Rosa Räuberprinzessin - Annette Roeder - E-Book

Rosa Räuberprinzessin E-Book

Annette Roeder

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Beschreibung

Pink stinks? Von wegen!!

Rosa ist fröhlich, frech und mutig, meist in Latzhosen unterwegs und klettert gerne auf die höchsten Bäume. Aber viel lieber als die Hosen ihrer drei Brüder aufzutragen, hätte sie gern ein rosa Rüschenkleid und ein Krönchen – wie eine Prinzessin! Doch die kleine Farm ihrer Eltern im Grillenwinkel ist kein Schloss, und rosa sind dort nur die Ferkel im Stall. Ein Glück, dass Rosa ihren Esel hat! Der ist nämlich in Wahrheit ein Einhorn, kann sprechen und hat viele gute Ideen. Manchmal sogar zu gute ... Ob die beiden es gemeinsam schaffen, dass aus Rosa doch noch eine echte Prinzessin wird?

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Seitenzahl: 159

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Annette Roeder

Illustrationen von Katrin Engelking

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Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

© 2018 cbj Kinder- und Jugendbuchverlag

in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Alle Rechte vorbehalten

Umschlagillustration und -konzeption: Katrin Engelking

Umschlagfertigstellung: Kathrin Schüler

CK • Herstellung: UK

Reproduktion: Reproline mediateam, München

ISBN 978-3-641-15005-1V002

www.cbj-verlag.de

Wirbelsturm im Grillenwinkel

Rosa tobt wie ein Wirbelsturm. Sie schleudert die getupfte Bluse, einen Strickpulli, zwei Unterhemden und sieben Unterhosen aus dem Kleiderschrank. Der Hosenrock und das Kleid mit den Delfinen flattern hinterher. Eine Ringelsocke zischt zur Zimmerdecke und bleibt in der Ballonlampe hängen.

Aber das T-Shirt, das Rosa sucht, ist nicht im Schrank. Also kriecht sie unter das Bett. Hier liegen viele Schachteln mit Spielen, die lang vermisste blaue Wachsmalkreide und jede Menge Staub. Zurückgerobbt und auf das Bett hinauf. Im Spalt zwischen Matratze und Wand drängt sich Großfamilie Bär. Doch keiner der Bärenpopos sitzt auf Rosas T-Shirt. Rosa wirft einen letzten Blick auf das Durcheinander in ihrem Kinderzimmer. Das T-Shirt ist nicht da. Sie läuft hinüber ins Bad. Der Wäschekorb ist leer.

Hat Mama etwa …? Ausgerechnet heute? Ausgerechnet an dem Tag, an dem Rosa sich besonders hübsch anziehen möchte, weil die Kirmes beginnt?

»Wehe!«, murmelt Rosa und saust die Treppe hinunter und den langen Gang entlang bis in die Waschküche. Sie stolpert über die Schachtel mit dem Waschpulver. Der Duft von einem Strauß Frühlingsblumen weht in ihre Nase. Die steckt Rosa jetzt allerdings lieber in die Wäscheberge. Wie ein Maulwurf wühlt sie sich durch den krähenschwarzen Stapel. Hosen und Pullis von allen drei Brüdern: Robin, Rocco und Rochus. Dahinter türmt sich die weiße Wäsche, die aus Papas Laborkitteln für die Grillenzucht besteht. Ein einzelner schwarzer Strumpf hat sich allerdings hierherverirrt. Der ist so riesig, dass er nur von Rochus sein kann. So stinkt er auch. Rosa weiß, dass Mama schwarze Socken in der weißen Wäsche nicht leiden kann, weil die Wäsche dann grau wird. Sie greift den Socken mit spitzen Fingern und schnipst ihn zu seinen schwarzen Brüdern hinüber.

Nachdenklich mustert Rosa die Wäschehaufen.

Fehlt hier nicht noch einer? Genau, der normalerweise größte Wäscheberg in der Waschküche, der blaue Jeansberg, er ist nicht da! Dafür läuft die Waschmaschine.

Rosa hockt sich vor das Bullauge und versucht zu erkennen, was sich hier im Kreis dreht. Blau, Schaum. Schaum, Blau. Blau, Schaum. Rosa wird schon ganz schwindelig. Aber da … zwischen Blau und Schaum: ein dunkelrosa Stoffzipfelchen! Das muss ihr T-Shirt sein.

