Fast bis zum Nordkap - Judith Pinnow - E-Book
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Fast bis zum Nordkap E-Book

Judith Pinnow

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Beschreibung

Drei Elche, zwei Männer, ein kaputter Bulli – und ein traumhaft schöner Sommer in Schweden Eigentlich ist Bea glücklich. Schließlich lebt sie in einer schicken Hamburger Wohnung, verdient ihr Geld in einer großen Werbeagentur und ist mit dem gutaussehenden Marco zusammen. Doch dann häufen sich bei Bea Zeichen von Burn-out, und ihr Chef will, dass sie die Partnerschaft in der Agentur übernimmt. Bea spürt, sie muss etwas ändern. Sie beschließt, eine Auszeit zu nehmen. Sechs Monate mit dem Bulli durch Schweden und Norwegen bis zum Nordkap und ganz viel Natur und Seen und Elche. Danach sieht sicher alles anders aus. Doch als Beas Bulli im verschlafenen Dorf Sjöhyttan den Geist aufgibt, ahnt sie, dass ihr Leben einmal komplett auf den Kopf gestellt wird. Und dass Tischler Per, der ihr ein Tiny House bauen will, daran nicht ganz unbeteiligt sein wird. Helle Sommernächte und traumhafte Natur - der perfekte Roman für einen Sommerabend

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Fast bis zum Nordkap

Die Autorin

JUDITH PINNOW, geboren 1973 in Tübingen, besuchte die Schauspielschule in Ulm und studierte am Lee Strasberg Theatre & Film Institute in New York. Als Schauspielerin war sie in Fernsehserien und in Filmen zu sehen. Bekannt wurde sie als Fernsehmoderatorin. Mit ihrem Ehemann und Kollegen Stefan Pinnow und ihren drei Kindern lebt die Autorin in Schwerin.

Von der Autorin sind in unserem Hause bereits erschienen:Rendezvous in zehn JahrenDein Herz in tausend Worten

Das Buch

DREI ELCHE, ZWEI MÄNNER, EIN KAPUTTER BULLI – UND EIN TRAUMHAFT SCHÖNER SOMMER IN SCHWEDENEigentlich ist Bea glücklich. Schließlich lebt sie in einer schicken Hamburger Wohnung, verdient ihr Geld in einer großen Werbeagentur und ist mit dem gut aussehenden Marco zusammen. Aber dann häufen sich bei Bea Anzeichen eines Burn-outs – ausgerechnet, als ihr Chef will, dass sie die Partnerschaft in der Agentur übernimmt. Bea beschließt trotzdem, eine Auszeit zu nehmen. Sechs Monate mit dem Bulli bis zum Nordkap und ganz viel Natur und Seen und Elche. Doch als Beas Bulli im verschlafenen schwedischen Dorf Sjöhyttan den Geist aufgibt, ahnt sie, dass ihr Leben einmal komplett auf den Kopf gestellt werden wird. Und dass Tischler Per, der sie in ein Tiny House einquartiert, daran nicht ganz unbeteiligt sein wird.

Judith Pinnow

Fast bis zum Nordkap

Roman

Ullstein

Besuchen Sie uns im Internet:www.ullstein.de

Originalausgabe im Ullstein Taschenbuch1. Auflage August 2022© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2022Umschlaggestaltung: Sabine KwaukaTitelabbildung:  shutterstock / © pimchawee (Paar);  shutterstock / © Dariia Baranova (Tinyhouse);  shutterstock / © Dariia Baranova (Ornamente);  shutterstock / © AVIcon (Bully);  shutterstock / © Dariia Baranova (Rentiere)Autorinnenfoto: © Gaby Gerster/laifE-Book powered by pepyrus

ISBN 978-3-8437-2729-7

Emojis werden bereitgestellt von openmoji.org unter der Lizenz CC BY-SA 4.0.

