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Onkel Raymund hat sich den Knöchel verstaucht. Umstandslos kommt Olivia ihm und seiner Katze Marmalade zu Hilfe. Dort in Howlethurst gestaltet sich das Leben in allem Frieden erstaunlich abwechslungsreich: Gemeinsam mit ihrer Freundin Harriet streift Olivia über die südenglische Teeplantage von Four Gables und lässt sich in die Geheimnisse der Wildkräuter-Küche einführen. Und dann gibt es da noch diese Steine mit seltsamen Markierungen, die immer wieder neu sortiert an unterschiedlichen Stellen im Dorf auftauchen. Als einer der Gäste eine Hochzeitsfeier auf Four Gables nicht überlebt, sieht sich Olivia beinahe wider Willen erneut in dörfliches Ungemach hineingezogen…
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Seitenzahl: 369
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Gerda M. Neumann
Olivias siebter Fall
Copyright © 2021 der vorliegenden Ausgabe: Gerda M. Neumann.Erstausgabe.Satz: Eleonore Neumann.Umschlaggestaltung: © Copyright by Benjamin Albinger, Berlin.www.epubli.deVerlag: Gerda NeumannDruck: epubli ein Service der neopubli GmbH, Berlin
»Olivia!« Einen Stoß Bücher an sich gedrückt jagte Jemima über den Green. Olivia schloss sie samt Büchern in die Arme. »Ist das schön, dich wiederzusehen!« Olivia gab das Mädchen schließlich frei und schaute sie an. »Der Pferdeschwanz steht dir gut. Und dunkler sind deine Haare auch geworden, oder?« Jemima nickte. »Du siehst sehr fesch aus, würde man bei mir in Österreich sagen. Nur – dass du jetzt schon fast so groß bist wie ich… na ja, mach nur weiter, ich bin wirklich nicht sehr groß geworden.« Olivia lachte leise. »Was für Bücher hast du da?« »Schiller, eine Biographie und hier seine Dramen, und ›Shirley‹.« »Du magst Charlotte Brontë?« »Weiß ich nicht genau, über Jane Eyre und die Situationen, in die sie gerät und wie sie dann reagiert, denke ich manchmal nach, die beiden Bücher, die in Belgien spielen und deren Hauptfigur beide Male Lehrerin ist, mag ich nicht besonders, auch wenn ich weiß, dass Charlotte Bronte selber Lehrerin in Brüssel war.« »Ich mag Schulromane überhaupt nicht, ganz gleich wer sie geschrieben hat. Aber es freut mich, dass du ›Shirley‹ lesen willst. Und Schiller?« »Wir haben ›Maria Stuart‹ im Deutschunterricht gehabt. Da drin gibt es einen Träumer, Mortimer, der denkt nicht politisch, aber er ist für Freiheit. Er hat mir, glaube ich, gefallen. Und Raymund hat gesagt, wenn ich mich mehr für Freiheit interessiere, soll ich ›Don Carlos‹ lesen. Sag, wie geht es Raymund? Du bist doch nicht hier, weil es ihm schlecht geht?« »Nein«, beruhigte Olivia das Mädchen. »Er hat sich halt einen Knöchel verstaucht, das tatsächlich richtig kräftig, aber mehr nicht. Und ich dachte, ich komme und hindere ihn, sich allzu viel zu bewegen, dann wird es schneller wieder abschwellen. Leonard ist für mehrere Wochen in Kenia, da kann ich auch von hier aus arbeiten und Raymund etwas umsorgen. Es ist alles gut«, ergänzte sie beruhigend. »Wie geht es dir abgesehen von den Büchern?« Jemima dachte nach. »Ich glaube, nicht viel anders als beim letzten Mal. Hier passiert nicht viel und die Schule ist auch nicht sehr aufregend.« »Hmm – aber du liest jetzt ganz andere Sachen als damals…« »Ja, schon…« »Kümmerst du dich noch um Mary Barleys Garten?« »Oh ja, mach ich«, nickte Jemima, erleichtert über den Themenwechsel. »Aber der verändert sich, obwohl ich das gar nicht will; irgendwie ist er nicht mehr ganz Mrs Barleys Garten, im Gemüsebeet gibt es kahle Stellen, zum Beispiel, weil niemand mehr Gemüse pflanzt.« »Verstehe.« Nachdenklich sah Olivia ihr Gegenüber an. »Hilft Owen dir noch manchmal?«Jemima nickte wieder. »Dann überlegt vielleicht gemeinsam, was da zu tun ist. Vielleicht kann man Pflanzen teilen, zum Beispiel und umsetzen, oder Stecklinge ziehen.« Jemima nickte ein weiteres Mal. »Du könntest mal vorbeikommen, das wäre schön. Bitte. Du bleibst doch länger? Ich meine, so ein verstauchter Knöchel braucht doch eine Weile, oder?« Olivia strich dem Mädchen flüchtig über das Haar und wunderte sich gleichzeitig über sich selber. »Mach ich. Und wenn du mit Raymund reden magst, komm einfach herüber, er freut sich und bis er seine Pflichten in der Bücherei wieder aufnehmen kann, wird es schon ein paar Wochen dauern.« »Du bist dann ja auch da… warum nicht«, reagierte das Mädchen zögernd. »Ja, bin ich, aber sag, deine Mutter wird dir doch einen Besuch bei Raymund nicht verbieten?« »Bei ihr kann man nie wissen«, Jemima seufzte und wandte sich zum Gehen. Einander wiederholt zuwinkend gingen sie ihrer Wege.
