Fundstücke des Glücks - Brigitte D'Orazio - E-Book

Fundstücke des Glücks E-Book

Brigitte D'Orazio

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Beschreibung

Was ist wertvoller im Leben – der beste Freund oder die große Liebe? Brigitte D’Orazios Roman „Fundstücke des Glücks“ jetzt als eBook bei dotbooks. Für Träume ist man nie zu alt: Katia ist sehr jung Mutter geworden und hat ihre Tochter viele Jahre allein großgezogen. Nun ist Jennifer volljährig und verlässt das heimische Nest, um zu studieren. Mit 37 kann Katia endlich wieder an sich selbst denken … und an eine neue Liebe? Tatsächlich gibt es da einen Mann, den sie gerade erst auf einer Party geküsst hat: Martin. Aber der ist doch seit langer Zeit ihr bester Freund, ihr Fels in der Brandung. So etwas geht niemals gut! Das sieht Martin deutlich anders. Seit Jahren wartet er darauf, eine Chance bei seiner Traumfrau zu bekommen – und er ist nicht bereit, sie verstreichen zu lassen! Jetzt als eBook kaufen und genießen: der Romantic-Kiss-Roman „Fundstücke des Glücks“ von Brigitte D‘Orazio. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 144

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Über dieses Buch:

Für Träume ist man nie zu alt: Katia ist sehr jung Mutter geworden und hat ihre Tochter viele Jahre allein großgezogen. Nun ist Jennifer volljährig und verlässt das heimische Nest, um zu studieren. Mit 37 kann Katia endlich wieder an sich selbst denken … und an eine neue Liebe? Tatsächlich gibt es da einen Mann, den sie gerade erst auf einer Party geküsst hat: Martin. Aber der ist doch seit langer Zeit ihr bester Freund, ihr Fels in der Brandung. So etwas geht niemals gut! Das sieht Martin deutlich anders. Seit Jahren wartet er darauf, eine Chance bei seiner Traumfrau zu bekommen – und er ist nicht bereit, sie verstreichen zu lassen!

Über die Autorin:

Brigitte D’Orazio ist ein Pseudonym der erfolgreichen Autorin Brigitte Kanitz, unter dem sie ihre romantischen Unterhaltungsromane veröffentlicht. Sie arbeitete viele Jahre als Redakteurin für Zeitungen und Zeitschriften in Hamburg und in der Lüneburger Heide. Heute lebt sie gemeinsam mit ihren Zwillingstöchtern an der Adria.

Brigitte D’Orazio veröffentlichte bei dotbooks die Romantic-Kiss-Romane Das Haus in Portofino, Der Fünf-Sterne-Kuss, Fundstücke des Glücks, Geliebte Träumerin, Kapitäne küsst man nicht, Sing mir das Lied von der Liebe und Ti amo heißt Ich liebe dich sowie die Romane Die Sterne über Florenz und Villa Monteverde.

***

Originalausgabe September 2014

Copyright © 2014 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: init | Kommunikationsdesign, Bad Oeynhausen, unter Verwendung eines Motiv von thinkstockphotos, München

ISBN 978-3-95520-763-2

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Brigitte D‘Orazio

Fundstücke des Glücks

Ein Romantic-Kiss-Roman

dotbooks.

Kapitel 1

Etwas Weißes flatterte vor Katias halb geschlossenen Lidern herum und knisterte laut in ihren Ohren.

»Ich will schlafen«, murmelte sie, drehte sich auf die andere Seite und versuchte, die Decke über den Kopf zu ziehen. Irgendjemand hinderte sie daran.

