Fear No Evil – Furcht soll dich begleiten - Allison Brennan - E-Book

Fear No Evil – Furcht soll dich begleiten E-Book

Allison Brennan

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Beschreibung

Im Netz hört dich niemand schreien

Jahrelang jagte FBI-Agentin Kate Donovan den Serienkiller Trask - bis er ihre Partnerin entführte und eiskalt ermordete. Danach hat sich Kate aus dem Dienst zurückgezogen und ist untergetaucht.
Jahre später entführt Trask erneut eine junge Frau: Lucy, die Schwester des forensischen Psychologen Dillon Kincaid. Dieser versucht fieberhaft, in die Gedankenwelt des kranken Psychopathen einzutauchen, um seine Schwester aus dessen Gewalt zu befreien - denn der Countdown für Lucys Leben läuft bereits. Trask macht nämlich ein Vermögen damit, ein zahlendes Publikum online am qualvollen Tod seiner Opfer teilhaben zu lassen. Helfen könnte Dillon jetzt nur Kate. Doch sie zögert - dabei hat Lucy nur noch zwei Tage zu leben ...

Der fulminante Abschlussband der No-Evil-Trilogie von Allison Brennan erstmals als eBook. Zwei Ermittler, die einander näherkommen und ein atemloser Wettlauf gegen die Zeit.

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung.


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Seitenzahl: 478

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Inhalt

Cover

Über dieses Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Prolog

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Danksagung

Über dieses Buch

Jahrelang jagte FBI-Agentin Kate Donovan den Serienkiller Trask – bis er ihre Partnerin entführte und eiskalt ermordete. Danach hat sich Kate aus dem Dienst zurückgezogen und ist untergetaucht.

Jahre später entführt Trask erneut eine junge Frau: Lucy, die Schwester des forensischen Psychologen Dillon Kincaid. Dieser versucht fieberhaft, in die Gedankenwelt des kranken Psychopathen einzutauchen, um seine Schwester aus dessen Gewalt zu befreien – denn der Countdown für Lucys Leben läuft bereits. Trask macht nämlich ein Vermögen damit, ein zahlendes Publikum online am qualvollen Tod seiner Opfer teilhaben zu lassen. Helfen könnte Dillon jetzt nur Kate. Doch sie zögert – dabei hat Lucy nur noch zwei Tage zu leben ...

Über die Autorin

Allison Brennan ist fest überzeugt, dass das Leben zu kurz ist, um sich zu langweilen. Deshalb bekam sie fünf Kinder und schreibt drei Bücher im Jahr. Nachdem sie dreizehn Jahre lang als Justizberaterin in Kalifornien gearbeitet hat, hat sie nun schon mehr als drei Dutzend Thriller und romantische Thriller veröffentlicht und ist New-York-Times- und USA-Today-Bestsellerautorin. Heute lebt Allison Brennan mit ihrem Mann und ihren Kindern in Nordkalifornien.

Allison Brennan

Furcht soll dich begleiten – Fear No Evil

Aus dem Amerikanischen von Sabine Schilasky

Digitale Erstausgabe

»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG

Für die Originalausgabe:

Copyright © 2007 by Allison Brennan

Published by Arrangement with Allison Brennan

Titel der amerikanischen Originalausgabe: »Fear No Evil«

Originalverlag: Ballantine Books, New York

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.

Für die deutschsprachige Erstausgabe:

Copyright © der deutschen Übersetzung 2010 by Verlagsgruppe Random House GmbH

Verlag: Diana Verlag, München

Für diese Ausgabe:

Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Lektorat/Projektmanagement: Johanna Voetlause

Covergestaltung: Guter Punkt, München unter Verwendung von Motiven © Getty Images/ HaraldBiebel; Getty Images/ ivandzyuba; Getty Images/ svehlik

eBook-Erstellung: 3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 978-3-7325-9034-6

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

Prolog

Fünf Jahre zuvor

Die Kranken und Perversen hatten abgestimmt: Tod durch Erstechen.

»Nein.«

Kate Donovans Flüstern wurde zu einem Schrei, als sie ihr Handy einsteckte. Sie war außerstande, eine Antwort auf die SMS zu schreiben, die ihr der letzte noch verbliebene Freund beim FBI soeben geschickt hatte.

Außerstande und vor allem zu wütend. Verdammt! Sie war so nah dran gewesen. Sie hatte es gewusst, es gefühlt, doch niemand wollte ihr glauben. Warum sollten sie auch? Es war keine zwei Tage her, dass sie ihre Leute in eine Falle geführt hatte, was ihren Kollegen und Geliebten Evan das Leben kostete und die Entführung ihrer Partnerin Paige zur Folge gehabt hatte.

Seit mehr als vierundzwanzig Stunden arbeitete sie nun schon daran, die Webcam zu Paige zurückzuverfolgen, angetrieben von den abscheulichen Dingen, die ihrer Partnerin bereits zugefügt und live im Internet übertragen worden waren. Bei jedem, der ihr einen Gefallen schuldete, war sie vorstellig geworden, hatte teure Hardware aus der FBI-Zentrale mitgehen lassen und sich in Privatfirmen gehackt. Leider fürchtete sie allmählich, dass all ihre Anstrengungen vergebens waren. Paige zu retten wurde zu ihrem obersten Ziel, musste es werden, denn sonst wäre sie gezwungen, über Evans Tod nachzudenken.

Während sie immer schneller durch den Wald lief, atmete sie durch den Mund ein und aus. In ihrem Kopf hörte sie eine unsichtbare Uhr ticken, die sie zur Eile antrieb. Angst jagte ihr Kälteschauer über den Rücken und schnürte ihr den Brustkorb zu, bis jeder einzelne Atemzug schmerzte. Sie würde es nicht schaffen.

Ein beängstigend menschlicher Schrei hallte durch die bewaldete Schlucht, brach jedoch jäh wieder ab.

Kate stolperte, konnte sich aber gerade noch abfangen und bemerkte verwundert, dass ihr Gesicht sich nass anfühlte. Ich weine doch wohl nicht, dachte sie irritiert, strich sich über die Wange und entdeckte Blutstreifen auf ihrer Hand. Die notdürftig verbundene Platzwunde an ihrem Kopf müsste genäht werden, doch dafür war jetzt keine Zeit.

Sie wischte sich die Hand an ihrer Jeans ab, wickelte den Verband fester um die Stirn und rannte mit gezogener Waffe weiter.

Die große, zweigeschossige Hütte stand auf einer Lichtung. Sobald Kate die Satellitenschüssel auf dem Dach sah, wusste sie, dass sie richtig war. Ihre Ausbildung und ihr Bauchgefühl hatten sich bezahlt gemacht: Sie hatte sich nicht getäuscht, was das Versteck betraf, in das Trask Paige verschleppt hatte. Die Öffnung der Schüssel wies in den blauen Himmel, sodass sie Paige Henshaws Vergewaltigung und Ermordung via Satellit zum Server und von dort zum nächsten Satelliten schicken konnte – live. Am liebsten wäre Kate quer über die Lichtung gerannt und hätte die Hütte gestürmt, doch das war zu riskant.

Sei nicht blöd, Donovan!

Im Schutz der Bäume schlich sie um die Hütte herum und ignorierte das Vibrieren ihres Handys. Das FBI wusste, wo sie war. Wäre es ihnen mit Paiges Rettung wirklich ernst gewesen, hätten sie auf Kate gehört und wären mit ihr gekommen, statt sie wegen Befehlsverweigerung festnehmen zu wollen.

Neben der Hütte parkte ein schwarzer Kombi, sonst waren keine Fahrzeuge zu sehen. Trask war nicht so dumm, sich ohne Schutz hier draußen aufzuhalten. Zwar hatte er vorletzte Nacht einige Männer verloren, als er Paige und Kate in den Hinterhalt im Lagerhaus lockte, aber mindestens zwei seiner Gorillas mussten noch übrig sein.

Ein unheimliches Hautkribbeln verriet ihr, dass sie beobachtet wurde. Ohne aus dem Baumschatten zu treten, blickte sie sich um. Sie dachte, sie hätte alle Sicherheitsfallen gemieden. Oder hatte sie unwissentlich doch irgendeinen Alarm ausgelöst, der eine Kamera oder ein Mikro in Gang setzte? Was für technische Überwachungssysteme mochte das Monster hier installiert haben?

Lautlos wie ein Jäger, der Beute erspähte, duckte sie sich ins Unterholz. Allerdings fühlte sie sich eher wie ein Reh im Visier eines Gewehrs, nicht wie eine hartgesottene FBI-Agentin.

Nichts. Aus der Hütte war kein Mucks zu hören, und auch der Wald war still, abgesehen vom leisen Rascheln des Windes in den Pinien, hier und da einem Frosch oder einem Vogel.

Wo war er?

Verflucht, Trask! Wo steckst du?

Sechzig Meter entfernt wurde die Hüttentür langsam geöffnet, und Trask erschien in der Tür.

Seinen richtigen Namen kannte Kate nicht. Für alle war er nur »Trask«, weil er Trask Enterprises gegründet hatte, eine Internet-Pornofirma. Ebenso wenig kannte sie seine Nationalität oder sein Alter. Jetzt betrachtete sie ihn genauer. Er sah mitteleuropäisch aus, zu dunkel für jemanden mit skandinavischen Wurzeln, zu hell für jemanden mit mediterranen. Wie alt mochte er sein? Dreißig? Älter?

