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Ein junger Elbfischer sieht seine Zukunft bedroht, eine Gruppe Geographen feiert Jubiläum auf einer Felseninsel in Norwegen, ein frisch pensionierter Angestellter aus dem Siegerland möchte seinen Traum verwirklichen und fliegt auf eine Leuchtturminsel südlich von Island. Drei Schicksale in einer besonderen Lebenssituation, jeweils beeinflusst von der magischen Anziehungskraft der Leuchtfeuer.
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Seitenzahl: 62
Veröffentlichungsjahr: 2020
Für Florian
Uli Hoffmann
Feuerhöhe
Erzählungen
© 2020 Uli Hoffmann
Verlag und Druck: tredition GmbH, Hamburg
Umschlagfoto: Adobe Stock
ISBN
978-3-347-07312-8 (Paperback)
978-3-347-07313-5 (Hardcover)
978-3-347-07314-2 (e-Book)
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Inhalt
Leuchttürme
Endzeit
Feuerhöhe 36
Die Handlung und alle handelnden Personen sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder realen Personen wäre rein zufällig.
Leuchttürme
Der Hurdalssjøen lag rechts unter ihnen. Der Pilot hatte bereits per Leuchtzeichen den Passagieren in der Kabine signalisiert, die Sicherheitsgurte anzulegen. Seit einiger Zeit befanden sie sich im Anflug auf Gardermoen, aber erst als sie die Wolkendecke durchstoßen hatten, beschäftigte sich Andreas Kirchner mit der Landschaft nördlich der norwegischen Hauptstadt. Für ihn als Geographen war dieser Teil des Fluges stets der interessantere, wenn ihm das Zielgebiet gleichsam eine andere Landkarte in seinem Kopf erzeugte. Er versuchte, sich vorzustellen, welche Wegpunkte das Flugzeug noch passieren würde, bevor der Kapitän den finalen Anflug auf den Airport einleiten würde.
Diesen Flug hatte Andreas bereits mehrere Male bestritten, meist aus beruflichen Gründen, dreimal auch im Rahmen einer Urlaubsreise. Für diesen Zweck benutzte er jedoch in den letzten Jahren die Fähre ab Kiel. Er liebte die Reise mit dem Schiff und die Color-Line bot ja auch eher eine kleine Kreuzfahrt als eine pure Fährpassage. Andreas liebte es vor allem, durch den knapp 120 km langen Oslofjord anzureisen, morgens beim Frühstück die Küstenlinie mit den kleinen Häusern an sich vorüberziehen zu lassen. Norwegen war seit langem sowieso sein bevorzugtes Reiseland.
Der Flytoget, der den Flughafen mit der Hauptstadt verbindet, würde ihn in einer Fahrt von etwa 20 Minuten zur Sentralstasjon bringen.
Andreas sah einige Flughafengebäude und die Maschine würde jeden Moment auf der Landebahn 19 L aufsetzen.
Nach einem leichten Ruck rollte der Airbus aus und bog danach nach links in Richtung seiner Parkposition ab.
Die Flugbegleiterinnen verabschiedeten mit einem freundlichen Lächeln die aussteigenden Passagiere. Andreas folgte dem Strom der Menschen und nahm einen Platz am Gepäckband ein. Er hatte nur auf einen kleinen Koffer zu warten, da er nicht mehr als zwei Tage in Oslo zu bleiben gedachte. Nach dem Grund seiner Reise befragt, hätte er wahrscheinlich geantwortet: „Ein eher privates Treffen.“
Dieses ging auf eine Einladung zurück, die sein Studienkollege Dr. Björn Thomsen vor etwa einem halben Jahr ausgesprochen hatte. Per Mail hatte er seinen ehemaligen Kommilitonen und Kommilitoninnen mitgeteilt, er würde sich freuen, wenn sich alle bei ihm in Oslo zusammenfinden könnten, um nach über dreißig Jahren nach Studienabschluss über gemeinsame Zeiten zu plaudern. Damit gemeint war das Studium am Geographischen Institut der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
Es hatte zwei oder drei Treffen seit dem Abschluss gegeben, Kontakte zu den Mitstreitern gab es kaum, sodass Björn anregte, man sollte es zumindest noch einmal versuchen.
Björn lebte seit mehreren Jahren in der norwegischen Hauptstadt und hatte, wie Andreas gehört hatte, einen bemerkenswerten Job in der Chefetage eines Ölkonzerns. In seiner Mail hatte gestanden: „Um eure Unterkunft braucht ihr euch nicht zu kümmern. Das Hotel geht auf mich. Ihr müsst nur zusagen.“
Andreas wusste sehr wohl um das Einkommensniveau in Norwegen, aber Björn Thomsen musste es wohl ganz dicke haben, denn das gebuchte Hotel war kein geringeres als das „Grand Hotel“ in der Karl Johans Gate.
