Frag Philomena Freud - Annette Roeder - E-Book

Frag Philomena Freud E-Book

Annette Roeder

0,0
13,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.

Mehr erfahren.
Beschreibung

Das Straßenmädchen Philomena ist in Wien wohlbekannt. Vor Sigmund Freuds Praxis verdient sie sich ihren Unterhalt als Schuhputzerin und gibt oft bessere Ratschläge für alle Lebenslagen als der berühmte Begründer der Psychoanalyse. Dessen Gespräche kann sie gelegentlich mitverfolgen und stößt so auf manches Geheimnis. Als die junge Patientin Sidonie von Wallersee verdächtigt wird, ihre Erbtante ermordet zu haben, wird Philomena misstrauisch. Ist es nicht merkwürdig, dass die Mordwaffe ausgerechnet eine Haarnadel mit einer perlenbesetzten Spinne ist, wo Sidonie doch wegen einer Spinnenphobie behandelt wird? Philomena forscht nach und stößt auf eine Intrige, die sie bis in Wiens berüchtigte Heilanstalt für Nervenkranke führt.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 236

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Annette Roeder

Frag Philomena Freud

Die Perlenspinne

Annette Roeder

Frag Philomena Freud

Die Perlenspinne

Mit Illustrationen von Julia Plath

Knesebeck

»Von Irrtum zu Irrtum entdeckt man die ganze Wahrheit.«

(Sigmund Freud)

Inhalt

1.

Kapitel,

in dem Kaiser Franz mehrere Hühner verschreckt

2.

Kapitel,

in dem ein kleiner Junge eine echte Prinzessin kennenlernt und Kaiser Franz, völlig zu Recht, Spomapanadeln macht

3.

Kapitel,

in dem Philomena einen wettkampfreifen Tiefstart hinlegt und Kaiser Franz ein kaltes Bad nimmt

4.

Kapitel,

in dem nichts fehlt, außer vier Endstücke von zwei Kipferln

5.

Kapitel,

in dem sich eine Bekannte von Philomena auf wundersame Weise verdoppelt und vier Fläschchen Farbauffrischer die Besitzerin wechseln

6.

Kapitel,

in dem ein kleines Buch für großes Geschrei sorgt

7.

Kapitel,

in dem schöne Schuhe schlecht gepflegt wurden und ein Kasperl Philomena zum Lachen bringt

8.

Kapitel,

in dem ein junger Mann ins Schwitzen gerät, von schlimmen Träumen die Rede ist und Professor Freud was dazu zu sagen hat

9.

Kapitel

oder vielmehr die Abendausgabe vom illustrierten Extrablatt

10.

Kapitel,

in dem Philomena einen Beschluss fasst, den August für eine rechte Spinnerei hält

11.

Kapitel,

in dem Philomena die Liesl von innen kennenlernt und dort den Abend des Mordes aus verschiedenen Perspektiven erlebt

12.

Kapitel,

in dem Beppi und Kaiser Franz über sich hinauswachsen, während Philomena Klimmzüge trainiert

13.

Kapitel,

in dem Philomena findet, was sie sucht, und eine Köchin und eine Hausdame sich wundern, warum die Elstern an diesem Vormittag so ein Geschrei veranstalten

14.

Kapitel,

in dem sich Philomena ein Loch in den Bauch freut, über etwas, das ein Loch hat

15.

Kapitel,

in dem Philomena und Kaiser Franz eine Wanderung zu einer berühmten Zitrone machen

16.

Kapitel,

in dem ein Elefant das Fliegen lernt

17.

Kapitel,

in dem Wachtmeister Wachs, leider zu einem ungünstigen Zeitpunkt, auf romantische Ideen kommt

18.

Kapitel,

in dem es schlimmer kaum kommen könnte

19.

Kapitel,

in dem Schwester Hermine einen Hustenanfall bekommt

20.

Kapitel,

in dem ein Fuß vom Gaspedal rutscht und Frau Zollner den Teufel beschwört

21.

Kapitel,

in dem Philomena etwas Ungehöriges tut

22.

Kapitel,

in dem es brenzlig wird und ein paar Lichter aufgehen

23.

Kapitel,

in dem die Baronin Wallersee aufersteht, aber nur kurz

24.

Kapitel,

in dem Frau Wels Socken stricken möchte und es doch nicht tut

25.

Kapitel,

in dem eine Tasse aus Porzellan zerbricht, die Scherben aber niemandem Glück bringen

26.

Kapitel,

in dem es aus Eimern schüttet und eine Andrehkurbel zweckentfremdet wird

27.

Kapitel,

in dem Tante Helene unfreiwilligen und nicht einmal standesgemäßen Besuch bekommt

28.

Kapitel,

in dem ein wertvolles Geschenk Wundersames vollbracht hat

29.