Dieses Gesicht würde sie überall wiedererkennen. Erst vor sechsunddreißig Stunden hatte sie in seine eisblauen Augen geschaut, als er seine Waffe auf ihren Kopf richtete.

Er starrte genau in ihre Richtung, und die Zeit schien stillzustehen. Kates Mund wurde trocken. Sie war drauf und dran loszufeuern, aber sie drängte den Impuls zurück. Zwar war sie eine hervorragende Schützin, doch auf diese Distanz konnte sie nicht sicher sein, ihn wirklich auszuschalten.

Nachdem er ein paar Schritte auf die Veranda hinausgetreten war, folgten ihm zwei größere Männer. Einer von ihnen trug zwei Koffer. Der andere, der eine Halbautomatik in den Händen hielt, sah sich in alle Richtungen um, während die drei mit großen Schritten zum Kombi gingen. Kate entdeckte er nicht.

Falls sie das Schwein umbringen könnte, wäre sie bereit, ihr Leben zu opfern, denn fortan würde die Trauer um Evan sie ohnehin endlos quälen. Aber sollte es ihr nicht gelingen, Trask zu erwischen, wäre ihr Tod vergebens, und sie wollte nicht umsonst sterben.

Von ihrem Versteck aus sah sie zu, wie der Wagen wegfuhr, während Wut und Reue in ihr tobten. Sie hatte Evan verloren, hatte alles verloren, weil sie in dem Lager nicht schnell genug gewesen war. Sie hatte es versäumt, wesentliche Informationen zu überprüfen. Wäre sie doch bloß nicht so versessen darauf gewesen, Trask zu erwischen und allen zu beweisen, dass sie recht hatte, dann wären ihre besten Freunde nicht verloren, sie hätte ihren Job noch und ihre Freiheit.

Recht zu haben war vollkommen sinnlos, wenn alles zerstört wurde, was einem wichtig war.

Der Wagen verschwand hinter einer Biegung auf dem Waldweg. Erst jetzt rannte Kate zum Vordereingang der Hütte. Ihr Instinkt sagte ihr, dass alle fort waren, aber sie wollte sich dennoch erst gründlich umsehen.

Von der Veranda aus konnte sie durch eines der hinteren Fenster aus Paige sehen.

Sie lag auf einer blutdurchtränkten Matratze, und ein Messer ragte aus ihrer Brust. Ihr Körper war entsetzlich zugerichtet; ihre großen Augen schienen Kate vorwurfsvoll anzustarren.

Du hast mir versprochen, dass du mich findest.

Paige hatte ihr im Lagerhaus das Leben gerettet. Zuerst hatte Trask nämlich Kate erwischt und ihr seine Waffe an den Kopf gehalten.

»Du kommst mit mir«, hatte er gesagt.

Einen Moment später hatte Paige ihn von hinten attackiert und lange genug abgelenkt, dass Kate hinter ein paar Kisten springen und sich ihre Waffe wieder holen konnte, die sie im Kampf verloren hatte. Sirenen hallten durch die Nacht, während Kate hinter der Deckung hervorlugte, um gerade noch zu sehen, wie Trask Paige bewusstlos schlug und sein Partner, Roger Morton, sie aus dem Lager schleifte.

Kate hatte nicht geschossen, weil sie fürchtete, Paige zu treffen.

Und nun hatte Paige ihr Leben für Kate gegeben. Vor lauter Schmerz und Wut über ihr Versagen schrie sie auf. Sie wollte hineinrennen, um Paige die Augen zu schließen. Und sie wollte ihrem Boss die Hölle heißmachen, weil der ihr keine Verstärkung geschickt hatte. Vor allem aber wollte sie die verdammte Videokamera ausschalten, die das Bild von Paiges verstümmeltem Leib an Tausende kranke Schweine übermittelte, die dafür bezahlten, bei den Vergewaltigungen und dem Mord zuzuschauen.

Dann aber bemerkte sie etwas Grünes. Neben der Tür war eine Digitaluhr angebracht, und auf einmal registrierte Kate den ganzen Raum, nicht bloß Paiges Leiche.

Die Kabel.

Das Plastikpäckchen.

Das Laufwerk.

Es zählte rückwärts: 1:11, 1:10, 1:09.

Nachdem sie den Fensterrahmen auf mögliche Sprengfallen überprüft hatte, zerschlug Kate die Scheibe mit dem Griff ihrer Waffe, öffnete den Riegel von innen und stieg eilig hinein.

Der Countdown war inzwischen unter einer Minute. Kate zog ihre Jacke aus und ging zu Paige hinüber. Sie hätte sie so gerne hier rausgeschafft, doch dazu fehlte ihr die Zeit.

So viel Blut.

Es tut mir furchtbar leid, Paige.

Einundvierzig Sekunden.

Mit der Jacke griff sie hinunter und zog das Messer aus Paiges Brust. Es steckte im Knochen fest, sodass Kate all ihre Kraft aufwenden musste, um es herauszubekommen. Dann wickelte sie es in ihre Jacke und stieg durchs Fenster wieder nach draußen.

Sämtliche Spuren würden gleich vernichtet sein, aber vielleicht konnte das Messer sie zum Mörder führen.

»Ich finde ihn, Paige«, schwor Kate, bevor sie wieder zur Uhr sah.

Neunzehn Sekunden.

Kate rannte so schnell sie konnte. Bei der Explosion fühlte sie die Erde unter ihren Füßen beben. Sie wurde zu Boden geschleudert, wobei ihr die Jacke mit dem Messer aus der Hand fiel.

Es war ihr gleichgültig, dass damit das Beweismittel kontaminiert wurde, denn sie wollte lediglich einen Fingerabdruck. Der könnte ihr die wahre Identität von Paiges Mörder enthüllen.

Und Beweise brauchte man ohnehin nicht, wenn man gar nicht vorhatte, es zum Prozess kommen zu lassen.

1

Lucys Abschlussfeier fand draußen auf dem Football-Feld der Highschool statt. Hunderte Achtzehnjährige saßen erstaunlich still auf den Stuhlreihen rechts und links der geschmückten Bretterbühne. Dillon Kincaid hielt sich eine Hand über die Augen, um sie gegen die stechende Morgensonne San Diegos abzuschirmen, und suchte in der Menge nach seiner Familie. Er war spät dran, weil er noch kurzfristig eine psychiatrische Begutachtung bei einem Gefangenen vornehmen musste, dessen Anklageverlesung heute Nachmittag sein sollte.

Der Direktor rief die nächste Schülerin auf. »Monica Julian.« Eine große schlanke Blondine stieg die Stufen hinauf zur Bühne und nahm ihre Urkunde entgegen.

Ein Glück, dachte Dillon. Er hatte nicht verpasst, wie Lucy ihr Abschlusszeugnis überreicht bekam. Er musste bloß darauf achten, aus welcher Ecke der donnerndste Applaus kam, denn dort würde er den Kincaid-Clan finden, der ihm einen Stuhl reserviert hatte.

Der Direktor verlas noch fünfzehn weitere Namen, ehe »Lucia Kincaid« aus dem Mikro erklang.

Lächelnd blickte Dillon nach vorn, wo jeden Moment seine hübsche kleine Schwester auf die Bühne kommen würde. Sie hatte hart für ihren Abschluss gearbeitet. Und ihre Paukerei hatte sich gelohnt, denn sie war von der Alma Mater ihres Vaters in Georgetown angenommen worden. Nun hörte Dillon lauten, ausgelassenen Jubel aus einer der mittleren Sitzreihen rechts. Im selben Moment sah er Connor, den größten der Kincaids, aufspringen.

Rasch ging Dillon am äußeren Rand zu der Sitzreihe, in der seine Familie saß, während er immer wieder zur Bühne schaute.

»Lucia Kincaid?«, wiederholte der Direktor.

Verwundert blieb Dillon kurz stehen und drehte sich zu den Schülern um. Wo war Lucy? Kaum hatte er die richtige Sitzreihe erreicht, kam ihm auch schon Carina entgegen.

»Robert P. Kinney«, rief der Direktor den nächsten Schüler auf.

»Ich gehe Lucy suchen«, erklärte Carina, als sie bei Dillon angekommen war. Ihr Verlobter, Nick Thomas, stand direkt hinter ihr.

Dillon ging den beiden nach, blieb jedoch mit Nick ein Stück zurück, als Carina geradewegs die nächste Mädchentoilette ansteuerte. Vor vierzehn Jahren hatte sie selbst ihren Abschluss an dieser Schule gemacht und kannte die Örtlichkeiten sehr gut. Zwei Mädchen in Roben kamen ihr entgegen, die ihre Hüte zurechtrückten, und Carina sprach sie an. »Ist Lucy Kincaid da drinnen?«

»Ich glaube nicht«, antwortete eine.

Carina lief an ihr vorbei in den Waschraum und rief nach Lucy. »Sie ist nicht da«, sagte sie sehr ernst, als sie wieder zu Nick und Dillon nach draußen kam.

»Gibt es hier noch eine Toilette?«, fragte Nick.

»Ganz drüben auf der anderen Seite.«

»Dann sehen wir da nach.«

Hinter all den Stuhlreihen voller stolzer Angehöriger überquerten sie das Spielfeld. »Ich fasse nicht, dass sie ihre eigene Abschlussfeier schwänzt!«, murmelte Carina gleichermaßen besorgt wie wütend.

