Geheimnisse der Hecken - Rudi Beiser - E-Book

Geheimnisse der Hecken E-Book

Rudi Beiser

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Beschreibung

Menschen und Hecken pflegen seit Jahrtausenden eine Beziehung der besonderen Art – man denke nur an den Hollerbusch. Holunder, Schlehe, Weißdorn waren nicht nur Feldgrenzen. Sie hatten im Volksglauben eine wichtige Schutzfunktion, inspirierten zu Mythen und Legenden, spendeten Früchte und Blätter für Nahrung und Medizin. Rudi Beiser, bekannt für sein umfangreiches Wissen zur aktuellen Heilpflanzenkunde, zu Brauchtum und Volksheilkunde, nimmt Sie mit auf eine Reise zu 23 unserer heimischen Sträucher. Er beleuchtet Volksglauben, traditionelle und moderne Naturheilkunde mit Heil- und Genussrezepten, die ökologische Bedeutung und Tipps für Sträucher im eigenen Garten.

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Seitenzahl: 399

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INHALT

GEHEIMNISSE DER HECKEN

Eine kurze Geschichte der Hecke

Die ökologische Bedeutung der Hecke

Hecken anlegen und pflegen

Heckenmedizin herstellen

DIE HECKENARTEN IM PORTRÄT

Berberitze oder Sauerdorn

Brombeere

Faulbaum

Felsenbirne

Hartriegel

Haselnuss

Heckenkirsche

Holunder

Hundsrose und Gartenrosen

Kornelkirsche

Kreuzdorn

Liguster

Pfaffenhütchen

Pimpernuss

Sanddorn

Schlehe

Schneeball

Stechpalme

Traubenkirsche

Vogelbeere oder Eberesche

Vogelkirsche

Wacholder

Weißdorn

SERVICE

Heckensträucher auf einen Blick

Zum Weiterlesen

Internet

Der Autor

Mein Dank

VORWORT

Als ich mich beim Schreiben meines Buches „Baum und Mensch“ dem Studium der Bäume widmete, war es nahezu zwangsläufig, dass ich an den Heckensträuchern „hängen blieb“. An ihnen hängen bleiben kann man im wahrsten Sinne des Wortes, denn beim Durchstreifen der Wälder begegnet man so manchem Dornengestrüpp. Und so hielten sie auch mich fest und ich lernte die Hecken kennen. 23 heimische Sträucher und zahlreiche verwandte Arten wollten entdeckt werden. Mit der Zeit kam eine große Fülle an Wissen zusammen, denn seit der Steinzeit sind die Hecken Teil unserer Kulturlandschaft. Sie hinterließen zahlreiche Spuren in Geschichte und Brauchtum. Rund um die Hecken können wir viele vergessene Heil- und Nahrungsmittel entdecken und ausprobieren.

Das Verb „hecken“ bedeutete früher „Junge auf die Welt bringen“. Gemeint waren damit junge Vögel. Tatsächlich schlüpfen diese oft in einer Hecke aus dem Ei. Damit sind wir bei der ökologischen Bedeutung der Hecke. Ganz aktuell rückte die Hecke mit dem Thema Insektensterben ins Rampenlicht, denn für die Erhaltung einer artenreichen Vogel- und Insektenwelt hat sie eine immense Bedeutung. Das Artensterben hat weltweit an Fahrt aufgenommen und die Folgen der menschengemachten Katastrophe lassen sich noch gar nicht absehen. Im Schnitt sterben jeden Tag etwa 130 Tier- und Pflanzenarten aus. Aber warum den Kopf in den Sand stecken? Jeder Einzelne von uns kann schon mit kleinen Veränderungen etwas für die Natur und gegen das Artensterben tun. Deshalb finden Sie in diesem Buch auch hilfreiche Tipps für die Anlage von Hecken. Mit der Wahl der richtigen Wildsträucher verschönern Sie nicht nur Garten und Feldflur, sondern unterstützen zugleich zahlreiche Vogel- und Insektenarten.

Außerdem können Sie beim Lesen dieses Buches in die spannende Kulturgeschichte unserer Heckensträucher eintauchen und dabei entdecken, welche wichtige Rolle sie im Leben unserer Vorfahren einnahmen. Ausführlich erfahren Sie von den Verwendungen der Sträucher in Pflanzenheilkunde und Wildkräuterküche und bekommen zahlreiche Rezepte für Heckenheilmittel und kulinarische Heckengenüsse an die Hand. Zudem lernen Sie die botanischen Merkmale der Heckensträucher kennen, um Verwechslungen mit ähnlichen Pflanzen auszuschließen.

Die Hecke war schon immer ein geheimnisvoller Ort. Sie stellt eine Grenze dar, durch die man kaum hindurchgelangt und kaum hindurchsieht. In der Hecke – oder hinter ihr – wird man nicht gesehen; sie ist also ein gutes Versteck und ein idealer Ort, um heimlich einen Streich „auszuhecken“. Das muss aber nicht immer etwas Heimtückisches sein. „Aushecken“ ist wie gehört gleichbedeutend mit ausbrüten. Und manchmal schlüpft dabei etwas Besonderes hervor. Zum Beispiel dieses Buch, das Sie in Ihren Händen halten: Es wurde ausgeheckt im Schatten einer blühenden Schlehenhecke: Ein Buch voller „Heckengeheimnisse“.

Ich lade Sie ein, mit mir in die geheimnisvolle Welt der Hecken einzutauchen, und wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen und Ausprobieren!

Rudi Beiser

GEHEIMNISSE DER HECKEN

EINE KURZE GESCHICHTE DER HECKE

Hecken begleiten den Menschen schon seit der Steinzeit und prägten seine Kulturgeschichte. Welche vielfältigen Rollen sie dabei spielten, lässt sich bereits an der Wortgeschichte ablesen.

BEDEUTUNG VON HECKE UND HAG

Die Hecke hat ihren wortgeschichtlichen Ursprung in dem althochdeutschen Wort „hegga“, was „einhegen“ oder „umzäunen“ bedeutet. Hecke beschreibt also die Einzäunung eines Platzes mit dicht zusammenstehenden Sträuchern. Das Wort „hegen“ wurde auch im Sinne von „beschützen“ und „behüten“ verwendet. Eine ähnliche Bedeutung hat das germanische „haga“, das sich in der alten Bezeichnung Hag wiederfindet. Auch der Hag ist die Umfriedung eines Geländes, für die man Sträucher wie Hagedorn (Weißdorn), Hagerose (Hundsrose), Heckdorn (Kreuzdorn) oder Hagebuche (Hainbuche) nutzte. Viele der sogenannten Hagesträucher besitzen Dornen, was ein Durchdringen der Hecken erschwert. Das Wort Hecke wurde daher einst synonym für Dornengestrüpp gebraucht. Für unsere Vorfahren war die Schutzfunktion des Hags sehr bedeutungsvoll, was sich in verwandten Wörtern wie „behaglich“ zeigt.

Für das Zäunemachen waren „Häger“ oder „Heger“ zuständig. Sie verflochten die Dornenhecken geschickt zu lebendigen Stachelzäunen und sorgten für deren Instandhaltung. Die Gehölze wurden dazu teilweise umgeknickt und gebogen. Daher die alten Namen „Knick“ oder „Gebück“ für solche undurchdringlichen Hecken. Außerdem wurden eventuelle Lücken mit dornigem Schnittgut verflochten.

Die jungsteinzeitlichen Kultorte waren mit Heckensträuchern umfriedet, wozu auch die Hagerose gehörte.

Neben dem lebendigen Hag aus Heckensträuchern gab es auch den Hag aus Stangenholz und Flechtwerk, wozu man sehr gerne Gerten von Haseln und Weiden verwendete. Als Gerten bezeichnete man biegsame Zweige und Stöcke. Die geflochtenen Zäune wurden vorwiegend für den Garten verwendet, der seinen Namen letztendlich von der zum Flechten genutzten Gerte erhielt.

DER HAG IM KULT

Die Urzeit der Menschheit war geprägt vom Animismus. Den Sammlerinnen und Jägern der Altsteinzeit galt die Natur als beseelt und mit dem Göttlichen verbunden. Kein Gehölz durfte gefällt, kein Tier getötet werden ohne versöhnliche Opferrituale. Dies änderte sich in der Jungsteinzeit, als die Menschen sesshaft wurden und begannen, das Land zu bewirtschaften. Die Bevölkerung wuchs sprunghaft an und die neue Wirtschaftsweise machte große Eingriffe in den Naturkreislauf nötig. Nun musste sich zwangsläufig die Weltsicht ändern, denn nicht jeder gefällte Baum oder Busch konnte gesühnt werden. Die Lösung lag darin, nur noch ausgewählte Bezirke als heilig anzusehen. Das Heilige, das einst die ganze Natur beseelte, zog sich in sakrale Bereiche zurück. So wurde der Wald gerodet und die heilige Erde gepflügt. Den dabei begangenen Naturfrevel sühnte die Gemeinschaft an den heiligen Orten durch entsprechende Opfer und Rituale.

