Fürsten-Roman 2474 - Caroline Thanneck - E-Book

Fürsten-Roman 2474 E-Book

Caroline Thanneck

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Beschreibung

"Und um die Firma zu retten, wirst du eine Ehe mit dem Earl of Hillsborough eingehen", schließt Frederik von Rathenow seinen Vortrag sachlich. "Du wirst ihn auf dem Sommerball kennenlernen."

"Das kannst du nicht von mir verlangen, Vater!" Empört springt Prinzessin Tessa auf. "Ich werde meine Hand nicht ohne mein Herz verschenken!", ruft sie noch und stürzt tränenblind aus dem Zimmer. Schluchzend wirft sie sich auf ihr Bett und vergräbt ihren Kopf in den Kissen. Wie soll sie einer Heirat mit einem Fremden zustimmen, wo sie sich doch längst in einen anderen Mann verliebt hat? John, einem Stallburschen aus dem Hofstaat von Queen Elizabeth II., gehört ihr Herz! Aber dieser Verbindung wird Tessas Vater gewiss niemals zustimmen.

Die junge Prinzessin ahnt nicht, in wen sie sich tatsächlich verliebt hat. Und als sie es herausfindet, fangen die Probleme erst richtig an ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Ein königlicher Sommerball

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Anne von Sarosdy / Bastei Verlag shutterstock / Reddogs

Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-1173-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Ein königlicher Sommerball

Als Tessa von Rathenow in ein turbulentes Verwechslungsspiel geriet

Von Caroline Thanneck

Und um die Firma zu retten, wirst du eine Ehe mit dem Earl of Hillsborough eingehen«, schließt Frederik von Rathenow seinen Vortrag sachlich. »Du wirst ihn auf dem Sommerball kennenlernen.«

»Das kannst du nicht von mir verlangen, Vater!« Empört springt Prinzessin Tessa auf. »Ich werde meine Hand nicht ohne mein Herz verschenken!«, ruft sie noch und stürzt tränenblind aus dem Zimmer. Schluchzend wirft sie sich auf ihr Bett und vergräbt ihren Kopf in den Kissen. Wie soll sie einer Heirat mit einem Fremden zustimmen, wo sie sich doch längst in einen anderen Mann verliebt hat? John, einem Stallburschen aus dem Hofstaat von Queen Elizabeth II., gehört ihr Herz! Aber dieser Verbindung wird Tessas Vater gewiss niemals zustimmen.

Die junge Prinzessin ahnt nicht, in wen sie sich tatsächlich verliebt hat. Und als sie es herausfindet, fangen die Probleme erst richtig an …

Unwetterwolken ballten sich über Schloss Rathenow zusammen.

Der in Kalkstein errichtete Fürstensitz war von einem weitläufigen Park im englischen Stil umgeben. Hier lebten Pferde, Schafe und Schwäne, doch die Tiere hatten sich längst in ihren Unterschlupf zurückgezogen. Sie schienen zu spüren, dass sich nichts Gutes zusammenbraute. Kein Vogel gab einen Laut von sich, dafür wühlte der Sturm den nahen See auf und rauschte durch das Schilf, das sich unter seiner Macht neigte.

Der Besitz der Familie von Rathenow im Westen von Mecklenburg bestand unter anderem aus Wäldern, Lichtungen und Teichen. Die hohen Schieferdächer des Schlosses waren weithin sichtbar.

Im Norden zuckten die ersten Blitze über den dunklen Himmel. Das Unwetter war noch zu weit entfernt, um den Donner heranzutragen, aber nah genug, um einen Eichelhäher krächzend aus einer hundertjährigen Eiche auffliegen zu lassen.

Im Schutz des Baumes stand ein Mann. Unbemerkt von den Schlossbewohnern war er bis auf wenige Meter an das Gebäude herangekommen. In seiner dunklen Kleidung verschmolz er fast vollständig mit den Schatten.

Reglos starrte er zu den Fenstern im ersten Stock hinauf. Im Lichtschein erkannte er eine Frau in einem weißen Sommerkleid. Sie war von zierlicher Statur und hatte lange braune Haare. Sie schien mit einem Kind herumzutollen. Ihr glockenhelles Lachen wehte durch das offene Rundbogenfenster zu dem einsamen Beobachter heraus.

Er ließ keinen Blick von der bezaubernden Gestalt und presste, ohne es zu bemerken, eine Hand auf sein Herz. Es pochte wild und sehnsüchtig in seiner Brust.

