Future for Fridays? - Clemens Traub - E-Book

Future for Fridays? E-Book

Clemens Traub

0,0
9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Deutschland sucht die Supermoral - Warum »Fridays for Future« gerade unsere Zukunft verspielt

Seit die Schwedin Greta Thunberg systematisch die Schule geschwänzt hat, um gegen die aktuelle Klimapolitik zu demonstrieren, ist eine weltweite Bewegung entstanden. Vor allem Schüler und Studenten haben das Thema Klimaschutz auf die öffentliche Agenda gesetzt. Doch es wächst auch Kritik an der Bewegung.

Clemens Traub, als ehemaliger »Fridays for Future«-Demonstrant weit davon entfernt, den Klimawandel zu leugnen, distanziert sich von seinen Altersgenossen der Klimabewegung. Seine These: Sie treibt die soziale Spaltung unserer Gesellschaft aktiv voran und riskiert einen Bürgerkrieg: Hier die gebildeten Klima-Eliten -- dort die tumben Umweltzerstörer.

Wo ist der Raum für differenzierte Zwischentöne und einen sachlichen Meinungsaustausch? Klimapolitik muss sozial gerecht und vernünftig gedacht sein. Wer den gesellschaftlichen Zusammenhalt riskiert, wird die Welt nicht retten. Höchste Zeit für eine kluge Streitschrift.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 128

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



INHALT

Cover

Über das Buch

Über den Autor

Titel

Impressum

Widmung

Vorwort

KAPITEL  1

Wie alles begann

Eine schwedische Schülerin mit Pappschild ruft zum weltweiten Klimaprotest auf

KAPITEL  2

Arzttöchter erklären die Welt

Wie aus einer hoffnungsvollen Bewegung eine gefährliche Demonstration großstädtischer Überheblichkeit geworden ist

KAPITEL  3

»Burn capitalism!«

Wie sich die »Fridays for Future«-Bewegung durch ihre gefühllose Zerstörungswut viele Feinde macht

KAPITEL  4

»How dare you?« oder »Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden«

Wie »Fridays for Future« mit ihrer Klima- Verbissenheit unser politisches Klima gefährden

KAPITEL  5

Von »OK, Boomer« bis #Umweltsau – Generationenkonflikt 2.0

Wie meine Generation im Klimakampf jetzt sogar auf Eltern und Großeltern losgeht

KAPITEL  6

Schluss mit der selbstverliebten Arroganz

Wir brauchen eine Klimarebellion aus der breiten Mitte unserer Gesellschaft heraus

KAPITEL  7

Der gigantische Medienhype

Wie enthusiastische Journalisten jegliche Distanz vermissen lassen

KAPITEL  8

Die Jagd nach dem nächsten »Fridays for Future«-Selfie

Wie Politiker zu Getriebenen eines Medientrends wurden

KAPITEL  9

Apropos Gelbwesten

Wie schnell eine abgehobene Klimapolitik zu einem Aufstand der Ungehörten und Geringverdiener führen kann

KAPITEL 10

Klima-»Apocalypse Now« – Die Freitagsreiter

Wie in der öffentlichen Debatte mit hysterischen Weltuntergangsbildern die Chance auf eine innovative Zukunftsdiskussion vertan wird

Quellenangaben

ÜBER DAS BUCH

Deutschland sucht die Supermoral – Warum »Fridays for Future« gerade unsere Zukunft verspielt

Seit die Schwedin Greta Thunberg systematisch die Schule geschwänzt hat, um gegen die aktuelle Klimapolitik zu demonstrieren, ist eine weltweite Bewegung entstanden. Vor allem Schüler und Studenten haben das Thema Klimaschutz auf die öffentliche Agenda gesetzt. Doch es wächst auch Kritik an der Bewegung.

Clemens Traub, als ehemaliger »Fridays for Future«-Demonstrant weit davon entfernt, den Klimawandel zu leugnen, distanziert sich von seinen Altersgenossen der Klimabewegung. Seine These: Sie treibt die soziale Spaltung unserer Gesellschaft aktiv voran und riskiert einen Bürgerkrieg: Hier die gebildeten Klima-Eliten –– dort die tumben Umweltzerstörer.

Wo ist der Raum für differenzierte Zwischentöne und einen sachlichen Meinungsaustausch? Klimapolitik muss sozial gerecht und vernünftig gedacht sein. Wer den gesellschaftlichen Zusammenhalt riskiert, wird die Welt nicht retten. Höchste Zeit für eine kluge Streitschrift.

