Frauenrechte sind Menschenrechte - weltweit - Christa Randzio-Plath - E-Book

Frauenrechte sind Menschenrechte - weltweit E-Book

Christa Randzio-Plath

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Beschreibung

Die Diskriminierung der Frauen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft dauert an, weil strukturelle Ungleichheit besteht und sich durch Gewalt gegen Frauen und weiter bestehende Vorurteile verstärkt. Wollen wir weitere 100 Jahre auf die Gleichstellung warten? Die Hoffnung der Frauen ist die Umsetzung der UN-Agenda für nachhaltige Entwicklung bis 2030. Frauen erleben täglich Diskriminierung, in der Arbeitswelt, in der Gesellschaft und in der Politik. Sie sterben an häuslicher Gewalt, im sicheren Heim, weil sie Frauen sind. Keine Frau ist vor Diskriminierung gefeit, aber nur wenige Frauen können ihr Recht auf Nicht-Diskriminierung durchsetzen. Die Autorin analysiert, wie sich in den letzten 25 Jahren, seit der Weltfrauenkonferenz in Peking 1995, die Lage der Frauen weltweit verbessert oder auch verschlechtert hat. 25 Jahre nach der Weltfrauenkonferenz in Peking 1995 können allgemeine Fortschritte in Verfassung und Recht festgestellt werden. Sie sind wichtig, weil sie Regierungen und Parlamente, Verwaltung und Gerichte verpflichten. Dennoch bleibt die strukturelle Diskriminierung der Frauen. Keine der heute lebenden Frauen – so das Weltwirtschaftsforum – wird erleben, dass die Gleichberechtigung von Frau und Mann und ihre diskriminierungsfreie Gleichstellung durchgesetzt sind. 1995 wurde eine systemische Transformation der Weltgesellschaft und Weltwirtschaft gefordert, um Diskriminierung zu überwinden. Dennoch ist die Rechtslage weltweit auch heute noch sehr unterschiedlich wie auch Lebens- und Arbeitsbedingungen und der Zugang zu politischer und wirtschaftlicher Macht. Zentrales Thema war und bleibt Armutsbekämpfung. Die Feminisierung von Armut ist eine Herausforderung. Immer noch sind 70 Prozent der in absoluter Armut lebenden Personen Frauen- trotz Weltfrauenkonferenzen, trotz Millenniumserklärung, trotz der UN-Agenda 2030, die niemand zurücklassen will. Immerhin sind 2020 viele Frauen wie Männer weniger arm und müssen nicht hungern. Die Covid-19- Pandemie wird das wieder verschlechtern. Die Feminisierung der Armut verletzt Menschenrechte von Frauen, weil sie ihre sozialen, wirtschaftlichen und politischen Bedürfnisse nicht einfordern können. Dabei geht es um materielle Armut, aber auch um den Zugang zu Ressourcen. Öffentliche Dienstleistungen der Daseinsvorsorge für Bildung, Mobilität, Gesundheit stehen Frauen vor allem in ländlichen Gebieten nicht zur Verfügung. Ohne eine dauerhafte Beseitigung der Diskrimierung von Frauen werden sich die globalen Probleme nicht lösen lassen.

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Die Autorin

Christa Randzio-Plath, Prof. Dr. h. c., ist Juristin und Autorin. Sie ist Vorsitzende des Marie-Schlei-Vereins (Hilfe für Frauen in Afrika, Asien und Lateinamerika), war Abgeordnete in der Hamburgischen Bürgerschaft und im Europäischen Parlament. Sie war langjährige Vorsitzende verschiedener Frauenorganisationen und ist heute unter anderem Ehrenvorsitzende des Landesfrauenrates Hamburg. Als SPD-Frau setzte sie sich erfolgreich für Gleichstellungsgesetze und Gleichstellungsstellen ein und ist auch heute noch politisch aktiv.

Christa Randzio-Plath

Frauenrechte sindMenschenrechte – weltweit

Alte Gefahren, neue Herausforderungen

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Schüren Verlag GmbH

Universitätsstr. 55 • 35037 Marburg

www.schueren-verlag.de

© Schüren 2021

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Wolfgang Diemer, Frechen

Covermotiv: @gograph.com/Yulia Glam

eISBN 978-3-7410-0135-2

Auch als gedrucktes Buch erhältlich

Inhalt

Aufschlag

KAPITEL 1

25 Jahre Aktionsplattform Peking

Aber Frauendiskriminierung bleibt

KAPITEL 2

Gleichheit durch Recht

Die UN-Frauenrechtskonvention und Europarecht

KAPITEL 3

Gegen Diskriminierung und Gewalt

Istanbul-Konvention und UN-Resolution 1325

KAPITEL 4

Machtverhältnisse

Eine weltweite Diskriminierung von Frauen

KAPITEL 5

Wirtschaftliche Globalisierung

Chancen und Risiken für Frauen

KAPITEL 6

Neue Gefahren für Frauenrechte

Rückfall in alte Zeiten

KAPITEL 7

Frauen und Zukunft

Nachhaltigkeit als Solidaritätsprinzip

Lesetipps

Aufschlag

«Empört euch gegen die Diskriminierung eurer Zukunftschancen», riet der französische Menschenrechtler Stéphane Hessel Europas Jugend in der Finanzkrise 2008. «Empört euch, werdet lauter», rät die britische Feministin und Wissenschaftlerin Mary Beard. Sie urteilt über Frauen und Männer seit der Antike und mahnt: Das Schweigen der Frauen ist die Macht der Männer. Ein Weckruf für Frauen von heute.

