First Frost - Jennifer Estep - kostenlos E-Book

First Frost E-Book

Jennifer Estep

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Beschreibung

Sie sind die Nachkommen sagenhafter Kämpfer wie Spartaner, Amazonen oder Walküren und verfügen über magische Kräfte. Auf der Mythos Academy lernen sie, mit ihren Fähigkeiten umzugehen und sie richtig einzusetzen – auch die 17-jährige Gwen Frost, die gegen einen übermächtigen Feind bestehen muss … Wie es nach »Erster Frost« weitergeht, erfährst du im Roman »Frostkuss«, erschienen bei ivi.

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Seitenzahl: 54

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Lesen was ich will!

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Übersetzung aus dem Amerikanischen von Vanessa Lamatsch.

Vollständige E-Book-Ausgabe

1. Auflage 2012

ISBN 978-3-492-95650-5

© 2011 Jennifer Estep

© , ein Imprint der Piper Verlag GmbH, München 2012

Umschlaggestaltung: Uno Werbeagentur, München

Umschlagabbildung: FinePic®, München

Datenkonvertierung: psb, Berlin

»Kann ich mir kurz deine Haarbürste leihen?«

Paige Forrest starrte in den breiten Spiegel, der über den Waschbecken an einer Seite der Mädchenumkleide hing. Der Sportunterricht war seit drei Minuten vorbei, und alle Mädchen rissen sich eifrig die verschwitzten T-Shirts und Hosen vom Körper und schlüpften wieder in ihre normalen Klamotten. Sie trugen enge Jeans und knappe, bauchfreie Tops, um sich selbst, die anderen und – noch wichtiger – die süßen Jungs der Ashland Highschool zu beeindrucken.

Nur Paige stand wie erstarrt vor dem Spiegel. Sie war mit ihrem langen, schwarzen Haar und den hellgrünen Augen wirklich hübsch, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass sie sich mit der normalen Eitelkeit einer Sechzehnjährigen musterte. Zum einen legte Paige keinen Lipgloss oder Mascara auf, und sie puderte sich das Gesicht auch nicht mit Glitzerpuder, wie es die anderen taten. Sie tratschte nicht mit den anderen Mädchen oder spekulierte darüber, was für ein ekliges, graues Fleisch wohl heute in der Cafeteria serviert werden würde. Sie schrieb nicht mal SMS.

Nein. Paige lehnte am Waschbecken und sah sich selbst in die Augen, als könnte sie in sich etwas entdecken, das niemand sonst sah – und ihrer düsteren Miene nach zu urteilen, war es etwas Schreckliches.

Dieser Blick sorgte dafür, dass ich wissen wollte, was sie verbarg.

Ich war neugierig. Okay, ziemlich neugierig. Okay, okay, ich war außergewöhnlich, übertrieben, unaufhaltsam neu­gierig – manchmal war es schon fast eine Besessenheit. Ich wollte immer alles über die Leute um mich herum wissen. Warum? Na ja, ich machte meine Gypsygabe dafür verantwortlich.

Ich war eine Gypsy mit psychometrischer Magie. Oder anders gesagt, eine Gypsy mit der Fähigkeit, die Geschichte eines Gegenstandes zu wissen, zu sehen und zu fühlen, indem ich ihn einfach nur berührte. Und das wiederum war die hoch­trabende Umschreibung dafür, dass fast immer, wenn ich etwas berührte, die Erinnerungen und Gefühle anderer Leute vor meinem inneren Auge aufblitzten. Eine Halskette, ein geliebtes Buch oder ein Foto. Ich konnte Schwingungen von ­allem empfangen, zu dem die Leute einen persönlichen Bezug hatten, und ich konnte genau das sehen und fühlen, was die Person erlebt hatte, wann immer sie diese Kette getragen, das Buch gelesen oder das Foto betrachtet hatte.

