Fehler als Chance - Martin Werdich - E-Book

Fehler als Chance E-Book

Martin Werdich

0,0
24,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.

Mehr erfahren.
Beschreibung

Wie du mit einem unterschätzten Analyse-Tool erstaunliche Erfolge erzielst: Suchst du nach einer effizienten Methode, Prozesse in deinem Unternehmen zu verbessern und Risiken zu minimieren? Fürchtest du, neue Wege zu beschreiten, weil du Sorge hast, Fehler zu machen und am Ende dafür verantwortlich zu sein, wenn etwas schiefgeht? Du weißt nicht genau, wie du eine neue Methode zur präventiven Fehleranalyse erfolgreich einführen und moderieren sollst? Klingt das vertraut? Diese Probleme kannst du leichter lösen als gedacht! Wer Risiken eingeht, macht Fehler – das ist unvermeidlich. Doch statt nach Schuldigen zu suchen, sollte der Fokus auf vorausschauender Fehlervermeidung liegen. Denn Fehler gehören zu jeder Erfolgsgeschichte – sofern man bereit ist, von ihnen zu lernen. Optimiere dein Business! Mit der richtigen Herangehensweise und einem verlässlichen Tool kannst du präventiv Problemlösungen finden und dauerhaft Qualitätsstandards sichern. So sparst du auf lange Sicht Zeit, Geld und Kapazität und kannst Risiken besser kalkulieren. Dieses Buch ist DAS unverzichtbares Werkzeug zum Erfolg! In diesem spannenden Buch lernst du: - Wie du das richtige Analyse-Tool einführen solltest, wie es funktioniert und wie du es optimal einsetzt. - Wie du nicht Fehler und Probleme, sondern ihre Vermeidung in den Fokus stellst. - Wie spannend die transformative Kraft der scheinbar trockenen FMEA-Methode ist. - Wie diese Methode bei konsequenter Anwendung zu enormen Erfolgen führt. Wie eine vorausschauende und moderne Fehlerkultur nachhaltig Schäden und Verluste vermeidet. Aus der Praxis für die Praxis: Von Flop zu Top! Die FMEA-Methode ist besser als ihr Ruf – konsequent und richtig angewandt, führt sie zu großen Erfolgen. Martin Werdich rückt die scheinbar trockene Methode spannend und unterhaltsam in ein neues Licht. Zugleich zeigt er, wie eine neue Fehlerkultur entstehen kann, die auf präventive Fehlervermeidung statt auf bloße Reaktion setzt. Eine Geschichte Martin Werdich verwandelt die komplexe FMEA-Methode in eine lebendige Unternehmensgeschichte. Leserinnen und Leser erleben durch den fiktiven Protagonisten den Wandel eines Unternehmens – mit allen Hürden, Erfolgen und Erkenntnissen. Dialoge und praktische Fallbeispiele aus verschiedenen Branchen machen die Theorie greifbar und verständlich. Veränderungen Das Buch vermittelt fundiertes Expertenwissen aus jahrelanger Praxis, basierend auf den neuesten Erkenntnissen aus Technik und Wissenschaft. Insbesondere Managern, Qualitätsverantwortlichen und Prozessentwicklern zeigt es, wie der Verbesserungsprozess begonnen, kontinuierlich optimiert und fest in ein Unternehmen integriert werden kann. Die Zusammenarbeit von Teams wird dadurch nicht nur motivierter, sondern auch konstruktiver und letztlich erfolgreicher. Überzeuge dich selbst! Was wäre wenn …  … in deinem Unternehmen effizienter, motivierter und zielgerichteter gearbeitet würde? …  innerhalb des Teams weniger Stress und dafür mehr Verständnis herrschte? … deine Kunden langfristig zufriedener wären, weil die Qualität und Performance deines Unternehmens konstant hochwertig bliebe? Klingt gut? Dann geh die Veränderungen jetzt an! Profitiere von Martin Werdichs hilfreichen Tipps, Erfahrungen und seinem Ansatz, aus Fehlern Chancen zu machen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 307

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Haftungsausschluss:

Die Ratschläge im Buch sind sorgfältig erwogen und geprüft. Alle Angaben in diesem Buch erfolgen ohne jegliche Gewährleistung oder Garantie seitens des Autors oder des Verlags. Die Umsetzung erfolgt ausdrücklich auf eigenes Risiko. Eine Haftung des Autors bzw. des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden oder sonstige Schäden, die durch die Nutzung oder Nichtnutzung der Informationen bzw. durch die Nutzung fehlerhafter und/oder unvollständiger Informationen verursacht wurden, ist ausgeschlossen. Verlag und Autor übernehmen keine Haftung für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der Inhalte und ebenso nicht für Druckfehler. Es kann keine juristische Verantwortung und keine Haftung in irgendeiner Form für fehlerhafte Angaben und daraus entstehende Folgen vom Verlag bzw. Autor übernommen werden.

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

1. Auflage 2025

© 2025 by Remote Verlag, ein Imprint der Remote Life LLC, 33309 Fort Lauderdale, Fl., USA

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags.

Projektmanagement: Franziska Kellner

Lektorat und Korrektorat: Antje Nevermann, Markus Czeslik, Luise Hartung

Umschlaggestaltung: Verena Klöpper

Satz und Layout: Verena Klöpper

Abbildungen im Innenteil: © Martin Werdich

ISBN Print: 979-8-89474-021-8

ISBN E-Book: 979-8-89474-022-5

www.remote-verlag.de

[email protected]

Martin Werdich

Fehler Als Chance

Strategine zur Fehlervermeidung, die wirklich in jedem Unternehmen funktionieren

www.remote-verlag.de

Inhaltsverzeichnis

Noch bevor die Geschichte beginnt

Der anruf

Panik in der Chefetage

Ein gemischtes Willkommen

Die erste Unterstützerin

Harter Gegenwind

Das FMEA-Team nimmt Fahrt auf

Der offizielle Startschuss

Die Erleichterung

Die Essenz der Methode

Probleme auf den Tisch

Ein Funke Hoffnung

Der Schlachtplan

Einmal FMEA für alle

Zwischen Frust und Fortschritt

Der Widerstand

Unsanfte Kollision mit der Realität

Die Geschichte der FMEA

Die sieben Schritte der FMEA

Aus Chaos wird Struktur

Funktionen bilden die Basis

Finde den Fehler

Risikoanalyse leicht gemacht

Es geht ans Optimieren

Erfolge kommunizieren

Ein Plädoyer für die FMEA

Die Ersten Erfolge

Ein Leuchtturm in einem Meer aus Herausforderungen

Der Fortschritt und sein Gegenspieler

Fabianes Change-Mission: Wandel mit Wirkung

Ein schwerer Fall

Vom Widerstand Zur Akzeptanz

Eine neue Offenheit und Fehlerkultur

Kaffee und Kulturwandel

Ein Fest für die Fehlerkultur

Ein gebührender Abschluss

Das Fehleroptimierte Unternehmen

ÜBer Den Autor

Endnoten

Liebe Leserin, lieber Leser,

Fehler gehören zum Alltag – in jedem Unternehmen und in jeder Branche. Doch wie wir mit ihnen umgehen, entscheidet oft über Erfolg oder Misserfolg.