Kapitel,

in dem hauptsächlich gefeiert wird und drei Spinnen ihren Wohnort wechseln

Sanatorium am Steinhof, Pavillon 31, 5 Tage zuvor

Glossar

Personen

Pssst … Hörst du die Stimme?

Sie spricht mit dir.

Du sprichst mit dir.

Pass gut auf und tu, was du dir sagst.

Dein Körper ist müde. Aber dein Verstand ist hellwach. Du schlägst die Bettdecke zurück und richtest dich auf. Vom Nachttisch nimmst du das Lämpchen, entzündest den Docht und drehst die Flamme klein. Die Dunkelheit wird in dieser Nacht deine Freundin sein. Barfuß schleichst du aus deinem Zimmer. Nur die Zehenspitzen berühren das Parkett. Leise. Ganz leise. Du weißt, wohin. Husch, durch den Gang, zu ihren privaten Räumen. Hat dich auch keiner gesehen? Dann ist es gut. Deine Hand nimmt die Klinke und drückt sie herunter. Lautlos durchquerst du den Salon. Pass auf, dass du nicht über das Strickkörbchen stolperst. Auf dem Spieltisch liegen noch die Karten. Hat sie sich über ihren unverdienten Sieg nicht wie ein dummes Kind gefreut?

Du öffnest die Tür zu ihrem Schlafzimmer. Eine Wolke aus Kampfer und Lavendel schlägt dir entgegen. Und dazu der dumpfe Geruch von Kohlsprossen, der ihr so eigen ist.

Dein Atem wird flacher. Das macht es dir leichter. Zuerst gehst du zu ihrem Toilettentisch und stellst das Lämpchen ab. Obacht, erschrick dich nicht! Das Gespenst im Spiegel bist du selbst.

Du greifst in die Schale mit den Haarnadeln.

Du greifst nach der längsten.

In deiner Faust fühlt sich das Metall kalt an wie ein Eiszapfen.

Ist die Nadel auch spitz genug?

Dann ist es die richtige.

Nur noch wenige Schritte zu ihrem Bett.

Jetzt kommt der schwerste Teil. Doch du bist stark. Viel stärker, als alle denken. Schließlich tust du es nicht für dich. Du tust es für ihn. Die Fingerspitzen deiner linken Hand tasten nach der Mulde zwischen ihren Schlüsselbeinen. Sachte, sachte, wie ein sanftes Streicheln. Sie schläft so fest, du wirst sie nicht wecken. Nun eine Handbreit tiefer und eine Daumenlänge nach rechts. Unter dem Fett sind die Rippen kaum zu spüren. Doch plötzlich fühlst du ein Pochen. Wie eine kleine Ratte, die sich in ihrer Brust versteckt hat. Das ist die richtige Stelle. Du setzt die Nadelspitze auf und …

Aber nicht doch, nicht weinen! Schlaf einfach weiter, Liebes.

Heute Nacht war alles nur ein böser Traum.

1.Kapitel, in dem Kaiser Franz mehrere Hühner verschreckt

Philomena reckte ihre Nasenspitze der Sonne entgegen, als sie durch das grün lackierte Stalltor auf den Hof trat. Es fühlte sich an, als würden die Strahlen ihr Gesicht mit warmen Handflächen umfassen. Der Altweibersommer hatte anscheinend beschlossen, den nebelnassen Herbst aus der Stadt zu jagen und noch einmal in Wien vorbeizuschauen. Die Luft roch bunt wie ein Mosaik aus feuchtem Laub, staubigem Heu, Sattelwachs und Pferdehaaren. Das letzte Fuhrwerk musste gerade erst abgeholt worden sein. Obwohl es noch früh am Morgen war, zankte sich eine Bande Spatzen vor der Remise lautstark um eine Handvoll Hafer. Bestimmt hatte August die Körner absichtlich fallen lassen, als er das Futter für die Pferde aus der Kammer geholt hatte. Philomenas Ziehbruder dachte immer an alle. So war er schon als kleiner Junge gewesen. Hatte sogar das Stückerl Schokolade, das er zur Einschulung geschenkt bekommen hatte, sofort mit ihr geteilt. Und auch heute würde sich August niemals mit den großen Kannen auf den Weg zu den Greißlereien machen, ohne zuvor ein Schraubglas voller frischer Milch abzuzweigen. Er schob es für Philomena zwischen zwei bestimmte Strohballen, und sie nahm es in ihrem geheimen Kämmerchen von der anderen Seite entgegen. Keiner der Kutscher bekam jemals etwas mit. Philomena fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen. Sie schmeckte noch das köstliche Aroma der Milch von heute Morgen. Seitdem August die Anstellung als Stallbursche in Xaver Krenkls Mietstall gefunden und ihr bei der Flucht aus dem Waisenhaus auf der Hohen Warte geholfen hatte, ging es ihr so gut wie lange nicht mehr! Das Bett aus Heu war viel weicher als der durchgelegene Federrost im Heim. Nachts hörte sie nicht mehr das herzzerreißende Weinen der anderen Mädchen im Schlafsaal, sondern das beruhigende Schnauben der Rösser. Und die schreckliche Sprengelfürsorgerin Ilse Schnürschuh, die meinte, Kinder ohne Eltern gehörten in Erziehungsanstalten weggesperrt, würde sie hinter der Wand aus Strohballen auch niemals finden. Die alte Hex’ ahnte doch nicht im Traum, dass »Zögling Nummer 34«, wie die Schwestern Philomena genannt hatten, neuerdings in der Leopoldstadt wohnte.

