Wovon mag Antonia träumen? - Annette Mansdorf - E-Book

Wovon mag Antonia träumen? E-Book

Annette Mansdorf

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Beschreibung

In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkinder" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt. Ihre Lebensschicksale gehen zu Herzen, ihre erstaunliche Jugend, ihre erste Liebe – ein Leben in Reichtum, in Saus und Braus, aber oft auch in großer, verletzender Einsamkeit. Große Gefühle, zauberhafte Prinzessinnen, edle Prinzen begeistern die Leserinnen dieser einzigartigen Romane und ziehen sie in ihren Bann. »Hallo, Anton! Hier spricht Delia. Kennst du mich noch?« Antonia sah Delia Prinzessin von Grätzenburg sofort vor sich, als sie die Stimme hörte, die sie mit dem alten Spitznamen ansprach. Wie hätte sie sie auch vergessen können? Sie hatten sich so manchen Streich ausgedacht und die Internatsleiterin oft vor die schwere Entscheidung gestellt, ob sie ihnen noch einmal verzeihen oder sie relegieren sollte. »Delia! Wie nett, daß du anrufst! Ich habe ja schon seit Jahren nichts mehr von dir gehört.« »Konntest du auch nicht. Ich war in Amerika und habe mich ganz brav verhalten, so daß die Presse nichts zu berichten hatte.« Antonia lachte. Wie es schien, hatte sich Delia noch nicht sehr verändert. »Ich wollte dich fragen, ob du auch an dem Geburtstag von Frau Dr. von Anselm teilnimmst … Und sag jetzt nicht nein. Das akzeptiere ich nämlich nicht. Wir müssen doch sehen, ob Karin wirklich ihre sechs Kinder bekommen hat. Wie hieß er noch?« »Graf Spitzbart. Wie er richtig hieß, weiß ich gar nicht.«

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Fürstenkinder – 64 –

Wovon mag Antonia träumen?

Ein großes Abenteuer, das man Leben nennt …

Annette Mansdorf

»Hallo, Anton! Hier spricht Delia. Kennst du mich noch?«

Antonia sah Delia Prinzessin von Grätzenburg sofort vor sich, als sie die Stimme hörte, die sie mit dem alten Spitznamen ansprach. Wie hätte sie sie auch vergessen können? Sie hatten sich so manchen Streich ausgedacht und die Internatsleiterin oft vor die schwere Entscheidung gestellt, ob sie ihnen noch einmal verzeihen oder sie relegieren sollte.

»Delia! Wie nett, daß du anrufst! Ich habe ja schon seit Jahren nichts mehr von dir gehört.«

»Konntest du auch nicht. Ich war in Amerika und habe mich ganz brav verhalten, so daß die Presse nichts zu berichten hatte.«

Antonia lachte. Wie es schien, hatte sich Delia noch nicht sehr verändert.

»Ich wollte dich fragen, ob du auch an dem Geburtstag von Frau Dr. von Anselm teilnimmst … Und sag jetzt nicht nein. Das akzeptiere ich nämlich nicht. Wir müssen doch sehen, ob Karin wirklich ihre sechs Kinder bekommen hat. Wie hieß er noch?«

»Graf Spitzbart. Wie er richtig hieß, weiß ich gar nicht.«

»Richtig, Graf Spitzbart. Meinst du, die Kinder sind nach Karin gekommen oder nach ihm? Ich meine, dann haben die armen Würmer wohl schlechte Chancen …«

»Sei nicht so gemein. Vielleicht hat er einen edlen Charakter.«

Delia kicherte. Sie war schon damals für ihre spitze Zunge berühmt gewesen. Antonia konnte sich noch gut daran erinnern, wie fasziniert sie von ihr gewesen war. Ein bißchen hatte Delias fröhliche Art auf sie abgefärbt, aber wenn sie in den Ferien nach Hause gefahren war, hatte sie sich gleich wieder in die brave Tochter verwandelt, die sie nach Meinung ihres Vaters noch heute sein sollte. Manchmal fühlte Antonia einen gewissen Widerstand in sich, von dem sie noch nicht wußte, wohin er sie führen würde.