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Olivia ging auf die schwarze Haustür von Raymund Fishers gelassen hingestrecktem Cottage zu. Die Beetbepflanzung wich zu beiden Seiten zurück und gab Raum für zwei einladend aufgestellte Holzsessel. Auf dem einen saß eine ingwerfarben getigerte Katzendame. »Marmalade, warum bist du nicht gekommen und hast Jemima begrüßt? Es hätte sie sicher gefreut.« Die Katze legte den Kopf schräg und schwieg damenhaft. »Dein Geheimnis, verstehe«. Damit schloss Olivia die Haustür auf und ließ Marmalade vor sich hinein schreiten. Ihr Onkel legte Buch, Papier und Stift beiseite und sah ihr erwartungsvoll entgegen. »Nun? Jemima und du, ihr habt euch noch wiedererkannt, nehme ich an?« »Ja, tatsächlich. Es fühlte sich an, als wäre Zeit gegenstandslos. Nur dass sie sich schon verändert hat. In ihrem Alter geht das halt noch rasch und deutlich sichtbar vor sich. Sie liest weiterhin sehr viel, nicht wahr?« »Ja, so ist es. Und als du nicht mehr hier warst, hat sie zögernd mit mir zu sprechen begonnen und ich habe behutsam zu raten oder zu unterstützen versucht. Ich muss sagen, ich fühle mich ziemlich geehrt und versuche, diese Rolle mit österreichischer Leichtigkeit sehr ernst zu nehmen. Was hatte sie heute unter dem Arm?« Olivia antwortete und Raymund nickte dazu: »Du hast in diesem Alter auch Schiller entdeckt, glaube ich, drunten in Salzburg.« »Mortimer und Carlos stehen einem in dem Alter sehr nahe, das verstehe ich noch immer und Schillers politische Dialoge sind für mich damals wie heute eine Anregung, darüber nachzudenken, wie die Menschen funktionieren und dabei eben auch in die Irre gehen können. Außerdem haben beiden Stücke mit englischer Geschichte zu tun. Was Jemima sich wohl dazu denkt?« Olivia verschwand, um Teewasser aufzusetzen. Als sie mit einem Tablett mit Teegeschirr, Keksen und heißer Milch zu dem kleinen Tisch unter den großen Zimmerpflanzen zurückkehrte, legte ihr Onkel Buch und Papier endgültig beiseite. Nachdenklich balancierte er seine Teetasse auf der Untertasse. »Englische Geschichte«, nahm er den Faden wieder auf. »Ich lese gerade über englische Militäreinsätze zum Schutz britischer Handelsrouten. Tee gehörte zum wichtigsten, das es da zu schützen galt. Wir trinken heute Tee, als müsse es so sein. Aber es gab ein erstes Mal: 1660 trank Samuel Pepys seine erste Tasse Tee in London. Hundert Jahre später war der Tee aus dem englischen Leben nicht mehr wegzudenken. Hängt man dem weiter nach«, er lächelte Olivia an, wohl wissend, dass er wieder ein Steckenpferd ritt, »bemerkt man, dass sich zum Tee der Wunsch nach Zucker gesellte und Tabak für den Genuss danach. Kaffee spielte eine geringere Rolle, aber auch das änderte sich, was ich als alter Österreicher nur zu gut verstehe. Nun ja… Dummerweise wuchsen all diese Pflanzen in entfernten subtropischen Klimazonen. Aber die Engländer dachten nach und fanden darin einen, um nicht zu sagen den Grund, die Welt zu erobern.« »Sie waren aber nicht die ersten, die Holländer waren früher unterwegs. Sie waren es, die den ersten Tee nach Europa brachten.« »Ja, richtig. Aber die Engländer begannen ihre Aufholjagd und blieben Sieger. Und wenn du mich fragst, war das ihr Ziel: die ersten zu sein. Du kennst Wellingtons Bonmot, die Schlacht von Waterloo sei auf den Sportplätzen von Eton gewonnen. Aber nicht nur, dass Feldmarschall Blücher das anders gesehen habe dürfte, zeigt dieser Satz doch auch, sagen wir, eine eher anstrengende Seite von Englands Weltverständnis.« Schweigend tranken sie ihren Tee. Beide hatten keine Lust, sich mit diesem Aspekt englischen Elitedenkens ausführlicher zu befassen. »Die Engländer«, zog Raymund die Summe seiner Überlegungen, »waren, oder sollte ich sagen: sind Machtpolitiker, die Holländer Händler.« Er nahm sich in Ruhe eine weitere Tasse Tee und Milch. »Jemima freundet sich übrigens mit Anne an, zumindest habe ich den Eindruck.« Olivia sah ihn abwartend an. »Anne ist auf der Farm ›Four Gables‹ zuhause, du weißt schon: Richtung Bodium linker Hand.« »Nein, weiß ich nicht.« Überrascht stellte Raymund seine Tasse ab. »Puck, im Ernst, du hast nie davon gehört? Na ja, wenn ich darüber nachdenke – warum auch. Sie liegt von hier aus betrachtet unterhalb der Penningham‘schen Farm und ist durch hohe Thujas gegen alle Winde abgeschirmt. Seit einiger Zeit wird allerdings viel Aufhebens um diese Farm gemacht.« »Und warum?« Lachfalten zeigten sich an Raymunds Augen. »Sie haben vor zwei Jahren ihren ersten schwarzen Tee auf den Markt gebracht. ›Home Grown‹ – gewachsen in Kent.« »Hmmm – erst Champagner, jetzt Tee… Beleg für den Klimawandel oder für den zunehmend nach innen gerichteten Blick der Engländer? Was meinst du?« »Ich neige in diesem Fall dazu, gar nichts zu meinen. In Cornwall hat man ja schon vor ungefähr zwanzig Jahren mit dem Teeanbau begonnen.« Raymund nahm sich ein Keks. »Anne ist ein nettes Mädchen, vielleicht zwei Jahre älter als Jemima. Sie erinnert mich ein wenig an meine Frau in der Zeit, als wir uns kennenlernten. Sie ist relativ klein, wird später sicher einmal etwas mollig werden, hat dunkle krause Haare und einen lebhaften Blick.« »Verrückt, dass sie auch Ann heißt!« »Ja, das denke ich auch manchmal, aber sie hat ein ›e‹ angehängt, ›Anne‹, man hört es nicht, aber es ist da.« »Und was für Bücher leiht sie aus?« »Sie hat vor einer Weile die Artusgeschichten entdeckt und arbeitet sich offenbar durch alle Fassungen, die wir in unserer Bücherei haben. Die Sammlung ist gar nicht schlecht. Und alte Pflanzenbücher nimmt sie mit. Das kann noch eine Weile so weitergehen. Weißt du, um Jemimas Lesestoff mache ich mir eher Gedanken. Englische Klassiker stehen genug in unserer Bücherei, also bis auf weiteres kein Problem, mit deutschen Klassikern ist es schwieriger und in meinem Bücherschrank stehen sie nun mal auf Deutsch, was ihr nicht weiterhilft. Wir müssten doch endlich einem Büchereiverbund beitreten, aber das bedeutet Digitalisierung.« »Verstehe. Aber du könntest Jemima auf Antiquariate aufmerksam machen.« Raymund stimmte zu. »Und sie könnte ihre Deutschkenntnisse beschleunigen, in der Schule lernt sie Deutsch, sie ist klug, genau betrachtet braucht es nur noch ein wenig Motivation.« Sie hingen diesem Thema nach, während es draußen langsam dämmerig wurde. Erschrocken unterbrach der Onkel seine Gedanken: »Puck, wie unaufmerksam von mir, du hast sicher noch zu arbeiten! Wie spät ist es?« Er sah selbst auf die Uhr. »In anderthalb Stunden kommen Aphra und Roger, nutze die Zeit.«
