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Jennifer hat nach dem tragischen Verlust ihres Mannes gelernt, stark zu sein - für ihre Tochter Lena und für sich selbst. Dank der liebevollen Unterstützung ihrer Mutter Gisela hat sie die schweren Zeiten überstanden. Jetzt scheint das Glück wieder in ihr Leben zurückzukehren: Mit Christian, dem neuen Mann an ihrer Seite, kann der Traum von einer Familie doch noch wahr werden.
Doch der glückliche Neuanfang wird bedroht, als ihre Mutter Gisela immer zerstreuter und vergesslicher wird. Schnell wird klar, dass sie Jennifers Hilfe mehr denn je braucht und dass sie nicht mehr allein leben kann! Kann Jennifer ihre Mutter im Stich lassen, um ihr eigenes Glück zu finden? Oder muss sie ihre Liebe zu Christian aufgeben, um für Gisela da zu sein?
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Seitenzahl: 132
Veröffentlichungsjahr: 2024
Cover
Kein Platz für die Liebe
Vorschau
Impressum
Kein Platz für die Liebe
Jennifer muss sich um ihre demente Mutter und ihre kleine Tochter kümmern
Von Caroline Steffens
Jennifer hat nach dem tragischen Verlust ihres Mannes gelernt, stark zu sein – für ihre Tochter Lena und für sich selbst. Dank der liebevollen Unterstützung ihrer Mutter Gisela hat sie die schweren Zeiten überstanden. Jetzt scheint das Glück wieder in ihr Leben zurückzukehren: Mit Christian, dem neuen Mann an ihrer Seite, kann der Traum von einer Familie doch noch wahr werden.
Doch der glückliche Neuanfang wird bedroht, als ihre Mutter Gisela immer zerstreuter und vergesslicher wird. Schnell wird klar, dass sie Jennifers Hilfe mehr denn je braucht und dass sie nicht mehr allein leben kann! Kann Jennifer ihre Mutter im Stich lassen, um ihr eigenes Glück zu finden? Oder muss sie ihre Liebe zu Christian aufgeben, um für Gisela da zu sein?
Die kleine Lena stand auf dem sonnenbeschienen Rasen im Garten ihrer Großmutter und pustete mit Hingabe Seifenblasen in die Luft.
»Mama, guck«, rief sie strahlend. »Ich mach ganz große!«
»Wunderbar sieht das aus, Lenchen«, lobte Jennifer die Fünfjährige liebevoll.
Gisela Strese, Jennifers Mutter, kam aus dem Haus. Sie hielt eine Kaffeekanne in der Hand, stellte sie auf den mit Keksen und Kuchen gedeckten Tisch und setzte sich zu ihrer Tochter.
»Du hast Lenchen eine große Freude mit den Seifenblasen gemacht, Mama«, sagte Jennifer und lächelte.
»Wie schön!«, erwiderte Gisela.
Jennifer fiel auf, dass die Mutter ihr nicht wie sonst Kaffee einschenkte. Sie griff selbst nach der Kanne. »Möchtest du eine Tasse?«, fragte sie ihre Mutter.
»Ja, gern.«
Jennifer schenkte ihnen beiden ein. »Wie geht's dir, Mama?«, fragte Jennifer und stellte die Kanne wieder ab. Ihre Mutter kam ihr heute ein wenig in sich gekehrt vor.
»Gut, Jenny.«
»Beschäftigt dich irgendwas?«, wollte Jennifer wissen und gab Zucker in ihren Kaffee.
»Nein, es ist alles in Ordnung.«
Jennifer rührte in ihrer Tasse.
»Und wie geht es dir?«, fragte die Mutter nach einer unverhältnismäßig langen Weile, die Jennifer den Eindruck vermittelte, ihr ginge doch etwas durch den Kopf, worüber sie nicht reden wollte. Aber früher oder später würde sie sich ihr bestimmt mitteilen.
»Gut«, sagte Jennifer, und ihr Puls beschleunigte sich. Sie dachte an Christian, den sie vor zwei Wochen kennengelernt hatte. »Ich muss dir was erzählen ...«
»Mama, bekomm ich Saft? Und Kuchen?«, rief die kleine Lena und eilte über den Rasen.
»Natürlich, Schätzchen«, antwortete ihre Großmutter. »Ich hole dir einen Saft.«
Lena kletterte auf einen Stuhl und nahm sich ein Plätzchen.