ÜBER DEN AUTOR

Clemens Traub geboren 1997 in Karlsruhe, studiert Politik an der Johannes-Gutenberg-Universität zu Mainz und arbeitet als studentischer Mitarbeiter in der heute-Redaktion des ZDF. Seinen Freundeskreis beschreibt er als sehr grün, er selbst ist SPD Mitglied. Bei »Fridays for Future« mitzulaufen ist für viele in seinem Umfeld eine Pflicht. Traub wuchs in einem verschlafenen Dorf auf und kritisiert heute die moralische Überheblichkeit seiner großstädtischen Freunde. Sein kritischer Artikel über die »Fridays for Future«-Bewegung hat weithin Beachtung gefunden.

CLEMENS TRAUB

FUTUREFOR FRIDAYS?

STREITSCHRIFT eines jungen »Fridays for Future«-Kritikers

QUADRIGA

Originalausgabe

Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Dr. Matthias Auer, Bodmann-Ludwigshafen

Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, München

eBook-Erstellung: Jilzov Digital Publishing, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-9542-6

www.luebbe.de

www.lesejury.de

QUADRIGA

Für meine geliebte Mutter,die in all den Jahren immer

VORWORT

Ich erinnere mich noch ganz genau, wann ich das erste Mal von »Fridays for Future« hörte: am 25. Januar 2019 – natürlich einem Freitag. Ein stressiges Semester neigte sich dem Ende zu. Die Prüfungen standen kurz bevor, also würde ich nicht feiern gehen, sondern noch etwas fernsehen und dann früh ins Bett gehen.

Eher zufällig landete ich um Punkt acht Uhr bei der »Tagesschau«. Ein Beitrag zeigte eine farbenfrohe Versammlung von Schülern in Berlin. Mehr als 10.000 Jugendliche schwänzten die Schule und demonstrierten stattdessen gemeinsam für die Rettung unserer Erde. Auf Schildern standen originelle Sprüche wie: »Auf dieser Titanic fehlt nur noch die Panik« oder »Kurzstreckenflüge nur für Insekten«. Die Bewegung nannte sich »Fridays for Future«, und noch auf meinem Sofa informierte ich mich, neugierig geworden, über ihre genauen Ziele, Anliegen und natürlich über die nächsten Demonstrationen.

Voller Vorfreude nahm ich nur wenige Wochen später an meiner ersten Kundgebung in Frankfurt am Main teil. Ich erinnere mich daran, wie sehr mich die schiere Größe der Demonstration überwältigte, Tausende junge Menschen gingen für das Klima auf die Straße. Die ansonsten eher graue Bankenstadt verwandelte sich von jetzt auf gleich in ein buntes Farbenmeer: überall, wohin man schaute, kreative Protestschilder. So schön wie an diesem Tag hatte ich Frankfurt noch nie erlebt.

Alles fühlte sich irgendwie richtig an. Und vor allem: Wir standen auf der richtigen Seite, daran gab es für uns gar keinen Zweifel. Die Welt ein für alle Mal zu einem besseren Ort zu machen, das verband an diesem Tag Tausende Menschen meiner Generation. Es war unbeschreiblich schön, Teil von etwas ganz Großem zu sein. Dieses Gefühl hatten wir an diesem Tag, glaube ich, alle.

In den ersten Wochen danach war es dann wie ein einziger Rausch, den wir jeden Freitag aufs Neue wiederholten. Im Nachhinein betrachtet ist es deshalb umso erstaunlicher, wie schnell Zweifel und Enttäuschung an die Stelle meiner anfänglichen Identifizierung mit »FfF« traten. Und heute bin ich weit davon entfernt zu glauben, dass »FfF« ein Segen für unsere Gesellschaft oder auch nur für meine Generation ist!

Dabei hatte zunächst einfach alles gestimmt: Auch für mich war Klimapolitik schon immer eine Herzensangelegenheit. Mit meinen 22 Jahren gehöre ich der Generation an, die wie noch keine andere zuvor die Auswirkungen des Klimawandels am eigenen Leib erfahren wird. Und die werden gravierend sein, darüber sind sich auch die Wissenschaftler mittlerweile weitgehend einig. Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem wir die Wirklichkeit nicht länger verharmlosen oder wegdiskutieren können. Wir haben keine Wahl, wir müssen uns ändern. Denn was heute noch als Bedrohung am Horizont erscheinen mag, wird unser ganzes Erwachsenenleben in den nächsten Jahrzehnten bestimmen.