»Mama, nun wach doch endlich auf!«

Katia gab nur ein Brummen von sich. Es war Samstag früh, und sie hatte alles Recht der Welt, auszuschlafen. Gestern Abend war es spät geworden. Die Party bei Corinna in Travemünde hatte die ganze Lübecker Clique angelockt. Ausnahmsweise war es ein lauer, beinahe noch sommerlicher Septemberabend gewesen, und die Stimmung hätte selbst auf Mauritius oder Bali nicht besser sein können. Wobei Corinna, Katias jüngere Schwester, natürlich furchtbar damit angeben musste, dass sie selbstverständlich schon Mauritius und Bali gesehen hatte. Corinna pflegte ihr Image als Globetrotterin mit Hingabe.

Katia unterdrückte ein Seufzen und versuchte, zurück in den Schlaf zu finden. Sie sah sich noch mit Martin am Ufer einen langsamen Walzer tanzen und … Martin! Plötzlich war sie hellwach. Da war etwas mit Martin gewesen, aber was? Verflixt, hätte sie bloß nicht das zweite Glas von dieser Sangria getrunken, die so harmlos ausgesehen hatte.

»Na endlich!« Jennifer packte mit beiden Händen die Decke und zog sie vom Bett.

»Hey, bist du verrückt geworden?« Katia gab sich Mühe, eine finstere Miene aufzusetzen, doch als sie in das glückliche Gesicht ihrer Tochter schaute, musste sie lachen. Nicht eine Sekunde in ihrem Leben hatte sie es bedauert, dass sie sich damals, mit gerade achtzehn Jahren, für das winzige Wesen in ihrem Bauch entschieden hatte. Oh, und wie heftig wurde damals von allen Seiten auf sie eingeredet! »Du bist doch selbst noch ein halbes Kind, wie willst du da Mutter sein?«, hieß es. Oder: »Deine Studienpläne kannst du mit einem Baby an den Nagel hängen.«

Katia hatte auf niemanden gehört, sondern war stur ihren Weg gegangen. Und Ralf, der Vater des Babys, hatte sich anständig verhalten und sie geheiratet. So fügte sich alles, wie es sich gehörte. Nur die Liebe zwischen Katia und Ralf, die kam ihnen im Laufe der Jahre abhanden.

Jetzt war sie siebenunddreißig und schon seit zehn Jahren geschieden. Und mit jedem Jahr, mit dem ihre Tochter unabhängiger wurde, wuchs in Katia der Wunsch nach einer großen, wunderbaren Liebe. Manchmal schaute sie sich sogar ihre guten Freunde sehr genau an. Man konnte ja nie wissen … Oh Gott! Martin! Abrupt setzte sie sich im Bett auf. Ein peinlicher Gedanke lauerte knapp unter ihrem Bewusstsein, und Katia scheuchte ihn zurück. Lieber konzentrierte sie sich auf ihre Tochter. »Nun sag schon. Warum wirfst du mich zu nachtschlafender Zeit aus den Federn?«

»Ich hab sie!«, rief Jennifer laut, sprang auf und wedelte mit dem Blatt Papier durch Katias Schlafzimmer. »Die Zulassung fürs Medizinstudium. In Göttingen! Ich hab ja schon nicht mehr dran geglaubt, aber jetzt sind im letzten Moment zwei Studenten abgesprungen, und ich bin die Zweite auf der Warteliste, die nachrutschen darf.« Dann sank sie zurück auf die Bettkante und sah ihre Mutter strahlend an.

»Göttingen«, wiederholte Katia leise und wandte den Blick ab. Göttingen war verdammt weit weg. Sie wusste, selbst wer ein Superabitur wie Jennifer hingelegt hatte, durfte nicht wählerisch sein, sondern musste sich glücklich schätzen, überhaupt einen der begehrten Studienplätze erwischt zu haben. Trotzdem. Insgeheim hatte Katia gehofft, es würde in Lübeck klappen, oder wenigstens in Hamburg.