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Aphra und Roger Mottram, das Pfarrerehepaar von Howlethurst, waren pünktlich. Jeder trug einen Weidenkorb, dessen Inhalt mit einem karierten Tuch abgedeckt war. Olivia vergnügte sich kurz über diesen Bilderbuchanblick und ergab sich in die freundschaftlich-lebhafte Begrüßung. Auf dem großen Esstisch in dem wintergartenähnlichen Anbau des alten Hauses wurden die Körbe abgestellt und ausgepackt. Zu einer Platte mit verschiedenem kleinem Käsegebäck gesellten sich kleine Gläser mit eingelegten Quitten, Tomaten und Pilzen. Olivia erinnerte sich, dass Aphra auch bei ihrem letzten längeren Aufenthalt hier im Ort vor gut zwei Jahren Raymund bevorzugt donnerstags abends zu sich eingeladen hatte. Sie hatte seither ihren Onkel manches Mal besucht, aber die anderen Bekannten eher zufällig wiedergetroffen. Aphra und Roger hatten sich wenig verändert. Aphra war schmal und lebhaft. Von Natur aus dunkel, gewannen die grauen Haare allmählich die Oberhand. Roger, von wesentlich umfangreicherer Statur als seine Frau, zeigte einen glänzenden Kahlkopf mit einem krausen Haarkranz, noch immer sehenswert üppig. »Olivia, wie schön, Sie wiederzusehen! – Bei Ihrem letzten Aufenthalt arbeiteten Sie an einer Übersetzung, erinnere ich mich, die Ihnen sehr viel bedeutete.« Überrascht sah Olivia Aphra an. »Ja, das tat ich. Und denken Sie, es ist ein echter Erfolg geworden. Es ist vielleicht das erste Mal, dass ich mich richtig stolz fühle. Der Roman ist von Neville Seymour, ich halte ihn für einen wirklichen großen Schriftsteller. Und dass das in meiner Übersetzung offenbar erhalten geblieben ist, freut mich außerordentlich.« »Das hat hoffentlich für Sie beide erfreuliche Konsequenzen?« wollte Roger wissen. »Ja, auch das. Gerade kam ein Vertrag für einen zweiten Roman von Seymour zustande. Und der deutsche Verlag prüft, ob er einen Roman meiner Freundin Amanda Cranfield herausbringen soll. Das wäre eine neue Art der Übersetzungsarbeit: Amanda kann Deutsch und wir könnten viele Redewendungen diskutieren.« Eine Weile später fragte Roger nach Leonard und Olivia berichtete: »Ich beneide ihn, er ist in Kenia. Zuerst war er ganz unten im Süden an der Grenze zu Tansania. Dort leben Massai und in den letzten Dürren haben sie sehr viele Tiere verloren. Es geht jetzt darum, ein nachhaltiges Nutzungsmodell zu finden und aufzubauen, in dem vor allem genug Wasser dauerhaft gesichert wird.« »Wie kann das gehen?« »Leonard sagt, entscheidend ist der Mara-Fluss. Er ist jetzt weiter im Norden in dessen Quell- und Einzugsgebiet unterwegs. Dort muss das Land großflächig wieder bewaldet werden, das ist das Wichtigste. Daran arbeitet seine Gruppe. Und der WWF redet mit den Massai über eine dauerhafte Verkleinerung der Herden. Er arbeitet zusätzlich an einer tierärztlichen Versorgung und Strukturen zur Direktvermarktung. Weniger, aber starke Tiere erbringen am Ende mehr Ertrag für die Massai; das wiederum verringert den Wasserverbrauch und so weiter.« Roger wiegte seinen Kahlkopf. »Wird das Aufforsten nicht viel zu lange dauern?« »Man muss rasch handeln, da haben Sie Recht, und die richtigen Bäume wählen, dann wird es schon werden.« »Sie scheinen sehr engagiert an dem Projekt«, stellte Aphra fest. Olivia lächelte und aß ein paar Bissen. »Ihre Gebäckteilchen sind sehr, sehr gut, gerade dieses Käsebrot mit Ihren Quitten…« »Das freut mich.« Da niemand ein neues Thema anschnitt, nahm Olivia den Faden doch wieder auf. »Ja, dieses Mal denke ich noch mehr an Leonards Arbeit als normalerweise. Wissen Sie, im Fernsehen habe ich als Kind alle Sendungen von Bernhard Grzimek gesehen. Er war einer der allerersten Naturschützer und dringlichen Mahner. Seine Herzensangelegenheit, so muss man das wohl sagen, war die Serengeti, die riesige Savanne im Nordwesten Tansanias. Das ist das Land der Tierwanderungen, der Anblick, der sich für viele zuallererst mit Afrika verbindet. Noch immer folgen dort über zwei Millionen Gnus, Zebras und Gazellen dem Wasser. Noch. Und der wichtigste Zustrom ist der Mara-Fluss, die Tiere der Serengeti brauchen ihn genauso wie die Herden der Massai zum Überleben.« »Es muss ein befriedigendes Erlebnis sein, das Leben mit relevanten Taten zu verbringen. Leonard hilft, einen Teil der Erde zu retten, was kann wesentlicher sein?« »Jeder einzelne ist wichtig, Pfarrer«, konterte Olivia, »das muss ich Ihnen doch nicht sagen.« »Ich weiß nicht, wir verstricken uns in so vielen Kleinigkeiten. – Aber, haben Sie schon gehört, nein, wie sollten Sie, wir arbeiten an einem Plan, das Herrenhaus von Evelyn Cardoon zu nutzen. Ganz unter uns darf ich sicherlich darüber sprechen. Es steht noch nicht fest, ab wann wir es nutzen dürfen, deswegen sollten die Überlegungen unter uns bleiben. Evelyn hatte das Haus und sich selbst so halbwegs mit Feriengästen über Wasser gehalten. Fay Carter, die alte Wirtschafterin ihrer Mutter – sie erinnern sich? Gut, sehr gut. Fay Carter hat in den letzten zwei Jahren alles stellvertretend weitergeführt. Aber sie ist deutlich über Achtzig und das alles ist zu viel. Wir arbeiten mit mehreren sozialen Stellen zusammen und Ziel ist, ein Heim für Kinder daraus zu machen, die kein Zuhause haben, sei es, weil das Zuhause nicht funktioniert oder weil sie Waisen wurden oder was immer für Gründe es geben mag.« »Oh, haben Sie Susan schon gesehen?« unterbrach Aphra ihren Mann. »Nein? Susan hat sich zu einer Ausbildung in Sozialpädagogik entschlossen, Sie erinnern sich sicher, dass sie in Indien in einem Waisenhaus arbeitete, als ihre Tante starb und ihr das Haus hier am Green hinterließ. Sie wird bei den Kindern sicher eine Aufgabe finden und kann in ihrem Haus bleiben und unser Projekt ›Herrenhaus‹ bekommt eine großartige Mitarbeiterin und…« Olivia erkannte, mit wie viel Begeisterung Aphra und Roger dieses Projekt betrieben, endlich taten sie über das Alltägliche hinaus etwas ›wirklich Wichtiges‹. Irgendwann lehnte Aphra sich zurück und lächelte wie um Entschuldigung bittend: »Jetzt ist es aber genug!