»Die sind so gut«, nuschelte sie mit vollem Mund und griff nach dem nächsten Keks. Jennifer lächelte. Ihr kleines Mädchen war ihr ganzes Glück. Sie hoffte so sehr, dass Christian und Lena, die sich noch nicht kannten, gut miteinander auskommen würden.
»Wo bleibt denn die Oma?«, fragte Lena, wieder mit vollem Mund.
»Sie ist bestimmt gleich wieder hier«, erwiderte Jennifer und dachte, dass sie die Kleine daran hätte erinnern sollen, erst zu sprechen, wenn sie geschluckt hatte.
»Ich hab aber Durst ...«
»Ich sehe nach der Oma.« Jennifer stand auf und ging ins Haus. Sie drückte die angelehnte Küchentür auf. Ihre Mutter stand mitten im Raum und hielt einen Salzstreuer in der Hand. »Mama?«, sprach Jennifer sie verwundert an. »Wo bleibst du denn? Und was machst du mit dem Salz?«
»Ich... ach, ich weiß auch nicht. Ich bin ein bisschen durcheinander heute«, gab ihre Mutter zu und stellte den Streuer wieder weg.
Jennifer holte den Apfelsaft aus dem Kühlschrank und nahm ein Glas aus dem Regal. »Trinkst du genug bei der Wärme, Mama?«, fragte sie besorgt.
»Wohl nicht«, gab die Mutter zu und seufzte.
Jennifer nahm ein zweites Glas aus dem Regal. »Komm, wir gehen wieder nach draußen«, bat sie.
Ohne weitere Worte folgte die Mutter ihr.
»Endlich!«, rief Lena, als sie wieder auf die Terrasse kamen.
Jennifer schenkte den Saft ein und überlegte, dass ihre Mutter zwar beim Tischdecken an einen Teller für Lenchen gedacht hatte, aber nicht an ein Glas. Sie war heute wirklich ein wenig durcheinander.
Lena nahm ihr Saftglas mit beiden Händen und trank es zur Hälfte aus. Sie hopste wieder von ihrem Stuhl. »Ich mach noch viel, viel mehr Seifenblasen«, verkündete sie und sprang davon.
Lächelnd sah ihre Großmutter ihr nach.
»Trink, Mama«, forderte Jennifer sie auf.
Gisela nahm einen kleinen Schluck. »Nun erzähl mir doch bitte, was du vorhin sagen wolltest, als Lenchen uns unterbrochen hatte«, bat sie und stellte ihr Getränk auf den Tisch.
»Ich wollte dir von Christian erzählen.« Jennifers Herz schlug ein wenig schneller. Sie konnte es kaum erwarten, ihn heute Abend wiederzusehen. Hoffentlich war ihre Mutter bereit, auf Lenchen aufzupassen! Doch das war sie eigentlich immer.
»Wer ist das?« Aufmerksam sah die Mutter sie an.
»Ich war doch neulich auf Tinas Geburtstag eingeladen. Wie waren bei Giorgio zum Pizza-Essen«, holte sie weitschweifig aus. »Jedenfalls saß am Nebentisch auch eine Geburtstagsgesellschaft. Wir sind alle miteinander ins Gespräch gekommen, weil Esther unbedingt für Tina Happy Birthday singen wollte. Und dann hat Christian, dessen Schwester Ruth auch Geburtstag hatte, gleich mit eingestimmt.« Sie kicherte bei der Erinnerung.
Er hatte sie beim Singen angelacht und ihr im Anschluss zugeprostet. Der attraktive Mann hatte ihr sofort gefallen. Gleichzeitig hatte sie sich zur Ordnung gerufen.
Seit Sebastian, ihr Mann und der Vater der kleinen Lena, vor vier Jahren völlig unerwartet an einem Herzinfarkt verstorben war, hatte es keinen Mann mehr in ihrem Leben gegeben. Sie musste sich um Lenchen kümmern und ihrer Arbeit als Kosmetikerin mit eigenem Salon nachgehen. Zudem waren ihre Gefühle noch immer bei Sebastian, zumindest hatte sie das bis vor zwei Wochen geglaubt.