Meine Generation ist aufgewachsen im Angesicht der Bedrohung. Sie füllt ganze Nachrichtensendungen. Jeden Tag. Verzweifelte Familien, die vor tödlichen Dürren fliehen. Heftige Wirbelstürme, die ganze Landstriche verwüsten. Bewohnte Inselgruppen, die wie Schwimmbäder überflutet werden. Jeder kennt diese Bilder. Niemand bekommt sie aus seinem Kopf. Eine Aussicht auf die Welt, die Angst macht.

Umso wütender machten mich deshalb vor allem die Deals und Kompromisse mit der Kohle- und Automobilindustrie, mit denen die Bundesregierung eine entschiedene Klimapolitik in den letzten Jahren immer wieder zunichtemachte. Angesichts der mächtigen Wirtschaftsinteressen würde die Zukunft unseres Planeten leider immer den Kürzeren ziehen müssen, dachte ich fast schon resigniert. Nach bekannt werden des Dieselskandals versuchte die Bundesregierung beispielsweise mit aller Kraft mögliche Schäden für die deutschen Automobilhersteller abzuwenden. Die entstandenen Klimaschäden durch manipulierte Stickoxid-Messungen und CO2-Angaben schienen bald kaum noch eine Rolle zu spielen. Mich ärgerte auch, dass die so wichtigen deutschen Klimaziele für das Jahr 2020 krachend verfehlt würden. Bis zum Jahr 2020 sollten die Treibhausgas-Emissionen um mindestens 40 Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt werden. Die ernüchternde Realität: magere 32 Prozent! Wie sollten die international vereinbarten Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens unter diesen Umständen nur erreicht werden? Ein tiefer Unmut machte sich in mir breit, den ich mit vielen meiner meist grün-gesinnten Freunde teilte. Ein Unmut, der Frust und Wut hervorrief.

Und da kamen mir die demonstrierenden Schüler vor wie die einzig richtige Antwort. Kompromissloser Klimaschutz war ihr leidenschaftliches Anliegen. Und bei mir und vielen anderen trafen sie damit einen Nerv: Wir durften uns nicht länger mit der Rolle der gefrusteten Zuschauer begnügen. Wenn meine Generation die Welt für ihre Zukunft retten wollte, dann mussten wir selbst aktiv werden!

So ganz nebenbei widerlegten wir damit auch noch den überheblichen Vorwurf der Boomer, wir seien an Politik nicht interessiert. »FfF« lieferte endlich den ultimativen Gegenbeweis, davon war ich zu diesem Zeitpunkt noch überzeugt. Eine lautstarke Klimabewegung war genau das, wonach ich mich immer gesehnt hatte: Schüler und Studenten, die nicht länger schwiegen, sondern für die Zukunft unseres Planeten auf die Straße gingen. Was für ein großartiges und inspirierendes Bild, dachte ich mir – und scheinbar auch der Rest der Welt.

»Fridays for Future« wurde zu dem politischen Gesprächsthema der kommenden Monate. Und zwar nicht nur in meiner Universität oder auf den Partys, auf die ich ging. Nein, die Forderungen der Heranwachsenden haben es mittlerweile längst von der Straße mitten ins Zentrum der internationalen Politik geschafft. Was für ein kometenhafter Aufstieg! Selbst auf dem UN-Klimagipfel in New York drehte sich alles um die Forderungen meiner Generation nach einer kompromisslosen Klimapolitik.

Doch während die Welt Greta Thunberg und »Fridays for Future« den roten Teppich ausrollte, wuchs bei mir langsam, aber stetig das Unbehagen …

KAPITEL 1

WIE ALLES BEGANN

Eine schwedische Schülerin mit Pappschild ruft zum weltweiten Klimaprotest auf

Mit euren leeren Worten habt ihr mir meine Träume und meine Kindheit gestohlen!

GRETA THUNBERG

Längst steht »Fridays for Future« weltweit für die größte politische Bewegung des 21. Jahrhunderts. Egal ob in Berlin, Paris, London, Sydney oder New York, in Großstädten Afrikas oder Asiens, die Jugend der Welt schwänzt seit Spätherbst 2018 jeden Freitag die Schule und demonstriert in den Metropolen, aber auch zahllosen kleineren Städten, um für ihren Kampf gegen den Klimawandel ein lautstarkes Zeichen zu setzen. Und was sich dabei schnell herauskristallisierte: Wo »Fridays for Future« auf die Straße geht, dort sind meistens Reporterteams nicht weit.