»Sag mal, bist du auch schon unter der Haube? Nein, nicht wahr? Sonst hättest du ja deinen Schwur gebrochen«, fragte Delia jetzt weiter und unterbrach Antonias Gedanken.

»Welchen Schwur?«

»Hast du das vergessen, Anton? Wir haben uns geschworen, nicht vor achtundzwanzig zu heiraten!«

Vage erinnerte sich Antonia jetzt daran. Wie ernst war so ein Schwur? Er könnte ihr noch nützlich sein …

»Nein, ich bin nicht verheiratet. Aber bald verlobt.«

»Mit wem?«

»Du kennst ihn wohl nicht. Gernot von Quentin-Saalburg.«

»Auch ein ›von‹? Wir wollten doch ins gemeine Volk hinab­steigen und ein bißchen frisches Blut in die muffigen Gene bringen.«

»Wenn mein Vater dich hören könnte, Delia! Wie ist es denn mit dir?«

»Naja …, also ich bin verheiratet …«, gestand ihre alte Freundin kleinlaut.

»Hah! Da haben wir es! Haben wir auch eine Strafe festgelegt, wenn eine von uns den Schwur bricht?«

»Naja …, ich glaube schon. Aber wenn du es nicht mehr weißt …«

»Sag schon.«

»Wer den Schwur bricht, muß der anderen den Besuch auf einer Schönheitsfarm bezahlen. Wenn sie vierzig wird.«

»Wie sind wir denn auf so eine blöde Idee gekommen?«

»Damals war Schminken und alles, was damit zu tun hatte, doch streng verpönt im Internat. Uns erschien es als das Höchste des Luxus-Lotterlebens, vor dem uns Frau Dr. Müller immer gewarnt hat.«

»Frau Dr. Müller! Ich erinnere mich an sie! ›Brust raus, Bauch rein, Schultern zurück und klares Wasser! Mehr braucht es nicht, Mädels‹«, imitierte Antonia die alte Lehrerin lachend.

»Genau. Du kannst dich schon freuen. Aber bis dahin hast du es sicher schon wieder vergessen.«

»Pustekuchen. Ich werde es mir sofort aufschreiben und auf Termin legen. Wenn ich in fünfzehn Jahren den Zettel wiederfinde, erwarte ich deinen Scheck.«

»Wenn du noch so unordentlich bist wie früher, findest du ihn nie wieder. Aber jetzt mal im Ernst, Antonia. Du kommst doch?«

»Ja, natürlich komme ich. Mein Vater hat mir die Reise geschenkt. Zehn Tage Schweiz. Zum Examen.«

»Hast du Examen gemacht? Welche Fächer?«

»Du sprichst mit einem Magister in Philosophie und Literatur.«

»Ich bin beeindruckt. Mein Mann ist Professor in Philosophie. Aber ansonsten ist er ganz lieb.«

»Das sind wir alle. Wir sehen euch Nicht-Philosophen mit gelassener Ruhe.«

Wieder lachte Delia.

»Ich freue mich riesig, dich zu sehen. Mein Mann bleibt übrigens zu Hause. Kannst du nicht auch allein kommen? Damit wir so richtig Spaß haben?«

»Ich komme sowieso allein.«

Antonia dachte daran, wie unwohl sich Gernot zwischen all den Frauen fühlen würde. Frauen waren für ihn …, ja, was eigentlich? Schmückendes Beiwerk, dachte sie manchmal, wenn er das auch heftig bestreiten würde. Eigentlich war er nett, sonst hätte sie sich schließlich wohl kaum mit ihm verlobt. Nur manchmal beschlichen sie in den letzten Wochen Zweifel, ob sie sich vielleicht doch zu früh gebunden hatte. Ihr Vater war begeistert gewesen, weil er Gernot mochte, aber ihre Mutter hatte sie ausdrücklich gewarnt. Allerdings hatte sie nicht mehr viel Einfluß seit der Scheidung. Antonia sah sie nur selten, weil ihre Mutter überwiegend in England lebte. Durch ihre weitläufige Verwandtschaft mit dem dortigen Königshaus fand sie das Leben auf der Insel wohl spannender.

