Flashman und der Engel des Herrn - George MacDonald Fraser - E-Book

Flashman und der Engel des Herrn E-Book

George MacDonald Fraser

5,0

Beschreibung

Hastig den Rückzug aus dem Boudoir einer Dame anzutreten, wenn man mit einer leichtfertigen jungen Frau in flagranti erwischt wird, wäre eine normale Reaktion, aber wenn sich herausstellt, dass der Ehemann ein hoher Richter ist, dann ist es angesagt, Kalkutta schnell zu verlassen. Und so tritt Flashman eine Reise an, auf der er in Südafrika gekidnappt und nach Amerika verschifft wird. Sein Ziel: eine kleine Stadt in Virginia namens Harper's Ferry, wo John Brown und seine Gruppe von Radikalen planen, den ersten Schuss im Krieg gegen die Sklaverei abzufeuern - mit Harry Flashman in der Rolle des militärischen Beraters. Und wenn John Brown auf Flashman gehört hätte, würde er immer noch marschieren statt im Grab zu verwesen ('John Brown's body lies a-mouldering in the grave').

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George MacDonald Fraser

Flashman und der Engel des Herrn

Die Flashman Manuskripte, Band 10

Kuebler Verlag

DAS BUCH

Harry Flashman erscheint es wegen einer seiner üblichen Affären ratsam, Kalkutta schnell zu verlassen und so tritt er eine Reise an, auf der er in Südafrika gekidnappt und nach Amerika verschifft wird. Dort drängen ihn verschiedene Parteien, sich dem Sklavenbefreier John Brown anzuschließen. So kommt er 1859 nach Harpers Ferry in Virginia, wo John Brown und seine Gruppe von Radikalen planen, den ersten Schuss im Krieg gegen die Sklaverei abzufeuern.

DER AUTOR

George MacDonald Fraser wurde vor allem berühmt durch die „Flashman Manuskripte“, einer Serie historischer Romane. Dabei handelt es sich um die fiktiven Memoiren von Sir Harry Flashman, einem hoch dekorierten britischen Offizier im Ruhestand, der auf seine Abenteuer zwischen 1840 und 1890 zurückblickt, die ihn unter anderem mit Bismarck, Abraham Lincoln, Crazy Horse, General Custer, Lola Montez und vielen anderen zusammengeführt hatte. Geboren wurde Fraser 1925, wurde Soldat und kämpfte in Burma. Er wurde Journalist, Schriftsteller und Drehbuchautor (unter anderen „Die drei Musketiere“ und den James-Bond-Film „Octopussy“). Er starb 2008.

JOHN BROWN

John Brown (* 1800, † 1859) war ein amerikanischer Abolitionist, der gegen die Sklaverei in den USA kämpfte. Im Jahr 1855 schloss er sich mit sechs seiner Söhne und seinem Schwiegersohn zusammen und startete einen Anti-Sklaverei-Guerilla. Nach einem erfolglosen gewaltsamen Versuch in Harpers Ferry 1859, Sklaven zum Aufstand zu bewegen, wurde er hingerichtet.

Flashman und der Engel des Herrn

Harry Flashman und John Brown in Virginia 1858-59

Band 10 der Reihe „Die Flashman Manuskripte“

Aus den nachgelassenen Papieren Harry Flashmans

Herausgegeben und bearbeitet von

George MacDonald Fraser

Herausgeber der deutschen Ausgabe: Martin Compart

Ins Deutsche übertragen von Dr. Marion Vrbicky

Impressum

Weitere Informationen: www.kueblerverlag.de

Ungekürzte deutsche Erstausgabe

Copyright © 2016 der deutschen Ausgabe by Kuebler Verlag GmbH, Lampertheim

Copyright © 1990 by George MacDonald Fraser,

FLASHMAN AND THE ANGEL OF THE LORD

Übersetzung aus dem Englischen von Dr. Marion Vrbicky. Herausgeber der deutschen Ausgabe der Flashman-Manuskripte: Martin Compart.

Umschlaggestaltung: Grafissimo! Daniela Hertel.

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werks darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Einscannen oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

ISBN Printausgabe 978-3-942270-90-8

ISBN Digitalbuch, EPUB: 978-3-86346-118-8

Vorbemerkung

Von all den Rollen, die Sir Harry Flashman, V.C. im Laufe seiner bemerkens- und beklagenswerten Karriere gespielt hat, ist die eines Kreuzfahrers wohl die am wenigsten wahrscheinliche. Die bislang neun Bände seiner Papiere, welche seit ihrer Entdeckung in einem Auktionshaus in den Midlands im Jahr 1966 veröffentlicht wurden, bieten eine Aufzählung von Skandalen, in welchen wenig zu spüren ist von menschlichem Mitgefühl, geschweige denn von Altruismus. Ab dem Tag seines Hinauswurfs aus der Rugby School in den späten 1830er Jahren (einprägsam beschrieben in „Tom Brown's Schooldays“), erfüllte Flashman als erwachsener Mann die schändliche Verheißung des Knaben; der primitive Speichellecker und Raufbold reifte zu dem feigen Verschwender und Schurken, der, durch Zufall und schamlosen Opportunismus, zu einem der renommiertesten Helden des viktorianischen Zeitalters wurde: dem unwilligen Anführer der Light Brigade, dem durch schnelle Flucht Überlebenden in Afghanistan und am Little Big Horn, dem anrüchigen Paladin der Krim und des Sepoy-Aufstandes, dem kriecherischen Chronisten vieler anderer Konflikte, Katastrophen und Intrigen, in welchen er eine unrühmliche, aber selten unrentable Rolle spielte.

So findet man ihn in diesem zehnten Band seiner Erinnerungen mit anfänglichem Unglauben nicht nur beteiligt an, sondern als Anführer eines Unternehmens, das, wenn auch hoffnungslos und fehlgeleitet, dennoch mit dem Glanz der heroischen Selbstaufopferung leuchtet und einen Ehrenplatz im Pantheon der Freiheit einnimmt. John Browns Überfall auf Harpers Ferry war eine schreckliche Torheit, die in blutigem und unvermeidlichem Scheitern endete, und half, den katastrophalsten aller Bürgerkriege auszulösen, aber sein Ziel war groß und nobel; nie wurde der Weg zur Hölle mit edleren Absichten gepflastert. Unnötig zu sagen, diese waren nicht Flashmans Absichten. Er kam mit größtem Widerwillen nach Harpers Ferry, durch die Bosheit alter Feinde und die Wahnvorstellungen von alten Freunden, und benahm sich in jeder Hinsicht mit bekannter Perfidie, bis auf eine Sache: sein Auge für Ereignisse und Menschen war so klar und gewissenhaft wie immer, und es kann sein, dass seine Erzählung ein neues und unerwartetes Licht auf einen kritischen Moment in der amerikanischen Geschichte wirft. Ebenso auf bemerkenswerte Gestalten der Vorkriegsjahre – unter ihnen ein Präsident, den es nie gab, ein legendärer Detektiv und Geheimagent, und der seltsame, schreckliche und einfache Visionär, von dem die Welt nur einen Namen und ein Lied kennt, und der auszog, die Sklaverei mit zwanzig Männern und vierzig Schuss Munition für immer abzuschaffen.

Es ist eine erstaunliche Geschichte, selbst für Flashman, aber mein Vertrauen in diese Ehrlichkeit, die er in seinen Schriften zeigt (wenn schon nirgendwo sonst), scheint durch die Genauigkeit, mit der seine Erzählung zu den bekannten Fakten passt, gerechtfertigt.

Wie bei den früheren Ausgaben der Papiere, habe ich mich an die Wünsche ihres Kustoden, Mr. Paget Morrison gehalten, und beschränkte mich auf die Verbesserung der Rechtschreibung des Autors und die Bereitstellung von Fußnoten und Anhängen.

George MacDonald Fraser

Kapitel 1

Als ich eines Tages am See in Gandamack saß, meinen Nachmittagsbrandy schlürfte, meine Urenkel verfluchte, weil sie die Gänse quälten, und über das Geschrei von Elspeth nachdachte, die darauf wartete, dass ich die Kinder mit Dreck und Bonbonresten verschmiert ins Haus zum Tee brachte, erklang auf einem Grammophon irgendwo im Haus eine Blasmusikkapelle, ein weit entferntes, schläfriges Brummen, das bis über die Wiese und unter die Bäume drang. Ich glaube, ich muss mitgesummt oder mit meiner Flasche im Takt des altvertrauten Marsches gewippt haben, denn auf einmal kroch der Bösewicht Augustus (ein furchtbarer Spitzname für ein an sich anständiges Kind, aber der stammt nicht von mir) aus den Wasserpflanzen und stand rotzend vor mir, den Kopf nachdenklich zur Seite geneigt.

„Ich glaube, Urgroßvater“, sagte er, „das ist Gory Halooyah.“

„So ist es, junger Galgenstrick“, sagte ich, „und Glory Halleluja ist es, was dich von deiner Urgroßmutter erwartet, wenn sie dich so sieht. Wo zum Teufel ist dein anderer Schuh?“

„Untergegangen“, sagte er und plapperte los: „Jombrowns Körper liegt vawesend in 'nem Grab, Jombrowns Körper liegt …“

„Oh! U'g'oßpapa hat ein böses Wo't gesagt!“, quietschte die tugendhafte Jemima, eine wahre Flashman, so schön wie sie widerlich ist. „Ich hab's gehö't! E' sagte, ‚T-L‘!“ Sie sagte wirklich „T-L!“

„U'g'oßmama sagt, Menschen, die solche Wo'te sagen, kommen ins Schlimme Feue'!“

Schlimmes Feuer, so so – meine vornehme Elspeth hat nie die ekligen Umschreibungen ihrer alten Heimat Paisley vergessen.