Sie hatte mit dem fünfzehn Jahre älteren Mann eine sehr glückliche Zeit gehabt. Als er sie, für sie ohne jedes vorherige Anzeichen, von einem Moment auf den anderen für immer verlassen hatte, war sie regelrecht zusammengebrochen. Wie sie die erste, unerträgliche Zeit ohne ihre Mutter überstanden hätte, wusste sie nicht. Gisela war einfach da gewesen und hatte sich auch sofort um Lenchen gekümmert, die noch kein Jahr alt gewesen war.
Jetzt lächelte ihre Mutter. Jennifer musste daran denken, wie Christian immer wieder im Laufe des Abends zu ihr herübergesehen hatte. Ehe er gegangen war, war er zu ihr an den Tisch gekommen und hatte einen Bierdeckel mit seiner Handynummer neben ihren Teller gelegt und ihr unumwunden gesagt, dass er sie gerne wiedersehen würde, falls nichts dagegensprach.
Heiße Verlegenheit hatte sie durchlaufen. Christian hatte das Lokal verlassen, ohne dass er eine Antwort von ihr bekommen hatte.
»So, so«, sagte ihre Mutter, schmunzelte und trank freiwillig noch einmal von ihrem Saft. Jennifer erzählte ihr, dass er ihr seine Telefonnummer gegeben hatte.
»Ich wollte mich absolut nicht bei ihm melden, aber Tina hat mir so lange gut zugeredet, bis ich es doch gemacht habe. Du weißt ja, wie sie ist. Sie sagte, es könnte ja erst einmal ganz unverbindlich sein.«
»Du hast dich gemeldet, und dann wurde es doch rasch verbindlich?«, mutmaßte die Mutter und lächelte.
»Genau.« In ihrem Bauch kribbelte es selig.
»Was macht er denn beruflich?«, fragte ihre Mutter.
»Er ist Steuerberater und hat eine eigene Kanzlei«, erwiderte Jennifer. »Er ist sechsunddreißig, sieht fantastisch aus und war noch nie verheiratet. Kinder hat er auch keine.«
»Und was sagt er dazu, dass du Lenchen hast?«
»Das ist für ihn gar kein Problem«, antwortete Jennifer. Sie hatte ihm ein paar Fotos von ihrer Kleinen gezeigt. Christian fand ihr Töchterchen allerliebst. »Apropos, Mama. Kann Lenchen heute vielleicht bei dir übernachten?«, bat sie. »Christian und ich wollten ins Kino gehen und anschließend noch etwas trinken«, fuhr sie fort.
»Aber natürlich, Jenny. Du kannst sie nachher gleich hierlassen, wenn du nach Hause gehst«, versicherte die Mutter.
»Danke, Mama.« Jennifer legte die Hand auf den Arm der Mutter und streichelte sie. Bei ihrer Großmutter war Lenchen bestens aufgehoben. Sie wurde von ihr liebevoll umsorgt und verwöhnt und hatte sogar ein eigenes Zimmer bei ihr, Jennifers ehemaliges Kinderzimmer. Eine kleine Grundausstattung an Wechselwäsche und Kleidung war auch im Haus.
»Für den Kindergarten morgen braucht sie kein Brot. Es ist Snack-Tag, und alle bereiten gemeinsam etwas zu«, informierte Jennifer sie noch. »Ich würde sie dann am frühen Nachmittag bei dir wieder abholen. Ist das in Ordnung?«
Ihre Mutter nickte. Jennifer wartete darauf, dass sie weitere Fragen zu Christian stellte. Früher, während ihrer Teenager-Zeit, hatte Gisela zu jedem Jungen, der ihrer Tochter gefiel, jedes Detail wissen wollen. Doch die Mutter sagte nichts mehr. Andererseits war sie längst erwachsen.
»Magst du ein Bild von ihm sehen?« Ohne eine Antwort abzuwarten, nestelte Jennifer ihr Handy aus der Handtasche, die neben ihr am Boden stand.
»Sicher«, sagte ihre Mutter, klang jedoch nicht sehr interessiert.
»Hier, schau«, sagte sie und hielt ihr das Mobiltelefon entgegen. Sie hatte ein Selfie aufgerufen, dass sie und Christian bei einem Spaziergang zeigte. Beide lachten in die Kamera, die Wangen aneinandergeschmiegt.
Die Mutter warf einen Blick darauf und sah gleich wieder weg.
»Wie findest du ihn?«, fragte Jennifer, ein wenig enttäuscht.