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Inhalt

Die Autorin / Das Buch

Titelseite

Impressum

Bea

Bea

Per

Tina

Schlaftrolle

Werner

Die Suche

Vanlife

Gestrandet

Das Treffen

Die Fahrradtour

Burger für alle

Das Tiny House

Die kleinen Strolche

Frau Schluttbergs Geheimnis

Der Brief

Nächtlicher Besuch

Keine gute Idee

Pers Flucht

Oskar

Aufbruch

Die Rückkehr

Alles bricht ab

Anlanden

Zabong

Für alles keine Lösung

Dezember

Social Media

Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

Bea

Bea

Bea kann ihre Zehen nicht spüren, als sie aufwacht. Vorsichtig wackelt sie mit ihnen. Das scheint zu funktionieren. Ihr Mund ist furchtbar trocken, wie jeden Morgen. Das kommt von der Schlaftablette. Einen Tod muss man eben sterben, besser, als sich die ganze Nacht schlaflos hin- und herzuwälzen. Sie richtet sich mühsam auf und greift nach dem Glas Wasser auf ihrem Nachttisch. Bea trinkt in kleinen Schlucken und stellt sich dabei vor, wie das Wasser bis in ihre Zehen sickert, die langsam wieder etwas Gefühl bekommen. Ihre langen dunklen Haare fallen ihr ins Gesicht. Mit einer geübten Bewegung schlingt sie sie zu einem Dutt zusammen, findet aber kein Haargummi auf dem Nachttisch. Seufzend lässt sie die Haare wieder los und lässt sich in die Kissen zurücksinken. Eine halbe Stunde später fährt sie erschrocken hoch. Jetzt hat sie keine Zeit mehr zu duschen.

Sie steht so schnell auf, wie es ihr Kreislauf zulässt. Während sie sich anzieht und die Zähne putzt, checkt sie ihre Mails.

Es sind keine guten Nachrichten dabei. Eine Keksfirma will ihren Auftrag zurückziehen, und die Joghurtleute wollen die ersten Entwürfe schon nächste Woche sehen, was unmöglich zu schaffen ist.

Bea legt das Handy kurz zur Seite, um sich frisch zu machen und zu schminken. Die Zeit läuft ihr davon. Heute ist der wichtige Pitch für die Schokoladenfirma Barama.

Barama will gleich mit drei neuen Produkten auf den Markt, und die Marketingfirma hat ihre besten Leute auf das Projekt angesetzt. Bea ist die Leiterin der Gruppe. Sie hätte an so einem wichtigen Tag nicht verschlafen dürfen!

Schnell streicht sie sich über ihr enges Kleid und betrachtet sich prüfend im Spiegel.

»Wie seh ich aus, wie seh ich aus?« Sie dreht sich schnell hin und her und trägt dann noch einen dunkelroten Lippenstift auf. Ihr Spiegelbild sieht etwas blass aus. Bea lächelt ihm aufmunternd zu. Es lächelt zurück.

Das Frühstück muss, wie so oft, ganz ausfallen. Die riesige Küche mit der überdimensionalen weißen Arbeitsplatte bleibt ungenutzt. Es bleibt keine Zeit, den schönen Blick über die Außenalster zu genießen, den man aus den bodentiefen Panoramafenstern hat.

Die Penthousewohnung bleibt allein zurück. Eigentlich ist Bea immer nur zum Schlafen hier. Sobald die Tür ins Schloss gefallen ist, rührt sich der kleine Saugroboter, der jeden Morgen tapfer und einsam seine Kreise über den sauberen Boden zieht.

Dann ist es wieder still in der Wohnung mit der großen Dachterrasse. Bea nutzt weder den Tisch draußen noch das Loungesofa. Ab und zu sitzt hier die Putzfrau, die zweimal die Woche kommt und auch Beas Wäsche macht.

Sie pfeift bei der Arbeit vor sich hin. Wenn sie geht, herrscht wieder die Stille. Eine saubere Stille, diesmal.

Die Marketingfirma befindet sich im siebten Stock eines modernen Gebäudes in der HafenCity. Auch hier hat Bea einen tollen Blick auf das Wasser. Und auch hier nimmt sie die Aussicht kaum wahr. Alles hängt heute von dem Pitch ab, und alle sind entsprechend nervös.

»Der Konferenzsaal zwei ist vorbereitet. Ich habe die Power-Point-Präsentation zweimal gecheckt, sie läuft. Sushi ist für 13:45 Uhr bestellt. Marie hat die Handouts, es kann nichts schiefgehen!« Rita lächelt Bea nervös an und rückt mit der linken Hand ihre Brille zurecht, was sie ständig macht.

Rita ist eine kleine Person mit Pagenschnitt. Auf den ersten Blick denkt man, da steht ein Kind. Vielleicht liegt das auch an ihrer Haltung, die immer etwas unsicher ist.

Beas »Danke, Rita« geht unter, weil Marco schwungvoll ihr Büro betritt und gewinnend sagt: »Es kann immer etwas schiefgehen. Man muss auf alles vorbereitet sein, aber das bist du ja sicher, Sweety!«

Er nimmt sie in den Arm und küsst sie auf den Mund. Sie kann es nicht leiden, wenn er sie »Sweety« nennt, und sie mag auch keine Küsse im Büro vor ihrer Assistentin. Sie macht einen Schritt zurück, sobald er sie loslässt.

»Was machst du hier?«, fragt Bea, während Rita vergeblich versucht, den gut aussehenden Marco nicht anzustarren. Seine braunen Augen, die dunklen Haare und die Bartstoppeln im Gesicht lassen die meisten Frauen nervös werden.

»Ich wollte dir nur mal eben viel Glück wünschen, nicht dass du das brauchen würdest«, er lächelt sie an.