Diese heiligen Orte, Bäume oder Haine waren sakrosankt, also unantastbar. Hier wurde jede Schädigung eines Naturwesens hart bestraft. Man durfte weder Holz schlagen, noch war es erlaubt zu jagen. Die heiligen Bezirke waren bestimmten Gottheiten geweiht, die man dort verehrte. In Urzeiten wurde ausschließlich eine weibliche Muttergöttin mit der Pflanzenwelt in Verbindung gebracht. Sie galt als Schöpferin allen Lebens und war Garant für die Fruchtbarkeit der Erde. In den Märchen und Mythen späterer Zeiten sind die Gehölze deshalb oft mit weiblichen Wesen, wie Feen oder Elfen, verbunden. Bis ins Mittelalter wurden Sträucher mit „Frau Ellhorn“ oder „Frau Holler“ (Holunder) oder mit „Frau Hasel“ (Haselnuss) angesprochen.

Diese Kultorte waren von einer Hecke umfriedet. Dazu nahm man ganz bestimmte Gehölze wie zum Beispiel Hasel, Hundsrose, Vogelbeere oder Weißdorn. Sie hatten einen besonderen Ruf im Schutz- und Abwehrzauber. Die Einhegung trennte kultischen und profanen Bereich. Hecken waren also Teil des Heiligtums. Deshalb stehen die Worte „Hag“ und „Hain“ sprachgeschichtlich in enger Verbindung mit eingehegten Heiligtümern und heiligen Hainen.

Auch die mittelalterliche Hexe hat eine Wortverwandtschaft zum Hag. Die Bezeichnung entwickelte sich aus „Hagse“, was wiederum die Verkürzung des alten Ausdrucks „Hag(ezus)se“ (= Weib im Hag) darstellt. Möglicherweise wurde so einstmals die Schamanin oder Priesterin bezeichnet, die als Hüterin des Hags, also der umhegten Kultstätte, galt.

TÜR ZU ANDEREN WELTEN

Die Hecke war somit ein besonderer Ort, der mit dem „Göttlichen“ in Verbindung stand. So kam es, dass unsere Vorfahren in so mancher Hecke magische Kräfte vermuteten. Das undurchschaubare Dickicht war mehr als eine physische Grenze, die heilige Plätze umhegte oder Eindringlinge und Tiere fernhielt. Die Hecke war ein Ort des Übergangs und an solchen Grenzorten vermutete man geheime Durchgänge in andere Welten: ins Reich der Feen und Kobolde oder in die Unterwelt, wo die Seelen der Ahnen auf Wiedergeburt warteten. Die Hecke und der Zaun standen auch immer in Verbindung mit Zauberei und galten als Aufenthaltsort der Geister. Darauf weist auch die alte Praxis des „Zaunrüttelns“ hin, eine Zukunftsbefragung von jungen Frauen, bei der so lange an einem Grenzzaun gerüttelt wurde, bis ein Geräusch (wie etwa Hundegebell) die Richtung wies, aus der der Zukünftige kommen würde: „Zäunlein ich rüttel dich, / Zäunlein ich schüttel dich, / Wo ist der Liebste mein?“

DIE HECKE ALS TEIL DER BÄUERLICHEN KULTUR

Ab 5500 v. Chr. übernahmen die Menschen in Mitteleuropa eine neue Lebensweise, die ihren Ursprung im Nahen Osten hatte: Sie wurden sesshaft und betrieben Ackerbau. Europa war damals noch dicht bewaldet. Die sesshaft werdenden Bauern begannen nun Teile des Waldes zu roden. Auf den urbar gemachten Lichtungen entstanden kleine Siedlungen, Ackerflächen und Weiden für Rinder, Schafe und Ziegen. Die inselartigen Rodungen trugen zur Ausbreitung der Heckensträucher bei, die sich an der Grenzlinie zum Wald ideal entwickeln konnten. An der Übergangszone zwischen bewirtschaftetem Land und dichtem Wald entstand das Biotop Hecke. Auch innerhalb der Rodungsflächen entwickelten sich entlang von Böschungen, Wegrainen und Wasserläufen dichte Hecken.

Die jungsteinzeitlichen Bauern entdeckten sehr schnell die Vorteile der Heckengehölze und nutzten sie als lebendigen Zaun. Das Einzäunen mit einer undurchdringlichen Hecke ist also eng verbunden mit landwirtschaftlicher Tätigkeit. Die älteste Funktion der Hecke ist somit die räumliche Abtrennung unterschiedlicher Nutzungsformen. Auf diese Weise wurden Gärten und Getreide- wie Gemüseäcker vor Wildtieren und dem eigenen Weidevieh geschützt. Die Hecken begrenzten auch die Wege, auf denen das Vieh zu den siedlungsfernen Weiden getrieben wurde (Viehtriften). So konnte man die Tiere zwischen den rechts und links mit Hecken bewachsenen Gassen problemlos vorantreiben. Häufig wurden dabei dornige und stachelige Sträucher eingesetzt, etwa Berberitze, Brombeere, Wildrose, Schlehe und Weißdorn.

Ein alter Schneitelwald: Diese Hainbuchen wurden früher regelmäßig zurückgeschnitten, um Futter für das Vieh zu gewinnen.

Die Hecke war jedoch nicht nur wichtig für die Weidewirtschaft, man nutzte sie auch zur Kennzeichnung von Eigentum an Grund und Boden. Sie markierte Grenzen von Zuständigkeiten sowie private Besitzverhältnisse. Bannhecken oder Bannzäune umschlossen die Gerichtsbezirke, in denen die „Haingerichte“ abgehalten wurden.

HOLZNOT BEGÜNSTIGT DIE HECKE

Aufgrund der dichten Bewaldung gab es jahrhundertelang Holz im Überfluss und die Nutzung dieser Ressourcen war frei. Erst im 6. Jahrhundert begannen die Herrscher die Nutzungsrechte am Wald stark einzuschränken. Für die Bauern im Mittelalter wurde es nun immer schwieriger, Zaunholz für Gärten und Weiden zu bekommen. Die Grundherren forderten von ihren Untertanen, ab sofort nur noch lebende Zäune anzulegen, um Holz zu sparen. Aus dieser Not heraus wurde die Anlage von Hecken intensiviert und die Heckenlandschaft erreichte im 18. Jahrhundert ihre größte Ausdehnung. In einer Anordnung aus dem Jahre 1783 hieß es, „dass die Untertanen anstatt der hölzernen Planken und Verzäunungen um die Felder, Gärten und Hofplätze zu Pflanzungen lebendiger Hecken angehalten werden sollen, in der besten Absicht nämlich, damit der schädliche unnütze Holzverbrauch gehemmt werde“. Man muss dazu wissen, dass es im Mittelalter immer wieder Phasen der Holzknappheit gab, da der Wald intensiv gerodet und ausgebeutet wurde. Die wachsende Eisen- und Glashüttenindustrie verbrauchte damals riesige Mengen an Holzkohle und Pottasche. Ganze Wälder gingen in Rauch auf. Vor allem im 18. Jahrhundert war der Holzmangel ein großes Problem.

HECKENFUTTER FÜR DAS VIEH

Die Hecken unterstützten die Weidewirtschaft zudem als Futtermittel. Laub und Reisig von Sträuchern und Bäumen hatten eine große Bedeutung für das Nutzvieh, denn es gab in den damals dicht bewaldeten Gebieten noch sehr wenige Wiesen. Das zusammengerechte Herbstlaub diente als Winterfutter und als Einstreu in den Ställen. Außerdem wurden Bäume und Sträucher regelmäßig für Futterzwecke geschnitten (das sogenannte Schneiteln). Diese Wirtschaftsweise wurde bis in die Neuzeit beibehalten, denn das mineralstoffreiche Laubfutter leistete einen wichtigen Beitrag zur Tiergesundheit. Noch im 20. Jahrhundert erzählten alte Bauern, sie könnten mithilfe des Schneitelfutters die Tierarztkosten minimieren. In manchen Regionen, etwa der Türkei, wird noch heute Schneitelwirtschaft betrieben.

PRODUKTIONSMITTEL HECKENHOLZ

Die Hecken waren auch immer wichtig für die Brennholzgewinnung, zumal man sie ohnehin regelmäßig schneiden musste. Außerdem wurden die Bauern im Mittelalter durch die Grundherren von den Waldnutzungsrechten ausgeschlossen und waren somit auf das Heckenholz angewiesen. Die wertvollen Hecken mussten also pfleglich behandelt werden. Zu den Pflegemaßnahmen gehörte das „Auf-den-Stock-Setzen“ einzelner Heckenabschnitte. „Auf den Stock setzen“ war wichtig, um die Heckenfunktion langfristig zu erhalten. Dazu wurden vor allem die austriebswilligen Gehölze (etwa Hasel) in regelmäßigen Abständen auf Kniehöhe abgeschlagen. Das Holz trieb dann von unten wieder neu aus. Solche Schneitelbäume sehen wie Kopfweiden aus. Die Kopf- oder Stockhecken wurden in mehrjährigen Abständen zurückgeschnitten. Das Holz nutzte man nicht nur für Bau- und Brennzwecke, sondern auch zur Herstellung von Zäunen und verschiedensten Gebrauchsgeräten. Dazu gehörten Besenreisig (Birke, Hasel) und Flechtmaterial für Körbe (Weide). Man fertigte daraus aber auch Werkzeugstiele, landwirtschaftliche Geräte (Holzgabeln und Holzrechen) oder Spazierstöcke. Selbst die Dornen der Sträucher wurden verwendet – als Stecknadeln.

