Kapitäne küsst man nicht - Brigitte D'Orazio - E-Book

Kapitäne küsst man nicht E-Book

Brigitte D'Orazio

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Beschreibung

Wenn die Liebe kommt, wird alles andere bedeutungslos: Brigitte D’Orazios Romantic-Kiss-Roman „Kapitäne küsst man nicht“ jetzt als eBook bei dotbooks. Spontanität will gut geplant sein! Ihre Mutter war ein wilder Hippie – deswegen steht für Zoe fest, dass in ihrem Leben alles in ruhigen und geordneten Bahnen verlaufen soll. Und wenn das bedeutet, dass sie den etwas spießigen, aber verlässlichen Arno heiraten muss, dann ist das genau die richtige Entscheidung. Aber dann passiert etwas Unerwartetes: Als die beiden Verlobten eine Kreuzfahrt geschenkt bekommen, lernt Zoe den Kapitän des Schiffs kennen – und spürt zum ersten Mal in ihrem Leben Schmetterlinge im Bauch. Natürlich ist das vollkommen verrückt. So einem spontanen Gefühl sollte man niemals nachgeben! Oder vielleicht doch? Jetzt als eBook kaufen und genießen: der Romantic-Kiss-Roman „Kapitäne küsst man nicht“ von Brigitte D‘Orazio. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Über dieses Buch:

Spontanität will gut geplant sein! Ihre Mutter war ein wilder Hippie – deswegen steht für Zoe fest, dass in ihrem Leben alles in ruhigen und geordneten Bahnen verlaufen soll. Und wenn das bedeutet, dass sie den etwas spießigen, aber verlässlichen Arno heiraten muss, dann ist das genau die richtige Entscheidung. Aber dann passiert etwas Unerwartetes: Als die beiden Verlobten eine Kreuzfahrt geschenkt bekommen, lernt Zoe den Kapitän des Schiffs kennen – und spürt zum ersten Mal in ihrem Leben Schmetterlinge im Bauch. Natürlich ist das vollkommen verrückt. So einem spontanen Gefühl sollte man niemals nachgeben! Oder vielleicht doch?

Über die Autorin:

Brigitte D’Orazio ist ein Pseudonym der erfolgreichen Autorin Brigitte Kanitz, unter dem sie ihre romantischen Unterhaltungsromane veröffentlicht. Sie arbeitete viele Jahre als Redakteurin für Zeitungen und Zeitschriften in Hamburg und in der Lüneburger Heide. Heute lebt sie gemeinsam mit ihren Zwillingstöchtern an der Adria.

Brigitte D’Orazio veröffentlichte bei dotbooks die Romantic-Kiss-Romane Das Haus in Portofino, Der Fünf-Sterne-Kuss, Fundstücke des Glücks, Geliebte Träumerin, Kapitäne küsst man nicht, Sing mir das Lied von der Liebe und Ti amo heißt Ich liebe dich sowie die Romane Die Sterne über Florenz und Villa Monteverde.

***

Originalausgabe November 2014

Copyright © 2014 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: init | Kommunikationsdesign, Bad Oeynhausen, unter Verwendung eines Motiv von thinkstockphotos, München

ISBN 978-3-95520-853-0

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Brigitte D‘Orazio

Kapitäne küsst man nicht

Ein Romantic-Kiss-Roman

dotbooks.

Kapitel 1

Fröstelnd zog Zoe ihre Jacke enger um die Schultern und beschleunigte den Schritt. Es war Mitte Mai in Hamburg, aber der Frühling ließ auf sich warten. Es regnete in Strömen, und ein eisiger Wind pfiff um die Häuserecken.

Zoe freute sich auf einen ruhigen Abend. Die Kinder waren heute schwer zu bändigen gewesen. Alle hatten sich auf den Ausflug in den Stadtpark gefreut, und als der buchstäblich ins Wasser fiel, hatte es Tränen der Wut und der Enttäuschung gegeben.

Eine heiße Brühe, ein paar belegte Brote und die zwanzigste Wiederholung von »Schlaflos in Seattle« im Fernsehen – das war alles, was sie sich an diesem Abend noch wünschte.

Eilig überquerte Zoe die Hindenburgstraße, bog kurz darauf in die Bebelallee ein und stutzte.

Bitte nicht, flehte sie stumm und rieb sich die Augen. Es half nichts. Als sie erneut an den Straßenrand direkt vor ihrem Hauseingang schaute, standen sie immer noch dort: drei dunkelgraue Kleinwagen, jeder für sich unscheinbar, doch zusammen ein klares Zeichen: Ihre Mutter hatte den Bibelkreis zu sich eingeladen. Schon wieder!