Sie lächelt zurück. Sein Hemd ist frisch gebügelt, und er riecht nach dem Rasierwasser, das sie ihm zu Weihnachten geschenkt hat. Seine körperliche Präsenz ist wie immer umwerfend, auch wenn sie gerade überhaupt keine Zeit für ihn hat. Zeit fehlt ihnen eigentlich immer. Aber jetzt gerade besonders.

»Hast du nicht heute das Gurken-Meeting?«

»Ja, ich muss auch gleich wieder runter«, seine Stimme hat sich kaum merklich verändert, aber Bea weiß, dass es ihn ärgert, dass sie die Gurken erwähnt hat. Marco arbeitet in derselben Marketingagentur, allerdings ein Stockwerk tiefer.

»Du siehst fantastisch aus, Baby, du wirst sie umhauen!«

Bea senkt den Kopf, weil sie kein Lächeln mehr aufbringen kann, während Rita sich an ihrem Klemmbrett festklammert, um ihn nicht anzusehen.

»Tschüss, Rita«, sagt Marco, der das bemerkt, auf dem Weg zur Tür.

Rita räuspert sich und wird rot. Ihr »Auf Wiedersehen« kommt zu spät.

Bea atmet tief ein und aus. Sie muss sich jetzt konzentrieren.

Ihre Kollegin Marie steht in der Tür, durch die Marco gerade verschwunden ist.

Ihre langen blonden Haare umrahmen in Wellen ihr Gesicht. Marie hat heute definitiv nicht verschlafen. »Das Team ist bereit, kommst du?«

Der Geruch von Bärlauch schwebt zwischen den Bäumen. Die Morgensonne steht zu dieser Jahreszeit schon hoch am Himmel und wirft ihre Strahlen durch die Blätter der Bäume.

Per liebt diese Tageszeit. Der Morgen ist jeden Tag wie ein neues Versprechen. Die Mädchen haben bald ihren letzten Schultag, und Per genießt diese wenigen Vormittage, in denen er die Zeit hat, mit Snorre durch den Wald zu streifen.

Snorre springt über die jungen Pflanzen und jagt einem Hasen hinterher. Der Hund ist schnell, aber der Hase ist schneller.

Vogelstimmen zwitschern. Per hat das Gefühl, dass sie morgens am lautesten sind. Er hört das Hämmern eines Spechts und bleibt stehen. Seine Augen suchen den Baum ab, von dem das Geräusch kommt. Es dauert eine ganze Weile, bis er den kleinen Vogel entdeckt. Ebba musste mal ein Referat über den Buntspecht halten, seitdem weiß Per, dass der Specht keine Kopfschmerzen von seinem Hämmern bekommt. Die Anatomie des Vogels verhindert, dass sein Gehirn Schaden nimmt, wie das bei uns Menschen der Fall wäre.

Ebba hatte ihm damals erklärt: »Das ist tipptopp verpackt, sein Gehirn. Das schwimmt da nicht so lose rum wie bei dir«, spielerisch hatte sie an seinen Kopf getippt. »Außerdem ist die obere Hälfte des Schnabels länger als die untere. Und wenn er dann so hackt«, sie hackte mit ihren Fingern, die sie zu einem Schnabel geformt hatte, auf seinen Unterarm, »dann wird die Hackenergie am Gehirn vorbeigeleitet, verstehst du?« Ebba sah ihn aus ihren blauen Augen an.

»Und was passiert, wenn man den kleinen Specht schnappt und schüttelt, ist sein Gehirn dann auch vor der Schüttelenergie sicher?«, er schnappte seine Tochter und hob sie hoch, um sie durch die Luft zu wirbeln.

Sie kreischte vor Freude und sagte, als er sie wieder auf dem Boden absetzte, ernsthaft: »Ich glaube, sein Gehirn ist auch vor Schüttelenergie sicher. Das ist tipptopp fest im Kopf beim Specht.«

Per sieht sich eine Weile an, wie der Vogel mit seinem tipptopp verpackten Gehirn auf den Stamm des Baumes hämmert, dann läuft er weiter. Snorre ist nirgends mehr zu sehen.