Mit diesem Buch lade ich Sie dazu ein, einen neuen Blick auf Fehler zu werfen und sie nicht als Schwäche, sondern als Chance zur Veränderung zu sehen. Anhand einer (fast) realen Geschichte zeige ich Ihnen, wie die FMEA-Methode (Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse) nicht nur erfolgreich eingeführt, sondern auch nachhaltig verankert werden kann – selbst in Unternehmen mit großen Widerständen.

Als langjähriger FMEA-Moderator habe ich in zahlreichen Projekten erlebt, dass die Umsetzung einer FMEA oft nicht an der Methode selbst scheitert. Stattdessen ist es die Art und Weise, wie wir Menschen – allen voran Führungskräfte – sie einführen, die für Probleme sorgen kann. Organisation, Prozesse und vor allem die Psychologie der Beteiligten spielen eine entscheidende Rolle, werden aber oft unterschätzt oder sogar gänzlich übersehen.

Dieses Buch soll Ihnen praxisnahe Impulse liefern, die Sie direkt umsetzen können, egal ob Sie bereits mit FMEA arbeiten oder erst am Anfang stehen. Und es soll Mut machen: Denn mit den richtigen Strategien können auch schwierige Einführungen gelingen.

Ich wünsche Ihnen viele Aha-Momente, neue Erkenntnisse und natürlich viel Spaß beim Lesen!

Ihr

Noch bevor die Geschichte beginnt …

Manchmal reicht ein Gedanke, um die Art, wie wir auf Fehler blicken, für immer zu verändern.

In diesem Roman begleiten Sie Menschen, die den Mut haben, anders hinzusehen – auf Fehler, auf Risiken, auf Verantwortung und auf das, was in Organisationen, Teams und Entscheidungen wirklich zählt.

Vielleicht werden Sie sich in der ein oder anderen Figur wiederfinden. Vielleicht begegnet Ihnen sogar Ihre eigene Situation zwischen den Zeilen.

Wenn Sie Lust haben, schon jetzt über Ihre eigene Geschichte zu sprechen – dann lade ich Sie ein:

In einem kostenfreien 30-minütigen Gespräch nehmen mein Team und ich uns Zeit für Sie – ganz persönlich und konkret.

Was beschäftigt Sie?

Wo stoßen Sie auf Unsicherheiten oder Stillstand?

Und wie kann die Denkweise hinter FMEA Sie unterstützen?

Scannen Sie den QR-Code oder besuchen Sie www.fmeaplus.de, um Ihren Termin zu vereinbaren.

Weil aus Fehlern eine bessere Zukunft werden kann – mit dem richtigen Partner an Ihrer Seite.

Veränderung beginnt dort, wo jemand zuhört.

QR-Code https://fmeaplus.de

Der Anruf

»Es gibt kein Geheimnis für Erfolg. Er ist das Ergebnis von Vorbereitung, harter Arbeit und dem Lernen aus Fehlern.«

(Colin Powell)1

Mark Wolf kommt pfeifend ins Büro zurück, mit einem leichten Kribbeln in der Brust, das er immer dann verspürt, wenn ein Gespräch ihn wirklich gefordert hat. Der Vormittag ist alles andere als eintönig verlaufen, was seinem ständigen Drang nach Herausforderung in die Karten spielt. Das Interview mit einer hartnäckigen, aber fairen Journalistin eines angesehenen Wirtschaftsmagazins erinnert ihn an die Essenz seiner Arbeit: präventive Lösungen entwickeln, bevor sich Fehler unkontrolliert ausbreiten.

Das Interview war aufschlussreich, ein Lächeln spielt immer noch auf seinen Lippen, wenn er an die spannenden Fragen zurückdenkt. Die Journalistin scheint ein feines Gespür dafür zu haben, worauf es ankommt. Sie hatte sich nicht mit den üblichen Floskeln und oberflächlichen Fragen zur Anwendung der FMEA (Failure Modes and Effects Analysis, zu Deutsch: Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse) begnügt, sondern war auch detailliert in einige Themen eingestiegen. Insbesondere hatte sie wissen wollen, welche Probleme Unternehmen durchleben, bevor sie sich für eine präventive Methode wie die FMEA öffnen.

Er erzählte ihr von einer Episode aus einem großen Medizintechnikunternehmen, einem Branchenriesen, den er natürlich nicht namentlich nannte. Ein klassischer Fall, in dem das Drama bereits deutlich greifbar gewesen war, als Mark hinzugerufen worden war: Produktionsbänder, die zu falschen Zeiten stoppten, und Vorstände, die nachts vor Sorge kein Auge mehr zubekamen. Der gesamte Betrieb glich einem Uhrwerk, das aus dem Takt geraten war. Was zunächst wie eine simple technische Störung erschien, entpuppte sich als eine gefährliche Kombination aus Sensorausfällen und organisatorischen Defiziten.

Die Sensoren, die für die präzise Steuerung der Produktionsprozesse verantwortlich waren, lieferten immer wieder fehlerhafte oder verzögerte Daten, was die gesamte Fertigung ins Chaos stürzte. Produkte, die medizinische Präzision erforderten, standen plötzlich vor massiven Qualitätsrisiken.

Doch das Hauptproblem lag noch tiefer: Die Kommunikation zwischen den Abteilungen war katastrophal. Die Entwicklung wusste nicht, wie gravierend die Produktionsprobleme tatsächlich waren, während die Qualitätssicherung oft zu spät über Fehler informiert wurde. Der Informationsfluss war gestört, wichtige Details gingen verloren oder wurden unzureichend weitergegeben und jede Abteilung kämpfte für sich, anstatt gemeinsam eine Lösung zu finden.