„Wird er nicht, nichts gibts!“, rief meine kleine treue Alice, ein weiterer Zweig an dem alten Flashman-Baums, sowohl kokett als auch eine Schmeichlerin. Sie sprang auf die Bank und klammerte sich an meinen Arm. „Denn ich lass ihn nicht ins Schlimme Feuer gehen, nicht wahr, Urgroßvater?“ Sie sah mich mit ihren Vergissmeinnicht-Augen schmachtend an, vier Jahre alt und unschuldig wie Kleopatra.

„Fürchte, du hast da nichts mitzureden, Liebes.“

„Teufel ist sowieso kein schlimmes Wort“, sagte John, fast sieben und Anführer des Rudels. „Der Pfarrer hat es gesagt, in seiner Predigt am vergangenen Sonntag – Teufel! Er sagte es zwei Mal – Teufel!“, wiederholte er, mit Befriedigung. „Also, zum Teufel mit dir, Jemima!“ Hört, hört. Tapferer Junge, dieser John.

„Das wa' in de' Ki'che!“, erwiderte Jemima, die das Zeug zu einem feinen Anwalt hat, ausgenommen ihre Gewohnheit, die Zunge heraus zu strecken. „Es ist in O'dnung in der Ki'che, aber wenn du es d'außen sagst, ist es seh', seh' schlecht und Gott wi'd dich st'afen!“ Diese kleine Baptistin!

„Was bedeutet vawesen überhaupt, Urgroßvater?“, fragte Augustus.

„Alles ist verfault und stinkt“, sagte John. „Das passiert, wenn man begraben wird. Du wirst ganz quatschig und die Würmer fressen dich –“

„Iiiiih!“ Worte können das Entzücken in Alices Stimme nicht beschreiben. „War Jombrown so, Urgroßvater, ganz verfault –“

„Nicht, so wie ich mich an ihn erinnere, nein. Aber seine Zehenspitzen haben manches Mal aus den Stiefeln geschaut.“

Das brachte Lachanfälle, wie ich es geahnt hatte, außer bei John, der ein ernsthaftes Kind ist und Dinge gerne genau untersucht.

„Sowas! Kanntest du ihn, Urgroßvater – John Brown aus dem Lied?“

„Nun ja, John, ich kannte ihn … vor langer Zeit. Wer hat dir von ihm erzählt?“

„Miss Prentice, in der Sonntagsschule“, antwortete er, und schlug nach seiner Cousine Jemima, die versuchte, Alice von mir zu lösen, indem sie in ihr Bein biss. „Sie sagt, er war der Engel des Herrn, der für die Befreiung aller Nigger in Amerika aufgehängt wurde.“

„Du sollst nicht Nigge sagen.“ Wieder Jemima, natürlich, die ihre Zähne von Alice nahm und herüber kletterte, um sich an meinen anderen Arm zu hängen. „Es ist nicht nett. Du solltest Nege' sagen, oder nicht, U'g'oßpapa? Ich sage imme' Nege'“, fügte sie hinzu, triefend vor Frömmigkeit.

„Wie sollen wir sie nennen, Urgroßvater?“, fragte John.

„Nenn sie, wie es dir gefällt, mein Sohn. Es ist nichts im Vergleich zu dem, wie sie uns nennen.“

„Ich sage imme' Nege' –“

„Urgroßvater sagt Nigger“, kam von dem verwirrten Augustus. „Viele, viele Male.“ Er zeigte mit einem schmutzigen Finger anklagend auf mich. „Du hast gesagt, dass der verdammte Nigger Jonkins, der Boxer –“

„Johnson, Kind, Jack Johnson.“

„– du hast gesagt, er legt es darauf an, kleiner gemacht zu werden.“

„Habe ich das? Ja, Jemima, Liebste, ich weiß, Gus hat ein anderes böses Wort gesagt, aber ein Dame sollte so etwas gar nicht bemerken, weißt du –“

„Was meinst du mit kleiner machen?“, fragte Alice und zwirbelte meinen Backenbart.

„Sein Selbstwertgefühl etwas vermindern, mein Schatz … Ja, Jemima, ich habe keinen Zweifel daran, dass du Gus bei Urgroßmutter verpetzen wirst, dass er verdammt gesagt hat, aber wenn du das tust, dann sagst du das Wort auch selbst, pass auf … Was, Gus? Ja, wenn ich das über den Boxer gesagt habe, dann habe ich es auch so gemeint. Aber weißt du was, mein Junge, wenn du Leute beschimpfst, dann kommt es darauf an, mit wem du redest …“ Und das stimmt auch. Angeber wie Johnson[1] und das Gesindel unter den Rekruten und die meisten weißen Brüder sind eine Sache – aber wenn Sie gesehen haben, wie Ketshwayos Nokenke-Regiment den Staub aufwirbelt und die Assegais auf die Schilde aus Ochsenhaut trommeln, „Suthu, suthu! 's-jee, 's-jee!“, wenn sie bei Little Hand den Hang hinauf stürmen … gut, das ist Schwarz in einer anderen Farbe, und man braucht ein anderes Wort für diese Kerle. Und Gott verhüte, dass ich Miss Prentice beleidige, so …

„Ich denke, es ist am besten, wenn ihr Neger sagt, Kinder. Das ist das höfliche Wort, also –“

„Was ist mit Niggermusik?“, fragte Alice, die an meinem Kragen herumzupfte.

„Das ist in Ordnung, weil die Musiker unter der Schminke weiß sind“, sagte John ungeduldig. „Halt deine Klappe, Alice – ich will was über John Brown hören, und wie er alle … alle Negersklaven in Amerika befreit hat, oder nicht, Urgroßvater?“

„Nun, nun, John … nein, nicht ganz …“ Und dann schwieg ich und nahm einen Schluck aus meiner Flasche und dachte darüber nach.

Wer bin ich denn, zu sagen, dass er es nicht getan hat? Es war sowieso fällig, aber wenn da nicht der alte J.B. und seine bescheuerten Träume gewesen wären, wer kann schon sagen, wie sich die Dinge entwickelt hätten? Kleine Nägel halten das Scharnier der Geschichte zusammen, wie Bismarck gesagt hatte (er sagte solche Dinge!), in jener Nacht, als wir auf dem Weg nach Tarlenheim waren … und hat nicht Lincoln selbst gesagt, dass Mrs. Stowe jene kleine Dame war, die den Großen Krieg mit „Onkel Toms Hütte“ begonnen hat? Nun, John Brown aus Ossawatomie, verrückter und mörderischer alter Pferdedieb, der er war, spielte eine ebenso große Rolle bei der Befreiung der Farbigen wie sie es tat – jawohl, oder Lincoln oder Garrison oder irgendeiner von ihnen, denke ich. Ich habe selbst mein Bisschen dazu beigetragen – nicht freiwillig, da können Sie sicher sein, und in jener grässlichen Nacht habe ich auf jedem Schritt des Weges Seward und Pinkerton verflucht … und als ich so darüber nachdachte und über den See auf die große Eiche starrte, die ihren ersten Abendschatten warf, schienen die schrillen Stimmen der Kinder zu verblassen und an ihrer Stelle kamen die rauen Schreie und das Krachen der Schüsse in der Dunkelheit, und statt dem Duft von Rosen füllte der Geruch von Schwarzpulver das Maschinenhaus, die Schüsse der Miliz zersplitterten das Holz und surrten uns um die Ohren … der junge Oliver verblutete sein Leben auf dem Stroh … die hagere Vogelscheuche mit seinem ergrauten Bart und den brennenden Augen zog den Hahn seines Karabiners zurück … „Seid standhaft, Männer! Verkauft euer Leben teuer! Gebt jetzt nicht nach!“ … Und J.E.B. Stuarts Augen auf mir, die mich zwangen (ich schwöre es), den Abzug zu drücken …

„Wach auf, Urgroßvater!“ „Erzähl uns von Jombrown!“ „Ja, mit seinen herausgestreckten Zehenspitzen, die stinken!“ „Erzähl's uns, erzähl's uns!“

Ich kam aus dem dunklen Sturm bei Harpers Ferry zurück in den friedlichen Sonnenschein von Leicestershire und die vier kleinen Gesichter sahen mich mit der liebevollen Ungeduld an, welche die krönende Belohnung der Urgroßvaterschaft ist: John, gut aussehend und ernst und aufmerksam; Jemima ein Jahr jünger, saubere, blasse Perfektion mit ihren langen rabenschwarzen Haaren und Wimpern, die dafür geschaffen sind, Herzen zu betören (eindeutig Selinas Tochter); die kleine goldene Alice, Elspeth wie aus dem Gesicht geschnitten; und der Jüngste, Augustus, voller Sünde unter dem Schlamm, ein Grenzland-Rabauke in einem aufgeweichten Matrosenanzug … und der einzige Schmerz ist, dass man mit einundneunzig[2] nicht hoffen kann, sie noch als Erwachsene zu sehen …

„John Brown, hmmm? Nun, das ist eine lange Geschichte – und Urgroßmutter wird uns bald zum Tee rufen … nein, Alice, er hatte keine Flügel, obwohl Miss Prentice ganz recht hat, sie nannten ihn den Engel des Herrn und auch den Racheengel …“

„Was heißt Rache?“

„Jemandem etwas heimzahlen … nein, John, er war ein ganz gewöhnlicher Kerl, wirklich, eher dünn und knochig und schäbig, mit einem struppigen Bart und sehr hellen, grauen Augen, die aufleuchteten, wenn er wütend war, immer so wild und düster! Aber er war auch ein freundlicher alter Gentleman –“

„War er so alt wie du?“

„Himmel, Kind, niemand ist so alt! Er war ältlich, aber ziemlich rüstig und voller Tatendrang … mal sehen, was sonst? Er war ein großartiger Koch, er konnte Schinken und Eier machen und braune Bratkartoffeln, die einem den Mund wässrig werden ließen.“

„Hat er auch Kedge'ee[3] gemacht? Ich hasse das g'auenhafte Kedge'ee, pfui!“

„Was ist mit den Sklaven, und dass er viele Menschen getötet hat und dass er gehängt wurde?“ John rüttelte voll Ungeduld an meinem Knie.