»Nett.« Gisela sah in den Garten. Lenchen hatte offenbar das Interesse an ihren Seifenblasen verloren. Sie lag jetzt bäuchlings im Gras und hielt einen Finger an ein Gänseblümchen. Wahrscheinlich saß ein Marienkäfer darauf. Lenchen liebte Marienkäfer über alles und konnte ihnen nicht lange genug zusehen, wenn sie über Wege und Grashalme krabbelten, um irgendwann ihre Flügel auszubreiten und davonzufliegen.
»Du hast ihn dir gar nicht richtig angesehen«, beschwerte Jennifer sich.
»Doch«, behauptete ihre Mutter und betrachtete unverwandt den Garten.
Jennifer steckte das Handy wieder ein. Sie hatte ihr noch mehr Bilder zeigen wollen. Da sowohl Christian als auch sie beruflich selbstständig waren, hatten sie sich in den letzten Tagen ein wenig Zeit füreinander nehmen können, während Lena im Kindergarten gewesen war. Sie hatten ein paar Ausflüge gemacht und eine kurze Radtour, und sie waren auf dem nur wenige Kilometer entfernt liegenden Sonnensee Ruderboot gefahren. Bei jeder Unternehmung hatten sie Fotos gemacht.
Unauffällig musterte Jennifer ihre Mutter. Gefiel es ihr nicht, dass es einen neuen Mann in im Leben ihrer Tochter gab? Zeigte sie deswegen nur wenig Interesse? Sie hatte Sebastian sehr gemocht und war glücklich gewesen, dass sie mit ihm einen fürsorglichen und verlässlichen Ehemann gefunden hatte.
Doch Sebastian war nicht mehr an ihrer Seite. Und so sehr sie ihr Töchterchen liebte und so eng sie sich ihrer Mutter verbunden fühlte, so es gab dennoch eine Lücke in ihrem Leben. Jemanden, der als Partner an ihrer Seite war.
Noch war es zu früh, fand Jennifer, um allzu weit zu denken. Doch sie war glücklich mit Christian. Sie fühlte sich wohl und geborgen, wenn sie beisammen waren. Vielleicht würde er der Mann sein, der Sebastian folgte. Sie war sicher, ihr verstorbener Mann würde ihr ein neues Glück von Herzen gönnen.
Heute wollten sie sich das erste Mal abends treffen. Christians Terminkalender ließ in der kommenden Zeit tagsüber wenig Lücken, und auch Jennifer musste sich wieder verstärkt um ihr Einkommen kümmern.
»Mama? Oma?« Lena kam mit Trippelschrittchen auf sie zu und blickte immer wieder konzentriert auf ihre rechte Hand, die sie ausgestreckt vor sich hielt. Schon jetzt konnte Jennifer den Marienkäfer sehen, der über ihre Finger krabbelte. »Es kitzelt«, kicherte Lena. Sie war bei der Terrasse angekommen. »Guckt mal. Er heißt Willi, wie der Willi aus der Biene Maja.«
»Toll«, bestätigte Jennifer.
»Oma! Jetzt guck doch«, drängelte Lena, da die Großmutter nicht reagierte. Bedächtig wandte sie den Blick zu der Kleinen und lächelte. Der Marienkäfer breitete die Flügel aus und schwirrte davon. »Du hast dir den Willi gar nicht richtig angesehen, Oma«, beschwerte sich Lena. Sie zwängte sich an der Tischkante vorbei und kletterte auf Jennifers Schoß.
»Doch«, versicherte ihre Großmutter.
»Lenchen.« Jennifer strich der Kleinen eine Strähne ihrer blonden Locken hinter das Ohr. »Du darfst heute bei Oma schlafen.«
»Au ja.« Lena strahlte. »Bringst du mich morgen auch in den Kindergarten, Omi?« Der kleine Frust wegen Marienkäfer Willi schien vergessen.
»Natürlich, Schätzelchen«, versicherte Gisela.
»Bekomm ich noch was von den Keksen?«, bat Lena und sah zu dem leeren Teller, der zusammen mit dem übrigen Geschirr noch auf dem Tisch stand.
»Es ist gleich Zeit für das Abendessen, Lenchen. Ich koche dir Nudeln«, erwiderte die Großmutter.
»Okayyy.« Diese Form der Zustimmung hatte Lena aus dem Kindergarten mitgebracht. »Und ich darf vom Schlafengehen noch fernsehen?« Sie schielte zu ihrer Mutter.