»Mama!«, plärrt Rosa. »Komm schnell!«

Doch Mama hört sie nicht. Wahrscheinlich melkt sie Kuh Melanie, oder sie kocht Kakao fürs Frühstück, oder sie versetzt den Weidezaun von Sau Sieglinde und ihren Ferkeln. Oder, oder. Im Grillenwinkel gibt es viele Möglichkeiten, anderswo zu sein.

Rosa muss ihr T-Shirt also selbst aus der Maschine holen. Sie reißt an der runden Klappe. Die geht nicht auf. Also drückt Rosa auf allen Knöpfen herum, bis keines der Lämpchen mehr leuchtet. Die Tür lässt sich trotzdem nicht entriegeln. Auf der Maschine entdeckt Rosa schließlich einen Schraubenzieher. Bestimmt ist er dafür gedacht, die Waschmaschine zu öffnen. Im Grillenwinkel funktionieren viele Sachen nicht richtig. So wie das Fenster, das man mit Paketband zukleben muss, oder das Dach, unter dessen Löchern Eimer hängen. Rosa stochert mit der Spitze des Schraubenziehers in die Gummidichtung. Gleichzeitig zerrt sie mit der anderen Hand am Griff. Da geht mit einem Ruck die Klappe auf. Ein Schwall schaumige Brühe schwappt Rosa entgegen, fließt über ihre Arme und Beine und macht sich auf dem Boden breit. Als nur noch ein Bächlein aus der Waschmaschine herausrinnt, greift sie in die Öffnung und hält gleich darauf ein patschnasses Knäuel in den Händen: ihr T-Shirt! Hell funkeln die Edelsteine auf dem Stoff. Rosa muss gar nicht den ganzen Satz sehen, um zu wissen, was da steht: Born to be a princess!

Das ist Englisch. Obwohl Rosa in der ersten Klasse noch nicht Englisch lernt, weiß sie, was die Worte bedeuten. Ihre Patentante Roswita hat sie übersetzt, als sie Rosa das T-Shirt zum vierten Geburtstag geschenkt hat.

»Zur Prinzessin geboren«, flüstert Rosa und streicht mit den Fingerspitzen über die Diamanten. Sie wäre auch so gern eine geborene Prinzessin. Wie Cinderella!

Sie drückt vorsichtig das Wasser aus dem Stoff und zieht ihn glatt, um das wunderschöne Bild von Prinzessin Cinderella unter der Schrift zu bewundern. Doch dann schreit sie auf. Der rosa Stoff ist mit hässlichen grauen Flecken überzogen. Und Cinderella hat lauter blaue Punkte im Gesicht!

Rosa ist (fast) untröstlich

Vielleicht sind es ja Wunschpunkte!« Mama versucht Rosa zu trösten und umarmt sie fest. Robin hat Rosa in der Waschküche entdeckt, aus dem Schaum gezogen und in die Stube geschleppt. Jetzt sitzt die jammernde Rosa auf Mamas Schoß. Alle sind ganz betroffen. Wenn Rosa so heult, muss etwas richtig Schlimmes passiert sein. Sogar Herr August hat seinen riesigen Wolfshundeschädel auf Rosas Oberschenkel gelegt und jault mit.

»Wunschpunkte? Cinderella ist doch kein Sams!« Rosa zieht beleidigt auf ihren eigenen Stuhl um. »Mach sofort die blöden Punkte weg, Mama! Ich will mein T-Shirt zur Kirmes anziehen.«

Mama schaut auf ihre Uhr und dann auf das tropfende T-Shirt, das über dem Kachelofen hängt. »Dazu ist jetzt keine Zeit mehr. Und wenn ich die Flecken entfärbe, verschwindet vermutlich auch die rosa Farbe.« Sie wirkt nicht so, als fände sie den Gedanken schlimm. Aber Rosa findet ihn sehr schlimm. Sie heult wieder auf.

»Tut mir wirklich leid, es ist meine Schuld«, sagt Papa und tät­schelt Rosas Haare. »Dein T-Shirt war total verdreckt. Da hab ich es zu den Jeans gesteckt. Ich wusste nicht, dass die so abfärben.«

Mama will Papa verteidigen: »Das Problem ist, dass wir sonst keine rosa Wäsche haben, mit der wir es zusammen waschen könnten«, erklärt sie.