Inzwischen waren die Sonnenstrahlen durch die Kleiderschichten bis zu Philomenas Körper gedrungen. Sie öffnete ihre Strickjacke und die zwei obersten Knöpfe ihrer Bluse. Dann pfiff sie die ersten vier Töne von Johann Strauß’ »An der schönen blauen Donau«. Unmittelbar nach dem Auftakt erschien Kaiser Franz’ dichter grauer Schnauzbart im Tor. Aus seinem Maul baumelte ein Mäuseschwanz. Er schaute sie treuherzig an.

»Tüchtig, Durchlaucht! Unser August ist dir dankbar für jede Maus, die er nicht zermatscht aus der Falle kratzen muss.« Philomena tätschelte dem Riesenschnauzer den Kopf. »Aber jetzt sollten wir aufbrechen, sonst verpassen wir Wachtmeister Wachs. Außerdem wollen an so einem Tag bestimmt viele Leute schön saubere Schuhe haben, oder was denkst du?«

Kaiser Franz hatte keine besondere Meinung zu ihrer Vermutung. Zumindest äußerte er sie nicht. Was nicht nur daran lag, dass er sein Frühstück noch nicht heruntergeschlungen hatte. Aber er sprang zu Philomena und drückte sich an sie. Sie musste sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen ihn stemmen, damit sie der große Hund, dessen Rücken ihr bis zur Hüfte reichte, nicht umwarf. Für ihn war der Aufbruch jeden Morgen aufs Neue ein herrliches Abenteuer.

Philomena schloss das Tor. Dann schulterte sie den Klappstuhl für ihre Kunden, hob ihren Schuhputzkasten hoch und stiefelte, flankiert von Kaiser Franz, auf die Krummbaumgasse hinaus.

Das unerwartet warme Wetter hatte mehr Menschen als sonst auf die Straße gelockt. Auf dem Karmeliter-Markt drängten sich die Dienstmädchen um die Stände, als würden dort nicht Karfiol und Erdäpfel verkauft, sondern Erdbeeren und Kirschen verschenkt. Ihr Gelächter vermischte sich mit dem Klappern der Pferdehufe, die über das Straßenpflaster trabten. Ab und zu ertönte ein trötendes Hupen, weil es einem ungeduldigen Automobilbesitzer nicht schnell genug ging. Philomena nutzte eine Lücke im Verkehr und überquerte mit Kaiser Franz die Gasse. Drüben angekommen raffte sie ihren Rock und sprang über die Pfütze aus Abwasser, die sich in der Rinne unterhalb des Gehsteigs entlangzog. Schließlich wollte sie sich ihre eigenen Schuhe nicht schmutzig machen. Dieses Paar Halbschuhe von der Manufaktur Reiter war ihr wichtigstes Aushängeschild für die Arbeit als Schuhputzerin. Philomena hatte die Schuhe im Frühjahr von einer sehr großzügigen Kundin geschenkt bekommen, deren Mündel sie zu klein geworden waren. Doch Philomena passten sie, als wären die Leisten persönlich für sie angefertigt worden.

Auf dem Markt stürzte sie sich zielstrebig in die Menge. Aber heute kam sie nicht gut voran. Ständig rempelte jemand gegen den sperrigen Stuhl über ihrer Schulter. Unter einem der ersten Stände entdeckte Kaiser Franz dann auch noch einen Käfig voller Hühner. Die gackerten aufgeregt los, als er sie durch das Gitter beschnüffelte. Philomena klopfte ihm sanft auf die Flanke, um ihn daran zu erinnern, dass sie keine Zeit zum Trödeln hatten.

»Oar! ’s Stück zu 1650 Kronen!«, rief ihr der rotbackige Bauer über einen Stapel Eierkartons zu.

»Da muss ich leider noch ein bissel sparen«, lehnte sie das Angebot ab, »aber morgen kann ich mir bestimmt eines leisten!« Sie war felsenfest davon überzeugt, dass ihr dieser goldene Tag ein üppiges Einkommen bescheren würde.