« Als sie nach den eingelegten Quitten griff, folgte die unvermeidliche Frage, ob sie weiter so viele Quittenprodukte herstelle und ob Fay Carter ihr noch immer dabei helfe. Aphra verneinte. »Quitten verarbeite ich nur noch für uns. Das kann ich auch ohne Hilfe. Fay ist mehr als ausgelastet, wissen Sie. Manchmal schenke ich ihr ein Glas Marmelade, das nimmt sie auch gerne, mehr brauche sie aber auch nicht, versichert sie mir jedesmal. Man kann sich auch an Quitten überessen, irgendwann. So scheint es jedenfalls.« »In meinen Ohren klingt das sehr erstaunlich. Und was machen Sie mit den übrigen Quitten?« »Oh, stellen Sie sich vor: Ich bringe sie nach ›Four Gables‹. Dort werden die meisten zu Quittentee verarbeitet und inzwischen wohl auch zum Kochen genutzt. Sie habe dort ein sehr gutes Restaurant.« Irritiert sah Olivia zu ihrem Onkel. »Ich hatte verstanden, dass sie dort Schwarzen Tee anbauen?« »Oh ja«, bestätigte Aphra sofort. »Er ist sehr gut. Stellen Sie sich vor, wir haben hier heimischen schwarzen Tee in Howlethurst. Aber als die Teepflanzen noch heranwuchsen, begann Lio Trehane Kräutertees zu produzieren, sie hat einen begnadeten Verkoster. Er stellt unwiderstehliche Kombinationen zusammen. Sie müssen einmal dorthin fahren. Mit dem Auto kann Raymund das auch jetzt machen. Es gibt dort einen Teeladen… Sie werden ja sehen.« »Und dort gibt es auch Quittentee?« »Ja, genau. Die Quitten werden in sehr kleine Stücke geschnitten und getrocknet. Manchmal glaube ich, eine ganz bestimmte kleine Sorte von einem struppigen, liebenswerten Strauch an der östlichen Friedhofsmauer herauszukennen. Anschließend werden die Quittenstücke mit anderen getrockneten Obstsorten vermischt. Apfel, Aprikose, Mango, Weinbeeren habe ich inzwischen ausfindig gemacht, aber das ist noch nicht alles. Der Tee schmeckt sehr gut, bekommt beim Aufgießen eine wundervolle goldene Farbe und duftet, ich sage Ihnen, der Duft ist einfach himmlisch.« »Quittenduft?« »Ja, Quittenduft, wann immer ich Lust darauf habe, kann ich mir Quittenduft aufgießen!« »Welch unerwartete Lösung! Sie gefällt mir! ›Four Gables‹ – denken Sie, bis vorhin habe ich nichts von ›Four Gables‹ gewusst. Dabei war es scheinbar immer schon hier.« Roger räusperte sich. »Es existiert seit mehreren hundert Jahren, aber als wir hierherkamen, dümpelten die Besitzer ziemlich glücklos vor sich hin, verkauften es schließlich, es wurde weiterverkauft und stand dann zwei oder drei Jahre leer, bis Mrs Trehane es erwarb. Das war vor dreizehn oder vierzehn Jahren. Sie begann umgehend, Teepflanzen zu setzen. Gleichzeitig pflanzte sie eine versetzte Doppelreihe Thujas außen herum. Im Grunde ist das heute alles, was man von außen sieht: Thujas, die den Wind von den Teepflanzen fernhalten. Sie machen das tatsächlich. Und das Anwesen liegt an einem Südhang, die Neigung ist da unten nicht mehr sehr stark, aber geneigt ist es. Die Wärmeausbeute reicht offensichtlich.« »Es liegt südlich der Penningham‘schen Farm, ist das so?« »Oh, wo Sie das Stichwort bringen, Mary Penningham geht es nicht sehr gut. Sie kann gar nicht mehr aus dem Haus, die Arme. Sie erinnern sich doch noch an sie?« »Natürlich!« »›Four Gables‹«, hielt Roger an seinem neuen Thema fest, »besteht aus dem alten Farmhaus mit den vier Giebeln, daher der Name; es hat eine große Scheune, in der heute das Restaurant ist, und ein flaches, langgezogenes Gebäude, in dem früher die Landarbeiter lebten und heute der Teeladen untergebracht ist. Unterhalb des Farmhauses, mehr oder weniger, ist ein riesiger ummauerter Gemüsegarten, der das Restaurant versorgt.« »Ja, und um das ganze herum grasen die Schafe der Penningham‘schen Farm.« Olivia lachte. »Ich sehe, die Welt ist in Ordnung!« Aphra stimmte ihr zu. »Aber, damit sie ein kleines Rätsel zum Zeitvertreib haben: An der südöstlichen Friedhofsmauer, nicht weit entfernt von dem besonderen Quittenstrauch, von dem ich vorhin sprach, finde ich manchmal ganz seltsame Steine.« »In welcher Hinsicht seltsam?« »Sie sind gezeichnet. Stellen Sie sich irgendwelche glattgeschliffene Steine vor, eigentlich völlig beliebig, auf denen Striche eingeritzt sind, einfache Striche. Ursprünglich habe ich nicht weiter darüber nachgedacht. Doch jetzt, wo ich meinen besonders geliebten Quittenstrauch regelmäßiger aufsuche, fällt mir doch auf, dass diese Steine verschiedene Striche tragen und mir kommt vor, dass sie gelegentlich neu angeordnet werden.« »Sie haben nicht zufällig ein Handy und können das jedesmal photographieren?« »Ich habe einen digitalen Photoapparat. Sie meinen, ich sollte das festhalten?« »Wenn es ein Rätsel ist, dass Sie lösen wollen – ja.« »Olivias pure Anwesenheit scheint schon das Denken zu verändern«, vergnügte sich Raymund. »Nein, so ist es nicht«, protestierte Aphra, »ich beobachte die Sache mit den Steinen ja schon länger.« »Da hast du sicher Recht, meine Liebe«, brummte ihr Mann. »Seit Olivia damals unser rein theoretisches Problem mit den steigenden Todeszahlen löste, jedenfalls hofften wir anfangs, dass es rein theoretisch sei, wissen wir, dass wir an Auffälligkeiten jeder Art nicht gedankenlos vorbeigehen sollten. Es brauchte im Fall der gezeichneten Steine eine gewisse Zeit, bis sich herausstellte, dass Methode dahintersteckt. Nun, da du das erkannt hast, ist die Photographie sicher der richtige nächste Schritt, dann sehen wir weiter.« »Lass dich nicht dabei erwischen!« grinste Raymund. »Man kann schließlich nicht wissen…« »Mach mir nur Angst, das ist hilfreich. Am Anfang habe ich die zwei Steine, die mich überraschten, aufgenommen und genau betrachtet. Danach habe ich die Ordnung nicht mehr gestört. Ich habe auch nie Menschen auf dem Friedhof gesehen, die ich nicht zumindest vom Sehen kannte, aber was heißt das schon.« »Ich denke, wir sollten jetzt aufbrechen, immerhin haben wir die richtige Gute-Nacht-Geschichte gefunden.