»Das paßt ja wunderbar. Gut, mein Schatz, dann sehen wir uns also in ein paar Tagen. Ich freue mich wahnsinnig darauf.«

»Ich auch. Bis dann, Delia. Und danke, daß du angerufen hast.«

Antonia legte den Hörer auf und blieb einen Moment ganz ruhig stehen, um den Anruf nachwirken zu lassen. Delia verband sich für sie mit einer glücklichen Zeit in ihrem Leben. Zwar hatte es auch im Internat strenge Regeln gegeben, schließlich waren sie alle ›Höhere Töchter‹, aber im Gegensatz zu ihrem Zuhause hatte dort eine fröhliche Stimmung geherrscht. Damals hatten ihre Eltern gerade ihre schlimmste Krise gehabt, und Antonia war froh gewesen, dem entrinnen zu können.

Natürlich hatte auch das Studium Spaß gemacht, doch Antonia war erwachsen geworden und nicht mehr so unbekümmert wie als Internatsschülerin. Außerdem hatte ihr Vater ständig Angst gehabt, daß sie sich mit den falschen Leuten umgeben könnte, und dazu gehörten seiner Meinung nach fast alle, die nicht auch er kannte.

Im Laufe der Jahre war er sehr eigenbrötlerisch geworden und auch ein bißchen verbittert. Antonia gab das nicht gern zu, doch sie mußte es einfach akzeptieren, wenn sie mit ihm unter einem – wenn auch sehr, sehr großen – Dach leben wollte.

Um so mehr hatte es sie gefreut, als er ihr diese Reise schenkte. Sie hätte auch in die Karibik oder nach Australien fliegen können, es war kein finanzielles Problem. Doch weil er gerade die Schweiz ausgesucht hatte, wußte Antonia, daß er sich doch Gedanken um sie machte, und das war ein gutes Zeichen.

Es gab eigentlich nur noch ein Problem, das sie jedoch nicht überbewertete. Sie wollte mit ihrem eigenen neuen Auto fahren, während ihr Vater und Gernot darauf bestanden, daß sie die Bahn oder wenigstens das Flugzeug nähme.

Antonia lächelte. Beide Männer waren überzeugt, daß eine Frau so weite Strecken allein nicht fahren sollte. Es mutete fast ein wenig viktorianisch an, denn damals hatten die Frauen nur in Gesellschaft reisen dürfen, wenn überhaupt. Sie hatte nicht die Absicht, sich davon beeinflussen zu lassen. Diesmal würde sie auf ihrem Wunsch bestehen, auch wenn es Ärger bedeutete. Delias Anruf hatte sie nur darin bestärkt.

»Prinzessin? Darf ich stören?«

Antonia drehte sich um. An der Tür stand Judith, eines der Mädchen, die sich um ihr persönliches Wohl kümmern sollten. Antonia war es immer ein wenig unangenehm, wenn sie jemanden beschäftigen mußte, der ihr das Bett aufschlug, die Vorhänge öffnete, ihre Kleidung pflegte. Sie war jung und gesund, das hätte sie alles selbst machen können. Doch für ihren Vater käme das einem Aufstand gleich, und außerdem verdienten die Angestellten hier gut und konnten durch diese Tätigkeiten ihren Lebensunterhalt bestreiten. Deshalb akzeptierte Antonia es letztendlich doch.