„Nun, John, ich denke, er hat ziemlich viele Menschen getötet … Wie, Gus? Na wie wohl, mit seinen Pistolen – er hatte zwei, genau wie die Cowboys, und er konnte sie in einem Augenzwinkern ziehen, so schnell.“ Und er war verdammt nahe dran, den Kopf deines Urgroßvaters wegzuschießen, in einer Minute schläft er und in der nächsten verstreut er Blei durch den ganzen Laden, verflucht soll er sein. „Und mit seinem Säbel … obwohl, das war, bevor ich ihn kannte. Wohlgemerkt, er hatte ein anderes Schwert in unserem letzten Kampf – und ihr werdet nie erraten, wem es einmal gehört hatte. Friedrich dem Großen! Was sagt ihr dazu?“

„Wer ist Friedrich der Große?“

„Ein deutscher König, John. Bisschen eine Schwuchtel, glaube ich; er gebrauchte Parfüm und spielte Flöte.“

„Ich denke, Jombrown war g'auenhaft!“, verkündete Jemima. „Menschen zu töten ist falsch!“

„Nicht immer, Liebes. Manchmal muss man, oder sie töten dich.“

„Urgroßvater hat Menschen getötet, sehr oft“, protestierte der zähe Augustus. „Urgroßmama hat mir erzählt, dass er Soldat war, stimmt doch, oder nicht? Hat sie umgebracht, ganze Haufen von –“

„Das ist etwas ganz ande'es“, sagte Jemima, mit einem zustimmenden Lächeln, das mich gut dazu bringen konnte, mein Testament zu ihren Gunsten zu überarbeiten. „Fü' Soldaten ist es in O'dnung, Menschen zu töten.“ Und ihren Worten folgte ein Echo, ein halbes Jahrhundert alt, die tiefe, ruhige Stimme von J.B. selbst, wenn er sich an das Massaker am Pottawatomie erinnerte … „Sie hatten ein Recht, getötet zu werden.“ Es war ein warmer Nachmittag, aber ich zitterte.

„Urgroßvater ist müde“, flüsterte John. „Lasst uns zum Tee hineingehen.“

„Was – müde? Nicht ein bisschen!“ Man kann nicht zulassen, dass die Urenkel Mitleid haben, auch nicht mit einundneunzig „Aber Tee ist eine großartige Idee! Wer hätte gerne eine Ladung Lebkuchen, hm? Ich sag euch was, ihr Welpen – ihr macht euch fein, kämmt euch die Haare, findet Gus anderen Schuh, du ziehst deine Socken an, Alice – ja, Jemima, du siehst schon jetzt wie eine Prinzessin aus – und wir marschieren zum Tee. Zumindest ihr marschiert, während ich den Takt angebe und mich um die Nachhut kümmere. Wird das nicht lustig sein? Und wir singen sein Lied, während wir gehen –“

„Jombrowns Körper? Gory Halooyah?“

„Genau dieses, Gus! Jetzt aber, reiht euch auf, die größten auf der rechten Seite, die kleinsten auf der linken – die Hacken zusammen, John, Augen nach vorn, Jemima, zieh den Bauch ein, Augustus, hör auf zu kichern, Alice – und ich werde euch ein paar wichtige Verse lehren, die ihr noch nie gehört habt! Bereit?“

Ich nehme nicht an, es gibt auf der Welt auch nur eine Seele, die Englisch spricht und heute nicht den Refrain singen könnte, aber natürlich war er noch nicht geschrieben worden, als wir nach Harpers Ferry gingen – J.B.s Armee aus Lumpengesindel, Abenteurern, entflohenen Sklaven, Viehdieben und Irren. „Gottes Kreuzfahrer“ hatten uns einige Enthusiasten genannt – aber dann wieder habe ich gelesen, dass wir „großspurige, fluchende Raufbolde und Ungläubige“ waren (na, dann danke, Sir). Wir waren einundzwanzig, fünfzehn Weiße (einer davon, voller Angst, kann ich Ihnen sagen), sechs Schwarze, und alle ganz darauf eingestellt, Dixie zu erobern, wenn Sie das glauben können! Wir haben es damals nicht ganz geschafft – aber wir haben es am Ende geschafft, bei Gott, mit Shermans Trompeten, die auf dreißig Meilen Breite eine Schneise bis zur Küste schlugen …

Nicht, dass ich verdammte zwei Cent dafür gegeben hätte, verstehen Sie mich richtig, und ich tue es immer noch nicht. Sie hätten ihren idiotischen Bürgerkrieg behalten können (von den Risiken für meine eigene Haut mal ganz abgesehen), es war der übelste, nutzloseste Konflikt in der Geschichte, der Massenselbstmord einer ganzen Generation der britisch-amerikanischen Rasse – und wofür? Die Freiheit der Schwarzen, die in ein paar Jahren ohnehin gekommen wäre, so sicher, wie die Sonne am Morgen aufgeht. Und all die Jungs hätten in der Dämmerung sitzen können und ihre Johns und Jemimas beobachten.

Dennoch habe ich ein Faible für das alte Lied – und für J.B., genau genommen. Ja, das Lied, von dem die Historiker sagen, es wurde von jedem Regiment der Union gesungen, weil es nicht „von John Browns schwachem Schwert erzählt, sondern von seiner Seele“. Seine Seele, bah – oft genug wurde der arme alte Verrückte noch nicht einmal erwähnt und es ging stattdessen so:

„Wild Bill Sherman hat 'nen Strick um den Hals und wir zieh'n ganz fest daran! Glory, Glory Halleluja …“, und so weiter.

Oder es ist „unser Sergeant-Major“ oder Jeff Davis, der von einem Baum mit sauren Äpfeln hängt, oder einer der nicht wiederholbaren Verse, welche die fromme Mrs. Howe dazu inspirierten, „Mine eyes have seen the glory“ zu schreiben.[4] Aber all das ist eine andere Geschichte, für einen anderen Tag … inzwischen unterrichtete ich meine kleinen Nachkommen in einigen Versionen, die ganz nach ihrem Geschmack waren, und wir marschierten bis zum Haus, die Kinder in Zweierreihe und der ehrwürdige Patriarch schmerzvoll hinterher humpelnd, Flasche in der Hand, und wir erzeugten sogar Echos mit unserem Gesang:

„John Browns Esel hat 'nen dicken Gummischwanz

und er rieb mit Öl ihn ganz!“

gefolgt von:

Unser Ur-Großpapa den Vizekönig rettete den Sieg

dort im alten Khyber Pass!

und endend mit:

Flash hat eine Armee von Hundert Bashi-Bosuks

und am End' sind alle tot! Glory, Glory Halleluja …

Geistvolles Zeug, und es war einfach nur Pech, dass der Bischof und andere hochnäsige Besucher schon beim Tee mit Elspeth und Miss Prentice saßen, als wir durch die Gartentür hereindonnerten, die feuchten und schmutzigen Kinderchen sangen mit voller Lautstärke und ich fiel der Länge nach über die Türschwelle, mitsamt meiner Brandyflasche. Na gut, die Kinderchen waren laut und verdreckt und ich mache nicht den besten Eindruck, wenn ich lang hingestreckt auf dem Teppich liege und der Branntwein tropft, aber so angewidert, wie seine Lordschaft drein schaute und Miss Prentice Zwicker festfror, hätte man denken können, ich hätte ihnen beigebracht, wie man Opium raucht und „One-eyed Riley“ singt.

Das Ende vom Lied war, dass die Kinder in Schande fortgescheucht wurden und statt Tee und Lebkuchen Milch und trockenes Brot bekamen. Gus wurde früh ins Bett geschickt – oh ja, natürlich hatte Jemima ihn verpfiffen. Und als die Gäste uns mit einem Geruch von Heiligkeit verlassen hatten und dabei die Säume ihrer Kleidung von mir weghielten und mitfühlende Bemerkungen zu Elspeth machten, ließ sie ihren Zorn auf mich los, nannte mich einen „Schlechten Einfluss, der mit seiner schlüpfrigen Kasernen-Art die unschuldigen Kinder verdirbt“, zuließ, dass sie ihre Füße nass machten, und ob mir klar war, was Schuhe heutzutage kosteten, und sie war „Furchtbar gekränkt“ und wie sollte sie dem Bischof jemals wieder in die Augen sehen, könnte ich ihr das erklären?