Per pfeift auf den Fingern. Ein lauter, durchdringender Pfiff. Der Specht hört auf zu hämmern, und kurze Zeit später taucht Snorre aus dem Unterholz auf. Er springt durch die vielen weißen Blüten, die zu dieser Jahreszeit den ganzen Waldboden bedecken, und setzt sich erwartungsvoll vor Pers Füße. Sein schwarz-weißes Fell glänzt, seine Ohren sind aufgestellt, und er wedelt aufgeregt mit der Rute. Per muss jedes Mal, wenn er ihn ansieht, denken, wie hübsch er ist. Bevor Snorre zu ihnen kam, hätte er nie gedacht, dass ein Hund hübsch sein kann. Hunde sind treu, lieb, herrlich, stinkig und gerne auch mal nervig. Aber Snorre ist einfach wirklich hübsch. Seine schwarz-weiße Fellfarbe unterteilt sein Gesicht in zwei Hälften. Die weiße Seite hat ein weißes Ohr und die schwarze Seite ein schwarzes Ohr mit einem Tupfer Weiß am Rand. Snorre hat zwei unterschiedliche Augenfarben. Ein blaues und ein braunes Auge sehen Per erwartungsvoll an. Er streicht ihm über den Kopf und gibt ihm ein Leckerli. Gemeinsam gehen sie weiter. Der Hund bleibt jetzt dicht an seiner Seite, bis sie an den Södra Solsjö, den südlichen Sonnensee, kommen. Zwischen Schilfhalmen öffnet sich die weite blaue Wasserfläche vor ihnen. Snorre stürzt sich sofort ins Wasser und schwimmt ein paar Wildgänsen hinterher, die ihn belustigt ansehen und gemächlich vor ihm wegpaddeln. Noch ist von den Seerosen nichts zu sehen, aber unter der Wasseroberfläche entwickeln sie sich schon. Die Kälte der Nacht hängt noch in der Luft. Per hält prüfend eine Hand ins Wasser. Es ist kalt, aber nicht mehr so eisig wie im Frühjahr. Der Sommer beginnt langsam. Spontan schlüpft er aus seinem Wollpulli und seinen Jeans. Er legt alles auf seinen Schuhen zusammen und watet nackt ins Wasser. Unter seinen Füßen spürt er ein paar Wurzeln von den Bäumen, die sich nah an den See herantrauen und direkt am Ufer wachsen. Er geht tiefer hinein, und der Boden unter seinen Füßen wird sandig. Snorre schwimmt freudig auf ihn zu. Per gibt sich einen Ruck und wirft sich ins Wasser. Die Kälte raubt ihm einige Schwimmzüge lang den Atem. Er entspannt bewusst seine Schultern, um sie nicht nach oben zu ziehen. Snorre schwimmt neben ihm her und versucht, im Wasser zu bellen. Er gibt nur ein gurgelndes Geräusch von sich. Sie schwimmen aus dem Schatten heraus in die Sonne. Das Licht glitzert auf der Wasseroberfläche. Blesshühner tauchen ab, als sie den Mann und den Hund erkennen. Per dreht sich auf den Rücken und sieht den blauen Himmel über sich. Er muss an seine jüngere Tochter Olivia denken, die immer laut juchzt vor Freude, wenn sie im See schwimmt. Diesen Sommer will er ganz oft mit den beiden Mädchen schwimmen gehen und mit dem Boot rausfahren. Vielleicht kann er sich sogar eine Woche freischaufeln und mit den beiden ein paar Tage zelten. Snorre dreht um und schwimmt zum Ufer zurück. Per lässt sich noch etwas auf dem Rücken treiben. Der See, er und der Himmel werden eins. Er genießt das Gefühl eine Weile, bis ihm kalt wird. Um wieder warm zu werden, schwimmt er zügig zum Ufer zurück.

Sein T-Shirt muss als Handtuch herhalten. Er entdeckt beim Abtrocknen ein kleines Loch. Ebba erinnert ihn manchmal daran, dass er sich ein paar neue Sachen kaufen soll, wenn er mit den Mädchen einen Ausflug zu H&M macht, weil sie schon wieder aus allem herausgewachsen sind. Mit ihren zehn Jahren nimmt Ebba schon ganz klar die Rolle der Frau ein.

Ebbas Mutter hatte die Familie verlassen, als die Mädchen noch ganz klein waren. Weder Ebba noch Olivia erinnern sich an sie. Meike war deutsch und hatte mit ihnen die ersten Jahre auch deutsch gesprochen. Per, der Sohn einer Deutschen und eines Schweden, sprach nahezu perfekt deutsch, als er Meike kennenlernte. Und auch Meikes Schwedisch war ganz passabel. Sie hatten beide Sprachen zur Verfügung, um sich auszutauschen.

»Beim Streiten in einer anderen Sprache kann man nur verlieren«, sagte Meike bei ihrem ersten Streit auf Schwedisch. Also stritten sie von nun an jeder in seiner Muttersprache, sie auf Deutsch und er auf Schwedisch.

Wenn sie glaubte, dass er nicht zuhörte, erzählte sie dem Baby Olivia von ihren Ängsten und düsteren Gedanken. Er hatte es nicht geschafft, sie aus diesem Tal zu holen. Seine Worte hatten sie nie erreicht. Ihre Liebe ging auf dem Weg verloren, und als sie die Familie verließ, war nichts mehr davon übrig. Nur die deutsche Sprache blieb ihnen. Per konnte nicht sagen, warum, aber er sprach mit den Mädchen weiter deutsch, als sie fort war.

