Gefühle in Zeiten des Kapitalismus - Eva Illouz - E-Book

Gefühle in Zeiten des Kapitalismus E-Book

Eva Illouz

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Beschreibung

Eva Illouz geht von der überraschenden These aus, daß die Kultur des Kapitalismus eine intensive emotionale Kultur ausgebildet hat: am Arbeitsplatz, in der Familie und in jeder Form von sozialen Beziehungen. Und mehr noch: Während ökonomische Beziehungen immer stärker durch Gefühle bestimmt werden, gilt für das Reich der Gefühle das Umgekehrte: Sie sind durch eine Ökonomisierung geprägt, die von der ersten Kontaktaufnahme bis zur Trennung das Gefühlsleben reguliert. Illouz faßt dieses eigentümliche Verhältnis als emotionalen Kapitalismus und geht ihm in verschiedenen Feldern nach. Sie untersucht die neue Form der Gefühle im Internet-Chat und Partnerbörsen, in Lifestyle-Magazinen und Filmen, nimmt aber auch jene Berufsgruppe in den Blick, die aus den Irrungen und Wirrungen der Gefühle ihr Kapital zieht: die klinischen Psychologen.

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Seitenzahl: 228

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Eva Illouz geht in ihren Adorno-Vorlesungen von der überraschenden These aus, daß die Kultur des Kapitalismus eine intensive emotionale Kultur ausgebildet hat: am Arbeitsplatz, in der Familie und in jeder Form von sozialen Beziehungen. Und mehr noch: Während ökonomische Beziehungen immer stärker durch Gefühle bestimmt werden, gilt für das Reich der Gefühle das Umgekehrte: Sie sind durch eine Ökonomisierung geprägt, die von der ersten Kontaktaufnahme bis zur Trennung das Gefühlsleben reguliert. Illouz faßt dieses eigentümliche Verhältnis als emotionalen Kapitalismus und geht ihm in verschiedenen Feldern nach. Sie untersucht die neue Form der Gefühle im Internet-Chat und Partnerbörsen, in Lifestyle-Magazinen und Filmen, nimmt aber auch jene Berufsgruppe in den Blick, die aus den Irrungen und Wirrungen der Gefühle ihr Kapital zieht: die klinischen Psychologen.

»Das Buch gehört zu den interessantesten des Jahres, gerade weil man an vielen Stellen geneigt ist, zu widersprechen und nachzufragen.« Süddeutsche Zeitung

Eva Illouz ist Professorin für Soziologie an der Hebrew University in Jerusalem.

Im Suhrkamp Verlag erschienen: Der Konsum der Romantik (stw 1858) und Die Errettung der modernen Seele (2009).

Eva Illouz

Gefühle in Zeiten desKapitalismus

Frankfurter Adorno-Vorlesungen 2004

Institut für Sozialforschung an derJohann Wolfgang Goethe-UniversitätFrankfurt am Main

Aus dem Englischenvon Martin Hartmann

Suhrkamp

Zur Gewährleistung der Zitierbarkeit zeigen die grau hinterlegten Ziffern die jeweiligen Seitenanfänge der Printausgabe an.

