Flieger für Frankreich - James R. McConnell - E-Book

Flieger für Frankreich E-Book

James R. McConnell

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Beschreibung

Mit "Flieger für Frankreich" erzählt der amerikanische Pilot James Rogers McConnell von seiner kurzen Karriere als Kampfflieger in der berühmten Escadrille Lafayette im Ersten Weltkrieg. McConnell erzählt vom Leben als Pilot einer französischen Einheit hinter der Front, vom Fliegen, den dramatischen Einsätzen über der Front bei Verdun, von den heiteren Erlebnissen mit dem Maskottchen der Escadrille Lafayette und wie Frankreich seine Piloten im Jahr 1916 zu Kampffliegern ausbildete. Mit diesem Erlebnisbericht bietet McConnell einen spannenden Einblick in die frühe Militärfliegerei aufseiten Frankreichs während des Ersten Weltkriegs.

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Seitenzahl: 148

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Ich muss offen zugeben, dass ich ein Gefühl von deutlicher Befriedigung fühlte, diesen Dienstgrad [Sergeant] in der besten Armee der Welt innezuhalten.

Für

Mrs. Alice S. Weeks

Die einen großartigen Sohn in der französischen Armee verloren hat und die einer großen Anzahl von uns Amerikanern im Krieg die liebevolle Sympathie und die Hilfe einer Mutter gab.

Einleitung

An einem Tag im Januar 1915 sah ich Jim McConnell vor dem Gerichtsgebäude in Carthage, North Carolina. »Also«, sagte er, »es ist alles arrangiert und ich gehe am Mittwoch.« »Wohin?«, fragte ich. »Ich habe einen Job als Krankenwagenfahrer in Frankreich«, war seine Antwort.

Und dann begann er mir davon zu erzählen, zuerst, so wie er es sah, befand sich das großartigste Ereignis der Geschichte in greifbarer Nähe und dass er die einmalige Gelegenheit verpassen könnte, wenn er es nicht sähe. »Diese Sandhügel«, sagte er, »werden für immer sein, aber der Krieg nicht; und deshalb gehe ich.« Dann fügte er als Nachsatz hinzu: »Und ich werde auch dabei helfen, nicht nur als Zuseher dabei zusehen; das wäre nicht fair.«

Also ging er. Er trat dem amerikanischen Sanitätsdienst in den Vogesen bei, wurde mehrmals in den Tagesbefehlen wegen seiner auffälligen Tapferkeit beim Retten von Verwundeten unter Feuer genannt und erhielt hierfür das begehrte Croix de Guerre.[1]

Derweilen schrieb er interessante Briefe nach Hause. Auch sein Blickwinkel änderte sich, ebenso wie sich die Blickwinkel der Amerikaner ändern, die Europa besuchen. Neben seinem Abenteuergeist, Aufregendes zu erleben, zeigten seine Briefe auch den neuen Glauben, dass wer nach Frankreich geht und nicht in der Lage und willig ist, mehr als seinen Teil zu erledigen – alles zu geben, um den Verwundeten und Leidenden zu helfen –, dort nichts zu suchen hat.

Als die Zeit verstrich, schlich sich noch ein neuer Unterton in seine Briefe; die erste Bewunderung für Frankreich wuchs und wurde fast von einem neuen Gefühl verdrängt – einer tiefgreifenden Überzeugung, dass Frankreich und die Franzosen den Kampf für Freiheit und gegen enorme Schwierigkeiten kämpften. Der neue Geist Frankreichs – der Geist der »Marseillaise«, gestärkt durch eine unerbittliche Entschlossenheit und absolute Gewissheit, im Recht zu sein – durchdringt jede Zeile, die er schreibt. Also gab er den Sanitätsdienst auf und trat, zusammen mit einer wachsenden Anzahl von anderen Amerikanern, in die Luftstreitkräfte Frankreichs ein.