»Noch steht nicht fest, dass sie es tut«, erwiderte Dillon. »Es gibt sicher eine logische Erklärung. Vielleicht geht es ihr nicht gut.«

»Und dann ist sie nicht gleich zu uns gekommen und hat was gesagt?« Carina runzelte die Stirn und lief schneller. »Seit heute Morgen um acht haben wir sie nicht mehr gesehen. Sie ist zu Becky, um sich mit ihr zusammen für die Veranstaltung fertig zu machen, und meinte, sie wollte uns hier treffen.«

»Carina«, sagte Dillon, »nun vergiss mal eine Minute, dass du ein Cop bist, und geh nicht sofort vom Schlimmsten aus.«

»Tut mir leid, ich kann einfach nicht anders.«

Wenn er ehrlich war, müsste Dillon zugeben, dass er dieselben Befürchtungen hegte wie seine Schwester. Immerhin hatten sie beide tagtäglich mit den übelsten Verbrechern zu tun – Carina als Ermittlerin in der Mordkommission, Dillon als forensischer Psychiater, der solche Täter einschätzen und durchschauen musste. Und beider Berufswahl war nicht unerheblich durch den Mord an ihrem kleinen Neffen bestimmt worden. Wäre er vor elf Jahren nicht gewaltsam ums Leben gekommen, hätte heute auch Justin Stanton seine Abschlussfeier.

Carina eilte unter den offenen Tribünen hindurch zu den anderen Waschräumen. Um die Ecke stand eine Gruppe männlicher Schüler und rauchte. »Sie sind schon bei N, also geht lieber zurück«, sagte Carina zu ihnen.

»Und wenn schon«, konterte einer der Jugendlichen.

Carina bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick, aber Dillon fasste sie am Arm. »Suchen wir weiter nach Lucy.«

Außer einer Mutter mit ihrer Tochter war niemand in der anderen Mädchentoilette.

Nachdem Carina die beiden Männer informiert hatte, murmelte sie vor sich hin: »Wo kann sie bloß sein?«

»Du hast gesagt, sie ist heute Morgen zu Becky Anderson gefahren. Ist das die zierliche Blonde, die bei ihrem Geburtstagsdinner dabei war?«

Carina nickte. »Sie sitzt in der dritten Reihe links.«

»Ich rede mal mit ihr. Such du inzwischen mit Nick weiter den Campus ab.«

Zunächst schien Carina ihm widersprechen zu wollen, und Dillon war klar, dass sie Becky am liebsten selbst fragen würde, aber schließlich ging sie mit Nick Richtung Parkplatz.

Dillon machte sich auf den Weg zu den Schülerplätzen. Ungefähr in der Mitte der dritten Reihe saß Becky. Er winkte ihr zu, um sie auf sich aufmerksam zu machen.

Prompt kam einer der Lehrer auf ihn zu. »Ich muss Sie leider bitten zu gehen. Sie können nach der Zeremonie mit Ihrer Tochter reden.«

Autsch. Dillon mochte zwar alt genug sein, um eine Tochter in Beckys oder Lucys Alter zu haben, aber er vernahm es ungern in dieser Deutlichkeit. Vielmehr war es ihm bisher immer gelegen gekommen, dass Lucy den riesigen Altersunterschied zu ihren sechs Geschwistern vor anderen konsequent herunterspielte.

»Ich muss nur kurz mit Becky Anderson sprechen. Es ist wichtig.«

»Ich fürchte, das geht jetzt nicht.«

Nun endlich sah Becky in seine Richtung, und Dillon bedeutete ihr, zu ihm zu kommen. Sie drängte sich an den anderen vorbei. Ihrem Gesicht war anzusehen, dass sie genau wusste, warum Dillon sie sprechen wollte.

»Sir ...«, setzte der Lehrer erneut an.

»Hier geht es um ein vermisstes Mädchen. Ich muss Becky sprechen.«

Ohne den Lehrer eines weiteren Blickes zu würdigen, nahm Dillon Becky beim Arm und führte sie aus der Menge.

Die Achtzehnjährige hätte schuldbewusster gar nicht aussehen können.

»Du weißt, warum ich mit dir reden will, nicht?«, fragte Dillon, der sich bemühte, bei aller Sorge um Lucy ruhig zu bleiben.

»Ich ...« Becky nagte an ihrer Unterlippe. »Ich weiß auch nicht, wieso Lucy zu spät kommt.«

»Eine Stunde zu spät!«

»Na ja, ich ... sie kommt bestimmt noch«, stammelte Becky unsicher.

»Was ist passiert, nachdem Lucy heute Morgen bei dir ankam?«

»Ähm, sie war gar nicht da.«

»Was?«, schrie Dillon fast. »Wo war sie denn dann?«

»Na ja, also, du verstehst das nicht.«

»Becky, sag mir die Wahrheit. Sofort!«

»Sie hat sich mit jemandem getroffen.«

»Mit wem?«

»Einem Freund.«

»Name?«

»Trevor Conrad.«

Dillon überlegte. »Der Name sagt mir nichts.« Andererseits musste er gestehen, dass er in letzter Zeit viel zu beschäftigt gewesen war, um sich bezüglich des Privatlebens seiner kleinen Schwester auf dem Laufenden zu halten.

»Er ist auf dem College.«

Sogleich wurde Dillon misstrauisch. »Wo hat sie ihn getroffen?«

»Im Starbucks. In dem hier um die Ecke«, fügte Becky rasch hinzu, als wäre dadurch alles ganz harmlos. »Da gehen wir immer hin.«

»Und du hast für sie gelogen?«

»Hab ich doch gar nicht«, widersprach Becky.

Dillon lüpfte bloß eine Braue, schon platzte es aus Becky heraus: »Lucy wusste doch, dass alle ausflippen würden, wenn sie dahinterkommen, dass sie im Intern...« Erschrocken verstummte sie mitten im Wort.

»Im Internet jemanden kennengelernt hat?«, ergänzte Dillon.

Auf Beckys Nicken holte Dillon sofort sein Handy aus der Tasche und wählte Lucys Nummer.

»Hola! Hier ist Lucy. Entweder quatsche ich gerade oder ich schlafe. Hinterlasst mir eine Nachricht. Adios.«

»Lucy, hier ist Dillon. Ruf mich an, sobald du diese Nachricht abgehört hast. Es ist dringend.«

Dann legte er auf.

»Was weißt du über Trevor Conrad?«, fragte er Becky.

»Er ist auf der Georgetown, im ersten Jahr. Er kommt aus Los Angeles. Lucy hat ihn über eine Online-Gruppe an der Georgetown kennengelernt. Das ist alles ganz gesichert. Man muss an der Uni sein, um in den Chat zu kommen. Lucy ist ja nicht blöd.«

Sie muss auch nicht blöd sein, um in Gefahr zu geraten.

Dillon war jetzt mindestens so besorgt wie Carina zuvor. Trevor Conrad konnte an der Georgetown studieren und dennoch eine Bedrohung darstellen. Oder er gab sich nur als Student aus. Dillon musste schnellstmöglich zu dem Starbucks.

»Wann war Lucy mit diesem Trevor verabredet?«

»Um neun«, sagte Becky.

»Gibt es noch etwas, das du mir nicht erzählt hast, Becky?«

Wieder biss sie sich auf die Lippe, und Tränen liefen ihr über die Wangen. »Sie hat mir versprochen, eine Viertelstunde vor der Feier hier zu sein. Ich weiß nicht, was passiert ist. Lucy müsste längst hier sein. Es tut mir so leid.«

Lucy kam langsam zu sich, als ein vibrierender Motor in einen anderen Gang wechselte.

Ihre Lider wollten sich nicht heben, ihre Arme und Beine fühlten sich tonnenschwer an, und ihr war eiskalt. Als sie versuchte, ein Stück zur Seite zu rutschen, stellte sie fest, dass sie an ein Metallrohr gefesselt war.

Sie saß in einer flachen Meerwasserpfütze, deren strenger Salzgeruch ihre vernebelten Sinne durchdrang und sie richtig wach machte. Das dumpfe Motorengeräusch und das Schwanken verrieten ihr, dass sie in einem Schiff war. Es konnte kein großes Schiff sein, denn dafür schaukelte es zu sehr, aber groß genug, um mehrere Laderäume unter Deck zu haben.

Ihre neue Wildlederjacke, die Carina ihr zum Schulabschluss geschenkt hatte, war zerrissen. Lucy spürte, wie ein Lederlappen an ihrem Ellbogen herabhing. Für einen Sekundenbruchteil machte es sie unglaublich wütend, ehe sie begriff, dass es noch viel mehr gab, was absolut nicht in Ordnung war.

Jemand war bei ihr in dem Laderaum.

»Na, bist du endlich aufgewacht.«

Beim Klang der fremden Männerstimme zuckte sie zusammen.

»Wer sind Sie?«, fragte Lucy, die sich bemühte, ruhig zu sprechen. Aber ihre Stimme klang trotzdem ängstlich.

Keine Antwort. Obwohl ihr Kopf entsetzlich wehtat, zwang sie sich, die Augen zu öffnen. Über ihr leuchteten gedämpft orangene Sicherheitslichter. Sie war also tatsächlich in der Ladeluke eines Boots, in einem kleinen Raum voller Rohre und Kanister. Hinter ihr war die Maschine, deren Dröhnen von den Stahlwänden widerhallte, als käme es aus allen Richtungen gleichzeitig. Lucy schluckte und musste husten.