Irgendwie war diese Zweisprachigkeit Meikes Geschenk an die Kinder gewesen, und er hatte den seltsamen Wunsch, wenigstens das zu bewahren. Er sprach nicht so perfekt deutsch wie sie, aber es reichte für ihre kleine Welt, die sie sich aufbauten, als Meike fortging.

Mit Snorre sprechen alle schwedisch. Ebba findet das logisch, denn Snorre hat ja auch eine schwedische Hundemutter.

Per schlüpft in seine Klamotten und geht mit dem nassen Hund durch den Wald zurück. Das Blut pumpt durch seine Adern. Nach dem Schwimmen im kalten See fühlt er sich immer so lebendig, als würden alle Zellen in seinem Körper plötzlich besser mit Sauerstoff versorgt. Vielleicht sollte er Ebba vorschlagen, auch darüber mal ein Referat zu machen und ihm diesen Effekt zu erklären. Er riecht den Bärlauch und ist bereit für den Tag.

Bea

»Wären Sie dazu bereit?«

Der Mann mit der Glatze sieht Bea fragend an. Er erwartet ganz offensichtlich eine Antwort von ihr. Leider kann sie sich an den Anfang seines Satzes nicht erinnern, oder sie hat ihn nicht gehört, weil das Blut in ihrem Kopf so dröhnend laut rauscht. Sie sieht sich um, alle im Raum schauen sie fragend an. Rita guckt besorgt und rückt ihre Brille zurecht, und Martin, der Chef der Agentur, legt seine Stirn in Falten, weil ihre Antwort auf sich warten lässt.

Das Meeting mit den Barama-Leuten lief so gut, bis bei Bea der Schwindel anfing, den sie schon eine Weile kennt und ignoriert, so gut es geht. Normalerweise geht er auch nach einer Weile wieder weg, aber jetzt gerade hat sie das Gefühl, Decke und Fußboden kommen abwechselnd auf sie zu.

»Bea, ist dir nicht gut?« Martin macht jetzt ein besorgtes Gesicht, und auch Marie sieht sie so seltsam an.

Sie muss sich zusammenreißen. Die Frage war, ob sie bereit ist, und sie ist zu allem bereit. Also einfach Ja antworten.

»Ja«, sie lächelt in die Runde.

»Dir ist nicht gut?«, fragt Martin nach. »Marie, geh doch kurz mit ihr vor die Tür, vermutlich braucht sie einfach etwas frische Luft. Unsere Lüftungsanlage funktioniert vielleicht nicht richtig.«

Martin steht schnell auf und versucht vergeblich, die großen Fenster zu öffnen, die man nur mit einem Spezialschlüssel aufbekommt, den der Hausmeister hat. Der Hausmeisterservice eigentlich. Und da es diesen Hausmeisterservice nur telefonisch gibt und jedes Mal andere Mitarbeiter kommen, um Leisten zu reparieren oder die elektrischen Raffstores wieder zum Laufen zu bringen, gibt es diesen Schlüssel vermutlich gar nicht.

»Der Schlüssel ist nur ein Mythos, es gibt ihn gar nicht«, sagt Bea zu Marie, als sie aus der Tür sind.

»Was ist los mit dir?« Marie sieht sie mit aufgerissenen Augen an.

Bea hört nicht, was sie sagt, weil das Dröhnen in ihrem Kopf wieder lauter ist. Sie kann nur raten, was Marie gefragt hat.

»Mir geht es gut, ich geh nur mal eben vor die Tür. Geh wieder rein. Einer sollte da sein, wenn …«, sie hat vergessen, worum es bei dem Meeting eigentlich ging.

»Einer sollte da sein«, wiederholt sie.

Marie schaut sie zweifelnd an. »Sicher, dass ich dich allein lassen kann?«

Bea hört sie nicht und konzentriert sich jetzt darauf, es bis zum Aufzug zu schaffen. Wenn sie langsam geht, kann sie den Schwindel einigermaßen kontrollieren. Marie und die Sekretärin Daniela sehen ihr besorgt zu, wie sie in den Aufzug steigt und den Knopf ins Erdgeschoss drückt.

Die Türen schließen sich, und sie ist eine Weile allein. Boden und Decke kommen auch hier abwechselnd auf sie zu. Bea hält sich an der Stange an der Wand fest. Der Aufzug gleitet nach unten, was jetzt auch noch Übelkeit bei ihr verursacht. Sie muss es nur bis nach draußen schaffen, dann wird schon alles wieder besser werden. Der Aufzug braucht sehr lange nach unten. Und auch das Foyer, welches sie durchqueren muss, ist sehr groß.

Wie kann man nur so lange nach draußen an die frische Luft brauchen?