»Genau! Das ist sogar ein ganz großes Problem!« Rosa schnieft. »Jetzt gibt es bei uns außer Sieglinde und ihren Ferkeln und der Ballonlampe gar nichts mehr in Rosa! Und die Lampe musste ich sogar von meinem Taschengeld bezahlen, weil Mama keine rosa Lampe kaufen wollte, sondern eine blaue.«

»Ich dachte, deine Rosa-Phase geht bestimmt schnell vorbei«, rechtfertigt sich Mama.

Rochus bekräftigt: »So ist das eben, wenn man drei ältere Brüder hat. Du kannst nicht erwarten, dass wir alle rosa Röckchen tragen, damit du sie mal erben kannst, wenn wir rausgewachsen sind.«

»Vielleicht könnten wir für Rosa mal eine Ausnahme machen und wenigstens Hosen in Rosa kaufen?«, bietet Robin an.

»Hast du noch alle Tassen in der Tiefkühltruhe?« Rocco schüttelt sich bei dem Gedanken. »Pink und Rosa ziehen Zicken an, die nichts in der Birne haben.«

Wenn Rosa so was Blödes hört, wird sie sauer. »Gar nicht wahr! DU hast nichts in der Birne als Matsch! Eine Farbe zeigt doch nicht, WIE jemand ist.«

Papa will die Diskussion offensichtlich gerne beenden und schlägt vor: »Du kannst dir ja zum Geburtstag ein neues T-Shirt wünschen.«

Das bringt Rosa auf eine Idee. »Da wünsche ich mir lieber gleich ein richtiges Prinzessinnenkleid!« Zur Sicherheit fügt sie hinzu: »Natürlich auch rosa und mit Glitzer, aber ohne Delfine.«

Mama rauft sich die Locken. »Woher hat das Kind nur diesen Hang zu dem ganzen rosa Rüschelkram? Ich habe doch Lullufee, Barbie, Polly Dingsbums und wie diese Modehexen alle heißen, nie in unser Haus gelassen.«

»Wenn du kein Rosa magst, hättest du mich eben nicht Rosa nennen dürfen!« trumpft Rosa auf und stopft sich ein Stück Hörnchen in den Mund.

»Dein Name ist doch bloß eine Kurzform von Roswita«, wider­spricht Rochus, der Gescheitmeier. »Der hat überhaupt nichts mit der Farbe Rosa zu tun.«

»Ist doch ganz egal«, erklärt Rosa schmatzend, »ich mag Rosa ganz einfach. Das ist angeboren.«

»Angeboren?« Mama sieht an ihrem grün-weiß geringelten Hemd und den Jeans zu ihren weißen Turnschuhen hinunter. »Unmöglich!«

»Dann bin ich halt im Krankenhaus vertauscht worden.« Rosa verschränkt die Arme vor der Brust. »Meine echten Eltern sind sicher Könige oder Grafen oder so was. Und irgendwo auf der Welt sitzt eure wahre Tochter in einem herrlichen rosa Zimmer in einem rosa Schloss, trägt die schönsten rosa Kleider und würde viel lieber Jeans und Turnschuhe anziehen.«

»Da muss ich dich enttäuschen. Du bist kein Königskind, sondern ein waschechtes Rangelkind. Hier im Grillenwinkel geboren, Verwechslung ausgeschlossen.« Papa hält Mama, die gerade mit der Teekanne an ihm vorbeigeht, am Gürtel fest und zieht sie an sich heran. »Ich war nämlich dabei.« Er küsst Mama stolz auf die Wange.

Mama küsst ihn zärtlich zurück.

Bei so viel peinlicher Küsserei gibt Rosa sich nun doch geschlagen. Natürlich nur scheinbar. Bevor sie gleich alle zusammen zur Kirmes aufbrechen, wird sie nämlich noch ihr verfärbtes Cinderella-Shirt trocken föhnen. Wunschpunkte hin oder her. Es ist immer noch ihr liebstes Kleidungsstück!

Professor Rangels Grillenbude

Die Kirmes in Sonnenbühl ist das schönste Fest im ganzen Jahr. Von überall strömen Besucher über die Felder herbei, um am ersten Septemberwochenende drei Tage lang zu feiern. Sie kommen aus Undingen und Dusslingen und aus Wiesmühl. Zur Kirmes in Sonnenbühl kommen sogar noch mehr Besucher als zur Ernennung des Präsidenten von Amerika!

In diesem Jahr freuen sich Rosa und ihre Familie ganz besonders auf die Kirmes. Denn Rosas Eltern haben zum ersten Mal einen eigenen Verkaufsstand: Rangels Grillenbude steht in bunter Schrift am Dach.