»So billig gehn die morgn aber nimmer her!«, kündigte der Bauer an. »Wann i du war, tat i glei zugreifn.«

Philomena wusste selbst, dass das Geld mit jedem weiteren Tag noch weniger wert sein würde. Wenn das so weiterging, brauchte sie bald einen eigenen Rucksack für die Bündel Banknoten, die sie fürs Schuheputzen zugesteckt bekam! Aber im Moment besaß sie nicht mal eine 100-Kronen-Münze. Sie zog ihre Rocktasche aus dem Saum, um zu beweisen, wie leer diese war. Im Gesicht des Bauern erschien ein Ausdruck von aufrichtigem Mitleid. Plötzlich streckte er den Arm aus und reichte ihr ein Ei über den Stand. »Woaßt was? I hob heit mein Splendablen! Und du kannst a bissl an Speck auf die Rippn brauchn, Madl!«

Philomena bedankte sich, während sie das Ei sorgfältig in einen Lappen wickelte und in ihrem Schuhputzkasten verstaute: »Vergelts Gott, guter Mann! Wenn ich Ihnen die Schuhe putzen soll, kommen Sie gerne vorbei! Sie finden mich in der Berggasse 19, vor dem Haus von Professor Freud.«

»Beim Depperldoktor?«, fragte der Bauer und schnitt eine Grimasse. »Wo die vornehmen Fräuleins hingehn, die wo sonst keine Probleme ham?«

»Genau, beim berühmten Nervenarzt und Entwickler der Psychoanalyse!«, antwortete Philomena lachend. »Falls ich gerade nicht da sein sollte, fragen sie einfach nach Philomena Freud. Unter diesem Namen kennen mich all meine Freunde!«

2.Kapitel,in dem ein kleiner Junge eine echte Prinzessin kennenlernt und Kaiser Franz, völlig zu Recht, Spomapanadeln macht

Philomena pfiff nach Kaiser Franz, der inzwischen genug von den einfältigen Hühnern hatte, und reihte sich mit ihm wieder in den Strom der Menschen ein. Wenn sie ihren Freund, den Wachtmeister Gabriel Wachs, noch antreffen wollte, bevor der seinen Dienst antrat, mussten sie sich nun wirklich beeilen. Dieses morgendliche Treffen war wichtig für den restlichen Tag. Der Wachtmeister informierte Philomena nämlich zuverlässig darüber, in welche Wohnungen die Sprengelfürsorgerin ihre verschnupfte Nase stecken wollte. Einmal hatte er sogar extra einen Dienstgang unterbrochen, um Philomena zu warnen, dass die Schnürschuh überraschend im Anmarsch aufs Meldeamt war und vermutlich die Berggasse passieren würde. In Windeseile hatte Philomena ihren Schuhputzstand abgeräumt und sich im Hinterhof versteckt, bis die Gefahr vorübergezogen war. Zum Dank für diese Informationen putzte Philomena Wachtmeister Wachs kostenlos die Stiefel. Dabei rätselten sie gemeinsam über die spannendsten Verbrechen Wiens, die in der Kriminalabteilung von Kommissar Kraus bearbeitet und oft nicht gelöst wurden.

Philomena schlängelte sich, so gut es mit ihrem Arbeitsgerät ging, an den Wagen mit den Fisolen und den blauroten und weißgrünen Krautköpfen vorbei. Dahinter standen die Obstbauern, welche Lageräpfel, Birnen und Walnüsse aus dem Wienerwald anboten. In großen Körben dufteten bergeweise Waldpilze. Am Beginn der Zeile, wo die Fleischhauer ihre Bretterbuden hatten, zupfte jemand von hinten an ihrem Rock. Philomena drehte sich um und entdeckte einen kleinen Jungen, dessen Schirmkappe kaum über Kaiser Franz’ Rücken reichte. Er schaute mit großen Kulleraugen zu ihr hoch und fragte: »Hast du meine Mama gesehen?« Seine Unterlippe zitterte. Nicht mehr lange, dann würden die mühsam zurückgehaltenen Tränen fließen.

»Wie sieht deine Mama denn aus?« Philomena stellte den Stuhl ab und ging in die Hocke, um mit ihm auf Augenhöhe zu kommen.

Der Kleine rieb sich die Nase. »Hm. Sie ist groß und hat ihren Hut auf. Und sie ist wunderschön. So wie du, aber ganz anders. Du hast so blaue Augen und so blonde Haare und so eine kostbare Kette wie eine Prinzessin.« Er deutete auf die blank polierte Kupfermünze, die Philomena an einem Lederband um den Hals trug. Das kleine gelochte Geldstück war nichts wert. Aber Philomena bedeutete es viel, und sie trug es stets unter ihrer Bluse am Körper. Denn die Münze war 1908, im Jahr von Philomenas Geburt, in Belgien geprägt worden und zugleich das Einzige, was ihre Mutter ihr hinterlassen hatte.