Reue war nie mein Stil und ist sowieso nutzlos, also ließ ich den Sturm über mich hinwegfegen, und später, nachdem ich sicher war, dass La Prentice gemütlich in ihrer Höhle saß, dort ihre Knute polierte und heimlich Gin trank, behaupte ich jetzt einmal, überfiel ich die Speisekammer und schmuggelte Lebkuchen und Limonade in das Kinderzimmer, wo ich ihnen auf ihr Drängen hin John Browns Geschichte erzählte (angepasst an die Ohren von Kindern). Sie schliefen mittendrin ein und ich auch, auf Johns Decke, zwischen all den Lebkuchenkrümeln. Schließlich wachte ich wieder auf, von einem sanften Kuss auf meine alte Stirn, und sah, wie Elspeth in liebevoller Verzweiflung den Kopf schüttelte.

Nun, das alte Mädchen weiß, dass dieser Sünder nicht mehr gerettet werden kann und dass Jemima recht hat: ich werde ziemlich sicher in das Schlimme Feuer kommen. Ich kenne aber einen, dem das erspart wird, und das ist der alte John Brown aus Ossawatomie, „dieser neue Heilige, denn niemals wurde jemand reiner oder mutiger von der Liebe zu den Menschen in Kampf und Tod geleitet“, und der „den Galgen so herrlich wie das Kreuz“ gemacht hat. Das ist die Meinung von Ralph Waldo Emerson über J.B. „Ein Heiliger, edel, tapfer, voll von Gottvertrauen“, „ehrlich, wahrhaftig, gewissenhaft“, vergleichbar mit William Wallace, Washington und Wilhelm Tell – das sind die Worte von Parker und Garrison, der ihn kannte, und sie machen noch nicht einmal die Hälfte seiner Verehrer aus. Wir reden von einer Mischung aus Jesus, Apollo, Goliath und Julius Caesar! Auf der anderen Seite … „ein Fälscher, geschickt, schlau, eitel, egoistisch, intolerant, brutal“, „ein skrupelloser Söldner, ein Pferdedieb, ein Heuchler“, den die Freilassung der Sklaven nicht scherte und der selbst gerne Sklavenarbeiter gehabt hätte, ein Lügner, ein Verbrecher und ein Mörder – das sagt sein jüngster Biograph. Interessanter Kerl, dieser Brown, würden Sie das nicht auch sagen?

Ein guter Teil von beiden Seiten ist wahr, und Sie können mein Wort dafür nehmen; ich bin ein Schurke, aber ich habe nichts davon, J.B.s Ruf zu ruinieren. Ich half, ihn dazu zu machen, weil ich ihm nicht in den Rücken schoss, als ich die Gelegenheit dazu hatte. Ich wollte nicht und hätte sowieso nicht den Nerv gehabt.

Man könnte sogar sagen, dass ich ihn völlig ahnungslos auf den Weg zum unsterblichen Ruhm brachte. Ja, wenn es eine Gemeinschaft der Heiligen dort oben gibt, werden sie durch J.B. geschmückt, denn wenn der Engel des Gerichts alle seine Verbrechen und Lügen und Diebstähle und Torheiten und Täuschungen und kaltblütigen Morde aufgezählt hat, wird er dennoch gerettet sein, wenn bessere Männer verdammt sind. Warum? Denn wenn er es nicht wäre, gäbe es ein so allmächtiges Gebrüll der Entrüstung von den Himmlischen Heerscharen, dass das Firmament zerspränge; Gott würde das nie aushalten. Das ist das Schöne an einer Märtyrerkrone: sie überstrahlt alles und keine strahlt heller als die des alten J.B. Ich sage nicht, dass er es verdient hat; ich weiß nur, vielleicht besser als jeder andere, wie er dazu kam.

*** Anmerkungen ***

[1]John Arthur (Jack) Johnson (1878-1946), der erste schwarze Boxer, der den Weltschwergewichtstitel gewonnen hat, war der unpopulärste Champion und, nach Meinung der am meisten geachteten Boxsporthistoriker, der beste. Er gewann 1908 den Titel, indem er Tommy Burns aus Kanada besiegte, nachdem er ihm von Amerika nach England und schließlich nach Australien gefolgt war, und verlor ihn schließlich 1915 an Jess Willard aus den U.S.A. In den Jahren dazwischen war er das Opfer einer Kampagne von Rassenhass, welche in der Geschichte des Sports einmalig ist. In dieser rassenbewussten Zeit brachte Johnsons Arroganz innerhalb und außerhalb des Rings, seine Grausamkeit gegenüber Gegnern, seine weißen Frauen, sein selbstzufriedenes Lächeln, das vergoldete Zähne zeigte, der Vorfall, dass er eine Kaution verfallen ließ und nach Paris floh, um einer Gefängnisstrafe in Amerika zu entgehen (er hatte den Mann Act verletzt, als er eine Frau, mit der er eine Affäre hatte, über eine Staatengrenze brachte), und vor allem seine unbezweifelbare Überlegenheit in einer Sportart, die immer eine eigenartige Quelle für den Stolz der Weißen gewesen war, im Sportpublikum das Schlimmste hervor. Keiner war bösartiger als der Schriftsteller Jack London, der Burns „Begräbnis“, wie er es nannte, für den New York Herald verfolgt hatte und die berüchtigte „Prügelt den Nigger!“-Kampagne anführte, die „das goldene Lächeln aus Johnsons Gesicht entfernen sollte“. Er und andere überredeten Jim Jeffries, einen früheren Champion, zurückzukommen und Johnson um den Titel herauszufordern. Der Kampf fand im Jahr 1910 in Reno in Nevada statt und die Atmosphäre vorher war so aufgeladen (Rassenunruhen mit Toten waren nach einigen von Johnsons früheren Siegen ausgebrochen), dass Sir Arthur Conan Doyle eingeladen wurde, Schiedsrichter zu sein. Man hatte zu Recht das Gefühl, dass es auf der Welt keinen mehr respektierten Sportsmann gab und keinen, der einen beruhigenderen Einfluss haben konnte. Doyle wollte annehmen, aber seine eigene Kampagne gegen die Abscheulichkeiten in Belgisch-Kongo forderte all seine Aufmerksamkeit, und nach einer Woche des Zögerns lehnte er ab. Johnson gewann ganz leicht, es gab keine Störungen und die Suche nach einer „Weißen Hoffnung“ dauerte noch weitere fünf Jahre, bis Johnson dem riesigen, aber unerfahrenen Willard unterlag (freiwillig, wie viele meinen). Flashmans Meinung über Johnson wurde von vielen geteilt, abgesehen von seiner fraglosen Brillanz als Techniker im Ring, war der schwarze Champion keine liebenswerte Figur, aber es ist nur gerecht, einen anderen, wohlbekannten viktorianischen Herren zu zitieren, der die seltene Ehre hatte, gegen ihn im Ring anzutreten, und auf seinen eigenen Füßen wieder hinausging. Victor McLaglen war ein bewunderter britischer Schwergewichtskämpfer, lange bevor er Filmschauspieler wurde. Er hielt in einem Kampf gegen Johnson 1909 sechs Runden bis zu einem Unentschieden durch und schrieb danach, dass der Champion „wie ein Gentleman kämpfte“, „unzweifelhaft der am schwersten zu treffende Mann war, den er je gesehen hatte“ und auch „der charmanteste Gegner“ (siehe Terry Leigh-Lye, In This Corner, 1963; Nat Fleischer und Sam Andre, Pictorial History of Boxing, 1959; M. und M. Hardwick, The Man Who Was Sherlock Holmes, 1964; Jack London im New York Herald, 1908, Victor McLaglen, Express to Hollywood, 1934).

[2]Flashman wurde 1822 geboren, also wurden die vorliegenden Erinnerungen vermutlich 1913 geschrieben, zwei Jahre vor seinem Tod.

[3] Kedgeree – indisches Curryreisgericht

[4]Der berühmte Marsch, eines von vielen Liedern über John Brown, die im Bürgerkrieg gesungen wurden, entsprang angeblich „einer sarkastischen Melodie, die Männer in einem Regiment aus Massachusetts als Seitenhieb gegen einen Sergeant John Brown aus Boston erfunden hatten“. Wenn es so war, dann wurde es bald mit dem berühmten Abolitionisten in Verbindung gebracht. Ein Soldat der Union, Private Warren Lee Goss, berichtet, dass das 12. Massachusetts Regiment, als es am 24. Juli 1861 den Broadway entlang marschierte, „das damals neue und immer aufregende Lied John Browns Body“ sang. Fünf Monate später schrieb Mrs. Julia Ward Howe (1819-1910), Autorin, Reformerin und Abolitionistin, neue Worte zu der alten Melodie; sie erschienen danach als „The Battle Hymn of the Republic“ in der Zeitschrift Atlantic Monthly. Eine Tradition (auf die Flashman anspielt) besagt, dass sie angewidert von den Worten war, welche sie die Soldaten singen hörte. Die akzeptierte Version ist, dass sie und einige Freunde patriotische Lieder sangen und einer von ihnen andeutete, dass neue Strophen angebracht wären (siehe Stephen B. Oates, To Purge This Land With Blood, 1970, der Boyd B. Stutler, „John Brown‘s Body“ und Warren Lee Goss, „Going to the Front“ in: Battles and Leaders of the Civil War, Vol 1, Hrsg. R.U. Johnson und C.C. Buel, 1887, zitiert).