Man sollte einfach ein Fenster öffnen können oder durch eine Tür gehen und draußen sein. Stattdessen ist das Draußen hier so weit weggesperrt, wie es nur geht. Endlich ist Bea an der Drehtür, die sie aus dem Gebäude führt.

Draußen geht ein Wind, der unglaublich guttut. Sie läuft, bis sie ans Wasser kommt. Sie setzt sich auf einen Poller und schließt für einen Moment die Augen. Einatmen und ausatmen. Mehr nicht. Damit bekommt sie doch sonst immer alles in den Griff. Der Schwindel ebbt langsam ab. Die Übelkeit bleibt, und auch das Dröhnen im Kopf wird nur in Zeitlupe weniger. Sie hat aber keine Zeit, sie muss zurück in das Meeting. Ihr Gehirn funktioniert wieder besser. Die Schokoladenleute, richtig. Sie hatte die Ideen von ihrem Team präsentiert, in wohlwollende Gesichter geschaut, alles lief gut, bis ihr Körper aus dem Ruder lief.

Ihre Hand zittert, als sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht streicht. Alles ist gut, beruhigt sie sich selbst. Guck auf das Wasser, dann wird alles gut. Bea schaut auf den Fluss, sieht zu, wie sich die Wasseroberfläche bewegt. Tatsächlich hilft das unermüdliche Fließen der Elbe, das Rauschen im Kopf weiter herunterzufahren. Die riesigen Häuser gegenüber sehen im Sonnenlicht aus wie glänzende Dinosaurier.

Bea muss an den Dino denken, den Marco ihr beim ersten Date auf die Serviette gemalt hatte. Sie hatte ihn aufgehoben, aber inzwischen weiß sie nicht mehr, ob sie die Serviette noch hat. Marco hatte ihr damals anvertraut, dass er beim Telefonieren immer noch kleine Dinosaurier zeichnet, so wie damals in der Schule, wenn ihn der Unterricht langweilte.

Sie hat plötzlich Sehnsucht nach dem Marco, den sie vor vier Jahren kennenlernte. Ein Marco, der noch nicht in ihrer Werbeagentur A Piece of Cake arbeitete. Damals lachte er sie mit seinen perfekten Zähnen an und fragte: »Ein Stück Kuchen! Wer hat sich das eigentlich ausgedacht?«

Bea erklärte ihm, dass man auf Englisch »A piece of cake« sagt, wenn eine Sache ein »Kinderspiel« ist.

»Es ist aber sicher kein Kinderspiel, dort zu arbeiten? Wie kommt man nur an einen Job bei der größten Werbeagentur in Hamburg?«

Bea erzählte ihre Geschichte, und Marco hörte aufmerksam zu. Jedes Wort las er ihr von den Lippen ab, und später am Abend küsste er sie. Damals war er ab und zu etwas tapsig gewesen, wie ein Welpe, der noch etwas in seinen Körper wachsen muss. Heute ist er so selbstsicher, dass sich Rita kaum traut, ihn zu grüßen. Bea vermisst den Welpen.

Sie reißt ihren Blick von der Wasseroberfläche und den Dinosaurierhäusern. Vorsichtig steht sie auf. Der Schwindel kommt nicht wieder, aber sie kann fühlen, dass er nicht weit weggegangen ist. Er lauert in der Nähe auf sie.

Ihr Magen fühlt sich an, als hätte jemand heißes Öl hineingegossen, aber das kennt sie schon. So fühlt er sich immer an, wenn sie nichts gegessen oder einen Kaffee getrunken hat, oder bei Schokolade, Zwiebeln und Knoblauch. Wie kann man auf einen Magen hören, der einfach immer Stress macht? Sie kramt eine Kautablette aus ihrer Handtasche. Meistens hilft das etwas.

Hoffentlich hat sie nicht zu viel verpasst. Sie geht mit schnellen Schritten auf das Gebäude zu, in dem A Piece of Cake die kompletten oberen Etagen besetzt. Sobald sie durch die Drehtür tritt, betritt auch der Schwindel wieder ihren Kopf.

So geht das nicht, ich muss mir etwas dagegen verschreiben lassen. Bea schaut ihr blasses Gesicht im Spiegel des Aufzugs an. Sie versucht, ihre Frisur wieder etwas zu verbessern, aber die Arme über den Kopf zu heben verstärkt den Schwindel, also lässt sie es.

Daniela sitzt nicht an ihrem Platz, als sie aus dem Aufzug tritt. Der Konferenzraum zwei ist leer.