Ein großer Mann mit blondem Haar saß auf einem Stuhl an der Tür und betrachtete sie aus dunklen Augen. In seiner rechten Hand hielt er eine Waffe.

Wieder schluckte Lucy. »Wer sind Sie?«, wiederholte sie. Vor Angst wurde ihr speiübel. Wie war sie nur hierhergekommen? Was war passiert? Alles war verschwommen, und ihr Kopf fühlte sich merkwürdig dumpf an. Hatte sie jemand bewusstlos geschlagen? Sie erinnerte sich nicht. Nein, es tat gar nicht richtig weh. Sie war einfach nur müde.

Hatte man sie unter Drogen gesetzt?

Der Fremde stand auf und klopfte an die geschlossene Stahltür. Einen Moment später wurde sie von außen geöffnet. »Sie ist wach«, sagte er zu jemandem, den Lucy nicht sehen konnte.

»Ich hole ihn«, antwortete eine andere Stimme. Gleich darauf hörte Lucy, wie jemand eine Stahltreppe hinaufstieg.

»Was ist los?« Lucy gab sich Mühe, mutig zu klingen, auch wenn sie vor Angst zitterte.

Das Letzte, woran sie sich erinnerte, war, wie sie von zu Hause wegfuhr, um Trevor zu treffen. Sie hatten das letzte Jahr gechattet und in letzter Zeit auch häufiger telefoniert.

Im Starbucks war sie nie angekommen. Was war passiert? Sie konnte sich überhaupt nicht erinnern.

Denk nach, Lucy!

Es war viel Verkehr gewesen, na ja, neun Uhr morgens an einem Donnerstag eben. Sie hatte zwei Stunden Zeit gehabt, um zur Schule zu kommen. Mehr als genug. Als sie ihren Wagen ganz hinten auf dem Parkplatz abstellte, war sie nervös gewesen. Wenn Trevor sie nun unsympathisch fand? Wenn sie ihm zu jung oder zu unreif war?

Sie hatte ihre Autotür geöffnet ...

Nichts. Danach wusste Lucy nichts mehr.

Wieder ging die Tür des Laderaums auf, und ein anderer Mann kam herein. Er winkte den bulligen Kerl mit der Waffe weg und sagte: »Wir umkreisen die Insel, bis wir sicher sein können, dass die Luft rein ist. Sag mir Bescheid, bevor wir anlegen.«

Insel? Lucy erschauderte. Der Mann war jünger als der Kerl mit der Waffe, vielleicht fünfunddreißig oder vierzig. Er hatte ebenfalls blondes Haar, das windzerzaust war. Er sah sogar ganz gut aus, fand Lucy, bis sie in seine Augen blickte.

Kalt, hart, blau. Selbst im gedämpften Licht erkannte sie, wie eisig sie waren.

»Hallo, Lucy.«

»Wer sind Sie? Warum bin ich gefesselt?«

»Aber, aber«, antwortete er spöttisch. »Ich bin schockiert, dass du mich nicht erkennst.«

Sie schüttelte den Kopf. »Ich kenne Sie nicht.«

Sein Lächeln beruhigte sie ganz und gar nicht. »Ich entsinne mich, dass du einmal behauptet hast: ›Wir sind Seelenverwandte, das fühle ich. Ich würde dich überall erkennen.‹«

Lucy rang nach Luft. Er hatte die Worte zitiert, die sie Trevor Conrad geschrieben hatte, ihrem Online-Freund. Aber Trevor war ein Erstsemesterstudent an der Georgetown, wo sie diesen Herbst anfangen sollte. Sie hatten sich in einem Chatroom der Georgetown-Studenten kennengelernt. Er war neunzehn, nicht dieser Mann, der älter war als ihre Brüder.

»Sie sind nicht ...«

Er lachte und berührte ihr Gesicht. Lucy wich zurück, als hätte er sie verbrannt, worauf sich seine Miene verfinsterte und er sich zu ihr hinabbeugte. Eine Furcht, wie Lucy sie nie zuvor gekannt hatte, brachte ihren ganzen Körper zum Zittern. »Du hättest auf deine Familie hören und dich nicht mit jemandem treffen sollen, den du gar nicht kennst.«

»Aber warum?« Ihre Stimme klang wie ein Quieken, und sie hasste es. »Warum tun Sie das?«

»Du wirst ein Star, Lucy.«

»Ich will nach Hause. Meine Familie hat ein bisschen Geld. Rufen Sie sie an. Sie kommen und lösen mich aus.«

Er richtete sich lachend auf und ging zurück zur Lukentür. »Aber Lucy, denkst du denn, es geht immer nur ums Geld? Du kapierst es noch nicht, aber das wirst du bald, sogar schon sehr bald. Deine Familie versucht vielleicht, dich zu finden, aber du siehst sie nie mehr wieder.«

Dann öffnete er die Tür.

»Was haben Sie vor?«

Trevor blickte sich zu ihr um. »Glaub mir, Süße, das willst du gar nicht wissen.«

Sie war perfekt.

Trevor Conrad war natürlich nicht sein richtiger Name, aber er hatte einmal einen Trevor Conrad gekannt und umgebracht. Genau genommen wäre Trevor Conrad außer sich vor Begeisterung, könnte er diese dunkelhaarige Schönheit noch erleben. Nur verschimmelte der in seinem Grab und hatte es auch nicht anders verdient. Was Lucy anging, so war er Trevor Conrad, ein Studienanfänger an der Georgetown. Und war Lucy erst tot, würde er sich die Identität eines anderen Toten suchen. Er hatte ja reichlich Auswahl.

Auch Trask war nicht sein Name, aber er war mit ihm aufgewachsen und hatte sich an ihn gewöhnt. Ja, er mochte ihn inzwischen sogar. Der Name flößte Respekt ein. Trask. Das klang stark, durchsetzungsfähig. Besonders hatte ihm gefallen, wie Special Agent Kate Donovan ihm ins Gesicht gespuckt hatte. Diese Abscheu, die war ein Genuss gewesen, bevor er mit ihrer Partnerin aus dem Lagerhaus entkommen war. Ihm gefielen Frauen, die sich wehrten. Bei denen machte das Töten doppelt so viel Spaß.

Schade, dass er Kate in dem Lagerhaus nicht zu packen bekommen hatte. Doch das war nur ein kleiner Rückschlag. Seit sie und ihre Partnerin angefangen hatten, gegen Trask Enterprises zu ermitteln, waren die beiden zum Problem geworden. Oberflächlich betrachtet, konnte man der Firma gar nichts anhaben, aber die beiden hatten tiefer gegraben. Trotzdem konnten sie ihm den Mord an April Klinger nie nachweisen. Zum einen war sein Gesicht in dem Film kein einziges Mal zu sehen, zum anderen gab es keine Leiche. Die Säure hatte längst alles weggefressen, was April identifizierbar machte, selbst wenn sie die Stelle fanden, an der er sie verscharrt hatte.

Dennoch waren seine sonstigen Unternehmen gefährdet. Trask Enterprises war legal und über jeden Verdacht erhaben, seine spannenderen Nebenprojekte waren es allerdings nicht.

Deshalb war es umso ärgerlicher, dass er in jener Nacht, in der er Kate nicht schnappen konnte, zwei seiner Männer verlor. Das würde er ihr nie verzeihen. Gute Leute, die Befehle prompt ausführten, waren schwer zu finden. Und nachdem Kate ihn gesehen hatte, musste er abtauchen. Das hieß, er musste seine legalen Unternehmen den lächerlichen Investoren überlassen, die sich nun reichlich an Trasks Cyber-Meisterwerk bedienten: Sexrollenspiele. Noch dazu musste Roger von der Bildfläche verschwinden, weil er wegen Mordes gesucht wurde.

Allein der Gedanke daran, was er alles verloren hatte und wie viel Geld es ihn gekostet hatte, fünf Jahre lang unsichtbar zu bleiben, machte ihn wütend. Paige Henshaw hatte er erwischt, aber Kate war ihm entkommen. Die Schlampe. Er konnte es gar nicht erwarten, ihren zarten Hals zwischen die Finger zu kriegen.

Fürs Erste aber würde er die kleine Lucy denken lassen, was sie wollte. Sollte sie ruhig glauben, er wäre Trevor Conrad. Es spielte keine Rolle, ob sie seinen richtigen Namen kannte oder nicht, denn in zwei Tagen war sie sowieso tot.

»Alles klar?«, fragte er Ollie, als er wieder an Deck kam.

Die Sonne war fast vollständig untergegangen, das letzte Zwielicht löste sich schnell in Dunkelheit auf. So weit nördlich war der Abendwind kühl, doch Trask zog keine Jacke über, denn er genoss die frischeste Luft der Welt. Hier hatte er sich immer schon zu Hause gefühlt.

»Ja, Sir«, antwortete Ollie.