»Freust du dich nicht, Mama?«

Jennifers Blick ruhte auf ihr, nachdenklich, wissend. Sie setzte sich wieder auf die Bettkante und legte ihrer Mutter eine Hand auf den Arm. Wie konnte es nur sein, dass ein neunzehnjähriges Mädchen so klug, so mitfühlend war? Katia warf einen Blick in den Spiegel über ihrer antiken Frisierkommode. Eine junge Frau mit hohen Wangenknochen, großen, weit auseinanderstehenden Augen und langen, glatten Haaren sah ihr entgegen. Daneben die Tochter, die gleiche Gesichtsform, die gleiche Haarlänge. Nur die Farben hatten sie nicht gemeinsam. Während Katias Haare dunkelblond waren und ihre Augen je nach Lichtverhältnissen von grün bis hellgrau schimmerten, hatte Jennifer die dunkleren Töne des Vaters geerbt. Ihr Haar war von einem satten Braun, das an frisch aufgeworfene Erde erinnerte, in den etwas helleren Augen lag eine Wärme, die Katia immer wieder aufs Neue überraschte. Manchmal schon hatte sie dieses starke Gefühl gehabt, dass sie beide die Rollen tauschten. Dann wurde sie selbst das Trost suchende Kind, und ihre neunzehnjährige Tochter gab ihr Halt.

Dies war wieder so ein Moment, aber Katia wusste, sie durfte diesen Rollentausch nicht zulassen. Sie durfte sich nicht anmerken lassen, wie sehr ihr der Gedanke Angst machte, bald ganz allein zu leben. Jennifer hatte ein Recht auf ihre Jugend, auf ihr eigenes Leben.

Tapfer straffte Katia die Schultern und begegnete dem forschenden Blick ihrer Tochter. »Das ist toll! Ich freue mich für dich.«

»Ehrlich?« Jennifer entspannte sich.

»Na klar. Es ist doch genau das, was du dir so sehr gewünscht hast. Jetzt müssen wir uns schnell um eine Wohnung für dich kümmern.«

»Schon erledigt. Im Studentenwohnheim sind auch zwei Zimmer frei geworden, eines bekomme ich.«

»Wunderbar«, sagte Katia und dachte: Sie braucht mich nicht mehr. Sie kommt prima allein zurecht. Ein Schmerz zog durch ihr Innerstes, aber ihr Mund lächelte weiter.

»Wann willst du fahren?«

»Nächste Woche Montag.«

Nächste Woche schon!

»Gut. Ich könnte Martin bitten, mir den Lieferwagen …«

»Nicht nötig, Mama, wirklich. Lennart und Peer leihen sich den Kleinbus von ihrem Vater. Da kriegen wir alles rein.«

Auch für den Umzug brauchte sie ihre Mutter nicht mehr.

»Aber wirst du denn klarkommen, so ganz allein?«

»Ich schon, Mama. Und du?«

Da war er wieder, der forschende Blick. Katia hob scheinbar entspannt die Schultern. Sie dachte an ihr Heim und mit wie viel Liebe sie es einst für ihre kleine Familie eingerichtet hatte. Das Reihenhaus am Forstmeisterweg in Lübecks nördlichem Stadtteil St. Gertrud hatte sie von ihrer Großmutter geerbt. Es war im Stil der 50er Jahre erbaut, schmucklos und mit hohem Giebeldach, aber Katia hatte daraus ein kleines Juwel gemacht. Und noch immer fand sie etwas zum Verbessern.

Auf Flohmärkten und in Antiquitätenläden stöberte sie regelmäßig nach einer passenden Stehlampe, nach einem Beistelltisch oder einer Vase. Hier lebte sie ihre Leidenschaft für Geschichte aus.

Schon als Schulkind hatte sie alles fasziniert, was mit alten, längst versunkenen Zeiten zu tun hatte. Und als Abiturientin war ihr klar gewesen, dass für sie nur ein Geschichtsstudium in Frage käme. Damals stellte sich Katia vor, wie sie später einmal als Lehrerin ihren Schülern die gleiche Begeisterung nahebringen würde. Den anderen, den heimlichen großen Traum wagte sie nicht zu träumen. In ihm studierte sie Archäologie und reiste um die Welt zu den spannendsten Ausgrabungsstätten. Aber die Tochter eines Postbeamten und einer Schneiderin durfte keine Luftschlösser bauen.