Grillenbude? Ja wirklich, das ist kein Witz! Professor Rangel züchtet im Grillenwinkel Grillen, die man essen kann. Bei uns in Europa klingt das noch ziemlich ungewöhnlich. Aber in vielen anderen Ländern, in Südamerika, in Afrika und in Asien, verspeisen die Leute ganz selbstverständlich Grillen und andere Krabbeltiere. Die sind nämlich sehr gesund und schmecken ­lecker. Dass man sich vor ihnen nicht grausen muss, will Rosas Papa den vielen Gästen auf der Kirmes beweisen. Er ist ziemlich nervös. Ob es ihm gelingen wird?

Rosas blau geflecktes Cinderella-T-Shirt ist noch ein bisschen feucht, als Papa den VW-Bus auf dem Parkplatz neben der Festwiese abstellt. Gemeinsam schleppen Robin, Rochus und Papa die großen Töpfe mit Grillenrisotto, Grillengulasch und Grillenbratlingen zum Stand. Mama hat das hübsche Holzhäuschen schon am Vortag mit frischen Birkenzweigen dekoriert. Jetzt balanciert sie eine Kiste mit ihrem selbst getöpferten Geschirr. Rocco hat sich die Pakete mit den Servietten und dem Bambusbesteck unter den Arm geklemmt. Und Rosa trägt die Schachtel mit den Schoko-Grillen. Weil alle zusammenhelfen, ist schnell alles ausgepackt und eingeräumt. Zuletzt hängen Papa und Mama sich die Schürzen mit den aufgestempelten Käfern um. Der Verkauf kann beginnen!

»Kann ich Geld haben?«, fragt Rocco. »Ich will Wilde Maus, Riesenrad und Autoscooter fahren und Luftgewehr schießen will ich auch.«

Mama schaut besorgt in ihr Portemonnaie. »Da muss sich ein Münzenfresser eingenistet haben«, sagt sie schließlich und ­kramt für jedes Kind drei Euro heraus. »Mehr als eine Sache pro Nase ist leider nicht drin.«

Rocco will sich nicht so einfach abspeisen lassen. »Ihr nehmt doch ab jetzt viel Geld ein!«, protestiert er.

Papa zeigt auf einen großen roten Marienkäfer aus Ton, den Mama für ihn getöpfert hat, als Sparbüchse. »Jeder Cent, den wir verdienen, kommt hier hinein. Ihr wisst doch, dass es in den Speicher regnet. Vor dem Herbst muss dringend ein Dachdecker kommen und das Dach reparieren.«

»Wenn ich nur eine Sache machen darf, werde ich mir Anteks Zauberschau ansehen«, sagt Rochus. »Ich will rausfinden, wie die Jungfrau zersägt wird. Das ist für einen Erfinder wie mich sehr interessant. Dann bau ich auch so eine Kiste und zersäge Herrn August oder Sieglinde.«

»Schau dir gerne die Zauberschau an. Aber Experimente mit unseren Tieren verbitte ich mir!«, antwortet Mama streng.

Rocco schlägt vor, dass Rochus mit Rosa üben soll. »Bam! Bam! Bam!«, ballert er dann mit einem unsichtbaren Gewehr in die Luft. Mehr muss er nicht sagen. Alle verstehen auf Anhieb, dass er sich fürs Luftgewehrschießen entschieden hat.

»Also ich kaufe mir eine ordentliche Bratwurstsemmel!« Robin steckt seine Münzen in die Hosentasche und verzieht sich, bevor Papa ihm eine Brat-Grillen-Semmel anbieten kann.

»Und was wirst du mit deinen drei Euro machen, Rosa-Schätzchen?«, fragt Mama.

»Ich schau mir erst mal in Ruhe alles an und entscheide mich dann«, sagt Rosa. Doch das ist leichter gesagt als getan!

Wer die Wahl hat, hat die Qual

Die Elfenflügel und der Haarreif mit dem Glitzerschmetterling sind leider viel zu teuer. Aber himbeerfarbene Zuckerwatte könnte Rosa sich leisten. Auch eine essbare Kette mit himmel­blauen, lindenblattgrünen und kirscheisrosa Schleckerperlen. Oder soll sie sich drei Lose kaufen? Was aber, wenn sie dann nicht die Babypuppe im rosa Strampler gewinnt, die sie so gerne haben würde?