»Dann leg an, wenn du wieder auf der anderen Seite bist. Ist das Haus vorbereitet?«

»Ja. Denise hat Spitzenarbeit geleistet.«

»Dachte ich mir.«

Vor Jahren hatte er geplant, Denise umzubringen, aber sie war so vollkommen unterwürfig, dass sie am Ende zu einer wichtigen Partnerin avancierte. Special Agent Paige Henshaw starb an ihrer Stelle, und das war besser so. Denise tat alles, was Trask von ihr verlangte, auch wenn es natürlich nicht so viel Spaß machte, nur so zu tun, als würde man eine Frau vergewaltigen. Eine zu nehmen, die ihn nicht wollte, war um einiges unterhaltsamer.

Paige. Ja, mit ihr war es höchst befriedigend gewesen. Leider hatte ihre arrogante Kollegin sie bis zur Hütte verfolgt, weshalb er genötigt gewesen war, sie zu schnell zu töten, was wiederum über eine Million Dollar Verlust zur Folge hatte.

Er hatte Lucy Kincaid belogen: Es ging immer um Geld. Der Rest jedoch war einfach bloß Vergnügen.

Vor fünf Jahren war die Insel zu seinem Zufluchtsort geworden. Seine Kontakte brachen zeitweise ab, und so schaffte er es nicht, die Schlampe zu finden, die ihn reingelegt hatte. Aber Special Agent Kate Donovan hatte ihre eigenen Probleme und musste selbst untertauchen.

Na, Kate, wie fühlt es sich an, auf der Flucht zu sein? Eines Tages werde ich dich holen. Du kannst dich nicht ewig vor mir verstecken.

Lucy Kincaid zu töten würde ihm Vergnügen bereiten.

Kate Donovans Ermordung würde reinste Ekstase sein.

2

Kurz nach Mitternacht schrillte der Alarm.

Kate setzte sich sofort kerzengerade auf ihrer Liege auf und schlüpfte in ihre Stiefel, bevor ihre Füße den kalten Estrich berührten. Dann ging sie zum Computertisch, der eine ganze Wand ihres kargen Zimmers einnahm. Das Licht der Monitore reichte vollkommen aus, um auch die Tastatur zu erkennen.

Sie tippte ihr Passwort ein und beobachtete, wie das von ihr erweiterte Sicherheitsprogramm die neueste installierte Webcam identifizierte.

Allzu viel Hoffnung machte sie sich nicht, dass es Trask sein könnte. Seit fünf Jahren war sie nun schon auf der Flucht und suchte gleichzeitig nach ihm. Sie gab nicht auf. Nach Paige hatte er noch zwei weitere Frauen ermordet, und beide lasteten schwer auf Kates Gewissen. Hätte sie ihn doch bloß zur Strecke gebracht, als sie die Chance dazu gehabt hatte!

Aber inzwischen verfügte sie über bessere technische Mittel und mehr Zeit. Seit sie vor zwei Jahren dieses Versteck aufgetan hatte, musste sie nicht mehr ständig den Wohnort wechseln. Folglich konnte sie sich aufs Wesentliche konzentrieren, ohne dauernd auf der Hut sein zu müssen.

Mindestens zweimal täglich ging der Alarm los, manchmal sogar öfter. Sie durchlief die Masken, die sie für eine methodische Quellensuche eingerichtet hatte, ohne einen einzigen Schritt auszulassen. Das systematische Vorgehen hatte überdies den Effekt, dass es sie ruhiger machte und ihr half, einen kühlen Kopf zu bewahren.

Sie wusste, wenn sie das Signal zu schnell fand, war es nicht Trask. Dazu war er zu gut.

Feed nicht gefunden.

Kate richtete sich gerade auf und schaltete die Kaffeemaschine an, um den Rest in der Kanne aufzuwärmen. Sie musste sparsam leben, da gehörte abgestandener Kaffee eben dazu. Ihr blondes Haar und die blauen Augen waren zu auffällig in Mexiko, deshalb unternahm sie die Tagesreise nach Monterrey so selten wie möglich. Sie wollte nicht wieder verschwinden müssen. Außerdem war die Gegend mit ihren korrupten Behörden, den Verbrecherbanden und Drogenschmugglern verdammt gefährlich – bis auf diesen Flecken hier. Die Sternwarte auf dem Berggipfel war perfekt, um Trasks Bewegungen nachzuverfolgen. Sie war weit genug oben, um Störsignale auszuschalten, sich in Sicherheitsnetzwerke einzuklinken und jede Live-Webcam zu überwachen, zu der sie die Netzeinspeisung fand. Und vor allem war sie so abgelegen, dass der alte Professor Fox und Kate weder von Besuchern noch von Touristen behelligt wurden.

Für gewöhnlich schickte Kate einen der Jugendlichen aus dem Dorf zum Einkaufen. Manchmal stahlen sie sich mit ihrem Geld davon, aber manche brachten ihr, was sie brauchte, weil sie sich die Sterne ansehen wollten.

Auch Kate betrachtete die Sterne hin und wieder in den seltenen Nächten, in denen sie nicht das Gefühl hatte, es wäre sowieso alles sinnlos. Ja, es gab Momente, da hoffte sie tatsächlich, Trask würde nicht wieder morden und keine Frau müsste mehr einen grausamen, qualvollen Tod finden, damit er Millionen von den Perversen abkassierte, die sich einen runterholten, während sie zusahen, wie Frauen vergewaltigt, gefoltert und schließlich abgeschlachtet wurden.

Zumeist aber dachte sie nur daran, wie gern sie ihn eigenhändig umbringen würde und ihn genauso leiden ließe, wie die neun Frauen gelitten hatten – wenn ihre Zählung stimmte. Sie würde ein Messer, ein Gewehr oder irgendeine andere Waffe benutzen – Hauptsache, er war endlich tot.

Jetzt jedoch musste sie ihre Gefühle beiseitelassen, während sie das nächste Quellensuchprogramm startete.

Feed nicht gefunden.

Sie schenkte sich lauwarmen Kaffee in den Becher, schaufelte einen Löffel Zucker hinein und rührte um, während sie die Zahlenreihen verfolgte, die über den Monitor liefen. Es waren die Satellitenfrequenzen mit den entsprechenden Servern. Legale Webcams meldeten alle nötigen Informationen an den Satelliten, die von dort an die Server weltweit weitergegeben wurden. Und weil sie alle dasselbe System benutzten, waren sie leicht zu identifizieren.

Trask hingegen hielt es wie die meisten Cyber-Kriminellen und überlistete das System, indem er die Daten so oft zwischen Servern und Satelliten hin- und herschickte, bis es praktisch unmöglich nachzuvollziehen war, woher sie ursprünglich stammten. Bis die Behörden also die Spur zurückverfolgt hatten, was Tage dauern konnte, und vielleicht sogar die Quelle fanden, hatten die Verdächtigen reichlich Zeit, sich aus dem Staub zu machen. Oder aber sie machten es wie Trask, benutzten ein zufallsgeneriertes Protokoll und sorgten so dafür, dass das FBI sie nicht zu fassen bekam. Selbst ein schneller Durchsuchungsbefehl half nur selten, denn die Kriminellen meldeten sich unter falschen IP-Adressen an, mit denen sie die Ermittler in die Irre führten.

Formalitäten wie Durchsuchungsbefehle waren für Kate allerdings nicht mehr relevant, denn sie hatte sich bereits von den Regeln des Gesetzes verabschiedet. Ihr Ziel war es, Trask nicht ins Gefängnis zu bringen.

Feed nicht gefunden.

Sie zögerte einen Moment, bevor sie sich in den Tarn-Account einloggte, den sie vor fünf Jahren eingerichtet hatte, um Trask zu überwachen. Falls jemand beim FBI es mitbekam, könnten sie Kate zurückverfolgen, deshalb musste es schnell gehen.

Ihr Tarn-Account-Profil war ein wohlhabender Geschäftsmann aus Texas. Hier hatte sie eine Kreditkarte ohne Limit angegeben, denn einer Frau beim Sterben zuzusehen kostete fünfundzwanzigtausend Dollar. Einmal hatte sie den Account bisher benutzt, doch damals war sie zu spät gewesen.

Vor fünf Jahren waren Kate und Paige mit dem Fall der vermissten April Klinger betraut worden. April war mit siebzehn von zu Hause weggelaufen, und ein Privatdetektiv, den ihre Großmutter angeheuert hatte, entdeckte, dass April als Pornodarstellerin online war. Dabei fand er einen Filmausschnitt, der ihm verdächtig vorkam, und schaltete das FBI ein.

Wie es aussah, war April ermordet und die Vergewaltigung sowie ihr Tod im Netz veröffentlicht worden. Hunderttausende User hatten sich den Film runtergeladen.

Das Problem war, dass sie keine Leiche hatten. Die FBI-Ermittlungen führten sie zu Trask Enterprises, das von dem schmierigen Roger Morton geführt wurde. Er leugnete, dass jemand namens »Trask« überhaupt existierte.

Trask Enterprises hatte seine Finger in vielen vermeintlich legalen Internet-Porno-Firmen, die Abo-Kunden köderten. Zwischen $9,95 und $29,99 monatlich zahlten die abertausend Kunden dafür, sich Live-Sex, Rollenspiele einschließlich Vergewaltigung, Männer- oder Frauenstriptease und sonstiges anzusehen. Pornografie war heute keine reine Männerdomäne mehr. In ihrer Zeit bei der Abteilung für Sexualdelikte hatte Kate einige Anzeigen verfolgt, bei denen sich am Ende herausstellte, dass es sich um einvernehmlichen Geschlechtsverkehr handelte, den die Beteiligten zum Spaß ins Netz gestellt hatten.