Per

Olivia und Ebba sind nur zwei Jahre auseinander. Für Meike war der Altersabstand, als sie klein waren, schrecklich anstrengend. Es gab immer ein Kind, das weinte und etwas brauchte, gewickelt und getragen werden musste. Per hat an diese Zeit seltsamerweise nur wenige Erinnerungen. Vielleicht, weil auch einige dabei sind, die er lieber vergessen wollte. Freunde beschrieben die Zeit mit ihren kleinen Kindern als anstrengend, aber auch magisch. Per hatte sich so darüber gefreut, eine Familie zu sein. Die zwei kleinen Mädchen waren sein ganzes Glück. Aber es war schwer, mit anzusehen, wie Meike sich mehr und mehr von ihnen entfernte. Einmal kam Per von der Arbeit nach Hause und fand die kleine Olivia weinend in ihrem Bettchen. Meike saß nur stumm in einer Ecke des Zimmers. Am nächsten Tag brachte Per Ebba in die »Dagis«, ein Kindergarten, in den schwedische Kinder schon ab einem Jahr gehen können, und nahm Olivia mit in die Werkstatt. Er kam natürlich viel langsamer voran mit allem, aber nur so konnte er sicher sein, dass Olivia auch gut versorgt war.

Meike aß tagsüber nichts, und abends hatte er Mühe, beide Kinder zu füttern und seine Frau zu überreden, ein paar Bissen zu essen. Beide Großeltern wohnten in Deutschland, und Per wurde, lange bevor Meike ging, zum alleinerziehenden Vater.

Ebba ist jetzt in dem komischen Alter, in dem die Mädchen in gefühlt drei Monaten aus ihrem niedlichen kleinen Kinderkörper wachsen. Sie werden zu großen, dünnen Geschöpfen, die schneller auf Felsen klettern können als man selbst. Per geht das alles viel zu schnell. Er versucht aber tapfer, mit Ebbas Entwicklung mitzukommen. Es ist ihm ein Rätsel, wie er demnächst mit einem Teenagermädchen klarkommen soll. Schon jetzt scheint er ständig etwas Falsches zu sagen, was dann mit »Papaaaa!« und einem gekonnten Augenrollen quittiert wird.

Olivia ist noch seine kleine, schnuckelige »Lilla Gumman«, sein Schätzchen. Kosenamen gibt er den Kindern immer auf Schwedisch. Das fühlt sich für ihn echter an.

Ebba und Olivia waren von Anfang an ein Team. Da Ebba die kleine Schwester nicht durch die Gegend tragen durfte, zog sie sie auf ihrer Spieldecke durch das ganze Haus, damit sie immer bei dem dabei war, was Olivia gerade spielte.

Jetzt wächst Ebba Olivia einfach davon. Sie ist manchmal schon zu groß für Puppen, und das niedliche Hundespiel auf dem Tablet will sie auch immer seltener mit der kleinen Schwester spielen.

Die Welt der beiden Mädchen war für Per faszinierend. Er lernte von ihnen, wie man eine Puppe hübsch anzieht und wie man Grassuppe kocht. Er lernte, Armbänder zu flechten und Himbeeren hübsch auf den Tellerrand zu drapieren, bevor man sie isst. Und die Mädchen lernten von ihm schwimmen, fischen und wie man Feuer macht. Sie kennen die meisten Sternbilder und wissen, wie man sich im Wald nach den Himmelsrichtungen orientiert. Er hat Ebba mit fünf einen Kompass geschenkt, den sie hütet wie ein goldenes Ei.

»Die Mutter kannst du trotzdem nicht ersetzen«, sagt ihm die alte Bergit immer wieder, damit er es ja nicht vergisst.

Bergit ist ein Urgestein hier in Sjöhyttan. Ohne Bergit wüsste keiner hier, was er zu tun und zu denken hätte.

Per ist auf dem Weg ins Dorf mit den beiden Mädchen. Sie sitzen zu dritt vorne im Pick-up, und Ebba dreht zu Olivias Freude das Radio ständig lauter. Es läuft ein Sommerhit auf Englisch, und beide Kinder können den kompletten Text mitsingen. Bergit steht mit dem Fahrrad am Straßenrand, so als würde sie auf jemanden warten, den sie belehren kann.

Als Ebba sie sieht, sagt sie mit einer ulkigen verstellten Stimme: »Kämm dir mal die Haare, Kind!«

Per fährt extra langsam an Bergit vorbei, und Ebba streckt ihren Kopf aus dem Fenster.

»Hallo, Bergit, wie geht es dir?«, grüßt Per vom Fahrersitz.

»Kind! Du musst dir mal die Haare kämmen! Sonst nisten sich da noch die Krähen ein, Herrgott, es ist ein Jammer!«

Per fährt vorbei, und Bergit jammert weiter vor sich hin, wie schrecklich es doch ist, dass die Kinder ohne Mutter aufwachsen müssen.

»Ist es nur schrecklich wegen Ebbas Haaren oder warum sonst?«, fragt Olivia, die hinten aus der Scheibe die Alte beobachtet.

