Gänsehaut - Austrofred - E-Book

Gänsehaut E-Book

Austrofred

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Beschreibung

Auf seinen Tourneen hat Österreichs führender Freddie-Mercury-Interpret Austrofred schon so einiges erlebt – und damit etliche erfolgreiche Bücher gefüllt. Ein paar Geschichten gibt es jedoch, die er bisher noch nie jemandem erzählt hat. Aus Angst, dass die Leute dann sagen: Geh, jetzt spinnt er komplett, der Austrofred! Aber jetzt muss alles raus. »Gänsehaut« handelt von UFOS, Urban Legends und okkulten Ritualen, von Spuk- und Schauergeschichten, Wunderheilungen und von den Weissagungen des niederösterreichischen Sehers »Mostradamus«. Heavy stuff. Alles aus erster Hand und ergänzt durch Faktenchecks und Do-it-yourself-Anleitungen zum Selbermachen (Hühner hypnotisieren, Nie mehr lebendig begraben werden, Mein eigener UFO-Landeplatz). Die Empfehlungen des Autors zum sinnvollen und sicheren Gebrauch des Buches: 1. Nicht im Finstern lesen. 2. Im Unterschied zu meinen anderen Büchern, die sich dafür hervorragend eignen: Nicht am Klo lesen. 3. Bei Angstzuständen professionelle Hilfe aufsuchen. 4. Dieses Buch im Bekanntenkreis und in den sozialen Medien weiterzuempfehlen schützt vor Dämonen.

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EPUB
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Seitenzahl: 160

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Austrofred

Gänsehaut

AUSTROFRED

Gänsehaut

Czernin

Gedruckt mit Unterstützung der Stadt Wien.

Die Arbeit am Buch wurde gefördert durch das Land Oberösterreich und das Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport.

(Vermutlich durch die Sportabteilung – Anmerkung Mag. S. Neidhart)

Austrofred: Gänsehaut / Austrofred

Wien: Czernin Verlag 2024

ISBN: 978-3-7076-0853-3

© 2024 Czernin Verlags GmbH, Wien

Gestaltung: Mitter Klaus

Umschlagfoto: Ingo Pertramer

Lektorat: Joe Rabl

Druck: Euro PB

ISBN Print: 978-3-7076-0853-3

ISBN E-Book: 978-3-7076-0854-0

Alle Rechte vorbehalten, auch das der auszugsweisen Wiedergabe in Print- oder elektronischen Medien.

Vorwort

Das seziermesserscharfe Seziermesser des Hausverstands

Werte Leserinnen und Leser,

liebe Fans,

in meiner langen Karriere als tourender Rockmusiker habe ich schon so einiges erlebt: schöne Dinge und nicht so schöne, große Erfolge und nicht so große, volle Hallen und stimmungsvolle Miniclubs, amouröse Abenteuer und zerstochene Autoreifen. Über die meisten meiner Erlebnisse und Erkenntnisse gebe ich auch gerne Auskunft – im Prinzip habe ich genau damit meine ersten sechs Bücher gefüllt –, aber ein paar Storys gibt es doch, die habe ich noch nie jemandem erzählt. Wieso? Wahrscheinlich aus der begründeten Angst heraus, dass sonst die Leute sagen, geh, der spinnt doch, der Austrofred, dem hat es jetzt ja endgültig die Kette ausgehängt! Da heißt es sofort, du bist ein Spinner, ein Esoteriker, nur weil du etwas erzählst, was sich außerhalb unserer einfachen westlichen Denkmechanismen bewegt. Aber irgendwann musst du mit solchen Geschichten an die Öffentlichkeit gehen, weil sie sonst in dir gären und arbeiten und dir auf die Seele drücken. Eine solche Belastung muss man teilen, damit man kein Trauma kriegt davon, beziehungsweise, wie man früher statt Trauma gesagt hat: keine Gallensteine.

Wenn euch diese Aufzeichnungen stellenweise ein bisschen nervös vorkommen, konfus gar, dann bitte ich zu bedenken, dass wir es hier mit absolut ungewöhnlichen und für den Normalsterblichen mental kaum verarbeitbaren Phänomenen zu tun haben. Heavy stuff. Dass solche unerhörten Dinge ausgerechnet mir widerfahren, in einer derartigen Häufung, ist freilich kein Zufall, sondern das beweist, dass ich eine besondere Antenne habe für gewisse Schwingungen, eine „Sensibilität“, eine Gabe.