Mit ihrer Schwangerschaft wurden ohnehin alle Berufspläne hinfällig, und als Jennifer zur Schule kam, war Katia froh über die gute Stellung als Sekretärin bei einem Getränkegroßhändler. In Abendkursen hatte sie ihren Beruf erlernt, und sie war zufrieden. Ja, zufrieden, aber nicht glücklich. Manchmal dachte sie darüber nach, mehr aus ihrem Leben zu machen, doch sie wusste nicht, was.

»Natürlich komme ich klar«, sagte sie jetzt zu ihrer Tochter. »Ich habe ja schließlich meine eigenen Interessen und einen Haufen guter Freunde.«

Wie bestellt klingelte in diesem Moment das Telefon neben ihrem Bett, und Katia war froh über die Ablenkung. Doch als sie den Hörer abnahm und die Stimme am anderen Ende der Leitung erkannte, wünschte sie, sie wäre nicht rangegangen.

»Hallo, Süße«, flötete Martin ins Telefon. »Du klingst ja schon hellwach. Oder konntest du auch nicht schlafen? Ich liege seit Stunden wach und denke an dich.«

»Spinnst du? Oder hast du so früh am Morgen schon einen Sonnenstich?«

»Einen Stich, ja, mein Liebling. Aber nicht von der Sonne, sondern von dir. Dein Kuss hat mich mitten ins Herz getroffen.«

Der Kuss. Verdammt! Was bis eben noch gnädig in ihrem Unterbewusstsein geschlummert hatte, drang nun ans Tageslicht. Der langsame Walzer am Ufer, der sattgelbe Vollmond, Martins starke Arme, der sangriaschwere Kopf, die Sehnsucht nach Romantik, die Lippen auf seinem Mund. Zu spät kam die Erkenntnis, dass sie einen peinlichen Fehler beging. Als Katia die Mischung aus Pfeifentabak und Pfefferminzdrops schmeckte, als ihr klarwurde, wen sie da küsste, und zurückzuckte, da war der Schaden schon angerichtet, und Martin schaute sie durch seine Brillengläser an wie ein verliebter Backfisch.

Martin Berendt war ihr bester Freund, seit sie denken konnte. Er war für sie der große Bruder gewesen, der ihr immer gefehlt hatte. Sie hatte die Brautjungfer auf seiner Hochzeit gespielt und ihm nächtelang zugehört, als seine Ehe zerbrach. Umgekehrt hatte er ihr beigestanden, als sie sich von Ralf trennte, und für Jennifer war er wie ein zweiter Vater gewesen. Und weil gute Freunde einander einiges nachsehen, hatte Katia ihren Mund gehalten, als Martin seine Casanova-Phase, wie sie das für sich nannte, durchmachte. Da kam er mindestens zweimal im Monat mit einer neuen Freundin an und gab den großen Verführer. An seinem fünfzigsten Geburtstag hörte er damit schlagartig auf und erklärte Katia, ein Mann in seinem Alter müsse endlich zur Ruhe kommen. Dabei sah er sie lange an, aber sie konnte seinen Blick nicht deuten.

Wenn sie genau darüber nachdachte, dann fiel ihr jetzt auf, dass Martin in den letzten paar Monaten ungewöhnlich oft ihre Nähe gesucht hatte. Sie hatte gedacht, er wollte ihr über die bevorstehende Trennung von Jennifer hinweghelfen. Zu spät erkannte Katia, dass ihr guter Freund ganz andere Motive hatte.

»Martin«, begann sie jetzt vorsichtig. »Ich habe gestern ein Gläschen zu viel getrunken und …«

»Hey, jetzt aber keine faulen Ausreden. Oh Katia, das alles hätten wir schon viel früher haben können.«

Jennifer gab ihrer Mutter ein Zeichen, dass sie Frühstück machen ging, und verschwand.