Internationale Frauenpolitik nach dem Zweiten Weltkrieg setzte frauenpolitische Meilensteine mit der UN-Charta 1945, der Menschenrechtserklärung 1948, den Menschenrechtspakten 1966 und der Frauenrechtskommission der UN, die bereits 1946 gegründet wurde. Internationale Frauenrechte und Frauenpolitik wurden nach dem Zweiten Weltkrieg wie selbstverständlich mitgedacht. 2020 war ein «Jubiläumsjahr»: 75 Jahre UN, 25 Jahre Weltfrauenkonferenz Peking, 40 Jahre Frauenrechtskonvention und 20 Jahre UN-Sicherheitsrats Resolution gegen Gewalt gegen Frauen in Kriegen und Konflikten. Internationale Konventionen verpflichten alle UN-Staaten zur Durchsetzung von Menschenrechten, zu einer Antidiskriminierungspolitik, zur Gleichstellung von Frau und Mann und zu proaktivem Engagement zur Durchsetzung der Gleichberechtigung. Wenige Verfassungen weltweit gab es damals, die Frauenrechte respektierten. Viele heutige UN-Staaten waren damals Kolonien, viele Staaten führten erst nach 1945 das Frauenwahlrecht ein, wie Frankreich 1947. 2020 haben fast alle Staaten in ihren Verfassungen Gleichstellungsbestimmungen.

25 Jahre nach der Weltfrauenkonferenz in Peking 1995 können allgemeine Fortschritte in Verfassung und Recht festgestellt werden. Sie sind wichtig, weil sie Regierungen und Parlamente, Verwaltung und Gerichte verpflichten. Dennoch bleibt die strukturelle Diskriminierung der Frauen. Keine der heute lebenden Frauen – so das Weltwirtschaftsforum – wird erleben, dass die Gleichberechtigung von Frau und Mann und ihre diskriminierungsfreie Gleichstellung durchgesetzt sind. Kein Land der Welt hat Geschlechtergerechtigkeit erreicht. Damit gibt es bis heute faktisch ein Recht auf Diskriminierung. Es ist alltäglich, dass Frauen diskriminiert werden. Es ist alltäglich, dass sich Frauen nicht wehren können, aber Menschenrechte lassen keine Diskriminierung zu. Dafür stehen internationale Rechtsgrundsätze und internationale Frauenpolitik.

Die Vision von Peking ist lebendig. Auch 1995 wurde eine systemische Transformation der Weltgesellschaft und Weltwirtschaft gefordert, um Diskriminierung zu überwinden. Eine zentrale Frage ist die fortbestehende Ungleichheit. In den Analysen zur Entwicklung von Ungleichheit wird die globale Ungerechtigkeit offenbar, wenn 79 Menschen auf dieser Welt so viel besitzen wie 2,5 Milliarden Menschen, die ärmere Hälfte der Welt. Unerwähnt bleibt dabei, dass Frauen bei den Reichsten der Reichen die Minderheit, aber bei den Ärmsten der Armen die Mehrheit bilden. Frauen werden diskriminiert, in jeder Lebenslage, weltweit. Nicht nur durch Verteilung der Reichtümer werden Frauen benachteiligt, es sind auch Regierungen, die diskriminieren.

Seit dem Internationalen Jahrzehnt der Frau 1975 bis 1985 sind Frauen international vernetzt auf dem Weg, nationale Regierungen über internationale Beobachtung, Berichtspflichten und große Konferenzen auf einen Gleichheitspfad zu bringen. Dieses gelingt nur teilweise. Die UN-Frauenrechtskonvention, Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women (CEDAW), war 1979 ein hart erkämpfter Glücksfall. Sie ist wegweisend, wenn es um die Identifizierung von strukturellen Ursachen von Frauendiskriminierung und um Forderungen nach ihrer Abschaffung geht. Die Spruchpraxis von CEDAW wie auch die Allgemeinen Empfehlungen an die Weltgemeinschaft zur Anwendung und Durchsetzung von Frauenrechten, sind bescheiden, aber eindeutig. Jegliche Diskriminierung der Frau ist eine Menschenrechtsverletzung. Die UN-Menschenrechtskonferenz und die UN-Generalversammlung erkannten 1993 diese FrauenMenschenrechtsverletzung an. Auch die UN-Sicherheitsratsresolution 1325, die Gewalt gegen Frauen in bewaffneten Konflikten geißelt und mehr Frauenpartizipation an Friedensverhandlungen fordert, ist ein Ergebnis des hartnäckigen Engagements von internationalen Frauenexpert:innennetzwerke und zivilgesellschaftlichen Lobbying-Aktionen international, regional und national.