Aber Achtung: Nicht, dass jetzt wer glaubt, der Austrofred, der ist so leichtgläubig und lässt sich alles hineindrücken – das exakte Gegenteil ist der Fall! Ich bin einer der wissenschaftlichsten Menschen, die ich kenne, und begegne all diesen Erscheinungen mit dem schärfsten Instrument, das mir zur Verfügung steht, nämlich mit dem seziermesserscharfen Seziermesser des Hausverstands. Von dem her stelle ich wahrscheinlich die glaubwürdigste Quelle für paranormale Phänomene dar, die überhaupt denkbar ist. Zumal ich einen sehr hohen IQ habe. Ich meine, ich habe meinen IQ noch nicht messen lassen, aber so etwas spürst du einfach, wenn du ein Gespür dafür hast.

Kurz gesagt: Viel zu viele Leute reden viel zu viel Scheiß, aber wenn wer keinen Scheiß redet, dann ich. Dafür bürge ich mit meinem Namen,

nämlich:

PS: Nachdem es sich bei einigen Storys in diesem Buch um Tournee- und also Reiseberichte handelt, spielt die präzise Beobachtung von diversen regionalen Mentalitäten eine große Rolle. Das schmeckt sicher nicht einem jeden – speziell die Steirer sind ja schnell angerührt –, aber ich sage immer: Die Wahrheit muss man aushalten.

Spezielle Antennen

Die geheimen Begabungen der Tiere

Lassts mich vielleicht so anfangen: Wie ihr sicher wissts, haben Tiere teilweise eine ganz andere Wahrnehmung als wir Menschen, die haben ja quasi spezielle Antennen. Und da meine ich jetzt nicht, dass eine Katze in der Nacht gut sieht und eine Krähe sich dreitausend verschiedene Futterverstecke merken kann. Sondern da gibt es zum Beispiel wahre (!) Geschichten von Hunden, die nicht in den Familienurlaub mitfahren dürfen, aber schon im ersten Moment, wo der Nachbar nach ihnen schauen will, geben sie ihm einen Stesser, dass ihm der Pedigree-Sack aus der Hand fällt, und gasen in einem Fetzentempo davon. Dreihundert Kilometer weiter fährt die Familie gerade fröhlich auf der Autobahn gen Süden; auf einmal verreißt die Mama fast das Lenkradl: „Halt, ein Hund auf der Fahrbahn, sakradi – ja, schaut denn der nicht exakt aus wie unsere Fifi?“ Ein bisschen verdattert, aber sicher bleiben sie am Pannenstreifen stehen. Glück gehabt. Auf einmal verdunkelt sich der Himmel, es pfeift und donnert, dann macht es vor ihnen einen gigantischen Tuscher. Ein Flugzeug ist auf die Fahrbahn gekracht und hat alles unter sich begraben. Wenn nicht die Mama akrat wegen dem Hund sich zusammengebremst hätte, hundertprozentig wären sie jetzt alle tot, zermalmt. Arg. Von ihrem Nachbarn erfahren sie später, dass die Fifi nach ihrem kurzen Ausflug (viel zu kurz, um dreihundert Kilometer zu rennen!) vier Tage lang durchgeschlafen hat. Ja, das kriegst du doch im Hirn nicht zusammen! Und solche mysteriösen Tiergeschichten gibt es aus der ganzen Welt. Auch ich habe eine erlebt …

Meine Geschichte spielt in einem unwirtlichen Landstrich im allerletzten Eck der Republik, sieben Autostunden vom zivilisierten Treiben der Hauptstadt entfernt, wo die Berge hoch, die Wälder finster und die Sprache der Menschen ungelenk und schwer verständlich ist. Und glaubt es oder glaubt es nicht: Ich habe schon vor der Abfahrt so eine Vorahnung gehabt! Ich meine, mir wird ja seit jeher jedes Mal leicht entrisch, wenn ich zu einem Auftritt nach Vorarlberg fahre – wem nicht! –, aber diesmal schrecke ich schon in der Nacht davor schwitzend aus dem Schlaf. War da ein Geräusch? Im Zimmer, das kann ich mir aber auch einbilden, ist ein ganz leichter Haselnussgeruch. Sicher, ich habe vor dem Einschlafen noch eine Tafel Haselnuss-Milka gehabert, das schon, aber täte man da nicht eher den Schokoladenanteil riechen und nicht die Haselnüsse? Einen Schokogeruch nehme ich aber nicht wahr. Unruhig schlafe ich wieder ein. Ein höchst notwendiger Schlaf, weil am nächsten Tag habe ich ja eine lange Fahrt vor mir.