Zoe stieß einen tiefer Seufzer aus. Dies war nicht ihr Tag, so viel stand fest. Müde ging sie durch den Vorgarten auf die alte Villa zu, die vor hundert Jahren einer vornehmen hanseatischen Familie gehört hatte. Inzwischen war sie in vier Wohnungen unterteilt worden, hier und da blätterte der Putz ab, von der einstigen Pracht im grünen Alsterdorf war nicht mehr viel übrig.

Als Zoe die Wohnungstür aufschloss, schallten ihr bereits erregte Stimmen entgegen. Am liebsten wäre sie wieder umgedreht und fortgefahren, irgendwohin, wo die Sonne schien. Sekundenlang hatte sie das Bild eines noblen Kreuzfahrtschiffes vor Augen, das unter südlicher Sonne die türkisfarbenen Meeresfluten durchpflügte. Das Bild verschwamm, als ihre Mutter im Wohnungsflur vor ihr auftauchte.

»Da bist du ja. Du siehst müde aus. Komm, trink ein Glas Wein mit uns. Wir lesen gerade aus den Büchern Moses. Du musst unbedingt mitmachen.«

Oh nein! Zoe wich einen Schritt zurück, aber es gab kein Entrinnen. Nun wurde sie von den Freunden ihrer Mutter umringt. Dass sie einem Bibelkreis angehörten und standfeste Mitglieder der evangelischen Gemeinde waren, sah man ihnen auf den ersten Blick nicht an. Nur manche, fand Zoe, hatten so einen Ausdruck im Gesicht, der sie schaudern ließ. Auf diese Weise hatte ihre Mutter sie früher angeschaut, wenn sie am Sonntagmorgen in der Kirche nicht mehr stillsitzen konnte. Schon damals hatte sie sich ganz klein und unbedeutend gefühlt, während ihre Mutter groß und wichtig war. Auch diese Leute aus dem Bibelkreis hier zeigten ihren Mitmenschen gern, dass sie allein die besten Menschen waren.

Zoe unterdrückte ein Seufzen. Sie fragte sich, womit sie das bloß verdient hatte. Welche Sünden hatte sie begangen, um mit einer Mutter wie Elisabeth Hoffmann gestraft zu sein? Einer Frau, die den lieben Gott zu ihrem wichtigsten Lebensinhalt erkoren hatte. Als kleines Kind hatte Zoe gedacht, alle Leute würden so leben, mit strengen Regeln, täglichen Gebeten und unendlichen Stunden auf harten Kirchenbänken. Erst in der Schule stellte sie überrascht fest, dass es auch anders ging. Ihre neuen Freundinnen waren ungezwungen und lebenslustig. Manchmal nahmen sie Zoe mit nach Hause, wo eine laut und falsch pfeifende Mutter Zoes langes, kastanienbraunes Haar aus den viel zu eng geflochtenen Zöpfen befreite, wo der Vater von der Arbeit heimkam und die Abendzeitung las und das Abendbrot nach einem kurzen Dankgebet von fröhlichem Geplauder begleitet wurde. In jenen Jahren vermisste Zoe ihren Vater besonders schmerzlich. Sie wusste nicht einmal, wie er hieß. Auch ein Foto hatte sie nie von ihm gesehen, und ihre Mutter schwieg sich bis zum heutigen Tag aus. Nur ein paar Mal hatte Zoe gehört, wie ihre Mutter mit anderen Erwachsenen über einen Mann sprach, dem sie immer noch nicht verzeihen könne. Was Zoes Meinung nach ein wenig christlicher Gedanke war, aber sie wagte es niemals, Elisabeth offen auf das Thema anzusprechen.

Zoe hatte genug von den vielen strengen Blicken. »Mama, kommst du bitte kurz mit in die Küche?«

»Wir sind aber mitten im Gespräch«, protestierte eine Frau, die in ihrem Businesskostüm auch in die Vorstandssitzung einer Bank gepasst hätte.

»Genau«, sagte ein älterer Mann neben ihr. »Über das sechste Gebot.«

Alle hatten plötzlich so einen merkwürdigen Ausdruck im Gesicht, und Zoe sah, wie ihre Mutter über und über rot wurde.

»Du sollst nicht ehebrechen«, zitierte Harry. »Das willst du doch bestimmt nicht verpassen, nicht wahr, Elisabeth?«

Zoe begriff nicht, was hier vor sich ging, spürte aber die Spannung, die plötzlich in der Luft lag. Was hatten die bloß alle? Wieso sollte ausgerechnet ihrer tugendhaften Mutter das sechste Gebot irgendwelche Probleme bereiten?