Das allgemeine Diskriminierungsverbot folgt aus der Menschenwürde, die jedem Menschen gleichermaßen zukommt. Gleichberechtigung ist ein Menschenrecht. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948 kodifiziert: Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Diese wunderbaren Worte hören Frauen gerne, glauben sie trotz aller realen Fortschritte nicht. Menschenrechtliches Denken beginnt hier. Trotzdem werden Menschen weltweit diskriminiert wegen ihrer Hautfarbe, ihrer sexuellen Orientierung und nicht zuletzt wegen des Geschlechts. Gerade die Geschlechterdiskriminierung hat zugenommen und ist im Zeichen von Künstlicher Intelligenz (KI) und von Covid-19-Herausforderungen eine nachdrücklich, sich immer wieder wiederholende Diskriminierung. Weltweit sind es mehr Frauen, die in systemrelevanten Berufen arbeiten, aber keinen gerechten Lohn für ihre Arbeit oder menschengerechte Arbeitsbedingungen haben. Diskriminierung ist eine schwere Menschenrechtsverletzung, weil sie Würde und Menschenrechte mit Füßen tritt. Das gilt für die Diskriminierung von Frauen, die weltweit ihren Ausdruck in häuslicher, auch sexualisierter Gewalt, in prekärer Beschäftigung, in ungerechten Arbeits- und Entlohnungsbedingungen und in ungenügender Sozial- und Altersversicherung ihren Ausdruck findet. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist weltweit «Frauensache». Deshalb müssen öffentliche Dienste der Daseinsvorsorge dazu beitragen, Frauen aus ihrer Armuts- und Sorgefalle zu befreien. Ein neoliberales Wirtschaftssystem, das öffentliche Dienstleistungen der Daseinsvorsorge privatisiert, liefert Frauen und Männer weltweit Armut, Gewalt, Hunger und Ausbeutung aus.

Frauen erleben täglich Diskriminierung, in der Arbeitswelt, in der Gesellschaft und in der Politik. Sie sterben an häuslicher Gewalt, im sicheren Heim, weil sie Frauen sind. Keine Frau ist vor Diskriminierung gefeit, aber wenige Frauen können ihr Recht auf Nicht-Diskriminierung durchsetzen. Deutschland hat wie andere Staaten die Frauenrechtskonvention nur unzureichend umgesetzt. In der öffentlichen Wahrnehmung fehlt ein Bewusstsein für Frauenrechte. Das gilt für Regierungen, Parlamente und die Zivilgesellschaft. Die unterschiedlichen Anstrengungen zur Beseitigung von Diskriminierung auf allen Ebenen weltweit sind unzureichend. Die meisten UN- Staaten haben es versäumt, die staatlichen Strukturen und Institutionen zu schaffen und mit angemessenen Personal- und Sachmitteln auszustatten, wie es die Aktionsplattform von Peking 1995 gefordert hat. Auch fehlt es fast überall an verbindlichen Gleichstellungsprogrammen und Gleichstellungsstrategien.

Es gibt eine seltsame Ferne zwischen der internationalen Frauenpolitik und der notwendigen nationalen Umsetzung. Daran ändern auch die jährlichen Beratungen der UN-Frauenkommission (CSW) auf ministerieller und administrativer Ebene wenig. Immerhin: Die Frauenkommission war eine Wegbereiterin für Gendergerechtigkeit der UN-Politik und nutzte die frauenpolitischen Irritationen der Weltfrauenkonferenz in Mexiko 1975, um schnellstmöglich ihren Entwurf der Frauenrechtskonvention in Vorbereitung auf die 2. Weltfrauenkonferenz in Kopenhagen durchzusetzen. Sie hat in den vergangenen Jahrzehnten dazu beigetragen, Rückschritte zu verhindern und das Emanzipations- und Gendergerechtigkeitsanliegen der Aktionsplattform von Peking aufrechtzuerhalten.

Dennoch ist die Rechtslage weltweit auch heute noch sehr unterschiedlich wie auch Lebens- und Arbeitsbedingungen und der Zugang zu politischer und wirtschaftlicher Macht. Zentrales Thema war und bleibt Armutsbekämpfung. Die Feminisierung von Armut ist eine Herausforderung. Immer noch sind 70 % der in absoluter Armut lebenden Personen Frauen- trotz Weltfrauenkonferenzen, trotz Millenniumserklärung, trotz der UN-Agenda 2030, die niemand zurücklassen will. Immerhin sind 2020 viele Frauen wie Männer weniger arm und müssen nicht hungern. Die Covid-19- Pandemie wird das wieder verschlechtern.

