Fit for Purpose - David J Anderson - E-Book

Fit for Purpose E-Book

David J. Anderson

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Beschreibung

Die ständig wachsenden komplexen Anforderungen dynamischer Märkte im 21. Jahrhundert erfordern von Unternehmen, ihre Produkte und Services ständig zu verbessern und an den Kundenbedürfnissen auszurichten. Dieses Buch zeigt, wie Sie neue Kunden in neuen Marktsegmenten finden, Ihre bestehenden Kunden kontinuierlich zufriedenstellen und sie langfristig binden. Es liefert konkrete Antworten auf die Fragen: - Sind Ihre Produkte und Services an Kundenbedürfnissen ausgerichtet? - Wie können Sie ermitteln, warum Ihre Kunden gerade Ihr Unternehmen, Ihre Produkte und Ihre Services auswählen? - Wann stellt eine Veränderungsinitiative im Unternehmen eine wirkliche Verbesserung dar oder geht einen Schritt zu weit oder würde sogar Ihren Markt überfordern?Die Autoren haben mit dem Fit-for-Purpose-Framework ein pragmatisches Vorgehen entwickelt, um - Marktsegmente auszuwählen, die sich an der eigenen Unternehmensstrategie ausrichten, - Produkte und Services entsprechend den Kundenerwartungen zu entwerfen und - Maßnahmen, wie das Festlegen von Leistungsindikatoren, zu ergreifen, um Wertschöpfungsprozesse zu optimieren.Sie beschreiben anschaulich anhand vieler Beispiele aus unterschiedlichen Branchen wie Transportwesen, Onlinehandel und Telekommunikation, wie die richtigen Kennzahlen ausgewählt werden, um Verbesserungsinitiativen im Unternehmen zu beschleunigen, die sich direkt auf die Kundenzufriedenheit auswirken.

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David J Anderson ist ein Innovator von Managementkonzepten für die Geschäftswelt des 21. Jahrhunderts. Er ist Vorsitzender von Lean Kanban Inc., einem Unternehmen für Trainings, Beratung, Veranstaltungen und Veröffentlichungen, das Führungskräften weltweit neue Ideen zugänglich macht. David verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Hightechindustrie, wo er in den frühen 80er-Jahren im Umfeld der Spieleentwicklung begann. Er arbeitete für IBM, Sprint, Motorola und Microsoft sowie für eine Reihe von Start-up-Unternehmen. David ist der Begründer sowohl der Kanban-Methode als auch von Enterprise Services Planning, ist regelmäßiger Sprecher auf intern. Konferenzen und hat mehrere Bücher veröffentlicht.

Alexei Zheglov ist Founder und Principal Consultat bei Lean A-to-Z, Inc. und berät Manager, Führungskräfte und Coaches auf fünf Kontinenten. Er ist Kanban Coaching Professional (KCP) und akkreditierter Kanban Trainer (AKT) der Lean Kanban Universität (LKU), ist Vortragender auf intern. Lean-Kanban-Konferenzen und schreibt regelmäßig auf seinem Blog connected-knowledge.com.

Übersetzer:

Sven Günther studierte an der Fachhochschule Brandenburg Informatik mit den Schwerpunkten Softwareentwicklung und Mikroprozessortechnik. Seit 1997 entwickelt er in Java und C-Sprachen sowohl im Enterprise-Umfeld als auch für mobile Geräte. Agile Entwicklungsmethoden hat er 2007 für sich entdeckt und ist seitdem begeistert von ihnen. Sein besonderes Interesse gilt der Verbesserung von Arbeitsabläufen mit Kanban.

Wolfgang Wiedenroth ist ausgebildeter Fachinformatiker der Fachrichtung Anwendungsentwicklung . Von 2007 an arbeitete er als Scrum Master in verschiedenen Unternehmen. Seit 2010 liegt sein Schwerpunkt auf der Kanban-Methode. Heute arbeitet er bei it-agile als Berater. Wolfgang ist akkreditierter Kanban Trainer (AKT) und Kanban Coaching Professional (KCP). Er bloggt auf agilemanic.com und twittert als @wwiedenroth.

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www.dpunkt.plus

David J Anderson · Alexei Zheglov

Fit for Purpose

Wie Unternehmen Kunden finden, zufriedenstellen und binden

Übersetzung aus dem Englischen von Sven Günther und Wolfgang Wiedenroth

David J Anderson · [email protected]

Alexei Zheglov · [email protected]

Übersetzung: Sven Günther · [email protected]

Wolfgang Wiedenroth · [email protected]

Lektorat: Christa Preisendanz

Copy-Editing: Ursula Zimpfer, Herrenberg

Satz: Birgit Bäuerlein

Herstellung: Stefanie Weidner

Coverdesign: HRM Graphics (IND-GUJ-Rajkot)

Umschlaggestaltung: Helmut Kraus, www.exclam.de

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN:

Print978-3-86490-579-7

PDF978-3-96088-674-7

ePub978-3-96088-675-4

mobi978-3-96088-676-1

Copyright © der deutschen Ausgabe 2019

dpunkt.verlag GmbH

Wieblinger Weg 17 · 69123 Heidelberg

Copyright © 2018 by Blue Hole Press, USA, Title of the English original: Fit for Purpose: How Modern Businesses Find, Satisfy, & Keep Customers, Second Print Edition, 20 September, 2018.

ISBN: 978-1-7328212-0-0 (hardcover)

ISBN: 978-1-7328212-1-7 (paperback)

Cartoon in Chapter 11 used with permission, Peter Steiner/The New Yorker Collection; © Condé Nast Image on page 240 courtesy of iStock.com/Yobro10

Translation Copyright © 2019 by dpunkt.verlag. All rights reserved.

Die vorliegende Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Die Verwendung der Texte und Abbildungen, auch auszugsweise, ist ohne die schriftliche Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und daher strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Übersetzung oder die Verwendung in elektronischen Systemen.

Es wird darauf hingewiesen, dass die im Buch verwendeten Soft- und Hardware-Bezeichnungen sowie Markennamen und Produktbezeichnungen der jeweiligen Firmen im Allgemeinen warenzeichen-, marken- oder patentrechtlichem Schutz unterliegen.

Alle Angaben und Programme in diesem Buch wurden mit größter Sorgfalt kontrolliert. Weder Autor noch Verlag können jedoch für Schäden haftbar gemacht werden, die in Zusammenhang mit der Verwendung dieses Buches stehen.

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Für Nastya – DJA

Für Lilia, Sasha und Dasha – AZ

Inhaltsübersicht

Teil IEinführung in Fit for Purpose

1Der beste Taxiservice der Welt

Evolutionäre Kräfte formen robuste Produkte und Services

2Justin Bieber versus Storm King

Die drei Dimensionen für Fit for Purpose: Design, Umsetzung und Servicelieferung

3Mensch versus Maschine

Segmentierung, Bedürfnisse und Fitnesskriterien

Teil IIFit for Purpose verstehen

4On-Base Percentage, der Boston Marathon und das Auto Ihrer Träume

Fitnesskriterien treiben die evolutionäre Auswahl voran

5Das expandierende Universum

Vier Kategorien für Metriken: Fitnesskriterien, Gesundheitsindikatoren, Verbesserungstreiber und Wohlfühlmetriken

6Von Valentinstag bis Vertu

Die universellen Fitnesskriterien

7Wir wissen, warum Sie fliegen

Maßgeschneiderte Produkte und Services für bestimmte Marktsegmente

Teil IIIFit for Purpose managen

8Menschen und ihre Geschichten nutzen

Marktforschung: Kundenservicepersonal nutzen, um Ihre Marktsegmente zu verstehen

9Umfragen und Daten nutzen

Marktforschung: Marktsegmente aus Fit-for-Purpose-Umfragen ableiten

10Es ist nicht Glück!

Neue Marktsegmente entwickeln: Produkte und Services designen, die Fit for Purpose sind

Teil IVAchten Sie auf die Lücke

11Blinde Flecken

Bekannte Schwächen des Fit-for-Purpose-Frameworks

12»Es ist Ihre Zukunft, seien Sie dabei«

Jobs to be Done und den Net Promoter Score verbessern

13Von Moltkes zielgerichtete Balanced Scorecard

Methoden, die von der Integration in das Fit-for-Purpose-Framework profitieren

14»Seien Sie paranoid!«

Durch Evolution des Marktes und disruptive Innovation Fit for Purpose bleiben

Anhang

ALifestyle Snapshots

Das Kontextproblem beim Design für mobile Geräte lösen

Index

Inhaltsverzeichnis

Teil IEinführung in Fit for Purpose

Wer sollte das Buch lesen?

Was Sie von diesem Buch erwarten können

Warum sollten Sie das Fit-for-Purpose-Framework anwenden?

Über die Autoren

Einige Entscheidungen, die wir trafen

Danksagungen

1Der beste Taxiservice der Welt

Evolutionäre Kräfte formen robuste Produkte und Services

1.1Warum sind Londons Taxis die besten?

1.2Zusammenfassung

2Justin Bieber versus Storm King

Die drei Dimensionen für Fit for Purpose: Design, Umsetzung und Servicelieferung

2.1»Beliebers« in Mumbai sind enttäuscht nach »Purpose«-Konzert

2.2Storm King Red

2.3Neeta, Zak’s und Westside Pizza

2.4Zusammenfassung

3Mensch versus Maschine

Segmentierung, Bedürfnisse und Fitnesskriterien

3.1Neue Wege, den Zweck Ihrer Kunden herauszufinden

3.1.1Fokusgruppen untersuchen und gruppieren gemeinsame Geschichten

3.1.2Fitness Box Score

3.2Die Bewertung der Fitness for Purpose

3.3Fit for Purpose und emotionale Motivation

3.4Fittester unter Gleichen

3.5Segmentieren Sie Ihren Markt anhand des Kundenzwecks

3.6Jenseits des Net Promoter Score

3.7Warum der Zweck des Kunden eine Rolle spielt

3.8Das Verstehen der Kundenbedürfnisse sollte eine strategische Kernkompetenz werden

3.9Zusammenfassung

Teil IIFit for Purpose verstehen

4On-Base Percentage, der Boston Marathon und das Auto Ihrer Träume

Fitnesskriterien treiben die evolutionäre Auswahl voran

4.1»Aber erreicht er die Base?«

4.2Der Boston Marathon

4.3Das Auto Ihrer Träume

4.4Ein weiteres Traumauto

4.5Die Serie

4.6Vier Arten von Metriken

4.7Zusammenfassung

5Das expandierende Universum

Vier Kategorien für Metriken: Fitnesskriterien, Gesundheitsindikatoren, Verbesserungstreiber und Wohlfühlmetriken

5.1Das expandierende Universum der Metriken

5.2Sind unsere Metriken Fit for Purpose?