Kapitel 2

Wenn Sie vertraut sind mit meinem unrühmlichen Lebenslauf, werden Sie sich fragen, wie ich dazu kam, überhaupt mit John Brown zusammenzutreffen. Der alte Flashy, der Raufbold und Feigling, Schurke und Wendehals, Wüstling und Speichellecker, trägt das Banner der Freiheit im edelsten aller Vorhaben, der Befreiung der Versklavten und Unterdrückten? Zerbricht die Ketten, trotz der Gefahr von Tod und Schande? Gott, ich wünsche mir, Arnold hätte mich gesehen. Das ist die Ironie des Ganzen – wenn ich bei Harpers Ferry ins Gras gebissen hätte, dann hätte ich auch eine Märtyrerkrone ergattert, zusätzlich zu allen Ehren und dem Ruhm, welche ich schon im Dienste Ihrer Majestät gewonnen hatte (durch Davonlaufen und Lügen und Angeben und anderer Leute Verdienste stehlen, was aber niemand wusste, auch nicht der schlaue alte Colin Campbell, der mir nur wenige Monate vorher das V.C. an die Brust geheftet hatte). Oh, das Ferry-Fiasko hätte meine beste Stunde gewesen sein können, mit der Königin in Trauer, Yankee-Politikern, welche drei Stunden lange Ansprachen voller zehn-Dollar-Worte und falschen Latein-Zitaten deklamiert hätten (nicht Lincoln, er kannte mich zu gut), einem Gedenkgottesdienst in der Kapelle in Rugby, die Bordelle am Hay Market aus Respekt vor mir geschlossen, alte Kameraden, die ernst und edel dreinschauen … „Kann nicht glauben, dass er fort ist … lieber alter Flash … auf der Höhe seines Ruhmes … glorreiche Karriere vor sich … geht, um die Nigger zu befreien … nicht für Gold oder schnöden Gewinn … ja, so war er … weltfremd, ritterlich, half den Schwachen … ah, einer unter zehntausend … Ich habe seine Witwe gesehen, Ihr auch? Gott, was an der alles baumelt! Reich wie Krösus auch noch, wird gesagt …“

Außerdem, niemand hätte von gequälten Füchsen[5] oder dem Hinauswurf wegen trunkenem Benehmens gesprochen. Stirb für eine gute Sache und sie vergeben dir alles.

Aber ich starb nicht, Gott sei Dank, und wie jeder von Ihnen, der meine anderen Memoiren gelesen hat, errät, wäre ich niemals näher als dreitausend Meilen an Harpers Ferry oder den verfluchten Brown herankommen wollen, wenn nicht durch die widerlichste Reihe von unglücklichen Zufällen: drei höllische Zufälle – drei, hören Sie! – die selbst Dickens nicht verwendet hätte, aus Angst, auf der Straße ausgepfiffen zu werden. Aber sie sind passiert, mit dieser verdammten Logik der Nemesis, die mich schon mein ganzes Leben heimgesucht und in mehr Schrecken geführt hat, als ich zählen kann. Aber ich darf mich nicht beschweren, ich bin immer noch hier, mit genug Geld, im Obergeschoss schlafen meine Urenkel und Elspeth ist in ihrem Boudoir und liest die Erinnerungen der Countess of Cardigan (in welchen, ohne dass meine Liebste eine Ahnung hat, ich unter dem Namen „Baldwin“ auftauche, und das war eine wilde Nacht, aber, dem Himmel sei Dank, erwähnt sie nicht, wie ich in der rasenden Umarmung von Fanny Paget gefangen war und Cardigan selbst an die Tür klopfte, ich ohne Hosen unter das Bett flüchtete, dort bereits einen Detektiv in situ[6] vorfand und neben dem Kerl liegen musste, während Cardigan und Fanny die ganze Nacht zwei Fuß über unseren Köpfen ritten. Verdammt, wir waren immer noch da, als ihr Mann nach Hause kam und ihr ein blaues Auge schlug. Geschieht ihr recht; Ausgerechnet Cardigan, ich bitte Sie! Manche Frauen haben keinen Geschmack).

Allerdings, das ist weit entfernt vom Shenandoah, aber bevor ich Ihnen etwas über J.B. erzähle, muss ich eine Sache klarstellen, um meiner eigenen Glaubwürdigkeit und meines guten Namens willen, und das ist dies: ich schere mich gar nicht um die Sklaverei und habe das auch nie getan. Ich kann nicht behaupten, ich hätte damit nichts zu tun gehabt, weil das nicht stimmt: einmal habe ich die Schwarzen an der Küste von Dahomey überfallen, sie über die Middle Passage verschifft, auf einer Plantage angetrieben – und auf der Underground Railroad und über die Eisschollen auf dem Ohio in die Freiheit geführt, mit einer Kugel in meinem Hinterteil, ganz zu schweigen von meiner Unterstützung für J.B.s irren Plan, eine schwarze Republik zu errichten – in Virginia, ausgerechnet. Warum nicht gleich den Oranier-Orden[7] im Vatikan?

Der Punkt ist, dass ich zu all diesen Dingen gezwungen wurde, gegen meinen Willen, bei Gott, man könnte sagen, ich war wurde dazu „versklavt“. Was das betrifft, ich bin tatsächlich ein Sklave gewesen – zumindest haben sie mich in Madagaskar zum Verkauf angeboten und es war nicht meine Schuld, dass niemand ein Gebot machte; Königin Ranavalona bekam mich, ohne einen Penny zu bezahlen, und dieses lustgeile Monster zu reiten war Sklaverei, wenn Sie so wollen, mit der Aussicht, lebendig geschunden zu werden, wenn ich sie nicht befriedigen konnte.[8] Ich war außerdem auch mal Fuchs in Rugby gewesen.

Wenn ich also sage, ich habe nichts gegen Sklaverei, dann meine ich damit, ich habe nichts gegen die Institution, so lange sie mich nicht betrifft; wann immer es mich betroffen hat, war ich dagegen. Egoistisch, gefühllos, und unmoralisch, sagen Sie, und ich stimme Ihnen zu; auch prinzipienlos – im Gegensatz zum Heiligen Joe Abolitionist, der sich auf die Brust schlug wegen seiner schwarzen Brüder, während er seinen Gewinn aus der Mühle eingestrichen hat, in der sich seine weiße Schwestern zu Tode schufteten, jawohl, und in schlimmerem Elend als ein Dixie-Pflanzer[9] jemals für seine Sklaven zugelassen hätte. (Verstehen Sie mich nicht falsch, ich gehöre nicht zur Heilsarmee, und ich habe nie einen Finger gehoben für die arme Arbeiterklasse, außer um ihnen ein Trinkgeld zu geben und sie zu beschäftigen, wie ich es gerade brauchte. Ich weiß nur, dass es mehr als eine Art von Sklaverei gibt.)

Jedenfalls, wenn das Leben mich etwas gelehrt hat, dann, dass Reichtum und Bequemlichkeit der wenigen Glücklichen (wo unsere selbstzufriedene Mittelklasse genauso dazugehört wie der Adel) immer vom Schweiß und der Armut der unglücklichen Vielen abhängen wird, egal, ob sie auf den Plantagen schuften oder in stinkenden Hinterzimmern Etiketten kleben, für einen Penny pro tausend Stück.

Das ist die Art der Welt und bis Utopia kommt, Gott sei Dank zeigt es keine Anzeichen dazu, bleibe ich einfach bei den Wenigen und kümmere mich um meine Angelegenheiten.

Dass Sie mich richtig verstehen: man hätte in Dixie jeden Nigger in Knechtschaft halten können und es hätte mich nicht gekümmert. Oder von mir aus befreien können. Das war geistig weit weg von mir und ich wünschte nur, ich hätte körperlich auch so weit weg sein können. Und bevor Sie damit beginnen, eine Predigt loszulassen, erinnern Sie sich bitte an den Kerl, der gesagt hat, dass, wenn die Union der Vereinigten Staaten nur durch die Beibehaltung der Sklaverei bewahrt werden könnte, es für ihn in Ordnung wäre. Wie hieß der noch gleich? Ach ja, Abraham Lincoln.

Und nun zum alten John Brown und dem Weg zum Ruhm, nicht das schlechteste meiner vielen Abenteuer, aber das unwahrscheinlichste. Es hätte wirklich nicht passieren dürfen, so scheint mir, wenn ich zurückblicke. Gott weiß, ich habe kein ruhiges Leben geführt, aber im Rückblick scheint es etwas wie eine Ordnung und Reihenfolge gehabt zu haben – Afghanistan, Borneo, Madagaskar, Punjab, Deutschland, Sklavenküste und Mississippi, Russland und die letzten Winkel der Erde, der Sepoy-Aufstand, China, der amerikanische Bürgerkrieg, Mexiko … und, sehen Sie, ich habe J.B. ganz ausgelassen, weil er nicht in das Muster passt, irgendwie. Er ist aber da, samt Schnurrbart, sechs Pistolen, Predigten und allem, zwischen Indien und China – und hat nichts mit alledem zu tun, herausgerissen aus meinem üblichen Spitzbubenleben, als ob ein böswilliger Dschinn mich vom Kurs abgebracht, bei Harpers Ferry abgesetzt und dann wieder zurück zur Armee entführt hätte.