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2013

© Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2007

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

eISBN 978-3-518-73227-4

www.suhrkamp.de

5Inhalt

I. Der Aufstieg des Homo Sentimentalis

Freud und die Clark Lectures

Die Neuausrichtung der unternehmerischen Vorstellungskraft

Ein neuer emotionaler Stil

Die kommunikative Ethik als Geist des Unternehmens

Die Rosen und die Dornen der modernen Familie

Schluß

II. Leiden, emotionale Felder und emotionales Kapital

Das Narrativ der Selbstverwirklichung

Emotionale Felder, emotionaler Habitus

Die Pragmatik der Psychologie

Schluß

III. Romantische Netze

Das umworbene Internet

Virtuelle Begegnungen

Ontologische Selbstpräsentation

Standardisierung und Wiederholung

Phantasie und Enttäuschung

Schluß

Danksagung

6Für Elchanan

7I. Der Aufstieg des Homo Sentimentalis

Soziologen haben die Moderne traditionellerweise mit dem Aufkommen des Kapitalismus, dem Aufstieg demokratischer politischer Institutionen oder aber mit der moralischen Kraft der Idee des Individualismus in Verbindung gebracht, dabei aber die Tatsache vernachlässigt, daß die meisten großen soziologischen Erzählungen der Moderne neben den bekannten Begriffen des Mehrwerts, der Ausbeutung, der Rationalisierung, der Entzauberung oder der Arbeitsteilung eine andere, unscheinbarere Nebenerzählung enthalten, in der die Entstehung der Moderne unter dem Gesichtspunkt von Emotionen thematisch wird. Um nur einige besonders auffällige, wenn auch triviale Beispiele zu nennen: Webers Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus enthält im Kern eine These über die Rolle der Emotionen im ökonomischen Handeln, da es die durch die Unergründlichkeit der Gottheit ausgelösten Angstaffekte sind, die im Mittelpunkt rastloser unternehmerischer Tätigkeit stehen. Die Marxsche Entfremdungstheorie – ohne die das Verhältnis des Arbeiters zu Prozeß und Produkt der Arbeit nicht hätte erklärt werden können – geht mit einer lauten emotionalen Begleitmusik einher, etwa an den Stellen in den Ökonomisch-philosophischen Manuskripten, an denen Marx die entfremdete Arbeit im Sinne eines Realitätsverlusts in den Blick nimmt oder, in seinen Worten, als einen »Verlust des Gegenstandes«.[1] Dort, wo die Marxsche Entfremdungstheorie von der Populärkultur angeeignet – und entstellt – wurde, geschah das vor allem aufgrund ihrer emotionalen Implikationen. Die Moderne und der Kapitalismus waren entfremdend, weil sie eine Form emotionaler 8Taubheit erzeugten, durch die die Menschen voneinander, von ihrer Gemeinschaft und von ihrem innersten Selbst getrennt wurden. Auch Simmels berühmte Beschreibung des Großstadtlebens enthält eine Darstellung des emotionalen Lebens. In Simmels Perspektive produziert das großstädtische Leben einen endlosen Fluß nervöser Reize und kontrastiert damit dem kleinstädtischen Leben, das auf »gefühlsmäßige Beziehungen gestellt ist«.[2] Für Simmel ist die typisch moderne Einstellung die des Blasierten, die sich aus einer gewissen Reserviertheit, Kälte und Gleichgültigkeit zusammensetzt und, wie Simmel hinzufügt, stets Gefahr läuft, in Haß umzuschlagen. Schließlich ist es wohl die Durkheimsche Soziologie, die sich – bei allem ihr eigenen Neo-Kantianismus – vielleicht auf besonders überraschende Weise der Thematik der Emotionen zuwendet. Ja, das Herzstück der Durkheimschen Soziologie, die Solidarität, ist nichts anderes als ein Bündel von Emotionen, das die sozialen Akteure an die zentralen Symbole der Gesellschaft bindet (in Die elementaren Formen des religiösen Lebens spricht Durkheim in diesem Zusammenhang von »Efferveszenz«).[3] Durkheims Sicht der Moderne bezieht sich sogar noch direkter auf Emotionen, da sie zu begreifen sucht, was die moderne Gesellschaft angesichts der aus der sozialen Differenzierung resultierenden mangelnden emotionalen Intensität »zusammenhält«.[4]

9Mein Punkt ist, so hoffe ich, deutlich genug, und ich will ihn hier nicht weiter ausführen. Implizit enthalten die kanonischen soziologischen Theorien der Moderne wenn schon nicht eine voll ausgereifte Theorie der Emotionen, so doch zumindest eine ganze Reihe von Bezügen auf einzelne Emotionen: Angst, Liebe, Ehrgeiz, Gleichgültigkeit, Schuld – alle diese Emotionen sind in den meisten historischen und soziologischen Erzählungen präsent, in denen es um die Brüche geht, die die moderne Ära herbeigeführt haben. Man muß nur, wenn man will, lange genug an ihrer Oberfläche kratzen.[5] Meine allgemeine These in diesen Vorlesungen lautet wie folgt: Wenn wir diese nicht allzu verborgene Dimension der Moderne wiedergewinnen, werden sich die üblichen Analysen der Konstitution des modernen Selbst und der modernen Identität, aber auch die Analysen der Spaltung zwischen Öffentlichem und Privatem mitsamt ihrer geschlechtsspezifischen Artikulation wandeln.