Das Medieninteresse an der weltweiten Klimabewegung sprengt alle Vorstellungen. Fernsehen und Zeitungen berichteten schon bald in Dauerschleife über die bunten und lautstarken Klimademonstrationen. Denn das Markenzeichen der »Fridays for Future«-Bewegung schlechthin waren schnell die selbstgebastelten Protestschilder aus Pappe. Jeder enthusiastische Klimademonstrant, der wirklich etwas auf sich hielt, hatte schon bald sein eigenes: Launische Sprüche wie »Macht ihr eure Hausaufgaben, dann machen wir unsere!« oder »Sei ein Ehrenmann, rette die Erde, man« waren darauf etwa zu lesen.

In der Anfangszeit der Bewegung ging es in der öffentlichen Diskussion über die Streikenden allerdings mehr um das Schuleschwänzen und wie man, also die Schulbehörden und Eltern, damit umgehen sollte. Das eigentliche Anliegen der Schüler, mit Nachdruck auf die Gefahren des Klimawandels hinzuweisen, waren ja seit Langem bekannt. Doch die Hartnäckigkeit von Greta Thunberg und den Jugendlichen weltweit hat sich ausgezahlt. Inzwischen sind Forderungen der Bewegung längst das bestimmende Thema in den Parlamenten und auf den großen öffentlichen Bühnen der Welt. Junge Schulschwänzer halten in diesen Tagen mit ihrem Ruf nach einem kompromisslosen Klimaschutz die Spitzenpolitiker auf Trab. Sei es im Bundestag in Berlin, im Weißen Haus in Washington oder auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos: »Fridays for Future« ist zu dem politischen Treiber unserer Zeit geworden!

Das hätte bestimmt niemand vermutet, als sich im August 2018 – drei Wochen vor den Parlamentswahlen in Schweden – eine 15-jährige Schülerin plötzlich weigerte, in die Schule zu gehen. Stattdessen begann Greta Thunberg, mit einem selbstgemalten Pappschild vor dem schwedischen Parlamentsgebäude für einen Wandel in der Klimapolitik zu demonstrieren. Jeder kennt das Bild des jungen Mädchens mit dem entschlossenen Blick, das einsam und allein vor dem Stockholmer Parlamentsgebäude sitzt. Ihre schlichte Aussage stand auf einem Pappschild: »Skolstrejk för klimatet«, zu deutsch »Schulstreik für das Klima«. Nach den Wahlen ging sie unter der Woche zurück in die Schule, doch jeden Freitag sah man sie mit ihrem Pappschild regelmäßig wieder auf den Stufen vor dem schwedischen Parlament sitzen. Das Motiv des protestierenden jungen Mädchens ist das Bild des Jahres 2018. Und es ging um die ganze Welt!

In den nächsten Monaten fand die schwedische Schülerin Hunderttausende junge Nachahmer, zunächst in Schweden selbst, dann in Australien, Belgien, Frankreich, Finnland und Dänemark. In Deutschland wurden die ersten kleineren Demonstrationen im Dezember 2018 organisiert. Vor allem in Studentenstädten wie Freiburg, Göttingen, Berlin, Kiel und Flensburg gingen die ersten »Fridays for Future«-Demonstranten auf die Straße, wobei es sich gleichermaßen um Schüler wie Studenten handelte. Luisa Neubauer, schnell das Aushängeschild der deutschen Bewegung, war von Anfang an dabei.

Das erklärte Ziel der streikenden Schüler und Studenten: Alle Staaten sollten endlich das Pariser Klimaabkommen einhalten und die Menschen weltweit ihren Lebensstil im Hinblick auf die Belastung des Klimas überdenken und ändern.

Die Klimaproteste im Dezember 2018 waren erst der Anfang. Schon am 18. Januar 2019 war »Fridays for Future« in Deutschland dann durch die landesweite Aufmerksamkeit der Medien in aller Munde. Stolze 25.000 Teilnehmer gingen hierzulande auf die Straße. Am 15. März wurde der erste internationale Protesttag organisiert. Nach eigenen Angaben der Veranstalter nahmen weltweit rund 1,8 Millionen Klimaprotestler teil. Spätestens jetzt konnte dem Phänomen »Fridays for Future« niemand mehr aus dem Weg gehen!