Zwischen 60 bis 80 % beträgt der Anteil der Frauen, die im informellen Sektor tätig sind. Die Diskriminierung der Frauen im ländlichen Raum wie in Südasien, in Afrika südlich der Sahara und in einigen lateinamerikanischen Staaten dauert an, weil Frauen weder den gleichberechtigten Zugang zu Landtiteln, Krediten, Wasser, Energie und Beratung haben wie Männer. Diese Frauen sind die Nahrungsmittelproduzentinnen für die Bevölkerung und trotzdem von Hunger und Mangelernährung betroffen.

Die Feminisierung der Armut verletzt Menschenrechte von Frauen, weil sie ihre sozialen, wirtschaftlichen und politischen Bedürfnisse nicht einfordern können. Dabei geht es um materielle Armut, aber auch um den Zugang zu Ressourcen. Öffentliche Dienstleistungen der Daseinsvorsorge für Bildung, Mobilität, Gesundheit stehen Frauen vor allem in ländlichen Gebieten nicht zur Verfügung. Der Zugang zu Gerichten ist Frauen durch materielle Barrieren und Geschlechterstereotypen versperrt. Armutsbekämpfungsprogramme, die es in vielen Staaten gibt, und auch von deutscher und europäischer Entwicklungszusammenarbeit unterstützt werden, sind wenig erfolgreich, wenn sie nicht auf die Lebenslagen der Frauen Rücksicht nehmen und die geschlechtsbedingten Disparitäten abschaffen.

Dazu soll die Geschlechterparität bei politischen Entscheidungen beitragen. 2020 wird die Parität in Ämtern und Mandaten gefordert. Männermacht verhindert sie, männergemachte Verfassungen und Gesetze. Frauen müssen dafür sorgen, dass diese Verfassungen und Gesetze geändert werden. Ein Vorbild sind die Mütter des Grundgesetzes, die mit Unterstützung der Frauenverbände in Deutschland, den Gleichberechtigungsartikel 3 im Grundgesetz durchgesetzt haben. Demokratie braucht Partizipation, gleichberechtigte Partizipation.

KAPITEL 1

25 Jahre Aktionsplattform Peking

Frauendiskriminierung bis heute nicht überwunden

Das Internationale Jahr der Frau 1975 und das Internationale Jahrzehnt der Frau 1975 bis 1985 wurden von den UN beschlossen, stießen aber in der weltweiten Frauenbewegungen nicht unbedingt auf große Begeisterung. Als Staatsfeminismus wurden diese Initiativen belächelt und verspottet von Konservativen wie von Feministinnen. Autonome Bewegungen und unterschiedliche Emanzipationsideologien bzw. Emanzipationspolitiken grenzten internationale Frauenpolitik ein. Viele Frauenbewegungen entstanden gleichzeitig in unterschiedlichen Kontinenten und prangerten unterschiedliche Diskriminierungen von Frauen an. Dennoch waren die 1970er-Jahre stärker geprägt durch schwierige Auseinandersetzungen von Frauenbewegungen und nationalen Regierungen als durch internationale Frauensolidarität. Die Besetzung des Capitols in Rom durch italienische Frauen war ein Höhepunkt in der Forderung nach einem gleichberechtigten Familien- und Scheidungsrecht. Die Frauen waren erfolgreich wie in allen europäischen Staaten. Verfassungen und Bürgerliche Gesetzbücher wurden geändert. Die Berufstätigkeit der Frau konnte nicht mehr verboten werden. Die Kampagne «Mein Bauch gehört mir» mit der Forderung nach der ersatzlosen Streichung des Verbots von Abtreibung (§ 218 Strafgesetzbuch) war konstitutiv für internationale Solidarität zur sexuellen Selbstbestimmung von Frauen überall in Europa. Allerdings ist die Straflosigkeit von Abtreibung immer noch nicht durchgesetzt. Mit Fristenregelungen müssen sich Frauen begnügen.

Internationale Frauenpolitik war immer auch Friedenspolitik. Frauen engagierten sich vor dem 1. Weltkrieg und danach immer wieder grenzübergreifend. Frauen waren Wortführerinnen in der Friedensbewegung zum «Nein gegen atomare Mittelstreckenraketen» und die unheilvollen Kriege weltweit auch als Antikriegsbewegung. Erinnert werden muss dabei an die erste Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner, die bereits 1889 forderte: «Die Waffen nieder», um mit einer waffenlosen Welt Frieden durchzusetzen.

In den 1970er-Jahren erfanden sich die UN neu. Die Weltkonferenzen wie die Umweltkonferenz von Rio 1972 und die Weltfrauenkonferenzen sollten einen Beitrag zur Aufwertung und demokratischer Legitimation internationaler Politikkooperation und Politikkoordination leisten. Die Partizipation der Zivilgesellschaft war erstmals ausdrücklich erwünscht. Die UN-Weltkonferenz zu Umweltfragen 1972 war legendär in ihrer Forderung zur ökologischen Umkehr und führte zu weitreichenden umweltpolitischen Engagements. Neuland betraten die UN auch mit den Weltfrauenkonferenzen. Niemals zuvor mussten alle UN-Regierungen in Berichten konkret über Erfolge und Rückstände in der Durchsetzung der Gleichstellung von Frau und Mann berichten. Niemals zuvor sahen sich Regierungen mit Zigtausenden von Berichten, Stellungnahmen und Konferenzen von zivilgesellschaftlichen Akteurinnen aus den Frauenbewegungen konfrontiert.