Der Geist, der sie durchdringt, ist stärker als der Geist des Abenteuers, der so viele in den Krieg zieht, es ist der Geist eines Mannes, der seine inspirierende Pflicht gegenüber der Förderung der Freiheit und Menschlichkeit gefunden hat und froh und stolz ist, dazu beitragen zu können, was in seinen Möglichkeiten steht.

Seine letzten Briefe bringen einen Punkt zum Vorschein – die Sicherheit eines Sieges einer aufrichtigen Sache. »In letzter Zeit«, schreibt er, »habe ich ein viel besseres Gefühl und es liegt eine Euphorie in der Luft. Zuvor war der Sieg eine theoretische Gewissheit; nun kann man ihn fühlen.«

F. C. P.

10. November 1916

Kapitel I

VERDUN

Unter dem Zelttuch eines großen Hangars arbeiten Mechaniker an dem Motor eines Flugzeugs. Draußen, an den Ecken des Flugfelds, lungern andere herum und warten, dass ihre fliegenden Aufgaben aus dem Himmel zurückkehren. In der Nähe des Hangars steht ein Zelt in Form einer Hütte. Davor sind mehrere Flugzeuge mit kurzen Flügeln in einer Reihe aufgestellt; drinnen räkeln sich drei oder vier junge Männer auf geflochtenen Stühlen.

Sie tragen die Uniform der französischen Armeeflieger. Diese Uniformen und die düster aussehenden Maschinenkanonen, die auf den oberen Flügeln der kleinen Flugzeuge angebracht sind, sind die einzigen kriegsähnlichen Zeichen in dieser friedlichen Szene. Der Krieg wirkt weit entfernt. Es ist schwer zu glauben, dass die größte Schlacht aller Zeiten – Verdun – gerade einmal fünfundzwanzig Meilen entfernt im Norden wütet und dass das Feld und die Hangars und die Mechaniker und die Flieger und die Flugzeuge alle eine Rolle darin spielen.

Plötzlich ist das entfernte Summen eines Motors zu hören. Einer der Piloten tritt aus dem Zelt heraus und starrt in den blauen Himmel. Er zeigt mit dem Finger und ich erkenne einen kleinen schwarzen Fleck, hoch droben im blauen Himmel. Der Motor verstummt und der Fleck wird größer. Er bewegt sich in starkem Sturzflug und kreisend auf den Boden zu und als er näher heranschießt, nimmt er die Form eines Flugzeugs an. Nun kann ich die roten, weißen und blauen Kreise unter den Flügeln ausmachen, die es als französisches Kampfflugzeug markieren, und das unverwechselbare Abzeichen des Piloten an den Seiten.

»Ton patron arrive!«, schreit ein Mechaniker einem anderen zu. »Dein Boss kommt!«

Die Maschine taucht scharf über das Zeltdach des Hangars hinweg, legt sich nahe der Erde gerade und saust mit einer schwindeligen Geschwindigkeit nur wenige Meter über dem Boden, verliert in einer überraschend kurzen Zeit viel Schwung und berührt den Boden mit dem Schwanz und den Rädern. Sie hüpft ein paar Meter am Boden entlang, der Motor surrt nun wieder, sie dreht sich, rollt zum Hangar und stoppt. Eine menschliche Form, verhüllt mit einem speziellen Anzug, der für viele einem Tauchanzug gleicht und außerdem mit einer Brille und einer Ledermütze verziert ist, erhebt sich wackelig im Cockpit, klettert unbeholfen über Bord und rutscht herunter auf den festen Boden.

Eine Gruppe von Soldaten, die gerade einen Kurzurlaub, fernab von den Schützengräben, in einer Unterkunft nahe dem Flugfeld genießen, kommen herbei und erkundigen sich schüchtern über das Flugzeug, während sie mit offenen Mündern lauschen, was der Pilot zu sagen hat.

»Hölle!«, murmelt der Gentleman, als er damit beginnt, sich aus seinem Fliegergewand zu schälen.

»Was ist nun verkehrt?«, fragt einer der Bewohner des Zelts.