»Ja, bitte, Judith?«

»Möchten Sie heute abend das grünseidene Kleid tragen oder das blaue? Ich müßte es noch rasch aufbügeln.«

»Ich ziehe das blaue Kleid an.«

Judith knickste und ging wieder hinaus. Antonia hatte den abendlichen Besuch fast vergessen. Jetzt schaute sie auf die Uhr und merkte, daß sie sich beeilen mußte, wenn sie noch alles schaffen wollte, was sie sich vorgenommen hatte. Ihr Auto mußte zur Inspektion gebracht werden, obwohl sie das für überflüssig hielt. Doch das wäre die erste Bedingung, die ihr Vater stellen würde, wenn sie damit in die Schweiz fahren wollte. Außerdem mußte sie zum Friseur und ein paar Kleider für die Reise kaufen. Dann waren etliche Briefe zu beantworten, denn Antonia war für die ›guten Werke‹ zuständig. Regelmäßig wurde ihre Familie mit Bittgesuchen von Menschen konfrontiert, die zu den Benachteiligten der Gesellschaft gehörten. Es gab einen Fond, aus dem sie Gelder verteilen konnte, natürlich nach gewissenhafter Prüfung der Notwendigkeit.

Antonia kontrollierte rasch den Inhalt ihrer Handtasche. Geld, Kreditkarten, Führerschein – alles da. Nun mußte sie nur noch wegkommen, ohne ihrem Vater über den Weg zu laufen. Um diese Zeit machte er gern zwei Stunden Mittagspause, um sich von seinen vielen Verpflichtungen zu erholen, und ein besonderer Genuß war es für ihn, wenn er dann ein wenig mit ihr plaudern konnte.

Doch Antonia kam ungesehen davon. Sie schloß ihren kleinen roten Sportwagen auf, dessen Anblick sie noch immer in Entzücken versetzte. Gernot hatte natürlich die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Wenn sie schon unbedingt ein Auto brauchte, warum dann nicht etwas Solides, Vernünftiges und Sicheres? Was sollte man darauf antworten? Man mußte dieses kleine Prachtstück doch nur anschauen!

Der Kies spritzte auf, als Antonia in einer eleganten Kurve den Parkplatz verließ und die Auffahrt entlangfuhr. Sie drosselte das Tempo etwas, als sie auf die Straße hinausfuhr, dachte aber voller Vorfreude daran, daß sie bald endlose Autobahnkilometer fahren durfte und dann endlich mal ein bißchen Gas geben konnte.

*

»Du willst also wirklich mit dem Auto fahren? Dann sollte ich vielleicht doch besser mitkommen.«

Antonias Vater nickte zu Gernots Worten. Antonia hatte es kommen sehen und mußte sich beherrschen, um sich ihren Ärger nicht anmerken zu lassen.

»Ich bin bisher ganz gut zurechtgekommen, und ich sehe überhaupt keinen Grund, warum du dein Geschäft im Stich lassen solltest, um mich zu begleiten, Gernot. Ich bin durchaus in der Lage, auf mich aufzupassen.«

Er runzelte ärgerlich die Brauen. Antonias Vater legte die Fingerspitzen aneinander. Das bedeutete Ärger.

»Als ich dir die Reise schenkte, hatte ich freilich nicht mit solchen Schwierigkeiten gerechnet, Antonia. Du vergißt, wie mir scheint, immer wieder, daß du nicht eine einfache junge Frau bist, sondern Antonia Prinzessin von Thalheim. Und das legt dir Pflichten auf, die du nur allzu leicht zu vergessen beliebst.«

»Ich kann mir nicht vorstellen, daß es meine Pflicht verletzt, wenn ich mit dem Auto in die Schweiz fahre«, antwortete Antonia jetzt trotzig. Diese Diskussion war so lästig! Sie war doch keine Gefangene dieser beiden Männer! Wie kamen sie nur dazu, ihr vorzuschreiben, was sie tun durfte oder nicht? Immerhin war sie nicht mehr fünfzehn Jahre alt, sondern fünfundzwanzig!