So wurde eine unkontrollierte Fehlerkette zu einem existenzbedrohenden Problem. Rückrufaktionen drohten, die nicht nur das Image des Unternehmens, sondern auch die Sicherheit der Patienten gefährdet hätten. Der ganze Betrieb wirkte wie eine tickende Zeitbombe, kurz davor, in einer Katastrophe zu enden. »Bis der Ernstfall eintritt, denken viele, die Probleme wären nicht groß genug«, hatte Mark der Journalistin erklärt.

Er betonte, dass er Verständnis dafür habe, wenn Unternehmen das Risiko erst dann ernst nehmen, wenn es sich nicht mehr leugnen lässt. Schließlich stecken sie mitten im Alltagsgeschäft, müssen oftmals unter Zeitdruck liefern und die Kosten im Auge behalten. Das Problem ist nur, dass dieser Druck sie blind macht. Mark stellte klar, dass er das weder zynisch noch belehrend meinte. »Ich kenne die Lage aus eigener Erfahrung und ich weiß, dass gute Leute ihr Bestes geben. Aber es ist eben nie genug, wenn die Prozesse und Strukturen nicht mitspielen.«

Die Journalistin zeigte sich aufrichtig interessiert, besonders als Mark die schmerzhaften Momente schilderte, in denen er als FMEA-Spezialist gerufen wurde, um sprichwörtlich den Karren aus dem Dreck zu ziehen. »Die Unternehmen rufen Sie also als Retter in letzter Minute?«, fragte sie. Mark beschwichtigte. »Retter ist ein großes Wort.« Er erklärte ihr, dass seine Arbeit niemals darin besteht, mit dem Finger auf Einzelne zu zeigen. »Es geht um die Strukturen, nicht um Menschen«, betonte er. »Ich zeige auf, was falsch läuft, aber immer mit dem Ziel, die Sache langfristig in den Griff zu bekommen.« Seine Begeisterung für die Methode wurde deutlich und doch versucht er stets, sie so zu vermitteln, dass niemand das Gefühl bekommt, belehrt zu werden. Dafür braucht es ein feines Gespür und ausgezeichnete Kommunikationsfähigkeiten – beides Stärken, die ihm seine bisherigen Kunden und Partner zuschreiben. Auch seine Frau erwähnt diese Qualitäten zuweilen mit einem anerkennenden Lächeln, besonders wenn sie miterlebt, wie er heikle Situationen mit Fingerspitzengefühl meistert. Und wenn er doch einmal in eines der zahlreichen Fettnäpfchen tritt, die in angespannten Unternehmen lauern, kann er das meist mit seinem unerschütterlichen Enthusiasmus und seiner ansteckenden Frohnatur wieder ausbügeln.

Marks Kribbeln in der Brust beruht allerdings nicht nur auf dem gelungenen Interview. Es ist die Hoffnung, dass irgendwo jemand den Artikel lesen wird und ein Umdenken stattfindet, bevor der nächste Krisenfall eintritt. Ein Umdenken, das es ihm erlaubt, die FMEA als systematische Methode frühzeitig und gemeinsam mit den Qualitätsingenieuren anzugehen, statt später mit verzweifelten Geschäftsführern die Scherben zusammenzukehren.

Kaum hat Mark einen Fuß ins Büro gesetzt, kommt ihm Timo entgegen. Sein junger Assistent, der sonst die Ruhe selbst ist, hat einen ernsten Blick aufgesetzt, der nicht recht zu ihm passen will. Timo ist erst vor wenigen Wochen zum Team dazugestoßen, voller Elan und Eifer, aber eben auch noch etwas grün hinter den Ohren, wenn es um die Realität hinter der FMEA geht.

»Na, hattest du ein erfolgreiches Interview?« Es ist nicht zu übersehen, dass Timo wichtige Neuigkeiten hat. Er wartet Marks Antwort gar nicht erst ab, so dringend muss er sich den Ballast von der Seele reden. »Du wirst starke Nerven brauchen. Wir haben da was im Postfach, das dir die Laune verderben könnte.«

Mark schmunzelt, auch wenn er insgeheim ahnt, dass sich seine Hoffnung, Interviews wie das heutige könnten Unternehmen vor genau solchen Krisen bewahren, in diesem Fall wohl nicht erfüllen würde. Für ihn ist das Chaos, das sich Kunden oft erst in letzter Sekunde eingestehen, längst zur Routine geworden. Doch Timo ist noch dabei, sich an den ständigen Ausnahmezustand zu gewöhnen. »Das klingt ja verheißungsvoll«, antwortet Mark und mustert Timo aufmerksam. »Was ist passiert?«

Timo ist offensichtlich froh, den Kunden direkt an den Chef weitergeben zu können. »Ein Geschäftsführer hat angerufen. Der wollte mir partout nicht glauben, dass du gerade bei einem wichtigen Pressetermin bist. Ich konnte ihn erst beruhigen, als ich ihm versprochen habe, dass du ihn direkt zurückrufst, sobald du wieder im Büro auftauchst.« Mark lächelt leicht und schüttelt den Kopf. »Wenn der Geschäftsführer persönlich anruft, muss die Lage wohl wirklich ganz schön verzwickt sein.«

Normalerweise meldet sich in solchen Fällen der Qualitätsleiter. Dieser ist es gewohnt, die Dinge bis zu einem gewissen Punkt selbst zu managen, bevor er externe Hilfe hinzuzieht. Doch sobald die Probleme auf Vorstandsebene eskalieren, werden die schweren Geschütze aufgefahren. Das bedeutet, dass die Dinge bereits aus dem Ruder laufen und schnelle Lösungen hermüssen – und genau da kommt Mark ins Spiel.