SCHUTZHECKE GEGEN ANGREIFER

Hecken wurden auch als sogenannte Wehrhecken gegen feindliche Angreifer errichtet. Das Anlegen von Schutzwehren und Grenzbefestigungen in Form einer Hecke war schon in der Antike bekannt und noch bis zum Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) üblich. Kein Geringerer als der römische Kaiser Julius Cäsar beschrieb im Jahre 57 v. Chr. solche Schutzwälle des belgischen Volksstammes der Nervier: „Sie schnitten junge Bäume ein und bogen sie. Zwischen ihre zahlreichen in die Breite wachsenden Zweige pflanzten sie Brombeer- und Dornbüsche. Damit entstand ganz wie eine natürliche Mauer ein Bollwerk, das nicht zu durchdringen war und jede Durchsicht versperrte.“ Solche Bollwerke dienten noch im Mittelalter der Verteidigung ländlicher Siedlungsgebiete, aber auch von Reichsstädten. Für die Anlage solcher Wehrhecken hieb man junge Stämme von Hainbuchen und Eichen mit Äxten an und knickte sie um. So wuchsen sie, ineinander verflochten, zu einem undurchdringlichen Gebilde heran, das dann noch mit Dornensträuchern wie Schlehe und Brombeere verdichtet wurde. Diese Landwehren waren teilweise über 50 Schritt breit (etwa 35 m) und nur an wenigen Stellen mit Durchlässen versehen. Oft wurden diese Anlagen mit Wällen und Gräben versehen, um die Schutzwirkung zu verstärken. Solche auf künstlich aufgeschichteten Erd- oder Steinwällen platzierten Hecken nennt man Wallhecken.

NAHRUNG AUS DER HECKE

Die Hecke war zu allen Zeiten ein bewährter Ort des Sammelns. Sowohl die Heckensträucher selbst als auch der Heckensaum lieferten wertvolle Nahrung. Vor allem im Frühjahr, wenn die Vorräte der Feldwirtschaft zur Neige gingen und das vitaminreiche Gemüse fehlte, wurden die zarten Blätter der Sträucher und Bäume zu Nahrungszwecken genutzt. Sie enthalten außergewöhnlich viele Proteine und Mineralstoffe. Auch Heckensaum und Unterwuchs haben eine vielfältige Flora, die im Schutz der Hecke eine sehr frühe Vegetationsentwicklung zeigt. So fanden unsere Vorfahren schon im zeitigen Frühjahr die klassischen essbaren Wildkräuter, wie beispielsweise Bärenklau, Brennnessel, Giersch, Gundermann, Knoblauchrauke, Labkraut, Spitzwegerich, Schaumkraut oder Taubnessel. An der sonnigen Heckenseite waren wärmeliebende Kräuter, wie Dost, Wiesensalbei und Schafgarbe, zu finden. Diese Frühlingskräuter galten einst als Geschenk der Frühlingsgöttin, deren Aufstieg aus der Unterwelt im Frühling gefeiert wurde. Dazu aß man eine Kultspeise aus neun Kräutern. Das frische Grün galt als Symbol der Erneuerung und schenkte somit Gesundheit für das ganze Jahr.

Im Heckensaum finden sich zahlreiche essbare Wildkräuter und Heilpflanzen.

Im Herbst konnten dann die Wintervorräte mit zahlreichen Wildfrüchten und Nüssen aus der Hecke ergänzt werden. Die wild gesammelten Beeren und Früchte zeichnen sich durch einen sehr hohen Vitamingehalt aus. Dabei spielten vor allem Brombeeren, Holunderbeeren und Haselnüsse eine wichtige Rolle. Innerhalb der Hecken förderten die Bauern in regelmäßigen Abständen den Aufwuchs von größeren Gehölzen oder Bäumen, um von deren Fruchtertrag zu profitieren. Dazu gehörten vor allem Vogelkirsche, Vogelbeere und Traubenkirsche.

HEILSAMES AUS DER HECKE

Die Hecke und ihre Pflanzen standen seit der Jungsteinzeit auch im Fokus der medizinischen Nutzung. Im Denken unserer Vorfahren schöpften sie ihre heilsame Wirkung aus göttlichen Kräften, die sie je nach Kulturepoche von Natur- oder Ahnengeistern oder Gottheiten bezogen. Bäume und Sträucher, die eine jahrtausendelange kultische Bedeutung hatten, waren in besonderem Maße mit diesen Kräften ausgestattet. Dazu gehörten beispielsweise Hasel, Holunder, Hundsrose, Wacholder, Weißdorn und Vogelbeere. Sie spielten eine große Rolle in der Heilkunde unserer Vorfahren. Aber nicht nur die Heckensträucher selbst waren für die medizinische Nutzung interessant, sondern die gesamte Vegetation dieses Grenzbiotops galt als besonders heilkräftig. Für das Kräutersammeln und Heilen waren jahrtausendelang ausschließlich die Frauen verantwortlich, so auch bei den ersten Bauernvölkern des Alten Europa. Neben der klassischen „Heckenmedizin“ nutzten die heilkundigen Frauen die Heilkräuter des Heckensaums (zum Beispiel Brennnessel, Gundermann, Storchschnabel) und der Ackerflora (etwa Beifuß, Kamille, Gänsefingerkraut), die dann in der Moderne zu Unkräutern wurden.

Wer durch das dornige Gestrüpp einer Schlehenhecke kroch, konnte dort Krankheitsgeister abstreifen.

MAGISCHE HECKENMEDIZIN

Man nutzte in der Volksmedizin jedoch nicht nur Blüten, Blätter und Rinde der Sträucher, sondern versuchte, mithilfe magischer Rituale die Krankheitsdämonen auf die Büsche zu übertragen. Dazu wurden bestimmte Beschwörungssprüche aufgesagt oder gesungen. So wurde beispielsweise der Holunder besprochen: „Flieder ich hab die Gicht, / Du hast sie nicht. / Nimm sie mir auf, / So hab ich sie nicht.“ Die Krankheiten wurden dann übergeben, indem man zum Beispiel das Fieber mit einem Knoten in einen Zweig knüpfte oder die Gicht am Stamm abstreifte. Oder man glaubte, beim Durchkriechen einer dornigen Hecke würden die Krankheitsgeister am Busch hängen bleiben.

Überhaupt wurde an Hecken und Zäunen gerne Unheil entsorgt. Deshalb hob man dort nichts unbedacht vom Boden auf, weil sonst die Gefahr bestand, dass das Unheil sich auf einen selbst übertrug. In Thüringen hieß es: „Wenn ein Lappen am Zaun hängt, soll man ihn nicht anfassen, weil eine böse Krankheit hineinverbannt ist.“

Viele dieser magischen Anwendungen wurden auch nach der Christianisierung von der Bevölkerung beibehalten, jedoch bat man nun nicht mehr die alten Gottheiten um Hilfe. Deren Stelle nahmen jetzt vor allem die Gottesmutter Maria und die Heiligen ein. Die Beschwörungssprüche wurden durch das Aufsagen von Gebeten ersetzt. Diese Praxis setzte man mit entsprechenden Synodenbeschlüssen um: „Beim Kräutersammeln darf man keine anderen Zaubersprüche und Formeln anwenden als das Vaterunser!“

So kam die uralte schamanische Praxis der Krankheitsübertragung auch im gesamten christlichen Mittelalter zur Anwendung. Man muss davon ausgehen, dass damit tatsächlich Heilerfolge erzielt wurden, sonst hätte sich diese magische Praxis nicht jahrtausendelang gehalten. Da die Beteiligten an den Erfolg glaubten, ging von der magischen Handlung mit Sicherheit eine starke gesundheitsfördernde Kraft aus. Die Selbstheilungskräfte wurden aktiviert.

Wenn die Pflanzen sich so hilfreich der Krankheiten annahmen, war ihnen auch zuzutrauen, alles Unheil und Dämonische abzuwenden. Deshalb nutzte man sie gerne im Abwehrzauber, wobei vor allem die dornigen Sträucher (Kreuzdorn, Schlehe, Weißdorn) Verwendung fanden. Sie wurden über Türen und Fenster genagelt, um die unerwünschten Geister am Eintritt zu hindern. Im Zuge der Hexenverfolgung, die erst im 15. Jahrhundert begann, wurden alle Abwehrmaßnahmen gegen die vermeintlichen Hexen und den Teufel eingesetzt.

