch eine Tasse Wasser, die Kaffeemaschine eine Spülung mit Entkalker, dann die Tür einen Fußtritt.

»Fröhliche Ostern, Frau Krug!«, wünschte August Friedemann.

»Ihnen und Ihrer Familie auch!«

Der Paternoster zuckelte gemächlich nach unten. Im Eingang lagen leere Bierflaschen. Annes altes Auto hatte einen neuen Kratzer.

Sie startete und reckte an der ersten roten Ampel ihre Arme gegen das Dach des Wageninneren. Bereitwillig sprang das Schiebedach auf und ließ sich nicht mehr schließen.

»Vier freie Tage!«, jubelte Anne. »Mensch, ist das super!«

Was sie tun würde? Na, was schon? Das eben, was berufstätige Frauen an freien Tagen nun einmal taten: ausschlafen bis in die Puppen, stundenlang frühstücken und dabei Musik hören und in Zeitschriften blättern, ein bisschen frische Luft schnappen, sofern die nicht zu kalt oder nass war, fernsehen, telefonieren, bevor sie sich an ihr übliches »Werk« machte: Das Appartement musste aufgeräumt und entstaubt, die Fenster geputzt werden. Zum Schuster am Samstag, in die Reinigung auch, Wäsche waschen und bügeln ...

Sie seufzte. »Und faulenzen, jede Menge faulenzen!«

♥♥♥

Als Anne ihr Auto in die Tiefgarage des supermodernen Hauskomplexes fuhr, wartete Herr Meier, der Hausmeister, am Lift.

»Na, Frau Krug«, sagte er, nicht ohne zu entdecken, dass sie unter dem geöffneten schwarz-weiß karierten Blazer einen nagelneuen, knallroten Ledergürtel trug. »Was machen Sie denn Ostern?«

Wieso machen?, protestierte eine Stimme in ihrem Kopf.

»Ich bin ständig eingeladen«, schwindelte sie.

»Na, dann frohes Fest, falls wir uns nicht mehr sehen!«

Mit ihrem Ostergerede konnten einem die Leute wirklich ganz schön auf den Wecker fallen. Was hatten die bloß immer? Weihnachten, Ostern, Pfingsten – das alles hatte ein lieber Gott nur für berufstätige Frauen zum Ausschlafen und Ausruhen erfunden.

Er drückte ihr etwas in die Manteltasche.

»Nur für den Fall, dass niemand für Sie Ostereier versteckt«, sagte er mit einem aufmunternden Zwinkern.

Im elften Stock packte Anne das Präsent aus.

»Igitt! Ein Marzipanei!«

Erstens mochte sie kein Marzipan, zweitens war es schon fast aufgeweicht, und drittens machte es dick!

Sie öffnete die Tür zur einhundertsieben und blieb sinnend im Vorflur stehen, weil der Anblick doch ein wenig deprimierend war. Himmel, was lag hier alles herum?

Aber dann schleuderte sie ihre Sneakers von den Füßen. Einer der perlweißen Sportschuhe landete auf der Couch, umrahmt von Hosen und Pullovern, Mänteln und Taschen, Zeitschriften und aufgerissener Post. Der andere blieb praktischerweise zwischen drei unterschiedlichen Schuhen und dem Staubsauger liegen.

»Morgen räume ich auf!«, nahm sie sich vor.

Da klingelte das Telefon.

Das konnte nur David sein, natürlich. Wer sonst? Ha, jetzt würde sie ihn noch ein kleines bisschen zappeln lassen, vielleicht etwas von einer Party erzählen, einer absoluten Supertraumparty, zu der sie eigentlich heute Abend eingeladen sei.

»Anne Krug«, meldete sie sich.

»Du musst mir unbedingt helfen, Schatz! Diesmal nur! Ich bitte dich ja sonst nie um was. Aber jetzt brauche ich dich ...«

David hatte keine helle, aufgeregte Stimme.

»Sebastian hat auf der Rückfahrt von seiner Geschäftsreise einen Unfall gehabt. Nichts Lebensgefährliches, Gott sei Dank! Aber er liegt irgendwo im Badischen mit Gehirnerschütterung und Prellungen. Ich muss zu ihm, das verstehst du doch, Anne-Schätzchen-Liebes?«

David hatte auch keinen Sebastian, und David würde auch nie auf die Idee kommen, jemanden im Krankenhaus, zumal wenn das im Badischen lag, zu besuchen.

»Also, kurz und gut: Nimmst du Maya zu dir? Nur über Ostern, dann hole ich sie wieder ab. Ich hab schon alles eingepackt für die Kleine. Du musst sie also nur abholen.«

Anne begriff endlich: Ina war am Telefon, ihre vier Jahre ältere Schwester. Ina, gemütlich-rund, weil sie nicht im Traum daran dachte, Diät zu halten, superpraktisch, ordentlich, eine gute Köchin und eine begeisterte Ehefrau dazu. Und eine talentierte Mutter wohl auch. Das aber konnte Anne nur ahnen, weil sie von diesen Dingen nichts verstand.

»Wie ... was? Ich versteh dich nicht«, versuchte sie, das Begreifen noch ein wenig hinauszuzögern.

Ina lachte. »Klar verstehst du! Du holst jetzt Maya ab, oder ich koche dir nie wieder was, wenn du Liebeskummer hast!«

Dann würde Anne auch nie mehr Diät halten müssen ...

Der Hörer wurde aufgelegt.

Wie war das noch mit den vier freien Tagen? Mit dem Ausschlafen und Rumgammeln?

»Womit habe ich das verdient?« Anklagend sprach Anne es aus.

Natürlich bekam sie keine Antwort.

Sicher, die neunjährige Maya war ein ganz nettes Mädchen, blitzgescheit, sportlich und nicht auf den Mund gefallen. Es war auch recht unterhaltsam, mit ihr zu reden, traf man sie gelegentlich mal. Doch als Hausgast, dazu noch für vier lange Tage ...?