5.2.1Warum sammeln wir Metriken? Was ist ihr Zweck? Und sind sie Fit for Purpose?

5.2.2Metriken klassifizieren

5.2.3Wohlfühlmetriken

5.2.4Fitnesskriterien

5.2.5Fitnesskriterien in Verträge einbinden

5.2.6Fitnesskriterien sollten definierte Schwellwerte haben

5.2.7Allgemeine Gesundheitsindikatoren

5.2.8Verbesserungstreiber

5.3Wie sich Walgreens von »gut zu großartig« entwickelte

5.4Mit Metriken Veränderungen bei Sungard voranbringen

5.5Das sollten Sie tun

5.6Eitelkeit oder Produktivität?

5.7Zusammenfassung

6Von Valentinstag bis Vertu

Die universellen Fitnesskriterien

6.1Häufig wiederkehrende Fitnesskriterien

6.1.1Durchlaufzeit und ihre Vorhersagbarkeit

6.1.2Qualität und ihre Vorhersagbarkeit

6.1.3Nicht funktionale Qualität

6.1.4Funktionale Qualität

6.1.5Sicherheit und regulatorische Übereinstimmung

6.1.6Regulierte Branchen

6.1.7Preis ist kein unabhängiges Kriterium

6.2Vertu

6.3Zusammenfassung

7Wir wissen, warum Sie fliegen

Maßgeschneiderte Produkte und Services für bestimmte Marktsegmente

7.1Serviceniveaus für verschiedene Kundensegmente gestalten

7.2Wer kennt Ihre Kunden?

7.2.1Kundenservicepersonal auslagern

7.2.2Die Schnittstelle zum Kunden automatisieren

7.2.3Andere Ausnahmen

7.2.4Verpackte Anwendungen

7.2.5Software als Service

7.2.6Mobile Anwendungen

7.2.7Ist die »Old School«-Interaktion mit Kunden wirklich notwendig?

7.3Produkte und Services, die Fit for Purpose sind: Die drei Dimensionen, auf die Sie achten sollten

7.3.1Computerspiele

7.3.2Fluggesellschaften

7.3.3Managementschulungen

7.3.4Alle drei ausbalanciert

7.4Kapitelzusammenfassung

7.5Zusammenfassung des Fit-for-Purpose-Frameworks

Teil IIIFit for Purpose managen

8Menschen und ihre Geschichten nutzen

Marktforschung: Kundenservicepersonal nutzen, um Ihre Marktsegmente zu verstehen

8.1Segmente basierend auf dem Kundenzweck identifizieren

8.2Fokusgruppen mit dem Kundenservice einrichten

8.3Fitnesskriterien für jedes Segment identifizieren

8.4Handeln und Ergebnisse beobachten

8.4.1Das Serviceniveau senken, wenn der Markt zu gut bedient wird

8.4.2Den Service in einem nicht gut genug bedienten Markt verbessern

8.5Zusammenfassung

9Umfragen und Daten nutzen

Marktforschung: Marktsegmente aus Fit-for-Purpose-Umfragen ableiten

9.1F4P-Karten fragen die Erwartungen von Kunden ab

9.2Fitness Box Score und Punktesysteme

9.3Segmente nach auf dem Kundenzweck identifizieren

9.4Ergebnisse interpretieren und Handlungen ableiten

9.5F4P-Karten in ausgereiften Märkten optimieren

9.6Zusammenfassung

10Es ist nicht Glück!

Neue Marktsegmente entwickeln: Produkte und Services designen, die Fit for Purpose sind

10.1Marktgelegenheiten ausnutzen

10.2Westside hat Glück!

10.3Für Zak’s Expansion planen

10.4Was ist gerade bei Zak’s passiert?

10.5Denken Sie wie die Pizza-Jungs

10.6Serviceklassen sind ein mächtiges Werkzeug

10.7Servicelieferung und Wirtschaftlichkeit müssen ausbalanciert sein

10.8Natürliche Segmentierung auf Basis der Nutzung

10.9Bloatware

10.10Zusammenfassung

Teil IVAchten Sie auf die Lücke

11Blinde Flecken

Bekannte Schwächen des Fit-for-Purpose-Frameworks

11.1Metriken

11.2Emotionale Motivation bei der Auswahl

11.3Kleinformate funktionieren besser

11.4Automatisierung oder die menschliche Note?

11.5Existierende Marktforschung und quantitative Daten

11.6Kunden, die nicht kaufen

11.7Promotoren und Empfehlungen

11.8Menschen lügen – verborgene Zwecke

11.9Regulierte Märkte

11.10Dysfunktionale Märkte

11.11Zusammenfassung

12»Es ist Ihre Zukunft, seien Sie dabei«

Jobs to be Done und den Net Promoter Score verbessern

12.1Fit for Purpose und Jobs to be Done

12.1.1Zocor und Dan Reeves: ein pharmazeutisches Beispiel

12.1.2Klareres Denken bei der Anforderungsanalyse – ein Beispiel aus der Versicherungsbranche

12.2Fit for Purpose und der Net Promoter Score (NPS)

12.3Entwickeln Sie Ihr Produkt- oder Servicedesign anhand der Fitnessbewertung

12.4Die Evolution des Fitness Box Score

12.5Zusammenfassung

13Von Moltkes zielgerichtete Balanced Scorecard

Methoden, die von der Integration in das Fit-for-Purpose-Framework profitieren

13.1Verknüpfung mit Auftragstaktik (Führen mit Auftrag)

13.1.1Führen mit Absicht in einer Versicherung

13.1.2Führen mit Absicht in der Pharmaindustrie

13.2Verknüpfung mit Balanced Scorecard

13.2.1Unterschiede

13.2.2Generische Maßnahmen

13.2.3Kunden und Märkte

13.2.4Balanced Scorecard – Fazit

13.3Verknüpfung mit Objectives und Key Results (OKR)

13.4Verknüpfung mit Personas und Goal-Directed Design

13.5Lean Startup

13.5.1Dot-Coms: eine andere Ära

13.5.2Dot-Coms sterben aus

13.5.3Lean Startup – Zusammenfassung

13.6Zusammenfassung

14»Seien Sie paranoid!«

Durch Evolution des Marktes und disruptive Innovation Fit for Purpose bleiben

14.1Warum sich Fitnesskriterien verändern

14.2Lebenszyklus einer Technologieeinführung

14.3Die eigene Rolle im Markt

14.3.1Kostenreduzierer

14.3.2Halbwertszeit einer Marktrolle

14.4Exaptation

14.5Identität

14.6Identität – auf ein Neues

14.7Das Dilemma des Innovators

14.8Fit for Purpose bleiben

14.9Zusammenfassung

Anhang

ALifestyle Snapshots

Das Kontextproblem beim Design für mobile Geräte lösen

A.1Einführung

A.2Eine Anwendung für Flughäfen

A.2.1Persona-Definitionen

A.2.2Lifestyle Snapshots

A.2.3Benutzungsszenarien

A.3Beispiel: Zürich-Airport-System

A.3.1Persona-Definition: Hans, Seniorpartner einer Züricher Anwaltskanzlei

A.3.2Lifestyle Snapshot: Montagmorgen, dienstlich in München

A.3.3Benutzerszenario: Automatisches Einchecken für den Flug

A.3.4Benutzerszenario: Boarding-Mitteilung

A.3.5Benutzerszenario: Pushmitteilungen für die Mietwagenwerbung

A.4Zusammenfassung

Index

Teil I

Einführung in Fit for Purpose

Wir haben dieses Buch geschrieben, weil wir davon überzeugt sind, dass Unternehmen und ihre Produkte und Services in Folge evolutionärer Prozesse im Markt überleben und gedeihen. In der Natur überlebt und gedeiht eine Spezies, wenn sie für ihre Umgebung als fit, fitter oder geeignet ausgewählt wird, daher der Ausdruck »Survival of the Fittest« (»Überleben der Passendsten«). Wir glauben, dass der gleiche Mechanismus auch auf Unternehmen zutrifft. Dieses Buch vermittelt Ihnen, wie Sie die Kraft der Evolution nutzen können, damit Ihr Unternehmen überleben und gedeihen kann. Das Fit-for-Purpose-Framework hilft Ihnen dabei, diese evolutionäre DNA in Ihrem Unternehmen zu etablieren.

Dieses Buch zeigt Ihnen Wege auf und Mechanismen, wie Sie Ihre Produkte und Services so weiterentwickeln können, dass diese sich perfekt an die Wünsche und Anforderungen Ihrer Kunden anpassen. Damit steigern Sie die Loyalität Ihrer Kunden und erreichen, dass sie Ihnen als Kunden erhalten bleiben und wiederkommen. Wenn Ihnen dies gelingt, ist Ihr Geschäftsmodell belastbar, robust und auf einen langfristigen Erfolg ausgerichtet. Am Kundenzweck orientierte Produkte und Dienstleistungen führen sowohl zu begeisterten Kunden als auch zu zufriedenen Mitarbeitern und sehr guten wirtschaftlichen Erfolgen. Wir hoffen, dass auch dieses Buch für Sie seinen Zweck erfüllt und Ihr Unternehmen als Ergebnis Ihrer umgesetzten Ideen gedeiht!

Wer sollte das Buch lesen?

Dieses Buch richtet sich an Produktmanager und Verantwortliche in der Gestaltung und der Erbringung von Services. Es richtet sich an Menschen, die Produkte strategisch positionieren und Strategien planen, Marktforschung oder Marketing betreiben oder die diese Funktionen als Manager betreuen.

Was Sie von diesem Buch erwarten können

Dieses Buch beschreibt die Theorie des Fit-for-Purpose-Frameworks. Es erläutert das Konzept, nach dem Märkte nach Kundenwünschen aufgeteilt werden und wie Produkte und Services danach so gestaltet, entwickelt und ausgeliefert werden sollten, dass jeder Kunde ein für ihn passendes Angebot erhält. Um das zu erreichen, müssen Sie verstehen, welche Ziele Ihre Kunden haben und nach welchen Kriterien sie Produkte und Services im Markt auswählen. Sie müssen sich bewusst sein, warum die Kunden sich gerade für Sie oder Ihre Produkte entscheiden und welche Erwartungen dahinter stehen. Wir stellen Fit-for-Purpose-Umfragen und den Fitness Box Score als Hilfsmittel vor, um den Markt zu verstehen und zu überprüfen, wie gut Sie diesen schon bedienen.