›Es ist immer das Gleiche‹, denkt er bei sich. ›Erst glauben sie, sie hätten alles unter Kontrolle, und dann, wenn es fast zu spät ist, merken sie, dass Fehlerprävention nicht einfach nur ein lästiges Anhängsel der Produktentwicklung ist, sondern der Schlüssel, um das Schiff wieder auf Kurs zu bringen.‹

Er erinnert sich an all die Anrufe von Qualitätsleitern, die er im Laufe der Jahre bekommen hat. »Können Sie mir FMEA mal in zwei, drei Stunden erklären? Ich muss das schnell für meine Firma machen«, heißt es oft. Oder schlimmer noch, wenn er einen Sachbearbeiter in der Leitung hat, der die Aufgabe vom Qualitätsleiter delegiert bekommen hat. Solche Anrufe klingen dann gern so: »Ich habe die Aufgabe bekommen, FMEA zu machen.« Schon da kann Mark die Unsicherheit spüren, die mitschwingt. Es ist nie die eigene Entscheidung, sondern eine Anweisung von oben. »Können Sie uns schnell in FMEA schulen? Wir steigen jetzt in Automotive ein«, kommt als Nächstes und natürlich folgt der unausweichliche Zusatz: »Ach, und können Sie bitte Anforderungsmanagement, ISO 26262, FTA und FMEDA noch kurz einbinden?«

Mark weiß, dass der Sachbearbeiter meist selbst kaum eine Vorstellung davon hat, was diese Begriffe bedeuten. ISO 26262? Ein Standard der Funktionalen Sicherheit (FuSi) in der Automobilbranche, der nicht nur umfangreiches technisches Wissen, sondern auch multidisziplinäre und hohe intellektuelle und abstraktive Fähigkeiten verlangt. Fehlerbaumanalysen (FTA) und FMEDA (Failure Modes, Effects and Diagnostic Analysis)? Ach, das sind nur simple mathematische Modelle – Analysen, die sich am besten verstehen lassen, wenn man zufällig einen Doktortitel in Mathematik hat.

Doch genau solche Aufträge kommen vom Kunden – und damit wird es zu Marks täglich Brot. Schließlich dann der unvermeidliche Todesstoß: »Wir haben nur einen Tag Zeit, der Auditor kommt in vier Wochen.« Es ist jedes Mal die gleiche, naive Erwartung, dass all diese komplexen Systeme in ein paar Stunden erklärt werden können, als wäre die FMEA ein Zaubertrick, den man in einem Crashkurs erlernt und der die heile Welt aus dem Hut zaubert.

Die Erwartung, die FMEA derart schnell zu vermitteln, fühlt sich für Mark an wie der Versuch, jemandem in einer Stunde das Klavierspielen beizubringen – inklusive sämtlicher Sonaten von Beethoven, Bach und Mozart. Sicher könnte man in 60 Minuten die Grundbegriffe einer Tonleiter erklären, aber das macht noch lange keinen Pianisten aus dem ungeduldigen Schüler. Und vor versammelter Belegschaft wäre das Ergebnis eher »Alle meine Entchen« als eine mitreißende Melodie.

Bei solchen Anfragen kann Mark daher nur den Kopf schütteln. Die FMEA ist nun einmal kein Schnellreparatur-Set, das sich ohne Weiteres anwenden lässt. Sie lässt sich eher mit dem Erlernen einer neuen Sprache vergleichen – nur dass diese Sprache alle Ebenen der Produkte und Prozesse durchleuchtet und von Fehlermöglichkeiten spricht. Erst nach Monaten der Anwendung und kontinuierlichem Coaching ist es möglich, halbwegs sicher mit der Methode zu arbeiten. Zwei Jahre intensive Beschäftigung mit der FMEA – diesen Zeitraum nennt er immer, wenn er gefragt wird, wie lange es dauert, bis man die Analyse ansatzweise beherrscht.

Deshalb muss Mark oft schmunzeln, wenn verzweifelte Qualitätsleiter oder Geschäftsführer glauben, ein schneller Crashkurs würde ausreichen, um ihre Probleme zu lösen. Die FMEA gleicht eher einem Ausbildungsberuf, der Geduld, Übung und Erfahrung erfordert. Selbst ein begabter Ingenieur mit fundiertem technischem Wissen besucht dafür erst einmal einen dreitägigen Kurs voller praxisnaher Übungen. Nach diesen drei Tagen hat er vor allem eines gelernt: dass er noch nichts weiß. Aber genau dieser Schritt ist notwendig, um den Weg zur Expertise zu beginnen.

Der FMEA-»Lehrling« wird anschließend in der Praxis begleitet, gecoacht und regelmäßig geschult. Nach einem halben Jahr dient eine weitere Schulung der Vertiefung, doch selbst nach zwei Jahren intensiver Arbeit und Anwendung der Methode in Vollzeit gilt er in Fachkreisen noch als Anfänger.

Es ist, als würde man einen Beruf erlernen – mit dem Unterschied, dass der Beruf »FMEA-Spezialist« noch in keinem Ausbildungsplan steht. Doch genau dieser Anspruch ist nötig, um die FMEA in einem Unternehmen erfolgreich umzusetzen. Die Methode erfordert nicht nur technisches Know-how, sondern auch Fingerspitzengefühl im Umgang mit Prozessen, Menschen und Strukturen.

Aber das verstehen nur wenige von Anfang an. Die meisten denken, sie könnten die FMEA bequem nebenbei erledigen. Erst wenn umfassende Rückrufaktionen drohen oder Audits nicht bestanden werden, wird ihnen klar, dass es mehr braucht als ein paar Stunden Training. Mark stellt sich deshalb auch im vorliegenden Fall auf ähnlich unrealistische Erwartungen ein.

Er reibt sich kurz die Stirn und murmelt: »Ich kenne das Muster. Sie rufen immer erst an, wenn ihnen das Wasser bis zum Hals steht.«

Timo wirft Mark einen besorgten Blick zu, als stünden sie neben einem Patienten, der nach Monaten mit großen Schmerzen endlich in die Notaufnahme gekrochen kommt, weil ihn seine Beine nicht mehr tragen. »Meinst du, es ist wieder so ein Fall?«, fragt er leise.

Mark nickt. »Ja, ich schätze, das ist es. Aber keine Sorge – wir helfen ihnen schon. Du wirst noch viele solcher Fälle erleben, Timo. Die lernen das schon. Früher oder später.«

Ein kurzes Lachen entgleitet Timo, mehr aus Verlegenheit als aus echter Erheiterung. Es ist deutlich zu spüren, dass er mit dem Durcheinander noch nicht so recht umgehen kann.

Mark grinst und legt ihm aufmunternd eine Hand auf die Schulter. »Willkommen im Alltag«, sagt er locker. »Kein Grund zur Panik. Ich schau mir das gleich an.« Timo erwidert das Lächeln dankbar und atmet merklich auf. Er würde sich mit der Zeit an Anrufe hysterischer Geschäftsführer gewöhnen.

»Ich habe dir die zugehörige E-Mail schon weitergeleitet«, fügt Timo hinzu, diesmal etwas entspannter. Dann macht er kehrt und verschwindet zurück in sein Büro, sichtlich erleichtert, dass Mark so gelassen bleibt.