MAGIE ALS LEBENSHILFE

Beim Studium der Heckenporträts wird Ihnen auffallen, dass bis in das 20. Jahrhundert hinein magische Rituale und abergläubisches Brauchtum zum Alltag der Menschen gehörten. Unsere Vorfahren nutzten zahlreiche Zauberpraktiken, wie etwa Wahrsagetechniken, Dämonenvertreibungen, Abwehrzauber, Liebeszauber, Schadzauber oder Krankheitsbeschwörungen. Trotz der Christianisierung, die um das Jahr 1200 abgeschlossen war, waren die Menschen überzeugt, dass es Magie und Zauberei gab. Die Welt war voller Geister und Dämonen, die für alles Unerklärliche und Rätselhafte verantwortlich gemacht wurden. Die magischen Handlungen, die man durchführte, waren kein sinnloser Aberglaube. Es wurde gezaubert, weil man daran glaubte und sich nicht anders zu helfen wusste. Magie war oft die letzte Möglichkeit, um eine Krankheits- oder Krisensituation zu bewältigen oder darauf Einfluss zu nehmen. Um ein Beispiel zu nennen: Frauen lebten im Mittelalter in einer extrem frauenfeindlichen Zeit. Sie hatten kaum Rechte; bei Partnerwahl und Eheschließung konnten sie nicht aktiv Einfluss nehmen. Magie und Liebeszauber verliehen zumindest die Hoffnung, das Schicksal zu beeinflussen. Und sollte es dennoch nicht gelingen, vermochte vielleicht ein Impotenzzauber die Gewalt in der Ehe einzudämmen. Die Frauen konnten so zumindest von der passiven Opferrolle zum aktiven Handeln kommen.

Die Kirche selbst nahm eine zwiespältige Position ein: Einerseits versuchte sie, alte heidnische und abergläubische Bräuche auszurotten, andererseits überführte sie viele der magischen Praktiken in den Schoß der Kirche. So wurde der Abwehrzauber mit gewittervertreibenden Kräutern im Namen des Wettergottes Donar verboten, doch zauberte man dann mit den gleichen Kräutern im Namen Marias die Gewitterwolken weg (Mariä Himmelfahrt).

Lange Zeit konnten beide magischen Systeme sich vermischen oder nebeneinander existieren. Zauberei war weitgehend geduldet und wurde nur verfolgt, wenn jemand zu Schaden kam. Im 15. Jahrhundert jedoch setzte, durch zahlreiche Katastrophen begünstigt, ein radikaler Wandel ein.

Missernten, Hungersnöte, Kriege und Epidemien befeuerten die Hexenhysterie, der viele tausend unschuldige Frauen zum Opfer fielen. Aus dieser Zeit, die ihren Höhepunkt zwischen 1450 und 1750 hatte, stammen die zahlreichen in den Porträts beschriebenen Abwehrmaßnahmen gegen Hexen. Mithilfe von Weißdorn und Schlehe konnte man sie beispielsweise in die Flucht schlagen. In dieser Epoche entstand auch die Vorstellung vom Schadzauber, den die Hexen angeblich anrichteten: Impotenzzauber, Milchzauber, Wetterzauber, Ungezieferzauber, Giftzauber, Liebeszauber und vieles mehr.

HECKENVERLUSTE UND DIE FOLGEN

Das große Heckensterben begann ab 1900, als die mit Hecken begrenzten Weide- und Treibgassen dem beginnenden Ausbau des Verkehrswegenetzes zum Opfer fielen. Ohnehin verloren die eingegrenzten Weidewege ihre Funktion, da man schon im 19. Jahrhundert vielerorts zur ganzjährigen Stallhaltung überging. Wo noch Zäunung nötig war, ersetzten zunehmend Stacheldraht und später Elektrozaun die lebendige Hecke.

Moderne Landwirtschaft, aber kleinere Feldgrößen und ökologisch wertvolle Strukturen durch regelmäßige Heckensäume und Bäume.

Ab 1950 dezimierte die Industrialisierung der Landwirtschaft die verbliebenen Hecken. Das Ziel war eine Steigerung der landwirtschaftlichen Erträge. Die Hecken standen dem im Weg und hatten zudem den Ruf, ihr Schattenwurf mindere die Erträge. Es begann eine massive Umgestaltung und Ausräumung der Landschaft: Wasserläufe wurden kanalisiert, Feuchtgebiete trockengelegt und Hecken beseitigt. Die Landschaft wurde maschinengerecht gestaltet und die Größe der Maschinen nahm immer mehr zu. Besonders bei den Flurbereinigungsmaßnahmen der 1970er Jahre verschwanden viele Bäume, Hecken und Streuobstwiesen. In Schleswig-Holstein wurde beispielsweise der Heckenbestand zwischen 1950 und 1980 um etwa 37 % reduziert.

Mit der modernen Landwirtschaft sowie den dort eingesetzten Pestiziden und dem Kunstdünger begann auch ein dramatischer Rückgang der Artenvielfalt. In der Anfangszeit der Ökologiebewegung wurden zurecht Begriffe wie „Agrarsteppe“ geprägt. Inzwischen weiß man, dass seit den 1990er Jahren die Biomasse der flugaktiven Insekten um fast 80 % zurückgegangenen ist. Im Jahr 2018 ging daher das Wort „Insektensterben“ durch die Medien. Davon betroffen sind hauptsächlich Schmetterlinge, Wildbienen und Schwebfliegen. Die gesamte Nahrungskette gerät in Gefahr: Pflanzen werden nicht mehr bestäubt, Vögeln und Fledermäusen fehlt zunehmend die Nahrungsgrundlage. Die Natur ist leider weltweit in einem schlechten Zustand.

Glücklicherweise fand in den letzten Jahren zumindest teilweise ein Umdenken statt und man erkannte die wichtige Funktion der Hecken als Lebensraum und Bestandteil unserer Kulturlandschaft. So werden vielerorts wieder Hecken angelegt, um eine Biotopvernetzung zu erreichen und den Artenverlust zu bremsen. Die Hecken sind inzwischen als schützenswerter Lebensraum anerkannt worden und unterliegen damit der Naturschutzgesetzgebung.

Hier hat Artenvielfalt keine Chance.

DIE ÖKOLOGISCHE BEDEUTUNG DER HECKE

Hecken sind nicht nur Gestaltungselement und ästhetische Bereicherung von Gärten und Kulturlandschaft, sondern haben zudem eine große Bedeutung für den Naturhaushalt: Sie bieten Windschutz und verhindern die Bodenerosion, sie festigen mit ihren Wurzeln Böschungen, Feldterrassen, Uferbereiche. Außerdem wirken sie als Luftfilter für Staub und andere Schadstoffe und dienen auch als Lärmschutz.

Zu allen Jahreszeiten bieten Hecken wertvolle Lebensräume und Schutz für zahlreiche Arten.

WERTVOLLE LANDSCHAFTSELEMENTE

Hecken bilden ein eigenes Mikroklima, indem sie beispielsweise den Wind bremsen, die Taubildung fördern und die Temperatur ausgleichen. Von Seiten der Landwirtschaft werden gerne negative Eigenschaften, wie der Laubfall und der Schattenwurf, gegen die Hecken ins Feld geführt. Allerdings haben Untersuchungen in Bayern gezeigt, dass auch die Landwirtschaft von den Hecken profitiert. So wurden in den an Hecken angrenzenden Flächen Ertragssteigerungen von durchschnittlich 20 % gemessen. Ertragsverluste entstehen nur in dem kleinen Bereich direkt neben einer Hecke.

Auch für die Artenvielfalt sind Hecken sehr wichtig. Sie bestechen durch einen großen Artenreichtum, da hier zwei Biotoptypen aufeinandertreffen. Man spricht dabei von einem „Grenzlinieneffekt“.

Hecken sind wichtige Bestandteile unserer Kulturlandschaft. Sie umschließen Gärten, markieren Grundstücksgrenzen und bieten Sichtschutz. Hecken und Bäume sind aber auch für unser Wohlbefinden wichtig, denn sie prägen und strukturieren die Landschaft. Solche Räume sind für unsere Erholung enorm wertvoll, denn sie tun uns optisch einfach gut! Heckenlandschaften werden in der Regel positiv wahrgenommen und mit den Attributen „schön“ oder „idyllisch“ bedacht. Gehölzleere, monotone Agrarflächen vermitteln dagegen alles andere als ein Wohlgefühl.

SCHUTZ UND NAHRUNG FÜR DIE TIERWELT

Heckenlandschaften werden von der Tierwelt vielfältig genutzt. Sie dienen als Nahrungsbiotop, als Brut- und Aufzuchtplatz, als Ansitz- und Singwarte für Vögel sowie als Lebensraum, Schlafplatz, Rückzugsort und Winterquartier. In ihrem Schutz leben Amphibien, Reptilien, Insekten, Vögel und Kleinsäugetiere. Die Artenvielfalt des Lebensraums Hecke ist mehr als dreimal so groß wie die in Wäldern. Vielgestaltige Hecken können weit über 1000 verschiedene Tierarten beherbergen. Man geht davon aus, dass in Mitteleuropa etwa 8000 Tierarten in Hecken oder von Heckenpflanzen leben. Der Heckensaum ist ein wichtiger Rückzugsort für Pflanzen, die ehemals flächenhaft verbreitet waren, aber durch die intensive Landnutzung zurückgedrängt wurden. Im Heckensaum gedeihen oft auch viele insektenfreundliche Pflanzen, wie die Brennnessel, an die allein schon über 100 Insektenarten gebunden sind.