Es begann (wie es meist der Fall ist) mit einer übermütigen Dirne in Kalkutta Ende '58. Ohne sie wäre es nie geschehen. Plunkett war ihr Name, die kokette junge Frau eines ältlichen Hanswursts, der ein Richter des High Court oder irgendetwas in der Art war. Ich war auf dem Weg nach Hause nach dem Sepoy-Aufstand, in den ich nur durch den bösen Willen von Lord Palmerston geraten war, der mich zwei Jahre zuvor in geheimer Mission nach Indien geschickt hatte.[10]

Dank dem lieben alten Pam war ich mitten drin in dieser höllischen Rebellion, vom Massaker in Meerut bis zur Schlacht von Gwalior, auf der Flucht vor Thugs und Pandies, ich verbrachte Monate als Sowar der einheimischen Kavallerie, schoss auf die Barrikaden von Cawnpore, schlich verkleidet und mit einem dementen Iren im Schlepptau aus Lucknow, wäre um ein Haar von Krokodilen gefressen, auf dem Rad gevierteilt und als verurteilter Meuterer vor eine Kanone gebunden worden – oh ja, Diplomatie ist das wahre Leben für einen Soldaten, kann ich Ihnen sagen. Es stimmt, da gab es Entschädigungen in der köstlichen Form von Lakshmibai, der Rani von Jhansi, und ein Victoria-Kreuz und den Ritterschlag am Ende des Tages. Und das einzige Haar in der Suppe, als ich nach Kalkutta hinein ritt, war die Entdeckung, dass während meiner Abwesenheit aus England ein kritzelndes Schwein seine Erinnerungen an Rugby School veröffentlicht hatte, mit mir als dem Bösewicht des Stückes. Ein abscheulicher Band mit dem Titel „Tom Brown's Schooldays“, in dem auf jeder Seite der widerliche Flashy zu finden war, der Füchse folterte, ein Drückeberger, Speichellecker, Lügner, nach Gnade winselnd und sich bis zum Hinauswurf betrinkend – jedes Wort davon wahr und das machte es umso schlimmer.

Mit Erleichterung stellte ich, in Kalkuttas Offiziersmessen und Hotels lauschend, fest, dass niemand von dem verdammten Buch gehört zu haben schien oder nicht zugab, dass er davon wusste. Seit damals ist es so gewesen, glücklicher Weise; kein Wort des Vorwurfs, kein verdecktes Grinsen, obwohl das Ding in jeder Ecke der zivilisierten Welt von heute gelesen worden sein muss. Sogar als Präsident Grant drauf kam, dass ich der Flashman von Tom Brown war, sah er nur konfus drein und ließ sich noch einen Drink geben.

Tatsache ist, dass ein paar Wahrheiten mehr oder wenige keine Rolle spielen. Ich war siebzig Jahre lang ein bewunderter Held, der Hektor von Afghanistan, der Kerl, der die Light Brigade angeführt hatte, draufgängerischer Überlebender unzähliger Schlachtfelder, von Königin und Land geehrt, mit V.C. und Medal of Honour ausgezeichnet – das Volk will einfach nicht wissen, dass ein solcher Paladin in seiner Kindheit ein Lump und Tyrann war, und wenn er es war, dann kümmert sie das nicht. Sie vergessen es, ohne zu ahnen, dass der Junge und der Mann eins sind, und dass ich all meinen Ruhm und alle Ehren durch Zufall, unter falschen Vorwänden, durch Feigheit, mit schmutzigen Methoden und blindem Glück verdient habe.

Nur ich weiß das. So ist mein glänzender Ruf sicher, so wie es die Öffentlichkeit will, Gott segne sie.

Es ist immer das Gleiche. Angenommen, ein kluger Gelehrter entdeckt ein Fünftes Evangelium, das außer Zweifel nachweisen könnte, dass unser Herr das Kreuz überlebt hat und ein Bandit oder Sklavenhändler wurde, oder sogar ein Politiker – denken Sie, das würde den christlichen Glauben auch nur ein kleines Bisschen stören? Natürlich nicht; wahrscheinlich würden sie es nicht einmal abstreiten, sondern einfach ignorieren. Verflucht, ich habe den Beweis gesehen, in Schwarz auf Weiß in unseren geheimen Akten, dass Benjamin Franklin während der amerikanischen Revolution ein britischer Spion war und die Patrioten auf Teufel komm raus verkauft und verraten hat – aber würde das ein Yankee glauben, wenn es veröffentlicht würde? Nie, denn das ist nicht das, was sie glauben wollen.[11] Ich erreichte Kalkutta, um festzustellen, dass ich von allen gefeiert wurde – und nach dem Aufstand gab es keinen Mangel an Helden, welche man verehren konnte, da können Sie sicher sein. Aber kein anderer hatte das V.C. und einen Ritterschlag (denn das hatte sich herumgesprochen, dank Billy Russel, wie ich vermute) oder war sechs Fuß zwei Zoll groß, mit schwarzen Koteletten und dem unwiderstehlichen Handsome-Harry-Stil. Ich hatte in der Vergangenheit genug Ruhm geerntet, natürlich, und ich wusste, wie man das anging: bescheiden und männlich, nicht zu großmäulig und mit einer Prise Ironie.

Ich hatte angenommen, ich ginge einfach an Bord und ab nach Merry Old England, aber ich lag falsch. P. & O.[12] hatten auf Monate keine Kajüte frei, da die Urlaubssaison begonnen hatte und jeder Zivilist in Indien nach Hause wollte, ganz zu schweigen von zehntausend Soldaten, die verschifft werden sollten. Die Company musste endlich ihre Fahne einholen und Indien kam unter die Herrschaft der Krone,[13] alles war auf den Kopf gestellt, und sogar Helden mussten auf eine Überfahrt nach Suez und die direkte Schiffsverbindung warten – ein Schiff zum Kap konnte man sofort bekommen, aber das war ein verdammt großer Umweg. Also lungerte ich im Büro von P. & O. herum, betatschte das Gesäß einer hübschen Bengali, welche für den Büroleiter Briefe schrieb und ihre zarten Hände auf seinen Boardinglisten hatte, verführte sie mit teuren Schmuckstücken und besiegelte den Handel mit einem Ritt auf seinem Schreibtisch, während er beim Lunch war („Oh, Sirrah, Sie sind eine schreckliche Mann!“). Und schau an, Flashys Name stand plötzlich auf der Liste eines Schiffs, das in zwei Wochen segeln würde.

Ich stank nach Geld, nachdem ich meine Beute aus Lucknow verkauft und den Erlös auf die Bank getragen hatte, aber im Auckland gab es einfach kein Zimmer. Outram wollte mich unbedingt überreden, doch bei ihm zu wohnen, nichts war zu gut für den Mann, der seine Botschaften durch die Linien der Pandies zu Campbell geschmuggelt hatte. Aber das wollte ich nicht; nur die Unternehmungslustigen waren in „Cal“ in diesen Tagen nach zehn Uhr abends noch wach, und ich vermutete, dass chez Outram Gebete um neun und Gewehrfeuer und eine kalte Dusche um sechs geben würde, und ich hatte keine Lust, mich im Dunkeln davonschleichen zu müssen, um ein bisschen lasterhafte Unterhaltung zu finden. Ich tat bescheiden, sagte, dass ich wusste, dass sein Haus voll wäre von Armeeangehörigen und Ehefrauen, und ich lieber aus dem Weg bliebe, Sir, und er sah anerkennend drein und klopfte mir auf die Schulter, sagte, ich verstehe das, mein Junge, aber ich würde doch zumindest zum Dinner bleiben?

Ich schlug mein Lager bei Spence's auf, eine Art „möblierte Appartements“-Haus mit einem Hausmeister, aber ohne Diener, welche auch nur die Zimmer geputzt hätten, also musste man entweder einen eigenen Bediensteten haben oder wie ein Schwein leben. Es genügte mir aber und ich konnte am Abend im Auckland herumhängen und sehen, was sich so bot.

Zwei Jahre war ich schon ohne Elspeth, wissen Sie, und während ich nicht gerade wie ein Mönch gelebt hatte, mit Lakshmi und verschiedenen anderen dunklen Huris hier und dort und nur die dralle Mrs. Leslie in Meerut zur Abwechslung, juckte es mich nach etwas Englischem, bevorzugt blond und hellhäutig und nicht nach Moschus und Knoblauch stinkend. Also wusste ich in dem Moment, als ich Lady Plunkett auf der Veranda des Auckland sah (denn ihr Mann hatte einen Adelstitel), dass ich goldrichtig lag – bei ihrer Haarfarbe und der dazu passenden blassen Haut. Neben Elspeth würde sie Ihnen nicht auffallen, mit ihrem Puddinggesicht und dem großen Mund, dessen Mundwinkel vor Langeweile herab hingen. Als ich erst einmal ihren Blick auf mich gezogen hatte, war alles klar. Glauben Sie es oder nicht, als sie an mir vorbei aus dem Speisesaal segelte, ließ sie sogar ihr Taschentuch in meinen Schoß fallen (etwas, von dem ich geglaubt habe, dass es nur in komischen Stücken auf der Bühne vorkommt). Also sagte ich einem Kellner, er solle hinter Memsahib herlaufen, überzeugte mich davon, dass ihr Mann etwas für seine Gicht tat und mit anderen alten Knackern Port trank und schlenderte in ihre Räume im ersten Stock hinauf.

Um es kurz zu machen, wir verstanden uns prächtig, und ich hatte ihr Kleid über ihre Hüften gestreift und war dabei, sie aufzuwärmen, als sich hinter meinem Rücken die Tür öffnete und ihr eifriges Stöhnen sich in ängstliches Wimmern verwandelte. Ich warf einen Blick hinter mich und sah ihren Herrn und Meister, der erst Stunden später hätte herauf kommen sollen, über die Schwelle taumeln, offenbar kurz vor einem Schlaganfall.

Nun, in so einer Lage war ich ja schon ein paar Mal gewesen, aber selten in so glücklichen Umständen, da ich noch voll bekleidet war, wir beide standen und sie war halb verborgen vor seinem Stachelbeeren-Blick. Ich ließ hastig ihre Titten los und starrte ihn an.