Auf unserem Weg werden Sie Techniken kennenlernen, die Ihnen bereits bekannt vorkommen mögen, wie z.B. Net Promoter Score (NPS), Balanced Scorecard, Key-Performance-Indikatoren (KPI), Jobs to be Done (JTBD), Personas und zielgerichtetes Design sowie Mission Orders/Commander’s Intent – auch bekannt als Auftragstaktik oder Führen mit Auftrag.

Teil I des Buches – Einführung in Fit for Purpose (Kap. 1–3) – stellt das Konzept anhand von Beispielen aus aller Welt vor. Teil II – Fit for Purpose verstehen (Kap. 4–7) – beschreibt das Fit-for-Purpose-Framework. Teil III – Fit for Purpose managen (Kap. 8–10) – liefert eine pragmatische Anleitung, wie das Framework in realen Umgebungen angewendet werden kann. Der abschließende Teil IV (Kap. 11–14) identifiziert Lücken und Schwachpunkte sowie Ausnahmefälle, für die der Einsatz des Frameworks weniger geeignet erscheint, und zeigt auf, wie das Fit-for-Purpose-Framework mit einigen bekannten Ansätzen integriert werden kann. Zu guter Letzt fassen wir zusammen, wie Sie aus unserer Sicht am besten vorgehen.

Warum sollten Sie das Fit-for-Purpose-Framework anwenden?

Das Verstehen des Fit-for-Purpose-Konzepts ermöglicht es Ihnen, Kunden auf eine Weise zu finden, zufriedenzustellen und zu binden, die robuster und effizienter ist, als Sie das vielleicht bislang gemacht haben. Das Verständnis dieses Frameworks ist der erste Schritt hin zu einem langfristigen Überleben Ihres Geschäftsmodells im komplexen Marktumfeld des 21. Jahrhunderts.

In ihrer beruflichen und auch persönlichen Entwicklung beobachteten die Autoren viele Unternehmen und entdeckten dabei mehrere wichtige Gegensätze. Als Erstes sahen wir eine große Vielfalt an Kundenbedürfnissen, die es ermöglichte, ein robustes Unternehmen zu führen, indem den Kunden einfach das gegeben wurde, was ihre Bedürfnisse erfüllt. Gleichzeitig haben wir jedoch festgestellt, dass die Strategiegespräche in vielen Unternehmen nicht auf diese Kunden fokussiert waren, sondern auf Analysen der Mitbewerber. Zweitens erfordert die Bedienung des Kundenbedürfnisses die Aufmerksamkeit auf verschiedenen Aspekten, doch viele Unternehmen konzentrieren sich lediglich auf einen Aspekt auf Kosten anderer. Zum Dritten entscheiden sich Kunden für Produkte und Services nach relativ wenigen Kriterien, dennoch gehen viele Unternehmen in Metriken und gesammelten Daten unter. Viertens ist das Kundenservicepersonal eine große Quelle des Wissens über die Bedürfnisse der Kunden. Jedoch gehören diese Mitarbeiter in vielen Unternehmen zu denen mit der geringsten Bezahlung, sie sind diejenigen, die am häufigsten ihren Job wechseln, und sie sind am weitesten von denjenigen, die die Entscheidungen treffen, entfernt.

Wir könnten diese Liste noch fortführen. Es wird schon jetzt klar, dass diese vier Lücken reale Probleme bei Unternehmen und ihren Kunden erzeugen. Das Schließen dieser Lücken wird zu zufriedeneren Kunden und besseren Unternehmen führen. Das Fit-for-Purpose-Framework gibt Ihnen pragmatische, handlungsleitende Hilfe, wie Sie dies bewerkstelligen können.

Über die Autoren

Beide Autoren sind selbstständig und haben ihre eigene Firma. Keiner von ihnen hat je eine klassische Marketing- oder Strategieausbildung durchlaufen. Seit 2008 führt David ein Unternehmen, das Manager schult, Events plant, Wissen publiziert und Kunden berät. Dieses Unternehmen mit Sitz in Seattle betreut seine Kunden weltweit. Alexei hat ein kleineres Beratungs- und Schulungsunternehmen mit Sitz in Waterloo, Ontario. Obwohl es für ihn einfacher gewesen wäre, als fest angestellter Berater zu arbeiten, wählte er den schwierigeren Weg, selbst ein robustes Geschäftsmodell aufzubauen. Er arbeitet weltweit mit einer Vielzahl von Unternehmen unterschiedlichster Größe, Ausrichtung oder Branchen zusammen.

Einige Entscheidungen, die wir trafen

Die Beispiele aus den ersten beiden Teilen dieses Buches stammen von Unternehmen, die physische, greifbare Produkte oder Dienstleistungen anbieten, wie z.B. Restaurants, Fluggesellschaften oder Weingüter. Diese Beispiele sind leicht zu verstehen und vermitteln teils schwierige Konzepte auf eine einfache Weise. Trotzdem wollen wir die Konzepte auch auf virtuelle Waren und Services anwenden, was in den Teilen III und IV viel deutlicher wird.

Insbesondere in Teil III, »Fit for Purpose managen«, trafen wir bewusst die Entscheidung, Beispiele aus unserem eigenen Umfeld wie Managementschulungen, Beratung und Eventplanung zu nutzen. Dieser nicht geschönte und transparente Ansatz birgt das Risiko, einige unserer Kunden und Geschäftspartner zu verärgern. Wir haben bei unseren Ausführungen jedoch darauf geachtet, dass dies nicht passiert. Wir gehen sehr offen mit Informationen in Bezug auf Davids Geschäftsmodell der zertifizierten Schulungen um. Es wird zweifellos einige Vertriebspartner verwundern, in welches Segment wir sie eingruppiert haben. Wir haben ganz bewusst die Entscheidung für Transparenz getroffen, um die von uns angestrebte Authentizität zu erreichen. Wir wollen Ihnen glaubhaft vermitteln, dass die vorgestellten Techniken ausprobiert und getestet sind und regelmäßig eingesetzt werden. Wir verwenden sie selbst, um unsere eigenen Unternehmen zu managen, und denken, dass Sie sie besser verstehen werden, wenn wir die Karten auf den Tisch legen.

Dieses Buch beschreibt auch einige fiktive Szenarien, oft inspiriert durch aktuelle Erfahrungen aus erster Hand, Beobachtungen aus zweiter Hand oder überliefert durch Personen, die hier den einen oder anderen Sachverhalt wiedererkennen werden. Es gibt fiktive Charaktere, zusammengesetzt aus einer Reihe realer Personen. Neeta ist eine solche Figur, obwohl Neeta ursprünglich durch eine Bekannte aus unserem beruflichen Netzwerk inspiriert ist, die für WSIB1 in Toronto arbeitet. Die Erfahrungen von Neeta, die wir beschreiben, entsprechen in keiner Weise denen einer realen Person (lebend oder tot). Wir benutzen fiktive Geschichten, um Konzepte zu veranschaulichen. Durch diese Vereinfachung wollen wir ein besseres Verständnis ermöglichen. Die Wahrheit ist oft viel komplizierter als die Fiktion, und wir wollten durch die Komplexität der Realität das Verständnis der Grundkonzepte nicht erschweren.

Es gibt viele Anekdoten aus dem realen Geschäftsumfeld, sehr oft von bekannten Marken. In den meisten Fällen hatten wir persönliche Einblicke in Teile dieser Geschichten bzw. sie entstammen unserer persönlichen Erfahrung. In allen Fällen können die Einzelheiten dieser Geschichten durch öffentlich zugängliche Quellen recherchiert werden. Für interessierte Leser werden viele Referenzen in den Fußnoten bereitgestellt. In Fällen, wo die Details nicht öffentlich sind, haben wir die Quellen unkenntlich gemacht und die beteiligten Personen anonymisiert.

Danksagungen

Wir haben die erste Auflage dieses Buches in nur sieben Wochen im Sommer 2017 geschrieben. Kleinere Teile des Buches entstanden schnell: Geschichten, Konzepte und Beispiele. Wir überarbeiteten sie, teilten sie auf und verschoben sie in verschiedene Kapitel. Danach verwarfen wir sie wieder, um unserem Ziel einer logischen und ansprechenden Darstellung unserer Ideen und Konzepte näherzukommen. All das konnten wir nur dank unserer ersten Leser erreichen. Diese gaben uns im Grunde genommen täglich Feedback zu unserer Arbeit.

Wir sind uns sicher, dass dieses Buch nicht dasselbe wäre ohne die Arbeit von Mark Leach und Scott Relf, die durch ihr regelmäßiges Feedback das Manuskript verbessert haben. Es war sehr ermutigend von Christophe Louvion zu hören, der unseren immer noch nicht vollständigen ersten Entwurf gelesen hatte und damit in der Lage war, unsere Vorschläge direkt mit seinem Team umzusetzen. Kaveh Kalantar gab uns häufig kurzes und substanzielles Feedback und vernetzte uns mit Innovatoren. Wir danken ebenso einer Reihe von Reviewern für ihr zeitnahes und hilfreiches Feedback und ihre Kommentare: Gabe Abella, Marina Arefieva, Martin Aziz, Andreas und Susanne Bartel, Jesper Boeg, Simon Cockayne, John Cutler, Bernadette Dario, Becky Fitzgerald, Jonathan Hansen, Sudi Lahiri, Kent McDonald, Steve McGee, Jay Paulson, Fanny Pittack, Andrei Popov, Bill Sesko, Elin Sjursen, Joey Spooner, Craeg Strong und Brice Walsh.

Wir bedanken uns ebenso bei denjenigen, die uns bei der Veröffentlichung des Buches innerhalb eines engen Zeitplans geholfen haben: bei Vicki Rowland, Copy-Editorin und Designerin, Indexer Sharon Hilgenberg und Grafikdesigner Santhosh Kumar.

Schließlich wollen wir allen Teilnehmern an unseren Lean-Kanban-Konferenzen und Leadership Retreats weltweit in den letzten Jahren danken und den Hunderten Teilnehmern an Alexeis Schulungen, die dabei halfen, einige der vorgestellten Techniken dieses Buches zu verfeinern.