»Alles, oder ich werde verrückt«, ist die ärgerliche Antwort, während er ein Bein aus seinem Teddybärenhosenbein zieht. »Warum, ich habe ein komplettes Magazin auf einen Boche in direkter Entfernung von nicht mal fünfzehn Metern leergeschossen. Sein Maschinengewehr hörte auf zu feuern, sein Propeller drehte sich nicht mehr und trotzdem hing der Blödmann dort oben, als wäre er an eine Wolke angebunden. Sag mal, ich war mir so sicher, ich hätte ihn, dass es mich zornig machte – ich fühlte mich, als würde ich in ihn hineinfliegen und schreien: ›Jetzt fall schon runter, du Penner!‹«

Die Augen der Poilus[2] lassen Überraschung erkennen. Nicht ein Wort dieses Dialogs, gesprochen in feinstem Amerikanisch, ist für sie verständlich. Warum spricht ein Flieger in einer französischen Uniform eine fremde Sprache, fragen sie sich gemeinsam. Endlich, einer von ihnen, ein kleiner Bursche in einer vom Schlamm an der Front ausgebleichten, ehemals himmelblauen Uniform, fragt flüsternd einen Mechaniker nach der Identität dieser merkwürdigen Fliegerpersonen.

»Aber sie sind Amerikaner, mein Alter«, erklärt ihm der spürbar herablassend.

Erneut erstaunt, verlangen die Infanteristen weitere Details. Sie erfahren, dass sie die Rückkehr eines Fliegers der amerikanischen Escadrille[3] – bestehend aus Amerikanern, die sich freiwillig gemeldet haben, für die Dauer des Kriegs für Frankreich zu fliegen – zu seiner Basis in der Nähe von Bar-le-Duc, fünfundzwanzig Meilen südlich von Verdun, erlebt haben, der von einem Flug über die Front bei der Meuse zurückkehrte. Sie haben diese Neuigkeiten kaum verdaut, da erscheinen weitere Flecken im Himmel und einer nach dem anderen verwandelt sich in ein Flugzeug, während sie herunterkommen. Letztendlich sind alle Sechs, die sich in der Luft befanden, wieder auf dem Boden und die amerikanische Escadrille kann sich weitere Einsätze auf die Fahne schreiben.

DAS PERSONAL DER ESCADRILLES

Wie alle anderen lohnenswerten Institutionen, bei der ich die Ehre habe Mitglied sein zu dürfen, wuchs die amerikanische Escadrille stetig. Als der Krieg begann, war es ausgeschlossen, dass sich jemand vorstellen konnte, dass Amerikaner den französischen Luftstreitkräften beitreten würden. Doch bereits im Herbst 1915, nicht einmal ein Jahr später, dienten sechs Amerikaner als ausgebildete Piloten, und jetzt, im Sommer 1916, führt die Liste bereits fünfzehn oder mehr, und eine doppelt so hohe Zahl trainiert in den militärischen Flugschulen, um eine Pilotenlizenz zu erhalten.

Der Pionier von allen war William Thaw aus Pittsburg, der als einziger der Amerikaner ein Offizierspatent der französischen Luftwaffe verliehen bekommen hat. Lieutenant Thaw, in Amerika vor dem Krieg bereits ein angesehener Pilot, trat im August 1914 der Fremdenlegion bei. Mit großer Mühe hatte er sich im Frühjahr 1915 zur Fliegerei versetzen lassen, und im Herbst desselben Jahres fand er sich bereits als Flieger eines Cauldron-Doppeldeckers wieder und leistete exzellente Aufklärungsarbeit. Zur selben Zeit befanden sich die Sergeants Norman Prince aus Boston und Elliot Cowdin aus New York – sie waren die Ersten, die aus Amerika kamen und direkt den Luftstreitkräften beitraten – an der Front und flogen Voisin-Flugzeuge mit Kanonen im Bug.