„Was zum Teufel soll dieses Eindringen heißen, Sir?“, schrie ich. „Hinfort, in diesem Augenblick!“ Und zu meiner gelähmten Schönheit sagte ich: „Nur eine leichte Verstimmung, Ma'am, glücklicher Weise, nichts, worüber Ihr besorgt sein müsstet. Bitte kleidet Euch wieder an. Ich werde Euch die Medizin sofort schicken lassen … Sir, habt Ihr mich nicht gehört? Wie könnt Ihr es wagen, meine Untersuchung zu stören? Auf mein Wort, Sir, Ihr habt kein Feingefühl – hinaus, sage ich, sofort!“

Vor Empörung purpurrot, konnte er nur noch nach Luft schnappen, während ich die Dame hinter einen Wandschirm schob. „Das ist meine Frau!“, brüllte er.

„Dann solltet Ihr Euch besser um sie kümmern“, sagte ich, zog einen Wäscherei-Empfangsschein aus der Tasche und kritzelte darauf professionell herum. „Glücklicher Weise ist mein Zimmer in unmittelbarer Nähe und als ich gerufen wurde, litt Eure Frau an akutem Herzklopfen. Nicht ungewöhnlich – stickige Stadtluft – nichts Ernstes, aber unangenehm genug … hm, drei Körner sollte es tun, denke ich … Hatte sie diese Anfälle schon früher?“

„Ich … ich weiß es nicht!“, rief er zitternd. „Was? Was? Maud, was bedeutet das? Wer – warum – seid Ihr Arzt, Sir?“

„MacNab, Feldarzt, 92er“, sagte ich zackig, ignorierte das Gejammer hinter dem Wandschirm und seine würgenden Geräusche. „Vollständige Ruhe für ein oder zwei Tage, versteht Ihr; keine übermäßige Anstrengung. Ich werde dieses Rezept sofort dem Apotheker schicken lassen.“ Ich steckte meinen Zettel ein und schnupperte, mit strengem Blick. „Port, Sir? Nun, es geht mich nichts an, wenn Ihr Euch damit unter die Erde bringt, aber ich würde sagen, ein Kranker in der Familie ist genug, oder?“ Ich wandte mich an den Schirm. „Ins Bett, Ma'am, sofort. Zwei Teelöffel voll, wenn der Boy die Medizin bringt, denkt bitte daran. Ich werde morgen nach Euch sehen und bin sicher, es wird Euch dann schon viel besser gehen. Gute Nacht – Euch ebenso, Sir.“

Lassen Sie sie niemals zu Wort kommen. Ich war draußen und die Treppe hinunter, bevor er es merkte, und dachte mir ganz tugendhaft, dass ich gerade durch schnelles Denken wieder eine Ehe gerettet hatte, wenn er ihr glaubte, was ich nicht täte. Aber Augenblick … auch wenn er es tat, würde er bald genug herausfinden, dass es keinen Dr. MacNab beim 92. gab und nach dem Blut des hochgewachsenen Kerls mit dem schwarzen Bart lechzen. Überschaubar wie die Gesellschaft in Kalkutta war, würde er mich sicher bald finden und dann würde es einen Skandal geben, der meine frisch erworbenen Lorbeeren verwelken lassen würde. Mein Gott, wenn Plunkett laut genug brüllte, konnte er sogar die Ohren der Königin erreichen und wo bliebe dann mein versprochener Ritterschlag? Aber wenn ich gleich unerkannt verschwinden könnte, nun, man kann keinen Mann identifizieren, der nicht da ist.

Ganz plötzlich schien Westward Ho! das Richtige zu sein – und ein möglicher Skandal war nicht der einzige Grund.

Einige dieser Alten mit ihren jungen, leichtlebigen Gefährtinnen können teuflische Bastarde sein, wie der alte Grobian, der seine Schläger auf mich gehetzt hatte, weil ich in der Cricket-Saison 45 Letty Lade bestieg, und er war noch nicht einmal mit ihr verheiratet.

Also finden Sie Flashy an einem nebligen Morgen auf den Howrah Docks, mit seinem Zeug auf einem Handkarren, wo er den Preis für eine Fahrt zum Kap mit einem Geizkragen aus dem Nahen Osten verhandelt. Der Kerl, komplett mit Zylinder, der eigentlich der Käpt'n der Jolly Roger[14] hätte sein müssen, bei dem Preis, den er verlangte, um mich mit zum Tafelberg zu nehmen. Aber er segelte an diesem Tag und da seine Ladung aus Tee für New York bestand, würde er schnell segeln, so stapfte ich einigermaßen zufrieden an Bord. Ich hatte der kleinen Bengali schließlich für die Kabine, welche sie arrangiert hatte, noch kein Geld gegeben und um die paar Schmuckstücke tat es mir nicht leid. Ich bedauerte nur, dass ich Lady Plunkett nicht wirklich bestiegen hatte – hoffentlich hat er ihr geglaubt.

*

Die Fahrt zum Kap dauerte ungefähr einen Monat, die meiste Zeit mit der Heckreling unter Wasser, aber nicht so schlimm, bis wir uns Algoa Bay näherten, wo es anfing zu blasen, dass Magellan seekrank geworden wäre. Ich habe noch nie so viel grünes Wasser gesehen; noch weniger Grund zum Jubeln war der Anblick eines großen Dampferwracks auf einem Riff vor Port Elizabeth.[15] Ich war ein glücklicher Mann, als wir das Kap umrundet hatten und sich uns der großartige Anblick bot, der eines der Wunder der Meere ist. Die große Bucht lag glitzernd im Sonnenlicht, mit einem Dutzend oder mehr Windjammern und Küstenschiffen und ein paar Dampfern vor Anker und hinter ihnen das „Tafeltuch“: Wolken, welche die Flanke des Tafelbergs bis zum Signal Hill hinabrollten. Kanonenschüsse donnerten von der Festung und grüßten ein Kriegsschiff, das gerade ablegte, die Menge am Green Point in Kapstadt winkte mit ihren Hüten und Schals.

Einmal an Land, buchte ich einen Platz auf dem Union Postschiff, das nächste Woche segeln würde, nahm ein Zimmer im Masonic Lodge und sah mir die Stadt an. Es war viel los; wegen des Goldrausches in Australien vor ein paar Jahren und dem Aufstand florierte der Hafen, aber die Stadt selbst war ein verdammt holländisch aussehender Ort mit ihren gepflasterten Wegen und mit Stuck verzierten Häusern, von denen die meisten inzwischen abgerissen wurden, wie ich glaube, und dem großen Glockenturm, der aussieht, als sollte er eigentlich einen Bart tragen wie Ohm Paul. Früher war es ein wilder Ort gewesen, die „Kneipe der See“, aber jetzt war er seriös und langweilig. Ausgelassenheit war zu haben in Grahamstown, weit entfernt die Küste hoch, wo die vernünftigeren Briten lebten und die Armee im Quartier lag, was von ihr noch da war, denn der Gouverneur, George Grey, hatte wegen des Aufstands in Indien die Kap-Kolonie der Männer, Waffen und Vorräte beraubt. Die alten Afrikakenner mit ihren Pfeifen im Hotel waren voller Vorahnungen und sauer, mit dem völlig entblößten Land, wie es einer nannte, und dem üblichen Ärger, der sich im Norden zusammenbraute.

„Wir werden die Kaffer nur allzu bald wieder an unseren Kehlen haben, ganz bestimmt“, sagte ein Pessimist. „Wisst Ihr, Colonel, wie viele Kriege die mit uns angefangen haben, wegen der verdammten Missionare? Acht? Oder sind es neun? Gut für den, der es sich merken kann. Und reden wir nicht über die Holländer, aber die haben auch alle Hände voll zu tun, wie es heißt, und es geschieht den geizigen Bettlern recht! Die werden schon bald nach den Rotröcken heulen, glaubt mir!“

„Noch nie hat ein Bure[16] einen Briten um Hilfe gebeten!“, spottete ein anderer. „Müssen sie auch nicht – sie werden die Basutos genauso in die Pfanne hauen wie John Zulu, wenn Moshesh[17] sich nicht benehmen kann.“

„Man weiß nie“, lachte ein dritter, „vielleicht sind die lieben Basutos auch anständig und hungern sich zu Tode, was?“

„Nicht Moshesh – das ist ein Bantu, der viel zu klug ist, was wir auf unsere Kosten bald herausfinden werden.“

„Oh, Grey wird sich schon um ihn kümmern, keine Angst – und um die Buren, wenn London ihn nur lässt. Irgendetwas über seine Abreise?“

„Darauf kann man wetten – wenn ihn nicht das Colonial Office abberuft, dann schickt ihn der Arzt nach Hause; ich mag seine Gesichtsfarbe nicht, der Mann ist fertig.“

„Na ja, von mir aus kann er gehen. Wir haben die Burenbrüder schon vor Jahren fortgescheucht – warum sollten wir sie zurück haben wollen?“

Dies sind nur Fetzen von Gesprächen, an die ich mich erinnere, und kein Zweifel, für Sie sind sie genauso spanisch wie sie für mich waren, aber weil ich ein neugieriger Mensch bin, hörte ich zu und lernte ein bisschen etwas, denn diese Kerle, zumeist englische Zivilisten und Kaufleute, ein Cape Rifleman oder zwei, und ein paar Händler-Jäger von der Grenze, kannten ihr Land, das für mich ein verschlossenes Buch war. Ich kannte es nur von meinem kurzen Besuch an der Sklavenküste, und das war schon vor Jahren gewesen und eine Welt entfernt vom Kap. Um die Wahrheit zu sagen, Afrika war nie meine Sache. Ich war Soldat im Veldt[18] und in der Wüste und habe mehr Dschungel gesehen, als ich je wollte, aber wie unsere Staatsmänner dachte ich immer, dass Afrika ein verdammtes Ärgernis ist. Vielleicht hat Dahomey mich gegen den Afrikavirus immun gemacht, der so viele erwischt hat, zu ihrem Schaden, denn er erzeugt große Träume, die sehr oft zu Albträumen werden.