Außerdem sind Hecken für den Biotopverbund unverzichtbar. Sie vernetzen Gebiete und wirken so der Verinselung von Lebensräumen entgegen. Die Heckenbewohner nutzen diese „Wanderstraßen“ für ihre Verbreitung. Vor allem in der artenfeindlichen Agrarlandschaft sind solche Vernetzungselemente äußerst wichtig.

Viele Pflanzen und Tiere sind auf den Lebensraum Hecke angewiesen. Zahlreiche Insekten und deren Larven sind an ganz bestimmte Sträucher gebunden, vor allem viele Schmetterlingsarten. Wildbienen, Hummeln und Honigbienen benötigen Nektar und Pollen der Gehölzblüten, denn darunter sind sehr viele Frühblüher zu finden (zum Beispiel Hasel, Vogelkirsche, Schlehe, Weide). Auch Spätblüher, wie Brombeere und Hartriegel, sichern das Nahrungsangebot der verschiedenen Bienenarten. In heckenreichen Gebieten produzieren Honigbienen mehr Honig als in heckenarmen Gebieten. Fast alle heimischen Heckenpflanzen sind vorzügliche Nektar- und Pollenlieferanten für die Honigbienen. Das große Angebot an Heckenfrüchten ist unentbehrlich für die Vogelwelt. Es beginnt mit der Vogelkirsche im Juni und endet mit der Schlehe im Oktober. Manche Früchte, wie die Beeren des Schneeballs oder des Kreuzdorns, verbleiben oft bis in den Winter am Strauch. Die Vögel sind die auffallendsten Vertreter der Heckenfauna. Viele Vogelarten nutzten die Hecke nicht nur als Nahrungsraum, sondern auch als bevorzugtes Brutgebiet. Einige seltene Vögel, wie der Neuntöter, sind typische Heckenbewohner. Sein Nest baut er gerne in Dornensträucher. Dabei nutzt er die Dornen zur Vorratshaltung, indem er die gefangenen Insekten an ihnen aufspießt.

Der Weißdorn bietet Honigbienen (Bild) und Wildbienen reiche Nahrung. Diese wiederum sorgen durch ihre Bestäubung für einen reichen Wildfruchtsegen.
Wildfrüchte dienen der Wacholderdrossel und anderen Vogelarten als Nahrung.

In der Bodenschicht der Hecke finden sich zahllose Käfer, Tausendfüßler und Asseln. Aber auch Erdkröte, Eidechse, Spitzmaus und Blindschleiche gehören zu den Bewohnern des Heckenbodens. Selbst größere Säugetiere, wie Feldhase oder Marder, suchen bei Störungen Deckung oder einen Ruheplatz im Unterholz der Hecke.

NÜTZLINGE UND BESTÄUBER

Auf gar keinen Fall ist die Hecke, wie oft behauptet, ein Rückzugsraum für landwirtschaftliche Schädlinge. Im Gegenteil entwickeln sich an der Hecke zahlreiche Nützlingspopulationen (zum Beispiel Marienkäfer, Florfliegen, Schlupfwespen). Diese natürlichen Feinde der Schädlinge reduzieren den Schädlingsdruck in den angrenzenden Flächen. Sie stabilisieren das ökologische Gleichgewicht im Garten und auf den Ackerflächen und sind somit ein wichtiger Teil des biologischen Pflanzenschutzes. Außerdem lockt eine Hecke zahlreiche Insekten an, die zur Bestäubung der Obstgehölze nötig sind. Die Rolle der Insekten bei der Bestäubung wird gerne unterschätzt: Fast 80 % der Kulturpflanzen sind auf ihre Hilfe angewiesen. Ohne Insekten gäbe es kaum Erträge! Man kann also sagen, die Welternährung wird vor allem durch Insekten gesichert.

HECKENAPOTHEKE UND ESSBARE WILDFRÜCHTE

Nicht vergessen sollten wir den Nutzen vieler Heckensträucher als mögliche Heilmittel sowie als wertvolle Nahrungsbereicherung. Vor allem letzteres wird gerne unterschätzt: Im Vergleich zu den kultivierten Obstsorten aus unseren Gärten enthalten Wildfrüchte ein Vielfaches an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen Die 10 besten für die menschliche Ernährung. Die Frucht der Hagebutte enthält zum Beispiel durchschnittlich 20-mal so viel Vitamin C wie eine Zitrone. Die Früchte der Vogelbeere enthalten 150-mal mehr Beta-Carotin (Provitamin A) als Gartenerdbeeren. Holunderbeeren besitzen fast viermal so viel Anthocyane wie die Gartenheidelbeeren. Diese rotblauen Farbstoffe schützen uns sehr wirksam vor Zellschädigungen. Abgesehen von der gesundheitlichen Wirkung bieten Wildfrüchte wie Berberitze, Schlehe oder Vogelbeere ganz neue Geschmackserlebnisse, etwa in Form von Marmelade oder Likör. Bei den Porträts der einzelnen Sträucher finden Sie zahlreiche Anregungen für die kulinarische Nutzung.

Unter den Heckengehölzen finden sich auch große Heilpflanzen wie der Weißdorn, dessen herzstärkende Wirkung wissenschaftlich anerkannt ist. Und die Blüten und Beeren des Schwarzen Holunders werden seit Jahrhunderten erfolgreich bei Erkältungskrankheiten eingesetzt. In der Volksmedizin unserer Vorfahren spielten nahezu alle Heckensträucher eine bedeutsame Rolle.

HEIMISCHE STRÄUCHER FÖRDERN DIE ARTENVIELFALT

Die richtige Auswahl der Heckensträucher ist entscheidend, wenn Sie damit die Tierwelt optimal unterstützen wollen. Naturschutzverbände empfehlen bei der Anlage von Hecken die Nutzung von regionalem Pflanzenmaterial. Heimische Gehölze haben sich über Jahrhunderte perfekt an die lokale Umwelt angepasst und besitzen eine an die Region gebundene genetische Ausstattung. Deshalb sind sie unempfindlicher gegen klimatische Schwankungen und widerstandsfähiger gegen Krankheiten und Schädlinge. Zudem werden einheimische Sträucher in den Baumschulen günstig angeboten. Auch bezüglich der Pflege sind sie anspruchslos. Pflanzen Sie also vorzugsweise regionaltypische Gehölze.

Leider sind die meisten Gärten mit exotischen Sträuchern aus fernen Ländern bestückt. Oder es handelt sich um Zuchtformen mit außergewöhnlichem Wuchs, etwa Hänge- oder Korkenzieherformen. Die Ziersträucher offenbaren jedoch oftmals ein Problem: Sie bieten der heimischen Tierwelt nur wenig verwertbare Nahrung. Entweder sind sie durch die Züchtung unfruchtbar geworden, wie Zierkirsche und gefüllter Schneeball, oder ihre Früchte reifen in unserem Klima kaum, wie etwa beim Rhododendron und der Scheinhasel. Selbst wenn die Exoten Früchte liefern, werden diese von der heimischen Tierwelt oftmals nicht angenommen. Im Gegensatz dazu versorgen unsere heimischen Sträucher wesentlich mehr Tiere. Kein Wunder, denn in der jahrtausendelangen Entwicklungsgeschichte konnten sich heimische Tiere und Pflanzen optimal aneinander anpassen.

WETTBEWERBSVORTEILE FÜR HEIMISCHE GEHÖLZE

Einige Beispiele unterstreichen die große ökologische Bedeutung unserer Wildgehölze: Die Früchte des heimischen Weißdorns werden von 32 Vogelarten gefressen, während nur zwei Arten den verwandten nordamerikanischen Scharlachweißdorn nutzen. Der heimische Wacholder ernährt 43 Vogelarten, wogegen der in Ziergärten häufig angepflanzte Chinesische Wacholder nur einen einzigen Abnehmer hat. Ähnlich sieht es mit den beliebten Ziersträuchern Deutzie, Forsythie oder Weigelie aus, die ebenfalls nur von einer einzigen Vogelart Besuch erhalten. In einer Rhododendron- oder Thujahecke findet kein einziger Vogel etwas zum Picken. Von der wilden Vogelbeere oder vom Schwarzen Holunder ernähren sich dagegen jeweils über 60 Vogelarten, und auch viele Säugetiere naschen von den wertvollen Früchten. Unsere heimische Berberitze wird von 19 Vogelarten besucht, während nur 7 Vögel der rotblättrigen, aus China stammenden Thunberg-Berberitze zugetan sind. Ähnlich verhält es sich beim Vergleich von Rotem Hartriegel (24 Vogelarten) mit dem in Sibirien heimischen Weißen Hartriegel (8 Vogelarten). Aus diesem Grund macht es durchaus Sinn, für eine Heckenpflanzung überwiegend heimische Sträucher zu verwenden Die 10 besten für die Vogelwelt, rechte Seite. Das soll aber nicht heißen, dass Sie nicht hin und wieder ein fremdes Gehölz pflanzen können. Einige der Ziersträucher, wie Jasmin oder Forsythie, haben schließlich eine lange Gartentradition und erfreuen uns mit ihren Blüten.

