Figuren des schwulen Kinos - D.A. Miller - E-Book

Figuren des schwulen Kinos E-Book

D.A. Miller

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Beschreibung

Spektakel verantwortungsloser Lust – ebenso aufregend wie bedrohlich: D. A. Millers Essays zeigen, wie die Herstellung und Aufrechterhaltung heterosexueller Identität untrennbar an Figuren des Homosexuellen geknüpft sind. Das schwule Kino wirft Schlaglichter auf eine Welt, die bis heute weitgehend filmisch unsichtbar geblieben ist. Filme wie William Friedkins Cruising (1980) assoziieren die Darstellung des Homosexuellen mit dem Verbrechen, verknüpfen schwules Begehren mit Gewalt und visualisieren die paranoide Angst des 'normalen Mannes', durch Kontakt mit dem Homosexuellen selbst homosexuell zu werden. Bis heute arbeitet sich das Kino an solchen Ängsten ab. Erfolgsfilme wie Ang Lees Brokeback Mountain (2005) oder Luca Guadagninos Call Me by Your Name (2017) machen es kaum besser. Für ihre subversive Ehrlichkeit gefeiert und zu Meisterwerken intensiver Sinnlichkeit verklärt, verkommt der schwule Mainstream-Film trotz seiner scheinbaren Rauheit und Aufrichtigkeit letztlich zum Trostfilm. Schön sind diese Filme gewiss, wie die begeisterten Kritiken festhielten; aber unter der meisterhaften Oberfläche der Bilder vollständig gezähmt durch einen süßlich-abgeschmackten, scheinliberalen Blick, der das homosexuelle Objekt nur unter der Bedingung gutheißt, dass es weder wirklich gezeigt noch angeschaut wird. Wer die Essays von D. A. Miller zur Hand nimmt, wird eine andere Sicht auf den schwulen Film kennenlernen, eine ebenso eindringliche wie subtile Kritik der Darstellung von Homosexualität nicht nur im Kino.

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Seitenzahl: 107

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D. A. MILLER ist Literaturkritiker und Filmwissenschaftler. Er ist emeritierter John-F.-Hotchkis-Professor und Professor der Graduiertenschule im Fachbereich Englisch an der University of California, Berkeley.

D. A. Miller

FIGUREN DES SCHWULEN KINOS

Cruising, Brokeback Mountain und Call Me by Your Name

Aus dem amerikanischen Englisch von Till Bardoux

Konstanz University Press

Bibliographische Information der Deutschen

Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese

Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie;

detaillierte bibliographische Daten sind im Internet

über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© Konstanz University Press 2023

www.k-up.de | www.wallstein-verlag.de

Konstanz University Press ist ein Imprint der

Wallstein Verlag GmbH

Einbandgestaltung: Eddy Decembrino, Konstanz

ISBN (Print) 978-3-8353-9162-8

ISBN (E-Book, pdf) 978-3-8353-9755-2

ISBN (E-Book, epub) 978-3-8353-9756-9

Inhalt

Der SamuraiVorwort von Franco Moretti

Figuren des schwulen Kinos

Cruising

Zur Universalität von Brokeback Mountain

Elios Lehrjahre: Call Me by Your Name

Nachwort

Anmerkungen

Der SamuraiVorwort von Franco Moretti

Pescara, 1972. Auf Einladung von Carlo Pagetti kommt David Miller im Herbst 1972 als Lektor für Englisch an die Università »Gabriele D’Annunzio«. Im Herbst 1972 erhalte ich – in Pescara, mit Pagetti – ein Forschungsstipendium. David ist 24, ich 22, wir treffen uns und kommen überein, dass ich einmal pro Woche in seiner Wohnung in Pescara bleiben werde und er dann und wann in meiner in Rom. Es war ein Jahr mit langen Abenden, vielen Zigaretten und Diskussionen. David studierte in Yale in der Ära von Paul de Man, Geoffrey Hartman, J. Hillis Miller und Harold Bloom; es gab vieles, was er mir beibringen konnte. Er wollte mehr über den Marxismus erfahren, und da hatte ich einiges zu erzählen. Für ihn war die Schlüsselfigur Roland Barthes (ein Strukturalist, der dem Marxismus recht nahestand), für mich war es Galvano della Volpe (ein Marxist mit aufmerksamem Interesse für die strukturalistische Sprachwissenschaft). Ich schaue zurück und lächele darüber, wie glücklich wir waren, damals, vor einem halben Jahrhundert.