Die 1. Weltfrauenkonferenz von Mexiko gelang, obwohl es große Differenzen zwischen den Frauen im globalen Norden und globalen Süden gab. Feminismus war den Süd-Frauen nicht so wichtig wie die Bekämpfung von Armut und Hunger. Süd-Frauen sahen die koloniale Verantwortung des globalen Nordens für Armut und Hunger in den Ländern des Südens. Alle Frauen einigten sich dann auf weitere internationale Zusammenarbeit. Sie prägten das Motto: Gleichberechtigung, Entwicklung, Frieden. Daraus leiteten die Frauen weltweit auf den nächsten Weltfrauenkonferenzen Ansprüche an die Regierungen ab. Die drei Ziele wurden als miteinander verbunden verstanden, weil die Erreichung eines Ziels die anderen Ziele stärkt. Ohne Frieden sind weder Gleichberechtigung noch Entwicklung erreichbar. Die Gleichberechtigung wiederum ist wichtig für Frieden und Entwicklung, weil sich bestehende Ungleichheiten auf allen Ebenen verstärken und damit Spannungen verschärfen können. Die UN errichteten einen Entwicklungsfonds für Frauen und das internationale Fraueninstitut INSTRAW, um die internationale Zusammenarbeit zu fördern.

Auf der 2. Weltfrauenkonferenz 1980 in Kopenhagen begann die Unterzeichnung der UN-Frauenrechtskonvention gegen jegliche Diskriminierung der Frau (CEDAW) als eine Antwort auf die strukturelle Diskriminierung von Frauen. Sie setzt einseitig auf die Überwindung geschlechtsspezifischer Diskriminierung der Frau. Frauendiskriminierung ist seitdem verboten und alle UN-Staaten müssen pro-aktiv handeln, um Diskriminierungen im öffentlichen, aber auch im privaten Bereich zu verhindern. Bis heute haben nicht alle UN-Staaten diese Konvention unterschrieben oder ratifiziert, nicht der Iran, nicht die USA. Bis heute ist die UN-Konvention, die Konvention mit den meisten Vorbehalten von Mitgliedstaaten, insbesondere in Bezug auf die Bestimmungen im Ehe- und Familienrecht, weil sie die gleichstellungspolitischen Regelungen für sich nicht akzeptieren. Diese Vorbehalte dürften lange schon ihre Berechtigung verloren haben, weil seit 1979 alle UN-Staaten genügend Zeit zu Ehe- und Familienrechtsreformen gehabt hätten. Traditionen, Geschlechterstereotype und Rollenmuster, aber auch Machtverhältnisse stehen Reformen im Wege, obwohl UN-Normen universale unteilbare Gültigkeit haben.

Damals war klar: Frauendiskriminierung ist eine Menschenrechtsverletzung. Sie muss nicht nur angeprangert, sondern muss überwunden werden. Darin waren sich die Frauen einig, wenngleich sie sich in vielem anderen uneinig waren. In der Friedenspolitik gab es in damaligen Kalter-Krieg-Zeiten wenig Gemeinsamkeiten. Die Friedensdemonstrationen allerdings sprengten alle Dimensionen, so mächtig und bunt war der Frauenprotest gegen Aufrüstung und Krieg, auch in Kopenhagen. Einig waren sich die Frauen in der Einschätzung, dass Frieden nur möglich wird, wenn es keine Gewalt gegen Frauen mehr gibt.

Die Weltfrauenkonferenz 1980 war überschattet von Weltwirtschaftskrisen, Rezessionen und wirtschaftspolitischen Krisen in Entwicklungsländern. Deswegen forderte die Weltfrauenkonferenz eine neue gerechtere Weltwirtschaftsordnung. Damals wurde erstmals auch im Zusammenhang mit der neuen internationalen UN-Entwicklungsstrategie die Schlüsselrolle der Frau für den Entwicklungsprozess betont. Das Aktionsprogramm der Weltfrauenkonferenz setzt auf mehr Gleichberechtigung in Wirtschaft und Arbeitswelt und mehr Klimagerechtigkeit. Entwicklungsländer-Vertreterinnen empörten sich über frauenpolitische Anmaßungen aus den Industrieländern: Über Genitalverstümmelung als Menschenrechtsverletzung kann erst geredet werden, wenn kolonial bedingte Armut, Unterentwicklung und Hunger beseitigt seien. Trotz aller Unterschiede war den Frauen klar, dass ein Ringen um Geschlechtergleichheit hartnäckiges Denken und Handeln braucht. Die nordischen Frauen wurden bewundert: Immer, wenn es in einem nordischen Staat gleichstellungspolitische Fortschritte gab, konnten Frauen sicher sein, dass auch die Frauen in den anderen nordischen Staaten nachzogen. Die Weltfrauenkonferenz in Kopenhagen bestand darauf, damit aufzuräumen, dass die Frau «weiterhin als Mensch zweiter Klasse gilt und ihren Problemen geringe Priorität eingeräumt wird».