Mark schlendert langsam in Richtung seines Büros, während er darüber nachdenkt, wie oft er selbst zu Beginn seiner Karriere von solchen Situationen aus der Fassung gebracht worden war. Unternehmen am Abgrund, Arbeitsplätze auf Messers Schneide. ›Timo wird das schon lernen‹, denkt er, während er sich an seinen Schreibtisch setzt.

Tatsächlich fühlt er sich in diesen Momenten, in denen sich die Dinge zuspitzen, so lebendig wie sonst kaum. Mark ist keiner, der lange fackelt oder sich vom Chaos beeindrucken lässt. Er hat schon zu viele solcher Situationen erlebt, um nervös zu werden. In seinem Kopf ist die FMEA nicht einfach nur eine Methode, sie ist eine Lebenseinstellung. Und wenn es darauf ankommt, weiß er genau, was zu tun ist.

Während sein Laptop hochfährt, lehnt er sich in seinem Stuhl zurück und denkt kurz über den Anruf nach, den er gleich tätigen wird. Diese Gespräche laufen immer gleich ab. Ein verzweifelter Geschäftsführer, ein mittelständisches Unternehmen am Rande des Chaos – und natürlich wieder die FMEA als der vermeintlich letzte Rettungsanker.

Mark ist seit 20 Jahren in diesem Geschäft tätig und er hat sich an solche Momente gewöhnt. Dabei hat sich ein klares Muster herauskristallisiert: Erst wird die FMEA als unnötig, zeitaufwändig und kompliziert abgetan, dann – kurz bevor das Schiff endgültig untergeht – wird ihnen klar, dass genau diese Methode hätte helfen können. Meistens ist es dann aber für präventive Fehlervermeidungsmethoden schon fast zu spät.

Die E-Mail, die er von Timo weitergeleitet bekommen hat, bestätigt sein Bauchgefühl. Das Maschinenbauunternehmen steht vor einer Rückrufaktion, die seine Produktion bedroht. Das Management ist verzweifelt und wie so oft hat man keine Ahnung, wie man die Situation unter Kontrolle bringen soll.

Ein möglicher Rückruf bedeutet immer kopflose Panik. Wenn sich das in der Branche herumspricht, kann das auch schnell mal das Aus bedeuten. Das Unternehmen, ElectraMotion, ist ein noch junger Hersteller von Elektrofahrzeugen für den industriellen Einsatz. Der Geschäftsführer schreibt, dass sie die FMEA so schnell wie nur irgendwie möglich umsetzen müssen, da ein wichtiger Kunde ansonsten die Zusammenarbeit beendet. Unterzeichnet ist die E-Mail mit einem knappen »Bitte um sofortigen Rückruf, Ihr Harald Lehmann«. Auweia, da steht jemand wirklich unter beträchtlichem Stress.

Für Mark passt ein neuer Auftrag gerade hervorragend in den Zeitplan, da überraschend Kapazitäten frei geworden sind. Ein möglicher Kunde hat einen geplanten Auftrag abgesagt. Der Grund? Eine erstaunlich ehrliche E-Mail eines engagierten Mitarbeiters, eines Qualitätsingenieurs, der ihm in den Erstgesprächen mit seiner offenen Natur bereits positiv aufgefallen war: »Nach intensiven Diskussionen mit dem Vorstand und der Abteilungsleiterebene muss ich Ihnen leider mitteilen, dass unsere Firma weder an einer modernen Fehlerkultur noch an einer echten Integration der FMEA in den Entwicklungsprozess ernsthaftes Interesse hat. Es geht ›nur‹ um das Bestehen der Kundenaudits. Der Aufwand soll deshalb so gering wie möglich sein.«

Mark schmunzelt angesichts der entwaffnenden Ehrlichkeit des Absenders. Seine Worte spiegeln den internen Widerstand gegenüber der Einführung der FMEA schonungslos wider.

Weiter schreibt der Qualitätsingenieur: »Aus diesem Grund werde ich das Unternehmen zum nächsten Monat verlassen und bin für diese Firma nicht mehr der geeignete Ansprechpartner. Da ich von Ihnen und Ihren Methoden allerdings begeistert bin, werde ich versuchen, Sie bei meinem künftigen Arbeitgeber zu berücksichtigen.« Eine doch überraschend radikale, wenn auch verständliche Reaktion, immerhin wird in einem solchen Unternehmen üblicherweise jede Art von Optimierungsprojekt bereits im Ansatz erstickt.

Der Qualitätsingenieur schließt mit »Herzliche Grüße und auf bald«. Trotz der Absage hinterlässt die Nachricht bei Mark ein gutes Gefühl – zumindest hat er in dem Verfasser jemanden gefunden, der die Bedeutung der FMEA verstanden hat. Wenn es doch immer so wäre.

Nun aber ist er wirklich gespannt, was hinter dem Anruf des Geschäftsführers in Not steckt – handelt es sich um ernsthaftes Interesse an einer umfassenden Optimierung durch die FMEA oder geht es allein darum, mit der FMEA eine externe Partei zu beeindrucken?

Mit einem letzten Blick auf Lehmanns E-Mail greift Mark zum Telefon. Der Stress und die Verzweiflung in der Nachricht des Geschäftsführers sind kaum zu übersehen. Es ist klar: Hier muss sofort gehandelt werden. Er wählt die Nummer, die ihm in der E-Mail genannt wird. Während es klingelt, lässt er seinen Blick durch das Büro schweifen. Die Sonnenstrahlen fallen durch die halb geöffneten Jalousien, werfen warmes Licht auf seinen Schreibtisch, der nur spärlich dekoriert ist. Mark hält es gern ordentlich – Chaos ist ihm zuwider, sowohl auf dem Schreibtisch als auch in den Köpfen der Leute, mit denen er arbeitet. In seinem Job muss er oft aufräumen, nicht nur in Prozessen, sondern auch in Denkweisen.

Solche Anrufe wie der heutige kommen für ihn daher wie gerufen. Er weiß, dass die meisten seiner Kunden erst zu ihm kommen, wenn ihnen das Wasser bereits bis zum Hals steht. Das läuft fast immer gleich ab: vernachlässigte Prozesse, ignorierte Warnungen und dann die Erkenntnis, dass es für die FMEA schon fast zu spät ist. Doch genau diese Dringlichkeit ist es, die ihn motiviert. Insgeheim freut es Mark, wenn seine Arbeit sichtbar wird, wenn man seine Handschrift in der Lösung eines Problems erkennt. Zumal er gut darin ist. Sehr gut sogar.