Unvermittelt wurde das Portal geöffnet, und das Fürstenpaar kam aus dem Schloss. Christina von Rathenow bewegte sich leicht und federnd, sie wirkte wesentlich jünger als fünfzig Jahre. Ihr korallenroter Hosenanzug betonte ihre grazile Figur, und sie trug ihre braunen Haare elegant hochgesteckt. Lediglich die schmale Brille, die an einer Kette um ihren Hals hing, war ein Zugeständnis an das Alter.

Fürst Frederik, der einen französischen Anzug trug, war ein hochgewachsener Mann mit dunklen Haaren, die nur an den Schläfen silbrig schimmerten. Der Fürst war im Hochadel aufgewachsen, konnte jedoch auch zupacken wie ein Hafenarbeiter.

Arm in Arm schlenderte das Ehepaar durch den Park. Der stille Beobachter versteckte sich hastig hinter dem mächtigen Baumstamm und wagte kaum zu atmen, aber das Paar lief an ihm vorbei, ohne ihn zu bemerken.

»Worüber möchtest du denn mit mir sprechen, Frederik?«, fragte die Fürstin.

»Ich habe beschlossen, dass unsere Tochter den Earl of Hillsborough heiraten wird.«

»Das hast du beschlossen?« Die Fürstin klang halb amüsiert, halb verwundert. »Und was sagt unsere Tochter zu diesem Plan? Ich wusste gar nicht, dass sie den Earl kennt.«

»Das tut sie auch nicht, aber ich mache schon seit Jahren Geschäfte mit ihm. Er ist ein anständiger Mann. Sie werden zusammen glücklich werden.«

»Sind die Zeiten, in der die Eltern den Ehemann für ihre Tochter auswählten, nicht schon lange vorbei, Frederik? Tessa hat ihren eigenen Kopf, das weißt du. Ich bezweifle, dass sie begeistert sein wird, einen Mann zu heiraten, den sie nicht einmal kennt.«

»Sie wird sich fügen. Der Earl ist eine gute Partie. Es ist notwendig, die Verbindung zwischen unseren beiden Familien enger zu knüpfen, das muss sie einsehen. Ich kann in diesem Punkt nicht nachgeben. So ungern ich das zugebe, aber wir brauchen seinen finanziellen Rückhalt.«

»Das kann unmöglich dein Ernst sein! Wir sind immer gut zurechtgekommen und werden das auch weiterhin tun.«

»Leider nicht. Die Zeiten sind schlecht. Meine Firma läuft schon seit Jahren nicht mehr so gut, wie ich es gern hätte. Wir sind ruiniert, wenn Tessa den Earl nicht heiratet.«

»Frederik!« Die Fürstin blieb stehen und sah ihren Mann erschrocken an. »Ist es wirklich so schlimm?«

»Ich fürchte, ja.« Ein Muskel zuckte in seinem Gesicht und verriet, wie schwer ihm dieses Geständnis fiel. »Ich tue, was ich kann, aber der Waldbrand im letzten Sommer hat uns viele Reserven gekostet. Wir stehen vor dem Ruin.«

»Dann werden wir uns etwas einfallen lassen. Wir können einen Teil des Grundbesitzes verkaufen und in das Geschäft investieren.«

»Niemals. Dazu gebe ich meine Einwilligung nicht. Der Besitz muss zusammengehalten werden. Das war schon immer die Aufgabe meiner Familie, und daran halte ich fest.«

»Also opferst du lieber das Glück unserer Tochter, als zu verkaufen?«, fragte die Fürstin ernst.

»Ich opfere gar nichts. Tessa wird sich mit dem Earl arrangieren.«

»Und wenn nicht? Wir beide haben aus Liebe geheiratet. Willst du das unserer Tochter verwehren?«

»Warum schließt du aus, dass Tessa Gefühle für den Earl entwickeln könnte?« Fürst Frederik blieb stehen und sah seine Frau an. »Ich habe ihn nicht willkürlich ausgesucht, Christina. Er passt wunderbar zu unserer Tochter, das kannst du mir glauben.«

»Sie wird niemals einwilligen, ihn zu heiraten.«

»Doch, das wird sie.«

»Da kennst du unsere Tochter aber schlecht.« Die Fürstin schürzte die Lippen. »Was sagt denn der Earl zu deinem Plan? Hast du schon mit ihm gesprochen?«

»Er hat grundsätzlich nichts gegen eine Vernunftehe. Allerdings möchte er Tessa kennenlernen, ehe er einwilligt.« Der Fürst seufzte hörbar. »Ich würde das nicht von Tessa verlangen, wenn es einen anderen Weg gäbe, um unseren Besitz zu retten, aber den gibt es nicht.« Frederik von Rathenow nahm den Arm seiner Frau und setzte mit ihr seinen Weg durch den Park fort.