»Vielleicht bin ich ja eine Prinzessin.« Philomena streichelte dem Jungen über die Wange und sah sich um. Jede zweite Frau hatte Ende Oktober einen Hut auf. Die wenigsten waren weizenblond wie sie selbst. Und weit und breit war keine zu erkennen, die aussah, als würde sie ein Kind vermissen.

»Was will die Mama denn heute kochen?«, fragte Philomena.

»Für eine Prinzessin bist du aber ganz schön dumm. Krautwickerl kocht die Mama. Weil die der Papa mag.«

»Und was magst du?«

»Das weißt du auch nicht? Ich mag süße Kipferl!«, erklärte der Kleine. »Die Mama tut mir auch immer eins kaufen, wenn wir hierher kommen.«

Mit dieser Auskunft konnte man arbeiten. Wäre sie Mutter, würde sie ihr Kind also zuerst da suchen, wo es Kipferl zu naschen gab.

Philomena schob sich das Stuhlgestell wieder über die Schulter, nahm die klebrige Hand des Buben und zog ihn hinter sich her in Richtung Leopoldgasse. Hier war der Bereich, in dem die Backwaren angeboten wurden. Sie hatte richtiggelegen. Eine aufgebrachte Frau stürmte ihnen schon vor dem ersten Stand entgegen. In ihrem Einkaufskorb schaukelten ein Weißkrautkopf und eine prall gefüllte Papiertüte. »Ernstl, da bist du ja!«, rief sie. Der Hut fiel ihr vom mausbraunen Haarkranz, als sie den kleinen Ernst an der Schulter griff und an sich presste. In Philomenas Richtung geiferte sie: »Was hattest du mit meinem Kind vor? Ich ruf die Polizei!«

An ihren zusammengepressten Kiefernknochen konnte Philomena erkennen, dass dies keine leere Drohung war.

»Die schöne Prinzessin hat mich doch zu dir gebracht!«, erklärte der kleine Ernst. »Weil du einfach weg warst.« Jetzt verstand die Frau. Ihr Blick wurde weich.

»Entschuldige bitte! Heutzutage kann man doch keinem mehr trauen«, erklärte sie verlegen. »Die ganze Stadt ist voll von Verbrechern. Du musst nur einmal die Zeitung aufschlagen, da wird dir angst und bang!«

»Aber natürlich! Ich verstehe, dass Sie sich Sorgen um Ihren Kleinen gemacht haben.« Philomena hatte inzwischen den Hut aufgehoben und reichte ihn der Frau. Dann verabschiedete sie sich von Ernst. »Ab jetzt schön bei der Mama bleiben, Ernst! Die Prinzessinnen haben nicht immer Zeit, um auf dich aufzupassen. Die müssen gegen wilde Drachen kämpfen und ihr Volk regieren.« Sie wollte sich zum Gehen wenden.

»Wart mal, Mädchen. Nimm das hier!«, rief Ernsts Mutter und drückte Philomena die Papiertüte aus ihrem Korb in die Hand. »Die Kipferl sind unser Dankeschön für dich, eines von mir und eines vom Ernstl!« Der Kleine protestierte lautstark, doch seine Mutter hob ihn einfach auf den Arm und stellte sich erneut in der Warteschlange vor Maislingers Feinbäckerei an.

Philomena konnte ihr Glück kaum fassen. Ein Ei und zwei Kipferl! Das war besser als Weihnachten und Geburtstag zusammen! Wie würde August die Augen aufreißen, wenn sie ihn heute Abend zu diesem Festmahl einlud!

Aber erst einmal musste sie zur Arbeit. So schnell es ihr mit Klappstuhl und Putzkasten möglich war, verließ sie den Marktplatz und lief die Gasse hinauf. Kaiser Franz trabte aufmerksam neben ihr her. Er schien zu wissen, dass nun Eile angesagt war.

Nach knapp zehn Minuten überquerten sie den Donaukanal und kamen an die Treppenanlage, die vor den Gleisen der stillgelegten Dampfbahnlinie zur Straße hinaufführte. Dort oben thronte die »Liesl«. Das mächtige Polizeigebäude mit Gefangenenhaus verdankte seinen fröhlich klingenden Spitznamen der Straße, an der es erbaut worden war. Die hatte bis zur Abschaffung der Monarchie noch Elisabeth-Promenade geheißen. Philomena rannte keuchend die Stufen zur Straßenebene hinauf. Der Schuhputzkasten schlug ihr dabei gegen den Oberschenkel, und die Querstrebe des Klappstuhls stieß gegen ihre Wade. Aber nun war es geschafft. Der Haupteingang der Liesl kam in Sicht! Hoffnungsvoll reckte Philomena den Hals. Da stand auch jemand unter dem Türbogen! Doch als sie die Gestalt genauer sah, musste Philomena enttäuscht feststellen, dass es sich nicht um die bärenhafte Figur von Wachtmeister Wachs handelte. Das dort war nur ein zerlumptes, altes Mütterchen mit einem Wäschesack. Philomena sah sich um. Der Wachtmeister war auch sonst nirgendwo zu sehen. Also saß er schon an seinem Schreibtisch oder war zu einem Einsatz gerufen worden.