*

Diesmal bin ich zu einer Lesung in einem kleinen Ort im Bregenzerwald geladen, einer Gegend, in der schon mancher Wanderer verschollen ist und in die man nur über extrem steile Bergstraßen und enge Serpentinen gelangt. Was freilich die einheimischen Autofahrer nicht daran hindert, dass sie fahren wie die gesengten Säue. Das hat man ja oft in so einfachen Gesellschaften, dass die teilweise keine Angst haben vor dem Tod, weil der Tod noch viel mehr Teil ist von ihrer Kultur und von ihrem täglichen Leben. Aber wenn du selbst aus der Zivilisation kommst, dann stellt es dir bei so einem Fahrstil einfach die Haare auf.

Gegen Ende der langen und ermüdenden Fahrt durch das winterliche Österreich – unterbrochen nur von einer kurzen Pause in der Raststation Mondsee bei Berner Würsteln mit Pommes und Zwiebelsenf – fängt es auch noch an zu schneiben, und sei es wegen der Müdigkeit, sei es wegen dem blendenden Schnee, der die Augen anstrengt, auf jeden Fall habe ich das Gefühl, dass meine Sinne nicht ganz so perfekt funktionieren wie sonst. Ich könnte zum Beispiel nicht mehr mit Sicherheit sagen, ob ich jetzt bergauf, bergab oder geradeaus fahre und ob mir die Melissa-Naschenweng-Nummer, die gerade auf Antenne Vorarlberg rennt, nicht doch extrem taugt. Vielleicht erklärt sich dadurch auch die Beklemmung, die mich vor der Ankunft ergreift. Mit der linken Hand klopfe ich mir wild auf die Brust, mit der rechten schalte ich für die letzten steilen Meter in den Ersten.

Beim Aussteigen steigert sich meine Unruhe noch. Da stehen junge Männer auf den Gehsteigen, einzeln und in kleinen Gruppen. Als würden sie mir Spalier stehen oder als täten sie eine Nachtwache halten für einen Verstorbenen und dabei ein bedrohliches Rosenkranzgsatzl vor sich hin knurren. „Sonbrchmnit“, meine ich zu verstehen und andere sinnlose Wortfetzen, die bei aller Unverständlichkeit eines gemein haben: Sie klingen zutiefst feindselig. „Sonwllmnit.“ Soll das vielleicht „So einen wollen wir nicht“ heißen? So einen wie mich? Mir krampft sich alles zusammen. Eine alte Frau, die mit zwei Sutterlüty-Sackerln voller Einkäufe an mir vorbeigeht, raunt mir in ihrem altertümlichen Idiom zu: „Pass auf, Austrofred, nimm dich in Acht, das sind die Schwarzen!“

Bei einem wärmenden Kakao erzähle ich dann dem Guni, dem wettergegerbten Wirt und Veranstalter, von der Zusammenrottung draußen und von den weissagenden Worten der Frau. „Jaja“, sagt er, „da hat sie schon recht, aber du brauchst deswegen keine Angst haben. Das sind nur die Burschen von der Jungen ÖVP, die passen heute auf.“ In der Vorwoche hat nämlich, erzählt er, die Wiener Rockgruppe Wanda nach einem Konzert im Nachbarort ihr Hotelzimmer verwüstet, was dem dortigen Veranstalter schwere Probleme mit dem Bürgermeister (und dem Pfarrer!) eingebracht hat. Solche Scherereien wollen sie bei mir vorsorglich verhindern. Die Anwesenheit der jungen Schwarzen soll mich daran erinnern, dass es als ortsunüblich gilt, wenn man einen HD-Screen aus dem Fenster schmeißt.

*

Nach meinem wie immer tadellosen Auftritt nehme ich die zahlreichen, akustisch nicht dechiffrierbaren Ehrbekundungen der zutraulichen Vorarlberger Fans mit dem mir eigenen gutmütigsympathischen Lächeln hin. Jede halbe Minute werfe ich ein universell verständliches „Prost!“ in die Runde, und gut ists. Noch gschwind drei, vier Bier, Gage kassieren, fertig.

Am Heimweg in die Pension wieder die schwarzen Mahnwachen. Seit der Erklärung des Wirts und mit ein paar Bieren intus können sie mich aber nicht mehr beeindrucken. Trotzdem wälze ich mich dann unruhig im Bett, nehme ich wieder diesen ganz leichten Haselnussgeruch wahr. Ganz ohne Haselnussschokolade. Eigenartig.