Mauvaise foi. Während seiner Dissertation arbeitet Miller hauptsächlich mit Peter Brooks zusammen; sie wird 1981 unter dem Titel Narrative and its Discontents [»Das Unbehagen im Narrativen«] veröffentlicht und ist eine Studie zur Erzähltheorie. Für diese Art von Arbeiten waren das magische Jahre – die Übersetzungen von Schklowskis Theorie der Prosa und Propps Morphologie des Märchens entfalteten ihre Wirkung, außerdem Lévi-Strauss’ Schriften zum Mythos, Barthes’ Einführung in die strukturale Analyse der Erzählung und S /Z, Weinrichs Tempus, Todorovs Poetik der Prosa, Genettes Figures –, und Millers Buch fügte dieser Mischung eine Idee von großer theoretischer Eleganz hinzu: Er untersuchte weniger das, was erzählt wird, sondern vielmehr das, was erzählt werden könnte, jene Ausgangszelle, die eine Geschichte überhaupt erst erzählenswert macht – das »Erzählbare«, wie er es nennt, the narratable. Wie das Echo auf Freud im Buchtitel nahelegt, ist es dieses Erzählbare, das im Wertesystem des Erzählers ein tiefes Unbehagen hervorruft: Arroganz, Lügen, Taktlosigkeiten, Tratsch, Ungerechtigkeit … kurzum, all die Ereignisse, die eigentlich nicht vorkommen sollten und die von den Erzählerfiguren der drei Schriftsteller•innen, die im Zentrum dieses Buches stehen – Austen, Stendhal und Eliot – ausdrücklich und wiederholt missbilligt werden.[1]

Das ethisch Verwerfliche als etwas erzählerisch Produktives – die These steht in einer Parallele zu Goethes Ansicht der Novelle als »unerhörte Begebenheit« (anormal und inakzeptabel zugleich),[2] oder zur Idee Hegels aus den Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte, dass glückliche Zeiten die »weißen Seiten« in der Weltgeschichte seien. Doch da ist noch mehr. Würden diese anstößigen Ereignisse tatsächlich nicht stattfinden, argumentiert Miller weiter, würde es eindeutig keine zu erzählende Geschichte mehr geben, und Erzähler•in und Roman würden augenblicklich verschwinden. Mit diesem eingängigen Gedankenexperiment – das die Diskrepanz ans Licht bringt zwischen dem, was ein Roman erklärtermaßen tun will, und dem, was er tatsächlich macht – bewegt sich Narrative and its Discontents über eine Narratologie hinaus, die nur als »kommentiertes Verzeichnis von narrativen Einheiten, Funktionen, Erzählweisen«[3] verstanden wird, um sich auf jene grundlegende Täuschung – ich klage über genau das, was ich eigentlich brauche – zu konzentrieren, ohne die Erzählung überhaupt nicht existieren würde. Im Anschluss an Sartre erhält dieser Taschenspielertrick den Namen mauvaise foi (Unaufrichtigkeit, Selbsttäuschung) – ein Begriff, der noch in dem Essay über Brokeback Mountain vernehmbar ist: »Er soll an die Selbsttäuschung der eifrigen Promoter des Films glauben« ([zum Text]).[4] Es ist eine scheue Zurückhaltung gegenüber den Quellen von Schönheit, die aus Millers Werk nie verschwinden wird.

Meisterstimme. Heute verhält es sich ein wenig anders, doch damals wurde für eine Anstellung an einer Hochschule wie Berkeley, wo Miller von 1977 bis 1990 lehrte, von einem Doktoranden erwartet, die Dissertationsschrift in ein Buch zu verwandeln und kurz vor der Fertigstellung einer zweiten Publikation zu stehen, um den Bruch mit der eigenen Vergangenheit als Student kenntlich zu machen. Schauen wir, wozu er imstande ist, jetzt, da er nur noch auf sich selbst zählen kann.

Millers zweites Buch, The Novel and the Police (1988), ist definitiv ein Neustart. Sein Leben hat sich in jenen Jahren erheblich gewandelt,[5] und das intellektuelle Klima ebenso. Als eine Reaktion auf die Sackgasse, in der sich die Narratologie wiederfand, verliert das Studium der Erzählhandlung an Boden gegenüber der Stilistik, die im Mittelpunkt von Millers künftiger Arbeit stehen wird. Damals ist diese Verlagerung allerdings noch von einer weiteren Neuheit dieses Buchs überschattet: dem beständigen Rückgriff auf Foucault und insbesondere auf Überwachen und Strafen. In jenen Jahren war in Berkeley Foucaults Einfluss entscheidend für die Herausbildung des New Historicism rings um die Zeitschrift Representations, deren erste Ausgabe tatsächlich das zentrale Kapitel aus The Novel and the Police enthielt. Miller blieb allerdings an den Rändern dieser neuen kritischen Strömung, unbeeindruckt von ihren faszinierenden Anekdoten. Ihm schien es besser, Regeln zu haben – als Studienobjekt: jene stillschweigenden Vorschriften, die allen gewahr sind, auch wenn alle vorgeben, sie nicht zu sehen (die »offenen Geheimnisse« aus dem letzten Kapitel des Buches).