Frisch geschlüpft: ein prächtiger Segelfalter an der Schlehe, der Pflanze, die ihn als Raupe ernährt hat.

HILFREICH AUCH FÜR INSEKTEN

Was für die Vögel gilt, trifft auch auf die Insektenwelt zu, denn auf heimischen Gehölzen leben mehr Insektenarten als auf exotischen. Zahlreiche Läuse, Käfer, Wildbienen und Schmetterlinge sind auf die Blüten und Blätter der Sträucher angewiesen. Manche sind sogar an ganz bestimmte Futterpflanzen gebunden: So ist zum Beispiel die Raupe des Segelfalters auf Schlehenblätter angewiesen. Salweide, Weißdorn und Schlehe sind jeweils für über hundert Insektenarten eine wichtige Nahrungsquelle. Alleine 77 Kleinschmetterlinge besuchen die Salweide (siehe Top Ten für die Insektenwelt). An den Ziergehölzen sind Schmetterlingsraupen jedoch kaum interessiert: So ist der beliebte Sommerflieder als Raupenfutterpflanze völlig wertlos, obwohl der fertige Schmetterling durchaus gerne den Nektar seiner hübschen Blüten saugt. Bei uns in Deutschland gibt es noch keine vergleichenden Untersuchungen, aber in den USA hat man auf heimischen Sträuchern 15-mal mehr Schmetterlingsarten als auf gebietsfremden festgestellt.

Die Zahl der Insekten hat in den letzten Jahrzehnten drastisch um fast 80 % abgenommen. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Vögel, die sich überwiegend von Insekten ernähren. So ist in den letzten Jahren auch die Zahl der Vogelbrutpaare gesunken: In nur zwölf Jahren hat Deutschland 12,7 Millionen Brutpaare verloren!

HITPARADE DER HECKENSTRÄUCHER

Die 10 besten für die Vogelwelt

Vogelbeere (63), Schwarzer Holunder (62), Vogelkirsche (48), Traubenholunder (48), Gemeiner Wacholder (43), Faulbaum (36), Weißdorne (32), Wilde Brombeere (32), Hundsrose (27), Roter Hartriegel und Europäisches Pfaffenhütchen (24)

* in Klammern: Anzahl der Vogelarten, die von den Früchten fressen

Die 10 besten für die Insektenwelt

Salweide (213), Weißdorn (163), Schlehe (137), Haselnuss (112), Wildrosen (103), Wilde Brombeere (85), Vogelbeere (72), Faulbaum (45), Kreuzdorn (45), Rote Heckenkirsche (40)

* in Klammern: Anzahl der Insektenarten, die Blüten besuchen oder Blätter fressen

Die 10 besten für die menschliche Ernährung

Wildrosen (Hagebutten), Sanddorn, Vogelbeere, Schwarzer Holunder, Haselnuss, Wilde Brombeere, Schlehe, Gemeine Berberitze, Kornelkirsche, Gemeine Traubenkirsche

* besonders vitamin- und mineralienreiche Früchte

HECKEN ANLEGEN UND PFLEGEN

Vielleicht haben Sie nun Lust bekommen, im eigenen Garten für die bedrohten Vögel und Insekten etwas zu tun. Doch bevor Sie eine Hecke planen und pflanzen, macht es Sinn, einen Blick auf die rechtlichen Belange zu werfen.

ALLES WAS RECHT IST

Da Hecken oftmals auch Grundstücksgrenzen markieren, muss das Recht der Nachbarn geachtet werden. Deshalb müssen Sie bei der Pflanzung bestimmte Abstände zum Nachbargrundstück einhalten. Allerdings ist das Nachbarschaftsrecht Ländersache, so dass hierzu unterschiedlichste Regelungen existieren. Je nach Bundesland und Höhe der Hecke werden Grenzabstände zwischen 25 cm und 2 m gefordert. Informieren Sie sich am besten bei Ihrem regionalen Ordnungsamt.

DIE RICHTIGE AUSWAHL DER GEHÖLZE

Bei der Neuanlage einer Hecke sollten die Bedürfnisse der Sträucher an den Standort angepasst sein. Die Gehölze haben oftmals unterschiedliche Ansprüche bezüglich Boden, Feuchtigkeit und Sonnenlicht. So gibt es kalkliebende Gehölze, wie Kreuzdorn, Wolliger Schneeball, Schlehe oder Pfaffenhütchen und ebenso kalkfliehende Arten, wie Faulbaum, Traubenholunder oder Stechpalme. Gemeiner Schneeball, Faulbaum und Traubenkirsche bevorzugen eher feuchte Böden, während Schlehe, Weißdorn und Wildrosen lieber trocken stehen. Hinweise zu den bevorzugten Standorten finden Sie in der Tabelle Heckensträucher auf einen Blick und bei den jeweiligen Artenporträts Die Heckenarten im Porträt.

Viel lebhafter und wertvoller als Kirschlorbeer: eine Hecke aus heimischen Strauchgehölzen.

Einige Sträucher können Pflanzenkrankheiten übertragen. Deshalb gehören Weißdorne, Wildbirnen, Mehlbeeren und Vogelbeeren nicht in die Nähe von Kernobstanlagen und Baumschulen, da sie dem gefährlichen Feuerbrand als Zwischenwirt dienen. Der Abstand sollte mindestens 400–500 m betragen. Feuerbrand ist eine meldepflichtige bakterielle Pflanzenkrankheit. Genauso sollte der Wacholder nicht in die Nähe von Birnbäumen (Birnengitterrost) gepflanzt werden und die Berberitze gehört nicht in die Nähe von Getreidefeldern, da sie als Überträger des Getreideschwarzrostes gilt.

GIFTIGKEIT

Da einige der Heckengehölze für uns Menschen giftig sind, sollten Sie sie nicht an Plätze pflanzen, an denen sich regelmäßig Kinder aufhalten (etwa Spielplätze, Kindergärten). Zu den sehr giftigen Pflanzen gehören zum Beispiel Pfaffenhütchen und Eibe. Weniger giftig sind Liguster, Heckenkirsche, Faulbaum und Kreuzdorn. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass auch zahlreiche exotische Ziergehölze giftig sind, beispielsweise Kirschlorbeer und Goldregen.

VERSCHIEDENE HECKENFORMEN

Hecken sind linienförmige Pflanzstreifen, die durchgehend mit Sträuchern und Bäumen bewachsen sind. Die Grenze zwischen Baum und Strauch ist durchaus fließend. Einige Gehölze können sich sowohl als Baum wie auch als Strauch entwickeln.

Bei der Anlage einer Naturhecke unterscheidet man zwischen einer niedrigen Strauchhecke und einer hohen gemischten Hecke. Die Strauch- oder Niederhecke besteht aus Wildsträuchern, die nur eine Höhe von 3–4 m erreichen können. Haselnuss, Kornelkirsche und Holunder wachsen bisweilen höher. Aber durch regelmäßigen Schnitt und eventuelle Stocksetzungen bleibt die Hecke in der gewünschten Größe Heckenschnitt.. Ohne Pflegemaßnahmen würde sich eine Strauchhecke mit der Zeit zur gemischten Hecke oder Hochhecke entwickeln, denn Vögel und Wind tragen auch Samen von Bäumen ein (zum Beispiel Vogelkirsche, Birke). In der gemischten Hecke wachsen nämlich vereinzelt Bäume oder baumartige Sträucher, wie Mehlbeere, Vogelbeere oder Traubenkirsche. Eine solche Hecke entwickelt sich höher und breiter als die Strauchhecke und benötigt deshalb entsprechend mehr Platz. In die Kernzone einer gemischten Hecke pflanzt man also größere Gehölze, wie Birke, Hasel, Feldahorn, Vogelbeere, Vogelkirsche oder Traubenkirsche. Der Abstand zwischen hochwachsenden Gehölzen sollte mindestens 20 m betragen. In die Mantelzone kommen kleinere Sträucher, wie Berberitze, Wildrose, Hartriegel, Heckenkirsche, Kreuzdorn, Liguster oder Weißdorn.

Eine Sonderform der Hecke ist die Vogelschutzhecke. Hier werden vor allem typische Vogelnahrungssträucher, wie etwa Holunder und Vogelbeere, gepflanzt. Auch Insekten anlockende Sträucher, wie Salweide oder Weißdorn, sind sinnvoll, weil sich viele Vogelarten von Insekten ernähren. Je artenreicher die Hecke angelegt wird, desto wertvoller wird sie für Vögel und Insekten. Nutzen Sie bei der Pflanzenauswahl die „10 besten für die Vogelwelt“ Hitparade der Heckensträucher.