Viel zu spät schlafe ich mithilfe von zwei Rosenheim-Cops-Wiederholungen ein und verschlafe prompt den Check-out, weswegen ich in der Früh von der Pensionswirtin ordentlich ausgeschimpft werde. Eine so eine faule Sau wie mich, behauptet sie, hat sie überhaupt noch nie in ihrer Pension gehabt. Na, mein Gott na, denke ich mir, zwölf Uhr! Die soll froh sein, dass ich nicht wandamäßig ihr scheiß Zimmerl verwüstet habe! Nachdem sie sich abgeregt hat, serviert sie mir aber immerhin noch einen Teller Aufschnitt zum Kaffee.

Wobei, eines ist komisch: Wie ich nämlich zum Bezahlen zu ihr in die Küche komme, schrickt sie kurz auf. Ganz unmerklich nur, aber ich erinnere mich im Rückblick deutlich daran, dass ich mir gedacht habe, öha. Dann holt sie ein kleines Marienbild aus ihrem Herrgottswinkel und legt es, während sie mir die Rechnung schreibt, zwischen uns, fast wie ein heimliches Schutzschild. Aber vielleicht bilde ich mir das auch ein. Das Kreuzzeichen, das sie macht, wie ich schon fast aus der Tür draußen bin, bilde ich mir ganz sicher nicht ein, aber ich deute es in dem Moment als Versöhnungszeichen, vielleicht auch als traditionellen wäldlerischen Abschiedsgruß. Trotzdem bin ich einigermaßen froh, wie ich draußen bin.

*

Am Weg zum Auto fällt mir ein, dass heute der kälteste Tag des Jahres in dieser hoch gelegenen und also eh schon von Haus aus saukalten Gegend sein soll, weswegen ich gleich einmal fünf Minuten das Standgas rennen lasse, damit der Wagen sich ein bisschen aufwärmt. Lenkradlheizung, Sitzheizung – schön langsam wirds.

Bei Tageslicht kann ich jetzt auch die wirklich schöne Landschaft viel gechillter genießen als gestern, die Luft, die Häuser. Um nämlich auch einmal etwas Positives über Vorarlberg zu bringen, muss man sagen, dass es schon das einzige österreichische Bundesland mit einer annehmbaren Architektur ist. In allen anderen Bundesländern schaut es ja aus, als würden die Neubauten von einem bösartigen Computerprogramm wahllos in die Gegend geschissen. Ins Land einischaun war der Titel einer ehemaligen ORF-Sendung, die der Schönheit der Republik gewidmet war. Ins Land einischeißen müsste sie heute heißen.

Eine sehr anheimelnde Sendung – wahrscheinlich meine Lieblingssendung überhaupt – rennt dagegen gerade im Autoradio: Ö1 gehört gewusst. Anheimelnd deswegen, weil bei diesem Quiz ausnahmsweise die tatsächlich gebildetsten Leute gewinnen, und nicht solche, die auf irgendwelchen Apps geübt haben, wann man am besten welchen „Joker“ setzt. Also Leute, die zum Beispiel irgendwelche Johann-Strauß-Stückln nach drei Sekunden erkennen und wissen, was beim Asterix erfunden ist und was historisch verbürgt, so Gymnasiastenwissen halt. War der Kafka eher ein Papa- oder ein Mamabub? Welcher Austropop-Star hat im ORF-Radiokulturhaus eine regelmäßige Musik-Talkshow? (Weil ein bisschen Selbstbeweihräucherungs-PR gehört bei diesen Leuten ja auch immer dazu.) Wo hat der Goethe auf seiner italienischen Reise überall hingebrunzt?

Apropos: Die zahlreichen gestrigen Biere fordern schon nach einer Viertelstunde ihren sogenannten Tribut, ich bleibe stehen. Beim Aussteigen fällt mir ein eigenartiger Sound auf, ein ganz spezielles hohes Klingeln oder Klirren, von mir aus auch Flirren, wie wenn hundert Leute gleichzeitig mit winzig kleinen Kaffeelöfferln auf winzige Schnapsstamperln klopfen, weil sie eine Rede halten wollen. Gefrorene Fichtennadeln, denke ich, die auf gefrorene Äste und gefrorenen Boden fallen. Heute ist nicht nur der kälteste Tag des Jahres, höre ich jetzt den Wetterbericht aus dem Autoradio, sondern gar „der kälteste Tag in Zentraleuropa seit Beginn der Aufzeichnungen“! Und zwecks Abrundung wird im Laufe des Nachmittags auch noch ein leichtes Erdbeben erwartet.