Die 3. Weltfrauenkonferenz in Nairobi 1985 setzte neue Maßstäbe. Schon im Vorfeld positionierten sich nationale Regierungen gleichstellungspolitisch progressiv. Das galt auch für die deutsche Bundesregierung, die 1985 die Frauenrechtskonvention ratifizierte und 1986 ein Bundesfrauenministerium gründete. Keine Regierung wollte sich angesichts des großen medienwirksamen Einflusses der organisierten und autonomen Frauenbewegungen blamieren. Die Weltfrauenkonferenz in Nairobi forderte «Schluss mit der Feminisierung der Armut». Die neoliberale Wirtschaftspolitik setzte im Zeichen der Globalisierung auf die Nutzung der Frauenreserven in Entwicklungsländern. Millionen von Frauen fanden Arbeitsplätze in der Exportwirtschaft und in freien Produktionszonen. Die Beschäftigung war zwar weder menschenwürdig noch existenzsichernd. Dennoch wurde sie von vielen als Chance gesehen und trug zu mehr Wohlstand bei. Viele Frauen hatten erstmals ein Geldeinkommen. Trotzdem lebten sie weiterhin in absoluter Armut. Nairobi bereitete den Weg zu Peking 1995, weil eine weltweit feministische und frauenpolitische Bewegung entstand, die Regierungen der UN-Staaten unter Druck setzte. Niemals zuvor gab es so viele gleichstellungspolitische Impulse auf internationaler und nationaler Ebene.

Viele Delegierte wurden in Nairobi erstmals mit den Herausforderungen für Frauen in Entwicklungsländern konfrontiert, vor allem durch das Frauenerlebnis Afrika vor Ort. Für viele ein Schock. Gemeinsame Besuche in Frauenprojekten, wie auch die vielen Diskussionen und afrikanischen Veranstaltungen zur Lage der Frau in afrikanischen Ländern vertieften das gegenseitige Verständnis. Die Frauensolidarität war nicht nur beim Diskutieren und Beschließen groß, sondern auch beim Teilen von Alltagsabläufen. Der damalige kenianische Präsident Moi entzog Frauen aus der Zivilgesellschaft bezahlte Hotels und wies sie Regierungsdelegationen zu, sodass sehr viele Frauen in Schulen ohne Waschkapazitäten übernachten mussten. Frauen teilten, blieben und agierten. Nairobi war eine besondere Erfahrung, weil das Machtbewusstsein der afrikanischen Delegierten europäischen und amerikanischen Delegierten klar machte, dass ihr Negativbild von Macht eine Luxusposition war. Afrikanische Frauen brachten es auf den Punkt und wollten Einfluss nehmen zugunsten von Frauen und Kindern und Benachteiligten. Macht bedeutete für sie Einflussnahme und Veränderung. Dazu verabredeten sich die Frauen und versprachen sich in den dunklen afrikanischen Nächten, dass mit der Jahrtausendwende Schluss sein sollte mit der Frauendiskriminierung. Bis zum Jahr 2000 wollten alle Delegierten die Parität in Entscheidungsfunktionen durchgesetzt haben. Die Frauen forderten ihre gleichberechtigte Partizipation an politischen Entscheidungsprozessen. In Afrika gelangen Aufbrüche. Politische und wirtschaftliche Entscheidungsmacht von Frauen in Politik und Wirtschaft blieben mit durchschnittlich 12 % weltweit allerdings auch im Jahr 2000 marginal.

■ Peking, die 4. Weltfrauenkonferenz

Weltfrauenkonferenzen sollten in allen UN-Kontinenten stattfinden. Das war eine Verabredung. Die Weltfrauenkonferenz in Peking 1995 war eine politische Herausforderung. Das chinesische Regime galt als autoritär und ideologisch festgelegt, die Unterdrückung von Menschenrechten war bewiesen. Nach dem Motto «Wandel durch Annäherung» gelang der Spagat, sowohl die Regierungskonferenz wie die Treffen der Zivilgesellschaft in China stattfinden zu lassen. Frauenpolitisch gelang auf dieser Weltfrauenkonferenz ein Durchbruch. Die Aktionsplattform von Peking verdient ihren Ruf als visionäre Handlungsanweisung an Regierungen, weil es Stillstand in der internationalen Gleichstellungspolitik gab und weil sich angesichts der Frauenbewegungen und ihrer Unterstützung weltweit weder die sogenannten Großmächte noch die fundamentalistisch orientierten Kreise in Religionen oder Ideologien zu Angriffen auf Frauenrechte trauten. Damals konnte die internationale Zivilgesellschaft die Regierungen noch unter Druck setzen, weil Gleichstellung ein politisches Profilierungs- und Wahlkampfthema war.