So hatte Andreas nur den Flug ab Hamburg buchen müssen, wobei er sich natürlich auf die erneute Reise nach Oslo freute.
Mit ihm freuten sich ein gutes Dutzend weitere ehemalige Geographen aus Kieler Zeit.
Nachdem Andreas Kirchner seinen Koffer in Empfang genommen hatte, begab er sich zur Ankunftshalle und hielt Ausschau nach einer Rolltreppe, die zum Flughafenbahnhof führte. Er fand den Wegweiser zum Flytoget, der ihn ins Zentrum der Hauptstadt bringen würde. Er ging über den Bahnsteig und suchte sich einen Wagen des silberglänzenden Expresszuges und nahm einen Fensterplatz ein. Nach zehn Minuten setzte sich der Flytoget nach Drammen in Bewegung. Andreas ließ die ebene Tallandschaft des Flusses Leira in der Provinz Akershus an sich vorüberziehen.
Er schaute sich auf seinem Tablet die Mails von Björn nochmals an. Nach dem Einchecken im Grand Hotel würden ihm noch ein paar Stunden bleiben, bis er sich zum vereinbarten Treffpunkt aufmachen müsste. Er beschloss, noch einen kurzen Bummel durch die Karl Johans Gate zu unternehmen und sich anschließend bei Ferner Jacobsen in der Stortingsgata ein wenig neu einkleiden zu lassen. Zumindest für den heutigen Abend brauchte er noch ein Jackett mit passender Hose, dem Anlass entsprechend. Wenn Björn Thomsen schon die Einladung zum Treffen mit einem Hotelzimmer im Grand Hotel veredelt hatte, glaubte Andreas schon, mit einem ordentlichen Outfit auftreten zu müssen. Darüber hinaus gehörte ein Besuch bei Ferner Jacobsen fast immer zu seinem Programm, wenn er in Oslo weilte. Das altehrwürdige Bekleidungsgeschäft verströmte stets die Aura von Gediegenheit und Klasse und war eine Institution in Oslo.
Der Flytoget erreichte Lillestrøm. Andreas beschloss, erst am Bahnhof Nationaltheatret auszusteigen. So hätte er es näher bis zum Grand Hotel.
Hauptbahnhof. Hier stieg das Gros der Fahrgäste aus. Andreas erhob sich ebenfalls und holte den Koffer aus der Gepäckablage. Mit langsamer Fahrt rollte der Zug kurze Zeit später in den unterirdischen Bahnhof Nationaltheatret ein.
Andreas reihte sich ein in den Strom der zum Ausgang eilenden Fahrgäste und gelangte schließlich in den Park Studenterlunden. Bei diesem Namen dachte er an den Anlass des heutigen Treffens der Ehemaligen.
An der Statue der norwegischen Volksschauspielerin Wenche Voss vorbei erreichte er das Terrain, wo in den Wintermonaten die Spikersuppa Eislaufbahn in Betrieb ist.
Andreas genoss nach der Anreise diesen Spaziergang im Park, während er schräg gegenüber vom Parlament, dem Stortinget, bereits das Grand Hotel ausmachte.
In der Eingangshalle wurde er von einem jungen Angestellten an der Rezeption freundlich und zuvorkommend begrüßt und erhielt seine Zimmerkarte ausgehändigt. Das Angebot, seinen Koffer auf sein Zimmerbringen zu lassen, lehnte Andreas dankend ab. Es war ihm schon fast ein wenig peinlich, welch edles Ambiente sein ehemaliger Kommilitone Björn sich für ihn hatte einfallen lassen. Andreas hielt Ausschau nach bekannten Gesichtern, da er davon ausging, dass die Kieler Alumni allesamt hier untergebracht waren.
Er machte sich kurz etwas frisch und verließ alsbald wieder sein Zimmer, um zu Ferner Jacobsen zu gehen.
Er querte nochmals den Park und betrat das renommierte Bekleidungshaus. Er wurde begrüßt wie ein Stammgast, obwohl er nicht davon ausging, dass sich hier jemand an ihn erinnerte. Er fand eine anthrazitfarbene Hose und ein dazu passendes blaues Jackett. Die Hose musste ein wenig gekürzt werden, diese Arbeit werde seitens der hauseigenen Schneiderei umgehend erledigt, sodass der abendlichen Premiere nichts entgegenstehen würde. Andreas bezahlte und bekam versichert, ein Bote werde alles innerhalb der nächsten zwei Stunden ins Grand Hotel überbringen.
Zufrieden mit seinem Kauf und dem überaus vielversprechenden Start in Oslo beschloss Andreas, seinen Spaziergang in Richtung Radhuskaja fortzusetzen und eine Kleinigkeit zu essen. In Erwartung eines opulenten Abendbuffets im von Björn ausgewählten Restaurant bestellte er sich jetzt nur eine