Aber es gab keinen Zweifel. Alle hier wussten mehr als Zoe, und Elisabeth hatte jetzt beschämt die Augen gesenkt.

Auf einmal empfand Zoe Mitleid mit ihr. »Warum geht ihr nicht zurück ins Wohnzimmer und macht eine Pause? Ich werde euch meine Mutter schon nicht zu lange vorenthalten.«

Unter leisem Gemurmel zog sich die Gruppe zurück.

»Komm«, sagte Elisabeth, sobald sie allein waren. »Ich zeige, dir, was zu essen da ist. Erika und Johanna haben belegte Brote mitgebracht.« Sie wollte offenbar von dem Vorfall schnell ablenken.

»Ich habe keinen großen Hunger«, sagte Zoe.

»Machst du etwa schon wieder Diät?« Elisabeth tätschelte ihr liebevoll die Hüften. »Die meisten Männer mögen es ein bisschen moppelig, weißt du doch.«

»Mama, bitte!«

Zoe schloss die Küchentür hinter ihnen und baute sich mit vor der Brust verschränkten Armen kampfbereit auf. Doch ihre Mutter lächelte bloß friedlich und setzte sich auf einen Stuhl.

»Ich wette, dein Arno ist heilfroh, dass er bei dir was zum Anfassen hat.«

»Bitte lass Arno aus dem Spiel!«

»Schon gut.« Elisabeth fuhr sich durchs schulterlange blonde Haar. Obwohl sie sich nicht schminkte und niemals modisch kleidete, kam sich Zoe neben ihrer Mutter unscheinbar vor. Nicht einmal die blitzenden grünen Augen hatte sie geerbt. Ihre eigenen waren von der Farbe feuchter Tonerde und weckten in ihren Mitmenschen zu Zoes größtem Ärger das Bedürfnis, sie zu beschützen.

Ihre Gedanken wanderten zu ihrem Verlobten. Arno Michaelis war vielleicht nicht der absolute Traummann, dafür war er zu ungelenk und zu mager, und seine bleistiftgrauen Augen wirkten klein im hageren Gesicht. Aber er war liebevoll und zuverlässig.

»Wir haben einen zweiten Bausparvertrag abgeschlossen«, murmelte sie mehr zu sich selbst. Aber natürlich griff Elisabeth das Thema sofort auf.

»Ach, gleich noch einen Bausparvertrag.« So, wie sie das Wort aussprach, hätte es auch Fegefeuer oder zumindest Wohnungsbrand lauten können.

»Was ist so schlimm daran, dass Arno und ich von einem eigenen Haus träumen?«

»Nichts. Gar nichts. Falls es wirklich dein Traum ist.«

»Selbstverständlich ist es das!« Irgendwo in ihrem Innern schlug dieser Ausruf einen falschen Ton an, aber Zoe überhörte ihn bewusst. Sie träumte schon lange von einem Haus mit Garten, vielleicht nur ganz klein, aber etwas Eigenes. Dazu die Sicherheit eines geregelten Lebens, die Ruhe eines zuverlässigen Mannes, das Gefühl von Geborgenheit. Dafür war sie bereit, große Opfer zu bringen. So wohnte sie mit über dreißig noch bei ihrer Mutter, und der schwebte definitiv Größeres für ihre Tochter vor. Ein Bischof als Schwiegersohn, zum Beispiel. Arno Michaelis war zwei Jahre älter als Zoe und auf dem besten Weg, steile Karriere in der Bank zu machen. Schon nächstes Jahr konnte er zum Filialleiter aufsteigen. Außerdem betete Arno sie an, aber darüber dachte Zoe nicht so gern nach. Dann hätte sie sich nämlich fragen müssen, warum sie nicht genauso empfand. Warum manchmal ein ganzer Tag vergehen konnte, ohne dass die Sehnsucht ihr das Herz zerriss, warum ein Blick aus seinen bleistiftgrauen Augen ihren Pulsschlag nicht die Spur beschleunigte.

Zoe unterdrückte erneut ein Seufzen.