Das Ergebnis ist eine scharfe, leidenschaftliche Analyse des vom Roman des 19. Jahrhunderts ins Werk gesetzten »Regimes der Norm«, dessen Disziplin »charakteristischerweise an ›kleinen Dingen‹ ausgeübt« wird, ein Regime, das »die private und häusliche Sphäre« durchdringt, die für den Roman als Form typisch ist.[6] Schlüsseltechnik für diese »ungesehene, doch alles sehende Überwachung« ist die erlebte Rede (style indirecte libre), ein linguistisches Panopticon, das »durch das Zulassen, Annullieren, Gutheißen, Einordnen all der anderen Stimmen, die sie sprechen lässt«, die Dominanz der »Meisterstimme« des Erzählers etabliert.[7] Hier haben wir uns deutlich über die mauvaise foi aus Narrative and its Discontents hinausbewegt: Erlebte Rede – die große sprachliche Erfindung des Romans aus dem 19. Jahrhundert – ist für Miller das Zeichen einer unauflösbaren Verbindung zwischen ästhetischen Formen und sozialer Herrschaft. Aus der scheuen Zurückhaltung ist Gewissheit geworden.

Drugstore Broadway Hollywood. Millers frühes Werk hatte einen erheblichen Einfluss auf die wissenschaftliche Untersuchung des Romans, während The Novel and the Police auch ein Schlüsseltext bei der Entstehung der Queer Literary Studies war.[8] Die beiden Essays zum »Mainstream Gay Movie« sind gute Illustrationen für Millers Stellung innerhalb dieses Studienbereichs, und manche Passagen – wie die Parallele zwischen erlebter Rede und den alternierenden Einstellungen in Brokeback Mountain – gehen deutlich auf seine Arbeit zum Roman zurück. »Die Aufgabe, die der traditionelle Roman einst erfüllte, ist nicht mit ihm verschwunden«, hatte er bereits in The Novel and the Police dargelegt, doch ging dessen Verschwinden einher mit der »Explosion des Romanhaften«.[9] Stimmt; und es sah in der Tat danach aus, als würde Miller die Umgebung nach Spuren der Explosion absuchen.

Ganz so einfach war es nicht. Später tauchte der Film als Mittelpunkt seiner Arbeit auf, mit der Monographie über Fellinis Achteinhalb für das Britische Filminstitut (2011), den hintergründigen Details von Hidden Hitchcock (2016) und dem Sammelband mit Millers Kolumnen für Film Quarterly (Second Time Around, 2021). Doch die 1990er Jahre waren eher ein bunter Mix: ein Essay über Hitchcocks Rope [Cocktail für eine Leiche] mit einer Coda zu Mapplethorpe (AnalRope, 1990); ein kurzes Buch über Barthes, halb Geschichte der Kritik, halb Biographie (Bringing Out Roland Barthes, 1992); ein Buch zum Broadway Musical (Place for Us, 1998). Seine Erfahrungen als Schwuler traten in den Vordergrund (diese Titel!), ebenso die autobiographische Dimension (der Plan des Kellers im Haus seiner Eltern in Place for Us; Barthes, gesichtet im »American Drugstore« in Paris Saint-Germain), während die Literatur, trotz einer brillanten Studie mit dem Titel Jane Austen, or the Secret of Style (2004), in den Hintergrund rückte.[10] Seine Studenten aus jener Zeit (Amanpal Garcha, David Kurnick, Kent Puckett) schrieben alle wichtige Bücher zum Roman; Miller war nicht länger danach. Genug ist genug, hatte er mir ein paar Jahre zuvor gesagt, jetzt, da The Novel and the Police fertig ist, kein schwerer Stoff mehr, lieber französische Farce, die dümmste, unhaltbarste Komödie, die man sich vorstellen kann, sodass wirklich niemand sie mehr ernst nehmen kann.

Später fiel die Farce wieder ins Vergessen; aber mit Sicherheit gab es eine Wendung hin zur Kulturindustrie, die im Buch über das Musical gipfelte (»ein Genre, das irgendwie gay wirkt, das einzige dieser Art, das die Massenkultur je hervorgebracht hat«[11]). Unsere Generation hatte grundsätzlich ein einigermaßen entspanntes Verhältnis zu »niederen« Formen der Kultur, die Theoretiker wie Barthes oder Eco aus der alten akademischen Struktur emanzipiert hatten;[12]Place for Us bleibt jedoch eine einzigartige Errungenschaft, in seiner Schreibweise zugleich technisch, bewegend, historisierend, sarkastisch, analytisch … und mit einem eigentümlichen Gefallen daran, furchtbar banale Melodien in kompromisslos komplexe Sätze zu zergliedern. (Derart, dass jene, die die Melodien mochten, über die Komplexität verstimmt waren, und andersherum.) Nicht, dass die Sätze in The Novel and the Police einfach gewesen wären; aber jetzt fielen sie allen mehr auf – weil sie sich mehr am Thema rieben. Ein kritischer Text, der seine Materialien präsentierte – und sie zugleich entfremdete. Der Stil entfaltete seine eigene Kraft.