1Der beste Taxiservice der Welt

Evolutionäre Kräfte formen robuste Produkte und Services

»Guten Morgen! Wohin soll es denn gehen?«

David zieht die Tür hinter sich zu und lässt sich auf die Rückbank des schwarzen Taxis fallen. »Das Hilton Tower Bridge bitte!«

»Das ist doch das hinter der Tooley Street, nicht wahr?«

David ist erschöpft. Er kommt gerade mit einem Nachtflug aus Seattle. Nachdem er sein Gepäck eingesammelt hat, nahm er den Heathrow Express in die City von London. Er kennt das Spiel. Natürlich weiß der Taxifahrer selbst die Antwort auf seine Frage, er will nur wissen, ob David sie auch kennt.

»An der London Bridge Station«, antwortet David.

»Genau, Tooley Street, okay.« Der Fahrer legt den Gang ein und David hört das bekannte Geräusch des Dieselmotors, als das Fahrzeug den Taxistand von London Paddington verlässt und sich in den Verkehr einfädelt. David macht es sich auf der Rückbank bequem und drückt seinen Koffer mit den Füßen gegen die Trennwand zwischen ihm und dem Fahrer, damit er nicht umfällt.

»Wir werden durch den Park fahren müssen, um den Palast herum und über die Victoria den Fluss überqueren. Es gibt da hinten eine Demo und die ganze Gegend um Fleet Street, St. Pauls und in die City ist dicht.«

»Kein Problem«, antwortet David.

»Wo kommen Sie denn her? Glasgow?«

»Nein Seattle. Hatte einen Nachtflug. Bin jetzt etwas durch den Wind.«

»Ah, okay. Sind Sie hier zu Hause?«

»Nein, ich lebe in Seattle. Bin dort schon seit 15 Jahren.«

»Ach, dann arbeiten Sie wohl für Bill Gates?«

»Nein, aber habe ich mal.«

»Da haben Sie recht. Dieses Land hier geht vor die Hunde. Mal ist es das eine, mal etwas anderes. Diese Regierung hat keine Ideen. Wirklich überhaupt keine.«

David lächelt. Ein mürrischer und eigensinniger Taxifahrer gehört mit zum Service. Wir sind hier in London und es gibt keinen besseren Weg, irgendwohin zu gelangen, als in einem typischen schwarzen Londoner Taxi zu fahren. Natürlich gibt es heutzutage auch schon Mercedes Minivans. Diese haben sechs Sitzplätze, einen mehr als die klassischen Black Cabs. Aber mal ehrlich – wer will schon London besuchen, um dann in einem Mercedes zu fahren? Diese findet man überall. Der Taxifahrer fährt mit seinem Monolog über den Zustand des Landes fort, während das Taxi den Buckingham Palace umrundet und nach Süden fährt, um die Themse zu überqueren.

Das Taxi hält an einer Ampel zu einem Kreisverkehr an der südlichen Seite des Flusses. »Hier ist alles dicht.« Der Fahrer zeigt nach links auf einen Stau und verlässt den Kreisverkehr in Richtung Osten. »Wir versuchen einen anderen Weg.«

»Okay.« David vertraut dem Taxifahrer. Es gibt in einem Londoner Taxi kein Navigationsgerät. Die Kenntnis über das Straßennetz – »The Knowledge« – ist den Fahrern sprichwörtlich ins Gehirn eingebrannt. Londoner Taxifahrer haben erwiesenermaßen einen vergrößerten Hippocampus1 als Reaktion auf ihr zwei- bis vierjähriges Training, um die Taxilizenz zu erwerben2. In diesem Training müssen sie den gesamten Stadtplan Londons inklusive jeder Straße und Gasse auswendig lernen. Das Taxi fährt wieder an und bewegt sich in Richtung Süden.

Plötzlich biegt das Taxi nach links ab in eine enge Straße mit schicken rot verklinkerten Häusern mit Vorgarten, dann fährt es rechts, wieder links und nochmal links in eine ziemlich enge Gasse. Es ist ein Hinterhofweg, umgeben von hohen Mauern mit gleichförmigen massiven Türen, die in verschiedenen Farben gestrichen sind. Das Fahrzeug erreicht wieder die Hauptstraße, biegt nach rechts ab und ist wieder unterwegs in Richtung Süden. Es ist die falsche Richtung, aber eine Leitplanke in der Mitte der Straße verhindert ein Linksabbiegen. Bei der nächsten Gelegenheit dreht der Fahrer das Taxi mit einer scharfen Kehrtwende. »Wir sind jetzt fast da«, sagt er. »Versuchen Sie das mal in einem Uber! Oh, und haben Sie schon das Neueste gehört?«

»Nein, habe ich nicht.«

»Nun, zuerst ging es darum, ob deren Fahrer Angestellte sind oder nicht. Das Gericht sagte, sie wären es. Das war ein Schlag für sie. Nun sind sie für alles verantwortlich, was die Fahrer machen. Der neueste Fall ist der, dass einige ihrer Fahrer keine Haustiere mehr mitnehmen wollen. Wie Sie wissen, dürfen wir Taxifahrer keine Blinden mit ihren Blindenführhunden abweisen. Wir sind verpflichtet, ihnen zu helfen.«

»Ich wusste gar nicht, dass Uber auch in London ist.«

»Nun ja, das sind sie, und sie sind eine Plage. Sie fahren ohne Lizenz. Die Preise, die sie nehmen, sind nicht tragbar. Sie versuchen, mit niedrigen Preisen Marktanteile zu gewinnen. Aber der Bürgermeister ist auf unserer Seite. Er kennt den Wert der London Black Cabs.«

»Boris?«, fragt David, er meint Boris Johnson, den damaligen Bürgermeister der Stadt.

»Genau, Boris! Wohlgemerkt, er macht nicht alles richtig. Schauen Sie sich den Verkehr hier an. Sehen Sie, wie verstopft hier alles ist? Dabei ist Sonntagmorgen! Mal ehrlich, das gab es so noch nie. Aber sehen Sie den Fahrradweg? Heutzutage müssen Sie Fahrrad fahren, um hier voranzukommen. Es sollte eigentlich eine zweispurige Straße sein, nun ist sie nur noch einspurig. Das macht Boris für uns, Boris und seine verdammten Fahrräder!«

Das Taxi umkreist die London Bridge Station und biegt in die Tooley Street ein, nur wenige Hundert Meter vom Hotel entfernt. Ungeachtet des Verkehrs und der Umwege beträgt das Entgelt nur knapp etwas mehr als fünfzehn Pfund. David zieht einen Zwanziger aus seiner Brieftasche. Das Taxi fährt in die Hoteleinfahrt auf der Nordseite der Straße. Der Portier öffnet die Taxitür. »Willkommen im Hilton Tower Bridge. Schön, Sie wiederzusehen, Herr Anderson. Kann ich Ihnen mit Ihrem Gepäck helfen?« David reicht dem Fahrer den Zwanziger durch das Loch in der Trennscheibe. »Der Rest ist für Sie. Schönen Tag noch.«

Der Fahrer ist etwas überrascht von diesem großzügigen Trinkgeld – zumindest tut er so. »Vielen Dank, sie sind ein echter Gentleman. Genießen Sie Ihren Aufenthalt in London.« Wahrscheinlich ist er überrascht, dass er von einem Schotten, die für ihre Sparsamkeit bekannt sind, mehr als 20% Trinkgeld erhält. David lächelt. Die Unterhaltung während der Fahrt war ihm jeden Penny des Trinkgeldes wert. Willkommen in London!

1.1Warum sind Londons Taxis die besten?

Der Service, den Londons Black Cabs bieten, ist wahrhaftig Fit for Purpose. Der Service besteht aus zwei Kernelementen: den typischen schwarzen Taxis – dem Produkt – und aus dem Fahrer (dem London Cabbie) – der Servicelieferung. Beide haben sich über die Zeit so entwickelt, dass sie an ihr Umfeld auf einzigartige Weise angepasst sind.

Das Auto wird im Vereinigten Königreich von einer Firma namens The London Taxi Company3 hergestellt, einer Firma, die es eigentlich so nicht (mehr) geben dürfte. Die Firma ist einer der kleinsten Autobauer der Welt und damit von der Größe her allein schon benachteiligt. Von seiner Spezifikation her ist das Black Cab ein siebensitziges Nutzfahrzeug mit Dieselmotor. Der Beifahrersitz ist optional und wird für gewöhnlich weggelassen. Damit verbleiben fünf Sitze für zahlende Passagiere hinten und ein Sitz vorn für den Fahrer. Ein Fahrzeug der London Taxi Company kostet ungefähr doppelt so viel wie ein gewöhnliches siebensitziges Familien-SUV mit Dieselmotor, trotzdem akzeptieren Londoner Taxiunternehmen diese Extrakosten. Warum?

Zum Teil liegt es an der Regulierung, aber ein eingeschränkter Wettbewerb unter den Zulieferern ist erlaubt. Unabhängig davon, muss ein Taxiunternehmen wirtschaftlich arbeiten. Der Kaufpreis eines Fahrzeugs sollte nicht unerschwinglich teuer sein. Also, warum sind die Londoner Black Cabs ihr Geld trotzdem wert?

Das Design des Fahrzeugs hat sich als ideal für seinen Zweck herauskristallisiert. Es hat einen unglaublich kleinen Wendekreis, was auch in sehr engen Straßen eine Kehrtwendung erlaubt. Durch breite Türen, eine niedrige Ladekante und mit viel Platz im Inneren vor den Sitzen ist es so gestaltet, dass Passagiere ihr Gepäck selbst einladen können, ohne dass der Fahrer zum Helfen aussteigen muss. Das Gepäck wird vorn im Passagierraum mitgenommen und nicht hinten im Kofferraum gelagert. Damit gelingt es, schneller ein- und auszusteigen, und ermöglicht so das Anhalten in Situationen, in denen Parken nicht gestattet ist. Selbst der Dieselmotor war in früheren Zeiten noch eine eher seltene Ausstattung und damit ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal. Verglichen mit Benzinmotoren sind Dieselmotoren einfacher und günstiger zu warten und haben eine höhere Lebensdauer und Haltbarkeit. Schon vor vierzig oder fünfzig Jahren erreichten Londoner Taxis eine Laufleistung von ungefähr 500.000 Meilen. Aktuelle Modelle schaffen sicherlich eine Million.