Sergeant Bert Hall, der aus dem Lone Star State[3] kommt und sich gleich nach Thaw von der Fremdenlegion zur Fliegerei versetzen hat lassen, flog eine Nieuport-Kampfmaschine und unterrichtete wenig später weniger erfahrene Flugschüler der Avord Training School. Sein Kumpel aus der Fremdenlegion, James Bach, der ebenfalls Flieger wurde, hatte den peinlichen Ruf, als erster Amerikaner, kurz nachdem er die Front erreicht hatte, in die Hände des Feindes zu fallen. Als er einem Kameraden, der eine Bruchlandung hingelegt hatte, um einen Spion in die deutschen Linien einzuschleusen, zu Hilfe kommen wollte, zertrümmerte er seine Maschine gegen einen Baum. Beide, er und sein französischer Kamerad, wurden gefangen genommen, und Bach wurde von den Deutschen zweimal vor das Militärgericht gestellt, wegen des Verdachts, er wäre ein amerikanischer Franc-tireur[4] – die Strafe hierfür ist der Tod! Er wurde zwar freigesprochen, aber natürlich schmachtet er in einem Gefangenenlager »irgendwo in Deutschland«. Der Sechste des ersten Sextets war Adjutant Didier Masson, der in den Staaten seine Flugkünste bei Flugschauen zur Schau stellte, bis er – da Carranzas Ambitionen in Mexiko wuchsen – seine Talente als Späher von Federales[5] für General Obregon einsetzte. Als der richtige Krieg ausbrach, hörte Masson auf sein französisches Blut und flog und kämpfte bald für das Land seiner Vorfahren.

Von den anderen Mitgliedern der Escadrille war Sergeant Givas Lufbery, ein amerikanischer Staatsbürger und Soldat, aber auch Weltbürger, einer der Ersten, die die französischen Pilotenschwingen trugen. Flugschauen mit einem französischen Piloten im fernen Osten hatten ihn effizient für seine Aufgabe vorbereitet, geduldig Sprengstoffe von einem langsam fliegenden Voisin, der sein erstes Flugzeug war, auf deutsche Militärzentren abzuladen. Auf den Fersen von Lufbery kamen zwei weitere Fremdenlegionäre – Kiffin Rockwell aus Asheville, North Carolina, der bei Carency verwundet wurde; Victor Chapman aus New York, der, nachdem er sich von seinen Verwundungen erholt hatte, Flugzeug-Bombenwerfer wurde und deshalb Gelüste entwickelte, selbst Pilot zu werden. Etwa zur selben Zeit kam Paul Pavelka, der in Madison, Connecticut, geboren wurde und der vom fünfzehnten Lebensjahr an die sieben Weltmeere befahren hatte. Er schaffte es, von der Fremdenlegion in die Fliegerei zu schlüpfen und zu den anderen Amerikanern in Pau dazuzustoßen.

Es geht scheinbar eine Faszination von der Fliegerei aus, vor allem, wenn diese mit dem Kämpfen gepaart ist. Vielleicht ist das so, weil das Spiel neu ist, aber wohl mehr, weil noch niemand die Regeln kennt. Was auch immer der Grund ist, immer mehr abenteuerlustige Amerikaner wurden davon angezogen. Viele von ihnen waren natürlich nur so weit interessiert, dass sie lediglich darüber sprachen, den Streitkräften beizutreten. Bei den Burschen, die beim amerikanischen Sanitätsdienst dienten, wurden viele Fantasien besprochen, und ein paar traten den Luftstreitkräften auch wirklich bei, als gegen Ende des Sommers 1915 das Kriegsministerium befand, dass die Amerikaner, die bereits dienten, gute Leistungen vollbracht hatten, und deshalb eher bereit war, Beitrittsanträge zu berücksichtigen.