Auf einmal wuselt es in meinem Augenwinkel: Süß, denke ich mir, ein Eichkatzerl! Und noch eines! Öha, ein drittes ist auch da! Und ein viertes und ein fünftes. Spätestens beim zehnten Eichkatzerl wird mir aber doch ein wenig entrisch und ich schaue lieber, dass ich schnell fertig werde mit dem Wasserlassen, was natürlich nicht so leicht ist: Klar, wenn du oben eine Kiste von einer Flüssigkeit hineinschüttest, dann muss unten auch wieder eine herauskommen. Physikalisches Basiswissen. „Na, ihr seids aber ganz schön zutraulich!“, sage ich, weil ich aus irgendeinem Grund das Gefühl habe, dass ein bisschen eine Konversation angemessen ist, vielleicht auch zwecks Besänftigung. Na, mehr haben sie nicht gebraucht als Einladung. Sicher fünfzig Eichkatzerl rennen auf mich zu! Aus Löchern kommen sie, von den Zweigen springen sie herunter, hinter den Bäumen tauchen immer neue auf. Es müssen schon Hunderte sein!

Und jetzt geht mir echt der Reis: Ohne Rücksicht, ob ich fertig bin mit der Brunzerei oder nicht (ich bin es nicht), renne ich davon, flüchte ich zu meinem Auto. Aber das macht die Eichkatzerl natürlich erst recht aggressiv. Von links und rechts kommen sie jetzt daher. Ich springe auf den Sitz, will die Tür zuschlagen, aber die geht nicht zu, weil da ein paar der wahnsinnigen Viecher eingequetscht sind. Drei oder vier sind schon im Auto, eins beißt mir ins Genick, ich schreie laut. Dann ziehe ich mir meine Jacke über den Kopf, als notdürftigen Nagerschutz. Kühlen Kopf bewahren ist in so einer verschissenen Scheißsituation immer das Wichtigste. Ich suche eine Waffe, finde aber nur ein paar CDs und das Serviceheftl von meinem Opel. Damit richte ich nichts aus. Dann ziehe ich mir die Schuhe aus, damit meine Zehen einen besseren Griff haben, und halte damit notdürftig die Fahrertür zu. Mit dem restlichen Körper schlängle ich mich auf den Rücksitz, damit ich vielleicht etwas Passendes aus dem Kofferraum fischen kann. Der Wagenheber! Der kommt mir genau recht für das Arschloch, das mich gerade in die Lende beißt. Bumm! Du gehst keinem mehr am Arsch mit deinen spitzen Zähnen. Jetzt kommt der Hundling an den Zehen dran. Bumm! Links und rechts schlage ich mit dem Wagenheber auf die Viecher ein, einem donnere ich das Warndreieck auf den Schädel, einem anderen den gusseisernen Erste-Hilfe-Kasten. Nach ein paar Minuten habe ich alle Eichkatzerl im Auto erledigt und kann, schwer atmend, die Jacke vom Kopf nehmen. Ich besichtige das Schlachtfeld. Na ja. Immerhin muss man den Eichkatzerln zugutehalten, dass sie nicht viel bluten. „Selber schuld, ihr Arschlöcher“, schnaufe ich, „ihr solltets doch einen Winterschlaf halten!“

Aber noch habe ich die Autotür nicht richtig zu. Ich gleite wieder auf den Vordersitz, mache einen Spalt auf. Wieder probieren ein paar von den Idioten, dass sie ins Auto hüpfen, aber ich schlage fünf, sechs Mal mit voller Kraft die Tür zu, dann sind auch die erledigt. Und jetzt gebe ich Gas, fahre, so schnell ich kann. Einfach nur pressen. Meiner Erinnerung nach bin ich bis Wien kein einziges Mal vom Gas gegangen. Zwei Strafzettel bezüglich Geschwindigkeitsüberschreitung über einmal 110 und einmal 150 Euros sind schwarz auf weiß meine Zeugen.

*

Heute weiß ich, was für ein absolut einzigartiges Phänomen mir da im Bregenzerwald begegnet ist. Auf die Spur gebracht hat mich dabei eine Radiosendung über Spitzmäuse in Alaska, wo es geheißen hat, dass denen beim Winterschlaf das Blut einfriert und erst im Frühling wieder auftaut, was von der Natur im Prinzip gut gemeint ist. Scheiße ist es halt, wenn es – was dort hin und wieder vorkommt – ein Erdbeben gibt, weil da bricht dann nämlich Millionen alaskischen Spitzmäusen das gefrorene Blut einfach ab. Wirklich wahr: Durch die Erschütterung machen die gefrorenen Venen einen Knackser und die Viecherl sind alle perdu!