Die Taxifahrer – oder Cabbies – haben sich ebenfalls an ihren Zweck angepasst. Londoner Taxifahrer werden nicht nur lizenziert, sie sind auch Mitglied der Licensed Taxi Drivers’ Association (LTDA). Um in diesem Club Mitglied zu werden, müssen sie sich mindestens zwei Jahre fortbilden und eine Prüfung ablegen. Londoner Cabbies sind sehr stolz auf ihren Professionalismus. Die LTDA ist eine eingeschworene Gemeinschaft – eine soziale Gruppe mit starkem Zusammenhalt. Um hier Mitglied zu werden, müssen hohe Standards erreicht werden. Die Mitglieder erwarten voneinander, dass diese Standards im Berufsleben eingehalten werden. Folglich sind Londoner Taxis sehr sicher und betrügerisches Verhalten ist eher ungewöhnlich. Die Cabbies nehmen niemals die gleiche Route von A nach B. Damit zeigen sie die erforderliche Varietät in ihrem Denken. Anders als Softwarealgorithmen in einem Navigationsgerät, die zum Beispiel alle Uber-Fahrer über die gleiche Strecke schicken, variieren Londoner Cabbies die Strecken etwas. Dies und ihr umfassendes Wissen (»The Knowledge«) erlaubt es ihnen, sich extrem schnell an geänderte Bedingungen, wie zum Beispiel Demonstrationen oder zähen Verkehr nach einem Unfall, anzupassen. Und ein mürrischer eigensinniger Monolog über die schlechte Lage der Nation, die Regierung und das Wetter sind Teil des Service. Versuchen Sie mal Siri zu fragen: »Hey Siri, geht das Land vor die Hunde?« Das ist einfach nicht das Gleiche!

Der Londoner Taxiservice wurde nicht dafür entworfen, Fit for Purpose zu sein, er entwickelte sich im Laufe der Zeit dahin. Er ist sehr robust gegenüber angreifenden Wettbewerbern. Er steht heute da, wo er sich in einem evolutionären Prozess über Jahrzehnte hin entwickelt hat, möglicherweise schon seit drei Jahrhunderten. 1662 wurden die ersten Hackney-Carriage-Lizenzen4 für Pferdefuhrwerke erteilt, die auch »Cabs« genannt wurden.

In London gibt es aktuell zwei Kategorien von Lizenzen für Taxis – die schwarzen Taxis und lizenzierte private Fahrzeuge (oder »Minicabs«). Diese haben keinen Taxameter und dürfen daher keine Laufkundschaft aufnehmen. Stattdessen werden sie im Voraus für eine Fahrt zu einem festen Preis gebucht. In dieser zweiten Kategorie fahren Limousinen wie Mercedes E-Klasse und S-Klasse mit oft uniformierten Fahrern. Zu dieser Mischung gesellen sich neuerdings Emporkömmlinge wie Uber. Ein Aspekt der aktuellen gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen der LDTA und Uber ist der Fakt, dass die Uber-Mobil-App in Wirklichkeit ein modernes Taxameter ist und Uber damit einen unlizenzierten Taxiservice anbietet, was im Vereinigten Königreich illegal ist5. Die Nutzung eines Taxameters, um den Preis auf Basis von Zeit und Entfernung zu kalkulieren, macht das Fahrzeug zu einem Taxi.

Bislang zeigt sich der Black Cab Service als widerstandfähig gegenüber Emporkömmlingen wie Uber, unter anderem auch durch die Hilfe von mobilen Apps wie Gett6. Das Geschäft mit den privaten Minicabs steht allerdings unter Beschuss. Es hat weder ein Alleinstellungsmerkmal, da es typischerweise reguläre Minivans oder Limousinen nutzt, noch ist es besonders stabil, weil die Fahrer sich oft auf Navigationsgeräte verlassen müssen. Es gibt keine eingeschworene soziale Gruppe der Minicab-Fahrer, die eine Gemeinsamkeit haben: »The Knowledge« – das Wissen über das Straßennetz von London.

Mit der Aussicht auf eine Zukunft mit autonomen Fahrzeugen schwebt ein großes Fragezeichen über konventionell organisierte Taxiservices mit menschlichen Fahrern. Es bleibt abzuwarten, wie lange ein Service wie die LTDA Black Cabs in London überleben kann, wenn er mit automatisierten Alternativen konkurrieren muss. Wir gehen davon aus, dass er dank der einzigartigen entwickelten Fähigkeiten der Londoner Taxifahrer bestehen bleibt – trotz des Aufkommens neuer disruptiver Technologien. Die Fahrer, ihr Wissen, ihre Fähigkeit, unablässig ihre Umgebung wahrzunehmen, sowie der Informationsaustausch in ihrem Netzwerk lassen es erwarten, dass sie noch für eine beträchtliche Zeit besser sind als die Technologie. In der Zwischenzeit bleibt das Black Cab typisch für London und jeder Besucher wird mit ihm fahren wollen. Und natürlich ist ein eigensinniger Fahrer mit authentischem Dialekt nur schwer durch Technologie zu ersetzen. Wir gehen davon aus, dass die Nostalgie die Black Cabs länger als jeden anderen Taxiservice auf der Welt beschützen wird.

1.2Zusammenfassung

Der Londoner Black Cab Taxi Service, bestehend aus der Produktkomponente (dem Cab) und der Servicelieferkomponente (dem Fahrer), ist überaus Fit for Purpose.

Das Design des Fahrzeugs hat sich so weiterentwickelt, dass es perfekt zu den Londoner Straßen passt: mit schneller Ein- und Aussteigemöglichkeit, kleinem Wendekreis und so weiter.

Der Fahrer hat sich ebenfalls weiterentwickelt: Man benötigt mindestens zwei Jahre, um sich alle Straßen und Gassen der Stadt zu merken, und muss eine Prüfung ablegen, um ein Cabbie zu werden. Erwiesenermaßen vergrößert sich sogar während dieser Zeit ein Teil des Gehirns, der u.a. für Gedächtnis und Lernen zuständig ist.

Die Eigenschaft des Service, Fit for Purpose zu sein, macht ihn robust gegenüber neuen disruptiven Technologien. Währenddessen werden weniger passende Transportservices von disruptiven mobilen Apps attackiert.

2Justin Bieber versus Storm King

Die drei Dimensionen für Fit for Purpose: Design, Umsetzung und Servicelieferung

2.1»Beliebers« in Mumbai sind enttäuscht nach »Purpose«-Konzert

Am 10. Mai 2017 gab der 23-jährige kanadische Popsänger Justin Bieber sein erstes Konzert in Indien. 56.000 Fans himmelten ihn an und gaben ein kleines Vermögen dafür aus, seinen ersten Auftritt auf dem Subkontinent zu erleben. Am nächsten Morgen forderten seine Fans, die untereinander als »Beliebers« bekannt sind, lautstark eine Entschuldigung1. Biebers Performance hat sie nicht beeindruckt, ja sogar beleidigt. Sie fühlten sich abserviert. Sie fühlten sich nicht respektiert. Was ging schief?

Zum Zeitpunkt des Schreibens im Sommer 2017 ist Justin Bieber auf Twitter mit knapp unter 100 Millionen die Person mit den zweitmeisten Followern. Er ist in jeder Hinsicht ein Megastar mit einer weltweiten Fangemeinde. Er war noch ein Teenager von 13 Jahren, als seine Auftritte, in denen er andere Musiker coverte, von seiner Mutter über YouTube verbreitet wurden. Diese erweckten die Aufmerksamkeit von Talentmanagern und Plattenlabels. Bieber hatte eine musikalische Ausbildung, er spielt verschiedene Instrumente wie Klavier, Schlagzeug, Gitarre und Trompete. Er komponiert eigene Lieder, wobei seine bekanntesten Songs für ihn geschrieben wurden. Zehn Jahre später war er auf Tournee mit seinem vierten Studioalbum »Purpose«.

In Mumbai, früher bekannt unter dem Namen Bombay und Heimat von Indiens Filmindustrie (»Bollywood«) sowie reicher und berühmter Künstler, hat Bieber die Erwartungen nicht erfüllt. Es wurde offensichtlich, dass er Playback nutzte, als der Gesang weiterlief, während er sich das Gesicht mit einem Tuch abwischte. Die Fans waren enttäuscht. Sie hörten eine Aufzeichnung und kein Livekonzert. In einer Stadt, in der von Künstlern erwartet wird, dass sie tadellos gekleidet und frisiert sind, jedes Haar an der richtigen Stelle sitzt und sie perfekt einstudierte makellose Choreografien vorführen, war Biebers Erscheinung eher unkonventionell. Er sah aus, als würde er gerade aus dem hoteleigenen Fitnessraum kommen, gekleidet in T-Shirt, Sporthose und Turnschuhen. Für jene, die umgerechnet 100 bis 1.200$ für eine Eintrittskarte hinblättern mussten und zusätzlich Reiseausgaben hatten, war Biebers Auftritt, übrigens der einzige seiner ironischerweise »Purpose« genannten Tour in Indien, einfach nicht Fit for Purpose!

Um zu verstehen, was bei Bieber in Indien schiefgelaufen ist, müssen wir verstehen, dass Bieber und seine Musik ein Produkt bilden und dass zu jedem Produkt oder Service drei Komponenten ihren Beitrag leisten: das Design, die Umsetzung und die Lieferung zum Kunden (siehe Abb. 2–1). Mit dem Konzert in Mumbai scheiterten Bieber und sein Team bei der Servicelieferung. Sie scheiterten darin, die Erwartungen der ihn anhimmelnden Fans zu erfüllen und einen Liveauftritt zu liefern, der die Idealisierung der Beliebers respektierte und ihre Investition in eine Gelegenheit honorierte, ihr Idol live auftreten zu sehen.

Justin Bieber wurde im kanadischen London, Ontario geboren und wuchs in der Nähe von Stratford auf. Seine Heimatstadt am Fluss Avon ist jedes Jahr von April bis Oktober Gastgeber des Stratford Festivals, früher als Shakespeare Festival bekannt. Es wurde irgendwann einmal umbenannt, nachdem zusätzlich auch andere klassische und zeitgenössische Dramatiker hier ihren Platz fanden. Es ist ebenso Gastgeber des etwas kleineren Stratford Music Festivals. Seit früher Kindheit war Justin so Teil einer Gemeinschaft, die weiß, wie Talente darstellender Künste entdeckt und gefördert werden können. Bieber passt sehr gut zu einem typischen Design für ein Produkt der Musikindustrie. Er ist ein gutaussehender junger Mann mit Talent, einer guten Bühnenpräsenz und viel Energie. Er ist in vielerlei Hinsicht attraktiv und inspiriert viele junge Menschen, aus derer Sicht er einen Traum darstellt. Biebers »Design« ist Fit for Purpose!