« Roger stemmte sich aus seiner bequemen Lage. Aphra bat, die angebrochenen Gläser mit dem Eingelegten Raymunds Kühlschrank empfehlen zu dürfen und folgte ihrem Mann zur Garderobe. »Das Bild ist neu, Raymund!« »Sehr richtig! Gefällt es dir?« Aphra ließ sich Zeit. Schließlich entschied sie: »Ja, es gefällt mir. Es ist so heiter, jedenfalls in meinen Augen – keine Ahnung, ob es an den Farben liegt, an diesem friedlichen von Häusern umgebenen Platz, dahinter die weite Landschaft, erstaunlich. Ich werde es ja noch häufiger anschauen dürfen.« Damit schlüpfte sie in ihren Mantel. Auf dem Weg zur Haustür fuhr sie herum: »Ist es am Ende von Sira?« »Ist es!« bestätigte Raymund. Aphra kam zurück. »Ich fürchte, ich habe noch nie eines ihrer Bilder gesehen. Sie ist inzwischen richtig erfolgreich, hörte ich. Sie putzt nur noch Susans Haus und die Bücherei, die allerdings täglich. Aber Ivy lässt man damit auch nicht einfach im Stich.« Erneut betrachtete sie das Bild. »Dieses Bild gehört zu einer Serie, die sich mit den bemalten Häusern der Ndebele auseinandersetzt. Sie wissen vielleicht, dass Sira und ihre Familie Ndebele sind«, fügte Olivia hinzu. »Und wo auf der Landkarte darf ich mir die Ndebele vorstellen?« »Im südlichen Simbabwe.« Als Aphra nachdenklich schwieg, fuhr Olivia fort: »Im letzten Jahr kam Sira mit Bildern dieser Häuser zu Wangari. Sie führt die Afrikaboutique in St.John’s Wood, für die ich Pullovermuster entwerfe.« »Das machen Sie wirklich?« Olivia musste schon wieder lachen. »Ja wirklich! Ich habe damals bei meinen Recherchen hier im Ort sehr wenig geschwindelt, ich habe halt nur ausgewählt erzählt.« Irgendwie schien das Aphra zu beruhigen. »Nun, über diesen Bildern und Photos kamen wir drei zu dem Plan, dass ich Pullover mit den geometrischen Mustern der Ndebele entwerfen sollte. Wangari ließ ausnahmsweise einfarbige Röcke anfertigen und Sira malte so viele Bilder, wie sie verantwortlich schaffen konnte. Es hat wahnsinngen Spaß gemacht, für mich nicht zuletzt, weil die Ndebele Farbkombinationen haben, auf die ich nie gekommen wäre. In meinem Wollladen ließen sich die Farben tatsächlich finden. Wir haben nie vorher so viele Pullover verkauft wie im letzten Winter und Sira hätte mehr Bilder verkaufen können, als sie gemalt hatte. Da Siras Bilder großer afrikanischer Bäume oder Landschaftsmotive in ihren speziellen Farben und ihrer so eigenen Technik auch in eine neue Welt entführen, griff mancher zu einem dieser Bilder.« »Hängt bei Ihnen zuhause auch ein Bild von Sira?« »Ja, speziell für mich hat sie einen Mangobaum gemalt, er hängt in der Küche, und ich habe eine weite Steppenlandschaft. Das Bild lehnt zwischen meinen Pflanzen auf der Fensterbank neben dem Schreibtisch.« Nachdenklich streifte Aphras Blick Olivias Gesicht. Vor sich hin murmelnd ging sie zur Tür, es klang wie ›Ich muss mir das dringend alles anschauen, wieso habe ich das noch nicht gemacht?‹ Darauf wollte sie keine Antwort und bekam auch keine.
»Olivia! Ich glaube, ich träume!«Olivia fuhr herum: »Sira!« Und schon lagen die beiden einander in den Armen. »Wie freut mich das«, seufzte Sira auf, »seit wann bist du hier?« »Seit Mittwoch. Und ich bleibe sicher ein paar Wochen, Raymund hat sich seinen Fuß verstaucht, nichts wirklich Schlimmes, aber Schonung kann dem Abschwellen helfen, denke ich.« »Verstehe«, quittierte Sira zufrieden, »und jetzt kaufst du… Semmeln? Du sagst doch ›Semmeln‹, nicht?« Olivia freute sich unübersehbar. »Weißt du«, ergänzte Sira, »in meiner Kindheit gab es diese freundlichen runden Gebäckstücke nicht und als sie dann auftauchten, trugen sie das amerikanische ›roll‹ mit sich. In meinen Ohren klingt das fremde Wort ›Semmel‹ treffender. Außerdem denke ich dabei immer an dich. – Aber du wolltest einkaufen.« »Ja, richtig. Aber nicht für Raymund, den habe ich gut versorgt zurückgelassen, sondern für uns. Freitags frühstückst du doch noch immer gemeinsam mit Susan?« Als Sira nickte, bat Olivia: »Dann bestell bitte, was du immer kaufst und anschließend suchen wir noch für jede ein Stück Kuchen aus. Heute wird das Frühstück etwas länger.« Als sie den Dorfladen verließen, trug Olivia der Verkäuferin noch Grüße an Truly auf, die gerade nicht hinter dem Postschalter saß. Vom Dorfladen zu Susans Haus waren es nur zwei Minuten. Es lag am Green, zwei Häuser weiter als Raymunds. Vor Susans Tür wartete Marmalade. Sanft beugte Sira sich hinunter: »Meine Liebe, wie geht es dir? Wir haben uns lange nicht gesehen?« Ein leises Maunzen antwortete der warmen Stimme, doch das Öffnen der Haustür und die nächste herzliche Begrüßung unterbrach den leisen Dialog. Als Sira sich nach der Katze umsah, war sie bereits auf dem Weg zurück zu Raymund. Olivia beobachtete die Enttäuschung und tröstete: »Mach dir nichts daraus. Seit Raymund seine Tage größtenteils sitzend verbringt, leistet Marmalade ihm Gesellschaft, sie ist nur sehr selten draußen. Wenn er seine Füße hochlegt, streckt sich darüber aus und Raymund ist überzeugt, dass ihre Wärme seine Heilung wahrnehmbar beschleunigt.« »Du zweifelst?« »Bis jetzt dachte ich immer, Schwellungen sollte man kühlen.« »Nur, wenn einem keine magischen Katzenkräfte zur Verfügung stehen.« Susan hörte ihren Freundinnen zu und schloss lautlos die Haustür. Olivias Blick schweifte durch die Diele und die Treppe hinauf, über den großen blauen Perserteppich, der so einladend dalag, und stellte fest, dass sich nichts verändert hatte. Sie streckte die Arme zur Seite und ließ sie kurz kreisen, atmete tief durch und folgte den beiden in die helle Wohnküche. Susan brachte gerade ein drittes Gedeck zum Tisch und Sira verteilte das Gebäck auf zwei Teller. Susan goss Kaffee ein und schob die gewärmte Milch zu Olivias Becher. »Wie hat Raymund sich den Fuß verstaucht? Als er Montag zurückkam und wir miteinander sprachen, schien er völlig in Ordnung zu sein.« »Disziplin. Der Fuß war schon verstaucht. Er tat den falschen Schritt in Salzburg. Meine Mutter wollte ihn gar nicht fahren lassen, aber du kennst ihn ja inzwischen auch ganz gut: Er hatte seinen Flug gebucht und hatte weitere Pläne und, ich glaube, er wollte auch Marmalade nicht gar zu lange warten lassen. So flog er dann, und, da es der linke Fuß ist und er Automatik in seinem Auto hat, konnte er auch noch von Gatwick hierherfahren.