Greta Thunberg ist nach wie vor die schillernde Figur der Klimabewegung. 2018 und 2019 waren ihre Jahre. Schnell wurde die Schülerin zum Liebling der Journalisten, die die politischen Auftritte der jungen Schwedin weltweit ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückten. Und das zu Recht. Ihre Reden und Appelle könnten eindringlicher und eindrücklicher nicht sein.

Da war beispielsweise ihr umjubelter Auftritt im polnischen Kattowitz auf dem UN-Klimagipfel 2018. In ihrer Rede hatte sie kein gutes Wort für die Politiker aus aller Welt übrig, die im Publikum Platz nahmen: »Ihr seid nicht einmal erwachsen genug, um die Wahrheit zu sagen. Sogar diese Bürde überlasst ihr uns Kindern. Aber mir ist es egal, ob ich beliebt bin.« Doch selbst diese Rede war in puncto medialer Begeisterung nichts im Vergleich zu ihrem Auftritt im September 2019 vor den Vereinten Nationen. In »Stern«, »taz« und »Deutschlandfunk« wurde ihr Auftritt sogar in eine Reihe mit Martin Luther Kings legendären Reden gestellt. Die Journalisten waren sich einig: Greta Thunbergs »How dare you« sei das »I have a dream« unserer Zeit. Am 25. September 2019 wurde schließlich bekannt, dass ihr der »Alternativen Nobelpreis« verliehen wird.

Unabhängig davon, was man nun von dem Personenkult um Greta halten mag, ihre Leistung ist unbestritten: Innerhalb eines Jahres war es einer bis dahin unbekannten schwedischen Schülerin gelungen, eine weltweite politische Bewegung zu initiieren und ihre Forderungen auf die Agenden der Regierungen zu bringen.

Wie viele meiner Generation riss auch mich die Begeisterung für das Thema mit. Ich und meine »Fridays for Future«-Freunde waren uns sicher: Wir werden mit unserem Protest den Klimawandel aufhalten und damit die Menschheit vor einer riesigen Katastrophe bewahren. Ich hätte in der Anfangszeit niemals damit gerechnet, dass genau diese Überzeugung bei mir in den nächsten Wochen und Monaten mehr und mehr schwinden würde.

Denn je häufiger ich an »Fridays for Future«-Demonstrationen teilnahm, desto fremder wurden sie mir. Die anfängliche Euphorie wich schnell Ernüchterung: Ihre moralische Überheblichkeit störte mich immer mehr. Anstatt Menschen überzeugen und mitreißen zu wollen, belehrten die Protestierenden lieber vorwurfsvoll mit erhobenem Zeigefinger. Jeder, der mit seinem Lebensstil nicht voll und ganz den rigorosen Ansprüchen meiner »Fridays for Future«-Bekannten gerecht wurde, sollte bald schon als Klimasünder abgestempelt werden. Und so fragte ich mich nach kurzer Zeit, für wen die Bewegung denn eigentlich die Erde retten möchte angesichts des Umstands, dass weite Teile der Bevölkerung »Fridays for Future« zunehmend den Rücken kehrten.

Wenn die Bewegung nicht aufpasst, wird sie durch ihr Verhalten die Spaltung der Gesellschaft noch weiter vertiefen: in städtische Eliten, die angeblich den Klimaschutz erfunden haben, und die breite Mitte der Bevölkerung, deren alltägliche Lebenswelt die allzu radikalen Forderungen nicht zulässt. Doch genau dies dürfen wir uns im Kampf gegen den Klimawandel nicht erlauben!

Und genau vor dieser beängstigenden Entwicklung möchte ich mit meinem Buch warnen. Die Herausforderungen in Sachen Umweltschutz können nämlich nur dann bewältigt werden, wenn wir die ganze Gesellschaft für unsere Klimabegeisterung gewinnen können. Dafür müssen wir kämpfen; das muss zukünftig das große Ziel von »Fridays for Future« sein. Denn nur so kann die Bewegung zu einem wirkungsvollen Motor der Klimadebatte werden.

KAPITEL 2

ARZTTÖCHTERERKLÄREN DIE WELT

Wie aus einer hoffnungsvollen Bewegungeine gefährlichen Demonstration großstädtischer Überheblichkeit geworden ist

Die Rebellen von heute sind die Despoten von morgen.

JOHANNES SCHERR(KULTURHISTORIKER)