Rosa überlegt hin und her. Es gibt einfach zu viele Wunder, um sich für eines zu entscheiden. Papa und Mama müssen Rosa helfen, die richtige Wahl zu treffen.

Schnell drängt sie sich durch die dichte Menschenmenge zurück. Vor Rangels Grillenbude ist es allerdings ziemlich leer.

»Ich weiß nicht, wofür ich mein Geld ausgeben soll!«, ruft Rosa ihren Eltern zu. »Ihr müsst mir helfen!«

Doch Mama und Papa achten nicht auf sie. Sie beobachten erwartungsvoll eine Gruppe Jugendlicher, die sich vor der Preisliste aufgebaut hat. »Grillenrisotto zwei Euro fünzig? Bekomm ich die, wenn ich das Risotto runterbringe, ohne zu kotzen?«, fragt einer von ihnen.

Papa lässt sich nicht beirren und hält ihm einen Löffel mit Grillengulasch hin. »Grillen sind sehr lecker. Kleine Kostprobe gefällig?«

Der junge Mann macht ein Würgegeräusch und rennt davon. Seine Freunde folgen ihm gackernd.

Da schaut Papa schrecklich enttäuscht. »Nicht mal eine einzige Schoko-Grille haben wir bisher verkauft«, sagt er und seufzt.

»Wir sind ja noch am Anfang.« Mama versucht zuversichtlich zu wirken. »Der Freitagnachmittag und das ganze Wochenende liegen noch vor uns. Schaut, da kommen die Bürgermeisters. Frau Wursthorn ist doch sicher hungrig!«

Zwischen dem Bürstenmacher und der Saftbar spazieren tatsächlich der Bürgermeister und seine Frau heran. Wie ein leckeres Marzipanschweinchen sieht Frau Wursthorn in ihrem rosa Dirndl aus. Sie reckt den Hals über die Theke. »Das duftet ja herrlich. Was gibt’s denn hier?«

Mama erklärt die Speisen: »Grillenrisotto, Grillengulasch, Professor Rangels berühmte Grillenburger oder alles zusammen auf der gemischten Krabbelplatte.«

Frau Wursthorn schaut wie ein schielendes Opossum und hakt sich wieder bei ihrem Mann unter. »Ich möchte doch lieber noch eine Portion von Bäcker Zopfs Zimtschnecken essen, Willi.«

Im Vorbeigehen zwickt sie Rosa sanft in die Wange und zwitschert: »Schade, dass man dich hier nicht kaufen kann, mein Schnuckipucki!«

Die Warteschlange vor Bäcker Zopfs Stand reicht fast bis zu Rangels Grillenbude. Trotzdem stellen sich die Wursthorns hinter den Geschwistern Daune an.

Mama wendet sich Rosa zu. »Als ob ich dich hergeben würde«, zischt sie leise. »Und jetzt lass uns überlegen, was du dir am besten von deinem Geld kaufst.«

Doch Rosa weiß schon, was das Beste ist. Sie pult die drei Euro­münzen aus ihrem Beutelchen und streckt sie Papa hin.

»Einmal die gemischte Krabbelplatte bitte!«, sagt sie laut.

Gemischte Krabbelplatte und ein Geschenk von Irmela

Grinsend füllt Papa die Gerichte auf den Teller und reicht ihn über die Theke.

»HMMM, ist das lecker!«, ruft Rosa. Sie sieht aus dem Augen­winkel, dass sich Frau Wursthorn neugierig umdreht. Rosa pickt eine Grille aus dem Gulasch und lässt sie genüsslich zwischen ihren Lippen verschwinden. Die Grille schmeckt hauptsächlich nach Papas Kräutersalz und ein bisschen nach Nuss. Für Rosa ist das natürlich nichts Neues. Wenn Papa kocht, gibt es immer was mit Grillen.

»OOOOHH, ist das gut! So etwas Köstliches habe ich ja noch NIE gegessen!«, ruft Rosa nun noch lauter. »HMMMMMMM!«

Frau Wursthorn stöckelt zu Rosa zurück.

»Du isst tatsächlich Grillen, mein Zuckerwuckerl?«, fragt sie neugierig.

Statt einer Antwort schleckt Rosa schmatzend den Teller ab.