Aber, so könnte man nun fragen, warum sollten wir das tun? Würde die Konzentration auf eine solch hochgradig subjektive, unsichtbare und persönliche Erfahrung, wie es eine »Emotion« ist, nicht das Geschäft der Soziologie untergraben, von dem man doch sagt, es sei hauptsächlich mit objektiven Regelmäßigkeiten, strukturierten Handlungen und großflächigen Institutionen beschäftigt? Warum sollten wir uns, anders gesagt, mit einer Kategorie herumschlagen, ohne die die Soziologie bisher ganz gut ausgekommen ist? Ich denke, es gibt einige Gründe, die dafür sprechen.[6] Emotionen sind an sich keine Handlungen, wohl aber die innere 10Energie, die uns zum Handeln antreibt; sie sind das, was einer Handlung eine spezifische »Stimmung« oder »Färbung« gibt. Emotionen können folglich als die »energiegeladene« Seite des Handelns bestimmt werden, wobei diese Energie zugleich Kognition, Affekt, Bewertung, Motivation und den Körper impliziert.[7] Emotionen sind also weit davon entfernt, präsozial oder präkulturell zu sein; in ihnen sind vielmehr kulturelle Bedeutungen und soziale Beziehungen auf untrennbare Weise miteinander verflochten, und gerade diese Verflechtung ist es, die ihnen das Vermögen verleiht, Handeln mit Energie aufzuladen. Emotionen besitzen diese »Energie« aufgrund der Tatsache, daß sie stets das Selbst und seine Beziehung zu kulturell situierten anderen betreffen. Wenn jemand zu mir sagt: »Du bist schon wieder zu spät gekommen«, dann wird die Antwort auf die Frage, ob ich Scham, Wut oder Schuld empfinde, fast vollständig von meiner Beziehung zu dieser Person abhängen. Kommt die Bemerkung von meinem Chef, werde ich mich vermutlich schämen, kommt sie von einem Kollegen, macht sie mich wahrscheinlich wütend; kommt sie dagegen von meinem Kind, das vor der Schule auf mich wartet, dann fühle ich mich mit ziemlicher Sicherheit schuldig. Emotionen sind gewiß eine psychologische Entität, aber sie sind ebenso und vielleicht sogar noch stärker kulturelle und soziale Entitäten. Über Emotionen verwirklichen wir kulturelle Formen des Personseins, so wie sie in konkreten und unmittelbaren, aber stets kulturell und sozial definierten Beziehungen ausgedrückt werden. Ich würde daher sagen, daß Emotionen kulturelle Bedeutungen und soziale Beziehungen sind, die eng miteinander verflochten sind; und es ist diese enge Verflechtung, die ihnen ihren energetischen und damit präreflexiven, 11häufig halbbewußten Charakter verleiht. Emotionen sind zutiefst internalisierte, nicht-reflexive Aspekte des Handelns, aber nicht, weil sie nicht genug Kultur oder Gesellschaft in sich enthalten, sondern weil sie zuviel davon in sich tragen. Aus diesem Grund kann eine hermeneutische Soziologie, die soziales Handeln von »innen« verstehen will, ohne eine Berücksichtigung der emotionalen Färbung des Handelns und ihrer Quellen nicht angemessen sein.