Der einsame Beobachter lehnte sich währenddessen ausatmend gegen den Baumstamm und runzelte die Stirn. Hatte er richtig gehört? Die Prinzessin sollte mit einem englischen Grafen verheiratet werden? Mit einem Mann, den sie weder kannte noch liebte? Und der sie niemals so sehr lieben würde wie er selbst?

Das durfte nicht geschehen! Tessa von Rathenow war sein! Sie wusste es nur noch nicht. Er würde sich nun etwas einfallen lassen müssen, um sie für sich zu gewinnen!

Ein Ruck ging durch die einsame Gestalt, als hätte sie soeben einen Entschluss gefasst. Im selben Augenblick zerriss ein Blitz den Himmel über Schloss Rathenow. Er schien das Vorzeichen einer kommenden Gefahr zu sein.

***

Am nächsten Morgen wölbte sich ein wolkenloser Himmel über dem Schloss. Das Unwetter war über Nacht weitergezogen.

Tessa von Rathenow trat aus dem Haus hinaus in den Park und sog tief die kühle, frische Morgenluft ein. Wie herrlich! Die Prinzessin liebte den Sommer, wenn man die Tage im Freien verbringen konnte und es warm genug war, um bei offenem Fenster zu schlafen. Im Winter war es schwer, die uralten Mauern des Schlosses zu erwärmen, aber jetzt boten sie einen angenehmen Schutz vor der mittäglichen Hitze.

Prinzessin Tessa machte einen Morgenspaziergang. Neben einem Baum entdeckte sie Fußspuren im Schlamm. Hier war die Erde aufgeweicht, und die Abdrücke verrieten, dass sich jemand eine Weile hier aufgehalten hatte. Merkwürdig! Tessas Nackenhärchen stellten sich auf, denn die Spuren befanden sich unterhalb ihres Fensters.

Hatte jemand von hier aus ihr Zimmer beobachtet?

Unsinn, verwarf sie diesen Gedanken wieder. Warum sollte sich jemand auf den Schlossgrund schleichen und mich ausspähen? Dafür gibt es doch gar keinen Grund. Das hier ist die Wirklichkeit und kein Roman von Agatha Christie. Ich darf mir nichts einbilden!

Sie schüttelte das flaue Gefühl ab und setzte ihren Weg durch den Garten fort. Zwischen den Kamelien spross Unkraut. Der Anblick veranlasste die Prinzessin, erneut stehen zu bleiben.

Seit wann ließ der Gärtner die geliebten Pflanzen ihrer Mutter so verkommen? Wenn Tessa es recht bedachte, hatte sie Heinrich schon seit Tagen nicht mehr gesehen. Ob er krank war?

Ich werde mich nach dem Frühstück um das Unkraut kümmern, beschloss sie. Nicht, dass seine Wurzeln noch die Kamelien beschädigen. Das wäre wirklich ein Jammer.

»Da bist du ja, Tessa!« Eine Frau kam die Auffahrt herauf. Sie lief so schnell, dass ihre blonden Haare wie ein Schleier hinter ihr her wehten und sich ihr grüner Sommerrock in ihren Beinen verfing. »Rate, was ich hier habe!« Valerie von Thannenberg wedelte mit einem elfenbeinfarbenen Umschlag in ihrer Hand.

»Ich habe keine Ahnung, was das sein könnte.«

»Rate einfach!« Die Augen der Besucherin blitzten.

»Vielleicht zwei Karten für das Konzert von Herbert Grönemeyer?«

»So ein Quatsch!« Ihre Freundin verzog das Gesicht, als hätte sie eine Spinne auf ihrer Nasenspitze entdeckt. »Tut mir leid, ich weiß wirklich nicht, was du an ihm findest.«

»Ich mag seine Lieder«, erklärte Prinzessin Tessa. »Seine Texte haben eine Botschaft.«

»Na, wenn du meinst. Also, Konzertkarten sind es jedenfalls nicht. Zwei Versuche hast du noch.«

»Ist es vielleicht ein Liebesbrief?«

»Schön wäre es, aber ich fürchte, ich bin für die Männer unsichtbar. Jedenfalls hat mich noch keiner wahrgenommen.« Valerie winkte ab. »Letzter Versuch!«

»Hm.« Tessa spähte auf das Kuvert und bemerkte das königliche Wappen auf dem Umschlag. Ihre Augen weiteten sich. »Sag bloß … ist das etwa …«

»Genau! Das ist eine offizielle Einladung zur Gartenparty der Queen im Buckingham Palace! Mit Wappen und allem Drum und Dran. Ist das nicht unglaublich?«

»Und ob!« Die Prinzessin warf einen ehrfürchtigen Blick auf den Umschlag.