Vogelschutzgehölze werden etwas dichter gesetzt, um den brütenden Vögeln einen guten Schutz zu bieten. Dabei sind dornige Sträucher, wie Berberitze, Hundsrose, Schlehe und Kreuzdorn, von Vorteil, weil die Brutplätze dort vor Feinden, etwa Katzen sowie Greif- oder Rabenvögeln, weitgehend sicher sind. Dichte Gehölze bieten außerdem mehr Schutz vor Nässe und Kälte. Sie können den Vögeln auch zusätzlich künstliche Nisthilfen anbieten.

Vorschlag für einen Pflanzplan einer gemischten Hecke.

RICHTIG PFLANZEN

Je artenreicher eine Hecke gestaltet wird, desto größer ist ihr ökologischer Wert. Besonders wertvoll sind breit angelegte Hecken, die zwei- oder gar dreireihig gepflanzt werden. Optimalerweise sollte eine Hecke am Boden mindestens 4–5 m breit sein. Hier finden sich wesentlich mehr Tiere ein, da breite Hecken mehr Deckung bieten als einreihige, schmale Hecken. Breite Hecken lassen sich jedoch nicht überall verwirklichen. Dann sind die artenärmeren schmalen Hecken auf jeden Fall besser als eine eintönige Thuja-, Zypressen- oder Buchsbaumhecke. In kleinen Gärten können selbst einzeln gepflanzte Wildgehölze das Nahrungsangebot für Vögel und Insekten aufwerten.

Kaufen Sie die Wildgehölze möglichst in einer gut sortierten regionalen Baumschule. Dies hat den Vorteil, dass die Sträucher an die regionalen Anforderungen genetisch angepasst sind. Alternativ bieten viele Baumschulen ihre Ware auch bundesweit im Versandhandel an. Die Pflanzen werden entweder als Containerware oder preiswerte wurzelnackte Ware verkauft. Einige wenige Arten wie Schwarzer und Roter Holunder wachsen jedoch nacktwurzelig kaum an.

Die beste Pflanzzeit für alle laubabwerfenden Gehölze sind die Herbstmonate Oktober und November oder der zeitige Frühling von März bis April. Lediglich die immergrünen Gehölze (zum Beispiel Wacholder oder Buchs) sollten Sie bereits im Spätsommer (August, September) setzen, damit sie sich vor dem Winter noch gut einwurzeln können.

Kurz vor dem Pflanzen werden beschädigte oder zu lange Wurzeln abgeschnitten oder eingekürzt. Pflanzen Sie die Sträucher in der Reihe in einem Abstand von etwa 1–1,5 m. Die Pflanzgrube sollte möglichst doppelt so breit und tief sein wie der Wurzelballen des Strauches. Der Strauch wird nun in das Loch gestellt und dieses locker mit Erde aufgefüllt. Dabei ist die Zugabe von etwas Kompost sinnvoll. Außerdem können Sie je nach Vorliebe der Sträucher Kalk oder saure Zuschläge ins Pflanzloch geben. Nach dem Pflanzen gießen Sie den Strauch mit reichlich Wasser an („einschlämmen“) und treten die Erde im Pflanzloch gut fest. Vor allem im ersten Jahr nach der Pflanzung sollten Sie auf eine ausreichende Bewässerung achten.

Die Zonen einer gut entwickelten gemischten Hecke.

Schwachwüchsige Sträucher und kleine Sträucher werden beim Pflanzen sinnvollerweise in Gruppen von zwei bis vier Pflanzen zusammengefasst und eher am Rand einer Hecke untergebracht, damit sie konkurrenzfähig bleiben. Dazu gehören beispielsweise Schlehen, Heckenkirschen und Weißdorne.

VIELFÄLTIGES HECKENBIOTOP

Im Naturgarten ist es sinnvoll, die Hecke mit weiteren Maßnahmen aufzuwerten. Ökologisch bereichert wird eine Hecke durch Laub-, Totholz- und Steinhaufen, die Sie im Innern oder am Rand der Hecke aufschichten. Das schafft Unterschlüpfe für zahlreiche kleine Tiere, wie Laufkäfer, aber auch größere Tiere, etwa Igel, Erdkröte, Blindschleiche und Eidechse, profitieren davon. Das Rotkehlchen siedelt sich beispielsweise nur dort an, wo ihm Falllaubschichten ein ausreichendes Nahrungsangebot liefern. Zur Artenvielfalt in einer Hecke trägt zudem bei, wenn sich in der Nähe ein kleiner Tümpel oder ein Gewässer befindet.

Auch die Heckensäume gehören zum Biotop Hecke. Der Hecken- oder Krautsaum ist ein 1–2 m breiter Streifen entlang der Hecke. Dieser Streifen sollte möglichst extensiv genutzt, also erst spät im Jahr gemäht werden, wobei Sie einzelne Abschnitte sogar über Winter stehen lassen können. Altgrasbestände sind nämlich ideale Überwinterungsorte für viele kleine Tiere und Insekten.

HECKENSCHNITT

Früher wurden die Hecken zur Brennholz- und Laubfuttergewinnung genutzt und deshalb regelmäßig beschnitten. Da diese Nutzungen heute in der Regel entfallen, muss die Hecke durch Schnittmaßnahmen gepflegt werden. Sonst wuchert sie schnell über sich hinaus. Außerdem bieten überalterte Hecken weniger Arten einen Lebensraum. Gehölzschnitte werden in der sogenannten Vegetationsruhe vorgenommen, also an frostfreien Tagen zwischen Oktober und Februar. Auf keinen Fall dürfen Sie während der Brutzeit der Vögel schneiden. Das Bundesnaturschutzgesetz verbietet vom 1. März bis zum 30. September das Schneiden, Auf-den-Stock-Setzen oder Roden von Hecken und Gebüschen. Schonende Form- und Pflegeschnitte sind jedoch ganzjährig erlaubt. Der Formschnitt beinhaltet das Zurückschneiden der äußeren und oberen Äste zum Erhalt der Form. Er kann jährlich durchgeführt werden. Ein regelmäßiger Pflegeschnitt erhält die Vitalität und Blühfreudigkeit der Hecke, die sich dadurch außerdem verdichtet.

Am besten erfolgen Pflege und Schnitt immer abschnittsweise, vor allem wenn die Hecke zur Regeneration auf den Stock gesetzt werden soll. So können die Heckentiere in den anderen Teilen Zuflucht und Deckung finden und die Hecke behält ihre ökologische Funktion. Das „Auf-den-Stock-Setzen“ ist ein radikaler Rückschnitt. Dabei wird der Strauch oder Baum 20–40 cm über dem Boden „gekappt“. Die schlafenden Augen (= unter der Rinde angelegte Knospen) an der Basis des Strauches werden so aktiviert und es kommt zum Neuaustrieb. Diese Verjüngungsmaßnahme fördert die Entwicklung einer kräftigen Hecke. Man nutzt dies vor allem bei schnittverträglichen Sträuchern, wie Hasel, Hainbuche, Hartriegel, Liguster, Heckenrose, Sanddorn und Weißdorn.

Ein kräftiger Heckenrückschnitt ins alte Holz wird alle 6–10 Jahre durchgeführt, das Intervall hängt von der Austriebsfähigkeit der Gehölze ab. Langsam wachsende Arten, wie Weißdorn oder Hainbuche, werden seltener geschnitten als austriebsstarke Sträucher, etwa Brombeeren, Weiden oder Wildrosen.

Sowohl das Schnittgut als auch das fallende Herbstlaub können, wenn genügend Platz vorhanden ist, vor Ort bleiben, denn zahlreiche Tierarten nutzen Laub-, Reisig- sowie Totholzhaufen für die Nahrungssuche und als Unterschlupf.

Eine auf den Stock gesetzte Naturhecke treibt kräftig wieder aus.

HECKENMEDIZIN HERSTELLEN

In den Porträts der Heckensträucher finden Sie zahlreiche Informationen und Rezepturen zur Nutzung der Gehölze als Heilmittel. Medizin aus Sträuchern kennt man in der rationalen Phytotherapie, der Volksheilkunde, der Bachblütentherapie und der Gemmotherapie. Außerdem haben unsere Vorfahren mit den porträtierten Pflanzen über Jahrtausende hinweg magische Medizin betrieben, wobei sie beispielsweise Krankheiten auf die Gehölze oder auf daraus gefertigte Amulette übertrugen. Oft war eine direkte Einnahme von Pflanzenteilen gar nicht nötig.

Nachfolgend lernen Sie die in den Porträts angesprochenen Therapieformen kennen. Anhand der unten aufgeführten Grundrezepturen können Sie Ihre eigene Heckenmedizin herstellen und anwenden. Nutzen Sie dafür aber nur jene Sträucher und Pflanzenteile, die nicht giftig sind!