Bei dem, was der Privatdetektiv ihnen brachte, ahnte Kate jedoch gleich, dass es ernst war, und als eine Zeugin nach der anderen tot aufgefunden oder vermisst gemeldet wurde, wusste sie, dass sie einen Fall hatte. Und einen Verdächtigen.

Trask.

Paige und sie schafften es, jemanden bei Trask Enterprises aufzutun, der sie heimlich mit Informationen versorgte: eine verängstigte Frau namens Denise Arno. Sie versprachen ihr komplette Straffreiheit, wenn sie ihnen Trask lieferte.

Irgendetwas aber musste in der Nacht im Lagerhaus passiert sein. Kate war immer noch nicht sicher, warum ihre Verstärkung nicht eingegriffen hatte oder wie Trask dahinterkam, dass Denise ihn reingelegt hatte. Plötzlich standen Paige, Kate und Evan allein gegen fünf Schwerbewaffnete, und die arme Denise war vermutlich schon tot gewesen.

Nach jenem Vorfall tauchten Trask und sein Handlanger Roger Morton unter. Aber Kate hatte ihn gesehen, den Mann, der bei Trask Enterprises die Fäden zog. Und sie konnten ihre Firma nicht legal weiterführen, weil das FBI Trask und Morton suchte, um sie zum Tod zweier Agenten zu befragen. Roger Morton war sogar aufgenommen worden, während er Paige vergewaltigte.

Trotzdem besaßen die beiden selbst nach fünf Jahren noch genug Geld, Tarnfirmen, falsche Namen und Helfer, um ihre Geschäfte weiter zu betreiben, ohne je selbst in Erscheinung zu treten. Kate wusste, dass Trask nach wie vor hinter vielen der großen Sex-Websites steckte, mit denen Millionen verdient wurden. Und einmal im Jahr fand die ganz große Show statt.

Das Piepen ihres Computers riss sie aus ihren Gedanken. Sie sah auf den Bildschirm. Das war er. Trask. Und der Countdown hatte schon begonnen.

47:35:09

Dass sie nicht einmal fünfundzwanzig Minuten gebraucht hatte, um ihn zu finden, vermochte Kate nicht zu trösten.

Die ersten vier Stunden waren gratis. Danach musste jeder bezahlen, um weiterzusehen.

Fünfundzwanzigtausend kostete es, die psychische und physische Folter einer jungen Frau zu beobachten. Zu sehen, wie ihre Angst beständig größer wurde. Mitzuerleben, wie sie vergewaltigt wurde.

Und dabei zu sein, wenn sie ermordet wurde.

Ein zusätzlicher Bonus für die zahlenden Kunden war ein »Best of«-Zusammenschnitt der vorherigen Vergewaltigungen und Morde.

Alles lief unter dem Titel »Fantasie-Rollenspiele«. Trask behauptete, die Szenen wären gestellt, aber Kate kannte den Unterschied zwischen künstlichem und echtem Blut. Und sie konnte die Augen Lebender von denen Toter unterscheiden.

Die vier Gratisstunden sollten die Perversen anlocken und ihnen einen Vorgeschmack auf das geben, was folgen würde. Trask wollte sie verlocken, ihre Häuser zu beleihen, sich ihre Pensionen auszahlen zu lassen, ihre Freunde oder Verwandten zu bestehlen, um in den Genuss zu kommen, einer Frau beim Sterben zuzugucken.

Der Raum, in dem es stattfand, war gewöhnlich schlicht und frei von irgendwelchen besonderen Merkmalen – holzvertäfelt wie die Hütte, in der Paige Henshaw gestorben war, mit wenig oder gar keinem natürlichen Licht.

Trasks neuestes Opfer sah aus, als wäre es ungefähr im College-Alter, und war sehr hübsch. Er zog es vor, hübsche Mädchen zu töten. Noch war sie bekleidet, und im grellen Licht der beiden Scheinwerfer, die sie aus der Kamerarichtung anstrahlten, wirkte ihr Gesicht verängstigt, aber gleichzeitig auch stark. Dieses Mädchen war eine Kämpferin. Sie würde nicht so schnell aufgeben.

Kate rannte ins Bad und übergab sich in die Toilette, bis ihr Magen vollkommen leer war, und selbst dann würgte sie noch heftig.

Trask war zurück und hatte ein weiteres Opfer. In achtundvierzig Stunden wäre das Mädchen tot.

Falsch. In siebenundvierzig Stunden, zweiundzwanzig Minuten und zehn Sekunden.

Kate setzte sich wieder an ihren Computer, klickte ihren E-Mail-Server an und schickte eine Nachricht an den einzigen Menschen beim FBI, dem sie vertraute.

Er ist wieder da. IP-Adresse unter folgendem Link. K.

Sie zögerte, ehe sie die Mail abschickte. Es bestand jederzeit die Gefahr, dass das FBI sie aufspürte und sie vor den Untersuchungsausschuss brachte. Nicht dass es sie kümmerte, ob sie ihren Job verlor oder nicht. Das war Kates geringste Sorge, denn nach fünf Jahren auf der Flucht gab es ohnehin keinen Job mehr, in den sie zurückkehren könnte. Doch sie wollte ihre Freiheit nicht verlieren, und ebenso wenig wollte sie für den missglückten Einsatz verantwortlich gemacht werden, bei dem ihr Freund Evan und ihre Partnerin Paige ums Leben kamen.

Ihr früherer Boss, Jeff Merritt, hatte ihr genau das angedroht, als sie sich vor fünf Jahren allein auf die Suche nach Paige machte. »Es ist deine Schuld, dass Paige entführt wurde. Falls sie stirbt, kostet dich das deinen Job, und ich werde dafür sorgen, dass du für den Rest deines Lebens hinter Gitter wanderst.«

Seit fünf Jahren schickte sie dem FBI heimlich alles, was sie in Erfahrung brachte, aber jede Spur hatte sich bisher als Sackgasse erwiesen. Vor zwei Jahren waren sie einmal ganz dicht dran gewesen. Dann stellte Trask dem FBI eine Falle, und ein Team von Topagenten wäre beinahe draufgegangen. Das machte Kates früheren Chef umso wütender. Er forderte ihren Kopf, und Kate wusste, dass er ihn ihr mit Freuden eigenhändig abschlagen würde.

Aber konnte sie einfach nichts tun? Sie war nicht schuld, dass sich die vorherigen Adressen, die sie ausfindig gemacht hatte, als fingiert erwiesen. Trask war ein Computer-Genie. Wann immer sie glaubte, sie hätte seine Tricks durchschaut, wartete er mit neuen auf.

Was konnte sie anderes tun, als jeden einzelnen Trick zu analysieren, den er benutzte, und weiter im World Wide Web nach ihm zu suchen? Es gab Millionen Satellitenübertragungen, und eine davon führte zu ihm. Bisher war er ihr stets einen Schritt voraus gewesen, auch dann, wenn sie sich bereits dem Ziel nahe wähnte. Im Schlaf verfolgte sie sein hämisches Gelächter über ihre Misserfolge.

Kate blickte auf den Bildschirm. Das dunkelhaarige Mädchen wurde an einen Stuhl gefesselt. Dann zoomte die Kamera zu ihrem Gesicht, damit die Zuschauer die Angst in ihren Augen sehen konnten. Ein Mann, den Kate nicht erkannte, hielt ihr drohend ein Messer an die Kehle. Kate kopierte sich sein Bild heraus.

Plötzlich kam der Ton, laut und vibrierend. Zunächst war es Musik, die dann unvermittelt abbrach. Und nun erklang Trasks Stimme, tief, gelassen, formell. »Darf ich vorstellen: Lucy. Sie dürfen sie gratis ansehen, bis der Countdown bei vierundvierzig Stunden ist. Danach klicken Sie auf den Link, um über ein gesichertes Abrechnungssystem zu bezahlen. Ist sie nicht reizend?«

Lucy atmete hörbar unregelmäßig, und man sah ihr Zittern. Der Mistkerl im Bild nahm das Messer wieder herunter, und Kate sah, wie Blut aus dem dünnen Schnitt an der Kehle des armen Mädchens bis zu seiner Jacke hinunterrann.

»Lasst mich frei!«, schrie Lucy.

Im Hintergrund hörte man Lachen.

Am unteren Bildrand erschien eine Laufzeile:

»Bring die Hure um« ist ein Fantasie-Rollenspiel. Alle Mitwirkenden sind Schauspieler. Während der Produktion des Films wird niemand ernstlich verletzt.

Kate klickte auf »Abschicken«, nahm ihren Kaffeebecher und schleuderte ihn an die gegenüberliegende Wand.

3

Die gesamte Kincaid-Familie suchte nach Lucy. Die Polizistin Carina spannte mehrere Kollegen mit ein. Patrick, Experte für Internetkriminalität, erstellte eine Zeitschiene. Privatdetektiv Connor befragte seine sämtlichen Quellen.

Und Dillon hörte ein Dutzend Mal dieselben Fragen.

»Wer tut denn so was?«, fragte diesmal seine Mutter. »Wer nimmt uns Lucy weg?«

»Wir finden sie«, antwortete er bestimmt.