»Das wollte ich damit auch nicht sagen. Nur birgt so eine Reise allerhand Gefahren, vor denen ich dich gern bewahren möchte. Du könntest eine Panne haben, einen Unfall …«

»Papa, wenn ich eine Panne habe, rufe ich den ADAC an, und einen Unfall kann ich schließlich auch hier haben. Dann wird sich schon jemand um mich kümmern. Da ist es doch wohl egal, ob ich Prinzessin bin oder nicht. Und im übrigen fahre ich in die Schweiz und nicht ins Niemandsland.«

»Antonia, ich wundere mich, wie du mit deinemVater sprichst.«

Natürlich, Gernot mußte wieder einmal seine Loyalität beweisen! Aber sollte sie nicht eigentlich ihr gelten? Wenn er sich mit ihr verloben wollte, erwartete Antonia das eigentlich. Doch vermutlich kam ihm die Haltung ihres Vaters sehr entgegen, denn Gernot konnte sich nicht vorstellen, daß sich Antonia ohne ihn auch nur annähernd amüsieren würde. Er begriff nicht, daß es für sie eine Freude war, ihre alten Mitschülerinnen und Lehrerinnen wiederzusehen. Natürlich sollte sie der Internatsleiterin zu ihrem Ehrentag gratulieren, man hatte ja schließlich gewisse Verpflichtungen, aber das konnte man mit dem Flugzeug in zwei, drei Tagen erledigt haben.«

»Es tut mir leid, Papa …, Gernot …, aber ich möchte darüber nun wirklich nicht mehr diskutieren. Ihr werdet sehen, ich werde ohne Schwierigkeiten dort ankommen und ebenso unbeschadet wieder zurückkehren. Können wir dann jetzt bitte das Thema wechseln?«

»Seit du studiert hast, bist du sehr verändert, Kind. Ich weiß nicht, ob ich damit immer so einverstanden bin …«

»Papa, ich bin nur erwachsen geworden, und habe meine eigene Meinung zu den Dingen. Das richtet sich niemals gegen dich, glaub mir«, antwortete Antonia weich und sah, daß sein Blick sofort milder wurde.

Nur Gernot schaute noch ein wenig finster, aber das nahm Antonia nicht ganz ernst. Er würde sich bestimmt gleich beruhigen.

Antonia legte ihren Dessertlöffel beiseite und tupfte sich die Lippen ab. Den Mokka würden sie in der Bibliothek trinken. Dort hielt sich ihr Vater am liebsten auf, zwischen all den Büchern, die zum Teil schon seit Generationen in der Familie waren. Die Bibliothek war ein sehr großer Raum, der Tür gegenüber lagen die bodentiefen Fenster mit den weinroten Samtvorhängen, rundherum an den Wänden standen die wuchtigen Bücherregale, dicht an dicht bestückt. Vor dem Kamin waren drei schwere Ledersessel gruppiert, in der Mitte stand ein Tisch. Als Antonia noch ein kleines Mädchen gewesen war, hatte sie diesen Raum ein wenig gefürchtet. Das Porträt ihres Ur-Urgroßvaters, des Erbauers des Schlosses, schien sie mit den Augen verschlingen zu wollen, aber heute liebte sie diesen Raum und vor allem die vielen Bücher. Sie hatte jederzeit Zutritt, wohingehen es ihr als Kind verboten war, ihn allein zu betreten. Aber darauf hatte sie freiwillig verzichtet.

»Möchtest du einen Cognac, Gernot?« fragte Antonias Vater seinen zukünftigen Schwiegersohn.

»Ja, gern.«

Er nahm die schwere Kristallkaraffe und goß zwei Fingerbreit der tiefgoldenen milden Flüssigkeit in die Schwenker. Daß Antonia keinen Cognac trank, wußte er, deshalb fragte er sie auch gar nicht erst.