Panik in der Chefetage

Am anderen Ende der Leitung wird das Telefon abgehoben und es meldet sich eine nervöse Stimme. »Herr Wolf? Sie sind doch der FMEA-Experte? Wir … also wir haben ein Problem. Es ist dringend.« Mark erkennt sofort den zögerlichen Tonfall. Genau so klingt jemand, der ein Problem zu lange ignoriert hat und nun zugeben muss, dass er die Kontrolle verloren hat.

Mark muss schmunzeln. »Das habe ich aus Ihrer E-Mail bereits herausgelesen. Erzählen Sie mir, was los ist.« Die Ruhe in seiner Stimme steht im scharfen Kontrast zur Hektik, die ihm aus dem Hörer entgegenschlägt.

Mark lehnt sich zurück, bereit, dem Geschäftsführer zuzuhören, während dieser sich seine Probleme von der Seele redet. Der Mann am anderen Ende der Leitung – Harald Lehmann, Geschäftsführer von ElectraMotion – zögert allerdings. Mark spürt förmlich, wie unangenehm Lehmann dieser Anruf ist. Das Leben als Geschäftsführer kann einsam sein, ganz besonders in einer Krise wie dieser. Da hilft es auch nicht, dass Mark genau weiß, wie vermeidbar solche Situationen durch eine rechtzeitige Implementierung der FMEA gewesen wären.

Jetzt, wo der Geschäftsführer endlich jemanden in der Leitung hat, von dem er sich die Erlösung aus seiner prekären Situation verspricht, bricht es aber dann doch aus Lehmann heraus wie ein Wasserfall. Hörbare Erleichterung macht sich in seiner Stimme bemerkbar, als er erklärt: »Sie müssen verstehen … wir sind ein junges Unternehmen, haben uns in den letzten fünf Jahren von einem kleinen Start-up zu einem ernst zu nehmenden Anbieter von Elektrofahrzeugen entwickelt – wir bieten kompakte Arbeitsfahrzeuge für Baustellen, Lagerhallen und große Werksgelände.« Lehmann pausiert und seufzt tief. »Und dann kam dieser Großauftrag. Eine ganze Flotte an Arbeitsfahrzeugen. Für einen Kunden, den in der Branche wirklich jeder kennt, die BauWerk AG. Wir waren total aus dem Häuschen, als wir den Auftrag erhalten haben. Sie können sich sicher vorstellen, was das für uns bedeutet.«

»Eine echte Chance«, meint Mark und bestärkt ihn damit, fortzufahren.

»Genau! Dieser Auftrag sollte uns in die nächste Liga katapultieren. Alles schien so perfekt – bis die ersten Probleme auftraten«, gibt Lehmann zu, bevor er zögernd mit weiteren Details herausrückt. »Es geht um die Scheiben in unseren neuen Fahrzeugen. Wir haben da seit Wochen Schwierigkeiten, aber jetzt hat sich herausgestellt, dass es keine schnelle Lösung gibt. Wir haben gerade in neue Anlagen investiert und schon jetzt enorme Nacharbeiten. Ich habe mir die Scheiben mal genauer angesehen. In der Montage geht irgendwas schief, das wissen wir. Der Prozess, mit dem die Scheiben eingeklebt werden, ist … na ja, es ist kompliziert.«

Mark lächelt ermutigend, auch wenn Lehmann das natürlich nicht sehen kann. Er kennt die Geschichte bereits, auch wenn die Details immer leicht variieren. »Komplizierte Prozesse, wie Sie sie beschreiben, sind oft anfällig. Was genau läuft denn schief?«

»Nun, es ist die Geschwindigkeit des Produktionsbands. Wir müssen das Tempo erhöhen, wenn viele Aufträge reinkommen. Aber so bleibt kaum Zeit, dass der Kleber richtig aushärtet. Das führt dazu, dass sich einige Scheiben verschieben. Manchmal merkt man es sofort, weil die Kabine des Fahrers nicht dicht ist. In anderen Fällen sitzt die Scheibe anfangs richtig, aber irgendwann später verzieht sie sich. Sie stößt an ein Karosserieteil und – zack – sie platzt einfach.«

Mark spürt die Hilflosigkeit in der Stimme des Geschäftsführers und reagiert ruhig. »Klingt nach einem Prozessproblem. Ich vermute, die Produktionskette ist zu starr, um solche Schwankungen in der Bandgeschwindigkeit auszugleichen?« Er fragt eher aus Höflichkeit, denn die Antwort kennt er bereits.

»Ja«, stammelt Lehmann und scheint sichtlich erleichtert, dass Mark die Situation sofort verstanden hat. »Wir haben das irgendwie übersehen. Unsere Entwicklungsabteilung … na ja, ich muss gestehen, wir haben die FMEA auch nicht konsequent genug eingesetzt. Wir hatten das eigentlich immer vor, aber …«

»Aber es war nie der passende Moment«, ergänzt Mark trocken. »Das ist typisch. Viele denken, sie können das schon alles ohne präventive Maßnahmen hinbekommen, bis es dann plötzlich knallt.«

Lehmann schweigt einen Moment und Mark kann sich bildlich vorstellen, wie sich der Geschäftsführer gerade nervös durch die Haare fährt. »Ja, genau. Die Sache ist wirklich ernst. Wenn wir das Problem nicht schnell in den Griff bekommen, verlieren wir den Auftrag. Das wäre eine Katastrophe für uns. Der Kunde hat uns unmissverständlich klargemacht, dass sie keine weiteren Fahrzeuge abnehmen werden, solange wir nicht mittels systematischer Analyse Maßnahmen zur Problembehebung gefunden haben. Ein Fahrzeug haben sie schon zurückgeschickt, weil die Scheibe gesprungen ist. Gefährlich und absolut beschämend. Zum Glück haben sie das bemerkt, bevor jemand zu Schaden gekommen ist, wie hätte das denn sonst ausgesehen! Wenn das bei einem weiteren Fahrzeug passiert, ist der Vertrauensvorschuss komplett dahin. Der Kunde sagte, wir müssten endlich … wie hat er das formuliert? Wir müssten auf Industrie-Level kommen. Und er meinte, die FMEA wäre da der richtige Weg.«

»Das erklärt, wie Sie auf mich gekommen sind«, sagt Mark.