Frau Wursthorn reißt ungläubig die Äuglein auf. »Und die schmecken?«

»Natürlich!« Das ist nicht gelogen. Aber jetzt schwindelt Rosa ein bisschen: »Sonst hätte Papa beim 81. Käferkochwettbewerb in Südnordafromerika nicht fünf Sterne und einen Mond gewonnen.«

Als er das hört, will Papa protestieren, doch Mama stößt ihm den Ellbogen in die Seite.

»Willi, komm rüber!«, ruft Frau Wursthorn ihren Mann zu sich. »Ich muss unbedingt bei Rangels Grillenbude essen!« Brav dackelt Bürgermeister Wursthorn wieder heran. Er zückt seine dicke Geldbörse. Und dann bestellt er bei Papa zwei Grillen­burger mit Ketchup und Mayo!

Wie die beiden Wursthorns die Grillenburger verputzen, möchte Rosa gerne mit ansehen. Doch plötzlich hält ihr jemand von hinten die Augen zu. Die Hände sind warm, leicht klebrig und nicht besonders groß. Rosa schnuppert den Geruch von Zimt und Kupfermünzen. Nach dieser Mischung duftet nur eine.

»Irmela!«, ruft Rosa glücklich. Zur Begrüßung greift sie einen von Irmelas spatzbraunen Zöpfen und Irmela schnappt eine Strähne von Rosas weizenblondem Haar, und sie kitzeln sich damit gegen­seitig an den Nasenspitzen.

»Da bist du ja endlich. Ich hab schon die ganze Zeit auf dich gewartet«, erzählt Irmela.

Rosa nimmt Irmelas Hand. »Läufst du jetzt mit mir über die Kirmes?«

Doch Irmela schüttelt den Kopf. »Ich kann Päbbelchen nicht lange mit der Kasse alleine lassen. Er gibt immer zu viel Rückgeld heraus.«

Obwohl Rosa enttäuscht ist, versteht sie auch, dass Irmela am Zimtschneck-Eck gebraucht wird. Denn Bäcker Zopf ist nicht besonders gut im Rechnen. Aber Irmela ist Klassenbeste!

»Sei nicht traurig. Dafür hab ich ein tolles Geschenk für dich.« Irmela zieht einen zusammengefalteten Papierstreifen aus der Schürzentasche. »Die hat Frau Wursthorn vorhin gegen Zimt­schnecken getauscht.«

Neugierig nimmt Rosa Irmela den Papierstreifen ab und liest den Aufdruck.

»Freikarten fürs Ponyreiten?«, fragt Rosa ungläubig. »Drei Stück? Willst du die nicht selbst behalten?«

»Nee, will ich nicht. Ich muss doch immer niesen, wenn ich in die Nähe von Pferden komme«, erklärt Irmela ihr großzügiges Geschenk.

Da fällt Rosa Irmela jubelnd um den Hals. Es ist so wunderbar, eine beste Freundin zu haben!

Gottones Ponykarussell

Keine Minute später steht Rosa vor Gottones Ponykarussell.

Sie wartet, bis der Besitzer ein kleines Mädchen auf das vorderste Pony gehoben hat. Dann streckt sie ihm die Freikarten entgegen.

»Woher sie sind?«, will Herr Gottone wissen. »Solchene Karte habe ich nur gegeben an sehr wichtige Leute.«

»Damit hat Frau Bürgermeister Wursthorn dem Bäcker Zopf die Zimtschnecken bezahlt, und der hat sie seiner Tochter Irmela gegeben, und die hat sie mir geschenkt«, erklärt Rosa. »Weil sie meine beste Freundin ist.«

Herr Gottone nimmt ihr lächelnd die Karten ab. »Freikarten nicht sind übertragebar. Mir tut leid.« Mit einem Ratsch zerreißt er alle drei Karten gleichzeitig.

»Wenn du mich nicht sofort reiten lässt, dann sag ich allen Leuten hier, dass du gemein zu Kindern bist!«, ruft Rosa wütend.

Die Mutter des kleinen Mädchens wird aufmerksam und kommt heran. »Gibt es ein Problem?«, fragt sie Rosa.

Herr Gottone antwortet, bevor Rosa den Mund aufmachen kann. Also sehr schnell. »No, no, keine Problem, Signora. Die Principessa nur nicht sich kann entschließen, auf welche Pony wolle.« Er funkelt Rosa böse an. »Los, kleine Hexe. Such dir aus einen Pony.«

Rosa klettert auf die Abgrenzung aus Strohballen. Von dort hat sie einen guten Überblick über alle Tiere: fünf unterschiedlich große Ponys und am anderen Ende der Wiese …