« »Und dann war es Ehrensache, mir für die Versorgung von Katze und Haus zu danken. Lass mich raten: Anschließend konnte er seinen Fuß beim Gehen nicht einmal mehr leicht anwinkeln.« »Genauso. Als ich ihn am nächsten Morgen anrief, meine Mutter hatte mich unterrichtet, freute er sich einfach über meinen Vorschlag, zu kommen und da bin ich. Der Fuß ist übrigens schon sichtlich abgeschwollen«, schloss Olivia. »Ja, Katzenkräfte…« Um Olivias Augen zeigten sich Lachfalten. »Akzeptiert. – Sira, du siehst… was soll ich sagen… so entspannt aus, dass ich gleich frage, was es Neues gibt.« Ein breites Lächeln überzog Siras Gesicht. Sie nickte: »Ja, ganz richtig. Ich habe am Montag meine erste große Auftragsarbeit bekommen: sechs mittelgroße Bilder aus dem Gemüsegarten von ›Four Gables‹.« Olivia maß mit den Händen eine ungefähre Größe in die Luft und sah Sira an. »Wir haben uns für vierzig mal siebzig entschieden, sie bekommen zusätzliche einen relativ breiten Rahmen und werden im Restaurant hängen. Ein Bild, die Probearbeit, wenn du so willst, gibt es schon.« »Sieben Bilder… und was hast du gemalt?« »Schwarze Holunderbeeren über gelber Kapuzinerkresse, im Gras frisch geerntete Möhren.« »Das stelle ich mir unerwartet vor… und reizvoll… Was ist das für ein Gemüsegarten? Und was für ein Restaurant, das Bilder des eigenen Gemüsegartens an die Wand hängt?« Susan bestärkte Sira, zu berichten, sie selbst war auch noch nicht dort gewesen. »Lasst mich etwas ausholen, damit ihr es euch richtig vorstellt: Als ich hierher nach Howlethurst kam«, begann Sira, »träumte es zuwuchernd vor sich in, darum herum weideten die Penningham‘schen Schafe. Die Penninghams hatten damals auch einige Esel, die fraßen, was die Schafe nicht mochten. Es gab zwischenzeitlich, glaube ich, mal Farmer dort, aber damit änderte sich auch nichts Entscheidendes. Nun, vor dreizehn oder vierzehn Jahren kam Lio Trehane mit ihrem kleinen Mädchen und ließ noch im selben Jahr auf den leichten Hängen Teepflanzen setzen. Sie hauste im ersten Stock des Farmhauses und machte sich auch sonst an die Arbeit. Im Jahr darauf, so um den Dreh jedenfalls, siedelte ihre Schwester Rhia Scinton sich im Erdgeschoss an. Sie hatte eine Hotelfachschule in London besucht, so weit ich weiß. Meine Vermieterin führt beiden Frauen den Haushalt. Also Rhia Scinton. Sie ließ die alte Scheune dort unten restaurieren und zu einem Restaurant ausgestalten, mit altem Holz und viel Glas und einer herrlichen Aussicht über Kent. Die Aussicht ist zum Malen schön, über Reihen präzise geschnittener Teepflanzen im Vordergrund auf Grünland dahinter mit immer noch weidenden Schafen…« »…denen der Penninghams?« »Mit denen der Penninghams«, stimmte Sira zu. »Zu ›Four Gables‹ gehört offenbar sehr viel Land, jedenfalls mehr, als für Teepflanzen geeignet ist. Und wenn du mich fragst, was ist friedlicher als der Blick auf weidende Schafe?« Es gab keinerlei Einwand. Susan strich sich eine zweite Semmel und Olivia hielt ihren Becher mit neuem heißem Kaffee zwischen den Händen. Darüber hinweg sah sie abwartend zu Sira. Die fuhr fort: »Während die Scheune neu erstand: Der obere Teil, in den früher die Heuwagen sogar hineinfuhren, ist heute das Restaurant, und darunter in den Hügel hinein gebaut gibt es mehrere Wirtschaftsräume: eine Bäckerei, eine Küche, einen Kühlraum für dies und einen für anderes… Für Konditoren und Köche scheint es Arkadien zu sein nach allem, was ich höre«, sie sah von einem zum anderen und trank von ihrem Kaffee, »also, kurz und gut, es dauerte seine Zeit, bis das alles fertig war. Währenddessen ließ Rhia Scinton die Mauer um den alten Gemüsegarten reparieren und ein Gärtner begann mit der Arbeit. Heute, ich sage euch, dieser Gemüsegarten ist für mich ein Paradies. Er ist so schön, ich kann euch gar nicht sagen, wie glücklich ich bin, wenn ich dort sitze und Skizzen mache!« Olivia ließ sich von Motiven und Farbkombinationen und Bildaufbau erzählen und wurde zwischendurch von dem Gefühl angeflogen, dass eine so starke Begeisterung für so einfache Dinge hier im ländlichen Südengland aus dem Boden zu wachsen schien. Und das offensichtlich nicht nur für Sira, denn schließlich hatte diese Rhia Scinton genau solche Bilder in Auftrag gegeben. »Was hängt zurzeit dort an den Wänden?« wollte sie wissen. »Nichts, sie sind auf eine fast zarte Weise magentarot.« Auf Olivias Überraschung hin ergänzte Sira: »Das Holz, Holz und Glas beherrschen den Raum, das Holz hat den Farbton von in der Sonne gewaschenem und durchgetrocknetem Holz, bleich und warm zugleich. Das zarte Magentarot ist dazu unwiderstehlich, wenn es einem denn eingefallen ist. Und Rhia ist es eingefallen.« »Und wie lange gibt es das Restaurant schon?« »Du liebe Güte, lass mich nachdenken.« Sira griff nach einem Marmeladenglas, um ihre Semmel zu bestreichen. »Ungefähr zehn Jahre müssten es inzwischen sein, oder neun. Warum?« »Wegen der leeren Wände.« »Verstehe… mein Eindruck ist, dass Rhia Scinton ein Mensch mit sehr klaren Vorstellungen ist. Übergangslösungen, die so leicht etwas Durchschnittliches an sich haben, sind nichts für sie.« »Wann geht man in ihr Restaurant?« »Wenn man besonders gut essen möchte und das in einer besonders schönen Umgebung.« »Heilige Makrele – wer sagt das nur immer? Egal.« Sira grinste. »Es ist wirklich alles sehr schön dort, aber überhaupt nicht aufdringlich, überhaupt nicht luxuriös…« »Schlicht, elegant, kultiviert…« »Du sagst es. Schaut es euch an. Es gibt dort einen viktorianischen Afternoon Tea und eine Abendspeisekarte mit Wildkräutergerichten. Das ist die Spezialität dieses Restaurants und inzwischen ist es dafür berühmt.« Sira wandte sich Susan zu. »Wie ist die Sprechstunde mit deinem Professor gelaufen?