■ Meilenstein Kairo 1994

Ohne die Weltbevölkerungskonferenz 1994 in Kairo, wäre der Erfolg der Konferenz von Peking kein Durchbruch geworden. Gegen die Widerstände von den USA, den arabischen Staaten und dem Vatikan wurde der universale Zugang von Frauen auf reproduktive Gesundheit und reproduktive Rechte durchgesetzt. Damit zählt die sexuelle Selbstbestimmung von Frauen zum Erfolgskanon der Weltfrauenkonferenz. Die Konferenz stellt fest, dass menschliche Sexualität und Geschlechterverhältnisse eng miteinander verbunden sind und sich zusammen auf die Fähigkeit von Männern und Frauen, sexuelle Gesundheit zu erreichen, aufrecht zu halten und ihr reproduktives Leben zu verwalten auswirken. Gleiche Beziehungen erfordern gegenseitigen Respekt und die Bereitschaft, Folgen der sexuellen Freiheit zu übernehmen. In vielen Ländern haben schädliche Praktiken zur Kontrolle der Sexualität von Frauen, zu großem Leid und Menschenrechtsverletzungen geführt, wie zum Beispiel die weibliche Genitalverstümmelung.

Reproduktive Gesundheit, so die Erklärung von Kairo, verbürgt das Recht von Männern und Frauen zum Zugang zu sicheren, wirksamen, erschwinglichen und akzeptablen Methoden der Familienplanung ihrer Wahl. Reproduktive Rechte umfassen Menschenrechte, die in internationalen Menschenrechtsdokumenten der Vereinten Nationen anerkannt sind. Es gibt daher das Recht Entscheidungen für Reproduktion frei von Diskriminierung, Zwang und Gewalt zu treffen. Alle Staaten werden aufgefordert die reproduktive Gesundheit über das primäre Gesundheitssystem zugänglich zu machen. Auch der Schwangerschaftsabbruch wird aus Gründen der Gesundheitsfürsorge genannt, weil er professionell dort durchgeführt werden soll, wo er nicht verboten ist. Information, Beratung und Dienstleistungen sollen auch jugendlichen und erwachsenen Männern zugänglich gemacht werden. Familienplanungsprogramme sind von wesentlicher Bedeutung.

■ Peking 1995 nicht zum Mahnmal verkommen lassen

Peking 1995 ist kein Vermächtnis. Die Aktionsplattform ist der Dorn in der Rose, der Stachel in jeder nationalen Gleichstellungspolitik, die so unbefriedigend läuft, dass weltweit die Frauen nach Untersuchungen vom Weltwirtschaftsforum 2020 noch weitere 100 Jahre auf Gleichstellung warten müssen. Das kann die Frauenbewegung nicht zulassen. Schließlich hindern weiterhin weltweit existierende Geschlechterstereotype und diskriminierende Normen sowie Verhaltensmuster Geschlechtergerechtigkeit. Der Mangel an Teilhabe der Frauen an politischer und wirtschaftlicher Macht verhindert den Respekt vor und den Schutz von FrauenMenschenrechten. Geschlechtergerechtigkeit ist weltweit durch den zunehmenden Autoritarismus, den Mangel an Demokratie, den Rechtsextremismus, die Diskriminierung der Frau und den Widerstand gegen die Rechte der Frau, vor allem in ihrem Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, bedroht. Es fehlt zunehmend mehr an gleichstellungspolitischen Institutionen und an der Finanzierung von Geschlechtergerechtigkeit institutionell und personell. In keinem gesellschaftlichen Bereich reicht die Sensibilität für Diskriminierung als Menschenrechtsverletzung aus.

Die Aktionsplattform von Peking 1995 kennt zwölf kritische Problembereiche, in denen nach Auffassung der Weltfrauenkonferenz vorrangiger Handlungsbedarf besteht. Vorrangige Handlungsfelder sind: Frauen und Armut, Bildung und Ausbildung von Frauen, Frauen und Gesundheit, Gewalt gegen Frauen, Frauen und bewaffnete Konflikte, Frauen und Wirtschaft, Frauen in Macht- und Entscheidungspositionen, Institutionelle Mechanismen zur Förderung der Frau, Menschenrechte der Frauen, Frauen und die Medien, Frauen und Umwelt und Mädchen.