Per rührt diese Frage. »Manche Leute glauben, dass ohne Mama aufzuwachsen für Kinder nicht gut ist«, erklärt er Olivia und bemüht sich um Neutralität.

Snorre legt seinen Kopf auf Olivias Knie. Sie streicht ihm über den Kopf und lässt seine weichen Ohren nachdenklich durch ihre Finger gleiten.

»Glaubst du das auch?«, fragt sie schließlich.

Per parkt den Pick-up vor Nannis Café. »Ich glaube, es gibt hier drei Leute, die dringend ein Eis brauchen!«

»Jaaaaaa!« Olivia öffnet die Autotür und springt aus dem hohen Wagen. Snorre folgt ihr.

Ebba bleibt sitzen und schaut ihn an. »Ich weiß, dass du ablenkst, Papa«, sagt sie streng.

Per greift an ihr hübsches Kinn und hält es kurz fest. »Meine kluge große Tochter.« Dann lässt er sie los und antwortet ihr ehrlich: »Ich glaube, solange Kinder geliebt werden, ist es fast egal, mit wem sie aufwachsen.«

Ebba tippt ihm auf die Brust. »Gute Antwort!«, sagt sie und strahlt ihn an.

»Dann brauchst du ja jetzt kein Eis mehr.«

Sie verdreht die Augen, rutscht zur Tür rüber, springt leichtfüßig wie ein Reh aus dem Auto und ist schneller auf der Veranda von Nannis Café, als er aussteigen kann.

Nannis Café sieht die meiste Zeit des Jahres aus wie ein großes unaufgeräumtes Wohnzimmer. Jedes Jahr im Sommer, kurz bevor sich die Touristen nach Sjöhyttan verirren, bekommt Nanni ihren Rappel und räumt alles auf. Plötzlich stapeln sich neben den Sofas keine alten Zeitschriften mehr, und die Farbeimer in der Ecke verschwinden. Drei bis vier Monate lang sieht Nannis Café aus, wie sich die Ausländer ein schwedisches Café vorstellen. Der weiß gestrichene Dielenboden ist sauber, und nur Gustav, der große Berner Sennenhund, bringt etwas Unordnung, weil er irgendwo im Weg rumliegt. Per steigt über das große Fell, das jetzt den Kopf hebt und wedelt, weil Snorre ihn beschnüffelt. Olivia sitzt auf dem Boden und streichelt sein dichtes Fell.

Nannis Theke biegt sich beinah durch, so viele Leckereien hat sie dort gestapelt. Per sieht Blaubeerkuchen und Muffins mit kleinen rosa Cremehüten. Rhabarberkuchen mit Baiserhaube, Preiselbeertörtchen und eine Ansammlung von riesigen Keksen mit Schokostückchen. Alles hübsch drapiert auf Etageren und Tellern mit Absatz, sodass ein dreidimensionales Büfett aus Gebäck entsteht.

»Backst du dich schon warm?«, fragt Per lächelnd. Er muss sich sehr beherrschen, nicht einfach nach einem der Kekse zu greifen.

Nanni antwortet ihm mit einem breiten Grinsen. Sie ist eine blonde Frau um die fünfzig mit breiten Hüften und wunderschönen hellblauen Augen. »Hey, meine Süßen, das wurde auch Zeit, dass ihr mal wieder vorbeischaut«, begrüßt sie die Mädchen, die sich vor die Eistheke drängen. »Was darf es heute sein für die Damen? Kann ich euch vielleicht vor dem Eis einen kleinen Keks anbieten?«

Sie hält ihnen den Teller mit den Riesenkeksen hin.

»Ihr teilt einen!«, sagt Per schnell. Er weiß, dass Olivia sonst nie im Leben ihr Eis schafft.

»Och, Papaaaaa!«, mault Olivia, reicht aber den schnell gegriffenen Keks brav an die große Schwester weiter, die ihn gerecht in zwei Hälften teilt.

»Und einen krieg ich!« Per schnappt sich schnell einen Keks, bevor Nanni den Teller wieder wegstellt.

Nanni lächelt stolz, als er hineinbeißt und begeisterte Geräusche macht. Die Mädchen mampfen den Keks, und eine Weile lang herrscht im Café genüssliches Schweigen. Außer ihnen sind noch keine Gäste da. Die Einheimischen werden später kommen und die ersten Touristen vielleicht auch schon.

Nanni ist jedenfalls bereit für sie.

»Einen Milchkaffee?«, fragt sie Per, der versucht, so wenig wie möglich auf den sauberen Dielenboden zu krümeln.

Er nickt und sieht dankbar Gustav an, der sich nützlich macht und seine und die Krümel der Mädchen aufleckt. Snorre ist nirgends zu sehen.

Ebba bemerkt seinen suchenden Blick. »Der ist sicher in der Küche!«