Dillon wusste nur zu gut, welche Art Psychopath ein Mädchen wie Lucy entführte. Als forensischer Psychiater war es sein Job, sich in die Köpfe dieser Leute zu versetzen, sich ihre abnormen Fantasien anzuhören, herauszufinden, was sie dazu brachte, Menschen zu verletzen – alles in der Hoffnung, dass einige Gewalttaten künftig verhindert werden könnten und die Gesellschaft sicherer wäre.

Sein Wissen machte es ihm umso schwerer, hier in der Küche zu sitzen und seine Mutter zu beruhigen.

Er wusste, was für ein Typ Mann Lucy kidnappte, welche Fantasien er hegte und was er ihr antun würde, nur weil er konnte. Im Gegensatz zu normalen Menschen empfanden solche Mörder keine Reue. Sie genossen es, Schmerz zu bereiten. Dass Lucy wahrscheinlich in der Gewalt eines von ihnen war, machte Dillon eine entsetzliche Angst.

Nick Thomas kam herein und warf Dillon einen Blick zu.

»Was ist?«, fragte Rosa Kincaid. »Habt ihr sie gefunden?«

»Nein, Ma’am, leider noch nicht. Wo ist der Colonel?«

»In seinem Arbeitszimmer am Telefon. Er ruft jeden an, der ihm einfällt.« Rosa sah zu Dillon. »Es sind schon sechzehn Stunden. Das ist schlecht, stimmt’s? Justin wurde unmittelbar nach ...«

Dillon nahm seine Mutter in die Arme. »Wir werden sie finden. Du kannst das hier nicht mit dem vergleichen, was Justin passiert ist.« Vor elf Jahren wurde Dillons siebenjähriger Neffe aus seinem Kinderzimmer entführt und ermordet. Dieser willkürliche Gewaltakt hatte jeden in der Familie verändert. Bis dahin hatte Dillon vorgehabt, sich auf Sportmedizin zu spezialisieren, dann aber schwenkte er um auf forensische Psychiatrie, weil er verstehen wollte, was in der Welt so verkehrt lief.

Nick bedeutete Dillon wortlos, mit ihm nach oben zu kommen, und Dillon nickte. »Ich bring dich zu Dad ins Arbeitszimmer, Mama.«

»Nein, ich muss Kaffee kochen und was zu essen machen. Wenn Carina und Connor zurückkommen, werden sie Hunger haben.«

»Das musst du nicht.«

»Doch, doch. Findet ihr Lucy«, sagte Rosa Kincaid, deren kubanische Züge sehr entschlossen wirkten.

Dillon folgte Nick nach oben in Lucys Zimmer, wo Patrick am Computer saß.

»Ein Freund vom FBI hat angerufen. Sie haben Lucy gefunden«, sagte Nick, als sie oben im Flur waren.

Seinem Tonfall nach war Dillon sicher, dass Lucy tot war. »Was ist passiert?«, fragte er mit brüchiger Stimme.

Nick legte eine Hand auf seinen Arm. »Sie ist noch am Leben.«

»Wo?«

In dem Moment, in dem Nick die Tür öffnete, stieß Patrick einen üblen Fluch aus. Dillon blickte auf den Bildschirm.

Lucy.

Sie war an einen Stuhl gefesselt, das lange dunkle Haar offen und zerzaust, die Wimperntusche verschmiert. Sie sah schrecklich verängstigt aus. Als sie den Kopf hob, murmelte Dillon: »Das ist eine Webcam.«

»Live«, sagte Patrick. »Und das Scheiß-FBI hat keine Ahnung, von wo sie sendet.«

»Was sind das für Zahlen?«, fragte Dillon. In der unteren rechten Ecke war eine Digitaluhr zu sehen, die rückwärts zählte.

46:02:36, 46:02:35

»Das weiß ich noch nicht«, antwortete Patrick. »Nicks FBI-Kontakt hat uns den Link geschickt und gefragt, ob es Lucy ist.«

Zwar schaltete sich das FBI bei klassischen Vermisstenfällen sonst nicht so schnell ein, aber Nicks bester Freund, Quincy Peterson, war leitender Special Agent in Seattle, und er hatte inoffiziell die Suche nach Lucy veranlasst.

Nick wählte eine Nummer vom Festnetzanschluss und stellte auf Lautsprecher.

»Peterson.«

»Quinn, hier ist Nick Thomas. Ich habe dich auf Lautsprecher, damit Dillon und Patrick Kincaid, Lucys Brüder, mithören können.«

»Ist sie es?«, fragte Quinn.

»Ja«, presste Patrick zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

»Verdammt.«

»Agent Peterson«, fragte Dillon, »was ist da los? Wie haben Sie sie gefunden?«

»Eine Freundin hat den Link entdeckt.«

»Und Sie wissen nicht, wo Lucy festgehalten wird?«

»Nein. Die IP-Adresse ist verzerrt. Er schickt die Daten kreuz und quer über den Globus, ehe sie in einen Server geleitet und gezeigt werden. Und den Server wechselt er laufend, damit wir ihn nicht aufspüren. Wir haben die besten Leute in Quantico drangesetzt, und meine Freundin arbeitet ebenfalls an der Zurückverfolgung, aber es ist unglaublich schwierig.«

Patrick mischte sich ein: »Das hört sich nicht besonders gut an. Hat diese ›Freundin‹ einen Namen?«

»Das FBI hat sich eingeschaltet. Wir stellen eine Sondereinheit mit den besten Leuten des Landes zusammen, um Ihre Schwester zu finden.«

»Was können wir tun?«, fragte Dillon, dem nicht entging, dass Peterson der Frage nach seiner »Freundin« ausgewichen war. »Mein Bruder Patrick leitet die Abteilung für Internetkriminalität. Wir können ...«

»Was ich brauche, ist eine genaue Schilderung, wie sie verschwunden ist. Gibt es Zeugen?«

»Nein«, sagte Dillon. »Sie verschwand zwischen neun und elf Uhr gestern Morgen. Sie wollte sich vor ihrer Abschlussfeier mit jemandem bei Starbucks treffen. Ihr Auto mit Handtasche und Schlüsseln wurde auf dem Parkplatz gefunden, aber niemand hat irgendwas gesehen. Die Mitarbeiter meinten, sie wäre nicht im Café gewesen.«

»Wir wissen, dass sie sich mit jemandem treffen wollte, den sie im Internet kennengelernt hatte«, ergänzte Nick.

»Wen?«

»Sein Name ist Trevor Conrad. Angeblich ist er Student an der Georgetown, aber dort ist er nicht eingeschrieben.«

»Ich brauche ihren Computer«, sagte Quinn. »Ich schicke jemanden bei euch vorbei, der ihn abholt.«

»Nein«, entgegnete Dillon.

»Nein, verdammt«, stimmte Patrick ein. »Wir bringen den Rechner zur Sondereinheit. Bei diesem Fall arbeiten sie direkt mit der Polizei von San Diego zusammen.«

»Ich glaube nicht ...«, begann Quinn, gab dann aber doch nach. »Na gut. Dann steuern wir am besten alles vom Büro in San Diego aus. Ich mache mich sofort auf den Weg.«

»Agent Peterson«, sagte Dillon, »was sind das für Zahlen unten in der rechten Ecke?«

Als Quinn eine Minute lang schwieg, kam Dillon schließlich von selbst drauf. »Das sieht aus wie ein Countdown.«

»Ist es«, bestätigte Quinn knapp.

Dillon wagte beinahe nicht zu fragen, tat es aber doch. »Ein Countdown bis wann?«

»Bis zum Mord.«

Kate blickte auf die Reihe von Computerbildschirmen vor sich, während ihre Programme versuchten, Trasks Signal an die Ursprungsadresse zurückzuverfolgen. Auf dem größten Monitor in der Mitte lief die Live-Übertragung.

Kate machte Klimmzüge an einer Stange, die sie in ihrem Zimmer angebracht hatte, während sie die junge Frau beobachtete. Das Mädchen saß regungslos, trotzig und verängstigt zugleich da. Trask würde sie nicht zu lange in Ruhe lassen. Aber vorerst wollte er den Appetit seiner Zuschauer anregen, ihnen den Preis zeigen. Wahrscheinlich gab er ihnen noch eine besondere Kostprobe, bevor die ersten Gratisstunden endeten, die sie verführen sollten, die fünfundzwanzigtausend Dollar zu zahlen.

Vor Ablauf der vierten Stunde war FBI-Agentin Paige Henshaw vergewaltigt worden.

Kate brach der Schweiß aus, aber sie machte weiter Klimmzüge, bis ihre Arme zitterten. Dann wechselte sie zu Sit-ups. Hier oben in den Bergen war die Luft zu dünn zum Laufen, deshalb hatte Kate ihr tägliches Training angepasst. Das bedeutete jedoch nicht, dass sie weniger hart trainierte.

Während eines Sit-ups bemerkte sie, dass sich auf dem großen Monitor in der Mitte etwas tat. Einer von Trasks Gorillas hatte das Opfer losgebunden und hielt das Mädchen nun von hinten fest, während ein anderer Mann – Roger Morton, der Paige als Erster vergewaltigt hatte – mit einem Messer erschien.

Kate sprang auf und hielt unwillkürlich eine Hand auf den Bildschirm. Nein! Könnte ihre Willenskraft irgendetwas ausrichten, würde die Erde in diesem Moment aufhören, sich zu drehen.