Lehmann klingt erneut erleichtert. »Unser Kunde, die BauWerk AG, hat Sie wärmstens empfohlen. Man sagte uns, Sie hätten schon einmal einen anderen Zulieferer aus einer ähnlich verzwickten Lage befreit. Ehrlich gesagt, Herr Wolf, ich bin mit den Nerven am Ende. Die Zeit rennt uns davon und das gesamte Team steht unter enormem Druck. Wenn wir diesen Auftrag verlieren … das wäre für uns der Anfang vom Ende.«

Mark lässt Lehmann einen Moment durchatmen, bevor er ruhig, aber bestimmt antwortet. »Verstehe. Klingt, als hätten wir einiges zu tun. Aber keine Sorge, wir bekommen das in den Griff. Die FMEA ist genau für solche Situationen entwickelt worden. Ich komme vorbei und wir gehen gemeinsam den Scheibeneinbauprozess durch. Mit unserer systematischen Analyse können wir übersichtlich herausfinden, wo überall die Schwachstellen liegen.«

Lehmann atmet hörbar aus, erleichtert, dass Mark die Situation so entspannt aufnimmt. »Ich bin Ihnen wirklich dankbar, Herr Wolf. Ich hätte schon viel früher anrufen sollen, aber … na ja, Sie wissen, wie das ist. Wir wollten erst versuchen, es intern zu lösen.«

Mark unterdrückt ein Schmunzeln. »Das ist mir nicht neu. Viele Unternehmen wollen erst einmal sehen, ob sie es allein schaffen. Das ist ganz normal. Aber jetzt, wo das Problem so deutlich ist, ist es Zeit, systematisch vorzugehen.«

Er lehnt sich in seinem Stuhl zurück und denkt kurz nach. »Wir werden mit einer umfassenden Prozessanalyse beginnen und Schritt für Schritt prüfen, was in der Produktion schiefläuft. Das FMEA-Team muss dabei eng mit der Produktionsleitung zusammenarbeiten. Gibt es dort jemanden, der sich bereits mit der FMEA beschäftigt hat?«

»Äh … ja, ein wenig«, sagt Lehmann zögerlich. »Nun ja, da wäre Nico, einer unserer Qualitätsingenieure. Ein enthusiastischer Kollege. Hat ein paar FMEA-Schulungen besucht, aber ich glaube, er kennt sich eher oberflächlich aus. Wir haben das Ganze ehrlich gesagt nie wirklich als Priorität betrachtet. Bis jetzt.« Sein Ton klingt fast entschuldigend.

»Gut, das genügt für den Anfang«, sagt Mark bestimmt. »Machen Sie sich keine Sorgen. Wir bringen den Prozess auf Kurs. Wir werden den Scheibeneinbauprozess genau unter die Lupe nehmen und optimieren, damit solche Probleme in Zukunft nicht wieder auftreten. Und wir werden dafür sorgen, dass Nico und sein Team im Umgang mit der Analyse selbstsicherer werden. Die FMEA ist ein Lernprozess, aber wenn man es richtig macht, kann sie die gesamte Produktionskultur verändern.« »Vielen Dank, Herr Wolf«, sagt Lehmann und man kann die Erleichterung in seiner Stimme förmlich hören. »Ich bin froh, dass Sie uns helfen. Ich … ja, es ist mir ehrlich gesagt etwas peinlich, dass wir uns erst jetzt an Sie wenden. Aber die Lage ist … na ja, Sie wissen schon.«

»Kein Grund zur Sorge«, beruhigt Mark ihn. »Das geht vielen so. Wir packen das an.«

Lehmann klingt etwas gefasster, fast hoffnungsvoll. »Können Sie direkt morgen kommen? Je eher wir anfangen, desto besser.«

»Das kann ich unter den gegebenen Umständen natürlich einrichten«, bestätigt Mark. »Morgen starten wir mit der Analyse. Stellen Sie bitte sicher, dass Ihre Leute vorbereitet sind und alle relevanten Informationen vorliegen. So können wir direkt loslegen und sehen, wo wir ansetzen müssen.«

»Verstanden«, sagt Lehmann. »Ich werde das Team informieren und allen den Ernst der Lage klarmachen.«

»Sehr gut«, erwidert Mark. »Und noch etwas: Ich werde klare Schritte definieren, wie wir den Prozess nachhaltig optimieren. Ein Pflaster auf die offene Wunde gibt es bei uns nicht – wir wollen den gesamten Produktionsablauf nachhaltig absichern.«

Lehmann räuspert sich, seine Stimme klingt plötzlich gefasster, beinahe bestimmt. »Natürlich, Herr Wolf. Setzen wir morgen gern direkt bei den Hauptproblemen an. Mir ist vor allem wichtig, dass wir schnell Ergebnisse sehen – das sollte den Kunden erst einmal beruhigen. Dann sehen wir, ob weitere Maßnahmen wirklich nötig sind.«

Allmählich kommt der entschlossene Tonfall durch, den Lehmann sicher regelmäßig in Vorstandssitzungen und bei seinen Mitarbeitern anschlägt. Pragmatisch, ohne Umschweife. Mark befürchtet, dass Lehmann im Moment vor allem eine schnelle Lösung für die akute Notsituation sucht, um den Druck seines Kunden zu mindern. Wie offen ElectraMotion tatsächlich für die langfristigen Veränderungen ist, die die FMEA anstoßen und unterstützen kann, wird sich zeigen. Mark ist bereit, sein Bestes zu tun, doch den Weg muss das Unternehmen am Ende selbst einschlagen wollen.

»Herr Wolf, ich danke Ihnen. Ich muss jetzt weiter zum nächsten Meeting«, sagt Lehmann, offenbar bereits in Aufbruchstimmung.

»Bis morgen, Herr Lehmann«, antwortet Mark und legt auf.

Er lässt das Telefon sinken. Draußen blitzt die Sonne zwischen den Wolken hervor, als würde sie ihm ein Zeichen geben. Mark spürt dieses vertraute Kribbeln in der Brust. Eine neue Herausforderung wartet auf ihn. Diese Momente, wenn alles auf der Kippe steht, treiben ihn an. Jetzt kann er sich einer Sache widmen, in der er brilliert: Probleme lösen, die anderen über den Kopf gewachsen sind, und Strukturen schaffen, die lange halten werden.

Er steht auf, geht zum Fenster und atmet tief ein. Morgen wird er zu ElectraMotion fahren und die Dinge in Ordnung bringen. Und während er den Blick über die Landschaft schweifen lässt, weiß er: Das ist genau der Grund, warum er seinen Job so liebt.