Katia seufzte tief. »Du hast das falsch verstanden. Ich …«

»Schon gut, Schnuckelchen …«

Schnuckelchen! Das hatte sie jetzt falsch verstanden, oder?

»Das kommt ein bisschen plötzlich für dich? Du brauchst noch Zeit?«

»Eigentlich nicht.«

Er schien sie nicht zu hören. »Weißt du, ich kann warten. Schließlich habe ich darin ja Übung.«

»Wie bitte?«

»Immerhin warte ich seit dreißig Jahren auf dich. Seit ich dich zum ersten Mal gesehen habe.«

»Du meinst, seit du als unverschämter Jugendlicher eine schüchterne Siebenjährige im Freibad unter Wasser gedrückt hast?«

»Das tut doch jetzt nichts zur Sache.«

»Martin, können wir bitte über etwas anderes reden?«

»Gern. Was hast du nun für Urlaubspläne?«

»Ich …« Gar keine, hätte sie fast gesagt. In zwei Wochen begann ihr Jahresurlaub. Martin machte zufällig zur selben Zeit Ferien, und plötzlich keimte in ihr der Verdacht auf, dass dies gar kein so großer Zufall war. Schnell sagte sie: »Ich will in Göttingen nach dem Rechten sehen. Jennifer hat nämlich einen Studienplatz ergattert.«

»Ach, deine Tochter kommt bestimmt gut allein zurecht. Ich habe eine Überraschung für dich.«

»Martin …«

»Was hältst du davon, an einer Ausgrabung auf Kreta teilzunehmen. Sozusagen als Hobby-Archäologen?«

Sie hatte sich verhört. Bestimmt. So etwas gab es doch gar nicht. Ein solcher Traum konnte nicht Wirklichkeit sein. Schweigend hörte sie Martin zu, als er jetzt erzählte, dass er dieses Angebot im Internet gefunden hatte. »Es ist ein großes griechisches Reiseunternehmen, das auch ungewöhnliche Angebote ins Programm genommen hat. Na, ich dachte, das wäre doch was für dich.«

»Für dich aber nicht, oder?« Martin liebte den Luxus und verbrachte seine Ferien am liebsten in exklusiven Clubanlagen.

»Ach«, meinte er jetzt gedehnt. »So ein Abenteuer könnte mich schon reizen.«

Katia versuchte, nachzudenken, aber das war schwer mit einem Herzen, das vor Freude laut und schnell in ihrer Brust schlug. Eine Ausgrabung! Sie selbst, die Sekretärin Katia Palmen, würde die Wurzeln der Menschheit entdecken. Auf den Spuren des großen Heinrich Schliemann, dem Entdecker des homerischen Troja.

»Katia, meine Süße, bist du noch dran?« Martins Stimme erinnerte sie an den Preis, den sie für die Erfüllung ihres Traumes würde zahlen müssen.

»Wenn du nicht auf der Stelle aufhörst, mich Süße, Liebling oder Schnuckelchen zu nennen, lege ich auf, verstanden?«

»Wäre dir Schatz lieber?«

»Martin!«

»Schon gut.« Er lachte und klang dabei wieder wie der vertraute, alte Freund.

Prompt wischte Katia ihre Vorbehalte beiseite und sagte: »Also, wenn das nicht zu teuer wird, bin ich dabei.«

»Wunderbar. Und wegen der Kosten mach dir keine Sorgen. Der Preis ist erstaunlich niedrig, aber schließlich ist das ein ganz neues Projekt, und wir sollen ja auch mitarbeiten.«

Eine kleine vernünftige Stimme in ihrem Kopf drängte Katia dazu, doch noch abzusagen. Dieses Abenteuer, das ahnte sie, konnte eine Menge Probleme in ihr Leben bringen. Aber die Versuchung, dem Traum ihres Lebens ganz nah zu kommen, war größer.