»Mist, Mist, Mist!«, entfuhr es ihr. »Hätte ich nur nicht so lange mit dem Eiermann getratscht!«

Kaiser Franz fiepte beunruhigt. Schließlich hatte auch er getrödelt und sich von den Hühnern ablenken lassen.

»Wird eh gutgehn«, beruhigte Philomena ihn und zugleich auch sich selbst. »Die Schnürschuh hat in der Berggasse nichts zu tun, da wohnen nur Reiche. Die treibt sich lieber am Bahnhof rum und schikaniert dort die armen Familien mit ihren Hygiene-Vorschriften. Das wär schon ein blöder Zufall, wenn sie ausgerechnet heute zum Meldeamt wollte.«

Sie überquerten die ehemalige Elisabeth-Promenade, die nun Rossauer Lände hieß, und begannen nebeneinander, die Berggasse hinaufzulaufen.

Doch kurz vor der nächsten Kreuzung wurde Philomena schon wieder von Kaiser Franz ausgebremst. Bockig wie ein Esel blieb er plötzlich stehen, völlig reglos. Nur wenn man ihn genau beobachtete, konnte man Zuckbewegungen an seiner Schnauze wahrnehmen. Philomena beobachtete immer genau. Welcher Geruch war ihm wohl gerade in die Nase geweht? Außer dem alten Mütterchen mit ihrem Wäschesack, das hinter ihnen herhumpelte, war nichts Auffälliges zu entdecken. Trug die Frau darin vielleicht etwas Essbares? Wahrscheinlicher war, dass sich eine schmackhafte Ratte zwischen den Mistkübeln in der dunklen Hauseinfahrt neben ihnen versteckte.

»Ihre Majestät Kaiser Franz Joseph!«, sagte Philomena, »Bewegen Sie bitte den durchlauchtigsten Popsch. Wir wollen unsere Kunden und Kundinnen nicht warten lassen.«

Sie versuchte, den Riesenschnauzer weiterzuschieben. Aber ein Zentner Hund lässt sich schlecht bewegen, wenn er nicht will und wenn man selbst eher weniger wiegt. Zumal Philomena auch noch beide Hände voll mit Schuhputzkasten und Kipferltüte hatte und ihm nicht weh tun wollte.

Aber langsam wurde sie ungeduldig. »Herrschaftszeiten. Jetzt lass die Spomapanadeln!«, schimpfte sie. Kaiser Franz legte angesichts dieser strengen Aufforderung nur die Ohren an.

»Dann geh ich eben ohne dich weiter.« Um zu zeigen, dass sie es ernst meinte, stapfte Philomena los. Dabei sah sie sich jedoch immer wieder um. Sie wollte sichergehen, dass Kaiser Franz ihr folgte. Doch das Gegenteil war der Fall! Der sture Kerl setzte sich jetzt auf seinen Popsch, anstatt ihn zu bewegen. Und er fing jämmerlich an zu jaulen! Darum sah und hörte Philomena nicht die Schritte der Frau, die in diesem Moment hinter dem Häuserblock aus der Servitengasse trat, und rannte direkt in sie hinein. Der Schuhputzkasten fiel krachend auf den Boden. Sein Deckel klappte auf. Und das Ei kullerte heraus und auf die Gehwegkante zu. Das kostbare Ei!

»Pardon!«, entschuldigte sich Philomena, ohne aufzusehen. Gleichzeitig versuchte sie, das Ei zu erwischen, bevor es von der Bordsteinkante auf die Gasse plumpsen und zerbrechen konnte.

»Sappralot! Kannst du nicht aufpassen!«, schimpfte die Frau von oben herab. Ihre Stimme hatte einen unangenehmen, kreidigen Tonfall.

Kannte Philomena diese Stimme nicht? Sie griff nach dem Ei und sah aus den Augenwinkeln die groben Wollstrümpfe und abgelaufenen, schwarzen Schuhe der Frau. In ihrem Kopf tanzten die Gedanken kreuz und quer durcheinander. Jetzt hatte sie das Ei erwischt, gerade noch rechtzeitig. Die schiefen Absätze der Frau kamen ihr ebenfalls bekannt vor. Hatte sie diese Schuhe etwa schon geputzt? Nein, das Leder wirkte stumpf, als wäre es immer nur mit Wasser gesäubert worden. Zum Glück war die Eierschale nicht gesprungen. Die plumpe Schuhkappe drehte sich in Philomenas Richtung, machte einen Schritt auf sie zu. Philomena verstaute das Ei vorsichtig in ihrer Rocktasche. Solche Schuhe trugen Frauen, die nicht arm, aber auch nicht besonders reich waren. Und Schuhe in einem solchen Zustand trugen Frauen, die wenig Wert auf ihr Äußeres legten und viel laufen mussten. Frauen wie … Philomena sah erschrocken hoch.