Chouteau Johnson aus New York, Lawrence Rumsey aus Buffalo, Dudley Hill aus Peekskill, N. Y. und Clyde Balsley, aus El Paso ließen einer nach dem anderen die khakifarbene Krankenwagenfahreruniform für die himmelblaue Uniform der französischen Luftstreitkräfte hinter sich. Jeder von ihnen hatte bereits einiges an Action gesehen, Verwundungen unter Feuer erhalten, aber sie waren alle gelangweilt, weil sie nichtkämpfende Zuseher waren. Ich denke, dass mich mehr oder weniger dasselbe Gefühl antrieb, während ich im Januar 1915 von Carthage, North Carolina, bei Bois-le-Prêtre im amerikanischen Sanitätsdienst arbeitete. Die ganze Zeit war ich davon überzeugt, die Vereinigten Staaten sollten dem Kampf gegen Deutschland zu Hilfe kommen. Mit dieser Überzeugung war mir klar, dass ich mehr machen musste, als einen Krankenwagen zu fahren. Je mehr ich die prächtigen kämpfenden Franzosen sah, desto mehr hatte ich das Gefühl, ein Embusqué zu sein – die Briten nennen das einen »Drückeberger«. Also entschied ich, zur Fliegerei zu gehen.

Für die Annahme von Anträgen der Amerikaner wurde ein spezielles Programm geschaffen, und mein eigener Antrag wurde innerhalb von wenigen Tagen beantwortet. Es dauerte vier weitere Tage, bis der Antrag sämtliche Abteilungen durchlaufen hatte, ich hatte mit meinem Namen inzwischen auf ein paar Hundert Papieren unterschrieben und wurde einer ärztlichen Untersuchung durchzogen. Dann wurde ich zum Lager der Luftstreitkräfte nach Dijon geschickt und mit einer Uniform und persönlicher Ausrüstung ausgestattet. Der nächste Halt war die Schule in Pau, wo mir das Fliegen beigebracht wurde. Meine Euphorie bei der Ankunft war nur ein wenig geringer als mein Stolz, ein französischer Soldat zu sein. Ich dachte mir, es sei ein gewaltiger Fortschritt für den amerikanischen Krankenwagenfahrer.

Gespräche über eine rein amerikanische Flugeinheit, oder Escadrille, waren weitverbreitet, als ich in Pau war. Mit den Piloten, die bereits ehrenhalber zum Offizier befördert worden waren, und den Élèves bzw. Schülern der Flugschule gab es mehr als genug Landsleute, um das Dutzend Flugzeuge einer einzelnen Escadrille zu bemannen. Jeden Tag wusste jemand »ganz genau Bescheid«, dass wir eine Fronteinheit werden würden, und jeden anderen Tag kam heraus, dass dieser Bericht doch nicht wahr war. Wir erfuhren, dass ein Captain als Kommandant das Kommando über eine amerikanische Escadrille zugeteilt bekommen hatte und dass die Amerikaner an der Front zurückgerufen worden waren und unter sein Kommando gestellt worden waren. Wenig später erlebten wir Élèves eine herrliche Spannung.

DREI TYPEN DER FRANZÖSISCHEN LUFTSTREITKRÄFTE

Thaw, Prince, Cowdin und die anderen Veteranen trainierten auf der Nieuport! Das bedeutete, dass die amerikanische Escadrille die Nieuport fliegen würde – den besten Typ der avions de chasse – und deshalb eine Kampfeinheit wäre. Es ist nun nötig, beiläufig zu erklären, dass die französische Militärfliegerei, einfach gesagt, in drei Gruppen unterteilt ist – die avions de chasse oder Jagdflieger, die genutzt werden, um feindliche Flugzeuge zu jagen und abzuschießen oder sie abzuwehren; avions de bombardement, große, schwerfällige Monster, die für Bombenangriffe genutzt werden; und avions de réglage, schwerfällige Kreaturen, entwickelt, um Artilleriefeuer zu leiten, Fotografien zu machen und für Aufklärungsdienste. Die Nieuport ist das kleinste, am schnellsten steigende und schnellste Flugzeug im französischen Service. Es fliegt mit 110 Meilen pro Stunde und ist ein einsitziger Apparat mit einer nach vorne gerichteten Maschinenkanone auf dem Dach, die vom Piloten mit einer Hand abgefeuert wird, während er mit der anderen Hand und seinen Füßen das Flugzeug bedient. Die Franzosen nennen ihre Nieuport-Piloten »Asse« der Luft. Kein Wunder, dass wir uns wahnsinnig freuten, in diese erhabene Bruderschaft aufgenommen zu werden!