Die Aktionsplattform von Peking hat einfache und visionäre Vorstellungen, wie eine Welt der geteilten Verantwortung für beide Geschlechter aussehen soll. Im Rückblick begeistern sich Frauenaktivistinnen immer noch. Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchu erinnert: «Das aufregendste in Peking war die enorme Vorbereitung der Frauen. Vor der Konferenz haben wir an einer starken, inhaltlich sehr unterschiedlichen Agenda gearbeitet, in der die Forderung nach der Gleichstellung der Geschlechter, nicht nur eine Forderung und Erklärung war, sondern eine Maßnahme zum Nutzen der Frauen, um sie in die nachhaltige Entwicklung einzubeziehen, zur Lösung aller Konflikte, mit denen Frauen konfrontiert sind, und zur Beendigung der Gewalt. Es war eine beispiellose Versammlung von Frauen, die ihre Stimme erhoben.» Die liberianische Jugendaktivistin June Wutoh stellt fest: «Die Konferenz in Peking hat uns das Gefühl gegeben, das wir mehr tun, die Dinge relativieren und mehr Maßnahmen fordern müssen. Die Atmosphäre auf der Konferenz war aufregend … Nach der Konferenz habe ich beschlossen, mich auf Aktivismus und Anwaltschaft für die Rechte von Kindern und Frauen zu spezialisieren.» Die bolivianische Frauenaktivistin Diana Urioste hat die Eröffnung der Weltfrauenkonferenz von 1995 auch 2020 noch eindrücklich vor Augen: «Dank der Pekingkonferenz wurde Gewalt gegen Frauen sichtbar. Heute ist es nötig die Selbstbestimmung über den weiblichen Körper weltweit durchzusetzen und für sexuelle und reproduktive Rechte von Frauen zu kämpfen.» Allerdings sind die weltweiten Fortschritte langsam und uneinheitlich Die Ziele sind bis heute nur teilweise erfüllt. Wenige Regierungen wie die nordischen Staaten investieren kontinuierlich in die Gleichstellung der Geschlechter. Auch Frauenorganisationen werden unzureichend unterstützt. Befremdend sind die geringen Fortschritte zu Gleichstellungsstrategien wie Gender Mainstreaming, Gender Budgeting, Quoten und paritätischen Teilhabeforderungen.

Schwächen in der Umsetzung der Pekinger Aktionsplattform zeigen sich nach wie vor. Die Gründe liegen nicht in der fehlenden Zustimmung zu den Gleichstellungsnormen, sondern in unzureichender Umsetzung und Finanzierung. Die Gleichheit vor dem Gesetz wird in der Praxis häufig durch eine mangelnde Unterstützung durch den Staat, institutionelle Hindernisse und Zugang zu materiellen Ressourcen untergraben. So kommt es weiterhin zur Feminisierung von Gewalt, Armut und prekärer Beschäftigung sowie Sorgearbeit. Von Ausgrenzung, Gewalt und Diskriminierung sind dabei vorwiegend Frauen aus Armutsgebieten betroffen.

Die jährlichen Bilanzen der Frauenrechtskommission (CSW) zeigen immer wieder: Es gibt weltweit Fortschritte in der Umsetzung der Aktionsplattform von Peking. Sie sind aber uneinheitlich und langsam, gar zögerlich. Dramatisch sind die weiterhin bestehenden diskriminierenden Geschlechternormen und die vorherrschenden Geschlechterstereotype. Gewalt gegen Frauen bleibt weltweit auch deswegen eine Herausforderung für Regierungen und Institutionen. Sowohl Sanktionen wie Prävention und Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen haben an dem traurigen Zustand nichts geändert, dass jede vierte Frau weltweit bereits einmal Gewalt ausgesetzt war. Alle UN-Staaten werden zu Maßnahmen aufgefordert, Gewalt gegen Frauen zu verhindern, Gewalt zu beseitigen, präventiv tätig zu werden und Frauenhandel abzuschaffen. Es gibt inzwischen viele Strafgesetze, nationale Aktionspläne und die Europaratskonvention gegen geschlechtsspezifische Gewalt. Die Istanbul-Konvention ist ein wichtiges Beispiel für die Durchsetzungskraft der Zivilgesellschaft: Nein heißt Nein!

Die damalige UN-Generalsekretärin für die Weltfrauenkonferenz 1995, Gertrude Mongella aus Tansania, schlug besondere Maßnahmen vor, um gleichstellungspolitische Fortschritte zu erzielen. Gebraucht werden der Wandel von diskriminierenden gesellschaftlichen Normen und Geschlechterstereotypen, der Wandel der Wirtschaft zugunsten der Gleichstellung der Geschlechter und der nachhaltigen Entwicklung, die gleichberechtigte Partizipation der Frauen an allen Entscheidungsprozessen, die Verwirklichung der Menschenrechte von Frauen und deutlich gesteigerte kontrollierbare Investitionen in die Geschlechtergleichstellung. In Addis Abeba auf dem Peking+25-Gipfel der afrikanischen Staaten 2020 forderte sie erneut die Einlösung ein.

■ Peking +25 Jahre: Weiterkommen wäre möglich gewesen

Eine Bewertung der Umsetzung von der Aktionsplattform von Peking durch den UN-Generalsekretär 2019 lohnt und kann ein Blick in die Zukunft werden, wenn die konkreten Umsetzungsfortschritte endlich erfolgen, zu denen Regierungen verpflichtet sind. 2015 übernahm die UN-Agenda 2030 zu nachhaltiger Entwicklung die wichtigen Forderungen der Aktionsplattform von Peking und muss sie bis 2030 einlösen. 2020 verpflichten sich die UN-Staats- und Regierungschefs erneut zur beschleunigten umfassenden Umsetzung in ihren Staaten.