Frauen wie Ilse Schnürschuh!

3.Kapitel,in dem Philomena einen wettkampfreifen Tiefstart hinlegt und Kaiser Franz ein kaltes Bad nimmt

Die Sprengelfürsorgerin hatte sie bereits erkannt.

»Zögling Nummer 34!«, flüsterte sie, als hätte sie einen stadtbekannten Serienmörder auf frischer Tat ertappt. Dann sagte sie mit dünnen Lippen: »Das trifft sich gut, dass du hier durch den 9. Bezirk spazierst! Ich wollte gerade bei der

Polizeidirektion eine verwahrloste Familie anzeigen. Dahin wirst du mich begleiten, und dann bringe ich dich umgehend zurück ins Waisenhaus auf die Hohe Warte. Diesmal werden die Schwestern besser auf dich aufpassen.«

Philomena spürte, wie ihr Herz anfing zu rasen. Rennen, schoss es ihr durch den Kopf. Nichts wie weg! Sie wollte sich aufrichten. Doch sie kam mit dem Klappstuhl, der bei dem Sprung nach dem Ei halb von ihrer Schulter gerutscht war, nicht so schnell aus der Hocke hoch. Und die Schnürschuh war nicht dumm. Die ahnte natürlich, was Philomena vorhatte. Sie nutzte die Verzögerung und blockierte Philomenas Fluchtweg mit einem Ausfallschritt. Gleichzeitig griff sie nach Philomenas Oberarm.

Aber die hatte bereits einen anderen Plan. Sie drehte sich auf den Fußballen, sodass sie gerade noch unter Ilse Schnürschuhs Fingern wegtauchen konnte. Dabei wand sie sich vollends aus dem Klappstuhl und stieß ihn hinter sich. Aus der Drehung heraus startete sie vom Boden in den Sprint. So kraftvoll wie die Leichtathletinnen bei den Wiener Bezirkswettkämpfen! Während Ilse Schnürschuh beim Versuch, ihr zu folgen, in den Stuhl hineinstolperte und sich mit den Füßen in dessen Gestell verhedderte. Dies bescherte Philomena einen wertvollen Vorsprung. Sie rannte auf Kaiser Franz zu, der ihre Begegnung mit der Schnürschuh mit gesträubtem Fell beobachtete.

»Komm!«, schrie Philomena. Kaiser Franz folgte prompt.

Aber wohin? Erst einmal die Berggasse hinunter. Philomena wich dem alten Mütterchen mit dem Wäschesack aus, dann schaute sie über ihre Schulter zurück. Ilse Schnürschuh war am Aufholen. Sie lief mit kaum einem Häuserblock Abstand hinter ihnen her! Diese dürre Person war schneller, als sie aussah. Nicht einmal der Rock und das schwere Cape aus mausgrauer Wolle schienen sie einzuschränken. Philomena versuchte, ihr Tempo zu steigern.

Doch nun trat vor ihr aus einer Einfahrt eine Gruppe junger Zimmermänner. Einer von ihnen breitete grinsend die Arme aus und tat so, als hätte er sehnsüchtig auf Philomena gewartet. Was für ein Trottl!

»Haltens das Mensch!«, brüllte die Schnürschuh von hinten dem Burschen zu. So trottelig war er gar nicht. Er reagierte prompt und stellte sich Philomena mitten in den Weg.

Philomena schlug einen Haken und wechselte auf die Straße.

Ausgerechnet jetzt bog aber eine Studentin mit einem Stapel Bücher am Gepäckträger auf einem Fahrrad aus der Hahngasse in die Berggasse! Philomena und die Studentin bremsten gleichzeitig ab. Das Fahrrad kam ins Schlingern, die Studentin fing sich im letzten Moment und radelte fluchend weiter. Diese wenigen Sekunden hatten der Schnürschuh genügt, um deutlich aufzuholen. Inzwischen befand sie sich höchstens zehn Meter hinter Philomena und Kaiser Franz. Lange würde Philomena nicht mehr durchhalten können. Die Brust wurde ihr schon eng. Dafür schien die Ausdauer der Sprengelfürsorgerin umso besser zu sein! Trainierten diese Krawallschachteln etwa heimlich auf dem Sportplatz vom Waisenhaus? Sie abzuhängen, würde Philomena kaum gelingen.