Emotionen haben noch eine weitere zentrale Relevanz für die Soziologie: Viele soziale Arrangements sind zugleich emotionale Arrangements. Es ist trivial, darauf hinzuweisen, daß jene Spaltung und Unterscheidung, die die fundamentalste ist und die fast alle Gesellschaften prägt – die zwischen Männern und Frauen nämlich –, auf kulturell bestimmten emotionalen Gegebenheiten beruht (und durch sie reproduziert wird).[8] Wer ein wahrhafter Mann sein will, muß Mut, kühle Rationalität und disziplinierte Aggressivität zur Schau stellen. Feminität dagegen verlangt nach Freundlichkeit, Mitgefühl und Heiterkeit. Die durch geschlechtsspezifische Spaltungen produzierten sozialen Hierarchien enthalten implizite emotionale Spaltungen, ohne die Männer und Frauen ihre Rollen und Identitäten nicht reproduzieren würden. Diese Spaltungen wiederum produzieren emotionale Hierarchien, in denen kühle Rationalität normalerweise als verläßlicher, objektiver und professioneller eingeschätzt wird als etwa Mitgefühl. So setzt, um nur ein Beispiel zu nennen, das Ideal der Objektivität, das unser Bild von Nachrichten oder von (einer vorgeblich blinden) Gerechtigkeit dominiert, eine männliche Praxis und ein männliches Modell emotionaler Selbstkontrolle voraus. Emotionen sind folglich hierarchisch organisiert, und diese 12emotionalen Hierarchien organisieren wiederum auf implizite Weise unsere moralischen und sozialen Arrangements.

Ich will im folgenden die These vertreten, daß die Bildung des Kapitalismus Hand in Hand ging mit der Bildung einer stark spezialisierten emotionalen Kultur. Wenn wir uns auf diese Dimension des Kapitalismus konzentrieren – auf seine Emotionen also –, wird es möglich, eine andere Ordnung der sozialen Organisation des Kapitalismus zu entdecken. Im ersten Kapitel zeige ich, daß die stärkere Gewichtung der Emotionen in der Geschichte von Kapitalismus und Moderne die konventionelle Trennung zwischen einer emotionsfreien öffentlichen und einer mit Emotionen gesättigten privaten Sphäre zerfallen läßt, da deutlich wird, in welchem Maße Frauen und Männer der Mittelschicht im Laufe des 20. Jahrhunderts dazu angehalten werden, sich sowohl am Arbeitsplatz als auch in der Familie auf intensivste Weise ihren Emotionen zuzuwenden, und zwar indem sie in beiden Bereichen ähnliche Techniken verwenden, um das Selbst und seine Beziehungen zu anderen in den Vordergrund zu rücken. Eine solche Kultur der Emotionalität bedeutet nicht, wie Kritiker in der Nachfolge Tocquevilles fürchten, daß wir uns in das Gehäuse unseres Privatlebens zurückziehen[9] – im Gegenteil: Niemals zuvor ist das private Selbst derart öffentlich inszeniert worden, niemals zuvor ist es so sehr auf die Diskurse und Werte der ökonomischen und politischen Sphäre zugeschnitten worden.

Das zweite Kapitel widmet sich ausführlicher der Weise, in der die moderne Identität tatsächlich zunehmend an einer Vielzahl sozialer Orte unter Bezug auf ein Narrativ öffentlich inszeniert wird, in dem sich das Bestreben nach Selbstverwirklichung 13und der Anspruch auf emotionales Leiden verbinden. Die Dominanz und Fortdauer dieses Narrativs, das wir als verkürztes Narrativ der Anerkennung behandeln können, ist auf die materiellen und ideellen Interessen einer Vielzahl sozialer Gruppen bezogen, die innerhalb des Markts, der Zivilgesellschaft und der institutionellen Grenzen des Staats operieren.

Im dritten Teil zeige ich, wie der Prozeß, der aus dem Selbst eine emotionale und öffentliche Angelegenheit macht, seinen stärksten Ausdruck in der Internettechnologie findet, einer Technologie, die ein öffentliches emotionales Selbst voraussetzt und zur Darstellung bringt, mehr noch, die das öffentliche emotionale Selbst den privaten Interaktionen vorausgehen läßt und sie konstituiert.

