Familie mit Herz 57 - Vicky Parker - E-Book

Familie mit Herz 57 E-Book

Vicky Parker

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Beschreibung

Von Glückspilzen und Pechvögeln
Wie drei Menschen versuchen, als Familie dem Schicksal zu trotzen
Von Vicky Parker

Liebeskummer, Bauchschmerzen, Ebbe im Portemonnaie - bei solchen Katastrophen hilft nur noch eins: Sandra um Hilfe bitten! Die weiß immer Rat, steht mit beiden Beinen fest im Leben und kennt kein Nein.
Und so lässt sie sich auch dazu überreden, einen wildfremden Mann mit seinem fünfjährigen Töchterchen in ihrer Wohnung aufzunehmen. Menschen in Krisensituationen darf man nicht vor der Tür stehen lassen, ist eins ihrer Prinzipien.
Doch die Reue folgt auf dem Fuß, denn mit dem Einzug der beiden bricht in ihrem Leben das Chaos aus. Und das Schlimmste ist, dass Sandra ganz allmählich ihrem obersten Vorsatz untreu wird: Sie hat sich einmal geschworen, ohne Mann und Kinder glücklich zu werden ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Von Glückspilzen und Pechvögeln

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: fizkes / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-8684-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Von Glückspilzen und Pechvögeln

Wie drei Menschen versuchen, als Familie dem Schicksal zu trotzen

Von Vicky Parker

Liebeskummer, Bauchschmerzen, Ebbe im Portemonnaie – bei solchen Katastrophen hilft nur noch eins: Sandra um Hilfe bitten! Die weiß immer Rat, steht mit beiden Beinen fest im Leben und kennt kein Nein.

Und so lässt sie sich auch dazu überreden, einen wildfremden Mann mit seinem fünfjährigen Töchterchen in ihrer Wohnung aufzunehmen. Menschen in Krisensituationen darf man nicht vor der Tür stehen lassen, ist eins ihrer Prinzipien.

Doch die Reue folgt auf dem Fuß, denn mit dem Einzug der beiden bricht in ihrem Leben das Chaos aus. Und das Schlimmste ist, dass Sandra ganz allmählich ihrem obersten Vorsatz untreu wird: Sie hat sich einmal geschworen, ohne Mann und Kinder glücklich zu werden …

Als die Dämmerung begann, als dort im Westen die Wintersonne wie ein rotglühender Feuerwerkskörper explodierte, seufzte Sandra genießerisch und hörte auf, die Tastatur ihres Computers zu bearbeiten.

Sie stand auf, gähnte herzzerreißend, reckte sich, schwang mit gekonnter Leichtigkeit die Arme hoch und stand auf den allerhöchsten Zehenspitzen. Wie gut sich das anfühlte! Allem war sie gewachsen! Mochte kommen, was wollte – sie stand es lächelnd durch.

Jetzt schnell den Tee auf dem kleinen, blank polierten Mahagonitisch vor dem prächtigen, fast vier Meter hohen Fenster servieren. Feinster Darjeeling mit braunem Kandis und Uromas Meißner Porzellan, dazu englischer Sandkuchen, der auf der Zunge zerbröselte … Das war gerade recht für eine Frau, die den kleinen Dingen des Lebens so viel Gutes abgewinnen konnte.

Diese blaue Stunde der Dämmerung – wie sehr liebte Sandra sie! Die schönen Altbauten gegenüber, deren Eingang von Steinputten bewacht wurde, bekamen jetzt, obwohl hell gestrichen, einen anthrazitfarbenen Schimmer, den nur der Schatten verleiht. Frostig-edel wirkten sie. Aber ihr Gärtchen vor der Parterrewohnung – es leuchtete noch im Licht, obwohl es doch erst Februar war.

Die letzten Strahlen der untergehenden Sonne berührten Schneeglöckchen und die Farbenpracht frühblühender Krokusse, den gelben Winterling und das ledrige Grün hervorsprießender Papageientulpen. Sie ließen die gewundenen Zweige der Korkenzieherhasel asiatisch fremd erscheinen, und der olle Apfelbaumrest, im letzten Jahr arg beschnitten, sah in diesem Licht wie eine geheimnisvolle Statue aus einer fremden Welt aus.