Jedes Jahr im Sommer lud Elizabeth II. verdiente Bürgerinnen und Bürger in ihre Residenz zum Gartenfest ein. Die Einladung wurde von ihrem Oberkammerherrn ausgestellt und galt als besondere Anerkennung der Majestät. Bis zu zehntausend Gäste aus aller Welt wurden pro Fest geladen. Eine enorme Anzahl, die jedoch von der Menge derjenigen, die darauf hofften, eine solche Einladung zu erhalten, weit übertroffen wurde.

»Mit wem wirst du das Fest besuchen?«, wollte Tessa wissen.

»Ach, weißt du …« Ihre Freundin zuckte scheinbar gleichgültig mit den Schultern. »Ich dachte mir, ich werde alleine hingehen. Dort sind bestimmt ohnehin schon so viele Gäste und … Hilfe, nicht kitzeln!« Lachend wich Valerie zur Seite aus. »Das war nur ein Scherz. Ich möchte gern mit dir hinfahren. Was glaubst du denn?«

»Ehrlich?« Tessas Herz machte einen Satz. Sie würde nach London reisen – und die Queen sehen! Wie aufregend! Ihr erster Gedanke war: Hoffentlich blamiere ich mich nicht! Und ihr zweiter: Was ziehe ich bloß an?

Valerie nickte verstehend, als wüsste sie genau, was Tessa gerade durch den Kopf schoss. Ein Wunder war das freilich nicht, denn sie kannten sich schon seit vielen Jahren. Sie hatten zusammen ein Internat in der Schweiz besucht und ihre gesamte Schulzeit miteinander verbracht. Auch nach dem Abitur waren sie unzertrennlich gewesen und hatten in Heidelberg studiert. Tessa hatte in diesem Sommer ihren Abschluss in Grafikdesign und Marketing gemacht. Valerie hatte es nicht so eilig und würde im Herbst weiterstudieren.

»Die Zeitungen schreiben ebenfalls schon darüber. Lies mal.« Valerie kramte eine Illustrierte aus ihrer Handtasche und tippte auf einen Artikel.

Paulinas Palastgeflüster: Das Gartenfest der Queen steht vor der Tür. Wie in jedem Sommer wird Elizabeth II. auch in diesem Jahr verdiente Bürger in ihre Londoner Residenz einladen. Im Garten des Buckingham Palace werden die Gäste einen Nachmittag in der Gesellschaft der Queen verbringen. Die persönlichen Einladungen sind eine Auszeichnung und dementsprechend begehrt.

Ich werde Augen und Ohren für Sie offen halten, liebe Leserinnen und Leser. Es verspricht, ein ereignisreicher Nachmittag zu werden. Wer hat wohl das Glück, eine Einladung zu dem Fest zu erhalten? Und wer von der königlichen Familie wird daran teilnehmen? Auch in diesem Jahr wird das Gartenfest sicherlich wieder einige Überraschungen bereithalten!

»Das hört sich aufregend an«, stellte Tessa fest.

»Und ob! Willst du die Einladung mal sehen?« Valerie reichte ihrer Freundin den Umschlag.

Er enthielt dreierlei: eine blaue Karte für den Eintritt ins Teezelt, eine rote Karte zum Passieren der Palasttore und eine kleingedruckte Liste mit Verhaltensregeln sowie Garderobevorschriften. Jeans und ärmellose Tops waren nicht erlaubt. Stattdessen wurde den weiblichen Gästen ein formales Tageskleid empfohlen, natürlich mit passendem Hut. Den Herren riet man zum Frack.

»Ein Knicks wird empfohlen, ist aber kein Muss«, sagte Prinzessin Tessa und strich über das Papier mit den Hinweisen, was man auf der Gartenparty befolgen und was man unbedingt unterlassen sollte. »Außerdem sollte man der Queen nicht einfach die Hand hinhalten, sondern abwarten, bis sie einen begrüßt. Sie bestimmt den Zeitpunkt, wann sie einen ansprechen will.«

»Das bedeutet wohl, dass sie bei offiziellen Anlässen ständig das Eis brechen muss«, folgerte Valerie. »Das hört sich anstrengend an.«

»In der Tat. Wie redet man sie eigentlich korrekt an?«

»Das steht weiter unten auf dem Papier. Beim ersten Mal mit ›Her Majesty‹, danach genügt ein einfaches ›Ma’am‹»

»Richtig, da habe ich es.« Tessa überflog die nächsten Zeilen. »Hier steht auch, dass sie es nicht mag, berührt zu werden. Kein Wunder, bei Tausenden Gästen! Da würde ich vermutlich ein paar Leibwächter einstellen, die meine Privatsphäre schützen und niemanden näher als fünf Meter an mich heranlassen.«

»Kaum hast du eine Einladung zur Queen in der Hand, wirst du zum Snob«, neckte Valerie, und sie lachten zusammen.