Abb. 2–1Drei Komponenten eines Produktes oder Service: Design, Umsetzung und Servicelieferung

Bieber komponiert auch eigene Songs. Angeblich ist er nicht der beste Sänger, was erklärt, dass er sich in Liveauftritten auf ein Playback verlässt, zu dem er bei Bedarf die Lippen bewegen kann. Aber er ist nicht der erste Sänger, der eine starke Stimme vermissen lässt, die später im Studio nachgebessert wird, um Tiefe und Breite für Studioaufnahmen zu erhalten. Schließlich hat Bieber bislang ungefähr 100 Millionen Platten verkauft und sein erstes Album wurde mit dreimal Platin in den USA ausgezeichnet. Biebers »Umsetzung« – seine Studiomusik – ist erfolgreich, populär und eindeutig Fit for Purpose.

Was in Indien passiert ist, ist einfach ein Fehler bei der Servicelieferung (siehe Abb. 2–2). Bieber und sein Team haben irgendetwas dabei falsch gemacht. Vielleicht war Biebers Terminplan zu voll? Vielleicht hatte er noch einen Jetlag? Vielleicht übersahen seine Manager ein Detail, das wichtig war für dieses Publikum in diesem Land? Was auch immer es war, es führte zu einem glanzlosen Auftritt, der seinen Fans eine arrogante Botschaft vermittelte.

Der Auftritt scheint einfach nicht sorgfältig genug geplant gewesen zu sein! Die Live-Performance, die Servicelieferkomponente des Produktes Bieber, war nicht Fit for Purpose. Bieber hat Respekt in Indien verloren. Wenn sich dieses Verhalten wiederholen sollte, ist es sehr wahrscheinlich, dass er noch mehr Fans verlieren wird oder zumindest werden seine Liveauftritte nicht mehr so viele Menschen anziehen oder so hohe Ticketpreise erlauben. In der heutigen Musikindustrie, wo Künstler kaum mehr Platten verkaufen, sondern die Einnahmen über Tourneen und Liveauftritte kommen, zeigte Bieber eine Schwachstelle. Es ist schwer vorstellbar, dass Zeitgenossen wie Katy Perry, Lady Gaga oder Ariana Grande ein Publikum in Mumbai in dieser Weise übergehen. Noch ist Biebers Image stark genug und seine Fanbasis groß genug, sodass seine Karriere eine schlechte Nacht und einige Tage negativer Publicity in einem einzigen, wenn auch sehr großen Land verkraften kann.

Abb. 2–2Justin Biebers Konzert in Indien: Erfolgreiches Design, bewährte Umsetzung, aber bei der Servicelieferung ging etwas schief.

Diese Geschichte zeigt klar, dass die Zufriedenheit von Kunden der Aufmerksamkeit in allen drei Komponenten bedarf – das Produktdesign muss das richtige sein, die Umsetzung muss richtig sein und die Servicelieferung muss ebenso den Erwartungen gerecht werden. Ist eines dieser Elemente nicht gut genug, führt dies zu Enttäuschung, schlechten Bewertungen und fehlenden Weiterempfehlungen. Wird Biebers Publikum in Mumbai beim nächsten Mal mit gleichem Eifer und Begeisterung dabei sein? Die Zeit wird es zeigen.

2.2Storm King Red

Storm King2 ist ein Berg in den nördlichen Ausläufern des Olympic National Park im Westen des Washington State, USA. Er liegt im Clallam County, dem nordwestlichsten Landkreis innerhalb der 48 zusammenhängenden Staaten der USA. Der 2,7 km lange Wanderweg ist ein steiler, aber wenig herausfordernder Anstieg mit 640 m Höhenunterschied, der bis zu 820 m hinaufführt. Der Wanderer wird mit einem atemberaubenden Ausblick über den Lake Crescent und den Westen der Stadt Port Angeles belohnt. Der Wanderweg ist ein populärer Tagesausflug für Ortsansässige und Touristen.

Camaraderie Cellars ist ein Weingut in Port Angeles, wo Winzer Don Corson Wein aus Trauben der fünf Weinanbaugebiete des östlichen und südlichen Washington herstellt. 2015 stellte Corson Storm King Red vor3, einen Verschnitt aus verschiedenen Rebsorten. Dieser ist nur in 1,5 Liter großen Plastikbeuteln – »Astropaq« – erhältlich. Auf der Vorderseite gibt es einen Plastik-Zapfhahn, um den Wein auszuschenken (siehe Abb. 2–3). Storm King Red wurde nach dem zuvor beschriebenen Berg und Wanderweg benannt und diese Verpackung wurde bewusst gewählt, um Wanderer anzusprechen, die ihr Picknick ohne Kompromisse genießen wollen. Im Olympic National Park sind Glasflaschen verboten und so müssen sich Wanderer, Picknick-Fans und Trekker auf Getränke in Plastikflaschen oder Tetrapacks beschränken. Es gab eine Marktlücke für Qualitätswein, der innerhalb des Parks konsumiert werden konnte. Corson hatte auch Kunden im Blick, die in ihrem Garten oder am Strand grillen wollen oder die mit dem Boot unterwegs sind und auf ihren Touren auf den Seen oder beim Angeln an der Küste von Dungeness oder in der Sequim Bay ein gutes Schlückchen Wein genießen wollen. Er kannte viele von ihnen, die mit dem billigen Kartonwein nicht zufrieden waren, aber auch keine Glasflaschen an Bord ihrer Schiffe mitführen wollten. Dies war die zweite Marktlücke, die er erobern wollte, als erster Winzer, der im Bundesstaat Washington auf den Astropaq setzte.

Abb. 2–3Storm King Red von Camaraderie Cellars zeichnet sich in allen drei Komponenten aus: Design, Umsetzung und Servicelieferung.

Die Verpackung ist mit Argon gefüllt, einem neutralen Gas, das die Oxydation verhindert und so den Wein haltbar macht. Das Material ist recycelbar und sehr leicht. Ein 1,5-Liter-Beutel wiegt in etwa so viel wie eine herkömmliche 0,75-Liter-Weinflasche, bei der das Glas schon die Hälfte des Gewichts ausmacht. Dementsprechend ist Storm King Red wie gemacht für einen Rucksack, einen Picknickkorb oder eine Kühltasche. Der Beutel ist komplett abgedichtet und reißfest, sodass nichts tropfen oder auslaufen kann.

Der Wein selbst ist ein Verschnitt aus fünf Rebsorten, gedacht als leichter Tafelwein, um mit den meisten Lebensmitteln zu harmonieren und möglichst viele Geschmäcker zu bedienen. Wenn Menschen während eines Picknicks auf dem Gipfel des Storm King ihr Sandwich zusammen mit der Aussicht über den Lake Crescent genießen, müssen sie nicht sonderlich herausgefordert werden, sie suchen hier keinen exotischen Geschmack. Der Geschmack des Weins auf der Zunge ist kein Thema, wenn der Mund mit einem Sandwich gefüllt ist. Der Wein sollte beim ersten Probieren gut schmecken mit einem einfachen, weichen Abgang. Storm King Red ist wie gemacht für Picknicks. Seine robuste Mischung ist wie geschaffen für die Reise. Er muss nicht lange atmen, um Aroma zu entwickeln. Er muss nicht aufwendig gelagert werden. Er ist nicht empfindlich. Don Corson hat gezeigt, dass er sein Marktsegment sehr gut kennt. Storm King Red wird es nie in Flaschen geben und ist damit ein perfektes Nischenprodukt. Der Wein ist mit Blick auf den Kunden entwickelt worden und kommuniziert sehr deutlich, was von ihm zu erwarten ist und was nicht. Wenn Sie einen guten Qualitätswein für Ihr Picknick, Ihre Wanderung, Ihr Barbecue am Strand, Ihre Gartenparty oder Ihren Bootsausflug haben wollen, ist Storm King Red in seiner vakuumverschlossenen, mit Argon gefüllten Verpackung die perfekte Lösung. Er gesellt sich gut zu Burgern, Hotdogs, Sandwiches oder Spareribs. Storm King Red ist vollkommen Fit for Purpose!

Während Don Corson im Jahr 2015 den Weg für Wein im Astropaq ebnete, erkannte er ebenso, dass diese Art Verpackung auf ein bislang unbeachtetes Bedürfnis angepasst werden musste. Er musste bestimmte Kunden finden, für die eine Beutelverpackung ideal ist. Die Hersteller der Verpackung preisten sie als recycelbar und leichtgewichtig an. Andere Weingüter folgten Corsons Idee. Victor Palencia bewarb seinen La Monarcha Cabernet Sauvignon als leichtgewichtig und einfach recycelbar4. Nun ja, dies sind nicht gerade überzeugende Gründe: »Kauf unseren Wein, weil die Verpackung ökologischer als eine Glasflasche ist« oder: »Kauf unseren Wein, weil er weniger Gewicht hat als die gleiche Menge in einer Flasche.« Wodurch unterscheidet sich Wein in Beuteln von Kartonwein? Wein in Kartons wird gewöhnlich als Billigwein an preissensitive Kunden verkauft, die keine Genießer sind oder die Wein für eine Party kaufen, wo sie wissen, dass die Gäste nicht wählerisch sind. Wenn die Gäste lediglich zwischen rot und weiß unterscheiden, dann reicht Kartonwein vollkommen. Corson erkannte, dass er Premiumwein in einen Astropaq füllen konnte und damit in der Lage war, eine spezielle Nische abzudecken. Konsequenterweise verkauft er Storm King Red für 28$ im 1,5-Liter-Beutel – das entspricht 14$ pro Flasche –, was sicherlich kein Billigwein ist. Auch andere Winzer aus Washington experimentieren offensichtlich mit ihrer Verpackung. Ihr Ansatz ist aber fantasielos und nur dazu gedacht, Beutel als Alternative zu Kartons zu positionieren. Sie verbannen ihn damit in den preissensitiven Teil des Marktes – billiger Wein in einem Beutel. Der durchschnittliche Verkaufspreis für Wein aus Kartons in diesem Teil des Marktes liegt bei 16–24$ je 3-Liter-Karton. Storm King Red kostet 130–250% mehr! Die Verpackung von billigem Kartonwein ist nicht mit Argon gefüllt5. Argon wird für Kartonwein oder Tetrapacks nicht benutzt. Argon wäre hier zu viel des Guten, kostet es doch 4 $ pro 750 ml. Corson hat gezeigt, wie er mit einem Premiumprodukt höhere Margen erzielen kann, weil er das Marktsegment versteht. Er erkannte, warum und wie seine Kunden den Wein trinken. Storm King Red hat ein Design – ein robuster Verschnitt aus verschiedenen Rebsorten, den man auf Ausflügen mitnehmen und direkt aus dem Zapfhahn einschenken kann. Corson entdeckte ein Marktsegment und entwickelte dafür ein Produkt, um es perfekt zu bedienen. Zumindest im lokalen Umfeld kommuniziert der Name des Weins deutlich, was er ist und warum es ihn gibt. Corson ist auch ein versierter Winzer, der in den letzten 23 Jahren über 400 Auszeichnungen für seine Weine erhalten hat6. Die Beutelverpackung mit Argon ist nicht die günstigste Option, aber sein Blick für dieses Detail zeigt eine sehr gute Umsetzung. Sein Wein ist dazu gedacht, Kunden zufriedenzustellen und dabei gute Qualität für das Geld im mittleren Preissegment zu liefern. Eine Auslieferung im Beutel, ideal für Rucksäcke, d.h. leicht und einfach zu transportieren, akzeptiert als Verpackung im National Park und verfügbar in Geschäften, wo Wanderer abends nochmal einkaufen, stellt die Servicelieferkomponente sicher. Storm King Red sorgt dafür, dass Kunden wiederkommen, immer und immer wieder. In allen drei Dimensionen, Design, Umsetzung und Servicelieferung, ist Storm King Red Fit for Purpose. Sein Entwickler, Don Corson, hat gezeigt, wie man einen Markt findet und dafür ein Produkt entwickelt, das seine Kunden zufriedenstellt und an sich bindet.