« Olivia lernte, dass es um die Gliederung für die Bachelor-Arbeit ging und wie fern ihr selbst sozialpädagogische Fragestellungen standen. Während sie zuhörte, rechnete sie und staunte, wie zügig Susan offenbar studierte. Und sie glaubte herauszuhören, dass eher Energie als Begeisterung in der Stimme mitschwangen. Am Ende formulierte sie diese Beobachtung als Frage. Susan schaute sie freundlich an. »Das ist alles nicht ganz so einfach. Du würdest vermutlich lachen, wenn du sehen würdest, wie viele Bücher inzwischen oben stehen, die ich alle unbedingt lesen möchte. Sie sind alle sehr, sehr spannend, aber eben erst dann, wenn ich selbst eine konkrete Frage habe. Also wenn ich zum Beispiel bei einem Kind Probleme beobachte, die mich zu einem dieser Bücher führen. Dann lese ich diese klugen Bücher mit roten Ohren. Aber«, sie lachte, »aber, aber, aber… Der langen Rede kurzer Sinn: Ich brauche die Praxis, um die Bücher zu würdigen. Und solange ich studiere, ist das etwas schwierig.« »Deswegen dein Tempo. Wir haben lange nicht über dein Studium gesprochen.« Nachdenklich sah Olivia Susan weiter an. »Sag«, begann sie schließlich, wie sieht es mit Aphra und dir aus?« »Wie soll es aussehen? Und warum?« »Reine Neugier. Aphra erzählte mir, dass du dich für das Studium der Sozialpädagogik entschieden hast. Sie freut sich darüber und erhofft sich eine gute, ich denke vertrauensvolle, Zusammenarbeit, wenn das Herrenhaus einmal mit Kindern bevölkert sein wird.« »Die Arbeit wird sicher interessant«, lautete die kühle Antwort. Olivia schüttelte den Kopf. »Weißt du, es passt einfach nicht zusammen, dass du an deiner Bachelor-Arbeit sitzt und Aphra mir gleichzeitig dein Studium als Neuigkeit anbietet. Das klingt, als würdet ihr so wenig miteinander reden, dass sie keine Ahnung von unserer Freundschaft hat.« »Hat sie nicht, wenn Raymund ihr nicht davon erzählt hat.« »Hat er nicht.« Erfreut und etwas überrascht sah Susan sie an. »Wo liegt die Schwierigkeit? Aphra ist doch ein durchaus umgänglicher Mensch?« »Ich glaube«, begann Susan zögernd, »ich habe mich noch immer nicht von dem Verdacht befreit, dass sie mich bemuttern will, irgendwie aus einer verqueren Vorstellung von Verantwortung heraus. Ich weiß nicht, ob sie sich Tante Delia gegenüber dazu verpflichtet fühlt, oder weil sie die Umstände, unter denen ich dieses Haus erbte und nun allein darin lebe, dazu treiben. Wahrscheinlich ist es irgendetwas anderes, ich kenne sie nicht sehr gut, aber ich fühle mich immer sehr unfrei in ihrer Nähe und das gefällt mir nicht.« »Das kann ich verstehen. Die Arbeit würdest du trotzdem gern machen?« »Ja. Schau, sie und Roger wären dann meine Arbeitgeber, sie sind die Vorsitzenden der Stiftung. Das ist eine sachliche Basis. Wir haben gemeinsame Ziele, darüber, wie wir sie erreichen wollen, werden wir vermutlich immer wieder diskutieren, das ist in Ordnung. Im Täglichen habe ich dann aber meine eigene Arbeit, auf die ich mich gerade vorbereite und für die ich immer weiter lernen werde. Ich fühle mich ausreichend frei bei dieser Vorstellung.« Sira war leise aufgestanden und hatte die Küchentür geöffnet. Draußen stand Marmalade, sah Sira an, machte einige Schritte in den Garten und kehrte um, da sich nichts änderte. Dieser Ablauf wiederholte sich, bis Sira sich den Freundinnen, die sich unbeirrt weiter unterhielten, zuwandte. »Ihr Lieben, ich unterbreche wirklich nicht gern, aber seht, Marmalade möchte Olivia bitten, nach Hause zu kommen. Es gibt keinen Grund zur Sorge, denke ich, dazu ist unsere Katzendame zu gelassen. Sie hätte es nur halt gern.« Siras Lächeln wurde breit. Olivia sah hinaus in den Garten. »Verstehe. Ich füge mich, schließlich bin ich wegen Raymunds Gesundheit hier.« Herzlich umarmte sie beide. »Wir werden uns bald sehen, es ist gerade so unaufwendig.« Susan stimmte auf ihre leise Art zu. »Olivia, ich könnte Sonntag einen Curry kochen und mit dem Topf gegen Mittag herüberkommen…« »Angenommen! Ich habe schon jetzt Appetit darauf. Sira, magst du auch kommen?« Doch Sira lehnte mit Bedauern ab. »Sonntag soll ein schöner Tag sein, vom Wetter her, und ich werde im Gemüsegarten von Rhia sitzen und Skizzen machen.« Marmalade war inzwischen verschwunden, doch als Susan die Haustür öffnete, stand sie wartend auf dem Weg.
Raymund und Olivia saßen am nächsten Vormittag an dem großen Esstisch in dem verglasten Anbau. Die Türen zum Garten waren weit geöffnet und weiche Herbstluft strömte herein. Marmalade lag hingestreckt in der Sonne. Es herrschte heilige Ruhe, die Vögel hatten ihren Morgengesang beendet und widmeten sich der Futtersuche. »Weißt du, ich fühle mich, als hätte ich Ferien«, teilte Olivia ihrem Onkel mit. »Dein Fußgelenk wird zusehens schlanker, meine Arbeit besteht hauptsächlich aus entspannter Routine und ich bereite mich auf die zweite Übersetzung für Neville vor. Draußen herrscht Frieden, schau dir nur Marmalade an, und auch in diesem deinem Dorf herrscht Frieden.« Ihre Lachfalten vertieften sich. »Offenbar morden selbst hier in Howlethurst die Menschen nicht ständig.« »Aber: ›Es würde die Überbevölkerung günstig beeinflussen‹. Ist das ein schrecklicher Satz! Der alte Dickens kann einem schon unter die Haut gehen.« Olivia stimmte nachdenklich zu. »Dickens Figur Scrooge hatte dabei aber die Armenviertel von London vor sich. Das Landleben sah Dickens, glaube ich, positiver als das Leben in der Stadt. Ich habe im letzten Winter den ›Raritätenladen‹ gelesen.« »Auch in der Hölle der Industriestadt gibt es hilfsbereite Menschen, erinnerst du dich?« »Ja, ganz besonders gern an jenen Mann, dessen Feuer in seinem Schmelzofen ihm ein Freund war, der sagte, er würde dessen Stimme unter tausend Feuern herauskennen. Aber das Leben dort ist trotzdem die Hölle.« »Du hast schon Recht. Dickens führt seine Hauptfiguren im ›Raritätenladen‹ dann ja auch wieder hinaus aufs Land. Gerade fällt mir dabei ein, wenn du magst, könntest du heute Nachmittag einen Sprung hinüber zur Kirche machen. Kate Melling kümmert sich dort jetzt hauptehrenamtlich um die Blumen. Sie fragt manchmal nach dir, wenn wir uns in der Bücherei begegnen. Sie würde sich sicher sehr freuen, dich zu sehen.« »Das kann ich gerne machen. Raymund, ich muss mir jetzt noch ein kleines Müsli nehmen, ist das für dich in Ordnung?« »Warum sollte es das nicht sein, Puck?« »Weil unser Frühstück immer so lange dauert. Mit niemandem sonst frühstücke ich so ausgedehnt wie mit dir, es ist aber auch zu gemütlich.« Sie sah, wie wohl ihm diese Äußerung tat und holte sich beruhigt einen tiefen Teller mit ihrer Lieblingsmischung. Während sie Milch darüber fließen ließ, streifte sie die Miene ihres Onkels. »Raymund, was beschäftigt dich?