Doch wo gab es ein geeignetes Versteck, in das sie unbemerkt schlüpfen konnte? Sollte sie versuchen, im Gewirr des Tandelmarkts abzutauchen? Die Halle war schon in Sichtweite. Sogar der muffige Geruch der gebrauchten Waren lag bereits in der Luft. Aber der Markt konnte sich auch als Falle erweisen. So, wie die Schnürschuh herumbrüllte, mussten die Leute denken, dass Philomena eine Taschendiebin wäre! Und am Ende würde sie doch einer festhalten. Besser, sie hielt sich von Menschenmengen fern. Philomena war jetzt fast wieder bei der Rossauer Lände angelangt. Vor ihr öffnete sich der freie Himmel über dem Donaukanal. Und da erkannte sie den Ausweg. Geradewegs aufs Ufer zu, die Stiege hinunter, zur unteren Ebene! Das war die perfekte Möglichkeit, sich in Luft aufzulösen. Wenn sie die Stufen herunterrannte, würde ihre Verfolgerin sie so lange aus dem Blick verlieren, bis sie selbst bei der Treppe ankam. Und genau in dieser Zeit könnte sich Philomena über den Zaun auf die Gleise der Dampfstadtbahn retten. Seitdem die Bahnlinie aufgrund von Kohlemangel stillgelegt worden war, dienten die Tunnel allerlei Gesindel als Unterschlupf. Hier unten würde die Schnürschuh sie niemals aufspüren.

Die Aussicht, ihre Verfolgerin gleich los zu sein, spornte Philomena an, noch einmal alles zu geben. Sie pfiff Kaiser Franz zu sich heran, ignorierte Hupen, Geschimpf und Klingeln und stürzte sich mit dem Hund zwischen einem Fiaker und einem Fuhrwerk über die Straße. Das heranrasende Automobil bemerkte sie erst, als es eine Handbreite hinter ihr vorbeischoss. Dann rannte sie die Stufen hinunter, immer zwei auf einmal nehmend. Direkt neben der untersten Stufe begann auch schon der schmiedeeiserne Zaun, der Passanten daran hindern sollte, auf die Gleise zu gelangen. Dahinter würde Philomena in Sicherheit sein. Sie nahm Anlauf, sprang beherzt gegen die Gitterstäbe, griff daran und zog sich mit Schwung nach oben. Im Sprung schleuderte sie ihr Bein hoch und hatte es geschafft! Es gelang Philomena, sich mit ihrer Ferse über der oberen Querstrebe des Zauns festzuhaken. Nun konnte sie sich wie ein Äffchen zur Gänze hochhangeln. Einen Atemzug später ließ sie sich auf der anderen Seite herunterplumpsen.

Kaiser Franz lief aufgeregt vor dem Zaun auf und ab und versuchte, seinen breiten Schädel zwischen den Stäben durchzudrücken. Er winselte jämmerlich. Natürlich wollte er dahin, wo Philomena war, aber über solch eine Höhe konnte er nicht springen.

»Suchs Mauserl!«, forderte Philomena ihn auf, sich selbstständig zu machen. »Ich warte hier auf dich. Versprochen.« Das wirkte immer. Mit der Aussicht auf eine feine Zwischenmahlzeit trollte sich Kaiser Franz zu der grasbewachsenen Uferböschung.

Keine Sekunde zu früh! Denn nun hörte Philomena harte Absätze die Stufen hinabklappern. Sie machte einen schnellen Schritt zur Seite und drückte sich flach hinter den nächsten Stützpfosten. Tiefer hinein in das Dunkel traute sie sich allein nicht. Wer wusste schon, wie die Leute, die hier zwischen Pappkartons und Lumpen hausten, gerade aufgelegt waren. Unwillkürlich schob sie die kleine Münze, die sie um den Hals trug, zurück unter ihre Bluse und schloss die beiden Knöpfe. Für diese Art von Menschen konnte selbst ein wertloses 10-Centimes-Stück zum Anlass für ein Verbrechen werden. Philomena beäugte ängstlich einen Haufen dreckiger Decken unmittelbar in ihrer Nähe. Er sah so aus, als würde eine sehr große Gestalt darunterliegen. Doch nichts rührte sich. Ob der Mensch überhaupt noch lebte? Angestrengt lauschte Philomena nach Atem- oder Schnarchgeräuschen. Doch sie konnte nur eine bedrohliche Stille vernehmen. Selbst das Absatzgeklapper draußen auf der Treppe war jetzt verklungen. Also wagte sie es, vorsichtig um den Pfosten herum zu linsen. Doch obwohl sie sich im Vorhinein darauf eingestellt hatte, zuckte sie vor Schreck zusammen, als sie die Schnürschuh derart nahe vor sich sah. Die Sprengelfürsorgerin stand nicht mal eine Armeslänge von ihr entfernt außerhalb des Zauns, stemmte sich die Hände in die Seiten und sah sich dabei um. Philomena hätte sie anfassen können! Ihre Verfolgerin zeigte den