Bevor die amerikanische Escadrille zu einer verbürgten Tatsache wurde, hatten es Thaw und Cowdin, die die Nieuport inzwischen beherrschten, geschafft, zur Front nach Verdun geschickt zu werden. Während Cowdin dort war, wurde ihm der Abschuss einer deutschen Maschine angerechnet und er wurde für die Médaille militaire[6] vorgeschlagen, die höchste Auszeichnung, mit der ein Unteroffizier oder Soldat ausgezeichnet werden kann.

Nachdem ein Flieger sein Training abgeschlossen hat, seinen Militärflugschein erhalten hat und den Flugzeugtyp beherrscht, den er an der Front nutzen soll, wird er zum Hauptquartier der Reserve, nahe Paris, beordert und wartet dort auf seinen Marschbefehl. Kiffin Rockwell und Victor Chapman warteten dort für Monate und ich war gerade angekommen, als am 16. April die Befehle kamen, dass die Amerikaner ihrer Escadrille bei Luxeuil in den Vogesen beitreten sollten.

Die Eile war atemberaubend. Niemals zuvor wurden in derartiger Eile Fliegerkleidung und Felljacken vom Quartiermeister angefordert, Habseligkeiten gepackt und so viel Wirbel in den Verwaltungsbüros gemacht. In ein paar Stunden befanden wir uns im Zug, schnaufend, aber glücklich. Unsere Gruppe bestand aus Sergeant Prince und denen, die zu diesem Zeitpunkt lediglich Corporals waren: Rockwell, Chapman und mir. In Luxeuil stießen Lieutenant Thaw und die Sergeants Hall und Cowdin dazu.

Für die Veteranen war unsere Ankunft an der Front frei von Überraschungen, für die drei Neophyten[7] – Rockwell, Chapman und mich – war es der Anfang einer neuen Existenz, der Eintritt in das Unbekannte. Natürlich hatten Rockwell und Chapman viel vom Krieg auf dem Boden gesehen, aber der Krieg in der Luft war für sie genauso neuartig wie für mich. Für uns alle hielt dies unbegrenzte Möglichkeiten zum Ergreifen der Initiative und den Dienst für Frankreich bereit, und für sie musste es ebenfalls bedeutet haben, die Menschlichkeit zurückzuerhalten, die sie in den Gräben mit der Fremdenlegion verloren hatten. Rockwell resümierte bezeichnend: »Tja, nun lässt man uns auf’s Rennen los«, bemerkte er.

Links nach rechts: Victor Chapman (getötet), Elliot Cowdin, Bert Hall, Lieut. William Thaw, Capt. Thénault, Lieut. de Laage de Mux, Norman Prince (getötet), Kiffin Rockwell (getötet) und James McConnell

DAS LEBEN DER PILOTEN AN DER FRONT

Das Leben eines Piloten ändert sich beträchtlich, wenn er die Front erreicht. Während seines Trainings ist er an Regeln und Regulierungen, ähnlich strikt wie in Kasernen, gebunden. Aber sobald er zum Dienst über der Schusslinie eingeteilt ist, wird er behandelt, wie es einem Offizier zusteht, egal welchen Rang er bekleidet. Er verfügt über seine Zeit, wie es ihm beliebt, ausgenommen die Zeit, während er fliegt oder zu der er Wache hält. Es gibt keine Appelle oder anderen militärischen Schnickschnack und anstatt eines Feldbetts besitzt er ein richtiges Bett in seinem eigenen Zimmer und er verfügt über die Dienste eines Ordonnanzoffizieres. Sogar Männer mit einem höheren Rang, die der Escadrille angehören, aber keine Piloten sind, behandeln ihn mit Respekt. Seine beiden Mechaniker handeln auf seinen Befehl. Da wir freiwillig dienen, erhalten wir Amerikaner mehr Anerkennung der äußerst wohlwollenden französischen Regierung, die dafür sorgt, dass wir von allem das Beste erhalten.