2.3Neeta, Zak’s und Westside Pizza

Neeta7 ist eine Projektmanagerin bei Workplace Safety and Insurance Board (WSIB)8, einer Organisation in der öffentlichen Verwaltung der Provinz Ontario, Kanada. Sie betreut Teams in der IT bei der Verbesserung ihrer Prozesse. Wie bei vielen IT-Abteilungen üblich, müssen die Mitarbeiter damit rechnen, auch zu ungewöhnlichen Zeiten zu arbeiten, um Releasetermine halten zu können. Aktuell ist wieder ein Release geplant und der Liefertermin naht. Die neue Webseite soll am Wochenende live geschaltet werden. Das Projektteam steckt in der Krise. Mitten im Test sind noch einige kleinere Fehler gefunden worden, die noch behoben werden müssen. Es ist sicher, dass das Team noch einige Überstunden leisten muss, wenn der Releasetermin gehalten werden soll.

Neeta will sicherstellen, dass das Team fokussiert arbeiten kann, indem sie für jeden, der noch so spät arbeitet, Abendessen auf Projektkosten spendiert. Es ist Donnerstagabend und sie entscheidet sich, Pizza von einem lokalen Anbieter zu bestellen. Sie weiß, dass ihre Nerds Gourmetpizza mögen. Sie sind wählerisch und mögen außergewöhnliche Beläge wie Artischocken oder sonnengetrocknete Tomaten. Da einige Teammitglieder Vegetarier sind, achtet sie auf eine gute Mischung an Belägen, um die Geschmäcker der Fleischesser und Vegetarier gleichermaßen zu bedienen. Ihre Nerds achten auf »Design« und »Umsetzung« der Pizza. Sie kennt nur einen Anbieter, der ihr Team zufriedenstellen wird – Zak’s Artisan Pie & Crust. Dieses Restaurant befindet sich in der Innenstadt und hat einen Lieferservice. Sie wählt die bereits gespeicherte Nummer.

Es ist ein großes Projekt. Das Team ist relativ groß – in Nerdsprache ein »Zehn-Pizza-Team« – und so bestellt sie zehn Pizzen, sechs mit Fleischbelägen und vier vegetarische mit einer Auswahl von verschiedenen Belägen. Sie ruft im Restaurant an, um die Bestellung aufzugeben. 60 bis 90 Minuten für eine Bestellung nur wenige Straßen weiter? Sie sind nicht die schnellsten oder pünktlichsten. Aber das ist kein Problem. In der Zwischenzeit sitzt ihr Team bei der Arbeit, die Augen auf den Bildschirm gerichtet und hat die Köpfe voller Codezeilen, Testreports, Stylesheets und HTML-Elemente. Neeta ist sicher, dass sie nicht merken, wie die Zeit verfliegt.

80 Minuten später klingelt ihr Telefon in der Tasche, es ist der Lieferservice. Sie geht zur Tür und lässt den Pizzaboten herein. Er trägt eine hohe, rechteckige Isolierbox voll mit Pizza. Er hat diese sorgfältig auf dem Gepäckträger seines Mopeds balanciert. Zum Glück ist es noch Herbst und draußen ist es klar und trocken und noch nicht so kalt. Aber es wird langsam dunkel. Neeta unterschreibt den Lieferschein und gibt ihm 20$ Trinkgeld. Sie hat die Lieferung bereits bei der Bestellung am Telefon mit der Firmenkreditkarte bezahlt.

»Sie machen noch Überstunden, nicht?«

Sie nickt. »Wir rollen eine neue Version unserer Webseite über das Wochenende aus. Es gibt noch ein paar Anlaufschwierigkeiten, die wir ausbügeln müssen.«

»Aha, dann noch viel Erfolg damit!«

Sie packt die Pizzen im Pausenraum aus, verteilt die Kartons und prüft den Inhalt. Hmmm. Es scheint einen kleinen Fehler gegeben zu haben, nur eine mit Peperoni und stattdessen eine griechische Pizza. Sie konnte sich nicht erinnern, diese bestellt zu haben. Was soll’s, das Team wird es nicht bemerken. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst und bekommt die Peperoni. Andererseits sehen die Pizzen großartig aus und sie riechen sehr lecker. Offensichtlich hat der Fahrer darauf geachtet, die Pizzen sorgfältig zu liefern, und das Restaurant wird seinem Ruf gerecht – sie backen wirklich gute Pizza. Für Neetas Team von Webentwicklern erfüllt die Pizza von Zak’s Artisan Pie & Crust ihren Zweck – sie ist Fit for Purpose. Sie mögen die Pizza-Rezepte – das »Design«. Die Qualität der Zutaten ist ebenso wie der dünne und knusprig gebackene Teig ein Zeichen für eine perfekt zubereitete Pizza – die »Umsetzung«. Für den heutigen Abend sind die Lieferzeit und die Pünktlichkeit – die »Servicelieferung« – adäquat. Ausgefallene Zutaten und ein gehobener Preis, aber das war es wert. Das Team hat hart gearbeitet und verdient etwas Ordentliches zum Abendessen.

Am nächsten Abend sieht es aus, als würden sie es schaffen. Alle kritischen Fehler sind behoben. Neeta gibt bekannt, dass der Rollout der Webseite wie geplant am frühen Sonntagmorgen stattfinden wird. Einige Teammitglieder werden noch einige Stunden am Samstag arbeiten. Andere haben Bereitschaft während des Rollouts und ein paar werden ab Mitternacht auch vor Ort sein. Sie sieht sich im Büro um. Es ist so gut wie leer. Sie schaut auf die Uhr und entsinnt sich des 17:55-Uhr-Zuges, den sie noch erreichen wollte. Freitagabend! Sie ist froh, nach Hause zu kommen.

Eine Stunde später rollt Neeta nach einer kurzen Fahrt vom Bahnhof in ihre Auffahrt, parkt und läuft zur Haustür ihres Torontoer Vorstadthauses. »Mami ist wieder zu Hause!« Ihre beiden jüngsten Kinder kommen angelaufen und begrüßen sie im Hausflur. Die Älteren scheinen vor dem Fernseher vertieft oder spielen auf ihrem iPad. Der Babysitter kommt lächelnd aus der Küche.

»Willkommen zu Hause! Ich war nicht sicher, wann Sie kommen würden. Ich habe den Kindern bereits einen Snack gegeben, aber sie hatten noch nichts zum Abendessen. Soll ich Ihnen bei der Zubereitung helfen?«

»Nein danke, das ist nett! Danke fürs Aufpassen heute Nachmittag. Sie können gehen, wenn Sie so weit sind.«

»Kein Problem, ich freue mich, wenn ich helfen kann. Die Kinder waren ganz lieb gewesen.«

Aus dem Nebenzimmer ruft ihr Jüngster: »Mami, was gibt es zum Abendessen?«

»Ich habe Hunger«, sagt einer der Älteren.

Neeta hält inne und verdreht die Augen. Was haben wir denn noch im Kühlschrank? In der Speisekammer? In der Kühltruhe? Sie war diese Woche zu beschäftigt, um Lebensmittel einzukaufen. Und ehrlich, sie ist sehr erschöpft. Sie ist zu Hause, es ist Freitagabend. Hausschuhe anziehen, in den Morgenmantel schlüpfen und dann im Wohnzimmer den Abend bei einem Glas Rotwein ausklingen lassen, das wäre jetzt schön.

»Mami, ich bin hungrig, wann gibt es Abendessen?«

»Was gibt es denn?«

»Wie wäre es, wenn wir heute Abend Pizza bestellen?«

»PIIIIZZZAAAA!! PIZZA! PIZZA!«

Ihr Sechsjähriger rennt ins Nebenzimmer und ruft: »Mami bestellt Pizza für uns! Pizza!«

»Können wir auch Cola haben??«

»Und Eis?«

»Ja Eis, wir wollen Eis!«

»Lass uns mal schauen, was wir noch in der Kühltruhe haben, in der Zwischenzeit bestell ich die Pizza.«

Dieses Mal wählt Neeta einen lokalen Pizzalieferanten, Westside Pizza. Sie befinden sich gleich die Straße entlang an der Einkaufsmeile am Rand ihrer Wohnsiedlung. Sie sind nichts Besonderes. Die Auswahl ist sehr einfach: Pizzen mit Käse, Peperoni, Schinken und Ananas – das Übliche. Neeta mag aber die Nähe, sie liefern schnell und der Preis stimmt auch. Sie haben keine Gourmetpizza, nur einfaches Fastfood. Westside Pizza bietet nur eine einfache Auswahl mit einem einfachen »Design«. Trotzdem sind sie ausgezeichnet in der »Servicelieferung« und in diesem Fall ist ihr dies wichtiger als der Designaspekt. Sie bestellt eine Käsepizza. Sie hat noch Cola in der Speisekammer gefunden, versteckt hinten in der Ecke. In der Truhe ist auch noch etwas Vanilleeis in einer großen Plastikbox vom Supermarkt.