»Du hattest gesagt, der Bibelkreis trifft sich künftig nur noch im Gemeindehaus.«

Elisabeth nickte. »Sicher, aber hier ist es gemütlicher. Es redet sich nun mal besser in häuslicher Atmosphäre.«

»Zum Beispiel über das sechste Gebot? Was sollte das eben? Ich fand, die hatten alle plötzlich was gegen dich.«

»Unfug!« Elisabeth sprang auf, hochrot im Gesicht. »Rede nicht von Dingen, von denen du nichts mehr verstehst. Du hast dich von unserem Glauben abgewandt und du …«

»Mama, das stimmt doch überhaupt nicht!« Zoe merkte, wie geschickt Elisabeth schon wieder vom Thema abgelenkt hatte, aber sie fühlte sich angegriffen und musste sich verteidigen.

»Ach nein? Und wann warst du zum letzten Mal beim Gottesdienst? Pastor Brenner hat schon gefragt, ob du ausgewandert bist.«

Zoe holte Luft für eine lange Erklärung. Sie öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Nein, beschloss sie, im Augenblick hatte sie nicht die Kraft für eine Grundsatzdiskussion. Wie hätte sie ihrer Mutter erklären sollen, dass sie schon seit langem einen inneren Widerwillen gegen jede Kirche empfand? Dass sie kein Gotteshaus betreten konnte, ohne an die qualvollen Sonntagvormittage ihrer Kindheit zu denken, wenn es sie so schrecklich am Fuß gejuckt hatte, sie sich aber nicht rühren durfte, um sich zu kratzen? Wenn ein Schluckauf sie plagte und ihr jeder Hickser einen strafenden Blick ihrer Mutter eintrug?

Wie nur sollte sie Elisabeth beibringen, dass sie schon vor Jahren einen ganz eigenen Weg zu Gott gefunden hatte? Bei sich nannte Zoe das: Ich gehe beten. Dann lief sie an der Außenalster entlang oder über den nassen Elbstrand, redete manchmal laut, manchmal leise, ließ ihren Gedanken freien Lauf, fand Trost und Halt an einem Sonnenstrahl, der übers Wasser huschte, und fühlte sich Gott näher, als sie es je in der Kirche erlebt hatte.

Mit niemandem hatte Zoe bisher darüber geredet. Sie hatte Angst, ausgelacht zu werden, fürchtete sich vor Elisabeths entsetztem Gesichtsausdruck. Nein, beschloss sie, dies war nicht der richtige Zeitpunkt.

Stattdessen sah sie ihre Mutter flehentlich an. »Kannst du sie nicht nach Hause schicken? Ich hatte wirklich einen anstrengenden Tag.«

»Unmöglich.«

Plötzlich hielt Zoe es nicht mehr aus. »Ich mach noch einen Spaziergang«, presste sie hervor, stürmte aus der Küche, durch den Flur, hinaus ins Treppenhaus und runter auf die Straße. Erst dort kam sie zur Ruhe, atmete tief durch und fischte dann ihr Handy aus der Tasche.

»Arno? Kann ich zu dir kommen?«

»Hallo Liebes.« Seine Stimme wirkte sofort entspannend auf sie, wie ein leise plätschernder Bach in der Landschaft ihrer Zukunft. »Du, es tut mir leid. Aber ich bin noch in der Bank.«

»Der Bibelkreis tagt in unserem Wohnzimmer.«

»Wie schrecklich!«

»Du sagst es. Kann ich zu dir kommen?«

Zoe konnte sogar durchs Handy spüren, wie er mit sich rang, und sie kannte seine Antwort, bevor er sie aussprach. Denn bei aller Liebe stand seine Arbeit bei ihm doch an erster Stelle.

»Zu schade, Liebes. Ausgerechnet heute sitze ich über diesen neuen Immobilienfonds. Morgen früh muss ich meine Empfehlung abgeben. Ich fürchte, das wird spät.«

»Halb so schlimm.«

»Geh doch trotzdem zu mir. Du müsstest nur vorher ein bisschen einkaufen.«

Der Gedanke an Arnos über den Tag kalt gewordene Wohnung ließ sie schaudern. Das einzige Zimmer war zweckmäßig, um nicht zu sagen, lieblos eingerichtet und strahlte die Gemütlichkeit einer U-Bahn-Haltestelle aus. Wann immer Zoe in den vergangenen zwei Jahren vorgeschlagen hatte, schönere Möbel anzuschaffen oder wenigstens ein paar Bilder aufzuhängen, hatte er geantwortet: »Wozu? Das lohnt sich doch nicht. Lass uns das Geld lieber für unser Haus sparen.«

Dann nickte sie und gab ihm recht, aber insgeheim fragte sie sich, wie ein Mensch so leben konnte. So grau, so hässlich.