Zweiter Anlauf. »Obwohl ich bestimmt an die richtigen Adressen für Literaturwissenschaft mit einer derartigen Ausrichtung geraten bin – Jesuiten, Yale, Cambridge, nochmals Yale –, hätte vermutlich irgendein anderer institutioneller Werdegang das gleiche Ergebnis hervorgebracht, denn damals war überall die Meistertechnik der Literaturwissenschaften das genaue Lesen.«[13] Diese Adressen konnten in der Tat richtiger nicht sein; wir brauchen nur auf die Seiten zur Genesis von Brokeback Mountain ([zum Text]) oder über den Abspann in Guadagninos Call Me by Your Name ([zum Text]) zu schauen, um zu erkennen, was für ein wunderbar genauer Leser Miller ist. Und dennoch arbeitet er eindeutig nicht länger auf die Art und Weise, wie es Cleanth Brooks oder R. P. Blackmur getan haben. »Too-close reading«, nennt er es, allzu genaues Lesen, als würde er etwas leicht Pathologisches in seiner Haltung eingestehen; eine elegante Geste in einer Welt der Kritik, die sich selbst viel zu ernst nimmt, aber das allein wird ihm nicht gerecht. Besser passt der Titel seiner Kolumne für Film Quarterly: Second Time Around. Zweiter Anlauf, weil – anders als das traditionelle genaue Lesen, das sich organisch von einem Zusammentreffen mit dem Text zum nächsten entfaltet – sein Zugang unsteter ist, voller Fehltritte, und weil seine einzige Gewissheit darin besteht, dass er beim »ersten« Mal oft genau das verpasst hatte, was am wesentlichsten war.

Jenes »er« konnte sehr verschiedene Gestalten annehmen, vom Zehnjährigen, für den Vertigo »abwechselnd zu langsam lief für mein Interesse und zu schnell für mein Verstehen«,[14] über den jungen Doktoranden, der sich an der Yale Film Society trotzig gegen Letztes Jahr in Marienbad stellte (»Wenn die Cinephilie der 60er Jahre Geometrie gewesen wäre, dann würde Letztes Jahr in Marienbad Euklids fünftes Postulat gewesen sein, anders gesagt der Ort, an dem das Subjekt einen Ständer bekommt.«[15]), bis hin zum Miller aus jüngster Zeit, der so verärgert über Call Me by Your Name ist, dass er früher den Saal verlässt und die beste Szene des Films verpasst.[16] All diese verschiedenen – und sich auf verschiedene Weise irrenden – »Ichs« sind die vielen Instanzen dessen, was für Miller der normale Zustand der Dinge ist: jenes mutwillige, unerschütterliche Missverstehen des ästhetischen Objekts, dass von einem »zweiten Anlauf« kritischer Arbeit korrigiert werden soll.

Doch warum sollte Missverstehen so weit verbreitet sein? Und wenn dem so ist, wie lässt sich ein Weg finden, es zu korrigieren?

… et j’ai lu tous les livres. Wenn ich Miller lese, denke ich oft an diese Zeile von Mallarmé. Es ist nicht so, dass er mit all den Büchern prahlen würde, die er gelesen hat (eher im Gegenteil), doch alles, was er beobachtet, wirkt auf ihn so, als sei es schon »geschrieben« worden: bezeichnet, etikettiert und beinahe eingesperrt durch Botschaften, die die Stumpfheit von Barthes’ doxa mit dem Aktivismus von Foucaults Episteme kombinieren. Ob ausdrücklich in den Vordergrund gerückt wie im Chorus der Lobpreisungen für Brokeback Mountain,[17] ob indirekt im Vorübergehen erwähnt (»was Journalisten meine ›homosexuelle Begegnung‹ mit Roland Barthes nennen könnten«[18]), oder ob komprimiert in unpersönlichen Ausdrücken wie »die vermeintliche Offensichtlichkeit des Bildes«[19]  – das Erfassen der Welt durch Allgemeinplätze ist der basso continuo seiner jüngeren Arbeiten und der Grund dafür, warum das Missverstehen tatsächlich allgegenwärtig ist: Unsere Wahrnehmung wird unablässig mitgerissen und fehlgeleitet durch vorgefasste, allgemeine Ideen. Die gesunde Ignoranz des Jungen, der Vertigo nicht verstand, hat sich in falsches Wissen verwandelt: totes Gedachtes, das sich wie ein Zombie an die ästhetische Dimension klammert und so Teil ihrer gesellschaftlichen Bedeutung wird.

Die Allgegenwart der doxa