Diese war gerade schwer im Umlauf und hatten nicht zuletzt Grey erwischt, den Gouverneur, und da er in meiner Geschichte eine kleine, aber wichtige Rolle spielt, muss ich Ihnen etwas über ihn erzählen. Das kann ich aber nicht, ohne Ihnen zuvor von Südafrika zu berichten, so kurz als möglich. Das wird Ihnen diesen Ort nicht verständlich machen (Gott selbst könnte das nicht), aber es könnte Sie darüber nachdenken lassen, ob wir nicht zwei verdammt dreckige und teure Kriege hätten vermeiden können (und wer weiß, welche Hölle da noch in der Zukunft wartet?), wenn nur diese Idioten im Reform Club nicht gedacht hätten, sie wüssten es besser als die Leute vor Ort.

Sie müssen verstehen, dass Afrika '59 der letzte große Preis und das letzte Mysterium war, ein nicht kartiertes Hinterland, doppelt so groß wie Europa, in dem alles möglich war: verlorene Zivilisationen, versteckte Städte, seltsame weiße Stämme – damals waren sie kein Witz. Die echte Erforschung des dunklen Herzens des Kontinents hatte gerade begonnen; Livingstone hatte auf und ab und rauf und runter seine Spuren hinterlassen, weiter im Norden machte Dick Burton einen Esel aus sich, weil er die Quelle des Nils nicht fand, aber der breite stetige Zustrom fand im Süden statt, wo wir uns festgesetzt hatten. Die holländischen Siedler, die nicht viel für uns übrig hatten, zogen nach Norden, um ihre eigenen Burenrepubliken in Ländern zu gründen, wo sie auf Horden von ausdauernden schwarzen Gentlemen trafen, die in die andere Richtung unterwegs waren. Sie kämpften gegen Zulus und Basutos (und gegeneinander), während wir im Osten gegen die Kaffern kämpften, und alles war verdammt durcheinander, in der Hauptsache, weil unsere Herrscher zu Hause sich nicht entscheiden konnten. Sie eigneten sich Territorien an und gaben sie wieder frei, in einer Minute bedrängten sie die Buren und in der nächsten erkannten sie ihre Unabhängigkeit an. Sie wollten sich zwischen Weißen und Schwarzen durchsetzen und jammerten über die Kosten, und dann schickten sie Grey, der den ersten Hauch von Vernunft brachte, und, wenn Sie mich fragen, den letzten.

Seine große Gabe war, so wurde mir gesagt, dass er mit Wilden großartig auskam, sogar mit Buren. Er war Soldat gewesen, erforschte Australien, regierte dort und in Neuseeland, und sah sofort, dass die einzige Hoffnung Südafrikas war, Briten und Buren zu vereinen und die Schwarzen innerhalb unserer Grenzen zu zivilisieren. Er hatte mit Schulen und Krankenhäusern begonnen und ließ verschiedene Handwerkstechniken unterrichten. Dabei bekam er Hilfe von einem jener irren Ereignisse, wie sie bei primitiven Völkern passieren: '57 hatte ein unruhiger kriegerischer Stamm, die Xhosa, die Idee, wenn sie alle ihre Ernten und all ihr Vieh vernichteten, würden ihnen die Götter reiche Ernten schicken und noch fettere Herden und alle weißen Männer in Afrika würden sich selbst ertränken. So hungerten sich die armen Irren zu Tode, was mehr Land für weiße Siedler bedeutete, und die überlebenden Xhosa waren reif dafür, zivilisiert zu werden.[19] Inzwischen verwendete Grey seine Überredungskünste, um die Buren zurück unter den Union Jack zu holen. Und weil unsere holländischen Freunde den Stachel der Unabhängigkeit zu spüren begannen, dort oben isoliert, ohne Zugang zum Meer, erschöpft von ihren internen Kämpfen und in einen andauernden Krieg gegen die Basutos verstrickt (deren listiger Häuptling, Moshesh, den Selbstmord der Xhosa für seine eigenen Zwecke ausgenutzt hatte), waren sie nur allzu bereit, in Britanniens Schoß zurückzukehren.

Das war der Stoff, aus dem Greys Traum bestand, was meine Mit-Gäste im Hotel besprachen – ein vereintes Südafrika mit Briten, Buren und Schwarzen. Die meisten meiner Informanten waren dafür, aber ein oder zwei blieben unversöhnlich gegen die Buren, was einen grauhaarigen alten Jäger aller Geduld beraubte.

„Ich mag die Holländer genauso wenig wie Ihr“, sagte er, „aber wenn die Weißen nicht zusammenstehen, werden sie getrennt fallen. Außerdem, wenn wir über die Buren keine Kontrolle bekommen, werden sie mit ihrem Glauben weitermachen, dass nur ein toter Bantu ein guter Bantu ist oder ein Sklave, und wir wissen, wohin das führt – blutiger Streit, bis in alle Ewigkeit.“

„Und was glaubt Grey?“, fragte ein fetter Zivilist. „Bring er ihnen das Pflügen und das Gebet des Herrn bei und lässt sie Hosen tragen? Versucht das mal mit den Matabele! Oder den Zulu oder den Massai.“

„Ihr habt noch nie einen Massai gesehen!“, schnappte der Alte.

„Ist doch egal. Ich rede darüber, die Bantu innerhalb unserer eigenen Grenzen anzusiedeln –“

„Wir hätten ihnen nie das Stimmrecht geben sollen“, sagte ein Cape Rifleman. „Was passiert, wenn sie uns zahlenmäßig überlegen sein werden, könnt Ihr mir das sagen?“ Das öffnete mir wirklich die Augen, kann ich Ihnen sagen, aber es ist wahr – jeder Kerl, der auf Kap-Erde geboren worden war, hatte damals das Stimmrecht, unabhängig von der Farbe seiner Haut; mehr als in Old England möglich war.[20] „Oh, dann haben alle Zulu und Mashona schon enge Krägen und sprechen über politische Ökonomie“, höhnte der fette Kerl. Er stieß mit seiner Pfeife nach dem Jäger. „Ihr wisst, das ist Humbug! Sie sind nicht wie wir, sie mögen uns nicht, und sie werden es uns heimzahlen, wenn sie können. Verflucht noch einmal, Ihr wart am Blood River, nicht wahr? Na, dann!“

„Ja, und ich unterstütze Grey, weil ich nicht noch ein Blood River will!“, rief der Jäger. „Und das werdet Ihr bekommen, mein Junge, wenn wir die Buren nicht innerhalb unseres eigenen Lagers zügeln können! Und die Stämme … seht, ich glaube nicht, dass wir einen Massai Elmoran jetzt zivilisieren können … aber sie sind weit weg. Mit der Zeit und friedlicher Überzeugungsarbeit, wenn wir zu ihnen kommen, – oh, von mir aus unterstützt von ein paar Sechspfündern – können die Dinge mit gutem Willen beigelegt werden. Also denke ich, Greys Weg ist einen Versuch wert. Es ist das, oder kämpfen bis zum Tod – und es gibt verdammt viele schwarze Männer in Afrika.“

Es gab zustimmendes Murren, aber meine Sympathien lagen bei dem fetten Kerl. Ich traue aufgeklärten Prokonsuln nicht, hatte nichts Gutes von den Buren gehört und frisch aus Indien, wie ich kam, war der Gedanke von Niggern mit Stimmrecht zu viel für mich. Ich kann auch nicht behaupten, dass sich meine Ansichten geändert haben, aber wenn ich auf die blutigen Wirren im südlichen Afrika zu meinen Lebzeiten zurückschaue, wo sich die Buren und die Briten mehr in den Haaren liegen als je zuvor und die Schwarzen uns beide hassen, und ihre kostbare Union fünfzig Jahre zu spät gekommen ist, dann denke ich, dass der alte Jäger Recht hatte: Greys Plan war einen Versuch wert; Gott weiß, er hätte die Dinge nicht noch schlimmer machen können.

Aber natürlich gab es nie einen Versuch, weil die Regierung in der Heimat Anfälle bekam bei dem Gedanken, ein weiteres riesiges Gebiet dem Reich hinzuzufügen – sie dachte, es sei schon zu groß. Seltsam, nicht wahr, dass die Welt heute zu einem Fünftel britisch ist, wenn in den 50er Jahren unsere Staatsmänner absolut gegen weitere Expansion waren – Palmerston, Derby, Carnarvon, Gladstone, ja sogar D'Israeli, der Südafrika einen Mühlstein nannte.

Während ich am Kap war, war der Ball jedoch noch in der Luft; sie hatten Greys Plan einer Union noch nicht im Keim erstickt und ihn noch nicht abberufen, und er kämpfte mit Zähnen und Klauen darum, sich durchzusetzen. Weshalb ich, glauben Sie es oder auch nicht, mich einige Tage später eingeladen fand, um mit seiner Exzellenz zu speisen. Und das ist der erste Zufall, der mich auf den Weg nach Harpers Ferry führte.