Und erst ihre große, prächtige Altbauwohnung! Der Charme, den sie ohnehin barg, allein durch die hohen Räume, die bleiverglasten Türscheiben, die schwarzen Heizkörperverkleidungen aus Marmor, das helle Eichenholzparkett – jetzt, wenn die Sonne sich verabschiedete, malte sie tanzende Reflexe auf die Möbel.

Die wenigen, modernen Möbel, ausgesprochen billige Dinge, bekamen durch all das Alte, Edle oder Kuriose den Hauch von etwas Besonderem, nie Dagewesenem. Und vielleicht drückten die beiden ineinander gehenden, riesig wirkenden Räume ja auch etwas von Sandras Persönlichkeit aus.

Ich bin ein Glückspilz, dachte die Vierunddreißigjährige.

Sie horchte in sich hinein, weil tief in ihr doch etwas nagte.

Nein, schön war sie nicht. Über dieses Wissen trauerte sie längst nicht mehr. Sie war groß, über ein Meter siebzig, und kräftig, ohne dick zu sein. Ihre Hände konnten zupacken, die Füße standen, wo sie standen, felsenfest. Nie schwebte sie irgendwo im luftleeren Raum. Der Boden der Tatsachen war ihre Welt.

Sandra kicherte. Keine Frau hat so große Füße wie ich, dachte sie. Ihre Taille war eher gerade, die Hüften hatten keinen besonderen Schwung. Und das Gesicht? Nun ja, es war halt ihres! Mehr ließ sich darüber beim besten Willen nicht sagen. Die Augen graugrün, die Nase groß, die Haare rötlich braun. So sahen viele Frauen aus. Durchschnittlich eben.

Trotzdem bin ich glücklich, überlegte sie. Und: Nicht jede Frau träumt bloß von Liebe, Ehe, Kinderkriegen. Es muss auch solche wie mich geben, die nur zugucken, wenn bei anderen was passiert. Nüchterne Frauen eben.

Das Telefon schrillte, weil noch keiner ihrer Freunde es begriffen hatte: In den Augenblicken der Dämmerung wollte Sandra für sich sein. Früher oder später, ja, sogar Tag und Nacht konnten Uschi und Franz, Nadine und Sepp ihre Bitten stellen. Nur nicht jetzt, nur nicht in der blauen Stunde!

„Schätzchen, du, hilfst du mir mal? Ich brauche deine mörderische Erinnerungsgabe …“

Sandra seufzte unhörbar. Das war wieder mal typisch Franz! Er war neunundzwanzig, ein rotblonder Riese mit fast farblosen Wimpern, ewiger Student der Philosophie. Er würde wohl noch in hundert Jahren Nietzsche und Kant, Heidegger und Jaspers pauken und über seine Gelehrsamkeit völlig vergessen, dass er Sandra noch für drei Monate die Miete schuldete.

Gehorsam lief sie mit dem Telefon in sein Zimmer, lauschte seinen Anweisungen, kramte unter Dutzenden von Heften und Büchern das Richtige heraus und las ihm den Satz, den er „unbedingt brauchte“ vor.

Uff! Geschafft! Jetzt konnte sie sich der Dämmerung hingeben, bevor sie …

Wieder klingelte das Telefon.

„Sandi, dem Himmel sei Dank! Du, eben habe ich Tante Alma angerufen. Halt dich fest: Sie kommt! Samstag! Und du weißt, sie will dann Kirschkuchen essen.“

Das war Uschi, achtundzwanzig, Sekretärin mit lautem Mundwerk und einem Hang, die Unwahrheit zu sagen. Vor allem ihrer Tante gegenüber, von der sie sich später einmal ein kleines Erbe erhoffte.

„Kirschkuchen!“, entrüstete Sandra sich. „Es ist Februar. Da gibt’s keine Kirschen. Und außerdem finde ich es hundsgemein, dass du deiner alten Tante von Backkünsten vorschwärmst, die du gar nicht hast.“

Nur einen Augenblick lang war es still in der Leitung.

„Aber du hast sie doch!“, entgegnete Uschi.

Als ob das dasselbe war!

„Schnucki, bitte! Back den Kuchen und leih mir dein Schlafzimmer für eine Nacht. Tante Alma schnarcht! Ich kann unmöglich mit ihr eine Nacht verbringen. Oder sogar zwei. Vergiss nicht, sie hat ein schwaches Herz und ist schon sooo alt …“

Sandra seufzte. Ihrer Ansicht nach war Tantchen kerngesund und höchstens Anfang siebzig, in dieser Generation kerniger, älterer Damen also geradezu jung.