« Überrascht kehrte sein Blick von der ruhenden Katze draußen zu seiner Nichte zurück. Zögernd teilte er mit: »Ich habe gestern mit deiner Mutter telefoniert.« »Ja und?« »Es fühlte sich anders an als sonst, wir sprachen nicht so direkt miteinander, kam mir vor.« »Und worum ging es?« »Das genau ist die Schwierigkeit, es könnte sein, dass sie mich besuchen möchte, aber erst, wenn du wieder in London bist, abgesehen davon möchte sie dich dringend sehen, und vielleicht möchte ich meine Ruhe und natürlich bin ich nicht mehr pflegebedürftig, und du hast sicher keine Zeit, nachdem du jetzt hier bist… lauter Halbsätze. Kannst du dir da etwas denken, Puck?« Jetzt war es Olivia, deren Blick hinaus in den Garten wanderte. Schließlich antwortete sie: »Ihr seid beide mit dieser etwas altmodischen Rücksichtnahme ausgestattet, die ihren Mitmenschen auf keinen Fall zu nahe treten will. Sonst würde Mutter vielleicht einfach fragen, ob sie für eine etwas längere Zeit zu dir und nach England kommen darf?« Fassungslos saß Raymund da. Als er sprechen wollte, musste er sich räuspern. »Aber Puck, sie war doch nie länger als eine Woche in England!« »Stimmt. Ich bin sicher, aus Sorge, uns zu viel zuzumuten. Es ist etwas verhext, weil ich immer nur für einige Tage nach Salzburg fliege. Mit ihr Ferien in den Salzburger Bergen zu machen wie früher schlägt sie ab, weil ich doch sicher nicht so viel Zeit habe. Hierherzukommen und mit mir oder mit mir und Leonard für ein paar Tage in die Cotswolds oder nach Cornwall oder sonstwohin zu fahren schlägt sie ab. Niemals wäre sie länger bei dir und Ann geblieben, wie glücklich sie auch immer in Oxford gewesen ist… siehst du ihr Problem?« Raymunds Sprachlosigkeit hielt an, bis Olivia ihr Müsli ausgelöffelt hatte. Dann überraschte er sie mit der schlichten Feststellung: »Puck, vielleicht hast du Recht, vieles an ihr, worüber ich mich zunehmend wundere, wäre damit erklärt. Ich werde sie gleich anrufen.« Als Olivia einige Stunden später von ihrer Arbeit ins Erdgeschoss zurückkam – sie hatte dazu den alten weißen Gartentisch in ihrem Zimmer, das früher das Zimmer ihrer Tante Ann gewesen war, wieder bezogen – fand sie einen glücklichen alten Mann vor, der bei genauerem Hinsehen alles andere als alt wirkte. Er sprühte vor Staunen und Plänen und Vorfreude. »Puck, sie wird kommen, im Laufe des Oktober, sagt sie, und wenn wir uns nicht anders besinnen, während sie hier ist, wird sie bis zum Jahresanfang bleiben. Stell dir diesen Advent vor! Sie könnte Plätzchen backen, sagt sie und Weihnachtsstollen und wir könnten im Nebel durch die Parks gehen.« »Das sagst du«, ergänzte Olivia. »Ich? Ja, sehr richtig. Ich werde ihr endlich Kent und Sussex und Surrey zeigen, wir werden Scones mit Clotted Cream und heißem Tee haben, um uns aufzuwärmen, wir… entschuldige, aber ich bin so froh. Puck, wie kann ich dir nur danken?« »Ich habe doch gar nichts gemacht!« Sie trat hinter seinen Sessel. Fest schlang sie die Arme um ihren Onkel und drückte ihre Wange an die seine. »Ich freue mich riesig!« Marmalade saß mitten in der offenen Gartentür und putzte sich hingebungsvoll und ziemlich lange, denn sie hielt immer wieder inne und sah zum Tisch, an dem inzwischen ein so schnellredender, fröhlich pläneschmiedender Lunch stattfand, wie die junge Katzendame ihn sicher nie erlebt hatte. Es sah aus, als würde sie sich Gedanken machen.
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Olivia schaffte es gerade noch rechtzeitig zur Kirche. Kate Melling stand vor dem Altarraum und betrachtete sich den neuen Blumenschmuck. Eine deutlich jüngere Frau ging still hin und her und räumte auf. Es war eine der Truebody-Schwestern. Olivia kannte sie aus dem Dorfladen. Kate Melling freute sich tatsächlich sehr über ihr Auftauchen. Fest drückte sie ihr beide Hände, hielt sie in den ihren und betrachtete Olivias Gesicht: »Sie sehen gut aus, das freut mich«. Sie löste ihre Hände und trat einen Schritt zurück. »Wie geht es Ihrem Onkel? Wir vermissen ihn bei jedem Gottesdienst, wissen Sie?« »Sein Fußgelenk wird langsam wieder schlanker. Das alles ist nicht schlimm, nur langwierig. Vermutlich sage ich Ihnen da nichts Neues.« Kate Melling lachte. »Nein, nicht wirklich. Er tut mir nur leid. Aber auch das ist Unsinn, denn ohne dieses Missgeschick wären Sie vermutlich nicht so lange bei ihm.« Sie sah sich um und winkte. »Darf ich Maggie Truebody vorstellen. Sehen Sie, wir beide sorgen nun schon eine ziemliche Zeit, ein oder eher zwei Jahre, gemeinsam für den Blumenschmuck hier in der Kirche. Wir haben es still und friedlich, grad schön ist es. Und wenn es sein muss, hilft uns eine von Maggies Schwestern. Es gibt einfach keine Schwierigkeiten mehr. Wer hätte das in der alten Zeit für möglich gehalten.« Gemeinsam würdigten sie die neuen Gestecke und bestimmten die Herbstblumen darin, es gab auch einige Quittenzweige. Maggie verabschiedete sich schließlich und Kate Melling wandte sich zur anderen Tür: »Mögen Sie mich ein Stück Weg begleiten?« »Mary Penningham kann sich kaum noch bewegen, wissen Sie. Manchmal besuche ich sie und erzähle ihr Dorfklatsch.« Als sie Olivias erstauntes Gesicht bemerkte, musste sie lachen. »Oh ja, ich kann auch einfach plaudern, aber ich vergesse selten, wie gefährlich das ist. In mancher Hinsicht ist ein Dorf ein fürchterlicher Ort.« Sie bummelten inzwischen durch das kleine Wäldchen unterhalb der Friedhofsmauer. Vor einem aufgeschichteten Haufen rundgewaschener Steine blieb Mrs Melling stehen. »Schauen Sie sich diese Steine an. Immer wieder finde ich einige, sie sind alle eingeritzt, sehen Sie?« Sie nahm einen auf und zeigte Olivia die Striche. »Zwei, drei oder vier, irgendwie gerade oder scheinbar schräg, ganz genau kann ich das oft nicht entscheiden.« Olivia nahm einen in die Hand, strich über die Kerben, sie fühlten sich neu an. »Alle Steine dieses Haufens sind eingeritzt?« »So ist es, wenn ich solche Steine finde, trage ich sie hierher. Manchmal liegen später einige ordentlich aufgereiht neben dem Haufen, aber nicht oft.« »Und wo finden Sie sie?«