Obgleich die einzelnen Kapitel separat gelesen werden können, gibt es eine organische Verbindung zwischen ihnen und ein kumulatives Fortschreiten auf ein Hauptziel zu, das darin besteht, die Konturen eines emotionalen Kapitalismus zu skizzieren. Der emotionale Kapitalismus ist eine Kultur, in der sich emotionale und ökonomische Diskurse und Praktiken gegenseitig formen, um so jene breite Bewegung hervorzubringen, die Affekte einerseits zu einem wesentlichen Bestandteil ökonomischen Verhaltens macht, andererseits aber auch das emotionale Leben – vor allem das der Mittelschichten – der Logik ökonomischer Beziehungen und Austauschprozesse unterwirft. Themen wie das der »Rationalisierung« und »Verdinglichung« der Emotionen werden zwangsläufig in allen drei Teilen vorkommen. Dennoch folgt meine Analyse weder Weber noch Marx, da ich nicht voraussetze, daß sich Ökonomie und Emotionen voneinander trennen lassen (oder daß sie voneinander getrennt werden sollten).[10] Vielmehr zeige ich in den folgenden drei Kapiteln, daß das kulturelle Repertoire des Markts zwischenmenschliche und emotionale Beziehungen formt und 14beeinflußt, zugleich aber zwischenmenschliche Beziehungen im Zentrum der ökonomischen stehen. Genauer, das Repertoire des Markts vermischt sich mit der Sprache der Psychologie, und diese Kombination wiederum schafft neue Techniken und Bedeutungen, aus denen neue Formen der Sozialität gegossen werden. Im folgenden Abschnitt will ich untersuchen, wie dieser neue Modus des sozialen Umgangs entstanden ist und was seine zentralen emotionalen (imaginären) Bedeutungen sind.

Freud und die Clark Lectures

Müßte ich trotz meiner Ausbildung als Kultursoziologin und trotz meiner tiefsitzenden Zweifel an der Möglichkeit, wichtige kulturelle Umwälzungen mit festen Daten in Verbindung zu bringen, ein Datum nennen, das die Transformation der emotionalen Kultur Amerikas markiert, würde ich das Jahr 1909 auswählen, das Jahr, in dem Sigmund Freud nach Amerika reist, um an der Clark University Vorlesungen zu halten. In fünf übersichtsartigen Vorlesungen stellt Freud einem gemischten Publikum die Hauptideen der Psychoanalyse vor oder zumindest die Ideen, die in der amerikanischen Populärkultur Widerhall finden sollten: den Versprecher, die Rolle, die das Unbewußte in der Bestimmung unseres Schicksals spielt, die zentrale Bedeutung der Träume für das psychische Leben, den sexuellen Charakter fast aller unserer Wünsche, die Familie als Ursprung unserer Psyche und tiefste Ursache ihrer Pathologien. Es ist merkwürdig: Die meisten soziologischen und historischen Analysen liefern uns zwar elaborierte und feinsinnige Darstellungen der intellektuellen Ursprünge der Psychoanalyse, beschreiben ihren Einfluß auf kulturelle Konzeptionen des Selbst oder ihr Verhältnis zu wissenschaftlichen Ideen, eine schlichte und doch auffällige Tatsache aber übersehen sie, die Tatsache nämlich, daß die Psychoanalyse und die Vielzahl abtrünniger Theorien der Psyche, die ihr gefolgt sind, im großen und ganzen ihre Hauptaufgabe darin sahen, das emotionale Leben neu auszurichten (auch wenn es natürlich so aussah, als wären sie lediglich daran interessiert, es zu zerlegen). Um genauer zu sein: Die vielen Stränge der klinischen Psychologie – der Freudsche Strang, der ich-psychologische, der humanistische, der objektbeziehungstheoretische – haben das formuliert, was ich einen neuen emotionalen Stil nennen möchte, nämlich den therapeutischen emotionalen Stil, der die kulturelle Landschaft Amerikas im 20. Jahrhundert maßgeblich beherrschen sollte.

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