Die Pflanzenheilkunde gehört zu den ältesten Therapieformen, die sich bis in die Steinzeit zurückverfolgen lässt. Dabei werden Blätter, Blüten, Rinden, Wurzeln und Samen von arzneilich wirksamen Pflanzen verwendet. Auch Sträucher gehören seit Urzeiten zum Medizinschatz der Pflanzenheilkunde. Einige wenige, wie Hundsrose, Schwarzer Holunder, Wacholder und Weißdorn, nutzt man heute in der modernen Phytomedizin. Hier werden nur Pflanzen eingesetzt, deren Wirkung wissenschaftlich nachgewiesen ist. Von fast allen anderen Heckenpflanzen gibt es zahlreiche Anwendungen aus der Volksmedizin, die auf altem Erfahrungswissen basiert und auch Pflanzen einsetzt, zu denen Studien fehlen. Beide Richtungen sind in den ausführlichen Pflanzenporträts berücksichtigt. Vor allem die zwei wichtigsten Zubereitungsformen der Pflanzenheilkunde – Tee und Tinktur – stehen dabei im Vordergrund.

Oft sind auch heilsame Bäume, wie Birke oder Eiche, Bestandteil von gemischten Naturhecken. Ausführliche Hinweise zur Heilwirkung von 34 heimischen Baumarten finden Sie in meinem Buch „Baum und Mensch“.

Tee aus Wacholder besitzt eine harntreibende Wirkung.

GEHALTVOLLER TEE

Grundsätzlich gilt für Tees, dass man sie sowohl aus frischen als auch aus getrockneten Pflanzenteilen zubereiten kann. Ein Tee aus frischen Pflanzen ist immer gehaltvoller, da beim Trocknungsprozess und bei der anschließenden Lagerung zwangsläufig Wirkstoffe verloren gehen.

Die optimale Trocknung

Das Trocknen der Pflanzen ist allerdings zur Konservierung unverzichtbar, denn zum Beispiel stehen nicht ganzjährig frische Weißdornblüten oder reife Hagebutten zur Verfügung. Wenn Sie nun Blätter, Blüten oder Rinden der Hecken zur Bevorratung trocknen wollen, achten Sie unbedingt darauf, diese möglichst nicht zu zerkleinern. Denn an jeder Bruchstelle können während der Lagerung wertvolle Wirkstoffe verloren gehen. Erst wenn Sie den Tee zubereiten, zerkleinern Sie die getrockneten Pflanzenteile, denn jetzt sollen die Wirkstoffe aus den Pflanzenzellen ins Teewasser gelangen.

Die Blüten des Holunders werden locker ausgebreitet und im Schatten getrocknet.

Zur Trocknung breiten Sie die von den Zweigen gestreiften Blätter und die gepflückten Blüten an einem warmen schattigen Ort dünn aus. Das Trocknen findet nicht in der Sonne statt, denn auch dadurch gehen wichtige Wirkstoffe verloren. Richtig trocken ist das Ganze erst, wenn die Stiele der Blätter und Blüten sich brechen lassen und nicht mehr biegsam sind. Gut getrocknete Blätter können Sie mühelos zwischen den Handflächen zerreiben. Als Hilfsmittel gibt es auch spezielle Dörrgeräte, die durch Wärmezufuhr eine schnelle Trocknung ermöglichen. Dabei darf die Temperatur nicht mehr als 40 °C betragen. Dann füllen Sie die Pflanzenteile unzerkleinert in dicht schließende Gläser, die Sie möglichst kühl und dunkel aufbewahren.

Rinden sind durch ihre feste Zellstruktur etwas schwieriger zu trocknen. Hier lohnt es sich, die abgeschälte Rinde etwas zu zerkleinern und künstlich zugeführte Wärme einzusetzen, also entweder in Dörrgeräten oder im Backofen zu trocknen. Ähnlich verhält es sich mit Früchten (zum Beispiel Hagebutten, Weißdornfrüchte), die an der natürlichen Umgebungsluft kaum richtig trocken werden.

Dosierung und Zubereitung

In den Porträts der Sträucher sind in der Regel Dosierung und Zubereitung für getrocknete Pflanzenteile angegeben. Frische Pflanzenteile benötigen kürzere Ziehzeiten (3–4 Minuten), da die Wirkstoffe durch die weichen Pflanzenzellen viel besser entweichen können. Außerdem werden frische Pflanzenteile etwas höher dosiert, da sie viel Wasser enthalten. Verdoppeln Sie deshalb die in den Porträts angegebene Dosierungsmenge für getrocknete Pflanzenteile. Sind dort für eine Tasse Tee zum Beispiel 2 TL getrocknete Blätter angeben, dann nehmen Sie stattdessen 4 TL frische Blätter. Um mit dem Teelöffelmaß besser dosieren zu können, werden frische Pflanzenteile direkt vor dem Aufgießen klein geschnitten und getrocknete Pflanzenteile zerbröselt oder im Mörser zerkleinert. Heckenblätter und -blüten übergießen Sie möglichst mit heißem, nicht mehr kochendem Wasser, damit die leicht flüchtigen ätherischen Öle nicht verdampfen. Lassen Sie dazu das Wasser nach dem Aufkochen noch 2 Minuten stehen.

Rinden entlassen ihre Wirkstoffe besser aus den festen, holzigen Zellen, wenn Sie sie mit kaltem Wasser ansetzen und dann einige Minuten köcheln lassen. Außerdem benötigen Rinden grundsätzlich längere Ziehzeiten (10–15 Minuten), während bei einem Aufguss mit getrockneten Blüten und Blättern 5–7 Minuten genügen. Auch die Früchte der Sträucher werden mindestens 10–15 Minuten ausgezogen, um ein vernünftiges Ergebnis zu erzielen.

DIE GUTE TINKTUR

Tinkturen eignen sich wunderbar für die Heckenmedizin, da sie im Gegensatz zum Tee etwas mehr Wirkstoffe enthalten. Alkohol ist nämlich das bessere Lösemittel, da er im Gegensatz zu Wasser auch optimal ätherische Öle, Harze und fettlösliche Wirkstoffe aus den Pflanzenteilen herauslöst. Außerdem sind Tinkturen auch unterwegs immer „ready to use“. Im Gegensatz zum Tee sind sie ohne Zubereitung sofort einsetzbar.

Falls möglich, sollten Sie Tinkturen immer nur aus frischen Pflanzenteilen herstellen, denn das bringt erfahrungsgemäß das beste Ergebnis. Bei der Tinkturen-Grundrezeptur wird ein konzentriertes Ansatzverhältnis von Pflanze zu Alkohol mit 1 : 2,5 gewählt, um ein möglichst gehaltvolles Heilmittel zu erhalten. Sollten Sie getrocknete Pflanzen verwenden, müssen Sie das Ansatzverhältnis 1:5 wählen, da hier ja der Pflanzensaft fehlt. Aus dem gleichen Grund genügt bei getrockneten Pflanzen ein Alkoholgehalt von 40 % vol.

Bei hochwertigen Tinkturen werden die Pflanzenteile zusammen mit dem Alkohol zu einem dickflüssigen Brei verarbeitet. Dazu können Sie einen Mörser mit rauer Innenfläche oder einen Mixer verwenden. Da die Pflanzenteile direkt im Medium Alkohol zerkleinert werden, können alle Wirkstoffe optimal „einfangen“ werden. Mit dieser Art der Tinkturenherstellung können Sie außergewöhnliche Ergebnisse erzielen. Lassen Sie sich überraschen!

GRUNDREZEPT FRISCHPFLANZENTINKTUR

• 20 g frische Pflanzenteile

• 50 ml Ethanol 70 % vol.

Pflanzenteile und Alkohol in einem Mörser oder Mixer zu einem dickflüssigen Brei verarbeiten. Dann in ein Schraubglas geben und 2 Wochen an einen lichtgeschützten, warmen Ort stellen. Ab und zu mit einem Löffel umrühren. Nun geben Sie den Auszug durch ein feines Sieb und pressen den Brei gut aus. Anschließend klären Sie die Tinktur mithilfe eines Tee- oder Kaffeefilters. Füllen Sie die fertige Frischpflanzentinktur in ein Tropffläschchen aus Braunglas. So hält sie sich 2–3 Jahre lang. Bei Bedarf nehmen Sie dann 3-mal täglich 10–15 Tropfen ein.

HEILEN MIT DEN KNOSPEN DER STRÄUCHER

In den Porträts der Sträucher wird hin und wieder auch die Heilwirkung der Knospen beschrieben. Diese sogenannte Gemmotherapie ist ein relativ junger „Zweig“ der Pflanzenheilkunde. Sie nutzt die Heilkraft der Knospen (lat. gemma), vor allem jene von Bäumen und Sträuchern. In Deutschland ist diese Therapieform erst in den letzten Jahren populär geworden, obwohl man sie bereits seit über 50 Jahren kennt. In Frankreich, der Schweiz und Belgien ist die Gemmotherapie dagegen schon lange etabliert und seit 1965 Bestandteil des französischen Arzneibuches.