»Was hältst du davon«, sagte Martin, »wenn wir die Einzelheiten bei einem romantischen Abendessen besprechen?«

»Abendessen ist okay«, erwiderte Katia zögernd und dachte: Da fangen sie auch schon an, die Probleme.

***

Knapp 2700 Kilometer entfernt gingen Nicos Venetis an diesem Samstagmorgen ganz ähnliche Überlegungen durch den Kopf. Es war ja klar, dass es neue Probleme geben würde, dachte er. Wozu hätte man mich sonst extra nach Athen bestellt? Seit einem Jahr leitete der Archäologe die wohl bedeutendste Ausgrabung in Griechenland seit der Jahrtausendwende. Auf Kreta legten er und sein Team Schicht für Schicht die Ruinen eines Tempels aus der minoischen Hochkultur frei. Gerade waren sie an einem äußerst sensiblen Punkt angelangt – eine der antiken Säulen drohte zu bersten, wenn sie nicht aufwendig gesichert wurden – da kam der Anruf aus Athen.

Jetzt stand er in einem Büro der Universität, weigerte sich, den angebotenen Stuhl anzunehmen, und starrte aus dem Fenster. Trotz der frühen Morgenstunde lag der Smog bereits wie ein schwerer, stickiger Schleier über der Millionenstadt. Einzig die Akropolis mit den modernen Kränen, die seit langem zum Anblick gehörten, erhob sich klar in den Morgenhimmel. Nicos hatte von den Diskussionen um die Akropolis gehört. Seit 30 Jahren schon wurde sie aufwendig restauriert, und die Arbeit würde noch bis zum Jahr 2020 weitergehen. Sofern Geld vorhanden. Und genau darum ging es bei der Kontroverse. Das griechische Kulturministerium dachte ernsthaft darüber nach, Sponsoren für das Projekt zu finden. Na toll, dachte Nicos grimmig. Dann wird es eines Tages heißen: Welcome to theSamsung-Akropolis. Oder so ähnlich. Kein Wunder also, dass ihm und seiner Ausgrabung nun Ähnliches drohte.

Er wandte den Blick vom Fenster ab und musterte seine Gegenüber: den Kulturreferenten, den Rektor der Universität und den kleinen, bierbäuchigen Spiro Michopoulus, Inhaber einer großen Kette von Reisebüros.

»Wenn ich Sie richtig verstanden habe«, sagte Nicos und betonte jedes Wort einzeln, »möchten Sie mir deutsche Touristen auf den Hals jagen.«

»In erster Linie möchten wir die Fortdauer Ihrer Arbeit garantieren«, sagte der Kulturreferent diplomatisch.

»Wir haben gehört«, mischte sich der Rektor ein, »dass Sie einige Jahre in Deutschland studiert haben und die Sprache gut beherrschen.«

Auf einmal begriff Nicos, dass auch der Tagungsort kein Zufall war. Die Universität lag genau zwischen dem einstigen Wohnhaus Heinrich Schliemanns und dem Deutschen Archäologischen Institut. Damit sollte er, Nicos, schon für das Projekt weich geklopftwerden.

»Niemals!«, sagte er laut und streng. »Ich werde diesem verrückten Plan niemals zustimmen!«

Kapitel 2

Als Katia das Wohnzimmer ihrer Schwester betrat, wurde ihr schlagartig klar: Dies war kein zufälliges Familientreffen. Corinna fuhr schweres Geschütz auf. Vater, Mutter, Großvater Johann, sogar ihr Ex-Mann Ralf saßen einträchtig um die Kaffeetafel und blickten ihr mit ernsten Mienen entgegen. Plötzlich musste Katia an eine ganz ähnliche Situation vor beinahe zwanzig Jahren denken. Auch damals war der Familienrat zusammengetreten, um auf sie einzureden. Eine Lawine voller guter Argumente war über die junge Katia hinweggerollt, auf dass sie das winzige Wesen in ihrem Bauch abtreiben ließe.