Ich wusste nicht genau, woher meine Gypsygabe kam oder warum ich überhaupt als Gypsy galt, aber ich mochte die Macht, die meine psychometrische Magie mir verlieh. Ich mochte es, genau zu wissen, was die Leute wirklich dachten. Ob ein Mädchen wirklich meine Freundin war oder ob es hinter meinem Rücken über mich lästerte. Ob ein Junge wirklich auf mich stand oder stattdessen an ein anderes Mädchen dachte. Wie Drew Squires, mein erster und einziger Freund. Dank meiner Psychometrie waren Drews Gefühle in mir aufgeblitzt, als wir uns geküsst hatten, und ich hatte gefühlt, dass er so tat, als sei ich Paige. Ich hatte ihn daraufhin sofort ab­gesägt.

Ja, manchmal taten die Dinge weh, die ich sah oder fühlte, aber trotzdem liebte ich es, die Geheimnisse anderer zu ergründen. Und wenn ich nach dem seltsamen Ausdruck auf Paiges Gesicht ging, verbarg sie etwas – etwas Großes.

»Paige?«, fragte ich wieder, diesmal ein wenig lauter, damit meine Stimme das Geschnatter der anderen Mädchen, das Quietschen der Schuhe auf dem Boden und das ständige Knallen von Spindtüren übertönte.

Paige tauchte zumindest teilweise aus ihrer Trance auf und suchte im Spiegel meinen Blick.

»Gwen? Gwen Frost?«, fragte sie benommen, als würde sie mich nicht erkennen.

Ich musterte mein eigenes Spiegelbild. Sicher, mein lockiges braunes Haar war im Moment ein verschwitztes Vogelnest. Deshalb wollte ich Paiges Haarbürste ja auch benutzen, um mir einen Pferdeschwanz zu machen. Meine winterweiße Haut war von den Versuchen, Basketball zu spielen, gerötet und fleckig, und meine violetten Augen wirkten grundsätzlich etwas seltsam. Okay, okay, meine Augen wirkten sehr seltsam.

Aber Paige und ich kannten uns seit dem Kindergarten und gingen in dieselbe Klasse. Manchmal hingen wir sogar am Wochenende mit gemeinsamen Freunden ab. Sie sollte genau wissen, wer ich war – besonders nachdem sie mich vor ein paar Tagen engagiert hatte, um ihr verlorenes Handy wiederzufinden.

Telefone, Schlüssel, Geldbeutel, zerknüllte BHs und Boxershorts. Für den richtigen Preis heuerten mich die Schüler der Ashland Highschool an, um Dinge zu finden, die verloren gegangen oder gestohlen worden waren oder die einfach nicht dort waren, wo sie sein sollten. Ja, ich nutzte meine Gypsy­gabe, um mein Taschengeld aufzubessern, anstatt gegen eine große, uralte, böse Macht zu kämpfen. Verklagt mich doch, weil ich unternehmerisch denke und nicht wie andere Jugend­liche in einem Fast-Food-Laden arbeiten will.

Dank meiner psychometrischen Magie fiel es mir leicht, Dinge zu finden. Gewöhnlich musste ich die Finger nur über den Schreibtisch einer Mitschülerin gleiten lassen oder ihre Handtasche durchsuchen, um zumindest eine gute Vorstellung davon zu bekommen, wo sie ihr Handy liegen oder ihr Lieblingsarmband fallen gelassen hatte. Und wenn ich nicht sofort herausfand, wo das etwas verloren gegangen war, berührte ich einfach weiter Dinge, bis ich es wusste. Ein bisschen wie Kalle Blomquist, der einer Spur übersinnlicher Brotkrumen folgt.

Die Leute hinterließen überall Schwingungen, auf allem, was sie berührten. Und diese Schwingungen verrieten alles. Was sie zu Mittag gegessen hatten bis hin dazu, was sie wirklich über den neuen Freund ihrer besten Freundin dachten. Meistens hielt das Mädchen ihn entweder für einen totalen Trottel oder es wollte ihn für sich. Alles, was ich tun musste, um diese Schwingungen anzuzapfen – zu sehen, was die Leute getan hatten, zu fühlen, was sie fühlten und ihre Geheimnisse zu erfahren – war, die Finger auszustrecken und die großen und kleinen Dinge um mich herum zu berühren.

Ende der Leseprobe