Meine Theorie also: Die sonst so zurückhaltenden Eichkatzerl sind aus ihrem Winterschlaf aufgewacht und haben aus einer gewissen hypersensitiven Vorahnung heraus die Straße aufgesucht, weil sie gewusst haben, da fährt öfters wer vorbei. Dann haben sie aus meinem Auto den Wetterbericht gehört – Jahrhundertkälte! Erdbeben! – und sie haben sich ausgerechnet, dass ihnen ein garantierter Tod bevorsteht. Also haben sie probiert, dass sie zu mir ins warme rettende Auto schliafen. Ich war in ihrer Panik ihre einzige Hoffnung. Na ja, oft hast du ein Pech.

Was ich mir nach wie vor nicht erklären kann, ist dieser mysteriöse Haselnussgeruch, der auch irgendwie mit der Sache zu tun gehabt haben muss, da bin ich mir absolut sicher, zumal er seither nicht mehr aufgetaucht ist. Wobei: Gestern ist mir kurz vorgekommen …

Nachtrag

Ebenfalls in Vorarlberg

Ich habe ja vorhin die Story von dem Hund gebracht, der seine Besitzer auf der Autobahn vor einem großen Unglück bewahrt hat – da ist mir eingefallen, dass mir einmal etwas ganz Ähnliches passiert ist, zufälligerweise ebenfalls in Vorarlberg, und zwar bei einem Gastspiel meiner mittlerweile legendären Fire-Light-&-Austrofred-Tournee. Herzstück dieser aufwendigen Megashow waren unter anderem zehn mannshohe leuchtende Buchstaben, die im Bühnenhintergrund meinen Namen gebildet haben. Also ein A, ein U, ein S, ein T und so weiter. Unter anderem wegen dieser Buchstaben habe ich ein paar starke, bodenständige und gewiefte Männer als Roadies dabeigehabt, ausgebildete Feuerwehrler und Theaterwissenschaftler vom Arbeitsmarktservice, eine super Truppe, mit allen Wassern gewaschen.

Der stärkste, bodenständigste und gewiefteste dieser Männer hat auf den Namen Binder-Reisinger Thomas gehorcht, ein zäher Hackler-Spross aus dem Bezirk Vöcklabruck. Und genau diesen Binder-Reisinger Thomas haben wir bei der Anfahrt zum Conrad Sohm, einer berühmten Club-Location bei Dornbirn, auf der Autobahnraststätte vergessen. Das war, auf den Tag genau, am 1. Februar 2013. Exakte Daten sind nämlich sehr wichtig, damit keiner sagen kann, der Austrofred fantasiert sich das zusammen. Mitnichten! Das sind überprüfbare Fakten. Rufts an beim Conrad Sohm, dort werden sie euch bestätigen, dass ich am 1. Februar 2013 bei ihnen gespielt habe. Hand drauf.

Auf jeden Fall habe ich dann die Bühne mit einem Mann weniger aufbauen lassen und war quasi schon in den Startlöchern, ein paar Minuten waren noch bis zur Show, auf einmal rennt der Binder-Reisinger Thomas herein und schreit: „Halt! Stopp! Champion, pass auf! Beim U hat sich ein Kabelbinder gelöst! Wenn da der Subwoofer buhrt, vibriert die Bühne und irgendwann fällt das U auf dich drauf. Dann bist du tot, Chef!“ Meine Sachverständigen haben dann die Buchstaben fachlich begutachtet und es war auf Punkt und Beistrich genau so, wie es der Thomas beschrieben hat – obwohl der das doch nach irdischen Maßstäben gar nicht wissen hat können und er auch nicht mit den außergewöhnlichen Sinnesorganen eines Hundes ausgestattet ist, sondern mit den eher sogar unterdurchschnittlichen eines Hausruckviertlers.

Nachdem er mir so mein Leben gerettet hat, habe ich den Thomas dann von einem Fahrer direkt ins Hotel bringen lassen, wo er in der Folge sechzehn Stunden durchgeschlafen hat, wie ein Stein. Am nächsten Tag habe ich ihn im Hotelfoyer erwischt, wie er am Boden heimlich Wasser aus einer Schüssel getrunken hat …