„Schon gut“, sagte sie. „Ich backe den Kuchen, wenn du die Kirschen besorgst. Die sind sehr teuer, weil nur Verrückte im Winter Kirschen kaufen, und Verrückten kann man getrost viel Geld für ihre Verrücktheit abknöpfen.“

Wieder war es einen Augenblick lang still.

„Ja, ja, richtig, bloß … ich bin zurzeit ziemlich knapp.“

Eine Kiste Flöhe zu bändigen und sie dem Zirkus als Attraktion zu verkaufen, war leichter, als Franz und Nadine und Uschi und Sepp als Untermieter zu ertragen!

„Okay“, stimmte Sandra schließlich zu. „Dieses Mal noch! Aber danach fängst du endlich an, erwachsen zu werden!“

Ein schwirrendes Lachen war die Antwort.

„Oh, Schnucki, wirklich, du bist die beste, süßeste …“

Dann wurde aufgelegt.

Der Tee war kalt geworden. Sandra goss aus Uromas Kanne etwas in die zarte Porzellantasse. Da klingelte das Telefon zum dritten Mal.

Wer war es? Nadine? Oder Sepp?

„Sandi, Engelchen!“

Sepp war es also. Sepp, einunddreißig, Computerfachmann mit gutem Job, getrennt von seiner Frau und den Kindern.

„Du, Mäuschen, ich habe ein riesiges Problem.“

Er würde keine Kant-Zitate von ihr vorgelesen haben wollen. Und sicher dachte er auch nicht daran, seine Erbtante mit Kirschkuchen zu verwöhnen. Was konnte er wollen? Einen Aufschub der Miete? Der März stand ja vor der Tür …

„Du, ein Kumpel von mir hat Riesenprobleme …“

Das durfte niemand so ernst nehmen. Sepp hatte tausend Kumpels überall in der Welt, und problembeladen waren sie immer.

Sandra trank Tee und hörte kaum zu. Das Zimmer war plötzlich dunkel geworden. Sie fror und war verärgert, denn sie hatte ihre geliebte blaue Stunde verpasst.

„… so ein Mann allein mit einem Kind, verstehst du? Und wo du doch so ein großes Herz hast …“

„Ja“, sagte sie grimmig. Das hätte sie nicht tun dürfen.

„Wusste ich’s doch! Ich sag’s ihm gleich! Du, der wird sich freuen …“

Wie? Wer? Ach, war doch egal!

Sandra legte auf und wartete auf Nadines Anruf. Der kam nicht. Stattdessen klingelte es an der Wohnungstür, und die bildhübsche Nadine stiefelte herein.

Sie trug nur eine Jeans, doch wie die an ihr aussah! Sie formte ihre Figur neu. Aus ohnehin langen, schmalen Beinen wurden echte Marlene-Dietrich-Beine, die Minitaille war straff und biegsam, der kreisrunde Po ein Traum, ganz abgesehen von dem lebhaften, süßen Gesicht mit den kornblumenblauen Augen und dem kaum geschminkten, herzförmigen Mund.

Manchmal tat es doch ein bisschen weh, in so ein schönes Gesicht zu blicken, wissend, dass immer nur die anderen etwas hatten und Sandra nie …

„Oh, Sandi, Sandi!“ Nadine schwenkte sie herum. „Du, ich hab mich verknallt! Er ist der tollste, bestaussehende, höflichste …“

Ja, ja, ja. Das kannte Sandra nur zu gut. Der letzte, der vorletzte und auch der vorvorletzte Schwarm ihrer Freundin und Mitbewohnerin hatte anfangs dieselben überragenden Qualitäten gehabt.

Nach ein paar Wochen bröckelten dann allerdings diese guten Eigenschaften von ihnen ab, als hätten die Männer nur ihre Maske aufgelegt, die auf der Haut erstarren musste. Sobald die Masken dann verschwunden waren, blickten darunter leere Gesichter ganz normaler Männer heraus.

„Wer ist es denn?“, wollte Sandra wissen.

Nadine küsste sie. „Er ist ein neuer Kunde in unserem Laden. Du, er ist zwar noch verheiratet, aber …“

Die Nachteile sprangen ihr ja jetzt schon ins Gesicht! Diesmal war es also ein verheirateter Mann! Wieso wurden die Frauen eigentlich nie klug und verliebten sich grundsätzlich in die falschen?