Ein gemischtes Willkommen

Als Mark auf das Firmengelände von ElectraMotion fährt, sieht er vor sich ein modernes, funktionales Gebäude – typisch Startup, mit glatten Betonwänden und großen Fensterfronten, die jede Menge Licht in das schlicht gestaltete Innere lassen. Es ist ein Bau ohne Schnörkel, praktisch und direkt, so wie bei den meisten jungen Unternehmen, bei denen das Budget selten für Ästhetik reicht.

Schon beim Betreten des Gebäudes bemerkt er die unangenehme Stille. Anstatt der üblichen geschäftigen Betriebsamkeit herrscht hier eine spürbare Anspannung. Nur vereinzelt hetzen Mitarbeiter mit gesenktem Blick an ihm vorbei – keiner ruft dem anderen zu, kein freundliches Nicken im Vorbeigehen. Die Atmosphäre erinnert ihn an eine Mischung aus Schulhof vor der Matheprüfung und einer Mannschaft, die im letzten Viertel mit zehn Punkten hinten liegt.

Der Empfangsbereich ist ebenso zurückhaltend gestaltet wie der Rest des Gebäudes: Ein schlichter Tresen teilt den Raum, flankiert von ein paar Sitzsäcken und einem kleinen Tisch – genug, um Zweckmäßigkeit zu signalisieren, ohne sich in überflüssigen Details zu verlieren. Hinter dem Tresen sitzt der Rezeptionist: eine blasse, dünne Gestalt, die mit gebeugtem Rücken und festem Blick auf den Laptop fixiert ist. Die Finger fliegen eifrig über die Tastatur, die Stirn in Falten gelegt. Als Mark eintritt und sich vorstellt, hebt der Rezeptionist kurz den Kopf, grüßt knapp und vergräbt sich mit einem »Einen Augenblick, bitte« gleich wieder hinter seinem Bildschirm, als wäre ihm schon diese kurze, flüchtige Begegnung unangenehm.

Mit einem routinierten Klick schickt der Rezeptionist eine letzte, dem Anschein nach wichtige E-Mail ab, bevor er sich erhebt und Mark mit einer flüchtigen Geste bedeutet, ihm zu folgen. Ohne weitere Worte führt er ihn hastig durch einen stillen Korridor, vorbei an geschlossenen Türen.

Auf dem Weg durch die Flure fällt Mark vor allem die typische Start-up-Einrichtung auf – Whiteboards voller Skizzen und Post-its, Stehtische mit Laptops, dazwischen der obligatorische Tischkicker, etwas abgenutzt, und eine Kaffeemaschine, die wohl das Herzstück der Etage ist. Es gibt keine teuren Designermöbel, alles ist eher funktional und hat wohl nur so in den knappen Budgetplan gepasst. Schließlich stehen sie vor einer breiten, matten Glastür. Der Rezeptionist klopft kurz an, öffnet die Tür und tritt beiseite, um Mark den Weg ins Büro des Geschäftsführers zu weisen. »Möchten Sie etwas trinken?«, fällt ihm im letzten Moment noch ein, was Mark dankend annimmt.

Harald Lehmann, ein eher nüchterner Typ, stämmig und wahrscheinlich knapp über 40, begrüßt Mark mit einem kräftigen Händedruck und einem angedeuteten Nicken. Dann führt er ihn ins Büro und lässt sich hinter dem schweren Schreibtisch nieder, was ihm augenscheinlich Selbstsicherheit verleiht. »Schön, dass Sie da sind«, beginnt er ohne Umschweife. »Bitte, setzen Sie sich doch. Ich hatte Ihnen ja schon die Situation umrissen, wir brauchen dringend einen neuen Produktionsansatz, sonst verlieren wir diesen Kunden. Die letzten Monate waren … sagen wir mal, herausfordernd.«

»So viel konnte ich mir aus unserem gestrigen Gespräch bereits zusammenreimen«, stimmt Mark ihm zu. »Lassen Sie uns mit einer kurzen Bestandsaufnahme beginnen. Die Produktionsabläufe sind das eine, den Grundstein für eine positive Veränderung legt aber vor allem die Motivation des Teams, die FMEA effektiv umzusetzen. Wie ist die Stimmung im Team?«

Lehmann verschränkt die Hände auf dem Tisch und nickt, wenn auch etwas skeptisch. »Stimmung? Nun ja, die lässt zu wünschen übrig. Zwischen Entwicklung und Produktion läuft schon länger nicht alles rund. Die Fronten haben sich verhärtet, die Abteilungen kommen mir vor wie zwei Geschwister, die nur miteinander sprechen, wenn sie müssen.« Lehmann seufzt erneut. Mark hört ruhig zu, nickt nur hin und wieder.

»Die Produktion klagt über immer neue Änderungen, die dann doch wieder nachgebessert werden müssen, und die Entwicklung ist frustriert, weil viele ihrer Vorschläge sofort abgeschmettert werden. Das erzeugt … eine gewisse Spannung. Die Situation ist so festgefahren, dass ich nicht mehr weiß, wo ich überhaupt ansetzen soll. Wir haben ja auch schon einiges probiert, eigentlich wollte ich überhaupt nicht so einen Riesenaufwand wie die FMEA betreiben, aber darum kommen wir jetzt wohl nicht mehr herum.«

»Verstehe.« Mark lehnt sich zurück. »Genau bei solchen Problemen setzt die FMEA an und deshalb ist die Zusammenarbeit im Team so entscheidend. Die Methode zeigt auf, wo Stolpersteine liegen – und das über Abteilungsgrenzen hinweg. Wenn ich die Leute jetzt kennenlerne, bekomme ich ein Gefühl für ihre Sichtweise auf den Prozess. Technische Probleme allein bringen selten ein Projekt zu Fall. Meistens liegt es an frustrierten Mitarbeitern, die die Methoden als zusätzliche Last statt als Hilfsmittel betrachten. Wenn das Team erst einmal verstanden hat, wie die FMEA funktioniert, wie sie ihre Arbeit erleichtern und die Produktqualität erhöhen kann, dann ist das schon die halbe Miete.«

»Hmm«, murmelt Lehmann. »Was denken Sie – wie kann das klappen?«

»Dazu muss jeder in seinem Bereich Verantwortung übernehmen und gemeinsam mit uns daran arbeiten, die FMEA als systematische Methode sinnvoll aufzubauen. Wir brauchen dafür Köpfe, die sich einbringen und den Mehrwert sehen. Lassen Sie mich also mit Ihrem Qualitätsleiter und dem Produktionsleiter sprechen. Dann haben wir ein besseres Bild der Lage. Und sobald ich sie überzeugt habe, haben wir starke Fürsprecher für das Team.«