»Ja. Das Sandmännchen«, sagte die Großmutter und lächelte. »Wenn die Mama einverstanden ist.«
»Damit bin ich einverstanden«, stimmte Jennifer zu. Sie zog ihr Töchterchen an sich. »Ich gehe jetzt, Lenchen.« Sie küsste ihr Kind auf die Wange. »Bis morgen.«
»Tschüss, Mama.« Lena rutschte von ihrem Schoß. »Holst du mich, wenn die Nudeln fertig sind?« Sie blickte zu ihrer Oma. »Ich guck mal, ob ich Willi wiederfinde.«
»Mach ich.« Gisela lächelte, und die Kleine lief davon.
Jennifer umarmte ihre Mutter. »Danke, Mama. Bis morgen«, verabschiedete sie sich.
♥♥♥
Christian legte den Arm um Jennifer. Seite an Seite verließen sie das Kino. Ihnen folgten weitere Besucher des Lichtspielhauses. Am nächtlichen Himmel funkelten die Sterne, die Luft war noch ganz warm und duftete sogar hier, mitten in der Stadt, nach Blüten und Sommer.
»Bleibt es dabei, dass wir in der Cocktail Corner noch etwas trinken?«, fragte er.
Jennifer schmiegte sich an ihn. »Sehr gerne«, stimmte sie zu. Es war kurz nach zehn und für ihr Empfinden viel zu früh, um den Abend zu beenden. Der Film war herrlich lustig gewesen, und sie hatten beide viel gelacht.
Christian wandte ihr das Gesicht zu und küsste sie zärtlich. »Dann komm«, sagte er, nahm den Arm von ihren Schultern und ergriff stattdessen ihre Hand. Bis zu der Cocktail-Bar, die in einer Seitengasse lag, dauerte es etwa zehn Minuten zu Fuß.
Schon von Weitem sah Jennifer die Lichter im Inneren des Lokals, die durch die Scheiben aus buntem Glas fielen. Vor der Bar tummelten sich etliche Gäste. Sie schoben sich an ihnen vorbei. Jennifer sah einen Bogen Papier, der mit Reißzwecken an das Holz der Eingangstür gepinnt war.
Heute geschlossene Gesellschaft, las sie.
»Das ist ja schade«, sagte Christian bedauernd. »Na ja, dann probieren wir es im Happy Place.«
»Einverstanden«, antwortete Jennifer. Das waren in etwa noch mal zehn Minuten, die sie laufen mussten, und ihr taten jetzt schon die Füße in den neuen Sandalen weh, die zwar sehr schön und feminin aussahen, aber auch schrecklich unbequem waren.
Sie hatten etwa die Hälfte der Strecke geschafft, als ein kühler Wind aufkam und in der Ferne Donner grollte. Sekunden darauf fielen die ersten Regentropfen dick und schwer vom Himmel. Der Regen wurde rasch stärker. Schon klebte Jennifers Kleid nass an ihrem Körper.
»Komm, wir rennen«, sagte Christian. Jennifer widersprach nicht. So schnell sie konnten, eilten sie durch die Fußgängerzone und in die nächste Seitengasse, in der das Happy Place war.
Keuchend und nass bis auf die Haut, blieben sie vor der Eingangstür stehen. Im Lokal war es dunkel. In einem Fenster rechts von der Tür stand ein Schild. Wegen Urlaub geschlossen.
»Wir haben heute kein Glück mit den Lokalen.«
»Es scheint so.« Jennifer sah vermutlich aus wie eine gebadete Katze. Nicht nur ihre Kleidung war nass, auch ihre Haare hingen in Strähnen um ihr Gesicht, und aus den Sandalen rann das Wasser. Am rechten Fuß hatte sie sich wahrscheinlich bereits eine Blase gelaufen.
Christian, der ebenfalls völlig durchweicht war, blickte sie an. »Ich glaube, es wird heute nichts mehr mit unserem Barbesuch. Lass es uns auf ein anderes Mal verschieben.«
»Du hast recht«, stimmte sie zu und dachte, dass er bis zu seinem Auto, das am Kino stand, noch mindestens zwanzig Minuten durch das Sommergewitter laufen musste. Bis zu ihrer Wohnung, die sehr zentral zur Innenstadt lag, war es hingegen nicht weit.
»Wenn du einverstanden bist, begleite ich dich nach Hause, und wir holen den Rest vom Abend bald nach«, schlug er vor.