Weil es keine richtigen Männer gibt, beantwortete Sandra ihre Frage selbst. Und für mich sowieso nicht!

Sie kochte noch eine Kanne Tee, diesmal für Nadine und ihre überströmenden Gefühle. Als sie alles über die „Liebe“, die vorübergehend noch aus einem Blick und zwei, drei Sätzen mit Ewigkeitsbedeutung bestand, erfahren hatte, schälte sie schon mal Kartoffeln fürs Abendessen, schnippelte Verholztes vom Rosenkohl und bereitete die Auflaufform vor. Ein bisschen Butter fürs Ausstreichen. Salz, Pfeffer, Muskat, verquirlte Eier mit Sahne und Kräutern. Und …

Im Untermieterpreis war das Essen nicht enthalten, natürlich nicht. Aber die vier waren immer hungrig, hatten niemals Geld und so viele Probleme, dass Sandra … Nun ja, sie sorgte eben ein bisschen für alle.

Es war halb sieben, ehe sie sich wieder an ihren Computer setzte, doch bevor sie die Tabellen für die Bibliothek der Universität fertigstellen konnte, stapften Uschi, Sepp und Franz schon wie eine Elefantenherde durch die Wohnung.

Immerhin, sie deckten den Tisch in der Küche. Prima. Sie schoben sogar den Auflauf in den Ofen. Bloß achtete niemand darauf, die Hitze richtig einzustellen. Die Eiermasse verbrannte. Schade um das gute Gemüse, um die Arbeit und um das Geld.

♥♥♥

Die gemeinsamen Mahlzeiten hielten sie zusammen – soviel war klar. Wenn die Pendelleuchte, ein altmodisches Ding aus rosa Seide mit Troddeln, über Uromas Esstisch brannte, wirkte die riesige Küche mit Ausgang zum Hintergärtchen mit Komposthaufen und Schuppen schöner und uriger als das schönste antik eingerichtete Restaurant.

Natürlich war fast alles so wie damals geblieben, als die mutterlos aufgewachsene Sandra nach Urgroßmutters und Omas Tod hier allein leben sollte.

Die deckenhohen Einbauten waren nur weiß gestrichen worden, den gusseisernen Ofen und den Herd aus den vierziger Jahren hatte sie poliert, außerdem waren ein paar Regale für Geschirr entstanden, alte, angeschlagene Sammelbecher hingen an Haken darunter.

Der viereckige Spülstein war noch aus dickem, im Laufe der Jahrzehnte allerdings mit Haarrissen versehenem Porzellan, die weiß-blauen Jugendstilkacheln an der Wand und auf dem Boden dagegen fast völlig unversehrt. Das Prachtstück des über fünfundzwanzig Quadratmeter großen Raumes aber war ein überdimensionaler Weichholzsekretär, aufgeklappt und vollgeramscht mit lieb gewordenen Erinnerungsstücken.

Die Wohngemeinschaft übersäte ihn mit herumfliegenden Zetteln, auf denen Telefonnummern, aber keine Namen standen, eine Nachlässigkeit, die Sandra ärgerte und die ständig zu Verwirrungen führte.

Andererseits musste man nur ein wenig aufräumen, um tolle Entdeckungen machen zu können: Da fielen einem Buchtipps in die Finger, herausgerissene Rezepte aus Frauenzeitschriften, Kinderfotos, das Impfbuch eines Untermieters, der hier mal vor fünfzehn Jahren gelebt hatte.

Leider räumte nur eine auf …

Das wichtigste Möbelstück war zweifellos der große Esstisch aus fast weißgescheuertem Tannenholz. Zehn Personen konnten leicht daran tafeln und dabei die Tischmitte noch mit Suppenterrinen aller Größen dekorieren.

Draußen, hinter der kleinen Terrasse im rückwärtigen Garten, wuchs ein Pflaumenbaum in den Himmel. Das Fenster im Schuppen ließ genug Licht herein, um aus dem Abstellhäuschen ein Winterquartier für Margeritenbäume und Fuchsienstämme zu machen. Sandra nannte es heimlich „mein Gewächshaus“, und sie konnte vorübergehend wie eine wilde Furie reagieren, wenn Sepp oder Franz im Schuppen herummurksten, wie sie es nannte.

Ein Paradies mitten in der Großstadt – das war Sandras Zuhause. Sie hatte Freunde, ja, und sie alle genossen die gemeinsamen Mahlzeiten.