»Oder du fährst zu meinen Eltern«, sagte Arno in ihre Gedanken hinein. »Die freuen sich bestimmt.«

Sofort hellte sich Zoes Stimmung auf. Helga und Werner Michaelis waren genau die Art Eltern, die sie sich immer gewünscht hatte. Bodenständige Leute mit einer Eigentumswohnung in Winterhude und einem Schrebergarten im Alstertal. Aber auch mit einem großen Maß an Lebensfreude. Dass sie nur an Feiertagen in die Kirche gingen, machte sie nicht zu schlechten Menschen, fand Zoe. Werner Michaelis war pensionierter Finanzbeamter, seine Frau hatte zwei Söhne großgezogen, Johannes und Arno. Aus beiden war etwas geworden, Johannes hatte es sogar bis zum Firmendirektor gebracht, Arno eiferte ihm mit seiner Karriere eifrig nach.

Auch in der weiteren Michaelis-Verwandtschaft fanden sich vernünftige Berufe und geradlinige Lebensziele. Einzig Werners zwanzig Jahre jüngerer Bruder Niklas war, wie Arno sich auszudrücken pflegte, aus der Art geschlagen. Hatte kein Sitzfleisch, der flotte Onkel, und schipperte lieber über die sieben Weltmeere.

Zoe hätte gern einmal mehr über den Nachzügler in der Familie ihres zukünftigen Schwiegervaters erfahren, doch Arno wurde äußerst einsilbig, wenn es um Niklas ging. Hätte sie es nicht besser gewusst, so hätte sie schwören können, ihr Verlobter sei eifersüchtig auf diesen Onkel, von dem auf Familienfeiern geredet wurde, als wäre er der wiederauferstandene Onassis. Was, wie Arno später zu ihr sagte, natürlich maßlos übertrieben war, denn Niklas war ja bloß Kapitän auf einem Kreuzfahrtschiff, also nichts Besseres als ein Lokführer oder gar ein Busfahrer. Zoe fand, dass es da durchaus gewisse Unterschiede gab, schwieg aber, denn Arno konnte in diesem Punkt empfindlich reagieren.

Eine Funkstörung knisterte durch ihr Handy. »Was hast du gesagt?«

Arno antwortete nicht gleich, und vielleicht war das Knistern auch ein Rascheln der Papiere auf seinem Schreibtisch.

»Mama macht heute Bratkartoffeln mit Speck und Rührei. Sie hat vorhin angerufen und gefragt, ob ich zum Abendessen komme.«

Damit war die Entscheidung gefallen. Für Helgas Bratkartoffeln hätte Zoe Wüsten und Meere durchquert. Zum Glück musste sie nur in den Bus nach Winterhude einsteigen. Während der Fahrt beobachtete sie den Busfahrer. Das machte sie manchmal ganz unbewusst, seit Arno seinen legendären Onkel derart herabgesetzt hatte. Dieser hier besaß die gedrungene Figur einer Bulldogge und hatte sich spärliche graue Strähnen über die Halbglatze gekämmt. Nicht gerade der Typ für die Brücke eines Luxusliners, was ein glattes Vorurteil war, klar. Arnos Onkel sah möglicherweise keinen Deut besser aus. Auf dem einzigen Foto, das sie mal gesehen hatte, einem Gruppenbild mit seiner Mannschaft, war unter der tief in die Stirn gezogenen Kapitänsmütze nicht viel zu erkennen gewesen.

Als Helga Michaelis ihr zwanzig Minuten später die Tür öffnete, vergaß Zoe jeden Gedanken an den Seefahrer der Familie. Aus der Küche schlich sich ein derart köstlicher Duft in ihre Sinne, dass ihr ganz schwindelig wurde. Aber dann sagte Helga: »Was für eine wundervolle Überraschung, Zoe. Komm herein. Werner telefoniert gerade mit seinem Bruder. Geh nur ins Wohnzimmer. Niklas freut sich bestimmt, einmal mit dir zu sprechen. Wir haben ihm ja schon so viel von dir erzählt.«

»Ach«, murmelte Zoe. Bevor sie sichs versah, hatte sie den Hörer in der Hand, und Werner Michaelis nickte ihr aufmunternd zu.

»Hallo«, sagte sie zaghaft.

»Guten Abend. Sie sind die zauberhafte Verlobte meines glücklichen Neffen, richtig?«

»Ich … äh … ich glaube schon«, stammelte Zoe und fragte sich entsetzt, wie es möglich war, dass eine Männerstimme so klang: sanft, wie das Murmeln der Meereswellen in einer klaren Vollmondnacht.

Kapitel 2

Das Restaurant Mamma Lucia