»Ich sollte meinen Vater suchen und ihn von den Reiseplänen unterrichten. Er möchte, dass wir demnächst Tante Hermien besuchen«, meinte die Prinzessin nachdenklich. »Nicht dass der Termin ausgerechnet auf den Tag des Gartenfestes gelegt wird.«

»Das wäre wirklich ungünstig. Ich muss auch wieder los. Heute arbeite ich ehrenamtlich im Krankenhaus. Ich wollte dir nur die gute Neuigkeit mitteilen, ehe ich vermutlich vor lauter Aufregung platze. Sehen wir uns heute Abend?«

»Aber sicher. Ich hole dich am Krankenhaus ab, dann gehen wir irgendwo nett essen und planen unsere Londonreise.«

»Prima. Bis später also!« Valerie umarmte Tessa kurz, dann eilte sie davon.

Tessa lenkte ihre Schritte zum Stall. Sie ahnte, dass sie ihren Vater dort finden würde. Er ritt jeden Morgen vor der Arbeit aus. Er mochte die morgendliche Stille, wenn noch der Dunst über den Weizenfeldern hing und kaum jemand auf den Feldwegen unterwegs war.

Tessa stieß die Stalltür auf und wurde vom Geruch des Heus und der warmen Tierleiber empfangen. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Sie liebte Tiere – und Pferde ganz besonders. Sie war mit ihnen aufgewachsen.

Stroh raschelte unter ihren Sandalen, als sie an den Boxen vorbeilief. Ihr Vater stand hinten im Stall und hantierte mit einem Sattel.

»Guten Morgen!« Die Prinzessin eilte zu ihm und stutzte, als sie an zwei leeren Pferdeboxen vorbeikam. Wo waren denn Cassius und Apollonia? Sie kannten Tessa und rieben ihre Nüstern gern an ihrer Hand, immer auf der Suche nach einem Leckerbissen, zum Beispiel einem Apfel oder einem Minzbonbon.

»Tessa!« Fürst Frederik ließ von dem Sattel ab und drehte sich um. Sein markantes Gesicht wirkte fahl und zerfurcht im dämmrigen Licht des Stalls. »Du bist schon wach. Gut. Ich muss etwas mit dir besprechen.«

»Geht es um den Besuch bei Tante Hermien?«

»Nein. Warum fragst du danach?«

»Weil Valerie eine Einladung nach London bekommen hat. Zum Gartenfest der Queen! Und sie möchte, dass ich mitkomme. Ist das nicht aufregend?«

»Wann findet das Fest denn statt?«, erkundigte sich der Fürst.

»In drei Wochen.«

»Verstehe. Nun, das passt ganz gut.«

»Wirklich? Das ist schön. Ich freue mich schon auf die Reise.« Tessa nickte lebhaft, aber als sie in das ernste Gesicht ihres Vaters blickte, sank ihre Freude in sich zusammen wie ein Ballon, dem die Luft entweicht. »Ist etwas nicht in Ordnung? Geht es um Heinrich? Mir ist aufgefallen, dass der Garten verkommt. Ist Heinrich etwa krank?«

»Nein, er ist nicht krank. Ich musste ihn entlassen.«

»Oh!« Die Prinzessin sah ihren Vater überrascht an. »Aber warum denn?«

»Weil wir sparen müssen. Aus diesem Grund habe ich auch zwei der Pferde verkauft. Dir ist sicherlich aufgefallen, dass sie nicht mehr da sind. Sie wurden gestern abgeholt.«

»Du hast Cassius und Apollonia verkauft?« Tessa riss die Augen auf.

»Uns geht das Geld aus. Das ist auch der Grund, weshalb ich mit dir sprechen möchte.« Ihr Vater sog hörbar den Atem ein. »Es hat keinen Zweck, um den heißen Brei herumzureden. Meine Firma steht vor dem Bankrott. Mit dem Holzhandel ist heutzutage kaum noch Geld zu verdienen.«

»Dann müssen wir eben umsatteln und etwas Neues wagen.«