Roger hielt dem Mädchen das Messer vors Gesicht. Das Opfer riss die Augen weit auf und zitterte sichtbar, während er die Messerspitze auf seinen Hals legte und mit der freien Hand seine Bluse zerriss.

Sie zuckte zusammen, wobei das Messer sie gerade weit genug schnitt, dass Blut zu sehen war. Roger und der Gorilla streiften ihr lachend die Bluse ab. Sie trug einen schwarzen Spitzen-BH. Wahrscheinlich hatte sie ihn sich mit einer Freundin zusammen gekauft und war sich dabei herrlich erwachsen und weiblich vorgekommen.

Nun diente die verführerische Spitze ihrer Erniedrigung.

»Zeig deinen Fans, was du zu bieten hast, Lucy-Baby.« Roger trat beiseite, und die Kamera zoomte auf den Busen.

Sie entwand sich dem Kerl hinter ihr und knallte Roger die Faust ins Gesicht. Beinahe hätte sie einen zweiten Schlag gelandet, aber die Männer rangen sie zu Boden. Sie wehrte sich und schrie, aber nicht vor Schmerz, sondern vor Wut.

»Kämpf weiter, Kleine«, flüsterte Kate. »Kämpfe. Lass dich von denen nicht unterkriegen.«

Roger schlug das Mädchen, worauf eine Stimme aus dem Off sagte: »Nicht.«

Trask.

Kate bekam eine Gänsehaut. Die Haare standen ihr zu Berge, und ihre Brust fühlte sich eng an. Der Schweinehund guckte zu. Doch warum überraschte sie das? Wieso sollte es anders sein als vor fünf oder vor drei Jahren? Sie hatte Trasks Irrsinn zwar drosseln, nicht aber völlig stoppen können. Nach Paige waren andere junge Frauen gestorben.

Sie überprüfte, wie weit die Suchprogramme waren, und fühlte sich schrecklich hilflos, weil sie rein gar nichts tun konnte, ehe ihre Rechner nicht irgendwo eine Schwachstelle gefunden hatten. Und selbst dann konnte sie nur beten, dass es nicht wieder eine raffinierte Falle war. Mit jedem Opfer Trasks hatte Kate ihre Suche verfeinert, nur leider wurde seine Tarnung ebenfalls immer besser. Letztes Jahr hatte das FBI beinahe wieder einen Agenten verloren, weil sie ihren Informationen nachgingen.

Was sie herausfinden konnte, war einfach nie genug. Beim vorigen Mal hatte sie direkt, nachdem sie dem FBI die Daten übermittelt hatte, entdeckt, dass Trask dem Rettungsteam eine Falle stellte. Jeff Merritt, der Kates Hinweisen eigentlich gar nicht mehr nachgehen wollte, war vorschnell ihrer Analyse gefolgt und hatte sämtliche Warnungen ignoriert. Dabei hatte Kate ihm gleich gesagt, dass es einer von Trasks Hinterhalten sein könnte. Wenn sie doch nur mehr Zeit, mehr Mittel und mehr Hilfe hätte!

Ihr Instant Messenger blinkte. Eine einzige Person kannte ihre Adresse.

Sie setzte sich hin und las die Nachricht.

Kate, ich bin’s. Ich weiß, dass Du da bist.

Sie tippte.

Das weißt Du nicht. Du vermutest es bloß.

Ich weiß, dass Du da bist, weil Du nicht ausschaltest, ehe sie tot ist oder Du ihn aufgespürt hast.

Was willst Du?

Auf Quinn Petersons Bockmist konnte sie gut und gerne verzichten. Nun schrieb er:

Die Geisel ist Lucy Kincaid. Sie ist achtzehn und sollte gestern bei ihrer Abschlussfeier erscheinen. Trask benutzte den Namen Trevor Conrad, um sie zu ködern. Wir brauchen Deine Hilfe.

Ich habe Euch schon geholfen. Den Link habe ich Euch keine halbe Stunde nach Freischaltung gegeben.

Ich weiß, dass Du versuchst, ihn zurückzuverfolgen. Aber wenn Du ihn gefunden hast, kannst Du nicht allein losziehen.

Habe ich Immunität?

Eine längere Pause trat ein, ehe Quinn antwortete:

Dir ist klar, dass ich Dir die nicht geben kann. Aber ich bin auf Deiner Seite. Ich tue alles, was ich kann.

Ich komme nicht zurück, bevor ich ihn nicht habe. Sonst wäre alles, was ich seit Paiges Ermordung gemacht habe, umsonst.

Danach schloss sie ihren Instant Messenger, sodass Quinn nicht widersprechen konnte. Seit fünf Jahren war er ihre einzige Verbindung zur Außenwelt, und sie schuldete ihm auf ewig Dank. Dennoch konnte er ihr keine Straffreiheit gewähren, was er wohl auch nicht wollte, war er im letzten Jahr doch genauso wütend wie Jeff Merritt gewesen, als ihre Informationen das FBI in eine Falle geführt hatten.

Lieber blieb Kate in ihrem selbst gewählten Gefängnis, als dass sie sich von ihren eigenen Leuten in eine Haftanstalt bringen ließ. Sie hätten auf sie hören sollen, als sie ihnen sagte, dass es eine Falle sein könnte. Aber Merritt war ebenso entschlossen wie Kate, Paiges Mörder zu schnappen, und deshalb schoss er übers Ziel hinaus. War das etwa Kates Schuld? Sie hatte ihn gewarnt.

So oder so, sie stand allein da. Allein gegen Trask. Auf keinen Fall würde sie weitere Leben gefährden. Sollten Merritt und die anderen nämlich umgebracht werden, würden ihre Tode auf Kates Gewissen lasten, egal wie sehr sie sich bemüht hätte, sie zu schützen.

Auf dem mittleren Bildschirm war zu sehen, dass Roger und der andere das Mädchen – Lucy – zu Boden gerungen hatten. Sie war an Metallringe gefesselt, die aus dem beigen Teppichboden ragten, und die Kamera wanderte über ihre Brüste zu ihrem Gesicht.

Die Stimme von Trask – oder Conrads oder wie immer das Schwein sich gerade nannte – erklang laut und klar aus dem Cyberspace.

»Ihnen bleiben nur noch dreißig Minuten, die Gratisshow zu genießen. Falls Sie danach weiter zusehen wollen, loggen Sie sich in meinen Sicherheitsserver ein und kaufen Sie mit Ihrer Kreditkarte die gesamten achtundvierzig Stunden für nur fünfzigtausend Dollar.«

Er hatte den Preis verdoppelt.

»Sobald Sie registriert sind, können Sie mit abstimmen, wie unser reizender Gast behandelt werden soll. Ist Lucy nicht entzückend? So angriffslustig. Und ich weiß aus zuverlässiger Quelle, dass sie noch Jungfrau ist.

Gegen eine geringe Gebühr und nur für kurze Zeit biete ich Ihnen an, sich die Höhepunkte unserer letzten Shows herunterzuladen. Klicken Sie einfach auf das Feld unten links auf dem Bildschirm.«

Kate schluckte. Sie wollte sich die entsetzlichen Bilder nicht ansehen, aber sie musste es tun.

Also kaufte sie mit einem Klick die Zusammenstellung. Die Serverinformationen speicherte sie zwischen, um sie zu analysieren, obwohl sie davon ausging, dass auch dieser Server sie nicht zu seinem Versteck führen würde.

Das Video war zehn Minuten lang.

Play.

Als Erste kam Meghan, die ausgezogen und auf alle viere gezwungen wurde. Kate wusste, dass sie Meghan erzählten, sie würde freigelassen, wenn sie mitmachte.

Das Mädchen hatte kooperiert und war trotzdem umgebracht worden.

Ihre Ermordung zeigte Trask allerdings nicht, und Kate wusste nicht, ob sie darüber wirklich erleichtert sein sollte.

Ihr graute davor, sich ansehen zu müssen, wie Paige erstochen wurde, falls Trask es auf dem Video hatte. Kate hatte sie damals natürlich nicht online gesehen, sie war ja nur wenige Hundert Meter entfernt im Wald gewesen ... und zu spät gekommen. Sie hatte versagt. Verzweifelt und hilflos hatte sie vor ihrer toten Partnerin gestanden, ihr Blut berührt und ihre Angst gerochen.

Trask zeigte Paige gar nicht. Nein, natürlich nicht, dachte Kate. Paige war sein einziger Fehler gewesen – und ihrer. Er konnte ihre Ermordung nicht zeigen, weil sie eine FBI-Agentin gewesen war, die ganz gewiss nicht diesem sogenannten Fantasie-Rollenspiel zustimmte. Ihr Tod brachte Trask in direkte Verbindung mit den Morden, und er konnte nicht ignorieren, dass bis heute alle Behörden nach Paige Henshaws Mörder suchten.

Als Nächste kam Rayanna. Sie war in Großaufnahme auf dem Bildschirm, ihre Brust mit Zigarettenbrandwunden übersät. Man sah ihr ihre Todesangst deutlich an, wie auch ihren Kampf gegen die Resignation. Ein Messer näherte sich ihr, und ihr Mund öffnete sich ...

Schnitt. Einer von Trasks Männern vergewaltigte ein anderes Opfer: Joanna. Sie hatten das Band nachbearbeitet, sodass es aussah, als würde Joanna genießen, was ihr angetan wurde. Das gehörte zu Trasks Drahtseilakt: allem den Anschein von Legitimität zu geben.