»Wie lange dauert es, Mami?«

»Sie sind in 20 Minuten da, haben sie gesagt.«

»Okay, 20 Minuten also.« Ihr Sechsjähriger stellt den Wecker seines iPads. Tick, tick, tick!

Neeta zieht sich die Schuhe aus, grübelt, wo ihre Hausschuhe sich wohl befinden, und entscheidet, sie später zu suchen. »Nun, welchen Rotwein soll ich öffnen?«

»Noch zwei Minuten!« Drei ihrer Kinder sitzen nun am Fenster hinter dem Vorhang und warten auf den Pizzaboten.

»Eine Minute!«

»Warum kommt die Pizza denn nicht?«

»Warum dauert es so lange?«

»Geduld, er wird schon früh genug da sein!«

»Er ist da! Er ist da!«

Ein junger Mann in einer leuchtend grünen Windjacke steigt von seinem leuchtend grünen E-Bike mit einem Pizza-Anhänger ab – alles in passenden Unternehmensfarben.

Die Kinder laufen, um die Tür zu öffnen. »Pizza!«

Lächelnd trägt der Lieferjunge einen einzelnen flachen rechteckigen Karton in seiner Hand. »Okay, wer hat hier Käsepizza bestellt?«

»Ich!« »Ich!«

»Mami!«

»Sie bezahlen dann wohl die Rechnung, nicht wahr?«

Neeta gibt ihm einen 20-$-Schein. »Der Rest ist für Sie!« Sie nimmt den Karton entgegen.

»Vielen Dank, das ist sehr freundlich von Ihnen.« Er lächelt. »Genießen Sie Ihr Abendessen!«

Die Kinder laufen ins Haus. Neeta öffnet den Karton. Eine Käsepizza, wie sie bestellt hat. »Die Kinder sind ein »Ein-Käsepizza-Team« denkt sie bei sich. Sie stellt die Pizza in die Mitte des Tisches und füllt Gläser mit Cola. »Ihr könnt nach der Pizza noch Eis essen, okay? Und denkt daran, dies ist heute eine Ausnahme, morgen Abend gibt es wieder etwas Vernünftiges.«

Sie lächelt, während die Kinder über den Tisch langen und sich jeder ein Stück Pizza nimmt. Nun kann sie endlich für ein paar Minuten ausspannen.

»Nun, wo habe ich mein Weinglas stehen lassen?«, denkt sie.

Neeta bestellte die Pizza nicht vom gleichen Lieferanten, den sie den Abend vorher gewählt hat. Warum nicht? Die Pizza hatte einen anderen Zweck. Dieses Mal musste Neeta sich um vier hungrige Kinder kümmern, die in dieser Woche etwas zurückstecken mussten, während sie eine harte Arbeitswoche hatte. Es war keine normale Woche oder ein normaler Freitag. Normalerweise bestellt sie keine Pizza für die Kinder, es war eine Ausnahme. Die Kinder mögen keine besonderen Zutaten und selbst wenn sie Artischocken oder sonnengetrocknete Tomaten essen würden, sie würden es nicht wertschätzen. Und warum sollte man für etwas extra zahlen, was ihnen nicht wichtig ist? Sie bemerken es ja kaum, wenn die Pizza nicht mehr heiß ist. Ihnen ist wichtig, dass es Pizza ist und dass nichts anderes als Käse darauf ist. Und dass sie schnell geliefert wurde. Sie hatten schon Hunger und ihre Geduld war fast am Ende. Ein leerer Magen kann hier schnell zu Kontrollverlust und zu einer emotionalen Krise führen. In diesem Fall schlägt die »Servicelieferung« das »Design« und die »Umsetzung« (siehe Tab. 2–1).

 

Zak’s Artisan Pie & Crust

Westside Pizza

Design

Ausgefallen

Einfallslos

Umsetzung

Nahe an perfekt

Mittelmäßig, aber passabel

Servicelieferung

Schwankend, aber passabel

Ausgezeichnet

Gesamt

Fit for Purpose!

Fit for Purpose!

Tab. 2–1Trotz verschiedener Auswahlkriterien sind beide Lieferanten Fit for Purpose.

Verschiedene Bedürfnisse, verschiedene Auswahlkriterien, verschiedene Lieferanten; das gleiche Produkt, aber unterschiedliche Qualitätsstufen. Neetas Bedürfnisse steuerten ihre Auswahlkriterien. Um zu verstehen, was Kunden erwarten und was dazu führt, dass sie immer wiederkommen, ist es wichtig, zu verstehen, warum sie Ihren Service nutzen. Sie müssen ihren Purpose – ihren Einsatzzweck, das »Warum« – kennen. Zu welchem Zweck benutzen sie Ihr Produkt oder Ihren Service?

In diesem Kapitel haben wir anhand von Beispielen dargestellt, wie Kunden sich für Produkte und Services entscheiden, die ihnen aus verschiedenen Bereichen angeboten werden. Im nächsten Kapitel zeigen wir, wie Unternehmen herausfinden können, zu welchem Zweck und nach welchen Kriterien Kunden ihre Auswahl treffen. Wir greifen dabei Neetas Geschichte noch einige Male auf und erforschen, wie die Pizzalieferanten Zak’s Artisan & Crust Pie oder Westside Pizza sicherstellen können, dass Neeta zufrieden ist und ein langjähriger Kunde bleibt. In Kapitel 10 erkunden wir zum Beispiel, »was wäre, wenn« die Pizzalieferanten möchten, dass Neeta mehr Pizza bei ihnen kaufen soll. Wie können sie vorgehen? Welche Veränderungen sind dazu notwendig? Im Laufe dieses Buches werden wir weitere Beispiele sowohl aus dem Bereich der physischen als auch der virtuellen Produkte und Services aus realen Unternehmen kennenlernen, inklusive unseres eigenen Unternehmens für Managementschulungen und Eventplanungen.

2.4Zusammenfassung

Produkte und Services bestehen aus drei Komponenten: Design, Umsetzung und Servicelieferung.

Um Fit for Purpose für verschiedene Kunden zu sein, müssen alle drei Kriterien hinreichend gut erfüllt sein. Alle drei Kriterien erfordern die Aufmerksamkeit des Anbieters.

Kunden kennen ihr »Warum« und ihre Auswahlkriterien intuitiv, wenn sie unter verfügbaren Alternativen auswählen.

Dieselbe Person kann verschiedene »Warums« in verschiedenen Situationen haben, und verschiedene Kriterien führen zu unterschiedlichen Kaufentscheidungen.

Wenn man ein Unternehmen führt, ist es hilfreich, ein System zu haben, um das »Warum« des Kunden und seine Auswahlkriterien zu verstehen und zu begreifen, wie diese das Design, die Umsetzung und die Servicelieferung beeinflussen. Wir werden im weiteren Verlauf des Buches ein solches System präsentieren – unser Fit-for-Purpose-Framework.

3Mensch versus Maschine

Segmentierung, Bedürfnisse und Fitnesskriterien

3.1Neue Wege, den Zweck Ihrer Kunden herauszufinden

Bevor Sie bewerten können, ob Ihr Produkt oder Service Fit for Purpose ist, müssen Sie in der Lage sein, den Zweck und die Bedürfnisse Ihrer Kunden zu bestimmen. In den letzten Jahren haben wir zwei Ansätze entwickelt, um mehr über die Bedürfnisse der Kunden zu erfahren:

Sie interagieren mit Menschen, um deren Geschichten abzuleiten.

Sie nutzen Umfragen und statistisch erhobene Daten.

Der erste Ansatz beruht auf der Tatsache, dass Menschen von Natur aus in der Lage sind, Geschichten zu erzählen und zu interpretieren. Der zweite Ansatz nutzt sowohl nach außen sichtbare quantitative Dinge, die man messen kann, wie zum Beispiel die Zeit, als auch weniger sichtbare qualitative Dinge. Aber auch die qualitative Sicht bezieht sich immer noch auf Fakten: Beobachtungen, die in bestehende Kategorien einsortiert werden. Diese zwei Ansätze, der menschliche und der technische, sind so grundlegend von Bedeutung, dass wir ihnen die Kapitel 8 und 9 gewidmet haben, um sie in der Tiefe zu behandeln.

3.1.1Fokusgruppen untersuchen und gruppieren gemeinsame Geschichten

Wer weiß, warum Neeta Pizza bestellt hat? Wer kann am besten verstehen, welche Bedürfnisse sie hatte, als sie ihren Pizza-Lieferservice auswählte? Wenn Zak’s oder Westside Pizza neue Rezepte entwickeln (Design), neue Zubereitungsmethoden einführen (Umsetzung) oder ihren Lieferservice ändern, wer würde als Erster wissen, ob die Kunden etwas von diesen Verbesserungen bemerken und warum? Die Antwort ist einfach: der Kundenservice, die Mitarbeiter mit direktem Kontakt zum Kunden. Die Mitarbeiter, die die Bestellung entgegennehmen, und die Boten, die die Pizza ausliefern, verfügen über die wertvollsten Informationen, die das Unternehmen benötigt, um langfristig überleben zu können. Sie wissen, warum die Kunden sich dafür entschieden haben und was sie sich erhoffen, wenn sie das Produkt oder den Service nutzen.

Wenn Sie soziale Netzwerke für den Kundenservice nutzen, erfahren die Mitarbeiter, die Twitter, Facebook oder Snapchat beobachten, sehr schnell, welche Veränderungen Ihre Kundenbeziehungen beeinflussen.

Interessanterweise sind in vielen Unternehmen, die physische Produkte oder Services anbieten, die Mitarbeiter, die das »Warum« des Kunden am besten kennen, diejenigen, die am schlechtesten bezahlt werden und am häufigsten ihren Job wechseln. Viele Unternehmen wertschätzen die Mitarbeiter nicht, die direkt mit dem Kunden interagieren. Sie behandeln diese wie austauschbare Standardressourcen und akzeptieren eine hohe Fluktuation in diesem Bereich. Es gibt kein institutionalisiertes Lernen und nur wenig Weiterentwicklung. Wertvolle Informationen, die selbst durch teure Marktforschung kaum erlangt werden können, gehen mit jeder Kündigung verloren.